Versorgungsforschung mit hoher translationaler Bedeutung

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Versorgungsforschung mit hoher translationaler Bedeutung
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                                                                                                                                                  © Charité, Verena Materna
Serie (Teil 31): Charité beruft fünf neue Professuren, die die Plattform –
Charité Versorgungsforschung stärken

Versorgungsforschung mit hoher
translationaler Bedeutung
Seit der Installation der Charité-Versorgungsforschungskongresse ist die
Versorgungsforschung an der bis dato stark der Grundlagenforschung – vor allem
auch rund um Themen der Neurowissenschaft – verschriebenen Charité nicht nur ein
sichtbarer Teil, sondern eine „sehr sichtbare Komponente der Forschungsstrategie
an der Charité“ geworden, so Prof. Dr. Axel R. Pries (Dekan der Charité) in seinem
Grußwort zum 2021er Kongress (s. MVF 02/21). Veranstalter dieser Kongresse ist
die Plattform – Charité Versorgungsforschung, die wiederum auf eine Initiative des
                                                                                            Prof. Dr. Christoph Heintze
Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft (IMSR), des           ist seit 2016 Direktor des Instituts für Allgemein-
Instituts für Allgemeinmedizin, des Institut für Public Health und der Notfall- und         medizin sowie seit März 2021 Sprecher der Platt-
                                                                                            form – Charité Versorgungsforschung.
Akutmedizin (CCM/CVK) zurückgeht (s. MVF 01/20). Dass das Wissenschaftsgebiet
der Versorgungsforschung für die Charité eine zunehmende Bedeutung hat, zeigen
nicht weniger als fünf Neuberufungen in diesem Fach.                                        Weitere Stationen:
                                                                                            2012-2016 Kommissarischer Direktor des Instituts
>> Die Versorgungsforschung übernimmt         Versorgungsforschung ist ein Bereich von      für Allgemeinmedizin
– so Pries in seinem Grußwort – nicht nur     extrem hoher translationaler Bedeutung. Sie   2005 Master Public Health
                                                                                            2003 Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren
eine aktive Rolle bei der Ausbildung und      kann und soll sehr patientennah die Dinge,    2001 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut
Förderung des Nachwuchses ein, sondern        die in der Medizin möglich sind, auch in      für Allgemeinmedizin der Charité – Universitäts-
                                                                                            medizin Berlin, Campus Mitte
kümmert sich auch um wichtige inhaltliche     eine Anwendung bringen, die den Rahmen-
                                                                                            2001 Facharzt für Allgemeinmedizin
Schwerpunkte wie die ambulante und sektor-    bedingungen entspricht. Insofern ist die      1995-2001 Weiterbildung Allgemeinmedizin in
übergreifende Versorgung, die Versorgung      Plattform – Charité Versorgungsforschung      Heidelberg und Augsburg
                                                                                            1995 Promotion am Heidelberger Department of
von vulnerablen Gruppen und Personen mit      für die strategische Entwicklung der For-     Tropical Hygiene and Public Health: „Behandlung
chronischen Erkrankungen, die Notfall- und    schung und auch der Versorgung an der         der kutanen Leishmaniase mit Paramomycinme-
Akutversorgung, die Telemedizin bis hin zur   Charité von hoher Bedeutung.“                 thylbenzetoniumchlorid in Ecuador“
                                                                                            1987-1995 Humanmedizinstudium an der Rup-
Rheumatolgie und Oraler Diagnostik und           Die Versorgungsforschung kann wichtige     rechts Karls Universität Heidelberg und Valdivia/
digitaler Zahnheilkunde. Pries weiter: „Die   Aspekte liefern, um die sechs Strategie-      Chile

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Versorgungsforschung mit hoher translationaler Bedeutung
Serie

felder der Charité 2030 zu unterstützen.“ In    schlagt wurden. Drei Projekte unter Cha-
„Wir denken Gesundheit neu – Charité 2030“      rité-Leitung widmen sich der Entwicklung
ist festgehalten: „Translation ist zentrales    und Erprobung innovativer Versorgungs-
Merkmal der Charité: Auf Basis ihrer einma-     formen im Gesundheitssektor, vier weitere
ligen Struktur mit dem Berlin Institute of      beschäftigen sich mit neuen Ideen im Be-
Health (BIH) als dritter Säule neben der For-   reich der Versorgungsforschung. Die Charité
schung und der Gesundheitsversorgung wird       ist darüber hinaus als Konsortialpartnerin
Translation zu einem zentralen Merkmal der      an vier weiteren Projekten im Modul Neue
Charité. Sie etabliert damit einen Kristalli-   Versorgungsformen beteiligt.
sationskern für das translationale Ökosystem        Insgesamt 28 Projekte mit Konsortial-
der Wissenschafts- und Gesundheitsregion        führung gibt es seit 2016, dem Start der
Berlin und verfolgt das Ziel, gemeinsam mit     Förderlinien durch den G-BA, nun an der
ihren Partnern eine treibende Kraft bei der     Berliner Universitätsmedizin. Davon ent-

                                                                                                                                            © Charité, Simone Baar
Überführung wissenschaftlicher Erkenntnis       fallen 13 Vorhaben auf den Bereich Neue
in innovative Diagnostik und Therapie in        Versorgungsformen und 15 auf den Bereich
Europa zu werden.“                              Versorgungsforschung. Während sieben neue
    Dieser breite Fächerkanon, den die          Vorhaben in diesem Jahr ihre Arbeiten auf-
Versorgungsforschung an der Charité be-         nehmen können, nähern sich Projekte der er-
reits jetzt abdeckt, ist durchaus einzigartig   sten Förderwelle bereits dem Abschluss und
in Deutschland. „Das Ziel der Plattform –       werden zu einer weiteren Verbesserung der           Prof. Dr. Wolfram Herrmann
Charité Versorgungsforschung ist es, durch      deutschen Krankenversorgung beitragen.           Professur für Allgemeinmedizin m.
die Vernetzung der interprofessionellen Ak-         „Wie wichtig und notwendig innovative             S. Versorgungsforschung
teure sowie den systematischen Auf- und         Konzepte und Wissen aus Versorgungspro-
Ausbau von Strukturen und Angebote die          jekten sind, hat uns die Covid-19-Pandemie       >> Im Oktober 2020 hat Prof. Herrmann die
Versorgungsforschung an der Charité zu för-     eindrücklich vor Augen geführt“, sagt dazu       Professur für Allgemeinmedizin mit Schwer-
dern, damit alle Patienten zukünftig noch       Prof. Dr. Martin Möckel, Ärztlicher Leiter der   punkt Versorgungsforschung an der Cha-
schneller und besser von wichtigen wissen-      Notfall- und Akutmedizin am Campus Charité       rité angetreten. Prof. Herrmann studierte
schaftlichen Erkenntnissen                                                                       Medizin an der Charité und der Universität
profitieren können“, erklärt            Die sechs Strategiefelder der Charité 2030               Islands. Darüber hinaus studierte er Hoch-
hierzu Prof. Dr. Christoph                                                                       schuldidaktik (Higher Education) an der Uni-
Heintze, Direktor des Insti-                                                                     versität Hamburg und Epidemiologie an der

                                                                                                                                                                     * Obwohl in dieser Serie die männliche Schreibweise verwandt wird, sind immer alle Geschlechter gemeint.
tuts für Allgemeinmedizin                                                                        Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Er
sowie Sprecher der Platt-                                                                        promovierte am Graduiertenkolleg Multimor-
form – Charité Versorgungs-                                                                      bidität im Alter an der Charité mit Auslands-
forschung.                                                                                       aufenthalten an der Universität Bergen und
    In der aktuellen stra-                                                                       der Johns Hopkins University in Baltimore.
tegischen Ausrichtung der                                                                        „Diese internationalen Erfahrungen brachten
Charité wird nach Worten                                                                         mich dazu, unsere Versorgungsstrukturen zu
Heintzes auf die wachsende                                                                       hinterfragen“, berichtet Prof. Herrmann. Daher
Relevanz zur Etablierung                                                                         nahm er 2010 an der 1. DFG Nachwuchsakade-
guter Strukturen hingewie-                                                                       mie Versorgungsforschung in Lübeck teil. „Die
sen, um „Unmet Medical                                                                           Nachwuchsakademie Versorgungsforschung
Needs in der Gesundheits-                                                                        in Lübeck war damals ein intensives Erleb-
versorgung besser erken-                                                                         nis und hat mich sehr geprägt“, erzählt
nen“ zu können. Heintze:                                                                         Prof. Herrmann. „Seitdem brenne ich für
„Dieser Punkt ist mir be-                                                                        die Versorgungsforschung.“ Das wichtigste
sonders wichtig. In diesem                                                                       Post-Doc Projekt war ein DFG-gefördertes
Feld ist die Plattform aktiv Abb. 1: Strategiefelder der Charité 2030.                           deutsch-norwegisches Forschungsprojekt zu
und plant, weitere interdis-                                                                     den subjektiven Konzepten von Patienten zur
ziplinäre Projekte anzustoßen.“                 Mitte und Campus Virchow-Klinikum und            Inanspruchnahme (haus-)ärztlicher Versor-
    Konnte der erste Charité-Versorgungs-       Boardmitglied der Plattform – Charité-Ver-       gung. Parallel zu seiner Forschungstätigkeit
forschungskongress schon mehr als 150           sorgungsforschung. „Auch das Voranschrei-        war Prof. Herrmann auch klinisch tätig, in der
Projekte an der Charité vermelden, die der      ten der Digitalisierung im Gesundheitssek-       Geriatrie, Allgemeinmedizin, Orthopädie und
Versorgungsforschung zuzuordnen sind,           tor schafft beständig neue Notwendigkeiten       ambulanten Rehabilitation. Nach Stationen
sind inzwischen viele weitere hinzugekom-       wie auch Möglichkeiten, die Versorgungs-         an den Hochschulen in Furtwangen und Mün-
men. Darunter sind sieben weitere For-          landschaft zu gestalten, intelligente Ver-       ster wurde er nun an die Charité berufen. „Mit
schungsprojekte, die im Zuge der sechsten       sorgungsformen zu entwickeln oder beste-         dieser Professur ergab sich die Chance, in
Förderwelle des beim G-BA angesiedelten         hende Konzepte weiterzuentwickeln“, so           einem motivierenden wissenschaftlichen Um-
Innovationsausschusses positiv bezu-            Möckel weiter.
Versorgungsforschung mit hoher translationaler Bedeutung
Serie

gleichzeitig in Berlin ein spannendes Umfeld     heren Bevölkerungsdichte, einer größeren                               Deutschland, die gemeinsam von einer wis-
mit den weiteren Universitäten der Berlin        Heterogenität und Diversität der Bevölkerung                           senschaftlichen Fachgesellschaft, der Deut-
University Alliance und zahlreichen außer-       und einer starken Fragmentierung der Ge-                               schen Gesellschaft für Rheumatologie e.V.,
universitären Forschungseinrichtungen vor-       sundheitsversorgung spezifische Herausforde-                           und einer Patientenselbsthilfeorganisation,
handen ist. Darüber hinaus ist Berlin und die    rungen.“ Insbesondere die Berücksichtigung                             der Deutschen Rheuma-Liga, getragen wird.
Charité ein guter Ort, um mit Kooperations-      sozialer Aspekte und des Lebensumfeldes                                Die Charité – Universitätsmedizin Berlin und
partnern aus aller Welt zusammen zu arbei-       in der Primärversorgung sind dabei zentrale                            das Deutsche Rheuma-Forschungszentrum
ten“, beschreibt er seine Motivation, die Pro-   Punkte, denen sich Prof. Herrmann widmen                               Berlin (DRFZ), ein Institut der Leibniz-
fessur mit Schwerpunkt Versorgungsforschung      möchte. Dazu arbeitet das Team um Prof.                                Gemeinschaft, bewarben sich gemeinsam
anzutreten. „Versorgungsforschung sehe ich       Herrmann auch mit den Bezirken und ande-                               um die Einrichtung dieser Professur. Zu den
als einen wichtigen Teil der Translation an.     ren innovativen Projekten vor Ort in Berlin,                           konzeptionell vorgeschlagenen Entwick-
Dabei bedeutet – hausärztlich gedacht –          aber auch international zusammen. So führen                            lungslinien der vorgesehenen Forschung
Translation nicht von „Bench to Bedside“,        sie gemeinsam mit der National University of                           gehörten die Evaluierung der Versorgungs-
sondern von „Bench to Patient in the Set-        Singapore gerade ein Projekt zu der Fragestel-                         situation in der Kinder- und Erwachsenen-
ting“. In keinem anderen Fachgebiet gelingt      lung durch, wie die Planung der gesundheit-                            rheumatologie sowie die Entwicklung und
es so gut, das Lebensumfeld und Setting der      lichen und psychosozialen Versorgung besser                            wissenschaftliche Begleitung innovativer
Patienten mitzudenken wie in der Allgemein-      an den Bedürfnissen älterer Menschen orien-                            Versorgungskonzepte, wie z. B. von Model-
medizin. Als Arzt ist mir dabei die Verbes-      tiert werden kann. Urban Primary Care ist also                         len zur Verbesserung des Frühzugangs zum
serung der hausärztlichen Versorgung durch       nicht nur in Deutschland ein Thema, sondern                            Rheumatologen, der Transition zwischen
Versorgungsforschung eine Herzensangele-         weltweit.                                                              Kinder- und Erwachsenenrheumatologie und
genheit.“ Eine große Herausforderung sei es          Nicht zuletzt spielt auch die Nachwuchs-                           der Stärkung der Rolle der Patienten im
dabei, dass sowohl die Hausärzte als auch die    förderung eine wichtige Rolle. „Sowohl in der                          Versorgungsprozess. Dieses Konzept über-
Patienten sowie andere Gesundheitsprofessio-     Versorgungsforschung als auch in der Allge-                            zeugte unter den verschiedenen eingereich-
nen mit ins Boot geholt werden müssen, um        meinmedizin benötigen wir zukünftig zahl-                              ten Anträgen, sodass die Professur durch
die Primärversorgung vor Ort zu verbessern.      reiche engagierte und exzellente Nachwuchs-                            die Charité ausgeschrieben werden konnte.
„Dieses sich wandelnde Bild der Allgemein-       wissenschaftler. Mit meiner Arbeit möchte                              „Zu dieser Zeit war ich neben meiner kli-
medizin, die viel breiter aufgestellt ist als    ich dazu beitragen, Studierenden und Pro-                              nischen Arbeit als Kinderrheumatologin
Husten und Schnupfen, führt teilweise noch       movierenden frühzeitig eine selbstständige                             im Sozialpädiatrischen Zentrum der Cha-
zu Widerstand“, meint Prof. Herrmann, „aber      und verantwortungsvolle Forschungstätigkeit                            rité als Leiterin der Arbeitsgruppe Pädiat-
international machen gerade die skandina-        zu ermöglichen und sie damit für die Wissen-                           rische Rheumatologie im Programmbereich
vischen Länder vor, wie es geht, und ich hoffe   schaft zu begeistern.“ > Die Professur für Versorgungsforschung                                  Die Forschungsaktivität im Rahmen der
Diese Entwicklung geht gleichzeitig mit dem      in der Rheumatologie wurde von der Deut-                               Professur, aber auch generell im Pro-
demografischen Wandel einher. Die urbane         schen Rheumastiftung ins Leben gerufen,                                grammbereich Epidemiologie und Versor-
hausärztliche Versorgung hat mit einer hö-       der ersten gemeinnützigen Stiftung in                                  gungsforschung des DRFZ, richtet sich

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Versorgungsforschung mit hoher translationaler Bedeutung
Serie

grundsätzlich darauf, die Versorgung und        bensperspektive zu geben. „Eine erfolg-                             letzlichkeit infolge struktureller Benach-
damit die Lebenssituation rheumakranker         reiche Forschung auf kinderrheumatolo-                              teiligungen oder Gefährdungen. Das kön-
Menschen zu verbessern. Mit der Untersu-        gischem Gebiet setzt voraus, Fragen der                             nen bspw. eine Fluchterfahrung und eine
chung klinischer, sozialer und biologischer     Zeit zu erkennen, Kinderrheumatologen und                           ungesicherte Aufenthaltsperspektive, eine
Einflussfaktoren auf den Verlauf rheuma-        Betroffene für eine gemeinsame alltagsnahe                          prekäre Lebenslage in Wohnungslosigkeit,
tischer Krankheiten, des komplexen Zu-          Forschung zu gewinnen und aus strukturiert                          die Lebenszyklusphase der Hochaltrigkeit
sammenspiels von krankheits- und behand-        erfassten Daten des klinischen Alltags kli-                         oder auch fortgeschrittene Krankheitssta-
lungsbedingten Risiken und der Qualität der     nisch relevante Erkenntnisse ableiten und                           dien sein, die das Risiko auf eine höhere
rheumatologischen Versorgung möchte das         kommunizieren zu können. Dieses Vorhaben                            Verwundbarkeit bei gleichzeitig reduzierten
Team um Prof. Minden dazu beitragen, die        treibt uns an“, so Prof. Minden. Erfolgreiche                       Abwehrpotenzialen implizieren. Vulnerable
Behandlung von Rheumapatienten sicherer         Schritte in diese Richtung wurden mit neu-                          Gruppen werden häufig aus Beobachtungs-
und effektiver zu machen und Lücken in der      en, in den letzten Monaten initiierten For-                         und Interventionsstudien ausgeklammert,
Versorgung zu schließen. Eine wesentliche       schungsinitiativen unternommen (z. B. den                           da sie schwerer bzw. nur mit einem größe-
Grundlage ihrer Forschung bilden große Be-      von Innovationsfonds, BMBF oder DLR ge-                             ren Aufwand erreichbar sind. „Vulnerabili-
obachtungsstudien, die derzeit über 30.000      förderten Projekten InfoTrans, Kick COVID,                          tät wirkt im Versorgungsgeschehen oftmals
Patienten mit entzündlich-rheumatischen         ProKind, TARISMA). „Natürlich wollen wir                            als Brennglas virulenter Themen, was nicht
Erkrankungen aller Altersgruppen einschlie-     auch die Begeisterung für Forschung und                             zuletzt diesen Fokus für mich zu einer rele-
ßen, wobei besonders vulnerable Gruppen,        Wissenschaft mit jungen Kollegen teilen                             vanten und erkenntnisreichen Forschungs-
wie Kinder, Jugendliche und Schwangere,         und diese bei ihrer wissenschaftlichen Ar-                          perspektive macht. In unseren Studien
gezielt berücksichtigt werden. Daten aus        beit unterstützen und fördern.“ > Seit 2006 leitet Prof. Schenk den Be-                            die oftmals prekär beschäftigten Mitarbei-
bestehen zu benachbarten Instituten und         reich „Medizinische und pflegerische                                tenden Forschungsperspektiven mit abzusi-
Kliniken der Charité mit dem Schwerpunkt        Versorgungsforschung“ am Institut für                               chern.“
Versorgungsforschung. Die Plattform – Cha-      Medizinische Soziologie und Rehabilita-                                 Die Versorgungsforschung ist ein stark
rité Versorgungsforschung befördert unsere      tionswissenschaft der Charité und forscht                           interdisziplinäres und interprofessionelles
Vernetzung mit diesen Einrichtungen, die        hier gemeinsam mit ihrem Team u. a. zu                              Forschungsgebiet, in dem die Medizinso-
gemeinsame Weiterentwicklung von Metho-         Versorgungsbedarfen vulnerabler Gruppen                             ziologie wertvolle theoretische und me-
den und Konzepten sowie die Optimierung         in unserem Gesundheitssystem. 2020 trat                             thodische Impulse geben. „Das skizzierte
der Nachwuchsförderung. Die Professur für       sie die speziell mit diesem Schwerpunkt                             Forschungsfeld möchte ich hierbei gern
Versorgungsforschung in der Rheumatologie       eingerichtete Professur an. „Diese popula-                          theoretisch-konzeptionell und methodisch
bietet durch ihre Anbindung an DRFZ und         tionsbasierte Perspektive entspricht meiner                         weiter vorantreiben, eingebettet in die
Charité enormes Gestaltungspotenzial.“ Die      Forschungsausrichtung und gibt mir Gele-                            Ausgestaltung einer diversitätssensiblen
gegebenen Möglichkeiten zur Forschung           genheit, diese auch weiter zu verfolgen“,                           Versorgungsforschung“, so Prof. Schenk zu
und interdisziplinären Vernetzung möchte       beschreibt Prof. Schenk ihre Beweggründe,                           weiteren Zielen ihrer Arbeit.
Prof. Minden nutzen, um Kindern, Jugend-        diese Professur anzutreten.                                             Methodisch gibt es zahlreiche Heraus-
lichen und jungen Erwachsenen mit relativ           Der Begriff Vulnerabilität meint hierbei                        forderungen, die es zu meistern gilt. Neben
seltenen, lebenslangen Erkrankungen eine        keine festgeschriebenen Eigenschaften von                           der schwierigen Erreichbarkeit vulnerabler
bedarfsgerechte Versorgung zukommen zu          Personen oder Personengruppen, sondern                              Gruppen für wissenschaftliche Betrach-
lassen und ihnen eine bestmögliche Le-          zielt auf eine erhöhte gesundheitliche Ver-                         tungen im Versorgungskontext, nimmt die

                                                Monitor Versorgungsforschung 03/2021                                                                         47
Versorgungsforschung mit hoher translationaler Bedeutung
Serie

Komplexität von Interventionen immer           Diversität systematisch in der Konzeption                        Zentralinstitut für die Kassenärztliche Ver-
mehr zu, so dass die Messung der sich er-      von Studien, in ihrer Umsetzung, in den                          sorgung (Zi) durchgeführt wird, beschäftigt
gebenden Effekte unter Umständen weniger       Analysen und der Translation der Ergebnisse                      sich mit der Optimierung und Evaluation des
eindeutig wird. Hier möchte das Team um        Berücksichtigung findet“, berichtet Prof.                        zur Patientensteuerung in der Notfallversor-
Prof. Schenk dazu beitragen, methodische       Schenk zu den anstehenden Aufgaben und                           gung entwickelten Instrumentes SmED zur
Designs weiterzuentwickeln, die nicht nur      Zielen. > Die Notfall- und Akutmedizin ist in                           Prof. Slagman konnte hier einen wichtigen
ten sowie Wohnungslose. Hier bieten sich       Deutschland, im Vergleich zu vielen ande-                        methodischen Beitrag leisten und ihre
an der Charité sowie im Forschungsumfeld       ren Ländern, akademisch betrachtet noch                          Kenntnisse in diesem Bereich durch einen
Berlin und Brandenburg zahlreiche Möglich-     in den Kinderschuhen und die von Prof.                           Forschungsaufenthalt in Australien, der
keiten, relevante Fragestellungen anzuge-      Anna Slagman besetzte Professur „Notfall-                        durch die Deutsche Forschungsgemein-
hen und zu beantworten.                        medizinische Versorgungsforschung“ ist die                       schaft gefördert wurde, vertiefen und nach
   „Mit der Plattform – Charité Versorgungs-   zweite Professur im Bereich Notfallmedi-                         Deutschland transferieren.
forschung wurde nun auch ein institutio-       zin in Deutschland. Im deutschen Ge-                                Die oben genannten Projekte profitie-
neller Rahmen geschaffen, der die Vernet-      sundheitssystem bilden die Notaufnah-                            ren, neben der engen Zusammenarbeit mit
zung zwischen theoretischen und klinischen     men eine wichtige Schnittstelle zwischen                         den in der klinischen Notaufnahmeversor-
Fächern und auch den wissenschaftlichen        der ambulanten und stationären Versor-                           gung tätigen Berufsgruppen, insbesondere
Nachwuchs fördert. Dies gibt uns die Chan-     gung. Durch diese besondere Stellung im                          durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit
ce, u. a. durch eine sinnvolle Vernetzung      Gesundheitssystem ist die Inanspruchnah-                         mit den anderen Gründungsinstituten der
den Zeitraum zwischen Erkenntnis und           me von Notaufnahmen ein wichtiger Indi-                          Plattform – Charité Versorgungsforschung,
Implementation in die Regelversorgung zu       kator für Versorgungsqualität und -angebot                       sowie projektbezogen auch mit den anderen
verkürzen. Durch meine Mitarbeit im Board      in den oben genannten Sektoren einerseits                        Charité-Instituten und -Kliniken.
der Plattform und durch meine Forschun-        und sich wandelnde Bedürfnisse sowie Ver-                           Ein Ziel ist es, die bisher in Deutschland
gen möchte ich einen Beitrag dazu leisten,     änderungen im Erkrankungsgeschehen auf                           nicht etablierte Gesundheitsberichterstat-
die Versorgungsforschung als weiteren For-     gesellschaftlicher Seite andererseits. „Aus                      tung zur Notaufnahmeversorgung mit aufzu-
schungsschwerpunkt an der Charité dauer-       diesem Grund ist die Notaufnahmeinan-                            bauen. Hierzu beteiligt sich Prof. Slagman,
haft zu verankern.                             spruchnahme und die Erforschung der ent-                         zusammen mit dem Robert Koch-Institut,
   Eine konkrete Vision, die ich in diesem     sprechenden Einflussfaktoren ein wichtiger                       an der Definition eines Mindestdatensatzes
Kontext verfolgen möchte, ist die Ent-         Schwerpunkt unserer Forschungsprojekte“,                         zur Notaufnahmeversorgung.
wicklung eines diversitätssensiblen Ver-       so Prof. Slagman.                                                   Ein nächstes Ziel ist die Mitarbeit an der
sorgungsmonitorings an der Charité. Op-            Vor dem Hintergrund stetig steigender                        Definition von Kennzahlen und Qualitätsin-
timierte Versorgungsbedingungen sollten        Fallzahlen in der Notaufnahme und damit                          dikatoren für die Notaufnahmeversorgung
dabei nicht nur Patienten zugutekommen,        einhergehenden      Überfüllungssituationen                      aus Notaufnahmeroutinedaten.
sondern ebenso den in der Versorgung Tä-       liegt dabei ein besonderer Fokus auf der                            Einen weiteren Forschungsschwerpunkt
tigen. Wir möchten mit unseren Konzepten       Identifikation von vermeidbaren Fällen in                        setzt Prof. Slagman im Bereich der Verbesse-
sowohl Krankenhäuser als auch Pflegeein-       der Notaufnahme, wie auch von Fällen, wel-                       rung der Versorgung von vulnerablen Grup-
richtungen auf dem Weg zu kultursensiblem      che adäquat durch andere Leistungserbrin-                        pen in der Notaufnahme, wie psychosozi-
Handeln unterstützen. Es ist mir darüber hi-   ger versorgt werden könnten. Ein wichtiges                       alen Notfällen, aber auch älteren Patienten.
naus ein Anliegen, dass die soziokulturelle    Projekt, das in Zusammenarbeit mit dem                           Die Bedeutung dieses Forschungsgebietes

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Versorgungsforschung mit hoher translationaler Bedeutung
Serie

ist nicht zuletzt wegen des demografischen                                                                          Zahnheilkunde in Deutschland und Europa
Wandels und aktuellen Pandemie-Situation                                                                            werden. Gerade beim Thema KI ist uns dies
immer mehr gewachsen.                                                                                               bereits gelungen – wir sind weltweit Vorrei-
    In enger Zusammenarbeit mit der kli-                                                                            ter und arbeiten mit der Weltgesundheits-
nischen Notfall- und Akutmedizin in                                                                                 organisation (WHO), dem Weltverband der
Deutschland und an der Charité werden                                                                               Zahnärzte (FDI), der Internationen Fern-
zahlreiche verschiedene Fragestellungen zur                                                                         meldeunion (ITU) und diversen nationalen
Verbesserung der Versorgung in Notaufnah-                                                                           Akteuren zusammen, unsere Forschung in
men bearbeitet. Hier ist Prof. Slagman über                                                                         diesem Bereich ist richtungsweisend.“ Ne-

                                                                                          © Charité, Wiebke Peitz
verschiedene Symptom- und Diagnosegrup-                                                                             ben dem Schwerpunkt KI in der Zahnmedi-
pen hinweg die methodisch verantwortliche                                                                           zin, das u. a. auch das Thema Maschinelles
Person für die Planung, Umsetzung und                                                                               Sehen umfasst, werden auch die datenge-
Analyse einer Vielzahl von Forschungspro-                                                                           stützte Präzisionszahnmedizin und der Be-
jekten in der Notfall- und Akutmedizin.                                                                             reich der integrativen Versorgungsforschung
    Die Aus-, Fort- und Weiterbildung des                                                                           in den Fokus der Forschungen gestellt. In
wissenschaftlichen Nachwuchses liegt Prof.          Prof. Dr. Falk Schwendicke                                      seiner neuen Position hat sich Prof. Schwen-
Slagman besonders am Herzen. So hat sie           Professur für Orale Diagnostik,                                   dicke zahlreiche Ziele gesetzt. „Ich möchte
im Modellstudiengang Medizin der Chari-            digitale Zahnheilkunde und                                       zum Ersten die Rolle der Diagnostik in der
té – Universitätsmedizin Berlin Modulver-             Versorgungsforschung                                          zahnmedizinischen Lehre und Krankenver-
antwortung für ein vertiefendes Modul im                                                                            sorgung ausbauen und dies durch Forschung
wissenschaftlichen Arbeiten im 6. Fach-        >> Diese Professur ist in deutschlandweit                            untermauern. Der Zahnarzt von morgen wird
semester übernommen und ist weiterhin          einzigartig. Die Charité und auch alle Kolle-                        sich vielmehr mit Diagnostik, Monitoring
als Lehrende in allen Wissenschaftsmodu-       gen am CC3 können und sollten stolz darauf                           und Therapiebegleitung als mit der eigent-
len des Modellstudienganges eingebun-          sein, dass es gelungen ist, eine so innovative                       lichen Therapie beschäftigen. Zum Zweiten
den. Sowohl in der studentischen Lehre,        Abteilung und einen zugeordneten Lehrstuhl                           möchte ich mich dafür einsetzen, dass KI
als auch in dem von Prof. Slagman gelei-       hier zu etablieren. Aus meiner Sicht ist der                         und andere digitale Technologien in der
teten, jährlich stattfinden „Young Investi-    Standort Berlin exzellent positioniert und                           Zahnmedizin Verbreitung finden und dies
gator Workshop“ zur Notfallmedizinischen       gerade die Zahnmedizin in Berlin gut aufge-                          andererseits auch verdienen!
Versorgungsforschung, liegt der Fokus auf      stellt, um erfolgreich die Themen Diagnostik,                            Wir brauchen robuste, generalisierbare
der Vermittlung von Methodenkenntnissen,       Digitalisierung und Versorgungsforschung in                          und an Standards ausgerichtete KI. Zudem
ebenso wie auf der Vernetzung von klinisch     Forschung, Lehre und Krankenversorgung vo-                           müssen wir die Zahnmediziner von morgen
Tätigen und Wissenschaftlern zu Themen         rantreiben zu können. Wir haben langjährige                          fit machen, mit diesen Technologien umzu-
der Notfallmedizinischen Versorgung. Das       Expertise, ein großes Netzwerk und die not-                          gehen. Das Thema ,digital and data literacy`
bewährte Format des „Young Investigator        wendigen methodischen Kompetenzen“, so                               wird uns mehr beschäftigen. Zum Dritten
Workshops“ konnte sich inzwischen auch im      Prof. Schwendicke.                                                   sind wir stark daran interessiert, den demo-
Rahmen der Europäischen Gesellschaft für          Die Abteilung um Prof. Schwendicke ver-                           grafischen Wandel auch in der Zahnmedizin
Notfallmedizin (European Society of Emer-      folgt eine Reihe von Zielen, die sich sogar                          zu begleiten. Zurzeit sind unsere Versor-
gency Medicine - EUSEM) durchsetzen, in        schon aus dem Abteilungsnamen ableiten.                              gungsansätze, gerade was die aufsuchende
welchem Prof. Slagman ebenfalls mitwirkt.      Da ist zum einen der Ausbau der zahnme-                              Betreuung in Pflegeheimen oder gar zu Hau-
Sie ist weiterhin Mitglied und Country Prin-   dizinischen Diagnostik in Lehre, Kranken-                            se angeht, nur bedingt wirksam. Wir wollen
cipal Investigator des „EUSEM Research         versorgung und Forschung. Wie in anderen                             hier Konzepte entwickeln, erproben und zeit-
Network“, welches im letzten Jahr erstmalig    medizinischen Feldern wird auch in der                               nah in die Versorgung übertragen.“ Zu die-
zwei europaweite Studien zur Versorgung        Zahnmedizin die Diagnostik eine immer                                sem Zweck etabliert Professor Schwendicke
älterer Patienten in der Notaufnahme und       größere Rolle spielen, wobei dies eng ver-                           gerade eine eigene Versorgungseinheit am
zur Versorgung von Patienten mit Verdacht      woben sein wird mit der Nutzung digitaler                            CharitéCentrum für Zahn-, Mund- und Kiefer-
auf eine Sars-CoV2-Infektion in der Notauf-    und datengetriebener Technologien, z. B.                             heilkunde. Diese soll sich schwerpunktmä-
nahme umsetzen konnte. Die Auswirkungen        unter Rückgriff auf KI. „Dies wäre dann                              ßig mit pflegezahnmedizinischen Fragestel-
der Pandemie auf die Notaufnahmeinan-          auch schon unser zweiter Schwerpunkt -                               lungen auseinandersetzen.
spruchnahme war und ist ein wichtiges ak-      eine datengetriebene Zahnmedizin! Diese                                  „Durch die klinische Zusammenar-
tuelles Forschungsthema von Prof. Slagman.     beiden Felder wollen wir mit Versorgungs-                            beit mit einem Kooperationsnetzwerk
„Auf Grund der Beeinflussung der Notauf-       forschungsfragen, vor allem im Bereich der                           aus Pflegeheimen wird es uns gelingen,
nahmeinanspruchnahme durch Verände-            Pflege- und Telezahnmedizin, ,verheiraten´                           Forschungsansätze in die Versorgung zu
rungen im Gesundheitssystem, wie auch          und dabei auch eng mit der Plattform –                               überführen, zu erproben und dort unter
auf gesellschaftlicher Ebene, sehen wir        Charité Versorgungsforschung zusammen-                               reellen Bedingungen zu verbessern. Zu-
die Notaufnahmen einerseits als Indikator      arbeiten“, beschreibt Prof. Schwendicke                              gleich erbringen wir sinnstiftende Versor-
für bestehende und entstehende Versor-         die angestrebten Ziele. „Die Abteilung                               gungsleistung – die Mundgesundheit von
gungsengpässe und -lücken, andererseits        und die Zahnmedizin hier an der Chari-                               Pflegeheimbewohnern ist oft dürftig. Das
als „safety nets“ für Patienten vulnerabler    té sollen der Ansprechpartner für Fragen                             Interesse der Pflegeheime an einem sol-
Subgruppen.“
Versorgungsforschung mit hoher translationaler Bedeutung Versorgungsforschung mit hoher translationaler Bedeutung Versorgungsforschung mit hoher translationaler Bedeutung Versorgungsforschung mit hoher translationaler Bedeutung
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