VDM Magazin Handel Recycling Produktion - Nachhaltigkeit - Verband Deutscher Metallhändler eV
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VDM Magazin No. 673 Handel Recycling Produktion I / 2017 Nachhaltigkeit Chancen, Vorgaben, Aussichten Nachhaltigkeit umgesetzt - Vorgaben und Transfer in die Unternehmenspraxis Landung auf dem Schrottplatz - Flugzeuge in der Kreislaufwirtschaft Metall-Menschen - Eine zweite Chance (mit)gestalten
Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 VDM Aktuell Nachhaltigkeit Markt 111 Jahre VDM 4 Moderner Handel 8 Geschäftsklimaindex 21 II/ 2017 SPD Politiker zu Gast 4 beim VDM Recht Grenzüberschreitende Abfall- 22 verbringung Klimaschutzpotentiale 12 Rekordteilnahme am 5 Trefftag Ost Einblicke Eine zweite Chance 24 (mit)gestalten Nachhaltigkeit umgesetzt 14 Landung auf dem Schrottplatz 18 Flickenteppich EU: Mindest- 6 löhne und Ruhezeitenregelung Neues zum Fernstudium 7 Ein Vorbild an 25 sozialem Engagement 10 Fragen an ... 26 Michael Diekmann Termine 27 2 VDM Magazin 1/17
Editorial 70 JAHRE VDM MITGLIEDERZEITUNG HANDEL – RECYCLING – PRODUKTION Vor 70 Jahren, am 22. Juli 1947, erschien das erste Mitteilungsblatt des VDM, damals noch beschränkt auf die britische Besat- zungszone. Im November 1952 bekam das Blatt einen Namen, es erschien fortan unter dem Titel „Der Metallhandel“. Mit seinen Themen war das Heft immer aktuell, in der Gründungszeit standen beispielsweise die Neuregelung der Metallbewirtschaftung durch die „anglo-amerikanische Zone“ oder Haftungsansprüche gegen die Besatzungsmacht im Mittelpunkt, hinzu kamen zahl- reiche Fachinformationen für Metallhändler. Die Mitglieder erhielten ihre Informationen vom Verband ausschließlich auf be- drucktem Papier per Post, das Internet existierte noch nicht einmal in der Vorstellungskraft der Menschen. Heute berichtet der VDM tagesaktuell online oder per E-Mail. Diese bereits positive Entwicklung der Kommunikationsarbeit wird seit diesem Jahr von Herrn Richard Hill fortgeführt und vorangetrieben. Zu den ersten Schritten gehörte die Umgestaltung und Umbenennung der Mitgliederzeitschrift in „VDM MAGAZIN“. Hier werden Sie weiterhin über den VDM, unsere spannende Branche und die Menschen dahinter informiert. Der 1907 gegründete VDM ist heute weit mehr als die Vertretung des klassischen Metallhandels. Seine Mitglieder repräsentie- ren das gesamte Spektrum der Metallwirtschaft. Die Branche ist flexibler, bunter und interessanter geworden. Der Vorstand hat deshalb lange über die Frage diskutiert, ob sich der VDM einen neuen Namen geben soll. Letztlich entschied man, es bei der traditionellen Marke VDM zu belassen, ihn aber um den Zusatz Handel – Recycling – Produktion zu ergänzen. Mit dieser Namenserweiterung tragen wir der heutigen Bandbreite unseres Verbandes Rechnung. Wie breit dieses Spektrum ist, zeigt das vorliegende Heft mit seinem Themenschwerpunkt Nachhaltigkeit. Die Autoren erklären eindrucksvoll, die Funktion des mo- dernen Schrotthandels und wie man durch ihn CO 2 einsparen kann, dokumentieren am Beispiel Aurubis wie zielgerichtet die Metallindustrie auf Nachhaltigkeit setzt und erzählen über eines der vielen Spezialgebiete unserer Branche, dem Recycling von Flugzeugen. Ihre Thomas Reuther Ralf Schmitz (Präsident) (Hauptgeschäftsführer) VDM Magazin 1/17 3
VDM Aktuell 111 Jahre VDM - Recycling von der Kaiserzeit bis ins 21. Jahrhundert 2018 wird der VDM 111 Jahre alt. Der Bereits 2017 liegt aber Jubiläumsstim- träge kürt eine Jury die ersten drei Plät- Verband wird das Jubiläum zum Anlass mung in der Luft. Anfang Mai startete ze. Den Gewinnern winkt eine Einladung- nehmen, im kommenden Jahr in beson- der deutschlandweite Wettbewerb „111 zur VDM Mitgliederversammlung 2018 derer Weise auf die Arbeit seiner Mitglie- Jahre Recycling“. Schülerinnen und nach Wien. Hier werden die Videos oder der aufmerksam zu machen. Schüler der Klassen zehn bis 13 sind da- Bilder vorgestellt. rin aufgerufen ihre Ideen und Vorstellun- gen zum Thema Recycling in einem 111 Ausführliche Infos zum Wettbewerb Sekunden langen Video festzuhalten. finden Sie ab Mitte Mai auf www.vdm. berlin, auf Facebook oder können unter Was die Kreativität der Beiträge betrifft, 111@vdm.berlin angefordert werden. sind der jungen Generation keine Gren- (RH) zen gesetzt. Nach Einsendung der Bei- Zu Gast beim Kabelzerleger Schmitz besucht SKAPA Recycling Kabelzerlegung, Trafoverwertung und Nur wer die Mitgliedsunternehmen Recycling wurde 2010 gegründet und eigentlich immer auf der Suche nach kennt, kann sich engagiert für die Be- beschäftigt sich derzeit schwerpunkt- Schrotten, Kabeln und NE-Metallen - so lange der Branche einsetzen. Deshalb mäßig mit der Aufbereitung von UBC – in etwa kann man das Aufgabenspek- besucht VDM Hauptgeschäftsführer gebrauchten Aluminium Getränkedosen trum von Kabel-Metall-Recycling be- Ralf Schmitz regelmäßig VDM Mitglieds- und der Behandlung von Zinkschrotten schreiben. betriebe. Anfang 2017 stand die Firma – Blechen, Spritzgussresten, galvani- SKAPA Recycling in Kottingbrunn, rund sche Schlacken und Aschen. (RS) 30 Kilometer südlich von Wien, auf dem Besuchsprogramm. Inhaber Toni Skalnik (links im Bild) führ- te persönlich über das Betriebsgelän- KMR-Gelände in Liebenwalde. de und informierte über aktuelle Pro- Anfang März machte sich Richard Hill, bleme der Praxis. Fachbereichsleiter Kommunikation, auf Insbesondere der nach Liebenwalde, um einen Eindruck österreichische Ab- von der tagtäglichen Arbeit des VDM fallwirtschaftsplan Mitgliedsunternehmens zu erhalten. 2017 belastet die Praktische Einblicke erhielt er bei einer Branche mit zum spannenden Führung über das Gelän- Teil wenig praktika- de durch Geschäftsführer Uwe Kramer. blen Regelungen. (RH) Die Firma SKAPA Bürokratie der Rohstoffwirtschaft: SPD Politiker zu Gast beim VDM Kreislaufwirtschaft, Produkt- notwendig sei. „Vor- design und Bürokratisie- schriften müssen Sinn rung – mit diesen Themen machen“, so VDM Haupt- beschäftigt sich derzeit der geschäftsführer Ralf Arbeitsausschuss Rohstoff- Schmitz. politik. Zur ersten Sitzung in diesem Jahr am 07. März Mit Blick auf die Zukunft 2017 lud der Verband den der Rohstoffpolitik in SPD-Politiker und Berichter- Deutschland befürwor- statter für den Bereich Kreis- teten beide Seiten die laufwirtschaft und Nachhal- Idee eines Schwarz- tigkeit Michael Thews (MdB) buchs. Hierin sollen von als Gastreferenten ein. Unternehmensseite kon- krete bürokratische Hür- Auss-L. Michael Planger und Marion Finney mit MdB Michael Thews (Mitte) Im Gespräch mit Herrn den, Handlungsbedarfe Thews tauschen die Ausschussmitglie- die Unternehmen in ihrer tagtäglichen Ar- und Lösungsansätze aufgezeigt und an- der ihre Meinungen und Kritik zur gegen- beit verlangsamen und die Effizienz der geregt werden, die an die Politik heran- wärtigen Kreislaufwirtschaftspolitik aus. Betriebe mindern. Dabei wurde betont, getragen werden. (MB) Kritisiert wurde unter anderem die Viel- dass nur gesetzlich geregelt werden sol- zahl von bürokratischen Vorschriften, die le was aus ökologischer Sicht auch 4 VDM Magazin 1/17
VDM Aktuell Rekordteilnahme am VDM Trefftag Ost Was nach der Wende mit etwa 50 Gästen in Erfurt begann ist heute das größte Treffen der Metallwirtschaft in Ostdeutschland. Der ge- meinsam von VDM und IG- MNiR organisierte Trefftag Ost zog in diesem Jahr rund 260 Händler aus Deutsch- land und Polen an. Ziel der Veranstaltung: Erfahrungs- austausch und Netzwerk- pflege. Am 9./ 10. Oktober 2017 ist der polnische Ver- band Gastgeber des Tref- fens in Krakau. (RS) VDM Mitglieder nutzen das gute Wetter zum Austausch im „Bayrischer Bahnhof“. Europäische Entsorgerbetriebe treffen sich zum Austausch Seit rund 20 Jahren enga- nicht erst ab dem 1. Juni giert sich der VDM in der Eu- 2017 vor neuen und oft- ropäischen Vereinigung der mals deutlich umfang- Gemeinschaften zur Zerti- reicheren Aufgaben“, so fizierung von Entsorgungs- Hartmut Schön, Vorsit- fachbetrieben (EVGE) e.V. zender der EVGE in sei- Auch in diesem Jahr fand ner Begrüßungsrede. am 1. März 2017 die Aus- schusssitzung der EVGE Mit der Novellierung der statt. Hier tauschen sich Entsorgungsfachbetrie- die Vertreter der deutschen beverordnung kommen Entsorgergemeinschaften zusätzliche erhebliche zusammen mit Vertretern bürokratische Belas- der Branche aus Österreich, tungen, die zu keinerlei Schweiz, der Tschechi- substanziellen Verbes- schen Republik und der Slo- serungen in der Zertifi- wakischen Republik zu zierungspraxis führen, allen aktuellen Themen, die die Entsor- der EVGE Sachverständigenschulung insbesondere auf die Gemeinschaften gerbranche betreffen, aus. Die Novellie- einen großen Teil der Diskussion. „Alle zu. (EB) rung der Entsorgungsfachbetriebever- betroffenen Kreise – ob Unternehmen, ordnung (EfbV) war und ist ein wichtiges Sachverständige oder auch wir Entsor- Thema. Dieses bildete auch im Rahmen gergemeinschaften – stehen nicht erst Workshop Abfallverbringungs- recht erneut erfolgreich Aufgrund des großen Erfolgs und der breiten Nachfrage hat der VDM im Rah- men seines Weiterbildungsprogramms den Workshop zum Abfallverbringungs- recht erneut aufgelegt. Dr. Anno Oexle und Manfred Eckert standen den Teil- nehmern als Experten des Verbringungs- rechts Rede und Antwort. Schwierige Fallkonstellationen und viele Fallstricke beim Ausfüllen des Anhang VII Doku- mentes wurden diskutiert. Weitere aktu- elle Fragestellungen aus der Praxis wur- den mit den Experten erörtert. (EB) VDM Magazin 1/17 5
VDM Aktuell Europäischer Flickenteppich bei Mindestlöhnen und Ruhezeitenregelungen Fehlende eindeutige Regelungen in Euro- müssen übersetzt und ein Repräsentant In den Niederlanden wird gerade ein Re- pa zu den Themen Mindestlohn und Ru- der Firma vor Ort hat benannt zu wer- gistrierungssystem entwickelt, damit ab hezeiten stellen transportierende Unter- den. Bei Nichteinhaltung drohen Strafen 2018 Kabotagefahrten angemeldet wer- nehmen vor immer größere Probleme. von bis zu 150.000 Euro. den können. Westeuropäische Staaten versuchen nun, die unlautere Konkurrenz aus dem In Frankreich wurde zwischenzeitlich Bezüglich der Ruhezeitenregelungen Osten durch individuelle Lösungen in die das elektronische Meldeportal SIPSI für wird in Deutschland aktuell das Fahrper- Schranken zu weisen. den Mindestlohn eingeführt, bei welcher sonalgesetz über arbeitet. Der Bundesrat In Österreich müssen muss dem überarbeiteten aus diesem Grund Gesetzentwurf noch zu- seit Jahresbeginn stimmen. Deutschland ist Kabotagefahrten (ge- damit nach Belgien, Frank- werblicher Güterkraft- reich und Österreich das verkehr mit Be- und vierte EU-Land, das Fah- Entladeort in einem rern die wöchentliche Ru- Staat durch einen Un- hezeit im LKW untersagt. ternehmer, der dort weder Sitz noch Nie- Ziel ist es, einen fairen derlassung hat) und Wettbewerb zu erreichen. grenzüberschreitende Gerade durch osteuropä- Transporte bei der ische Fuhrunternehmen Entsendeplattform sind die Sozialstandards des österreichischen im Straßengüterverkehr Arbeitsministeriums in Deutschland verstärkt gemeldet werden. unter Druck geraten. Eine preislich nicht zu schla- Die Fahrer müssen bei Kontrollen die die Entsendebescheinigung beantragt gende Konkurrenz bedroht Unterneh- Entsendemeldung sowie Unterlagen zu werden kann, die der Fahrer mitzuführen men, die ohnehin schon sehr unter Druck Lohn und Sozialversicherung vorlegen. und bei Bedarf vorzulegen hat. stehen, in ihrer Existenz. In Italien sind Kabotagefahrten spätes- In Deutschland gibt es seit 2017 das Wenn Sie Fragen zu dieser Thematik ha- tens bis 24 Uhr des Vortages per E-Mail Portal der Zollverwal tung. Dort können ben, können Sie sich gern an Nadine Zo- beim Arbeitsministerium in Rom anzu- Fahrer für den Nachweis des Mindest- cher unter zocher@vdm.berlin oder 030 melden. Die Arbeits- und Lohnunterlagen lohns gemeldet werden. / 259 37 38 22 wenden. (NZ) Streik führt zu Absage von VDM Ausschusssitzung Der Streik des Bodenpersonals an den Berliner Flughäfen Mitte März hatte auch Auswirkungen auf die Auschussarbeit des Verbands. Ursprünglich sollten meh- rere Experten aus London dem Arbeits- ausschuss Strategische Sondermetalle / Ferrolegierungen zum Thema Preisfin- dung Rede und Antwort stehen. Da streikbedingt weder Referenten noch Teilnehmer in Berlin landen konnten, musste die die Sitzung verschoben wer- den. Neuer Termin ist der 20. Juni 2017. (MB) 6 VDM Magazin 1/17
VDM Aktuell Fernstudium Betriebswirt/in Metallhandel (VDM) Der VDM bietet zusammen mit den Ver- ligen System zusammenfassen und da- Neben dem Fernstudium bietet der Ver- bänden BDS und WGM ein Studium „Be- mit vergleichbar (nicht aber gleich) ma- band Deutscher Metallhändler e.V. ein triebswirt Metallhandel (VDM)“ an. Diese chen soll. Das Studium „Betriebswirt Me- umfassendes und interessantes Weiter- dreijährige berufsbegleitende Weiterbil- tallhandel (VDM) entspricht der Stufe 7. bildungsprogramm an. dung startet am 1. Juli 2017 mit dem Digitalisierung neuen Jahrgang und wird erstmals mit Dazu gehören Seminare zur Verbes- einem veränderten, einem digitalisierten Von der zunehmenden Digitalisierung serung der SoftSkills, der Weiterent- Ansatz angeboten. in Wirtschaft und Gesellschaft ist die wicklung der eigenen Persönlichkeit, Berufsbildung gleich doppelt betroffen. Fachseminare zu branchenspezifischen Zum einen ändern sich die zu vermit- Themen, Seminare zur Förderung des Inhalte telnden Inhalte – etwa bezüglich neuer Nachwuchses (das VDM Juniorenpro- Geschäftsmodelle im Werkstoffhandel. gramm) sowie diverse Workshops, Fort- Das Fernstudium greift technische, wirt- Zum anderen bietet die Digitalisierung bildungslehrgänge und Produktsemina- schaftliche und methodische Themen aber auch neue und effektivere Lernfor- re. auf, die in den beteiligten Branchen wich- men an. tig sind: insbesondere Material- und Pro- Einige Highlights 2017: duktkunde, kaufmännisches Wissen und • Eine Betriebswirtin/ ein Betriebswirt Know-how für Führungsaufgaben sowie BDS/VDM/WGM verfügt über in Prüfun- 13./ 14. Juni: Workshop in Hamburg - Fertigkeiten der Selbst- und Sozialkom- gen nachzuweisende Kompetenzen, Produktseminar Alumnium bei der TRI- petenz. MET SE • zur Lösung von neuen und komplexen Ziel ist es dabei, entsprechende Kompe- Aufgaben, 22./ 23. Juni: Fachseminar in Berlin - tenzen zu erwerben, damit die so Ausge- Führungskräfte - Führung, Veränderung, bildeten sich die erforderlichen Qualifika- • zur eigenverantwortlichen Steuerung Strategie tionen mittel- und langfristig auch selbst von Prozessen sowie aneignen können. 25. - 27. Juni: Junioren-Wahlseminar in • zum Umgang mit häufigen und unvor- London - LME London Metal Exchange Ablauf hersehbaren Veränderungen in einem in der Praxis inkl. Ring-Besuch strategieorientierten beruflichen Tätig- Die Vermittlung der entsprechenden keitsfeld. 25./ 26. September: Junioren-Wahlse- Informationen erfolgt über rund 60 Stu- minar in Flensburg - Recycling, Logistik dienmodule. Deren Bearbeitung wird in Aktuell laufen die Anmeldungen für den Elektronikschrott (Nordschrott) vier mehrtägigen Seminaren vorbereitet neuen Studienjahrgang 2017. Das Fern- und endet mit einzureichenden Aufga- studium startet einmal jährlich. In die- In Planung: Junioren-Wahlseminar in benlösungen. Ziel ist es, sie für das Ta- sem Jahr beginnt es am 1.7.2017. Thelfs (Österreich) - Aluminium in seinen gesgeschäft in den Unternehmen und verschiedenen Facetten (Thöni Indust- darüber hinaus zu qualifizieren. Des- Die Anmeldeunterlagen sowie unsere riebetriebe) halb orientiert sich das Fernstudium am Broschüre mit weiteren Detailinformati- Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR), onen können Sie über folgende Adresse- 23./ 24. November: Fachseminar in We- der alle schulischen, akademischen und sehr gern anfordern: sel - Außenhandel - Die Zollabteilung im beruflichen Abschlüsse in einem achttei- METALLAKADEMIE@vdm.berlin Unternehmen (NZ) VDM Magazin 1/17 7
Nachhaltigkeit Moderner Handel Metallhandel im Jahr 2017 - wie er scheint und was er wirklich ist. Die Zukunft heißt auch: Nachhaltigkeit. Die Stille der Nachbarschaft wurde langsam durch den Lärm eines sich nähernden Fahrzeugs gestört. Noch war nichts in Sicht. Das Brummen des Motors und ein metallartiges Klappern wurden mit jeder Sekunde lauter. In unregelmäßigen Zeitabständen konnte man das Klingeln einer Glocke wahrneh- men. Die Nachbarn schauten aus den Fenstern und ein älterer orangefarbener Transporter kam um die Kurve. Zwei Männer saßen in dem Transporter, der mit zwei alten Metallbettgestellen und einem kaputten Herd beladen war. Einer der Insassen hob den Arm aus dem Fahrzeug und fing erneut an eine Glocke zu schwingen. Es waren Schrotthändler, die die Bewohner der Nachbarschaft auf sich aufmerksam machten, um alte metallische Gegenstände einzusammeln. Von Murat Bayram (EMR) So oder so ähnlich stellen sich Men- und anderen Großstädten, merken wir, dass wir noch mehr An- schen meinen Beruf vor, wenn ich bei einem Gespräch offen- strengungen vornehmen müssen, um die Welt für die nächs- bare, dass ich Schrotthändler bin. Doch der Handel mit Sekun- ten Generationen auch als lebenswerten Ort zu sichern. därrohstoffen hat viel mehr Facetten als jenes des ehrbaren Sammlers. Unser Berufszweig ist einer der wenigen Berufspro- Der ein oder andere Leser mag sich jetzt fragen, was der Me- file, die in ihrer Vielfalt an Aufgaben kaum zu übertreffen sind. tallhandel mit diesem Ziel zu tun hat und diese Frage erscheint auf den ersten Blick auch berechtigt. Der Metallhandel ist es Ein hiesiger Schrotthändler muss sich neben den kommerzi- jedoch, der durch seine Tätigkeit erst die Verfügbarkeit von ellen Aufgaben des Ein- und Verkaufs auch mit Umweltrecht, Schrotten zum Recycling schafft und somit Sekundärrohstoffe Transportrecht, Arbeitssicherheit, Risikoabsicherungsmaß- der Industrie zuführt. nahmen an der LME und an Devisenmärkten, der ständig neuen Technologie, Finanzierung, Personalführung, Marketing „Der Schrotthandel ist und Ausbildung auseinandersetzen. „Eine Art eierlegende Woll- das Fundament des Recyclings“ milchsau sind wir Metallhändler“ sagte einst mein Ausbilder und zwei Jahrzehnte später kann ich dem nur zustimmen. Durch die Vermeidung von Primärrohstoffen mit Hilfe der Wie- Der folgende Artikel wird aufzeigen warum es wichtig ist, die derverwertung von Ressourcen kann gemäß einer Studie des kleinen und mittelständischen Unternehmen innerhalb der Umweltbundesamtes fast 50 Millionen Tonnen an Rohstoffen Schrottbranche zu fördern anstatt diese mit immer neuen und der Produktion in Deutschland zugeführt werden. Ohne diese verstärkt unverständlichen Gesetzen zu schwächen. Anstrengung und die energetische Verwertung zur Erzeugung neuer Produkte müsste eine erhebliche Steigerung der Pro- „Eine Art eierlegende duktion von Primärrohstoffen erfolgen. Der zusätzliche Abbau Wollmilchsau sind wir Metallhändler“ und die Umarbeitung von Erzen würde Energien in Anspruch nehmen, die wiederum zusätzliche Emissionen verursachen. Recycling und Umweltschutz sind im Jahre 2017 so selbstver- Die wirtschaftlichen Vorteile der Sekundärrohstoffe liegen vor ständlich wie das Atmen. Das war nicht immer so und Maß- allem in einer Kostenersparnis, denn im Prinzip lassen sich die nahmen zum Schutze der Umwelt mit dem Ziel der Erhaltung Metalle beliebig oft wieder einschmelzen und raffinieren, ohne der natürlichen Ressourcen waren im letzten Jahrhundert in dass die Qualität der Metalle beeinträchtig wird. Alles in allem Europa nicht immer als relevantes Bestreben auszumachen. bietet die Produktion mit Hilfe von Schrotten große Vorteile Aber spätestens seit Fukushima und den Ereignissen in Fern- bezüglich der Ressourcenschonung. Schrottplätze helfen die ost, wie beispielsweise der enormen Smogbildung in Peking Umwelt weniger zu belasten, indem Altmetalle und Eisen- 8 VDM Magazin 1/17
Nachhaltigkeit schrott aufbereitet werden, um den Qualitätsansprüchen des Gesetzgebungen und kann so Kunden mit ihren Präferenzen jeweiligen Werkes gerecht zu werden. mit Hilfe von Verbesserungsvorschlägen bezüglich der Lo- Der Schrotthandel ist somit das Fundament des Recyclings, gistik, Qualität oder Finanzierung assistieren. Im Angesicht denn durch die spezifischen Tätigkeiten werden die Sekundär- der aktuellen Lage der Kreditlandschaft kommt eine wichtige rohstoffe der Industrie zur Verfügung gestellt, damit die Wie- Funktion des Schrotthandels hinzu: die Kreditfunktion. Gerade dergewinnung von Materialien realisiert werden kann. aufgrund unterschiedlicher Zeitpunkte von Anfall der Rohstof- fe bis zur Auslieferung der jeweiligen Qualitäten kommt es zu Die Definition des allgemeinen Handels im wissenschaftlichen einer Finanzierungslücke, die häufig vom Schrotthandel aufge- Sinne klassifiziert den Handel innerhalb einer Volkswirtschaft fangen wird. mit einer räumlichen, zeitlichen, Quantitäts-, Qualitäts-, Bera- tungs- und Kreditfunktion. Der Handel in unserem Sektor hat „Der Handel wirkte wie eine Art Airbag exakt dieselben Eigenschaften. Der Schrotthandel ist eine Art zwischen Lieferanten und Abnehmer.“ „Puffer“ zwischen dem Erwerb und der Veräußerung der anfal- lenden Rohstoffe. Die räumliche Funktion macht sich in unse- Die Wahl des Präsidenten in den Vereinigten Staaten von Ame- rer Branche bemerkbar, indem Schrotthändler für die ansässi- rika im November letzten Jahres hat neben des Votums aufge- gen Produzenten eine logistisch optimierte Lösung offerieren, zeigt, wie essentiell der Schrotthandel und seine unterschied- um die anfallenden Produktionsüberschüsse fachgerecht und lichen Funktionen im Recyclingprozess sind. Der Leser mag professionell zu transportieren. Die zeitliche Funktion inner- nun überrascht sein, was das eine mit dem anderen zu tun hat. halb der Schrottwirtschaft bedeutet, dass es zu einer Situation Sehr viel – denn in dieser sogenannten „Trump Woche“ sind kommen kann, in der Rohstoffe anfallen und der Bedarf von die Rohstoffpreise im Metallsektor enorm angestiegen.Die Werken an ge- Kupferpreise ex- wissen Metallen plodierten inner- aufgrund von z.B. halb weniger Tage Produktionspla- und verursachten nungen erst zu eine Rallye auf einem späteren den Schrottmärk- Zeitpunkt be- ten. Durch den steht. Die Quan- raschen Preis- titätsfunktion im zuwachs kam Schrotthandel es auf der Ver- ist innerhalb der fügungsseite zu Wertschöpfungs- einer Art „Tsuna- kette erkennbar, mi“ Reaktion, bei wenn man die der sehr große Mindestanforde- Mengen auf dem rungen von Pro- Markt offeriert duzenten entwe- und veräußert der bezüglich der wurden. Die Werke vertraglichen oder im Kupferbereich anzudienenden bekamen mehr Menge analysiert. Menge angedient Jedes Werk hat als der Bedarf ge- unterschiedliche wesen war. Die lo- Bedürfnisse und gische Folge war, Strategien. Es gibt dass die Produ- diversifizierte Werke, die von vielen kleinen Händlern kaufen zenten weitere Lieferungen von Metallen stoppen mussten, und konzentrierte Beschaffungsstrategien, in denen große um ihre eigenen Lagerkapazitäten in Takt zu halten. Der Han- Mengen von wenigen Händlern präferiert werden. Abhängig del und seine Funktionen wirkten hier wie eine Art Airbag zwi- von diesem Bedarf erfüllen wir in der Schrottwirtschaft die schen Lieferanten und Abnehmern. Die Lieferanten, die natür- Funktion, dass wir entweder eine Mindestvertragsmenge ga- lich interessiert waren die Marktgegebenheiten kommerziell rantieren oder die Andienung pro Lieferung gemäß des Auftra- auszuschöpfen, lieferten die zusätzlich verfügbaren Mengen ges erfüllen. Durch Bearbeitung und Sortierung der Schrotte an den Handel, so dass die Abnehmer koordiniert die existie- werden so Qualitäten bereitgestellt, die der Kunde für seine renden Lagermengen verarbeiten konnten. Produktion benötigt. Gerade bei komplexen Legierungen ist diese Arbeit sehr sensibel und muss innerhalb der Wertschöp- Die Finanzierungsfunktion spielte hier eine erhebliche Rolle, fungskette gut organisiert werden, um die Produktion des Wer- denn neben der verspäteten Auslieferung und der somit späte- kes während des Schmelzprozesses von Schäden einer Fehl- ren Realisierung von Umsätzen kamen bei Absicherungen an charge zu bewahren. Hier wird deutlich, wie wichtig Erfahrung der LME Margin Calls auf, die einen enormen Finanzierungs- und Können des Handels sind, um den Qualitätsanforderun- bedarf erforderten. Ohne die Hilfe und Tätigkeit des Handels gen der Industrie gerecht zu werden. wäre diese besondere Situation nicht zu meistern gewesen. Deshalb ist es wichtig den Handel als relevanten Schritt inner- Eine weitere wichtige Handelsfunktion ist die Beratungsfunkti- halb der Wertschöpfungskette aufrecht zu erhalten. on. Die Schrottbranche ist ständig auf dem neusten Stand der VDM Magazin 1/17 9
Nachhaltigkeit Teamwork-Konzept für die Zukunft: Der Closed Loop Ein neuer Trend innerhalb der Recyclingwirtschaft ist das sogenannte „closed loop“ Projekt vieler Pro- duzenten. Hierbei handelt es sich um einen geschlossenen Recyclingkreislauf. Im Gegensatz zum herkömmlichen Kreislauf, in dem Produkte hergestellt, benutzt, aussortiert werden und im Schrott- handel landen bevor sie wieder zurück in die Produktion kommen, geht es hier um ein direktes Rück- führungssystem von Produktionsabfällen an das jeweilige Schmelzwerk. Von Murat Bayram (EMR) Immer mehr Firmen versuchen sich Hier sehen wir allerdings noch Nachholbedarf innerhalb unse- auf diese Weise die wertvollen Rohstoffe von vornherein zu rer Branche, denn viele gebrauchte Fahrzeuge oder außer sichern. Ein Verkaufskontrakt von beispielsweise Aluminium- Dienst genommene Schiffe werden in Länder exportiert, mit blöcken wird mit einem Einkaufskontrakt für die metallischen denen die westliche Welt trotz technologischen Vorsprungs Produktionsabfälle kombiniert. Die Idee, isoliert betrachtet, hat bisher preislich nicht mithalten konnte. So werden beispiels- sicher gute Ansätze. Die Praxis zeigt aber, dass aus logisti- weise Schiffe ausgeflaggt und in Länder wie Pakistan und In- schen Gründen eine Kooperation mit dem Schrotthandel fall- dien exportiert. spezifisch effizienter ist. Internationale Standards und globale Voraussetzungen „Der Closed Loop ist ein direktes Rückführungssystem Das Recycling Magazin kritisierte bereits im Februar 2015, von Produktionsabfällen an ein Schmelzwerk.“ dass keine der Anlagen in Südasien die internationalen Stan- Ein Schrotthändler kann verschiedene Metalle aufbereiten, so dass man nicht nur eine Teil- menge des Produktionsstandortes transpor- tiert. Durch die folglich optimierte Frachtaus- lastung, der Möglichkeit der Vorsortierung oder mechanischer Verarbeitung ergeben sich Synergien, die meiner Meinung nach dazu füh- ren werden, dass es zu einer intensiveren Zu- sammenarbeit zwischen den Werken und den Händlern kommen wird. Das „Closed Loop“ Projekt wird somit ein TeamworkKonzept für die Zukunft. Wenn wir über die Energieeinsparung durch Nutzung von Sekundärrohstoffen sprechen, darf man nicht vergessen, dass die Wert- schöpfung des Schrotthandels mit Blick auf die Verwertung von Altautos, Flugzeugen, Elektronikgütern oder Schiffen eine ebenso si- gnifikante Rolle spielt. Durch den Ausbau von verkaufsfähigen Gebrauchtteilen aus dem Automobilbereich dards für sicheres und sauberes Schiffsrecycling erfüllen. Hier (wie Getriebe, Lichtmaschinen oder anderen Aggregaten) wer- sind Chancen zu erkennen, welche von einigen global agieren- den Ressourcen ebenfalls entscheidend geschont. den Schrotthandelsbetrieben bereits umgesetzt worden sind. 10 VDM Magazin 1/17
Nachhaltigkeit Neben den Vorteilen einer umweltgerechten Entsorgung von nach einem hohen Lebensstandard durch technischen und ölhaltigen Schlämmen und Asbest werden Generatoren, Pum- wissenschaftlichen Fortschritt steigt kontinuierlich an. Das pen, Kompressoren, Propeller und viele andere Bauteile ähnlich selbstfahrende Automobil oder der 3D Druck innerhalb der wie im Automobilbereich zur weiteren Nutzung offeriert. Um Industrie sind nur zwei Beispiele, die zeigen, dass sich unser diese Wertschöpfung zu intensivieren müssen die Verzerrun- Leben in den nächsten zehn Jahren sehr stark verändern wird. gen der Chancengleichheit bei den Abwrackkosten, die sich nachtteilig bezüglich des Wettbewerbs auswirken, egalisiert Wer hätte zum Jahrtausendwechsel daran gedacht, dass wir werden. Da diese Entwicklung allerdings einen internationalen eines Tages mehr oder minder von einem handgroßen Telefon Konsens benötigt und der Protektionismus zurzeit ansteigt, ist abhängig sind, das alle Daten unseres Lebens speichert und es noch ein weiter Weg, den man gehen muss, um das Recy- als Navigation des täglichen Lebens unentbehrlich geworden cling und den Handel weiter zu optimieren. ist. Selbstverständlich ist das Recycling nicht optimal ausge- Wenn wir theoretisch davon ausgehen, dass es keine Wettbe- reift und bietet noch viel Entwicklungspotenzial. Es hat sich werbsverzerrungen am Weltmarkt gibt, so würde der Schrott- aber bereits Einiges getan und man merkt, dass sich Industrie handel in einem fairen Handel als eine Art „Weichenfunktion“ und Schrotthandel am besten entwickeln, wenn man gemein- die jeweiligen Rohstoffe an jene Werke ausliefern, die den bes- sam die richtigen Weichen für die Zukunft stellt. ten Preis offerieren. Erfahrungsgemäß sind die besten Preise bei denjenigen Abnehmern erzielbar, die mit der effizientesten Technologie ausgestattet sind. So würden die Produktionskos- ten im Vergleich zum Wettbewerb niedriger ausfallen. Darüber hinaus ist es offenkundig, dass moderne Aggregate umwelt- schonender sind. Gelenkt durch einen kommerziell höheren Erlös würde die Distribution von Schrotten automatisch die umweltverträglichere Technik unterstützen. Sie hätte damit auch eine verstärkte Wirkung auf Investitionen im Bereich fort- schrittlicher Maschinen. Die Beiträge „Moderner Handel“ und „Teamwork-Konzept für die Zukunft: Der Closed Loop“ stammen beide von: Murat Bayram „Recycling ist noch nicht optimal ausgereift. Geschäftsführer der EMR (Europe- Es bietet aber noch viel Entwicklungspotential.“ an Metal Recycling GmbH) • Leiter der europäischen Metall- Ausblick sparte der EMR Organisation • Mitglied im NE Vorstand der BIR Die Weltbevölkerung wird größer und somit auch die globale Vernetzung der einzelnen Wirtschaftsgebiete. Der Wunsch Tel.: +49 174 3033138 murat.bayram@emrgroup.com VDM Magazin 1/17 11
Nachhaltigkeit Klimaschutzpotentiale beim Recycling Benchmarking oder die Methodik der Kohlendioxid- Äquivalente Nachhaltigkeit ist ein komplexes Thema, bestehend aus einer Vielzahl einzelner Aspekte. Ein wesent- liches Element dabei ist der Klimaschutz. Genau hier setzt das NE-Metallrecycling an, das durch die Einsparung von Treibhausgasemissionen einen großen Anteil zum Klimaschutz beitragen kann. Zahl- reiche Studien belegen und quantifizieren dies bereits. Darüber hinaus ist die Menge der Metalle im anthropogenen Lager ein enormer Ressourcen- und Energiespeicher für künftiges Recycling. Von Martin Bleeck (VDM) Anthropogenes Lager bedeutet und Produktion von einer Tonne marktfähigem Zwischenprodukt umfasst nicht mehr als die (Metall)Reserven, die beispielswei- (bei Aluminium beispielsweise Walz- und Pressbarren; bei Kup- se in Gebäuden, Infrastrukturen oder Fahrzeugen verbaut und fer zum Beispiel die Kathode) aus einerseits Primärrohstoffen noch gebunden sind. Kurz gesagt: Reserven, die derzeit in Be- und andererseits unter Verwendung von Sekundärmaterialien. nutzung sind. Im Jahr 2014 entsprach die absolut gebundene Menge des NE-Metalllagers in Deutschland mit 76,5 Millionen „Recycling und Klimaschutz - das geht zusammen“ Tonnen der gut dreißigfachen deutschen Jahresproduktion im gleichen Jahr. Dieser Schritt über das Zwischenprodukt ist für eine sinnvolle Vergleichbarkeit notwendig. Die isolierte Gegenüberstellung Die deutsche Gesamterzeugung von 2,5 Millionen Tonnen der Verfahren in der Primär- und Sekundärproduktion würde NE-Metallen verursachte 2014 inklusive aller Vorketten Treib- deutlich zu kurz greifen. hausgasemissionen von insgesamt rund 10,8 Millionen Ton- nen. Auf die Sekundärproduktion entfielen dabei jedoch nur Bei dieser Vorgehensweise wird die gesamte Wertschöpfungs- 14 Prozent dieser Treibhausgasemissionen. Das bedeutet: Die kette betrachtet - die Vorkette bei der Primärproduktion (also NE-Metallsekundärerzeugung, die rund 49 Prozent der Ge- Abbau, Aufbereitung, Transport usw.) wird ebenso berücksich- samtproduktion ausmacht, emittiert nur 14 Prozent der Treib- tigt wie die abfallwirtschaftlichen Begleiterscheinungen (Ma- hausgasemissionen. terialaufbereitung, Transport usw.) bei der Produktion mit Alt- metallen. Die wichtigsten Einflussfaktoren und Variablen sind „Die NE-Metallsekundärerzeugung somit: Produktions- und Aufbereitungsverfahren, eingesetzte emittiert nur 14 Prozent der Energieträger und die Transportdistanzen. Treibhausgasemission der dt. Gesamterzeugung“ „Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette: Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Primärmetallproduktion Inklusive Vorkette und ist aufgrund wachsender Märkte (u.a. Leichtbau, Erneuerbare abfallwirtschaftlichem Rucksack“ Energien, Elektromobilität) und beschränkter Schrottverfüg- barkeit durch die oft lange Bindungsdauer von Metallen wei- Der KEA ist die Gesamtheit aller primärenergetisch bewerte- terhin notwendig. ten, direkten und indirekten Energieaufwendungen bis zum marktfähigen Zwischenprodukt. Bei der Primärproduktion wird Wie werden die Klimaschutzpotentiale des Recyclings er- der KEA wesentlich bestimmt durch den länderspezifischen mittelt? Wie lassen sich Energieaufwand und klimarelevante Strommix (Wasser, Kohle, Windkraft etc). So können sich je Emissionen bei der Primär- und Sekundärmetallproduktion nach Strommix für exakt gleiche technische Verfahren unter- überhaupt vergleichen? schiedlich hohe kumulierte Energieaufwendungen ergeben. Lässt man Strom außen vor, schwanken die Emissionsfakto- Berechnet und verglichen werden die kumulierten Energieauf- ren „innerhalb“ eines Energieträgers nur sehr gering. wände (KEA) sowie die klimarelevanten Emissionen bei der 12 VDM Magazin 1/17
Nachhaltigkeit Berechnungsbeispiele Nimmt man beispielsweise Alumini- um, ergibt sich grob skizziert folgende Gegenüberstellung: Während in der Primärerzeugung aus Tonerde in der Elektrolyse Aluminium gewonnen wird, werden in der Sekundärerzeugung nach einer Schrottvorbehandlung die Einsatzmaterialien in den jeweiligen Schmelzaggregaten eingeschmolzen und dann in der Gießerei vergossen be- ziehungsweise weiterverarbeitet. „2014 konnten 7,3 Millionen Tonnern Treibhausgas durch die Sekundärproduktion eingespart werden.“ Bei der Schmelzflusselektrolyse ent- stehen 80 bis 90 Prozent des Energie- aufwandes der CO2-Emissionen. Die Emissionen und der Etwa ein Drittel des Energieaufwandes und der CO2-Emissio- Energieaufwand des Abbaus von Bauxit (2 bis 3 Prozent) so- nen entsteht beim Abbau des Roherzes und der Aufbereitung wie der Tonerdeherstellung (10 bis 15 Prozent) sind hingegen zum Konzentrat. Der Prozess zur Herstellung des Reinmetalls eher untergeordnet. bindet die restlichen zwei Drittel. Prozesse der Aufbereitung Zusammengefasst: Die direkt eingesparten Treibhausgase- missionen durch die Sekundärproduktion in Deutschlan sum- Stichwort abfallwirtschaftlicher Rucksack: Beim Recycling un- mieren sich auf rund 7,3 Millionen Tonnen für 2014. terscheidet man zwischen verschiedenen Prozessen (bei- Erzabbau in Chile spielsweise Aufbereitung aus Krätzen, Altmetallen, Verpackun- gen). Daraus ergibt sich ein spezifischer Energiebedarf für die Aufbereitung einer Tonne Aluminium-Fraktion als Einsatzma- Martin Bleeck terial in der Sekundärmetallurgie. Hinzu kommen die entspre- VDM Fachbereichsleiter chenden Transportdistanzen. Dies gilt gleichermaßen für Alu- Handels- & Rohstoffpolitk minium wie für Kupfer. • Arbeitsauss. Metallbörse Bei Kupfer wird auf der Primärroute das Erz mittels eines py- • Arbeitsauss. Strategische rometallurgischen oder hydrometallurgischen Prozesses zu Sondermetalle / Ferrolegierungen Primärkupfer verarbeitet. In der Sekundärerzeugung werden • Arbeitsauss. Rohstoffpolitik die Ein- satzmaterialien in den unterschiedlichen Schmelzag- Tel.: +049 30 259 37 38 23 gregaten eingesetzt. bleeck@vdm.berlin VDM Magazin 1/17 13
Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit umgesetzt Vorgaben und Transfer in die Unternehmenspraxis Das Thema Nachhaltigkeit ist heute in aller Munde. Bei den Aktivitäten von Unternehmen, auch un- serer Branche, kommt ihm eine wichtige Rolle zu. Es gilt, das klassische Dreieck der Nachhaltigkeit bestehend aus den Elementen „Wirtschaft, Umwelt und Mensch“ in guter Balance zu halten. Aber was bedeutet das konkret für die Unternehmen? Was bedeutet dies für die NE-Metallwirtschaft, für Indus- trie, Recycling und Handel? Wie werden die entsprechenden Anforderungen in die Unternehmenspra- xis integriert? Was hilft bei der Umsetzung? Von Kirsten Kück (Aurubis) Mit dem Recycling leistet die Weitere Aspekte der Nachhaltigkeit Branche per se einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit - in Neben der Ressourceneffizienz sind beispielsweise die viel- einer rohstoffarmen Region wie Europa ist Recycling außer- schichtigen Aspekte der Lieferketten und der sorgsame Um- dem eine strategisch wichtige Rohstoffquelle für die Zukunft. gang mit der Umwelt von Bedeutung. Ebenso stehen die Politisch wird dem Recyclinggedanken mit der europäischen Menschen und das tägliche Miteinander, ihre Qualifikationen, Direktive „Waste Electrical and Electronic Equipment“ (WEEE) ihre Gesundheit und Sicherheit, ihre Motivation und ihre Zu- für Elektro- und Elektronik-Altgeräte und dem Gesetzespaket sammenarbeit im Fokus. Zu einer verantwortungsvollen Ge- der EU-Kommission zur Kreislaufwirtschaft „Circular Economy schäftstätigkeit gehören neben Energieeffizienz auch eine Package“ Rechnung getragen. saubere Produktion, Konformität mit nationalen und internati- onalen Standards sowie Transparenz. „Es gilt, das Dreieck der Nachhaltigkeit aus Wirtschaft, Umwelt und Mensch Dies alles ist nicht allein für die jeweiligen Unternehmen von in guter Balance zu halten.“ großer Bedeutung, sondern auch für die Nachbarn, Partner, Lieferanten oder Kunden. Auch für Investoren und andere Inte- Die WEEE-Richtlinie beinhaltet Maßnahmen gegen die illegale ressengruppen werden soziale und ökologische Kriterien von Ausfuhr von Altgeräten und für den Verbleib von Rohstoffen Unternehmen zunehmend relevant. im Materialkreislauf. Außerdem enthält sie Behandlungsstan- dards für kupfer- und edelmetallhaltige Sekundärrohstoffe. „9.000 Unternehmen arbeiten inzwischen Best Practice weltweit an den zehn Prinzipien Aurubis trägt als Experte für Multi-Metal-Recycling dazu bei, des Global Compact.“ dass der Wertstoffkreislauf für Kupfer und viele weitere Metal- le und Elemente geschlossen wird. Aurubis war zudem an der Eine Orientierung an universellen Prinzipien ist hier hilfreich. Ein Entwicklung des freiwilligen „WEEE End Processor Standard“ gutes Beispiel ist der UN Global Compact (UNGC), eine große beteiligt, der einen weltweiten Wettbewerb um die Verwertung internationale Initiative für unternehmerische Verantwortung von Elektronikschrotten auf höchstem technischen Niveau und Nachhaltigkeit. Inzwischen sind es über 9.000 Unterneh- zum Ziel hat und einen wichtigen Beitrag zu international ge- men weltweit, die daran arbeiten, ihren Beitrag zu leisten und ordneten Verwertungs- und Entsorgungsprozessen leistet. auszbauen, indem sie die zehn Prinzipien des Global Compact Kreisläufe sind erst dann als geschlossen zu betrachten, wenn einhalten. Dazu gehören beispielsweise: Einhaltung der Men- es gelingt, die Materialien so zurückzugewinnen, dass sie in schenrechte, Arbeitsnormen, Rücksicht auf Umwelt und Klima Neuprodukten eingesetzt werden können. sowie Maßnahmen zur Korruptionsprävention. 14 VDM Magazin 1/17
Nachhaltigkeit Aurubis nimmt seit 2014 am UNGC teil und unterstützt diesen Faktor Transparenz Ansatz zur sozialen und ökologischen Gestaltung der Globa- Neben den erreichten Leistungen ist die Transparenz eine lisierung. Aber auch alle Mitgliedsunternehmen des VDM, ob weitere wichtige Säule des verantwortungsvollen unterneh- Handel oder Industrie könnten eine Nachhaltigkeitsstrategie merischen Handelns – ganz im Sinne der EU, die sich dafür festlegen und beispielsweise am UNGC teilnehmen – sofern einsetzt, dass ökologische und soziale Aspekte von Unterneh- noch nicht geschehen. men transparenter werden und Unternehmen einen Beitrag zu einem langfristigen wirtschaftlichen Wachstum und einer Beschäftigung leisten. Daher hat das Europäische Parlament 2014 eine gesetzliche Berichtspflicht für große Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern in Bezug auf ihre Nachhaltig- keitsleistungen verabschiedet. Ab diesem Jahr gilt nun die „Richtlinie zur Berichterstattung über nichtfinanzielle Informa- tionen“, die sogenannte CSR-Richtlinie; jedes EU-Land erarbei- tet die Umsetzung auf nationaler Ebene für sich. Für global agierende Unternehmen oder für Unternehmen als Der deutsche Regierungsentwurf zielt auf eine maßstabsge- Bestandteil weltweiter Wertschöpfungsketten ist es wichtig, treue Umsetzung der EU-Richtlinie ab – was für global agie- dass ein gemeinsames Werteverständnis, eine Richtschnur rende Unternehmen begrüßenswert ist. Künftig wird geprüft, vorhanden ist und dass die angesetzten Kriterien weltweit ob die jährlich zu erstellende sogenannte nichtfinanzielle Er- eingehalten werden. Dazu sollten entsprechende Anreize für klärung, die unter anderem Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmer- sämtliche Regionen der Welt geschaffen werden. Hier sind in- belange, die Achtung der Menschenrechte sowie die Bekämp- ternational gleiche Wettbewerbsbedingungen unerlässlich, ein fung von Korruption und Bestechung beschreibt, bereits als globales Level Playing Field. Es ist offensichtlich, dass dieser besonderer Abschnitt im Lagebericht des Geschäftsberichts Prozess nur vorangebracht werden kann, wenn sämtliche be- enthalten ist oder ob ein gesonderter Bericht vorgelegt wurde. troffenen Interessengruppen in den Dialog einbezogen werden, Es soll eine Orientierung an einem nationalen, europäischen Unternehmen und Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. oder internationalen Rahmenwerk erfolgen. „Es ist wichtig, dass ein gemeinsamens Werteverständnis, eine Richtschnur Best Practice vorhanden ist.“ Ein Beispiel ist der international anerkannte Leitfaden der Glo- bal Reporting Initiative (GRI) G4, den Aurubis bei der Erstellung Auf Unternehmensebene ist es wichtig, dass sie sich an einer des Nachhaltigkeitsberichtes 2015 angewendet hat. Neben Nachhaltigkeitsstrategie orientieren. Diese sollte eingebet- den GRI-Angaben enthält der Aurubis-Bericht die Nachhaltig- tet sein in die Gesamtstrategie des Unternehmens und den keitsstrategie und informiert über den Erreichungsgrad der Dreiklang der Nachhaltigkeit sowie die einzelnen Phasen der darin gesteckten Ziele. Dieser bereits fünfte Nachhaltigkeits- Geschäftstätigkeit abbilden. Der Ansatz sollte die wesentlichen bericht dient gleichzeitig als Fortschrittsbericht für den UN Handlungsfelder für die kommenden Jahre deutlich machen. Global Compact. Ziele und Aktionspläne helfen, den Faktor Nachhaltigkeit in der Unternehmensentwicklung mess- und steuerbar zu machen. Das Carbon Disclosure Project (CDP) ist als Initiative aus dem Bereich Nachhaltigkeit ein praktisches Beispiel, wie sowohl Leistungen als auch Transparenz von Unternehmen gefordert und bewertet werden. CDP untersucht, welche Unternehmen sich intensiv mit Energieeffizienz befassen und umfassend und transparent darüber informieren. Diese Initiative hat Aurubis als Best Newcomer Deutschland 2015 ausgezeichnet und 2016 in die Leadership-Kategorie des CDP-Klimawandel-Index aufgenommen. Zum guten Abschnei- den haben die Nachhaltigkeitsstrategie sowie die transparente Darstellung des Umgangs mit Chancen und Risiken des Klima- wandels beigetragen. Die Auszeichnung umfasst die Kupferprodukte, die zu einer Effizienzsteigerung von Anwendungen beitragen, sowie die effektiven Produktionsprozesse, das Energiemanagement und Best Practice Investitionen in Energie und CO2-Effizienzoptimierungen. Aurubis hat 15 Nachhaltigkeitsziele erarbeitet, die einen Bei- trag zur verantwortungsvollen Geschäftstätigkeit leisten. Auch auf das Konto der globalen nachhaltigen Entwicklungsziele Bedeutung und Kategorisierung von NE-Metallen der Vereinten Nationen, der Sustainable Development Goals Die führende Position Europas in Bereichen wie Elektromo- (SDG), möchte Aurubis mit seinen Aktivitäten in den gewählten bilität, Elektronik, Elektrotechnik, im Fahrzeugbau oder in der Handlungsfeldern einzahlen. Gewinnung erneuerbarer Energien ist direkt mit einer gesicher- VDM Magazin 1/17 15
Nachhaltigkeit ten Versorgung mit Nichteisenmetallen verbunden. Die in der tionen von Konfliktregionen. Branche tätigen Unternehmen tragen zur zuverlässigen Be- darfsdeckung bei und sind sich dabei ihrer Verantwortung in Die gesamte Wertschöpfungskette eines Rohstoffes trägt Mit- der Lieferkette bewusst. Es gilt das Leitprinzip der Vereinten verantwortung für die primäre Gewinnung. Das muss sich in Nationen nach „Schutz, Achtung und Abhilfe“. In erster Linie allen Regelungen, die die Lieferketten betreffen, niederschla- sind demnach die Staaten dafür verantwortlich, die Einhaltung gen. Nur mit gemeinsamen Konzepten und Initiativen sämtli- der Menschenrechte zu gewährleisten, vor Verstößen durch cher Akteure – von der Mine bis zum Endverbraucher – kann Unternehmen zu schützen und ihre Gesetzgebung an den es gelingen, die gemeinsame, unteilbare Verantwortung zu Menschenrechten zu orientieren. Mit der unternehmerischen übernehmen. Achtungspflicht haben Unternehmen eine Mitverantwortung und müssen Menschenrechte entlang ihrer Lieferkette achten. Best Practice Mit Regelungen zum Zugang zu Abhilfe wird das Recht auf Aurubis ist inzwischen zum vierten Mal in Folge erfolgreich Zugang zu Gerichten und anderen Beschwerdestellen festge- für die Verarbeitung von sogenannten konfliktfreien Gold-Roh- schrieben. stoffen nach Definition der London Bullion Market Association (LBMA) auditiert worden. Das Thema „Verantwortung in der Lieferkette“ als relevantes Thema der Nachhaltigkeitsstrategie wur- de ebenfalls bereits bei Aurubis definiert. Als Prüfinstrument wird das „Business Partner Screening“ eingesetzt und über das im Inter- net öffentlich zugängliche Compli- ance-Portal besteht die Möglich- keit, externen und unparteiischen Rechtsanwälten Verstöße gegen die bei Aurubis geltenden Standards zu melden. Das Thema Verantwortung in der Lieferkette wird allerdings zunehmend mit einer vollständi- gen Transparenz in der Lieferket- te gleichgesetzt, was oftmals aus Wettbewerbs- und Vertragsgründen nicht geleistet werden kann. Anodenofen am Standort Betrachtet man die EU-Richtlinie Konfliktrohstoffe: Initiativen Lünen von Regierungen und Nicht-Regierungsorganisationen sind begrüßenswert, wenn damit effektiv und effizient darauf hin- gewirkt wird, den Einsatz von Konfliktrohstoffen in der Roh- stoffgewinnung zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund hätte Kupferkathoden fertig zum die EU-Verordnung zum Umgang mit Konfliktrohstoffen als Abtransport hilfreiches Mittel eingesetzt werden können. Mit dem aktuellen Vorschlag nach Abschluss des Trilogverfahrens kann jedoch kaum eine effektive Umset- zung gelingen. Solange nur die eigentli- chen Importeure (Upstream-Industrie) der Rohstoffe mit Nachweispflichten belegt werden, Endprodukte mit ent- haltenen Konfliktmineralien weiter ein- geführt werden können und es Schwel- lenwerte gibt, unter denen man von der Nachweispflicht befreit sein kann, wirkt die Verordnung in einem sehr wichtigen Teilbereich der Importe nicht. Außer- dem bedarf es zudem einer einheitli- chen Regelung für alle Teile der Indus- trie entlang der Wertschöpfungskette, klaren Vorgaben für die Anwendung der Verordnung und einem höheren Maß an Rechtssicherheit im Bereich der Defini- 16 VDM Magazin 1/17
Nachhaltigkeit Deutschland beschließt Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte Das ist Aurubis Aurubis verarbeitet primäre und sekun- 2014 hat die Bundesrepublik Deutschland mit der Erstellung eines Nationalen Akti- däre Rohstoffe zu hochreinem Kupfer, onsplans (NAP) für Wirtschaft und Menschenrechte begonnen. Federführend war Gold, Silber sowie anderen Nichteisen- hierbei das Auswärtige Amt der Bundesrepublik unter Beteiligung verschiedener Mi- metallen und vermarktet diese Metalle nisterien, Gewerkschaften, Unternehmen und der Zivilgesellschaft. in Form von Kupferprodukten, Chemika- lien, Barren oder Granalien. Aurubis ist Angestoßen wurde dieser Prozess von John Ruggie, der 2011 als Sonderbeauftrag- Marktführer bei der Erzeugung von Kup- ter der Vereinten Nationen die „UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrech- fergießwalzdraht sowie -formaten und te“ entwickelt hat. Sie sind kein rechtsverbindliches Übereinkommen, aber ein inter- gehört zu den drei größten Verarbeitern national anerkanntes Instrument, zu dessen Umsetzung sich weltweit viele Länder von Kupferkonzentraten und den größ- bekannt haben. Auch die Europäische Kommission fordert von ihren Mitgliedsstaa- ten Kupferrecyclern weltweit. Das Unter- ten, diese UN-Leitlinien durch nationale Aktionspläne umzusetzen. nehmen ist im Global Challenges Index (GCX) gelistet und wurde von oekom re- Während des Prozesses in Deutschland bestand stets die Frage, ob die Regeln frei- search im Rating vom Januar 2017 als willig oder verbindlich sein sollen. Am 21. Dezember 2016 hat das Bundeskabinett „Prime“ eingestuft. nun den deutschen NAP mit einem Verantwortungs- und Handlungsrahmen für Unternehmen verabschiedet – auf Basis der Freiwilligkeit. Dennoch gehört er zu den ambitioniertesten in Europa, wie das Deutsche Institut für Menschenrechte bewertete. Ziel ist, dass bis zum Jahr 2020 min- destens 50 Prozent aller in Deutschland ansässigen Unternehmen (mit mehr als 500 Mitarbeitern) diese menschenrecht- lichen Sorgfaltspflichten in ihre Unter- nehmensprozesse integriert haben. Ab 2018 will die Bundesregierung den Stand der Umsetzung regelmäßig überprüfen. „Bis 2020 sollen 50 Prozent aller in Deutschland ansässigen Unternehmen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten integriert haben.“ Aurubis ist sich seiner Verantwortung Aurubis-Recyclingstandort in Lünen. bewusst und folgt als Akteur im globalen Kupfermarkt dem Leitprinzip „Schutz, Ach- tung und Abhilfe“ der Vereinten Nationen. Wichtig ist für weltweit agierende Unter- nehmen allerdings, dass Kriterien hinsichtlich der Einhaltung von Menschenrechten weltweit gelten, und entsprechende Anreize für alle Regionen der Welt geschaffen werden. Global gesehen kann der deutsche „NAP Wirtschaft und Menschenrechte“ daher nur einer von vielen Bausteinen zur Wahrnehmung menschenrechtlicher Sorg- Kirsten Kück faltspflichten von Unternehmen sein. Aurubis AG NAP Wirtschaft und Menschenrechte in Deutschland: • Leitung Nachhaltigkeitsmanagement • interne und externe Nachhaltig- • Unternehmen sollen eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte keits-Kommunikation verabschieden. Tel.: +49 40 7883-3270 • Sie sollen Verfahren entwickeln, um „tatsächliche und potenziell nachteilige Auswir- K.Kueck@aurubis.com kungen auf die Menschenrechte“ abschätzen zu können. • Sie sollen Maßnahmen entwickeln, um diese potenziell negativen Auswirkungen abzuwenden und die Wirksamkeit dieser Maßnahmen überprüfen. • Zu den menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten gehört die Berichterstattung der Unternehmen • sowie die Einführung eines Beschwerdemechanismus, über den Menschenrechts- verletzungen gemeldet werden können. VDM Magazin 1/17 17
Nachhaltigkeit Landung auf dem Schrottplatz Flugzeuge in der Kreislaufwirtschaft Ein Schwarm gelber Flugzeugsymbole, die sich über die gesamte Weltkarte verteilen und sich über Europa, Südchina und USA ballen: Täglich zeigt ein Blick auf die Website „flightradar 24.com“, dass mit über 9.500 Flugzeugen mindestens die Hälfte des weltweiten Flugzeugbestandes gerade in der Luft unterwegs ist. Und jedes Exemplar besteht aus hochwertigen Aluminiumlegierungen, ist mit Elek- tronikkomponenten und Kabeln ausgestattet und wird von Turbinen aus Titan- und Nickelbasislegie- rungen angetrieben. Von Sebastian Jeanvré (CRONIMET) Durchschnittlich wiegt Durch das Recycling dieser Materialien können Primärrohstof- so ein Verkehrsflugzeug 100 Tonnen, hat zwei Triebwerke, und fe eingespart werden, auch wenn es nicht genügend Rezyklate insgesamt gibt es etwa 18.000 Verkehrsflugzeuge. Bis 2035 gibt, um den gesamten Rohstoffbedarf für Metalle zu decken. werden wohl über 33.000 neue Passagier- und Frachtmaschi- Allerdings ist die Gewinnung von Sekundärrohstoffen aus nen in Dienst gestellt werden. Gleichzeitig fallen etwa 640 Ma- Schrotten in der Regel mit einem geringeren Energieverbrauch schinen jedes Jahr zur Verschrottung an – insgesamt klingt als bei Primärrohstoffen und damit einem geringeren Beitrag das nach einem sehr aussichtsreichen Geschäftsmodell für zum Klimawandel verbunden. Ausgehend von dieser Grun- das Recycling von Metallen. düberlegung kann das Einsparpotenzial an Treibhausgasemis- sionen abgeschätzt werden. Betrachtet werden diejenigen me- „Ganz so einfach ist es aber nicht,“ sagt Dr. Sebastian Jeanvré. tallischen Werkstoffe, die hinsichtlich ihres Massenanteils am Er hat zum Recycling von Flugzeugen seine Doktorarbeit ge- Flugzeug bzw. ihres wirtschaftlichen Wertes eine besondere schrieben und ist heute bei dem Metallhandelsunternehmen Rolle spielen: Aluminium, Stahl, Titan und Nickel. CRONIMET in Karlsruhe für die Entwicklung neuer Geschäfts- felder zuständig. „Jedes Jahr fallen 640 Flugzeuge zur Verschrottung an.“ Flugzeug-Triebwerke sind in technischer wie in wirtschaft- licher Hinsicht die hochwertigsten Materialien im Flugzeug, so Dr. Jeanvré. Durchschnittlich hängen an jedem Flugzeug 6,3 Tonnen Triebwerk, davon sind der Großteil Nickel- und Ti- tanlegierungen. So stehen derzeit rechnerisch knapp 60.000 Tonnen Turbinenwerkstoffe im Einsatz und in absehbarer Zeit dann auch zur Entsorgung an. Daneben liegt das Werkstoff-Po- tential von Rumpf- und Flügelwerkstoffen der gesamten Flug- zeugflotte bei etwa 1,9 Millionen Tonnen. Fachgespräch an einem Triebwerk 18 VDM Magazin 1/17
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