"Wohin steuert die Commerzbank?" - Martin Blessing im Gespräch mit Anlegeranwalt Klaus Nieding

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"Wohin steuert die Commerzbank?" - Martin Blessing im Gespräch mit Anlegeranwalt Klaus Nieding
unser mitarbeitermagazin
sonderveröffentlichung zur hauptversammlung
19. April 2013

                „Wohin steuert
              die Commerzbank?“
                       Martin Blessing im Gespräch
                      mit Anlegeranwalt Klaus Nieding
"Wohin steuert die Commerzbank?" - Martin Blessing im Gespräch mit Anlegeranwalt Klaus Nieding
„Wir wollen das
                                                  vom Steuerzahler
                                                   bereitgestellte
                                                   Eigenkapital durch
                                                   privates
                                                   ersetzen.“
                                                    martin blessing

Vorstandsvorsitzender Martin Blessing diskutiert mit Klaus Nieding,
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Vizepräsident der
Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, über die Kapital­
erhöhung und den Umbau der Commerzbank.
Fotos: timo volz

Klaus Nieding: Herr Blessing, die Com-       durch Zusammenlegung der Aktien. Viele       Sie uns die Punkte mal durchgehen. Durch
merzbank hat in den vergangenen Jahren       verstehen auch nicht, warum Sie damit        die Zusammenlegung der Aktien passiert
mehrere Kapitalerhöhungen hinter sich.       gerade jetzt kommen.                         keinem der Aktionäre etwas. Wer zum
Jetzt bitten Sie die Aktionäre schon wie-                                                 Beispiel heute 100 Aktien hat, wird da-
der um Geld. Die privaten Investoren,        Martin Blessing: Ich habe in den ver-        nach zehn haben. Aber der Kurs einer
das sage ich Ihnen ganz ehrlich, sehen das   gangenen Wochen selbst mit vielen, vor       einzelnen Aktie ist dafür zehnmal höher.
negativ. Schon wieder eine Kapitalerhö-      allem institutionellen Aktionären gespro-    Das Kapital bleibt also gleich. Insofern
hung, schon wieder Verwässerung ihres        chen. Da gibt es sehr unterschiedliche Re-   verstehe ich diese Kritik nicht. Warum
Anteils und jetzt auch das Eindampfen        aktionen, nicht nur negative. Aber lassen    machen wir die Kapitalerhöhung jetzt?

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"Wohin steuert die Commerzbank?" - Martin Blessing im Gespräch mit Anlegeranwalt Klaus Nieding
„Viele Aktionäre
                                    verstehen nicht,
                                  warum Sie mit der
                                   Kapitalerhöhung
                                        gerade jetzt
                                          kommen.“
                                                                 klaus nieding

Weil wir die Kapitalposition der Bank        wird sein Aktienanteil nicht verwässert,     hinsteuert. Viele haben kein Vertrauen
stärken müssen. Wenn Basel III schon         sondern bleibt konstant. Und wenn wir        mehr zur Führung der Bank – und des-
voll gelten würde, hätten wir heute ein      die 2,5 Milliarden Euro zurückzahlen, spa-   wegen auch kein Vertrauen in die neue
Problem. Denn unsere stillen Einlagen        ren wir potenzielle Kuponzahlungen von       Kapitalmaßnahme. Die kritisieren übri-
zählen zwar jetzt noch als Eigenkapital,     mehr als 200 Millionen Euro im Jahr –        gens nicht nur Sie, sondern auch Ihren
aber bald nicht mehr. Entscheidend ist:      das ist de facto eine Vorzugsdividende an    Vorgänger Klaus-Peter Müller. Unter sei-
Analysten und Regulatoren erwarten           Allianz und Bund. Wenn wir die künftig       ner Ägide sind auch schon einige Meilen-
mehr und mehr, dass man schon heute          sparen, hat auch der Aktionär etwas davon.   steine gesetzt worden, die uns jetzt wie
die Kriterien für Basel III weitgehend er-                                                Mühlsteine am Hals hängen.
füllt. Würden wir die stillen Einlagen       Nieding: Das ist für sich allein betrach-
nicht ablösen, könnten wir zudem auch        tet logisch. Wir müssen aber das Gesamt-     Blessing: Ich nehme Ihre Kritik und die
in den kommenden Jahren verpflichtet         bild betrachten. Versetzen Sie sich mal in   Anleger sehr ernst. Aber lassen Sie uns
sein, die Zinsen zu zahlen – immerhin        die Lage eines Anlegers, der schon län-      doch einmal das Gesamtbild betrachten.
über 200 Millionen Euro pro Jahr, was        ger dabei ist. Erst heute hatte ich einen    Dann muss man auch festhalten, dass
das Ergebnis der Bank belasten und die       Anruf eines älteren Herrn, der Anfang        diese Bank in den vergangenen Jahren
Fähigkeit zur Ausschüttung von Dividen-      2006 hunderttausend Euro in Commerz-         vor massiven Herausforderungen stand,
den verschlechtern würde. Am Ende            bank-Aktien investiert hat – einen Teil      die sie nicht alle selbst verschuldet hat.
müssten wir die stillen Einlagen aber na-    seiner Lebensersparnisse. Der schäumt        Nehmen Sie den Lehman-Kollaps und die
türlich auf jeden Fall ablösen – entweder    vor Wut.                                     in der Folge notwendige Staatshilfe. Neh-
durch eine Kapitalerhöhung oder aus                                                       men Sie die Schuldenkrise, nehmen Sie
thesaurierten Gewinnen, die ja auch den      Blessing: Das verstehe ich. Es ist klar,     die drastisch verschärfte Regulierung. In
Aktionären gehören.                          dass die Kursentwicklung in diesem Zeit-     dieser Gemengelage haben wir die Bank
                                             raum enttäuschend war.                       neu ausgerichtet. Dabei mussten wir die
Nieding: Zum jetzigen Zeitpunkt bleibt                                                    Interessen der Aktionäre, der Steuerzahler,
Ihnen dafür aber nur die Kapitalerhöhung.    Nieding: Nicht nur die Kursentwicklung.      der Kunden und der Sparer unter einen
                                             In dieser Zeit haben Sie etwas getan, was    Hut bringen. Da gibt es kein Optimum,
BLESSING: Das ist richtig. Aber muss         uns jetzt wie ein Klotz am Bein hängt:       Sie müssen eine Güterabwägung vorneh-
man nicht auch die Vorteile sehen? Wenn      nämlich die Dresdner Bank zu kaufen. Die     men. Und dennoch haben wir einiges er-
ein Aktionär an der Maßnahme teilnimmt,      Aktionäre fragen sich, wo dieses Haus        reicht. Die Bank ist heute stärker

commerzbanker sonderveröffentlichung                                                                                               3
"Wohin steuert die Commerzbank?" - Martin Blessing im Gespräch mit Anlegeranwalt Klaus Nieding
kapitalisiert als zuvor. Wir haben
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                                                                  Kosten weit stärker gesenkt als geplant …

                                                                  Nieding: Es bleibt Ihnen ja auch gar
                                                                  nichts anderes übrig, als zu schrumpfen
                                                                  und zu sparen!

                                                                  Blessing: Ja, wir mussten die Kosten
                                                                  senken. Aber wir haben sie wesentlich
                                                                  stärker gesenkt als ursprünglich verspro-
                                                                  chen. Ziel für das vergangene Jahr war,
                                                                  unter 7,7 Milliarden Euro zu kommen.
                                                                  Wir sind bei etwas über sieben Milliar-
                                                                  den Euro gelandet. Wir wollten die Risi-
                                                                  kovorsorge, die 2008/2009 exorbitant
                                                                  hoch war, 2012 wieder unter zwei Milli-
                                                                  arden Euro bekommen. Viele haben nicht
                                                                  geglaubt, dass wir das schaffen. Tatsäch-
                                                                  lich sind wir bei 1,7 Milliarden Euro ge-
                                                                  landet. Auch dieses Ziel haben wir er-
                                                                  reicht. Was wir nicht erreicht haben, ist
                                                                  unser Ertragsziel …

                                                                  Nieding: In drei Jahren zu voller Profi-
                                                                  tabilität und ein operatives Ergebnis von
                                                                  mehr als vier Milliarden Euro 2012 …

                                                                  Blessing: Wir wollten spätestens 2011
                                                                  wieder profitabel sein. Das haben wir be-
                                                                  reits 2010 geschafft. Aber die vier Milli-
                                                                  arden Euro operatives Ergebnis für 2012
                                                                  haben wir nicht erreicht. Das liegt daran,
                                                                  dass die Erträge signifikant niedriger wa-
                                                                  ren, als wir es erwartet hatten. Dafür gibt
                                                                  es mehrere Gründe. Wir haben zum einen
                                                                  Bilanzsumme und Risikoaktiva stärker ab-
                                                                  gebaut als ursprünglich geplant. Damit
                                                                  sinkt aber auch der Ertrag. Der zweite
                                                                  Grund heißt Griechenland. Dass es dort
                                                                  2011 beinahe zum Staatsbankrott gekom-
                                                                  men wäre, haben die wenigsten kommen
martin blessing (49) steht seit knapp fünf Jahren an              sehen. Da haben wir viel Geld verloren.
der Spitze der Commerzbank. Als Vorstandssprecher
                                                                  Und drittens hat sich das Marktumfeld
verantwortete er im Januar 2009 die Übernahme der
                                                                  verändert – schauen Sie einmal auf das
Dresdner Bank. Seit Mai 2009 ist er Vorstandsvorsitzen-
der. Der Betriebswirt kam 2001 zur Commerzbank, wo
                                                                  nach wie vor niedrige Zinsniveau. Auch
er als Mitglied des Vorstands zunächst die Verantwortung          das drückt den Ertrag.
für das Privatkundengeschäft übernahm. Martin Blessing
ist verheiratet und hat drei Töchter.                             Nieding: Man kann das so darstellen
                                                                  wie Sie. Man kann aber auch umgekehrt

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"Wohin steuert die Commerzbank?" - Martin Blessing im Gespräch mit Anlegeranwalt Klaus Nieding
die Frage stellen: Wenn ich als Bank ein      Das war historisch ein unglaublich lang-       Nieding: War das auch der Grund, war-
solches Risiko in einem Staat habe, war-      weiliges, risikoarmes Geschäft, das mit        um Sie sich Knall auf Fall von den Schiffs-
um habe ich das überhaupt aufgebaut?          hohen Volumina und niedriger Marge             finanzierungen verabschiedet haben?
Hätten Sie nicht als ordentlicher Kauf-       gemacht wurde.                                 Denn da muss ich ehrlich sagen, darüber
mann auch mal daran denken müssen,                                                           habe ich mich gewundert.
dass Sie da ein Risiko-Exposure haben,        Nieding: Ich kann mich noch gut an die
was möglicherweise zu stark ist? Das          Hauptversammlung der Eurohypo erin-            Blessing: Das hätten wir besser kom-
kann ich bei vielen Punkten ansprechen.       nern, wo uns Aktionären das als großer         munizieren können, das räume ich ein.
Sicher gab es seinerzeit Gründe, die ei-      Vorteil verkauft worden ist. Da wurde ge-      Aber inhaltlich war der Rückzug die rich-
nen Erwerb der Dresdner Bank als sinn-        sagt, wir haben zwei große Standbeine,         tige Entscheidung.
voll erscheinen ließen. Wir müssen aber       nämlich die gewerbliche Immobilienfi-
die Frage stellen, ob Sie genug Risiko-       nanzierung und das Staatsfinanzierungs-        Nieding: Auf der letzten Hauptversamm-
vorsorge betrieben haben.                     geschäft. Letzteres, so hieß es, sei eine      lung haben Sie die Schiffsfinanzierung
                                              sichere Bank.                                  aber noch hochgejubelt. Ich habe die
Blessing: Nennen Sie mir bitte jeman-                                                        Worte noch im Ohr.
den, der das Thema Lehman Brothers            Blessing: Das stimmte ja auch. Sie hät-
und die Staatsschuldenkrise in vollem         ten 2005 niemanden gefunden, der das           Blessing: Hochgejubelt sicher nicht, da
Umfang hat kommen sehen. Ich kenne            Gegenteil behauptet. Dass die Staatsfi-        können wir uns gerne gemeinsam die
niemanden. Beim Thema Risikovorsorge          nanzierung im Euroraum plötzlich ein           Rede noch mal angucken.
muss ich deshalb auch deutlich wider-         Verlustgeschäft werden kann, hätte noch
sprechen. Wir haben schon 2009 begon-         vor wenigen Jahren niemand für möglich         Nieding: Okay, aber es ist positiv ver-
nen, Risiken aus der Bank herauszuneh-        gehalten.                                      kauft worden.
men, das sieht man an der Bilanz. Wir
haben seit Ende 2008 Bilanzsumme und          Nieding: Sind Sie sicher? Wenn wir uns         Blessing: Der Plan war, die gewerbliche
Risikoaktiva um jeweils 40 Prozent ge-        anschauen, wer alles drinsteckt im Euro:       Immobilienfinanzierung – wie mit der EU
senkt. Das ist eine der größten Risikore-     Sind Sie wirklich davon ausgegangen,           abgestimmt – bis auf 25 Milliarden Euro
duzierungen, die Sie im europäischen          dass Griechenland einen ordentlichen           abzubauen und die Schiffsfinanzierung
Bankensektor finden können!                   Staatshaushalt hat?                            in die Kernbank zu übertragen. Das woll-
                                                                                             ten wir Mitte 2012 tun. Warum haben wir
Nieding: Weil Sie dazu gezwungen wa-          Blessing: Ich hätte mir gewünscht,             dann noch vor der Umsetzung die Ent-
ren! Und das zieht sich als roter Faden       dass Europa da genauer hinschaut. Wir          scheidung revidiert und es nicht gemacht?
durch Ihren Geschäftsbericht: Es wird im-     haben übrigens schon 2009 entschieden,         Schiffsfinanzierungen hatten 2011 ein
mer alles positiv dargestellt. Man kann das   uns aus der Staatsfinanzierung zurückzu-       Zwischenhoch, und viele dachten, dass
aber auch anders sehen. Da steht jemand       ziehen – nicht sofort, sondern wertscho-       sich die Situation wieder entspannt. Aber
mit dem Rücken zur Wand und kann gar          nend über einen längeren Zeitraum.             im Laufe des Jahres 2012 haben wir dann
nicht anders! Sie sagen: Guckt mal, was                                                      gesehen, es klappt nicht. Für uns war da-
wir Tolles gemacht haben. Andere haben        Nieding: Und jetzt müssen Sie es übers         mit klar: Es macht keinen Sinn, die Ergeb-
das aber gar nicht erst nötig gehabt.         Knie brechen.                                  nisse der Kernbank mit diesem Geschäft
                                                                                             zu belasten.
Blessing: Die Schuldenkrise hat doch          Blessing: Nein. Wir fahren dieses Ge-
nicht nur uns erwischt. Aber wir mussten      schäft so schnell wie möglich, aber kon-       Nieding: Warum hat man es überhaupt
zusätzlich auch noch mit der Dresdner-        trolliert herunter. Viele Investoren meinen    aufgebaut?
Bank-Übernahme ein Mammutprojekt              übrigens, wir sollten es noch viel schneller
schultern. Die Finanzbranche ist zugleich     abbauen. Wenn ich mit Investoren rede, ist     Blessing: Die Commerzbank hatte vor
im tief greifendsten Umbruch der Nach-        für die das große Fragezeichen an der          Übernahme der Dresdner Bank ein
kriegsgeschichte, die Marktbedingungen        Commerzbank-Aktie der Bereich Non-             Schiffsportfolio von rund sechs Milliarden
haben sich nachhaltig verändert. Die          Core Assets. Die sagen: In die Kernbank        Euro, etwa rund ein Prozent der Bilanz-
Zinsen sind auf einem historischen Tief,      würde ich sofort investieren. Das Problem      summe. Die Dresdner Bank hatte etwas
mit wenig Aussicht auf Änderung. Neh-         ist aber, dass ihr noch den Nichtkernbe-       über vier Milliarden Schiffsfinanzierung –
men Sie das Staatsfinanzierungsgeschäft:      reich habt, und der ist mir noch zu groß.      auch etwa ein Prozent der Bilanz-

commerzbanker sonderveröffentlichung                                                                                                  5
"Wohin steuert die Commerzbank?" - Martin Blessing im Gespräch mit Anlegeranwalt Klaus Nieding
summe. Als wir die beiden Häuser          Wenn Sie das offen sagen würden, hätten         mals Unterstützung vom Bund in Form
zusammengelegt haben, hatten wir et-           viele Aktionäre Verständnis dafür. Stellen      von 18,2 Milliarden Euro erhalten. An-
was über elf Milliarden direkte Schiffs-       Sie nicht immer alles nur positiv dar!          schließend haben wir einen Plan entwi-
finanzierungen, aber beide noch einen                                                          ckelt, wie wir das vom Steuerzahler be-
Anteil von jeweils 40 Prozent an der           Blessing: Das tun wir doch gar nicht.           reitgestellte Eigenkapital durch privates
Deutschen Schiffsbank. Die hatte rund          Natürlich sind Dinge passiert, auf die wir      Eigenkapital ersetzen können. Darf ich
13 Milliarden Euro Schiffsfinanzierungen       reagieren mussten. Griechenland hat uns         auch mal eine Frage stellen?
im Portfolio. Damit hatten wir ein Schiffs-    hart getroffen. Ein weiteres Thema war
portfolio von knapp 24 Milliarden Euro.        der EBA-Stresstest 2011. Damals haben           Nieding: Natürlich.
Das war zu viel.                               übrigens viele gesagt, jetzt wird die Com-
                                               merzbank wieder Staatsgeld brauchen.            Blessing: Wenn ich in die Presse
Nieding: Aber das wussten Sie in der letz-     Wir haben es alleine hingekriegt und viele      schaue und mit Anlegern spreche, höre
ten HV doch auch schon. Trotzdem hieß          überrascht. Aber wir mussten dafür Ge-          ich beim Thema Staatsbeteiligungen
es dort: „Real Estate und Ship Finance         schäft einstellen, das wir ansonsten erst       sehr unterschiedliche Meinungen. Man-
wird zum 1. Juli 2012 formiert, dieses         mal hätten weiterlaufen lassen. Diese           che finden es gut, dass der Staat bei der
Segment wird neben ausgewählten Com-           Bremsspuren sehen Sie in der Gewinn-            Commerzbank mit an Bord ist, andere
mercial-Real-Estate-Aktivitäten die Schiffs-   und Verlustrechnung. Wir haben Kapital-         schlecht. Wie sehen das die DSW-Mit-
finanzierung sowie den Bereich Asset           kraft vor Ertrag gestellt. Das war ein Kraft-   glieder?
Management und Leasing enthalten.“ So          akt. Aber er hat sich gelohnt, wir sind
habe ich es in meinen Unterlagen von           nach vorne gekommen.                            Nieding: Für viele ist das ein Makel: Die
damals stehen. Von Abbau war da keine                                                          Bank musste gerettet werden. Jetzt ist
Rede.                                          Nieding: Aber der Kraftakt ist nicht ab-        der Bund drin und kommt auch zurzeit
                                               geschlossen.                                    nicht ganz raus, weil der Aktienkurs so
Blessing: Wir hatten aber gesagt, dass                                                         niedrig ist. Das ist auch ein emotionales
wir die Bilanzsumme reduzieren und Ri-         Blessing: Wir haben schon auf dem In-           Thema. Bei BMW war es so, dass der
sikoaktiva weiter abbauen. Das haben           vestorentag im November 2012 gesagt,            Einstieg der Quandts von Privatanlagern
wir beschleunigt. Es gibt ja zwei Grup-        dass 2013 ein schwieriges Jahr wird, weil       überwiegend positiv aufgenommen wur-
pen von Aktionären: Die einen wünschen         wir noch mal die Kosten senken müssen.          de, nach dem Motto: Hurra, ein großer
sich eine Bank mit großer Bilanzsumme          Das hat nicht nur mit dem niedrigen Zins-       Ankeraktionär, da kann uns hinsichtlich
und mehr Ertrag, die anderen eine klei-        niveau zu tun, sondern auch damit, dass         einer Übernahme nichts passieren. Viele
nere, dafür risikoärmere Bank. Wir hat-        sich das Filialgeschäft verändert. Die Kun-     Aktionäre denken nämlich langfristig und
ten uns für einen Kompromiss entschie-         den erledigen immer mehr online.                sind nicht auf schnelle Kursgewinne aus.
den und gesagt, wir können eine gewisse                                                        Sie möchten, dass das Unternehmen so-
Menge an diesem Geschäft haben, aber           Nieding: Das gilt doch auch für andere          lide arbeitet und stabile Dividenden er-
nicht in dem Umfang wie bisher.                Banken! Stresstest, Zinsniveau und der          wirtschaftet. Übrigens: Viele Aktionäre
                                               Druck aufs Filialgeschäft betreffen ande-       ärgert es, dass bei Ihnen die Vorstands-
Nieding: Wenn wir miteinander reden            re genauso wie Sie. Die marktgegebene           gehälter 2012 doppelt so hoch waren wie
höre ich immer nur: Wir haben alles rich-      Problematik mit Schiffs- und Staatsfinan-       der Unternehmensgewinn. Was entgeg-
tig gemacht und wir machen alles plan-         zierungen haben andere auch. Trotzdem           nen Sie denen? Ich weiß, dass Sie per-
mäßig. In der Hauptversammlung 2012            sehe ich bei keiner Bank eine derarti-          sönlich auf Ihren Bonus verzichtet haben.
haben Sie uns als wesentliche Neuerung         ge Kapitalerhöhungs-Orgie wie bei der           Aber dennoch …
verkauft, dass wir verschiedene Bereiche       Commerzbank.
zusammenführen – und wenig später ver-                                                         Blessing: Wenn es keinen Gewinn
abschieden wir uns davon. Sie müssen           Blessing: Sie müssen die Maßnahmen              gibt – und sechs Millionen Euro sind kein
verstehen, dass das bei den Privataktionä-     in der Gesamtschau betrachten. Als die          großer Gewinn –, finde ich es selbstver-
ren zu einem Vertrauensverlust führt. Vie-     Finanzkrise die ganze Branche hart ge-          ständlich, dass ich als Vorstandsvorsit-
le fragen sich inzwischen, ob sie von Ihnen    troffen hat, waren wir mitten in der Über-      zender auf meinen Bonus verzichte. Wo-
nur Marketingdeutsch erzählt bekom-            nahme der Dresdner Bank. Das hat uns            bei das operative Ergebnis 2012 mit 1,2
men, Herr Blessing. Sind Ihnen nicht vie-      sicherlich in dieser Situation nicht un-        Milliarden Euro deutlich höher lag als
le Dinge einfach auf die Füße gefallen?        bedingt gestärkt. Deshalb haben wir da-         der Gewinn.

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"Wohin steuert die Commerzbank?" - Martin Blessing im Gespräch mit Anlegeranwalt Klaus Nieding
Nieding: Apropos operatives Geschäft:
Im Geschäftsbericht präsentieren Sie sich
als großer Nischen-Player in vielen Be-
reichen. Das kann man so sehen. Man
kann aber auch sagen, außer der Nische
ist nichts mehr übrig geblieben.

Blessing: Moment mal. Wir sind Markt-
führer im Mittelstandsgeschäft in Deutsch-
land. Wir sind Marktführer in der Außen-
handelsfinanzierung. Wir sind eine der
Top-Fünf-Banken im europäischen Au-
ßenhandel …

Nieding: Und was bringt Ihnen das?

Blessing: Das bringt mir die Gewissheit,
dass die Commerzbank in die richtige
Richtung steuert. Im Mittelstandsgeschäft
verdienen wir schon heute eine ganze
Menge. Und nicht nur dort. In der gesam-
ten Kernbank haben wir im vergangenen
Jahr operativ 2,6 Milliarden Euro verdient.
                                                                klaus nieding (48) ist
Es gibt in diesem Land Millionen Unter-
                                                             Vizepräsident und Landes-
nehmer und Privatkunden, die auf diese                        geschäftsführer der Deut-
Bank setzen. Wenn wir in den kommen-                           schen Schutzvereinigung
den drei Jahren unsere Hausaufgaben ab-                             für Wert­papierbesitz
arbeiten, wird die Stärke der Commerz-                       (DSW). Der Fachanwalt für
bank voll zum Tragen kommen. Darauf                             Bank- und Kapitalmarkt-
hat sich dieser Vorstand verpflichtet.                            recht ist Vorstand der
                                                             Rechtsanwaltsaktiengesell-
                                                               schaft Nieding+Barth und
                                                             einer der renommiertesten
                                                              Anlegerschützer Deutsch-
                                                                 lands. Klaus Nieding ist
                                                               verheiratet und hat einen
                                                                  Sohn und eine Tochter.

impressum: Herausgeber Commerzbank AG, Interne Konzernkommunikation, Commerzbanker-Redaktion, 60261 Frankfurt a. M. V.i.S.d.P. Matthias
Goldbeck (go), Leiter Interne Kommunikation Redaktion Leitung: Oliver Nyul (ny), Stellvertretung: Maurice Farrouh (mf); Carsten Kipper (ck); Gestaltung/
Produktion Signum communication Werbeagentur GmbH, Mannheim Druck Zarbock, Frankfurt/Main Auflage 44.500

commerzbanker sonderveröffentlichung                                                                                                                   7
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Hintergrund: So könnte die Kapitalerhöhung ablaufen
2,5 Milliarden Euro möchte die Commerzbank im Rahmen einer Bezugsrechts-
Kapitalerhöhung einnehmen. Viele Mitarbeiter sind auch Aktionäre und stehen
vor der Frage, ob und wie sie sich an der Transaktion beteiligen. Die wichtigsten
Schlagworte dazu erläutern wir anhand eines fiktiven Rechenbeispiels.

Aktienzusammenlegung                                              Mechanik der Kapitalerhöhung erläutern:                           in unserem Beispiel seine Bezugsrechte
Einen positiven Beschluss der Hauptver-                           Unterstellen wir ein fiktives Bezugsver-                          verkaufen, würde er bei einem Kurs von 12
sammlung am 19. April vorausgesetzt,                              hältnis von 4:1. Dann hätte der Aktionär                          Euro wie beschrieben 1 Euro pro Bezugs-
werden die Commerzbank-Aktien in ei-                              das Recht, für vier seiner Aktien je eine                         recht erhalten; er könnte also 100 Euro
nem ersten Schritt im Verhältnis 10:1                             zusätzliche Aktie im Rahmen der Kapital-                          Verkaufserlös erzielen. Bei Kursanstiegen
zusammengelegt. Aktuell sind rund 5,9                             erhöhung zu zeichnen. Unser Aktionär                              oder -reduzierungen würde dieser Betrag
Milliarden Aktien der Commerzbank im                              mit 100 Aktien erhielte dann 100 Bezugs-                          entsprechend höher beziehungsweise ge-
Umlauf. Nach der Aktienzusammenlegung                             rechte und könnte damit 25 junge Aktien                           ringer ausfallen. Der Erlös aus dem Ver-
werden es rund 590 Millionen sein. Auf                            zum festgelegten Bezugspreis zeichnen –                           kauf der Bezugsrechte wird dem Aktionär
den Wert der Beteiligung des einzelnen                            oder die Bezugsrechte veräußern.                                  innerhalb der üblichen Abwicklungsfrist
Aktionärs hat dieser Schritt für sich kei-                              Für den Kurs der Bezugsrechte sind                          gutgeschrieben. Bei Wertpapiergeschäf-
nen Einfluss. Er hängt auch nach der Zu-                          drei Dinge maßgeblich: das Bezugsver-                             ten innerhalb Deutschlands beträgt sie in
sammenlegung allein von der Kursent-                              hältnis, der Kurs der alten Commerzbank-                          der Regel zwei Börsentage. Falls der Akti-
wicklung ab. Ein Aktionär mit 1.000 Com-                          Aktien sowie der Bezugspreis der jungen                           onär junge Aktien zeichnen möchte, muss
merzbank-Aktien wird nach der Zusam-                              Aktien. Angenommen, Vorstand und Auf-                             er lediglich seiner depotführenden Bank
menlegung 100 Aktien im Depot haben.                              sichtsrat legten für die jungen Aktien                            innerhalb der vorgegebenen Frist eine
Notierten sie vorher zum Beispiel bei                             einen Bezugspreis von 7 Euro pro Stück                            entsprechende Weisung erteilen. Der
1,20 Euro pro Stück, ergibt sich mit der                          fest, wäre das Bezugsrecht bei einem un-                          Preis für die neuen Aktien wird dann erst
Zusammenlegung – ein unverändertes                                terstellten unveränderten Kursniveau und                          am Ende der Bezugsfrist (voraussichtlich
Kursniveau unterstellt – ein Stückpreis                           einem Aktienkurs von 12 Euro genau                                Ende Mai) fällig. Für den Aktionär in unse-
von 12 Euro. Der Wert des Aktienpakets                            1 Euro wert. Dieser Wert errechnet sich,                          rem fiktiven Beispiel wären dies übrigens
ist unter diesen Voraussetzungen rech-                            wenn der Preis der jungen Aktie vom Kurs                          175 Euro (für 25 junge Aktien à 7 Euro),
nerisch derselbe – 1.200 Euro.                                    der alten abgezogen und die gestiegene                            mit denen er seinen Anteil an der Com-
                                                                  Aktienanzahl nach der Kapitalerhöhung                             merzbank konstant halten könnte.  ck
Bezugsverhältnis, Bezugsrechte &                                  berücksichtigt wird. In Zahlen ausge-
junge Aktien                                                      drückt: (12–7):(4+1) = 1.
Nach der Hauptversammlung legen Vor-
stand und Aufsichtsrat das Bezugsver-                             Aktien zeichnen oder Bezugsrechte
hältnis fest. Ziel der Kapitalerhöhung ist                        verkaufen?
es, durch die Ausgabe der neuen Aktien                            Voraussichtlich von Mitte bis Ende Mai
2,5 Milliarden Euro Eigenkapital aufzu-                           wird für circa zehn Tage der Bezugsrechts-
nehmen. Ein rein fiktives Beispiel soll die                       handel stattfinden. Möchte der Aktionär

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