Vermessung und GIS bei den ÖBB
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
1 Vermessung und GIS bei den ÖBB Arnold EDER ÖBB Infrastruktur AG, Wien · arnold.eder@oebb.at Zusammenfassung Ein Team von 26 Personen betreut sämtliche Infrastrukturprojekte der ÖBB in allen Ver- messungsfragen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf einer optimalen Beratung und Durch- führung einer qualifizierten Bestellung von Vermessungsleistungen bei allen Investitions- und Erhaltungsprojekten. Gleichzeitig wird auch die Eigentümerfunktion in Grund- stücksangelegenheiten wahrgenommen. Auch bei GIS ist die Vermessungsabteilung seit 2012 federführend. Neben mehreren Projekt-GIS-Anwendungen soll künftig auch ein An- lageninformationssystem entstehen, das die Grundlage für eine moderne Anlagenverwal- tung bildet. Der Vortrag soll einen Überblick geben über: - Vermessungsaufgaben in der ÖBB Infrastruktur AG - Datenerfassung für GIS und AIS (Anlageninformationssystem) - Forschung & Entwicklung 1 Vermessungsaufgaben in der ÖBB-Infrastruktur AG 1.1 Allgemeines Bei einem Infrastrukturunternehmen gibt es die verschiedensten Vermessungstätigkeiten sowohl in Zusammenhang mit der Planung von neuen Strecken als auch der Erhaltung der Bahnstrecken. Es stellt sich immer die Frage inwieweit diese Arbeiten in Eigenleistung ausgeführt oder vergeben werden sollen. Derzeit werden über 90% der Leistungen vergeben und der Rest in Eigenleistung erbracht (Tendenz fallend): es sollte in jedem Fall soviel Personal vorgehalten werden, um eine qualifizierte Bestellung durchzuführen und die Hausherrentätigkeiten v.a. beim Datenma- nagement zu erledigen. Früher hatten ÖBB-Vermesser auch großes Know-how im Bereich der Trassierung und Gleiseinrechnung: dieses Know-how droht verlorenzugehen. Kleinere Aufgaben im Bereich der Erhaltung könnten auch heute noch rationell abgewickelt werden, wenn Aufnahme, Einrechnung und Absteckung in einer Hand sind: hier wären Vorteile im Vergleich zu einer Fremdbeauftragung zu sehen . Im Bereich Gleiserhaltung sind noch mehrere Mitarbeiter mit einfachen Vermessungsauf- gaben beschäftigt (Nivellieren, Gleisvormessung etc.) Hanke, K. & Weinold, T. (Hrsg.) (2015): 18. Internationale Geodätische Woche Obergurgl 2015. © Herbert Wichmann Verlag, VDE VERLAG GMBH, Berlin/Offenbach. ISBN 978-3-87907-554-6.
2 A. Eder Der Bereich Telekom hat noch Personal für Dokumentation von Leitungen mittels GPS – künftig werden aber auch diese Leistungen teilweise vergeben werden müssen. 1.2 Aufgaben der Fachstelle Vermessung und Geoinformation Beschaffung von Basisdaten für alle Infrastrukturprojekte Überwachung des reibungslosen Überganges von der Planung zur Realisierung (Bau- stellennetze etc.) Dokumentation des neuen Bestand und Bereitstellung über elektronische Datenbanken (Plandatenbank – künftig: infra:geodaten) Schaffen von Standards und Beratung bei allen Vermessungsfragen Ansprechpartner bei Projekt-GIS (Koralm, Semmering etc) und Koordinierung des Anlagen-GIS (infra:gis) Mitarbeit am Vorstandsprojekt AIS (Anlageninformationssystem) und Teilprojekt AVS (Anlagenverzeichnissystem) Mitarbeit am Projekt GIP.AT (Graphenintegrationsplattform) Gleistrassierung Ansprechpartner für alle Fragen des Katasters und der Bahngrundgrenzen (Liegen- schaftstechnik) 1.3 Vergabemanagement Abwicklung von über 350 Vermessungsvergaben pro Jahr nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes. Gesamtvolumen der vergebenen Vermessungsleistungen: 7-10 Mio Euro pro Jahr Ablauf: Abklärung des genauen Leistungsbildes in Abstimmung mit Projektleiter, Projektkoor- dinator, Baumanager, etc. Vergabe an die Vermessungsfirmen nach den Bestimmungen des Bundesvergabegeset- zes unter Vorgabe eines Pflichtenheftes und einer digitalen Layerstruktur Terminkontrolle und Planprüfung – ab 2015 wird die Planprüfung über ein Onlinepor- tal erfolgen Rechnungsprüfung Verteilung der Pläne intern und extern Archivierung in einer Plandatenbank bzw. Geodatenstore (infra:geodaten) und Daten- bereitstellung über Intranet / GIS Grundsätze: wir betrachten unsere Lieferanten als Partner wir kaufen Qualität ein – schmaler Grat zwischen „ausreichender Qualität“ und „best- möglicher Qualität“ Prinzipien: Örtlichkeit, gute Streuung, Erfahrung aus Vorprojekten, Auftragsabwick- lung in Vorprojekten etc.
Vermessung und GIS bei den ÖBB 3 1.4 Aufgabenstellungen bei Projekten in der Planungsphase: Aufbau von GPS-Netzen Orthophotoerstellung photogrammetrische Auswertungen + Laserscanning Visualisierungen Bestandsvermessung als Planungsgrundlage Grenzherstellung vor Bau sonstige Vermessungen (Fassadenaufnahmen, Innenaufnahmen etc., Visualisierungen) Abb. 1: Schaffung eines GPS-Netzes entlang der Bahn im Bau: Erstellen von Baustellennetzen Gleisabsteckung, Mastbolzenaufnahme Kontrollmessungen (bauherrenseitig) Tunnelkontrollmessungen, geotechnische Messungen, etc. nach Bau: Katasterendvermessung Bestandsvermessung nach Bau Abb. 2: Endvermessung nach Bau
4 A. Eder 2 Datenerfassung für GIS und AIS 2.1 AIS (Anlageninformationssystem) seit 2012 ist die Vermessungsabteilung beauftragt mit der GIS-Koordination im Rahmen des Vorstandsprojektes AIS (Anlageninformationssystem): damit ist AIS die Grundlage und der Treiber für den GIS-Einsatz in der ÖBB-Infrastruktur AG. Im Projekt AIS (Anlageninformationssystem) werden alle Prozesse im Zusammenhang mit der Anlagendokumentation (Ersterfassung, Wartung, Inspektion) analysiert. Abb. 3: AIS - Datenverantwortung - Rollenkonzept Nur durch die Verbesserung der Prozesse bei der Datenerfassung und Datenwartung kön- nen künftig Mehrgleisigkeiten, Doppelerfassungen, Redundanzen, unterschiedliche Anga- ben im Berichtswesen vermieden bzw. reduziert werden. Eine gleichzeitige Qualitätssteige- rung ist ein weiteres Ziel. Vor allem die Einbringung und Ersterfassung der grafischen Information ist ein heikles Thema, da sie in der Regel sehr kostenintensiv ist. Erste Untersuchungen haben bereits gezeigt dass die Verknüpfung der Grafik mit bestehenden Sachdatenbanken nicht trivial ist. 2.2 Aufgaben im Projekt AIS Gesamtkoordination (technisch) der GIS-Aktivitäten in der Infrastruktur AG Zentraler Einkauf von Grundlagendaten (digitale Katastermappe, Orthophotos etc.) Erfassung aller Lärmschutzwände (für EU-Umgebungslärm), Verknüpfung mit Sach- datenbanken, Darstellung im GIS und Erstellung eines Fortführungskonzeptes Mitarbeit an der Ausschreibung und der Abwicklung des Unterprojektes AVS (Anla- genverzeichnissystem: dieses Projekt beschäftigt sich mit Gleisen und Weichen) Erstellung eines Verortungskonzeptes als Basis für AIS
Vermessung und GIS bei den ÖBB 5 Erstellung eines GIS-Lastenheftes, um Daten effizienter vom Bau in die Erhaltung übernehmen zu können Erstellung eines geodätischen Modells als Basis für AVS Gleisextraktion: Darstellung des gesamten Gleisnetzes der ÖBB als Ordnungssystem und als Verknüpfung zu den Anlagendaten 2.3 Gleisnetzdarstellung Die Vermessungsabteilung hat sich als Ziel gesetzt bis Mitte 2016 das gesamte Gleisnetz in Datenbanken abzubilden (Oracle spatial) und im GIS darzustellen. Gleichzeitig sollen auch Zeiger zur bestehenden Oberbaudatenbank (iOberbau) gesetzt werden. Die relevanten Gleisdaten werden aus Gleisplänen extrahiert und aufbereitet – fehlende Bereiche werden dabei mit dem System SENS-KM (Forschungsprojekt) erfasst: automati- sche Erfassung von Gleisen, Mastbolzen etc. In Bahnhofsbereichen werden fehlende Gleise digitalisiert. Die Gleisnetztopologie wird anschliessend nahezu automatisch generiert und daraus aös weiterer Schritt die Streckennetztopologie (Streckengraph). 3 Forschung & Entwicklung Da es bei Geschwindigkeiten von 230 km/h und einer beidseitigen Lärmschutzwand künf- tig nahezu unmöglich oder nur mit einer Streckensperre möglich sein wird herkömmlich terrestrisch zu vermessen, gilt es neue Methoden zu untersuchen. Auch die immer höheren Anforderungen an Deformationsmessungen erfordern den Einsatz von neuen Technologie wie FOS (faseroptische Systeme) voraus. Alle Untersuchungen wurden und werden ge- meinsam mit der Fachstelle Forschung&Entwicklung durchgeführt 3.1 Mobile Mapping und Mobile Scanning Neben den Methoden aus der Luft, die bereits bei mehreren Projekten erfolgreich eingesetzt wurden, sollen künftig auch Methoden vom Fahrzeug aus mit Laser und/oder Kameras untersucht werden: zu diesem Zweck wurden mehrere Pilotprojekte gestartet, deren Ergeb- nisse Mitte 2015 vorliegen sollten. Bei diesen Projekten werden die Genauigkeiten genauso untersucht wie der wirtschaftliche Einsatz, die Verspeicherungsmethoden der enormen Datenmengen und unterschiedliche Visualisierungsmöglichkeiten. Ziel ist es diese Daten nicht nur Planern etc. sondern einem möglichst großen Anwenderkreis innerhalb der ÖBB zur Verfügung zu stellen – zumindest Grundfunktionen wie Messen etc. sollten über Web zur Verfügung gestellt werden. Auch die Extraktion bzw. Auswertung von Objekten aus diesen Datensätzen soll untersucht wer- den (Vermessung in der Punktwolke statt Vermessung vor Ort).
6 A. Eder Abb. 4: Mobile Scanning System am EM-Sat im Bahnhof Munderfing 3.2 neue Messmethoden aus der Luft Neben der herkömmlichen photogrammetrischen Auswertung mit Bildern aus Flächenflug- zeugen wurden in den letzten Jahren auch andere Systeme getestet: Einsatz von UAV’s für einen raschen Einsatz bei kleineren Projekten zur Überarbei- tung (Reambulierung) von Plänen, Orthophotoerstellung, Auswertung von Bahnobjek- ten (z.B: Oberleitung Verschiebebahnhof Wels) Einsatz von Helicoptern mit Lasersystemen zur Gewinnung von Geländedaten und Orthophotos für Visualisierungen und ebenfalls zur Auswertung von Bahnobjekten (z.B: Oberleitung Floridsdorf) Abb. 5: eingefärbte Punktwolke – Laserscan Oberleitung Floridsdorf
Vermessung und GIS bei den ÖBB 7 3.3 FOS (faseroptische Systeme) Fiber-Optic ist seit 1980 in der Messtechnik bekannt – in den letzten Jahren wurden bei den ÖBB im Zusammenhang mit Deformationsmessungen erste Projekte abgewickelt: Brücke Groß Haslau (bei Zwettl, NÖ): erstes Testprojekt: Kontrolle der Risse im Brü- ckenauflager, Messung der Gleisdurchbiegung bei Zugsüberfahrt Dürrebergtunnel: Nachweis der Bewegungen der Tunnelinnenschale Hilfsbrücke bei Rohr: Test von verschiedenen Sensorsystemen, Erfassung der horizon- talen Längsänderung und Ableitung einer Höhendeformation Ennstal: Steinschlagdetektion Sohlkanalüberwachung Bosrucktunnel Rissdetektion Rupertustunnel Einsatz von FOS für bewehrte-Erde-Konstruktionen beim Projekt Semmering Mit faseroptischer Messtechnik können die physikalischen Größen wie Temperatur, Deh- nungen, Deformationen, Schwingungszustände u. v. A. m. über viele Kilometer zu einem Mess- und Auswertezentrum übertragen werden, ohne zusätzliche Energieversorgung oder Computer am Objekt installieren zu müssen. Die Verfügbarkeit der Messdaten ist rund um die Uhr im definierten Intervall gewährleistet. Abb. 6: Sensoren Brücke Groß Haslau
8 A. Eder Abb. 7: Zugsüberfahrt Brücke Groß Haslau Literatur DÖLLER, H. (2014): Anwendung von faseroptischen Messsystemen zur Überwachung von Verkehrswegen, BILDUNGSWERK VDV, Seminar Messen im Bauwesen (4.03.2014). EDER, A. (2014): Der neue Wiener Hauptbahnhof und die Vermessung bei der ÖBB, BILDUNGSWERK VDV, Seminar Gleisbau 2014 – Vermessung und Planung (14.03.2014). EDER, A. (2014): Dokumentation von Oberleitungen aus ALS-Punktwolken, ENERGIE BURGENLAND, Daten aus Laserscan und Luftbildern – Einsatzmöglichkeiten, Erfahrun- gen und Erkenntnisse (6.11.2014). RAMSSL, A. (2012): Anlageninformationssystem (AIS), INFRACLUB ÖBB (6.09.2012).
Sie können auch lesen