Microalignment in der optischen Industrie - Berliner Glas
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Ausgabe 01/19 18. Dezember 2019 Nachrichten für Mitglieder und Freunde des tibb e. V. Microalignment in der optischen Industrie In keiner anderen Branche wird so präzise gefertigt wie in der optischen Industrie. Um Licht als Werkzeug in all seinen faszinierenden Eigenschaften bestmöglich nutzen zu können, muss man in Dimensionen des Lichts und darunter denken. Dabei beschränkt sich die Optik längst nicht mehr auf den Bereich des sichtbaren Lichts mit Wellenlängen zwischen 400 und 700 Nanometern, sondern umfasst die gesamte Bandbreite vom Extremen Ultra- violett (EUV) bis ins tiefe Infrarot (IR). Die kleinsten derzeit hergestellten funktionellen Elemente in Serienprodukten findet man in der neuesten Chip-Generation von Samsung, wo für die Herstellung des Exynos 9825 Prozessors für Smartphones mit sieben Nanometer Strukturbreite gearbeitet wird. Um diese Strukturen erzeugen zu können, wird mit Extrem-Ultraviolettem Licht (EUV) bei Wellenlängen um 13 Nanometern gearbeitet. Präzisionsausrichtung von Linsen mit dem bei Berliner Glas entwickelten Alignmenttool. Mit der Vorrichtung können beliebige Elemente in sechs Freiheitsgraden auf 200 Nanometer genau zueinander ausgerichtet werden. Das Portal ist luftgelagert und frei auf dem Tisch positionierbar. (Foto: Berliner Glas KGaA) Weg von diesen verfahrensbasierten Grenzbereichen Positionsgenauigkeit, muss man entweder bestimmte und hundert Millionen Euro teuren Anlagen: Allgemein Elemente durch Mikrometerschrauben feinjustierbar lässt sich im Bereich der Optik und Feinwerktechnik gestalten oder in der Optik Techniken wie das Kugel- sagen, dass alles, was im Bereich kleiner 10 Mikrome- futterzentrieren oder Justagekleben anwenden. Der ter (1/100 Millimeter) liegt, als anspruchsvolle Positio- große Vorteil der letztgenannten Verfahren liegt darin, nieraufgabe gilt. dass man nicht in jedem einzelnen Produkt die teuren Verstellelemente benötigt, sondern den Aufwand nur In optischen Systemen etwa werden Linsen bei nicht einmal in das passende Werkzeug investieren muss. allzu hohen Anforderungen auf 20 bis 50 Mikrometer im Abstand zueinander (Luftabstand) und etwa 10 bis 20 Mit einem bei Berliner Glas speziell entwickelten Tool Mikrometer Höhendifferenz, bezogen auf eine gemein- für die hochgenaue Positionierung mehrerer Elemente same optische Achse, ausgerichtet. Natürlich müssen gleichzeitig lassen sich Positioniergenauigkeiten von hier auch die Winkel genau eingestellt werden. Sol- weniger als einem Mikrometer erreichen. Die ver- che Positionierungen erreicht man üblicherweise mit wendeten Aktuatoren sind hierbei Hexapoden, die auf gut gemachter Mechanik, d. h. je nach Material und kleinem Bauraum die Verstellung in allen sechs Frei- Geometrie mit klassischen Verfahren wie Drehen, Frä- heitsgraden ermöglichen. Zwar lassen sich mit Piezo- sen oder Schleifen. Hat man höhere Ansprüche an die stellern noch sehr viel feinere Positionierungen bis in
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 2 den zweistelligen Nanometerbereich hinab vornehmen Beim Ausrichten im Mikrometerbereich muss man die – die Verfahrwege solcher extrem fein auflösenden Ak- Genauigkeit vor dem Aushärten des Klebstoffes und tuatoren sind aber üblicherweise auf weniger als 1 mm danach unterscheiden. Vor dem Aushärten kommt begrenzt. Dies reicht nur für sehr spezielle Aufgaben- man auf Genauigkeiten von besser als 250 Nanome- stellungen. tern, d. h. ¼ Mikrometer oder der halben Wellenlänge grünen Lichts. Um solche Werte überhaupt detektie- ren zu können, benötigt man entsprechende Mess- technik inklusive optimierter Software-Algorithmen. Bei Berliner Glas werden die meisten dieser Verfahren selbst entwickelt und ständig verbessert. Nutzt man beispielsweise Bildsensoren zur Positionserkennung, kann man die Lage einer Kante durch geeignete Soft- ware auf besser als ein Zehntel Pixel genau feststellen. Bei zwei Mikrometer Pixeln ergibt das eine Auflösung von besser als 200 Nanometern. Weitere Faktoren wie die Wiederholgenauigkeit und die Umgebungs- bedingungen (Temperatur, Luftdruck, Vibrationen) gilt es zu berücksichtigen. Je nach Klebegeometrie und Anwendungsbedingungen kann sich das Ergeb- nis einer Feinpositionierung von 200 Nanometern auf Werte um ein Mikrometer verschlechtern, nachdem der Klebstoff ausgehärtet ist. Daher sind auch Prozes- sparameter wie Aushärtedauer und Aushärteprofil von entscheidender Bedeutung für High-End-Klebungen. Anwendungsbeispiele für diese hochgenauen Ju- stageprozesse sind optische Linsensysteme oder Mehrchipbaugruppen wie sie in hochwertigen medizi- nischen oder technischen Kameras verbaut sind. Auch der zunehmende Trend zur Miniaturisierung erfordert oft die Positionierung funktioneller Elemente im ein- stelligen Mikrometerbereich. Man mag einwenden, dass fehlende Genauigkeit doch heutzutage durch Software ausgeglichen werden könnte. Das stimmt, aber nur für den Fall, dass keine unbekannten Informationen im System versteckt sind. Durch Interpolation von Datenpunkten lässt sich nur „raten“, nicht aber messen. Fehlende Auflösung, her- vorgerufen durch schlechtes Alignment, d. h. unpräzi- se Ausrichtung bzw. Justage, führt am Ende immer zu mehr Rauschen und damit zu höherer Unsicherheit in den Informationen. Selbst der beste Algorithmus kann noch deutlich mehr zu Tage fördern, wenn die Daten- basis besser ist. Die Grenzen sind hier nur durch die Spezifikationen und die Frage, was benötigt wird, ge- geben. Durch die Verschmelzung hochgenauer Fertigungs- prozesse für einzelne Komponenten und deren hoch- präzise Ausrichtung zueinander entsteht schließlich ein System, welches in der Lage ist, die optimale Per- formanz eines Gerätes auszureizen. Dr.-Ing. Stefan Beyer, Simultanes Ausrichten von drei Bildsensoren einer RGB - En- Berliner Glas doskopkamera. Die Bildsensoren können mit Genauigkeiten besser als ein halbes Pixel zueinander auf dem Phillips-Pris- ma montiert werden. (Foto: Berliner Glas KGaA)
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 3 Additive Fertigungsverfahren machen den Weg frei zur technischen Nutzung bionischer Strukturen Die in der Natur im gungsverfahren bereits in vernetzten Fertigungslinien Laufe ihrer Evolution eingesetzt, wo sie beispielsweise mit einem Roboter entwickelten Struk- zur Bauteilentnahme kooperieren. turen haben sich über Jahrmillionen bewährt. Bionik und additive Verfahren arbeiten zunehmend Sie sind in Bezug auf Hand in Hand, wobei eine erfolgreiche Umsetzung Stabilität und Mate- bei der Nutzung aller Vorteile einen ganzheitlichen, di- rialeinsatz optimiert, gitalisierten Ansatz verlangt, d. h. die verschiedenen denn Materialbildung Disziplinen und Abteilungen eng zusammen arbeiten erfordert auch in der müssen. Laut einer Bitkom-Studie „3D-Druck-Erfolgs- Natur neben dem geschichte für den Digitalstandort“ von 2017 reduziert Energieeinsatz Zeit. die bionische Konstruktionsmethodik kombiniert mit Kurzum, wir haben es 3D-Druck das Materialgewicht einzelner Teile um bis mit stabilen, leichten zu 90 Prozent. Dementsprechend gilt als wichtiges und hochfunktionalen Einsatzfeld der Leichtbau bei maximaler Material- bzw. Lösungen zu tun. Die Welt der Natur ist voller Optimal- Ressourceneffizienz, sei es aus Gründen der Ge- lösungen, die es, wenn wir sie nutzen wollen, zu ermit- wichts- und/oder Materialreduzierung oder auch aus teln, zu verstehen und auch auf technische Aufgaben- Sicht der Energieeinsparung bei der Herstellung und/ stellungen zu übertragen gilt. Dieses Aufgabengebiet oder weiteren Verwendung. Das Anwendungspotential fasst man heute unter dem Begriff Bionik zusammen. erstreckt sich über die gesamte Bandbreite der Tech- nik, angefangen beim Fahrzeug- und Flugzeugbau Sich die Natur bei der Lösung von technischen Auf- über die Handhabungstechnik bis hin zu dem weiten gabenstellungen zum Vorbild zu nehmen, war seit Einsatzbereich der Medizintechnik. jeher attraktiv, jedoch fertigungstechnisch meist nicht oder nur kompliziert und teuer umzusetzen. Die klas- Insbesondere die klein- und mittelständisch geprägten sischen Fertigungsverfahren stießen bei den meisten Unternehmen benötigen vielfach Unterstützung von bionischen Strukturen schnell an ihre Grenzen. Mit der außen, um eine erfolgreiche additive Fertigung um- additiven Fertigung dagegen lassen sich heute werk- setzen zu können. Hierzu gehört neben der Sensibi- zeuglos hochkomplexe, dreidimensionale Geometrien lisierung, dem Kompetenzaufbau und einer effektiven verwirklichen, so auch Bauteile, die sich an der Natur Vernetzung unmittelbar auch eine gute Qualifizierung. orientieren, wie z. B. selbstragende Gitteraufbauten Dabei muss früh, bereits in der schulischen Ausbil- oder Zellkonstruktionen inspiriert von Bienenwaben dung, angesetzt werden. Für Schüler und Schüle- und Knochen. rinnen ist der 3D-Druck eine große Chance, auf span- nende Art komplette Bauteile zu entwickeln, selbst zu Die Möglichkeit der Realisierung liegt im Verfahren fertigen und sich so mit dieser Technologie vertraut zu begründet. Bei der additiven Fertigung (auch als 3D- machen. Gleichfalls muss in allen Bildungsstufen und Druck bezeichnet) wird Material Schicht für Schicht allen relevanten Ausbildungsberufen rasch digitales aufgetragen, so dass in einer weitgehenden Design- Know-how kombiniert mit 3D-Druck und Ansätzen von freiheit dreidimensionale Bauteile entstehen. Der Leichtbau durch Bionik integriert werden, um hierdurch schichtweise Aufbau erfolgt Computergesteuert aus das benötigte Grundlagenwissen und die erforderliche einem 3D-CAD-Datensatz. Die ständige Weiterent- Sensibilität in den Unternehmen zu schaffen. wicklung der Verfahren und eingesetzten Materialien mit einhergehender Qualitätssteigerung der Produkte tibb e. V. hat hierzu in den letzten beiden Jahren mit beschränkt den Einsatzbereich lange nicht mehr auf großem Erfolg Veranstaltungen durchgeführt. Unter die historischen Anwendungsgebiete des Prototypen- dem Thema „3D-Druck: Chancen und Herausforde- und Modellbaus, sondern erschloss schnell Anwen- rungen für das Handwerk“ wurden durch hochkarätige dungen in der Fertigung von Halbzeugen und Endpro- Referenten verschiedene Einsatzmöglichkeiten bei dukten. Der Anwendungsbereich erstreckt sich derzeit unterschiedlichen Werkstoffen und Verfahren in The- vom Werkzeug- und Formenbau bis hin zu medizi- orie und Praxis vorgestellt. Die Veranstaltungsreihe nischen Produkten in der Orthopädie und Chirurgie. richtete sich an Betriebsinhaber und Entscheidungs- Dem Anwendungsfall und den eingesetzten Verfahren träger aus dem Handwerk. entsprechend setzt man flüssige, feste oder pulverför- mige Ausgangsstoffe ein, wobei Materialien wie Kunst- Liebe tibb Mitglieder, stoffe, Metalle, Keramiken, Glas, Sand, Lebensmittel, Verbundwerkstoffe bis hin zu biobasierten Werkstoffen mit der vorliegenden Ausgabe der tibbnews möchten zum Einsatz kommen. Heute werden additive Ferti- wir Ihnen zum Jahresende wieder einen kurzen Rück-
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 4 blick auf die Arbeit unseres Vereins und einige aktuelle tigkeitsumfeldern zu bringen. Mögliche Formate hierzu Informationen und Projektergebnisse aus dem Umfeld sind neben tibb-Fachtagungen auch Expertenrunden. einzelner Mitglieder geben. Viel Spaß beim Lesen. Im Weiteren müssen wir uns neben der technischen Nachwuchswerbung sowie den Transfermaßnahmen Einige Aktivitäten möchte ich hier kurz aufgreifen. innerhalb der „jungen“ Technologien auch mit zeitna- Am 17. Mai 2019 fand in den Räumlichkeiten der hen Problemstellungen beschäftigen. Beispiele sind Handwerkskammer Düsseldorf die 19. Jahreshaupt- Batterietechnik, Wasserstoff und Brennstoffzelle oder versammlung des tibb e. V. statt. Bei den in diesem auch Recycling von faserverstärkten Kunststoffen. Jahr turnusgemäß stattgefundenen Wahlen wurde der Aber hierzu auf unserer nächsten Mitgliederversamm- alte Vorstand für weitere zwei Jahre in seinen Funkti- lung mehr. Merken Sie sich schon mal den Termin onen bestätigt. Zudem konnte erfreulicherweise Ulrike vor: 12. März 2020 bei unserem Vereinsmitglied Peter Längert, Geschäftsführerin des Verbandes deutscher Schlüter in Iserlohn. Laseranwender - Blechbearbeitung e. V. zur Mitarbeit im Beirat gewonnen werden. Liebe Freunde, Zurzeit wird unter Federführung unserer Mitglieder mit Blick auf das zu Neige gehende Jahr möchte ich Werner Krassau und Udo Albrecht unsere in die Jah- es nicht versäumen, mich auch im Namen des gesam- re gekommene „Laser-CD“ überarbeitet. Die neue ten Vorstandes nochmals ganz herzlich für die aktive Mediensammlung wird zukünftig unter dem Titel Wegbegleitung, Ihre Treue zum Verein und Ihr persön- „Grundlagen und Anwendung der Lasertechnik in der liches Engagement zu bedanken. Die gemeinsame gewerblichen Wirtschaft“ verfügbar sein. Neben der und vertrauensvolle Arbeit hat uns allen sehr viel Freu- inhaltlichen Aktualisierung durch Text- und Grafiküber- de bereitet und auch das gehört für eine erfolgreiche arbeitung erfolgt auch die Einbindung von aktuellen Netzarbeit dazu. Daher freue ich mich auf weitere Jah- Beiträgen entsprechend des aktuellen Standes der re spannender Zusammenarbeit. Technik. Erörtert wird zurzeit, in welcher Form die In- halte der neuen Mediensammlung verfügbar gemacht Für das bevorstehende Weihnachtsfest wünsche ich werden sollen. Ihnen im Kreise Ihrer Familie besinnliche Feiertage und einen guten Start in ein für Sie hoffentlich gesun- Im November dieses Jahres traf sich der Vorstand des, glückliches und erfolgreiches Jahr 2020. zu einer Klausurtagung, um über die zukünftige Aus- richtung unserer Vereinsaktivitäten zu beraten. Unter Ihr Anderem soll der Fokus verstärkt auf eine intensive Vereinsarbeit der aktiven Mitglieder gelegt werden, mit dem Ziel, diesen einen direkten Mehrwert in ihren Tä- Friedhelm Fischer Inhaltsverzeichnis Microalignment in der optischen Industrie ........................................................................................................... 1 Additive Fertigungsverfahren machen den Weg frei zur technischen Nutzung bionischer Strukturen ................ 3 Mit additiven Technologien (3D-Druck) neue Möglichkeiten in Industrie und Handwerk erkunden ..................... 5 Laser-Bildungsgang in Neumünster .................................................................................................................... 7 11.000 Technik-Nachtschwärmer sind begeistert ................................................................................................ 8 Handwerksgerechte Digitalisierung ................................................................................................................... 12 Nichts bleibt, wie es war .................................................................................................................................... 15 Zukunft der Arbeit .............................................................................................................................................. 17 Laser in der Batterietechnik ............................................................................................................................... 19 Cutting World und Deutscher Schneidkongress ................................................................................................ 22 Kunststoffe für die Zukunft ................................................................................................................................. 23 Entwicklung von Kunststoffschweißgeräten schreitet fort ................................................................................. 25 BMBF-Projekt MARLA - Masters of Malfunction ............................................................................................... 28 Kein Plan war gestern: Marketing und Vertrieb mit System .............................................................................. 29 Tonnenschwere Großturbine per feinstem Laserstrahl instandgesetzt ............................................................. 30
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 5 Mit additiven Technologien (3D-Druck) neue Möglich- keiten in Industrie und Handwerk erkunden Keine andere Technologie hat im Vergleich zum 3D- Ein großer Verfahrensvorteil additiver Technologien Druck in den letzten Jahren so viele Schlagzeilen er- liegt in der Möglichkeit, sehr dünnwandige und fili- zeugt und öffentlich technisches Interesse geweckt. grane Bauteile zu fertigen. (siehe Abb. 2. b). Darüber Berichte über das Drucken kompletter Häuser, die hinaus lassen sich sehr gut Innenkonturen in dreidi- additive Fertigung von Fahrzeugen oder aber das mensionalen Objekten integrieren (siehe Abb. 2. a). Drucken von Gewebezellen und Organen hat viele technisch versierte Personen fasziniert und ein großes Die beiden Anschauungsmodelle der Abbildung 2 wur- Interesse an den unterschiedlichsten Druckverfahren den mit einem Stereolithografieverfahren erstellt. Da- ins Bewusstsein gerufen. Viele dieser vorstehend bei wird unter der Verwendung eines schnellbewegten genannten Ideen und Verfahren stecken noch in den UV-Laserstrahles in einem Kunststoffbad das Mono- „Kinderschuhen“ oder in der Entwicklung, wenngleich mer partiell entsprechend der Schichtinformationen davon auszugehen ist, dass wir zukünftig über Organ- ausgehärtet. spendenausweise oder die schnelle Errichtung von Unterkünften für Schutzbedürftige nicht mehr diskutie- ren müssen. Im industriellen Maßstab haben additive Technolo- gien ihr großes Potenzial bereits gut entfalten können. Längst sind eine Reihe der Verfahren keine Hilfsmittel zur Herstellung von Modellen und Prototypen im Pro- duktentwicklungsprozess mehr, sondern bieten bereits die Möglichkeit der Fertigung von Serienbauteilen. Für diesen Einsatzbereich kommen insbesondere die hohe Flexibilität und Individualisierung des 3D-Druckes zum Tragen, so dass auch geringe Stückzahlen bis hin zur Abb. 2: Darstellung von Anschauungsmodellen. Material: Losgröße „1“ wirtschaftlich gefertigt werden können. Acrylat; Verfahren: Stereolithografie (Fotos: Ernst-Abbe- Hochschule Jena) Das Merkmal der additiven Technologien ist der Ein weiterer Vorteil der Additiven Technologien liegt schichtweise Aufbau des Formkörpers bzw. Bauteil in der Verarbeitbarkeit von mehreren Materialien in aus artgleichen oder auch mehrkomponentigen Aus- einem Bauteil oder einer Baugruppe. Mit diesen so- gangsmaterialien. Die Schichtdicken können je nach genannten Multimaterialsystemen lassen sich auch eingesetztem Verfahren von 16 μm bis einige Millime- Materialgradienten gezielt erzeugen, eine sehr gute ter betragen. Die Abbildung 1 illustriert den schicht- Voraussetzung, um über ganz neue Bauteilgeometrien weisen Aufbau einer Pyramide (Grundfläche 45 mm x und -funktionalitäten nachzudenken und diese in der 45 mm) aus einer Aluminiumlegierung mit dem LMD Konstruktionsphase umsetzen zu können. Die Abbil- – Verfahren (Laser metal deposition). dungen 3 a und b veranschaulichen exemplarisch zwei Anwendungsbeispiele. Bei diesem Verfahren wird durch einen auf die Bautei- loberfläche fokussierten Laserstrahl das erforderliche Schmelzbad erzeugt. Durch eine Düse wird automati- siert Metallpulver in die Wechselwirkungszone einge- bracht und aufgeschmolzen. Abb. 1: Schichtweiser Aufbau einer Pyramidenstruktur aus Abb. 3. a: Modellbau: 2K-Druck mit FDM-Verfahren (Foto: einer AlSi-Legierung (Foto: Ernst-Abbe-Hochschule Jena) Ernst-Abbe-Hochschule Jena)
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 6 Mit dem FDM-Verfahren (Fused Deposition Modeling) Ein ebenfalls interessanter Bereich für den Einsatz der lassen sich Konstruktionskunststoffe wie ABS, PC, PA additiven Verfahren ist der Reparatursektor. Das Bild oder auch PEEK verarbeiten. Es wird ein Filament 4. b zeigt eine Tastatureinlage aus elastomerischem (Endlosdraht) durch eine beheizbare Düse geführt Kunststoff, die additiv hergestellt wurde, um die Steu- und dabei auf die Verarbeitungstemperatur erwärmt. erung einer älteren Fertigungsmaschine wieder in Der erwärmte Materialstrang wird auf der Bauplattform Betrieb nehmen zu können. Oft sind Komponenten abgelegt, die in X-, Y- und Z-Richtung verfahrbar ist. von älteren Anlagen und Maschinen nicht mehr ver- Kommen mehrerer Düsen zum Einsatz, können zwei fügbar, die aber sehr oft durch den Einsatz von 3D- oder mehr Komponenten verarbeitet werden (siehe Druckverfahren wiederhergestellt werden können. Die Abb. 3. a). Die Darstellung der Abbildung 3. b illustriert Voraussetzung für den Druck ist allerdings ein digitales einen flexiblen Greifer, dessen Festigkeit (Härte) durch 3D-Volumenmodell. Um an diese Daten zu gelangen, einen definierten Materialübergang von hart nach bedient man sich beispielsweise eines 3D-Scans des weich optimiert wurde. Durch die hohe Flexibilität der ausgefallenen Teils. Struktur kann der Robotergreifer sehr unterschiedliche Objekte mit nur einer Greifergeometrie fassen. Abb. 4. b: Tatastureinlagen für Maschinensteuerungen (Foto: Ernst-Abbe-Hochschule Jena) Neben den Einsatz in industriellen Bereichen, dem Abb. 3. b: Greiferanwendungen: Multimaterialdruck - MJP- Handwerk und der Medizintechnik gewinnen additive Verfahren (Foto: Ernst-Abbe-Hochschule Jena) Verfahren immer mehr an Bedeutung für den Archi- Eine sehr hohe Individualität von Produkten kann tekturbereich. Die Abb. 4. c illustriert ein Modell der durch die große Flexibilität der additiven Verfahren drei Gebäude der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena. Mit erzielt werden. Bereits seit einigen Jahren werden pa- dem im MJP-Verfahren (Multi Jet Printing) erzeugten tientenspezifische Otoplasten für Hörgeräte industriell Modell kann nachträglich nach dem Reinigungspro- gefertigt (Abb. 4 a). Ebenso sind im Bereich der Or- zess eine individuelle Farbgebung der Modelle vor- thopädie z. B. Schuheinlagen, Orthesen und andere genommen werden. Aktuell werden Wohnsiedlungen, Hilfsmittel patientenspezifisch additiv herstellbar. Brücken und ganze Städte mit speziellen Binderjet- Verfahren in einer hohen Farbvielfalt und Farbmisch- barkeit industriell gedruckt. Um das aufgezeigte große Potenzial der Additiven Technologien zukünftig nutzen zu können, ist jedoch die Kenntnis dieser innovativen Technologie sowie deren Möglichkeiten und Grenzen eine grundlegende Voraussetzung. Es ist insbesondere davon abhängig, inwieweit diese Inhalte in die Aus- und Weiterausbil- Abb. 4. a: Otoplasten für Hörgeräte (Foto: Ernst-Abbe-Hoch- dung der verschiedenen Bildungsträger fest verankert schule Jena) werden können.
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 7 Das Mittelstandskompetenzzentrum Ilmenau mit der Modellfabrik „3D-Druck“ an der Ernst-Abbe-Hochschu- le hat sich zum Ziel gesetzt, insbesondere klein- und mittelständische Firmen aus Industrie und Handwerk zu den Additiven Verfahren zu beraten sowie Unter- nehmen und Ausbildungseinrichtungen durch Informa- tionsveranstaltungen, Werkstattgespräche aber auch in bilateralen Gesprächen zu unterstützen. Ansprechpartnerin: Constance Möhwald Tel.: 03641/205128 Mail: moehwald@kompetenzzentrum-ilmenau.de Prof. Dr. Jens Bliedtner, Abb. 4. c: Anschauungsmodell für den Architekturbereich (Foto: Ernst-Abbe-Hochschule Jena) Ernst-Abbe-Hochschule Jena Laser-Bildungsgang in Neumünster Walther-Lehmkuhl-Schule Neumünster bietet Ausbildung zum Physikalisch-technischen Assistenten (m/w) mit Schwerpunkt Lasertechnik an Bei dem zweijährigen Bildungsgang stehen Aufgaben Der Bewerbungsschluss für diese Ausbildung an der und Arbeitsabläufe der Metall- und der Elektrotechnik Berufsfachschule ist Ende Februar. Es gibt auch ein im Mittelpunkt. Lasergesteuerte Verfahren zur Vermes- Nachrückverfahren für später eingehende Bewer- sung, der Oberflächenveredelung und -bearbeitung bungen. stellen den Kern der schulischen Ausbildung dar. Der bewusste Umgang mit verschiedenen Werkstoffen, Nach der Ausbildung findet man seine Tätig- das Zusammenwirken im Verarbeitungsprozess sowie keit beispielsweise in folgenden Bereichen: die Fertigung eigener Werkstücke gehören hierzu. Die Schulung der darauf spezialisierten Geräte nimmt ei- • Forschung und Entwicklung im Bereich der nen breiten Raum ein. Natur-und Ingenieurswissenschaften • Labore für Werkstoffprüfung Benötigt werden ein mittlerer Schulabschluss sowie • Einrichtungen zur Qualitätssicherung und das Interesse an der intensiven Beschäftigung mit -überwachung den technischen und physikalischen Grundlagen der • Fahrzeugbau, Maschinenbau oder Elektro- Lasertechnik. Dafür ist mathematisches Auffassungs- gewerbe vermögen, physikalisches Grundverständnis und die Fähigkeit zu konzentrierter und genauer Arbeitsweise Carsten Böttger, erforderlich. Walther-Lehmkuhl-Schule Neumünster Impressum Idee und Redaktion: Dipl.-Phys. Udo Albrecht, Koblenz Herausgeber: tibb e. V. junge technologien in der beruflichen bildung c/o Handwerkskammer Koblenz August-Horch-Straße 8 56070 Koblenz Internetadresse: www.tibb-ev.de Vorsitzender: Dr.-Ing. Friedhelm Fischer, Koblenz stellvertretende Werner Krassau, Hamburg Vorsitzende: Dipl.-Ing. Markus Klemmt, Hannover Schatzmeister: Dipl.-Phys. Udo Albrecht, Koblenz Beisitzer: Dipl.-Ing. Arno Momper, Düsseldorf Dipl.-Phys. Gerhard Funke, Düsseldorf Dipl.-Ing. Johann Dausenau, Ransbach-Baumbach Dipl.-Ing. Peter Schlüter, Iserlohn Dr.-Ing. Hartmut Müller, Jena Werner Herold, Bayreuth Ulrike Längert, Hilden Dipl.-Ing. Hans-Peter Wendorff, Hannover
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 8 11.000 Technik-Nachtschwärmer sind begeistert HwK Koblenz zieht durchweg positive Bilanz: Veranstaltungskonzept mit Mix aus Information, Unterhaltung, Wissenschaft, Forschung und Handwerk hat überzeugt Das Erfolgskonzept aus Information, Mitmachstationen, Wissenschaft, Forschung und Unterhaltung ging voll auf. Das Handwerk spielte bei all dem eine zentrale Rolle und präsentierte sich als moderner, innovativer Wirtschaftsbereich. (Foto: HwK Koblenz) Technik-Nachtschwärmer kamen am Samstag voll und Schüler, die vor der Berufswahl stehen, möglichst auf ihre Kosten: 11.000 begeisterte Besucher zählte viele Handwerksberufe kennenlernen. Durch die vie- die „Nacht der Technik“ in den Bildungszentren der len technologischen Entwicklungen stellen sich viele Handwerkskammer (HwK) Koblenz, die eintauchten Berufsbilder mit neuen spannenden Facetten dar und in eine Welt aus Unterhaltung, Erklärung und Infor- sprechen Jugendliche mehr an. Dies zu entdecken – mation. „Der Weg durch diese Besuchermassen war dafür ist die Nacht der Technik ein ganz ausgezeich- beeindruckend, das große Interesse an diesem Veran- netes Format“, sagte Daniela Schmitt, die sich viel Zeit staltungsformat ebenso. Wir haben auch zur 14. Aufla- nahm für die Veranstaltung und den Austausch mit ge dieser Großveranstaltung mit dem Programm und Ausstellern und Besuchern. den Inhalten voll ins Schwarze getroffen“, freuten sich HwK-Präsident Kurt Krautscheid und Hauptgeschäfts- Für die Verbände und Unternehmen als Aussteller auf führer Ralf Hellrich. Ein großes Lob ging an die Macher der „Nacht der Technik“ war die Veranstaltung ein vol- um Dr. Friedhelm Fischer, der nach 30 Jahren vor we- ler Erfolg. Denn das Besucherinteresse war überall nigen Tagen die Handwerkskammer Koblenz Richtung riesengroß, insbesondere an den Mitmachstationen. Ruhestand verließ. Dabei zeigten sich die Aussteller durchweg kreativ und ließen sich nicht nur über die Schulter schauen. Vieles Unter den 11.000 Besuchern konnte die HwK-Spitze konnten die Gäste selbst ausprobieren, erhielten zu- auch Wirtschaftsstaatssekretärin Daniela Schmitt, dem Informationen aus erster Hand zu praktischen An- IHK-Präsidentin Susanne Szczesny-Oßing sowie wendungen und theoretischen Hintergründen. den Koblenzer Oberbürgermeister David Langner begrüßen. „Das Handwerk ist das Rückgrat unserer Wirtschaft. Die mittelständischen Betriebe sind am Puls der Zeit und gleichzeitig in den Regionen verankert. Ich ma- che mich gerne für das Handwerk stark und werbe für eine Ausbildung. Die Azubis von heute sind die Fach- kräfte und auch Unternehmerinnen und Unternehmer von morgen. Das Handwerk hat so viele spannende Die Illumination der Gebäude verleiht der Koblenzer Nacht Berufe zu bieten. Es ist wichtig, dass die Schülerinnen der Technik das besondere Ambiente. (Foto: P!ELmedia)
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 9 Ein Publikumsmagnet war auch in diesem Jahr das „Das ist beste Werbung quer durch die mehr als 100 Unterhaltungsprogramm aus Wissenschaft, Experi- Handwerksberufe, die sich hier ausgezeichnet präsen- menten und Klamauk. Gleich mehrere Shows luden tiert haben“, schwärmten auch Ralf Hellrich und Kurt ein, so die „Physikanten“ und Wissenschaftsjournalist Krautscheid. Und wer weiß, wie viele der jüngeren Jean Pütz. Besucher an diesem Abend ihre handwerkliche Ader entdeckt und das Handwerk von einer neuen, bisher Und auch das große Thema Kosmos, ferne Sterne und vielleicht so nicht vermuteten Seite erlebt haben: Tech- Galaxien lockte kleine wie große Weltall-Fans. Wis- nische Innovation und Handwerk sind eine Einheit, die senschaftler erklärten in Vorträgen gut, verständlich Ausbildungszentren der Handwerkskammer als Ver- und informativ, woran sie gerade arbeiten und welche anstaltungsbühne die ganz reale Welt dahinter. Eine neuen Erkenntnisse es gibt zu den „unendlichen Wei- Kombination, die es in diesem „Techniknacht“-Format ten“ am Firmament. so bundesweit nur in Koblenz gibt – auch im nächsten Jahr! Das Handwerk und seine technische Seite spielte bei all dem keine Nebenrolle: Verbindungen zu Wissen- Dann lädt die 15. „Nacht der Technik“ am 7. November schaft und Forschung, neue Anwendungsbeispiele der 2020 ein! „Künstlichen Intelligenz“ oder die Entwicklung eigener Innovationen wurden überzeugend beschrieben und in ihrer Wirkung erklärt – nicht fern des handwerklichen Jörg Diester, Alltags, sondern mittendrin und dort im Einsatz. Handwerkskammer Koblenz Kult-Moderator Jean Pütz begeisterte auf der Nacht der Technik in seiner Experimente-Show Klein und Groß. (Foto: P!ELmedia)
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 11 Digitalisierung im Handwerk Quo vadis? Auf den folgenden Seiten stellen wir verschiedene Sicht- weisen und Aspekte dieser immer noch oder gerade jetzt wieder aktuellen Thematik dar. Ziel ist es, einen Dialog un- ter den Mitgliedern anzuregen. Teilen Sie uns Ihre Ideen und Kommentare mit. Wir werden diese in einem Forum auf unserer Internetseite www.tibb-ev.de veröffentlichen und weiter diskutieren.
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 12 Handwerksgerechte Digitalisierung1 - ein Dialogimpuls zum Weiterdenken Handwerk zeichnet sich durch eine enge Verbindung von Hand, Kopf und Herz aus: Hand für die geschickte Erstellung von Gütern und Leistungen, Kopf für die sach- und fachgerechte Planung und Ausführung, Herz für die Qualität der Arbeit, das „Werk“ – und die Kund*innen. Werkzeugnutzung und Digitalisierung Technik, nicht technisch bestimmt ist, sondern abhängig ist von der Durchsetzungskraft der Be- Digitalisierte Technikanwendungen sind nicht grund- teiligten, also von Aushandlungsprozessen, histo- sätzlich untauglich für den Einsatz im Handwerk. Die rischen Zufällen, dem Ablauf der Ereignisse und Nutzung computergestützter Konstruktions- und Fer- dem Ausgang von Konflikten. tigungsverfahren (CAD, CNC, CAM, ...), von Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, von Robotern und Stand der Digitalisierung im Handwerk Handhabungssystemen, von 3D-Druckern, von B2B- und B2C-orientiertem Datenaustausch etc. zeugen Der Digitalisierungsgrad im Handwerk scheint ver- von einer machbaren Integration in etliche Gewerke. gleichsweise hoch. Digital-/IT-gestützte Anwendungen werden gemäß des „Digitalisierungsindex Mittelstand“2 Mehr noch: Mit digitaler Technik ausgestattete Pla- von 56 % der Betriebe eingesetzt, insbesondere in nungs- und Fertigungsprozesse sind (könnten ... sein) den Bereichen IT-Sicherheit und Datenschutz (63 %) sozusagen prädestiniert für die Anwendung im Hand- sowie bei den Beziehungen zu Kunden (56 %). Aller- werk. Sie ermöglichen flexible Bearbeitung bei kleiner dings zeigen diese Werte nur die Oberfläche von in der Losgröße, sie garantieren hohe Anpassungsfähigkeit Mehrzahl eher niedrigschwelligen Anwendungen von bei qualitätssichernden Standards, sie können hän- Informations- und Kommunikationstechnik. dische Bearbeitungsprozesse nachahmen und Exzel- lenz reproduzieren. Zu differenzierteren Einschätzungen führt die Studie von ZDH und Bitkom3. Zwar setzen 58 % der Betriebe Allerdings gilt auch: Der Charakter des Werkzeugs Softwarelösungen im Büro ein, aber weniger als ein und der Werkzeugnutzung ändert sich durch Digitali- Viertel tut dies im Sinne eines Content-Managements sierung. Die sinnlich-physische Erfahrung bei der Be- oder zur Ressourcenplanung. Der Anteil von digitalen arbeitung von Werkstoffen, bei der Nutzung von (teil-) Technologien zur Wartung oder bei der Gütererstel- autonomen Werkzeugen und Maschinen wird anders, lung liegt unter 10 %. Die Entwicklung digitalisierter wenn der Abstand zwischen Hand und Kopf zu groß Geschäftsprozesse ist ebenso noch nicht wirklich ver- und zu mittelbar ist. Was wird Hand-werk sein? breitet wie Anwendungen auf der Basis des „Internets der Dinge“. Und: Es wird mentale und psychische Auswirkungen auf die Anwendenden haben, wenn die unmittelbare Eine differenzierte gewerkespezifische Anwendungs- Aneignung der Welt nicht mehr durch die Nutzung von erhebung liegt indes nicht vor. Die in den Studien Werkzeugen erfolgt, sondern virtuell erzeugt wird. Was aufgezeigten Einschätzungen zum Einsatz digitaler ist dann Realität? Wie erkunden wir die Gestaltungs- Technik und zu Produktivitätserwartungen sind sehr möglichkeiten unserer Wirklichkeit? allgemein gehalten und bilden bislang keine gesicher- te Vorausschau ab. Aus sozialhistorischen Entwicklungen können wir ler- nen, dass Insofern ist – mit der gebotenen Zurückhaltung – fest- zustellen, dass die Digitalisierung in handwerklichen • technologische/technische Entwicklung interes- Kernprozessen noch nicht wirklich breit stattgefunden sengeleitet ist. Sie fällt nicht vom Himmel, son- hat. dern ist gestaltet – und damit gestaltbar. Grundsätzlich gilt: Eine an industrieller Produktion • der Ausgang des Gestaltungs-/Anpassungspro- ausgerichtete Digitalisierung („Industrie 4.0“) ist nicht zesses, das „Gesellschaftsfähig-machen“ der per se handwerksgerecht. Zugleich gilt allerdings
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 13 auch: Industrielle Produktion hat immer auch einen Folge einer Strategie sein und nicht der Ausgangs- Anteil handwerklicher Anwendungsprozesse, bei de- punkt von konzeptionsloser Veränderungshysterie nen ebenfalls die menschengerechte, erkenntnisför- und hinterherhechelnder „das brauchen wir auch“ -Ori- dernde, Fähigkeiten nutzende und phantasieanre- entierungslosigkeit. Zu entwickeln ist ein pro-aktives gende Ausbildung von Werkzeugen nützlich ist und Konzept, das auf die Erhaltung von Handwerk, von künftig auch wäre. qualitativ hochwertigen Leistungen und Werken sowie von Arbeitsqualität für die Beschäftigten ausgerichtet Welche Digitalisierung braucht das Handwerk? ist. Es gilt auch weiterhin, Traditionen aufrecht zu er- halten und sie zugleich weiter zu entwickeln, tradierte Für eine zukunftsfähige Entwicklung des Handwerks Vorteile zu nutzen und die Moderne aktiv zu gestalten. ist zu prüfen, ob bzw. in welcher Form die Digitalisie- Mit anderen Worten: Zu prüfen sind die (erwünschten) rung zur Unterstützung bei der handwerklichen Fer- technischen Folgen sozialer Innovation. tigung und Dienstleistung tauglich, also anwendbar, zweckmäßig und nützlich ist. Digitalisierung im Handwerk – Organisation der Adaption Das Handwerk braucht sicherlich nicht eine Anpas- sung an das, was andere für sich – und nicht primär Es hat sicherlich große Vorteile, dass sich die Hand- für das Handwerk – machen. Es benötigt keineswegs, werksorganisation dem Thema intensiv widmet und dass alle Geschäftsdaten in fremdbestimmten Clouds mit dem Positionspapier „Digitale Agenda des Hand- verschwinden. Die allermeisten Handwerksbetriebe werks“4 eine Orientierung und grundsätzliche Anfor- bedürfen keiner digitalisierten Geschäftsprozesse und derungen formuliert und mit der Einrichtung des de- keines digitalisierten Prozessmanagements. Und eine zentralen Verbundes „Kompetenzzentrum Digitales automatisierte Produktion ist auch nicht unbedingt mit Handwerk“5 für eine arbeitsteilige Entwicklungsstruk- handwerklicher Fertigung zu vereinbaren. Zudem ist tur gesorgt hat. nicht ausgemacht, dass alle Kaufinteressent*innen Smart-Technologies nutzen wollen, dass die Tracking- Das Kompetenzzentrum „unterstützt den handwerk- Apps dem Handwerk Aufträge bringen und dass die lichen Mittelstand bei der Erschließung technischer Digitalisierung mehr Zufriedenheit der Arbeitenden und wirtschaftlicher Potenziale, die sich aus der digi- und der Kund*innen bedeuten. talen Transformation ergeben. Zum Abbau von Infor- mationsdefiziten stellt das Kompetenzzentrum den Mithin: Was braucht das Handwerk wirklich, wenn es Entscheidungsträgern und Fachexperten des Hand- weiterhin seine Einzigartigkeit, seine Vielfalt, seine werks praxisnahe Informations-, Qualifikations- und Kreativität ... erhalten will? Was braucht es, um die Lei- Unterstützungsangebote zur Verfügung: stungserstellung zu unterstützen? Was braucht es, um nicht im Sog einer „Digitalisierung als Produktionsmot- • Produktion und Automatisierung to“ als Erfüllungsgehilfe industrialisierter Marktmacht • Digitale Prozesse (Prozessmanagement, Einsatz und als verlängerte Werk-/Dienstleistungsbank unter- von Produktions-IT) zugehen? • Digitale Geschäftsprozesse (Dienstleistungen, Service-Ideen) Es ist nicht in Zweifel zu ziehen, dass digitale Tech- • Information und Kommunikation“6. niken im Handwerk nützlich eingesetzt werden kön- nen. Aber dies ist nicht selbstverständlich und kommt Information, Qualifizierung und einzelbetriebliche Un- nicht von selbst, sondern dafür sind die spezifischen terstützung sind gut und wichtig. Sie füllen allerdings Interessen der Unternehmen und der Beschäftigten nicht die Lücke konzeptioneller Orientierung. Um eine als Anforderungen zu formulieren. Das Handwerk spezifische, handwerksgerechte Anwendung digitali- braucht eine an den Bedarfen der jeweiligen Gewer- sierter Werkzeuge und Dienste zu gewinnen, bedarf ke orientierte Digitalisierungsstrategie, also eine – auf es der Entwicklung einer pro-aktiven und gewerke- der Ebene der Gesamtorganisation aufeinander abge- differenzierten Strategie, also stimmte/integrierte – Mehrzahl von Ansätzen, wofür digitale Werkzeuge und Vernetzungen eingesetzt wer- • mehr Wissen über Bedarfe, Einsatzmöglichkeiten, den sollen und können, um die Arbeit zu unterstützen. Nutzungs- und Nutzenerwartungen von (digitaler Es braucht prioritär eine Orientierung an den eigenen und analoger) Technik in verschiedenen Gewer- Qualitäten, den originären Produkten und Leistungen, ken den Bedingungen, unter denen gearbeitet werden soll, • sowie Einschätzungen zu anderen/weiteren Ent- und den Kundenwünschen – und erst dann eine darauf wicklungen (Märkte, Kundenanforderungen, ..., ausgerichtete Technik, die dabei unterstützt, die Ziele Folgen des demografischen Wandels etc.) in ihren zu erreichen. möglichen und in ihren gestaltbaren Wirkungen im Handwerk. Digitalisierung – bzw. allgemeiner: Technikeinsatz – und organisatorische Umsetzung sollten also die
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 14 Aus der Zukunft lernen nell modernes Handwerk entwickeln, das für Kun- den exzellente Leistungen und für Beschäftigte Um diese Aspekte sachgerecht bearbeiten zu können, hervorragende Arbeitsbedingungen bietet? ist ein Dialog zur erwünschten Zukunft handwerksge- • Welche organisatorischen und arbeitsbezogenen rechter Digitalisierung zu führen. Dies wird sicherlich (inhaltlichen, methodischen, ...) Veränderungen/ ein fortwährender Entwicklungsprozess sein, der Er- Neuerungen sind wünschenswert? fahrungen bewertet und die Zielerreichung überprüft, • Welche Technik kann/sollte „soziale Innovationen“ um erforderliche Anpassungen schnell und flexibel um- unterstützen/befördern? setzen zu können. Um diesen Dialog zu initiieren, sind • Mit welchen Kompetenzen kann das zukunftsfä- alle Interessierten gebeten, Stellung zu nehmen. Be- hige Handwerk tragfähig sein? schreiben Sie Ihre Erfahrungen und Wahrnehmungen, • Welche Inhalte und Formen von Aus- und Weiter- Hoffnungen und Befürchtungen und Ihre Vision für ein bildung sind für eine handwerksgerechte Digitali- „Zukunftsfähiges Handwerk“ und für handwerksge- sierung erforderlich? rechte Digitalisierung: • Welche Ziele beschreiben ein erstrebenswertes Alexander Frevel, Jürgen Bönig zukunftsfähiges Handwerk? und Werner Krassau, • Welche Vorstellungen lassen sich für ein traditio- Hamburg 1 Ein wesentlicher Teil der Gedanken ist im Rahmen des Projekts „Knowledge Alliance for Human Resources and Workplace Innovations“ (KAforHR) entstanden, das im Programm ERASMUS+ von 2018-2021 von der Europäischen Union gefördert wird. 2 Deutsche Telekom AG: Digitalisierungsindex Mittelstand. Der digitale Status Quo des Handwerks, Stand November 2017. https://www.digitalisierungsindex.de/wp-content/ uploads/2017/12/Digitalisierung-Studie-Handwerk-web.pdf (Zugriff 09.08.2018) 3 Digitalisierung des Handwerks. Vortrag von Rohleder (Bitkom) und Schulte (ZDH), Berlin, 02. März 2017. https://www.bitkom.org/Presse/Anhaenge-an-PIs/2017/03-Maerz/ Bitkom-ZDH-Charts-zur-Digitalisierung-des-Handwerks-02-03-2017-final.pdf (Zugriff 09.08.2018) 4 ZDH: Digitale Agenda des Handwerks. Positionspapier. Beschluss des ZDH-Präsidiums, Berlin, 10. Juni 2016 5 Koordination: ZDH, HPI; Beteiligte: HWK Oberfranken: Digitale Fertigung, HWK Koblenz: Prozessdigitalisierung, HWK Dresden: Geschäftsmodelle, Bundestechnolo- giezentrum für Elektro- und Informationstechnik e. V.: Informations- und Kommunikationstechnologien, Bildungszentren des Baugewerbes e. V. (BZB): Digitales Bauen. Verweis: https://handwerkdigital.de/ (Zugriff am 09.08.2018) 6 https://handwerkdigital.de/ Handwerk 4.0: Bei der durchgängigen Digitalisierung und Automatisierung der Unternehmensprozesse unterstützt das Kompe- tenzzentrum Digitales Handwerk. (Foto: Stefan Veres)
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 15 Nichts bleibt, wie es war Handwerk hat goldenen Boden – wenn er digital ist. Themen wie IoT und Service 4.0 treffen Unternehmen in allen Bereichen. Digitalisiert wird ohne Ausnahme. In der digitalisierten Zukunft wird jeder Bereich unseres folgreich sein will, muss umdenken und die Chancen Lebens, von unserem Zuhause über die Autos und die der Digitalisierung nutzen. Straßen, die wir auf dem Weg zu unser Arbeit nutzen, bis hin zu unserem Arbeitsplatz, mit Geräten ausge- Kann mein jetziges Geschäftsmodell noch bestehen? stattet sein, die mit dem Internet verbunden sind und Lässt es sich durch digitale Kanäle zum Kunden er- uns das Leben erleichtern werden. Diese neue Ver- weitern? Kann ich den Kunden mit der Fertigung im bindung zwischen der digitalen und echten Welt, das Unternehmen verbinden? Wie kann ich meine Unter- Internet der Dinge (IoT, Internet of Things), wird die Art, nehmensprozesse durchgängig digitalisieren und au- wie wir leben und arbeiten, signifikant verändern. tomatisieren? Das sind Fragen, die sich jeder Hand- werksunternehmer jetzt stellen sollte. Auch wie ein Geräte können z. B. selbstständig feststellen, ob sie Unternehmen digital zu führen ist und wie Mitarbeiter gewartet werden müssen oder wann sie kaputtge- in Sachen Digitalisierung qualifiziert werden müssen, hen werden, um dann den Besitzer oder direkt den sind wichtige Faktoren. zuständigen Handwerker zu benachrichtigen. Auch die zunehmende digitale Kompetenz der Menschen, Wo Visionen entstehen, benötigt man Menschen, die die immer öfter über digitale Kanäle wie Messenger diesen Ideen Leben einhauchen und aus abstrakten oder Chatbots kommunizieren, wird die Art und Weise, Ideen handfeste Lösungen machen. wie mittelständische Unternehmen und serviceorien- tierte Handwerksbetriebe ihre Produkte und Dienstlei- Das Netzwerk Mittelstand Digital bietet Zugang zu 23 stungen verkaufen, verändern. bundesweiten Kompetenzzentren, die Unternehmen aus Mittelstand und Handwerk bei allen Fragen der Die Kunden der Zukunft – die Digital Natives – sind da- digitalen Transformation begleiten. Für das Handwerk ran gewöhnt, Dienstleistungen über das Internet, über steht z. B. das Kompetenzzentrum Digitales Hand- Messenger oder über ihre digitalen Assistenten (wie werk mit seinen Experten bereit. Es ist Teil des För- Google Assistant, Siri, Bixby) zu suchen und in Auftrag derschwerpunktes „Mittelstand-Digital – Strategien zur zu geben. Wer digital nicht präsent ist, läuft Gefahr, auf digitalen Transformation der Unternehmensprozesse“, der Strecke zu bleiben. der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) initiiert wurde, um die Digitalisierung in kleinen Für Unternehmen bedeutet das: Wer heute Produkte und mittleren Unternehmen und Handwerk voranzu- und Dienstleistungen für die digitalen Gewohnheiten treiben. und Wünsche von morgen weiterentwickelt, wird künf- tig vorne sein. Themen wie die vernetzte Produktion, das Internet der Dinge oder die Veränderung zum Ser- vice 4.0 treffen Unternehmen wie Gesellschaft in allen Christoph Krause, Bereichen – digitalisiert wird ohne Ausnahme. Wer er- Kompetenzzentrum Digitales Handwerk Digitalisierung neu denken Der Digitale Wandel ist komplex, weil er alle Bereiche Es braucht digitale Reife in allen Ebenen von Unter- von Unternehmen erfasst. Ausnahmen? Keine. Die nehmen. Zu allererst einen Kulturwandel in Führung Grundlage für eine umfassende Digitalisierung der und Mitarbeiterschaft. Digitalisierung muss gewollt, Wirtschaftsbereiche liegt in der Digitalisierung der Un- gelebt und vorangetrieben werden. Ideenreichtum und ternehmensprozesse. Hier schlummern die Schätze, Prozessdenken müssen abteilungsübergreifend geför- die es zu heben gilt. Die Entwicklung und der Einsatz dert werden. Es braucht freie Denkorte in Unterneh- von digitalen Werkzeugen zum Datenaustausch, der men, wo neue Konzepte erprobt und Prototypen ge- Analyse sowie der Bewertung von Möglichkeiten wer- meinsam mit Kunden getestet werden. Und es braucht den zum entscheidenden Kriterium. Hierbei geht es digitale Bildung, die in ihrer Art und Weise den Anfor- nicht nur um die Effizienzsteigerung der bestehenden derungen der Digitalisierung in Schnelligkeit und Kom- Geschäftsmodelle, oft entstehen bei kreativer Betrach- plexität gerecht wird. Herkömmliche Methoden helfen tung vollkommen neue Felder. Doch wie kann diese uns hier nur beschränkt weiter. Umwandlung erfolgreich gelingen? Vordenker treffen. BarCamps und Hackathons bieten die einmalige Chance digitale Vordenker zu treffen und eine digitale Kultur zu erleben. www.barcamp- liste.de, www.barcamp-koblenz.de
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 16 Wer eine digitale Kultur etablieren will, muss seine Mitarbeiter bilden. Ständig. Neben den technischen Kenntnissen, die sich im Monatstakt weiterentwickeln, spielen Krea vität, Problemlösungskompetenz und agiles Prozessdenken in al- len Unternehmensbereichen eine immer größer werdende Rolle. Doch was kann und muss ich als Unternehmer konkret und sofort angehen? Die digitale Eingrei ruppe im Unternehmen etablieren. Das Thema der Digitali- sierung gehört auf Platz eins der strategischen Unternehmensplanung. Hier gilt es, die digitalen Denker und Macher im Unternehmen in die Verantwortung zu bringen. (P.S. nicht immer findet man diese im Bereich der klassischen IT.) Starten. Als erstes steht die Prüfung des bestehenden Geschä smodells und mögliche Anpassungen durch die Digitalisierung von Gesellscha und Wirt- scha . Die Iden fika on disrup ver Markveränderungen und die Vorbereitung neuer digitaler Geschä smodelle und Services muss einmal im Quartal auf die Agenda. Weitere Projek hemen festlegen. Die Digitalisierung ist komplex. Also gilt es, den rich gen Start zu finden. Hier eignet sich das Thema der Prozessdigitalisie- rung als gewinnbringender Eins eg. Fördermöglichkeiten prüfen. Je nach Bundesland sehr unterschiedlich fördert Bund und Land KMU bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten im Unter- nehmen. www.bmwi-go-digital.de, www.digitalbonus.bayern Experten hinzuziehen. Das in Deutschland einmalige Netzwerk www.mi elstand-digital.de bietet eine Vielzahl von bundesweiten Ex- perten zu allen Themen der Digitalisierung. Im speziellen für das Hand- werk stehen die Fachleute aus dem Kompetenzzentrum Digitales Handwerk www.handwerkdigital.de bei der Umsetzung zur Seite. Start-ups gründen und kollaborieren. Gerade die Digitalisierung bietet dem Handwerk ungeahnte Möglichkeiten, in neue digitale Geschä sfelder vorzudrin- gen. Warum nicht ein zweites oder dri es Unternehmen gründen? Christoph Krause, Kompetenzzentrum Digitales Handwerk
news • Ausgabe 01/19 • 18.12.2019 • Seite 17 Zukunft der Arbeit Wenn radikale Veränderungen zu unserem täglichen Begleiter werden. IoT, KI, Bots und Blockchain – unsere Arbeitswelt wird Findens aufzubauen; sein Wissen konsequent zu tei- immer komplexer und die Warnungen vor dem Verlust len; die Lust am ständigen Wandel zu erfahren und der Arbeit durch die digitale Transformation werden deutlich mehr zu experimentieren. lauter. Mein Rat: Keine Angst haben, verstehen und jetzt anfangen, zu gestalten! 3. Konzentration zu erlangen 1. Helfen lassen Schaut man in die deutsche Bürolandschaft oder auf die Baustellen des Landes, meint man, die Gesell- So wie unsere Großeltern sich durch technische Lö- schaft “verdaddelt” ihre schöne Zeit. Und ja: die Un- sungen vom händischen Ackerbau verabschiedet terhaltungsriesen wie Facebook, Google und Amazon haben, so werden sich folgende Generationen von machen es uns nicht unbedingt leichter, die nötige standardisierten Arbeitsabläufen befreien. Digitale Konzentration und Sorgfalt in den Arbeitsprozessen zu Assistenzsysteme machen es schon heute möglich, behalten, die uns weiter bringt. Und hier kommt der sich allerlei Arbeit vom Halse zu halten. Oder wann noch große Unterschied zwischen uns Menschen und haben Sie das letzte Mal den Atlas zur Reiseplanung den digitalen Systemen. Wir könnten sofort handeln! aus dem Kofferraum gehieft? So wie der Atlas und die Auf gehts! damit einhergehende händische Suche entfallen sind, so werden nun immer mehr tägliche Prozesse in Soft- Das heißt für Unternehmen: Offenheit im Umgang mit waresysteme aufgelöst. Traurig? Nein! Wenn wir es digitalen Werkzeugen; Bildung der Mitarbeiter zu den schaffen, unsere Kollegen und Mitmenschen auf diese Themen agiles Arbeiten und Zeitmanagement. Reise mitzunehmen. Und ja – auch die Arbeit mit den Händen wird gerade durch die Digitalisierung eine Re- Das heißt für Mitarbeiter: Anpassung der Rituale an die naissance und neue Wertschätzung erleben. digitale Arbeitswelt; entspannende Phasen einbauen; fortlaufende Anpassung der eigenen digitalen Werk- Das heißt für Unternehmen: Angst nehmen; die digi- zeuge. tale Transformation mit den Mitarbeitern beginnen; Er- lebnisräume schaffen, in denen eigene digitale Erfah- 4. Vom Mitarbeiter zum Intrapreneur rungen gemacht werden können; Mitarbeiter bilden, schulen und coachen und eine digitale Vision vom Un- Bitte was? Intrapeneuer? Der klassische Karriere- ternehmen verständlich kommunizieren. weg durch die Treppenhäuser der Unternehmen wird mit der digitalen Transformation sein Ende finden. Das heißt für Mitarbeiter: Offen sein; abteilungsüber- Der Beseitigung des mittleren Management und der greifend denken und kommunizieren; jeden Freitag ei- Schaffung von agilen übergreifenden Teams gehört nen neuen digitalen Begriff erlernen; selbständig neue die Zukunft. Zukünftig sind diejenigen gefragt, die mit Prozesse erdenken, verbessern und digitalisieren. eigenen Ideen und in offener Zusammenarbeit mit den Kollegen den Wert der Unternehmung steigern. Der 2. Vom Lernen und Ausmisten klassische Mitarbeiter wird immer mehr zum Unterneh- mer im Unternehmen. Die digitale Transformation zwingt uns, täglich neue Dinge zu begreifen und anzuwenden. Gut. Das war Das heißt für die Unternehmen: Kultur des interdiszi- schon immer so, jedoch wird die Taktfrequenz immer plinären Miteinanders etablieren; Ideen- und Umset- schneller. Wo Neues rein soll, muss Altes raus! Vor- zungsräume bereitstellen; Kollaborationswerkzeuge bei die Zeit, wo wir wie unsere Vorfahren das Wissen einsetzten; neue Wertschätzungssysteme entwickeln eines ganzen Lebens auf einer Festplatte speichern und umsetzten. konnten. Das heißt, wir müssen hier unsere Herange- hensweise an unsere Arbeits- und Lebenswelten er- Das heißt für Mitarbeiter: Fehler lieben lernen; offen neut anpassen. kommunizieren; Ideen einbringen, wo immer es geht; private Erfahrungen von außen viel stärker in die Ar- Das heißt für Unternehmen: Sich dem Thema Wis- beitswelt einfließen lassen. sensmanagement im Tiefgang zu widmen; nutzer- freundliche Softwaresysteme zur Unterstützung der 5. Vom Schmerzensgeld zur Lust an der Arbeit Mitarbeiter aufzubauen und vor allem zum Leben zu erwecken; eine Lern- und Fehlerkultur im Unterneh- Fachkräftemangel. Ja richtig. Viele Weichen der Ver- men zu etablieren. gangenheit haben wir alle gemeinsam nicht richtig ge- stellt. Nun ist sie da, die verzweifelte Suche nach den Das heißt für Mitarbeiter: Das “Verlernen” lieben zu Menschen, die mit Ihrem Wissen um die Digitalisie- lernen; sich ein System zur Wissensablage und des rung unsere Unternehmen nach vorne bringen. Mehr
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