USSER BLITTCHE AUSGABE 15 / APRIL 2020 - HUG HOLZHAUSEN

 
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USSER BLITTCHE AUSGABE 15 / APRIL 2020 - HUG HOLZHAUSEN
Heimat- und Geschichtsverein Holzhausen

           Usser Blittche
                                             Ausgabe 15 / April 2020
Die neue Schmökerzelle                                                   Ihr lejwe Leu vo Holzhause
                                                   Das Vereinsjahr geht diesmal         tet und kann permanent genutzt
                                               ohne eine Jahreshauptversamm-            werden.
                                               lung zu Ende. Das Corona-Virus               Der Schmökerzelle ist jetzt
                                               hat dies erforderlich gemacht.           nicht anzusehen, wie viele fleißi-
                                               Einen Jahresrückblick über un-           ge Hände bis zur Fertigstellung
                                               sere Aktivitäten liefert die Colla-      notwendig waren. Allen Helfern
                                               ge in unserem Aushängekasten             sei herzlich gedankt.
                                               auf der Kreuzgasse. Neben den                Daneben haben wir in der
                                               alljährlichen Arbeiten waren die         obersten Etage des Dorfgemein-
                                               Gästebewirtung der Partnerge-            schaftshaus den Teil unseres Ar-
                                               meinde von Greifenstein St.              chivs untergebracht, der keiner
                                               Andrä-Wördern, die Beteiligung           Aktualisierung bedarf, zum Bei-
                                               am Kirmesumzug und die Fahrt             spiel alte Schriften oder Flurkar-
                                               nach Ahrweiler schöne Ab-                ten der Gemeinde. Auch dieser
             Aufbau                            wechslungen im Vereinsleben,             Bereich wird von unserer Archi-
                                               zumal der Familientag mit En-            varin dankenswerterweise mit-
                                               tenrennen und der Hüttenabend            betreut.
                                               widrigen Umständen zum Opfer                 Der Arbeitseinsatz im Früh-
                                               fielen.                                  jahr wird aufgrund der Virenla-
                                                   Im letzten Jahr haben wir die        ge in Einzelaktionen, die indivi-
                                               Schmökerzelle mit Unterstüt-             duell terminiert werden, durch-
                                               zung des Landes Hessen im Rah-           geführt.
                                               men des Förderprogramms                      Auch unser Familientag wird
                                               „Starkes Dorf – wir machen mit“          von den momentanen Gegeben-
                                               und der Gemeinde aufgebaut. In           heiten bestimmt. Wenigstens
                                               dieser kleinen, schmucken Bibli-         leistet Usser Blittche eine kleine
                                               othek kann sich jeder ein Buch           Abwechslung in der Zeit einge-
                                               ausleihen oder behalten. Eigene          schränkter Bewegungsmöglich-
                                               Bücher können bei ausreichen-            keit.
                                               dem Platz in der Zelle eingestellt           Liebe Leserinnen und Leser,
                                               werden. Ansonsten ist bei Bü-            sicherlich hat der Eine oder An-
                                               cherspenden mit Gabi Köhler              dere noch alte Bilder für den
                                               Kontakt aufzunehmen. Die Zelle           HuG auf denen die Backhäuser,
         Großer Andrang                        ist über eine Solarzelle beleuch-        der Dreschschuppen im Betrieb,
                                                                                        der Backsteinofen oder Holz-
                                                                                        häuser bei der alltäglichen Ar-
                                                                                        beit, bei Feiern und Zusammen-
                                                                                        künften zu sehen sind.
                                                                                            Alte Bilder, auch solche aus
                                                                                        den 1950- und 1960iger Jahren,
                                                                                        sind für unsere jungen Leser
                                                                                        durchaus interessant, zumal bei
                                                                                        diesen die Personen noch wei-
                                                                                        testgehend bekannt sind. Die
                                                                                        Bilder werden digitalisiert und
                                                                                        zurückgegeben.
                                                                                            In diesem Sinne wünsche ich
                                                                                        viel Spaß beim Lesen!
          Übergabe des Förderbescheids und der Förderplakette im Alten Haus,                      Hans-Joachim Schwalbe
     v. li.: C. Zühlsdorf-Gerhard, M. Sander, H.-J. Schwalbe, T. Zebunke, C.-P.Müller
Seite 2                                  Heimat- und Geschichtsverein Holzhausen – Usser Blittche         Ausgabe 15/April 2020

                                  Das Jahr 1920 – zitiert aus der Dorfchronik
   Das Jahr 1920 fing mit mil-
der Witterung an. Am Sonn-
tag, dem 11. Januar 1920 gin-
gen gegen Abend bedeutende
Regenmengen nieder, so dass
in kurzer Zeit die Bäche aus
den Ufern traten und durch
die Überflutung großer Scha-
den auch an den Durchlässen,
Brücken und Wegen ange-
richtet wurde. Im März war
die Witterung recht milde ge-
worden. Hoffnung auf bessere
Ernte als im Vorjahr bestand.
Kartoffel fehlten zu Beginn                                                      Burschenschaft 1920
des Jahres 1920 allenthalben
und der Hunger war groß.                          Aber schon Ende August wur-                schaft ging es nur langsam und
Glücklicherweise war noch                         de es rau und herbstlich mit               an die festgesetzten Höchst-
ein Eisenbahnwagen aus dem                        viel Regen. Die Ernte von                  preise hielt sich niemand. So
Osten mit 300 Zentnern Kar-                       Zwetschgen war außeror-                    kostete Ende des Jahr 1920 das
toffeln angekommen, die auf                       dentlich gut, Dank des späten              Pfund Fleisch 8 bis 10 Mark,
die umliegenden Gemeinden                         Regens war auch die Kartof-                ein Zentner Kartoffel 60 Mark,
verteilt wurden, so dass vor-                     fel- und Apfelernte noch zu-               Butter 10 bis 15 Mark das
läufig der größten Not abge-                      friedenstellend. Die Maul- und             Pfund usw. Der Schleichhan-
holfen werden konnte. Knapp                       Klauenseuche bedrohte im                   del und das Schiebertum trie-
konnte man auch das Vieh in                       Herbst das Nutzvieh. Viele                 ben ihre schönsten Blüten.
den Sommer retten, die gerin-                     Rinder und Ziegen verendeten.                 Ein Glück für die Region
gen Futtervorräte waren auf-                          Wenn auch der endgültige               war der trotz Teuerung zügig
gebraucht. Bis Juni litt man                      Frieden mit den meisten Völ-               fortschreitende Bau der Ulm–
nicht nur unter großem Re-                        kern wieder hergestellt wurde,             talbahn, so dass man Ende des
genmangel sondern auch im                         so verschlimmerten sich in                 Jahres 1921 mit der Fertigstel-
Juni an solcher Abkühlung,                        Deutschland die Verhältnisse               lung rechnen konnte. Diese
dass Kartoffel und Bohnen                         von Tag zu Tag. Der Wert des               wurde von den örtlichen Ba-
erfroren und die Leute mit                        Papiergeldes sank anhaltend.               salt- und Tonwerken sehnlich
Öfen heizen mussten.                              Die Schulden des Reiches wa-               erwartet. Ob diese Betriebe
   Erst Anfang Juli besserte                      ren unermesslich und vergrö-               aufrechterhalten        werden
sich die Wetterlage durch lang                    ßerten sich täglich. Mit der               konnten in dieser Zeit, stand
anhaltende      Gewitterregen.                    Aufhebung der Zwangswirt-                  dahin. Obwohl der Drang der
                                                                                             Jugend zu Tänzereien und der
                                                                                             Freude am Sport erlahmte,
                                                                                             gründeten die fußballbegeis-
                                                                                             terten jungen Männer von
                                                                                             Holzhausen den Fußballverein
                                                                                             und begannen, den Fußball-
                                                                                             platz eigenhändig zu bauen.
                                                                                                Erwähnt sei hier, dass Ro-
                                                                                             bert Baum, damals 20 Jahre
                                                                                             jung, die Balken für das Tor
                                                                                             auf seinen Schultern von Eh-
                                                                                             ringshausen nach Holzhausen
                                                                                             transportierte. Die Fußball-
                                                                                             mannschaft bestand aus neun
                                                                                             Spielern.

 Fußballmannschaft 1920
                                                                                               Der HuG gratuliert dem
          Von links: Friedrich Droß, ? Honnep, Otto Vetter, Robert Baum, Heinrich            TuSpo 1920 e. V. Holzhausen
     Schäfer, Fritz Groß, Alfred Vetter, vorne: Karl Würz mit Ball, dahinter Reinhard Würz    zu seinem 100. Geburtstag.
Ausgabe 15/April 2020              Heimat- und Geschichtsverein Holzhausen – Usser Blittche                                           Seite 3

                                                   Der Pflanzengarten
    Der Pflanzengarten war ein
großer eingezäunter Garten
am Eingang des Waldes im
„Himbecher“.
    Es war ein großer Garten,
der durch etwa zwei Meter
breite Wege in vier Teile ge-
teilt war. Hier konnte ein
Pferdewagen       durchfahren.
Der Pflanzengarten war der
Stolz des damaligen Försters
Funk. Vor dem Garten stand
ein Häuschen, hier wurden
die Geräte aufbewahrt, Spa-
ten, Rechen, Pflanzeisen, Ha-
cken, Saatbretter und man-
ches mehr. Ein großer Tisch
mit zwei Bänken diente als                                                     Arbeiten im Pflanzengarten,
Frühstücks- und Mittagstisch.                           von links: Minna Schäfer (Stinnese), Adelheid Hopf, Lina Schäfer (Braares),
Gegenüber stand ein Herd.                                                     Christel Schweitzer, Opa Wolf
Hier wurden gerne Eier geba-
cken oder mitgebrachtes Es-                   18 Mitarbeiter. Unsere Aufse-                     sät. Es wurden mit Brettern
sen erwärmt.                                  herin war Henriette Klaus,                        Rillen gedrückt, der Samen
    Ich habe von 1950 bis 1955                genannt „Ebbjes Wes“. Sie                         hineingesät und mit Erde be-
im Pflanzengarten gearbeitet.                 hatte dieses Amt 25 Jahre be-                     deckt. Ein paar Leute waren
Damals hat kaum ein Mäd-                      gleitet. Ich erinnere mich                        damit beschäftigt, Reisig im
chen einen Beruf erlernt. Die                 noch gern daran, wenn sie aus                     Wald zu schneiden. Damit
meisten Familien hatten eine                  früheren Zeiten erzählte. Von                     wurden die frisch gesäten Bee-
kleine Landwirtschaft, da blie-               der guten alten Zeit war aller-                   te bedeckt. Die Sämlinge des
ben die Mädchen als Helferin-                 dings nichts mehr zu merken.                      letzten Jahres wurden mit
nen zuhause. Einige gingen                       Zurück zum Garten. Hier                        Pflanzeisen in Reihen ausge-
auch in Stellung – Anstellung                 wurden junge Tännchen von                         setzt. Weitere Arbeiterinnen
in fremden Haushalten – oder                  der Saat bis zur Auspflanzung                     waren damit beschäftigt, die
arbeiteten wie ich im Pflan-                  gezogen. Da große Waldflä-                        zwei- und dreijährigen Tänn-
zengarten. Die Arbeiten im                    chen nach dem Krieg gerodet                       chen vom Unkraut zu befrei-
Pflanzengarten wurden von                     wurden, war der Bedarf für                        en. Wenn ein trockenes Jahr
einigen Mädchen, Frauen und                   neue Pflanzen groß.                               war, wurde Wasser vom Ulm-
zwei bis drei Männern, die                       Im Frühjahr wurden die                         oder Ballersbach geholt, um
auch sonstige Waldarbeiten                    Flächen, die im Herbst frei                       die Saat und die frisch gesetz-
verrichteten, erledigt. Zu mei-               wurden, umgegraben. Auf ei-                       ten Pflänzchen zu begießen.
ner Zeit waren wir insgesamt                  nem Stück wurde Samen ge-                         War das alles erledigt, wurden
                                                                                                die breiten meterlangen Wege
                                                                                                mit Hacken unkrautfrei ge-
                                                                                                kratzt. Die Rabatten der Beete
                                                                                                wurden mit besonderen Bret-
                                                                                                tern ordentlich versehen.
                                                                                                Wenn alles erledigt war,
                                                                                                konnte man kein Unkraut
                                                                                                mehr im Garten finden. Förs-
                                                                                                ter Funk freute sich sehr,
                                                                                                wenn sein Vorzeigegarten so
                                                                                                ordentlich da lag. Manchmal
                                                                                                spendierte er zum Abschluss
                                                                                                Kaffeestückchen. Das war
                                                                                                dann unser Pflanzengarten-
                                                                                                fest.
                                                                                                            Aufgeschrieben von
              Förster Funk mit seinem Arbeitstrupp, ganz rechts Ebbjes Wes                                       Emmy Daniel
Seite 4                                 Heimat- und Geschichtsverein Holzhausen – Usser Blittche                 Ausgabe 15/April 2020

                                           Bei Knetsche auf der Kreuzgass
                                 Ein Familienbetrieb und ein Gebäude im Wandel der Zeiten

   Das „Knetsche-Haus“ in                       Postagent die Postagentur
der Katzenfurter Straße 4 mit-                  führte, wurde diese in dem
ten in Holzhausen, wo heute                     Kaufmannsladen, wenn man
die Familie Kevin Birlenbach                    rein kam rechts, übernom-
wohnt und Lenglings das Len-                    men. Das Ehepaar Knetsch
gos betreiben, war bis Ende                     vergrößerte die Liegenschaft
der 1960er Jahre der gesell-                    um den Saalanbau, so dass ein
schaftliche Mittelpunkt im                      stattliches Anwesen in der
Holzhäuser Dorfleben.                           Dorfmitte entstand.

                                                                                                             Ernst Knetsch

                               Gasthaus Ernst Knetsch mit Tankstelle
   Anfang des 20igsten Jahr-                       Ernst Knetsch war auch
hunderts erwarb der Kauf-                       Jagdpächter in Holzhausen
mann Ernst Knetsch zusam-                       und lud Jahr für Jahr für seine
men mit seiner Ehefrau Berta                    Treibjagden, Gäste aus dem
                                                                                                   Berta Knetsch mit Luise und Klara
(Knetsche Berta) von Ottmar                     Ruhrgebiet ein, denen er über
Bender das Eckhaus, in dem                      der Gastwirtschaft Gästezim-                 Knetsch plötzlich mit 49 Jah-
bereits eine Gastwirtschaft                     mer zur Verfügung stellte, der               ren im Jahre 1930, so dass sei-
und ein Lebensmittelladen                       Anfang von einem dauer-                      ne Ehefrau Berta und die
betrieben wurden. Da der Va-                    haften Übernachtungsangebot                  Töchter Luise Jung und Klara,
ter von Ernst Knetsch, Ferdi-                   bei Knetsche.                                später verheiratete Kretzer,
nand Knetsch, bereits als                          Leider    verstarb     Ernst              das Ladengeschäft und die
                                                                                             Gastwirtschaft weiter führten:
                                                                                             Klara bis zu Ihrer Eheschlie-
                                                                                             ßung, Luise, die ihren Ehe-
                                                                                             mann 1943 im 2. Weltkrieg
                                                                                             verlor, bis zur Pensionierung.
                                                                                                 Insbesondere der Lebens-
                                                                                             mittelladen bot alles, was man
                                                                                             in Holzhäuser Haushalten zu-
                                                                                             sätzlich zu der Eigenversor-
                                                                                             gung brauchte. In mitgebrach-
                                                                                             ten Flaschen holte man Mag-
                                                                                             gi, Essig und Öl, in Papiertü-
                                                                                             ten wurden Zucker und Salz
                                                                                             verpackt. Wohlschmeckendes
                                                                                             Brot und Brötchen gab es vom
Kirmesfrühschoppen in Knetsche Wirtschaft                                                    Allendorfer Bäcker Erno Mül-
                                                                                             ler. Mit Eiern konnte man die
 Von links im Uhrzeigersinn: Heine Droß (Bondrose), Sibille Koob, Wilhelm Koch (Wäwersch),   Lebensmittel bezahlen falls
          dahinter August Fehling, Robert Baum, ?, Walter Droß, Wilhelm Droß, ?, ?,          das Kleingeld fehlte. Das Ge-
                                Willi Allmenröder, Karl Raub                                 schäft hatte sich inzwischen
Ausgabe 15/April 2020                 Heimat- und Geschichtsverein Holzhausen – Usser Blittche                                        Seite 5

zu einer Kolonialwarenhand-                     gruppe, die hier ihre Stücke
lung, wie sie für diese Zeit ty-                sehr erfolgreich aufführte. Zur
pisch war, weiter entwickelt.                   Zeit des Nationalsozialismus
Neben den Dingen des tägli-                     wurde der Saal als Reparatur-
chen Bedarfs erhielt man auch                   werkstatt     für    technische
Importwaren wie Kaffee, Ka-                     Kriegsgeräte genutzt. Als 1945
kao, Jute, Gewürze, Tee sowie                   der Ami kam, schlug dieser
Öl für Petroleumlampen oder                     sein Hauptquartier im Saal
Heringe aus dem Fass. Auch                      auf. Die Familie Knetsch wur-                       Hochzeit von Klara und Rudolf Kretzer
Fahrräder und Jagdwaffen ge-                    de in den Raum der Gastwirt-
hörten zum Angebot. Außer-                      schaft ausquartiert und muss-                    zeitsbild vor der Gaststätte
dem gehörte zum Geschäft                        te hier auf Matratzen nächti-                    oben gezeigt ist. Aber bis zum
eine Tankstelle. Berta saß bis                  gen.                                             Tode der „Knetsche Berta“,
ins hohe Alter hinter der The-                      Als das gesellschaftliche                    die im Alter von 92 Jahren
ke am Ofen und bediente die                     Leben nach dem Krieg wieder                      1969 verstarb, blieb alles beim
Kundschaft. Das Austauschen                     Fahrt aufnahm, fanden im                         Alten. Danach begannen
von Dorfneuigkeiten gehörte                     Saal viele Veranstaltungen                       Überlegungen, das Anwesen
natürlich kostenlos dazu.                       von Vereinen sowie Theater-                      zu modernisieren. Klaras
   Geöffnet war an sieben Ta-                   aufführungen von Schulklas-                      Tochter Anneli trat für kurze
gen in der Woche. Erzählt                       sen statt. Insbesondere sollte                   Zeit in das Geschäft ein. Es
wurde, dass immer mittags                       die Holzhäuser Kirmes er-                        wurden einige interne Um-
etwas mehr Betrieb war, wenn                    wähnt werden. Ein ganz spezi-                    bauten getätigt, um es dann
die Suppenwürfel schnell                        elles Ereignis war das Auslo-                    Anfang der 1970er Jahre an
noch besorgt werden mussten.                    sen des Vortanzes auf der                        die Braunfelser Brauerei zu
In der Blütezeit des Geschäftes                 Bühne am Vorabend der Kir-                       verkaufen. Das war zwar das
waren zu Stoßzeiten immer
wieder etliche Holzhäuser
Frauen und Mädchen be-
schäftigt. Zum Beispiel wäh-
rend der Anwesenheit der
Jagdgesellschaften, ging es im
Haus hoch her, so dass die in
Marburger Hotels erworbenen
Hotelfachkenntnisse der bei-
den Töchter Luise und Klara
von großem Nutzen waren.
Daraus ergaben sich auch hin

                                                   Kochkursteilnehmerinnen ca 1930, mit Luise (karierte Bluse) und Klara links mit Schüssel

                                                mes. Die Tanzveranstaltung                       Ende des Lebensmittelge-
                                                und das lustige Beisammen-                       schäftes nicht aber der Gast-
      Theateraufführung, circa 1959             sein fanden im Saal statt. Bei                   wirtschaft. Diese lebt unter
                                                Knetsche fand sich so man-                       verschiedenen Besitzern noch
und wieder Hauswirtschafts-                     ches Paar fürs Leben. Beson-                     heute. Das Lengos ist heute
und Kochkurse.                                  ders zu erwähnen ist der Kir-                    die einzige Gastwirtschaft in
   In der Gastwirtschaft, heu-                  mesfrühschoppen am Mon-                          Holzhausen. Der Saal, dessen
te Lengos, traf man sich nach                   tagmorgen, mit dem die Kir-                      Dienste nicht mehr benötigt
getaner Arbeit auf ein Bier                     mes beendet wurde.                               wurden, ist zu einem Wohn-
und konnte in den 1950er Jah-                      Bis in die 1960er Jahre gab                   haus mit viel Charme umge-
ren mit dem ersten und einzi-                   es auch regelmäßig Filmvor-                      baut worden und erinnert nur
gen Holzhäuser Fernseher in                     führungen von damals aktuel-                     noch durch die dekorative
die weite Welt schauen.                         len Filmen.                                      Bühne im Wohnzimmer an
   Ein Magnet für das dörfli-                      1961 ging das Anwesen in                      die alten Zeiten.
che Leben war der Saal mit                      den Besitz von Tochter Klara                                       Aufgeschrieben von
Bühne. In den 1930er Jahren                     und Schwiegersohn Rudolf                          Helma Schauss nach Gesprächen mit
gab es eine örtliche Theater-                   Kretzer über, deren Hoch-                             Dieter Jung und Anne Germann
Seite 6                       Heimat- und Geschichtsverein Holzhausen – Usser Blittche                  Ausgabe 15/April 2020

                         Alte deutsche, fast vergessene Handschrift
   Die Sütterlinschriften un-
terscheiden sich in Druck-
schriften und Handschriften.
Während Druckschriften in
Gotik und Fraktur gelegent-
lich noch heute anzutreffen
sind, scheint die frühere deut-
sche Handschrift nahezu ver-
gessen. Als Verkehrsschrift
oder persönliche Handschrift
wurde einstmals hauptsäch-
lich Sütterlin verwendet. Für
die Zeit von der Mitte des 19.
Jahrhunderts bis zum Ende
des zweiten Weltkrieges kann                               Gegenüberstellung der Alphabete einst und heute
davon ausgegangen werden,
dass der größte Teil schriftli-      und mit dem Griffel auf der                     mehr die Handschrift. Junge
cher     Aufzeichnungen       in     Schiefertafel die ersten Lettern                Leute, die historische Auf-
Handschriften erfolgte. Am           schrieb oder die Stahlfeder des                 zeichnungen und alte Doku-
gebräuchlichsten war dazu die        Federhalters in ein Tintenfass                  mente lesen wollen, müssen
Sütterlinschrift.                    tauchte, um die Buchstaben in                   wieder die Sütterlinschrift ler-
   Der Name dieser Kurrent-          einem mehrfach linierten                        nen.
schrift leitet sich von dem          Schulheft zu Papier zu brin-                       Die alte deutsche Hand-
Berliner Graphiker Ludwig            gen, erinnert sich, dass die                    schrift zu lesen ist nicht
Sütterlin (1865 – 1917) ab.          lateinische Schrift damals als                  schwer, aber wer kann sie
Sein Entwurf für eine nor-           Schönschrift geübt wurde.                       noch fehlerfrei schreiben?
mierte Handschrift wurde ab          1941 verbot Hitler die goti-                       Vergessen wir dabei auch
1924 für den Schreibunter-           sche Schrift und damit auch                     nicht die unterschiedlichen
richt an den preußischen             Sütterlin, sowohl in den deut-                  Schreibweisen für das „lange
Volksschulen        verbindlich.     schen Schulen als auch im                       es“ und das „Schluß es“. Als
1930 übernahmen die meisten          Amtsverkehr. Nunmehr wur-                       ein Buchstabe galt „st“ und
deutschen Länder die Sütter-         de die lateinische Antiqua-                     durfte nie getrennt werden.
linschrift. Sie wurde 1934, als      Schrift durch einen Reichser-                   Der Trennungsstrich (=) sieht
die Nationalsozialisten jeden        lass offizielle Normalschrift.                  wie ein Gleichheitszeichen
Lebensbereich gleichschalte-            Mit der Ende der 40er Jah-                   aus.
ten, dann auch für die deut-         re immer stärkeren Mechani-                              Zitiert aus einem Artikel von
schen Schulen verordnet.             sierung der Schreibprozesse                               Günter Grull, erschienen im
   Wer von unseren Älteren           verdrängte die Schreibmaschi-                               Gießener Seniorenjournal
das A-B-C noch in der deut-          ne mit ihrer Druckschrift und
schen Schreibschrift lernte          heute der Computer immer

                                     Bisweilen wird jede
                                     Form der deutschen Kur-
                                     rentschrift als Sütterlin-
                                     schrift bezeichnet. Dies
                                     liegt noch daran, daß
                                     die Sütterlinschrift diejen-
                                     ige Form der deutschen
                                     Kurrentschrift ist, deren
                                     Name am bekanntesten
                                     ist. Trotzdem ist diese Be-
                                     zeichnung unzutreffend,
                                     denn es gab die deutsche
                                     Kurrentschrift schon lange
                                     vor Ludwig Sütter-
                                     lin.
          Quelle: Wikipedia                  Linker Text in Druckschrift
                                                                                          Bucheinband „Der Struwwelpeter“
Ausgabe 15/April 2020               Heimat- und Geschichtsverein Holzhausen – Usser Blittche                         Seite 7

                                                O, nütze aus der Jugend frohe
                                                Stunden, sie wissen nichts
                                                von Wiederkehr einmal,
                                                entflohen     einmal      ent-
                                                schwunden, zurück kehrt
                                                keine Jugend mehr.

                                                        Zum
                                                           ewigen
                                                        Andenken

                                                                   an Dora

                                                Holzhausen den 31.5.1942

                             Widmung in einem Poesiealbum                                           Zum Nachbacken

                  Altes Fachwerkhaus inmitten von Holzhausen,
               das bis in die siebziger Jahre auf der Kreuzgasse stand
   Mehr als ein halbes Jahr-                   Milchkannen noch auf einem                  immer mehr verfiel. Es befand
hundert hat dieses Foto, das                   alten Anhängerwagen standen                 sich ungefähr dort wo heute
auf der Holzhäuser Kreuzgass,                  und auf das Abholen warteten.               der Kreuzgass-Parkplatz und
dem Ortsmittelpunkt, ent-                         Das eigentlich einmal schö-              der Dorffestplatz ist und wur-
stand, schon auf dem Buckel.                   ne Fachwerkhaus stand da-                   de, nachdem die damalige Ge-
   Es entstand in den 1960er                   mals zentral im Dorfmittel-                 meinde Ulmtal gebildet wor-
Jahren, was man auch daran                     punkt und war sicherlich kei-               den war, Anfang der siebziger
erkennen kann, dass die                        ne Zierde für das Dorf, weil es             Jahre des vergangenen Jahr-
                                                                                           hundert abgerissen. Geplant
                                                                                           war der Bau eines Dorfge-
                                                                                           meinschaftshauses für Holz-
                                                                                           hausen, was sich aber dann
                                                                                           anders erledigte.
                                                                                              Ob sich die damals jungen
                                                                                           Radfahrer vor dem Haus auch
                                                                                           heute noch wiedererkennen?
                                                                                              Ein ganz anderes Gesicht
                                                                                           hätte sicher der Dorfmittel-
                                                                                           punkt, wenn das früher recht
                                                                                           schmucke Gebäude restauriert
                                                                                           noch heut dort stände.
                                                                                                  Zitiert aus einem Artikel
                                                                                           „Wissenswert“ im Greifensteiner
                                                                                             Gemeinde Express Nr. 19/2002
        Anfang der 1970-iger Jahre wurde dieses Haus auf der Kreuzgasse abgerissen

      Ergänzende Anmerkun-                     Gemeinschaft und Veranstal-                 milienfest mit Entenrennen
   gen der Redaktion:                          tungen.                                     auf dem Ulmbach des Hei-
      Wie in dem Artikel be-                      So finden zum Beispiel das               mat- und Geschichtsvereins
   richtet, entstand an dieser                 Aufstellen des Maibaums, ver-               und allzeit das Bespielen
   Stelle zwar kein Dorfge-                    schiedene musikalische Ver-                 der Boulebahn statt.
   meinschaftshaus, aber der                   anstaltungen, der von der
   Platz entwickelte sich zum                  Vereinsgemeinschaft organi-
   zentralen Platz dörflicher                  sierte Nikolausmarkt, das Fa-
Seite 8                                 Heimat- und Geschichtsverein Holzhausen – Usser Blittche               Ausgabe 15/April 2020

            Reinhold Droß scheidet im zarten Alter von                                        Platt Geschwätz
               78 Jahren aus unserem Vorstand aus

   Nach 39-jähriger aktiver                    samt Geläut, bei dem Umbau
Vorstandsarbeit wird Rein-                     des Sportlerheims des TuSpo
hold Droß nicht mehr kandi-                    und dem Bau des Brunnens                       Biehleise – Bügeleisen
dieren.                                        auf der Kreuzgasse sollen an                   erwe – arbeiten
                                               dieser Stelle nur beispielhaft                 Gärschdesobb – Gersten-
                                               erwähnt werden. Seine Hilfs-                   suppe
                                               bereitschaft bei der Durchfüh-                 Goardedierche – Gartentür
                                               rung von Veranstaltungen                       Haare – Zigeuner
                                               war stets vorbildlich. Durch                   Huurn strehle – Haare
                                               seine Art hat er hier auch an-                 kämmen
                                               dere zur Mithilfe motivieren                   Innerrock – Unterrock
                                               können. Seine Tatkraft und                     Koamcher – Geizhals, La-
                                               sein Einsatz zum Wohle der                     mentierer
                                               Allgemeinheit haben in Holz-                   Milchdippe – Milchtopf
                                               hausen viele Spuren hinterlas-                 Muffel – kleiner Happen
                                               sen.                                           Mouglüftche – Eichelhäher
                                                  Reinhold hat sich mit sei-                  Neuschier – neugierige Per-
    Reihold Droß – wie wir ihn kennen          nem außergewöhnlichen En-                      son
                                               gagement um seinen Heima-                      Nissjesseloat – Feldsalat
    Wir nehmen dies zum An-                    tort im Allgemeinen und un-                    nackich – nackt
lass Reinhold öffentlich unse-                 seren Verein im Besondern                      nierich – notwendig
ren Dank auszusprechen.                        verdient gemacht. Sein Wir-                    odou – anziehen
    Schon seit der Vereins-                    ken wurde auch durch die                       Plugg – Pflug
gründung im Jahr 1965 hat er                   Verleihung der Ehrenplakette                   Praddel – Matsch
sich – obwohl noch kein Mit-                   der Gemeinde Greifenstein                      Ratzefummel – Radier-
glied – immer wieder arbeits-                  gewürdigt.                                     gummi
mäßig engagiert. Nach seiner                      Für die Zukunft wünschen                    Riesdebruud – geröstetes
Wahl als Beisitzer im Jahr                     wir einer pflichtbewussten,                    Brot
1981 hat er diese Position in                  lebensfrohen, charakterstar-                   Rotznoas – triefende Nase
all ihren Facetten ausgefüllt.                 ken, aber auch manchmal un-                    schäpp – schief
    Reinhold ist ein Mann mit                  bequemen Persönlichkeit alles                  schmudchich – drückend
außerordentlichem          hand-               erdenklich Gute, vor allen                     warm
werklichen Geschick. Dieses                    Dingen aber Gesundheit und                     schnoagse – schnarchen
handwerkliche Rüstzeug hat                     Wohlergehen im Kreis seiner                    triggel – trocknen
er immer wieder in den                         lieben Familie. Wir freuen uns                 zäjelln – ärgern, necken
Dienst der Allgemeinheit ge-                   aber auch weiterhin auf Rein-
stellt. Die Mithilfe bei der Res-              holds kreative Ratschläge und
taurierung der Kirchenuhr                      handwerkliche Hilfe.                         Termine:

                                                                                            Das Familienfest mit Enten-
                                                                                             rennen am 27.06.2020 fällt
                                                                                                         aus.
                                                                                            Weitere Termine bestimmt
                                                                                            der Verlauf der Virenattacke.

                                                                                              Impressum: Informationsblatt des Hei-
                                                                                              mat- und Geschichtsverein Holzhausen.
                                                                                              Herausgeber und verantwortlich für den
                                                                                              Inhalt: Heimat- und Geschichtsverein
                                                                                              Holzhausen. Redaktion: H.-J. Schwalbe,
                                                                                              H. Schauss, E. Haas.
                                                                                              Internet: www.hug-holzhausen.de
    Reinhold Droß mit der, von ihm konstruierten und gebauten Entensammelstation 2017
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