Verwandlung - Inszenierung - Rollenspiel - Aenne Burghardt
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Verwandlung – Inszenierung – Rollenspiel Herzlich willkommen zur Online-Präsentation des 2. Ausstellungs–LAB der GEDOK Berlin 17. April – 10. Mai 2020 2
Die Lust an der modischen Inszenierung bei Ida Dehmel als Impulsgeber unserer Arbeiten Im Rahmen der Jahresplanung 2020 der sitz und widersetzte sich bis zu ihrem Frei- GEDOK Berlin beschäftigen sich Künstle- tod 1942 der drohenden Enteignung und rinnen mit unterschiedlichen Fragestel- Deportation.“ (Zitat C. Muysers) lungen auf verschiedenen Ebenen mit Ida Dehmel (1870–1942), der Gründerin der Ausgangspunkt für die Überlegungen des GEDOK 1926. 2. LABs (Labors) der GEDOK Berlin, das Künstlerinnen ohne Kuratoren selbst or- Die Kunstförderin Ida Dehmel rief 1926 in ganisieren und durchführen, waren histo- Hamburg die „Gemeinschaft Deutscher rische Schwarz-weiß Fotos Ida Dehmels und Oesterreichischer Künstlerinnen- modischer Verkleidungen und Inszenie- vereine“ ins Leben und stärkte dadurch rungen. Verwandlung, Rollenspiel, Kos- maßgeblich Frauen in den Bereichen der tüm, Spiel mit der Identität, die Insze- Bildenden, Angewandten, Darstellenden nierung des Körpers und seiner Hülle im Kunst, der Musik und Literatur. Raum; Ida Dehmel als Frau zur Wende vom 19. ins 20igste Jhd. liebte die Inszenierung „Unter der Nationalsozialistischen Herr- ihres Körpers und ihrer Persönlichkeit in schaft verlor sie als Jüdin den GEDOK Vor- wechselnden Hüllen. 3
Die grafisch interessante Kleidung Ida Jeweils ein Statement im digitalen Kata- Der Schmuck, die Avantgarde: Annette Das alles wird mit den Medien Malerei, Dehmels als moderne Ikone der Reform- log wird einer ausgewählten Arbeit der 17 Rischer-Spalink, Verena Kyselka Zeichnung, Collage, Fotografie und textiler bewegung verweist auf die Wiener Werk- „Forscherinnen“ im Labor der zeitgenössi- Objekte herausgefiltert und dargestellt. stätten und den Jugendstil. Die Frau als schen Kunst gegenübergestellt und zeigt Der Stoff, die Materialität: Burghild Eich- Gesamtkunstwerk, die sich in der (priva- die sehr unterschiedlichen Herangehens- heim Wegen der aktuellen Vorsorgemaßnah- ten) Öffentlichkeit inszeniert, in der Ge- weisen an das große Thema: men wird unsere Ausstellung dieses Mal in sellschaft, im Kunstsalon, in den Salons, zu Und dabei Aspekte der Politik des Nati- digitaler Form online präsentiert und dann Hause, bei Einladungen. Das Spiel: Frauke Beeck, Julia Büttelmann onalsozialismus: Gertraude Pohl ebenfalls in gedruckter Form als Katalog vorliegen. Die Lust an der Verwandlung und Insze- Die Verwandlung in ein anderes Selbst: Verweise auf feministische Kunstge- nierung beschäftigt uns als Bildende und Susanne Isakovic, Gritt Klaasen schichte und Mode: Eva Kreutzberger Seien Sie gespannt und bleiben Sie gesund, Angewandte Künstlerinnen hundert Jah- wir freuen uns auch auf ein Wiedersehen re später ebenfalls. Das LAB „Verwand- Die Maske und deren Facetten: Britta Die Körperlichkeit und deren Zerbrech- im realen Ausstellungsgeschehen Berlins. lung – Inszenierung – Rollenspiel“ nimmt Clausnitzer, Ulrike-Martha Zimmermann, lichkeit: Katrin Salentin diese Lust als Impuls zur eigenen künstle- Pia Fischer, Renate Schweizer rischen Stellungnahme auf. Die Inszenierung des Raumes: Aenne Die weibliche Rolle und deren Umkeh- Burghardt rung: Jeanne Fredac, Giuliana Del Zanna 4 5
Aenne Burghardt Zu Besuch bei Ida Dehmel in Hamburg – Erfahrungsraum der Moderne Eine junge Frau in Saudi-Arabien filmt mit Es ist leichter, Gebäude von außen zu fo- einem Smartphone ihren Alltag hinter tografieren, um sie herumzuschleichen, als Schleiern, Verboten und geschlossenen um Erlaubnis zu bitten, im Inneren foto- Türen. Sie entscheidet sich zur Flucht. grafieren zu dürfen und etwas zu inszenie- Allabendlich sendet sie ihre kleinen Filme ren. Denn dies war das Thema: Rollenspiel, über das Internet zu einer Filmemacherin Verwandlung, Inszenierung. Ich fuhr nach in die Schweiz. Es entsteht der Film „Saudi – Hamburg mit einer Idee im Gepäck, aber Runaway“ von Susanne Regina Meures. ohne zu wissen, was ich dort wirklich foto- grafieren will. Die junge Frau heißt Muna, was im Ara- bischen“ soviel bedeutet wie (ersehnter) Muna kam mit mir. „Wunsch“ ggf. auch „Verlangen“ und im germanischen Sprachraum „sich erin- Sie gab mir die Kraft und den Mut, darauf nern“. Er bedeutet aber auch Sprache, zu vertrauen, dass sich die Idee einstellen „ihre Sprache“. würde. Gefangen in ihrer Geschichte fahre ich Der Wunsch, es wirklich zu tun, muss nur Anfang März nach Hamburg, um in dem stark genug sein. Haus zu fotografieren, in dem Ida Dehmel bis 1942 lebte. Zu Besuch bei Ida Dehmel · 2020 · analoge s/w Fotografie, Handabzug · 40 × 40 cm 6 7
Annette Rischer-Spalink Autorenschmuck aus Brillengläsern Die „Feuer-Kette“ entstand 2019/2020 im Begeisterung“. Das ist der Ursprung, der Hinblick auf das IDA DEHMEL Jubiläumsjahr. Motor und das Ziel unseres Handels und Meine Schmuckobjekte, in diesem Fall aus auch jeden künstlerischen Prozesses. Die ausrangierten Brillengläsern gefertigt, fal- Kette habe ich aus transparenten, aus- len unter die Gattung „Autorenschmuck“. rangierten Brillengläsern gefertigt. Ur- Dieser zeichnet sich u.a. durch untypischen sprünglich sollten die Gläser dem Nutzer Einsatz von Materialien und Techniken aus helfen, seine Umgebung scharf zu sehen, und lässt so eigenständige und -willige Ob- deutlicher wahrzunehmen. Nun werden jekte mit Charakter entstehen. Die Träge- sie im Umkehrschluss selbst zum Objekt rInnen eines solchen Unikats möchten auf- der Beobachtung, auf das sich die Blicke fallen, sichtbar sein und sichtbar machen, fokussieren. Durch thermisches Verfor- Individualität bekunden und nicht zuletzt men, Mattieren, Vergolden und Montieren auch eine Botschaft transportieren. entstand das tragbare Objekt. Die Trägerin der „Feuer-Kette“ präsentiert sich im Zusammenhang mit dem Thema „Verwandlung – Inszenierung – Rollenspiel“. Meine Kette sagt: „Ich bin Feuer und Flam- me“. Das heißt im übertragenen Sinn „mit Feuer-Kette · 2019 · Plexiglas, verformt, bemalt, blattvergoldet · ca. 60 × 6 × 6 cm 8 9
Britta Clausnitzer Ich will beides: Fiktion und fette Farbe. Pinselhiebe bis es kracht! Körper und ihre Verwandlung durch die Die daraus entstehende Überlagerung Projektion auf diese spielen in meinen Bil- von Bedeutungsebenen und Projektionen dern eine zentrale Rolle. Dabei treten diese aus Werbung, Film und Tagespresse geben aus einem abstrakten Bildraum hervor – den Figuren eine Ambivalenz die für mich Zufall, Pinselhiebe und Spachtelfetzen, die in den heutigen beschleunigten Rezepti- Abstraktion von Natur bilden den Figuren onsgewohnheiten von Bildmaterial steckt. den Counterpart. Gerade der weibliche Körper und die Ab- bildung desselben, ist permanent diesen Ich arbeite mit dem kollektiven Bildge- Projektionen ausgesetzt – diese Prozesse dächtnis, d.h. mit einer Zitatebene, bei- versuche ich sichtbar zu machen. spielsweise mit Bildzitaten wie dem Floß der Medusa von Guericault, den Gefange- Die Performance „Sweet Delight – Endless nen von Michelangelo, Uma Thurman aus Night“ knüpft in poetischer Wendung an Pulp Fiction u.a. diese Rezeptionsambivalenz an. Deathmask · 2017 · Öl auf Leinwand · 143 × 143 cm 10 11
Burghild Eichheim Als Information zu dem Jahresthema der war ich veranlasst, besondere Sorgfalt auf GEDOK hatte ich mir das Buch von Matthias die Textilien in meiner Kreidezeichnung Wegner „Aber die Liebe. Der Lebenstraum zu legen. der Ida Dehmel“, Claassen Verlag, Mün- chen 2000 besorgt. Ich baue öfter in meinen Arbeiten Texte mit in die Komposition ein, was in dieser Arbeit Ähnlich wie in der Entstehung der Portrait Bezug auf die Biografie nimmt. Nur we- Reihe von Ida Dehmel 1995 – als ich im nige Notizen aus dem Buch von Matthias GEDOK-Atelierhaus in Lübeck im Januar Wegner habe ich notiert und freute mich 1995 das Gastatelier bekam – nahm ich besonders, dass gesagt wurde: solange die wieder als Vorlage eine Seitenansicht. Familie Meyer-Coblenz (der Geburtsname Idas) in Bingen gelebt habe, dort nie eine Der Bericht, dass sie als Kind bei der Groß- Ghettosituation entstanden sei. mutter alles edel fand und auch schöne Stoffe bewundert hat, berührte mich. So Portrait zu Ida Dehmel 2019 · Pastellkreide auf gefärbten Papier 42 × 30 cm 12 13
Eva Kreutzberger Seit dem Ende meines Studiums beschäf- collagierte Pelztasse und die linke Seite tige ich mich intensiv mit dem Thema der weiblichen Figur benutzen den Rah- Selbstportrait. Ich verändere, verwandle men des Bildpassepartouts, gehen aber mich, spiele Rollen. Ich benutze Mittel der gleichzeitig darüber hinaus. Collage und Fotoübermalung um meine Befindlichkeiten zu äußern; parallel zu Das collagierte Material der Pelztasse kor- meinem eigenen Älterwerden – meiner respondiert mit dem realen Material des vergehenden Zeit – differenzieren sich die Persianerpelzstücks, das sich wie ein Cape Rollenspiele mit mir Selbst. an die Figur schmiegt. Das Behüten spielt hier in der Selbst- Das sichtbare Kostüm in schwarz-weiß portraitserie „Großmutters Persianer“ erinnert an Kostüme der 20iger Jahre des eine wichtige Rolle, hier ist es die be- 20.Jhd.s und stellt neben dem Persianer- rühmte Pelztasse Meret Oppenheims, ein pelz dadurch einen direkten Bezug zu den feministisches Icon, das etwas zu groß auf Auftritten Ida Dehmels in den Salons Ham- dem Kopf der Selbstportrait-Halbfigur, die burgs und Berlins der 20iger Jahre her. sich dem Betrachter zuwendet, sitzt. Die Aus der Serie Großmutters Persianer: Gut behütet – über den Rahmen II 2006 · Collage, Mischtechnik, Pelz auf Fotopapier · 60 × 50 cm 14 15
Frauke Beeck Tisch mit eingebautem Schachbrett, 2 Klappstühle, 32 Schachfiguren, Waldblätterboden In meinem Atelier auf einem kleinen Wald- Manchmal kommen Datschenbewohner grundstück in Grünheide beschäftige ich aus der Nachbarschaft zum Schachspielen. mich neben meiner Kunst mit dem Schach- Die Verbindung zwischen Intellekt, Spiel spiel. Dort habe ich das WALDSCHACH ge- und Kommunikation hat schon viele Künst- baut: einen Tisch schwarz-weiß gefliest ler – wie z.B. Marcel Duchamp – fasziniert. und die Schachfiguren aus den gefunde- nen Natur-Materialien geformt. Waldschach · 2019 · Tisch 50 × 50 × 70 cm, 2 Stühle, 32 Schachfiguren 16 17
Gertraude Pohl Politische Perlen SCHÖNHEIT ist nicht allein eine Frage der Ihre gesellschaftliche Reputation, aber Betrachtung, sondern vielmehr eine Emp- auch ihre zunehmend zeitkritische Hal- findung der Teilhabe. tung, machten die Perlenstickerin Ida Deh- mel zur frühen frauenpolitischen Netzwer- Lebenslang auf der Suche nach Teilhabe kerin. Perle für Perle. am SchönGeist der Zeit, dem Wunsch nach eigener Verwirklichung und Ausstrahlung In diesem Sinne fand Ida Dehmel in der Zeit und der Sammlung ihr anverwandter Ge- vor dem 1. Weltkrieg individuelle Befreiung sinnungen, wurde Ida Dehmel 1926 Be- im kunsthandwerklichen Tun und erlitt als gründerin einer Gemeinschaft deutscher schließlich emanzipierte Frau und Jüdin und österreichischer Künstlerinnenverei- systematische politische Ausgrenzung im ne aller Kunstgattungen: GEDOK. deutschen Nationalsozialismus. Die avantgardistische Dimension dieser Die Arbeit steht in diesem Kontext. Gründung wird deutlich im Vergleich zum engstirnig verkniffenen Agieren vieler Re- präsentanten ihrer Generation. Aus der Serie POLITISCHE PERLEN. FÜR IDA D. · Prima Qualität · Eins A weiße deutsche Wäsche- knöpfe auf braunem Grund · Papier, Kunststoff, Textil · Assemblage · 2020 · 40 × 40 cm 18 19
Giuliana Del Zana Fliegen fliehen sublimieren träumen spielen. Ich liebe Theater! Ritterin (oder Brunnhilde Strafe) 2018 · Acryl/Leinwand 80 × 45 cm 20 21
Gritt Klaasen Ida Dehmel liebte es sich zu verkleiden. tierung und Montage, z.B. in der Serie: Die Maskerade und das Rollenspiel ent- Homophyta. Ich stelle Verwandlung und springen einem uralten Grundbedürfnis Nachahmung des Körpers in unterschied- des Menschen. Durch eine Verkleidung, lichen Formvarianten zur Diskussion, bei oft auch eine theriomorphe, schlüpft der der sich Mensch und Tier vermischen. Die Mensch in eine neue Identität. In meiner Grenze zur Animalität wird dadurch spiele- Malerei beschäftigt mich als zentrales The- risch untersucht und deren Unbestimmt- ma das Verhältnis zwischen Mensch und heit entlarvt. Tier und dessen Inszenierung. Humorvoll oder auch brutal und archaisch erfinde ich malerisch neue Körper mit Fragmen- Strutheo · 2012 · Öl auf Leinwand · 59 × 49 cm 22 23
Jeanne Fredac Der Akt in der Kunstwelt ist im Wesentli- oder mehrere Personen handelt. Der Ti- chen weiblich. Für diese Ausstellung habe tel „Der Friseur aus Duisburg“ leitet eine ich mich dafür entschieden, die Rollen dritte Dimension ein. Indem ich einen Titel umzukehren und einen männlichen Akt zu gebe, der sowohl eine genaue soziale Rolle präsentieren. Aber weit davon entfernt, als auch einen Ort vorgibt, spiele ich mit eine Person auf einen Körper reduzieren der Tendenz der Menschen, Kategorien zu wollen, habe ich mich dafür entschie- einzuordnen … den, die Vielfältigkeit eines jeden aus- zudrücken, indem ich einen Mann nicht statisch, sondern dynamisch fotografiere. Wir wissen nicht mehr, ob es sich um eine Der Friseur aus Duisburg · 2019 · Fotografie · 60 × 60 cm 24 25
Julia Büttelmann Ida Dehmel, Gründerin der GEDOK 1926, liebte es sich zu verkleiden und zu in- szenieren. Die Lust an der Verwandlung kann man mit meinem Büchlein erfahren. 7 Figuren, die jeweils 3-geteilt sind (Kopf, Bauch, Beine) ermöglichen durch das Klappen der Segmente 343 Variationen. Hier ist eine davon. 7 Figuren 343 Variationen · 2019 · Büchlein · 21 × 11 cm 26 27
Katrin Salentin Kleidung verrutscht die Grenze zwischen aus einzelnen weiblichen Extremitäten und „Körperraum Mensch“ und „Außenraum Rümpfen neue und anscheinend ganzheitli- Umwelt“ (Ingrid Loschek, Wann ist Mode?). che Körper. Die Körperfiguren sind massiv, Sie ist Wärmeschutzschild, demonstriert gleichzeitig in Bewegung und wandeln me- Haltung, maskiert oder korrigiert den Kör- tamorphisch ihre Gestalt. per und erweitert seine Größe. Ab und an gilt es, genau hinschauen zu müssen um zu Bis zu welchem Grad ist das Rollenspiel erkennen, wer sich unter der Kleiderinsze- noch glaubhaft und authentisch? Fängt nierung verbirgt. Inszenierung nicht schon beim Körperbe- wusstsein an? Oder sind die verschmolze- In meinen Arbeiten konzentriere ich mich nen Körperteile nur skulptural geformte auf den Körper ansich und zeige ihn nackt Schneiderpuppen, für die die passende – hüllenlos, ohne Kleidung. Ausgeschnitten Kleiderhülle dringlich erfunden werden aus zeitgenössischen Modekatalogen, digi- muss? tal überzeichnet und collagiert, erwachsen Faltung · 2020 · Digitale Collage, Fineart Print · 60 × 50 cm 28 29
Pia Fischer Verwandlung schafft Sicherheit – der Preis ist Distanz. Maske 2020 Baumwolle Einheitsgröße 40 × 25 × 25 cm 30 31
Renate Schweizer Vom Figuren- und Maskentheater kom- betriebs fällt mir schwer bzw. dünkt mir, mend liegt mir das Thema „Verwandlung – in Konkurrenz mit meiner künstlerischen Inszenierung – Rollenspiel“ im Theater und Arbeit zu gehen. Das widerum würde dem auf der Bühne nahe. Werk nicht gerecht werden. Meine Ar- beiten setzen sich mit der Frage, meinem Als Bildende Künstlerin steht für mich das inneren Zwiespalt und Konflikt und dem Werk im Vordergrund und Inszenierung Widerspruch auseinander. als Künstlerin auf dem Parkett des Kunst- Medea and me 2017 · Papierarbeit/ Kaschiertechnik 80 × 120 cm Foto: B. v. Hartmann 32 33
Susanne Isakovic Wie auch Ida Dehmel verspüren viele Men- bis ins kleinste Detail ausgetüftelt. Nichts schen die Lust an der Verkleidung und der ist dem Zufall überlassen. Dafür nehme ich öffentlichen Inszenierung ihres Körpers als mir ausgiebig Zeit, über Monate arbeite ich Gesamtkunstwerk. Bereits seit vielen Jah- an den Bildern. ren untersuche ich die Selbstinszenierung des Menschen und sein Rollenverhalten als In meinen Malereien befasse ich mich mit Mittelpunkt meiner künstlerischen Arbeit. der „Verkleidung“ als Teil der Inszenierung der Selbstdarstellung einer Rolle. Die Tiere Ein PORTRAIT von mir ist eine langwieri- stehen hier symbolisch für die Rolle des ge Angelegenheit, bis es am Ende in sei- Menschen. Sie sind Lebensgroß, Verklei- ner verdichteten und barocken Präsenz det, Inszeniert und konfrontieren den Be- mit einem ungeheuren Detailreichtum zu trachter mit seinem Rollenverhalten, indem einer Bildaussage kommt. In meinen Ar- es wie durch einen Spiegel zurückgeworfen beiten findet sich meine Liebe zum Detail wird. Durch die Verwendung von Tieren und mein Hang zur Komposition. Alles ist gelingt es mir besser auf die Inszenierung bis ins kleinste Detail ausgetüftelt. Nichts von Rollenverhalten zu verweisen und nicht wird dem Zufall überlassen. Meine Arbeiten auf eine bestimmte Person. Wie Ida Dehmel bestechen durch ihre Genauigkeiten! Sie selbst nehmen meine Figuren eine Rolle ein leben von der Mischung aus Malerei, Col- und stellen sich eindrucksvoll vor. Lerne, in Stille Dir selbst lage, Stickerei und feiner Zeichnung. Alles zuzuhören 2015 · Öl, Acryl, Bonbonpapier auf Leinwand · 170 × 100 cm 34 35
Ulrike-Martha Zimmermann Die Verwandlung basiert bei meiner Ar- Die Idee einer Verwandlung bedeutet hier beit „I dressed up several times“ auf einer eine Neuinszenierung, ein Spiel mit einer Gesichtserkennungsmaske, die aus einem neuen Identität ist möglich. Meine Maske programmierten Algorithmus menschliche enttarnt sich selbst durch ihre Transpa- Gesichter erkennen kann. Sie kann Men- renz und offene Struktur, sowie durch das schen identifizieren und legt damit ihre Material, das sie in ihrer Einfachheit skiz- Daten offen, eine derartige Überwachung ziert, schemenhaft und reliefartig wirken wird für unser demokratisches System als lässt. Ihre neu gewonnene Persönlichkeit eine Bedrohung empfunden. als weibliches Wesen wirkt nicht mehr be- drohlich, sie hat sich von ihrer ursprüngli- Die Gesichtserkennungsmaske „I dressed chen Idee der Überwachung und Kontrolle up several times“ wird durch das ange- losgelöst und ihr spielerisches Eigenleben deutete Haar zu einer weiblichen Gestalt, beginnt. die Maske verwandelt sich durch wenige Details. Aus der abstrakten Maske die auf einem menschlichen Gesicht basiert, wird annähernd wieder eine menschliche Gestalt. I dressed up several times · 2019 · Garn, Insektennadeln, Tusche · 51 × 42 cm 36 37
Verena Kyselka Gegen Mitte der 1980er Jahre gründete Inszenierungen mit Exterra XX geschaffen sich aus einer Künstlerinnengruppe im hatte und mit denen ich selbst aufgetreten ostdeutschen Erfurt die feministische bin. Während ich noch mea culpa 1988 aus Performancegruppe, die später unter Verpackungsmaterial eines Westpakets dem Namen Exterra XX in der alternativen kreierte, ist das Recycling-Kostüm wäh- Kunstszene der DDR und in der Wendezeit rend der politischen Brisanz der Wende bis Mitte der 90er Jahre auch internationa- entstanden. Durch die neuen westlichen le Aufmerksamkeit bekam. In dem gesam- Importprodukte fiel plötzlich eine Men- ten Zeitraum war ich als aktive Performerin ge Plastikmüll an, aus dem ich mehrere dabei. Bei unseren Gruppenauftritten in- Kostüme entwickelte. Meine Performance szenierte sich meist jede Künstlerin selbst. bestand darin mit Bewegungen besondere „Tanz den Recycling“ und „mea culpa“ sind plastische Klänge zu erzeugen. zwei Kostüme, die ich für einige meiner Tanz den Recycling Performance im zakk Düsseldorf · 1990 c-Print, gerahmt 70 × 50 cm Foto: M. Sondermann 38 39
Dieser Katalog ist die digitale Präsentation des des LABs „Verwandlung – Inszenierung – Rollenspiel“. Die LAB-Reihe der Berliner GEDOK ist ein besonderes Ausstellungsformat, das von den Künstlerinnen selbst kuratiert und organisiert wird. Konzeption der LAB-Ausstellung und Katalogredaktion Julia Büttelmann, Eva Kreutzberger und Katrin Salentin Einführungstext Eva Kreutzberger Statement-Texte und Werk-Abbildungen Alle Rechte vorbehalten, Rechte liegen bei den Künstlerinnen Gestaltung Katrin Salentin Abbildungen auf dem Titel Ida Dehmel (1870–1942) · Gründerin der GEDOK 1926 als „Gemeinschaft Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnen- vereine aller Kunstgattungen“ www.richard-dehmel.de/rdehmel/zeitgenossen/idad.html Parallel zu der Online-Präsentation entsteht ein gedruckter Katalog, der zu einem späteren Zeitpunkt in der Galerie GEDOK Berlin erworben werden kann. © 2020 Galerie GEDOK Berlin Gefördert durch das Künstlerinnenprogramm Suarezstraße 57 · 14057 Berlin der Senatskanzlei für Kultur und Europa U2 Sophie-Charlotte-Platz Telefon 030 441 39 05 www.gedokberlin.de 40 41
www.gedokberlin.de
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