Video als letzte Aufforderung - Peter Lang

 
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Video als letzte Aufforderung - Peter Lang
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3. Video als letzte Aufforderung

          Video is where all of the moving image ideas accumulate, like a network
          of little eddies strewn up and down the mainstream. And if perhaps the
           video discourse once seemed to bobble like a bit of surface foam on the
                 deeper cultural current – now, more and more, we see it filling out
                            a complex 200-year-old technological and social history.
                                                          (Tony Conrad, 2004)328

Stößt Tony Conrad in den 1970er Jahren im Rahmen seiner experimen-
tellen Entgrenzungen des (Experimental-)Films zunächst überall dort
auf das Medium Video, wo ihm der filmische Handlungsrahmen zu eng
oder zu aufwendig erscheint,329 taucht Video eine knappe Dekade spä-
ter vermehrt dort auf, wo ein direkter Austausch mit anderen Künstlern
stattfindet und die künstlerischen Dispositive empirisch-experimentell
hinterfragt werden.330 Video wird zum narrativ-allegorischen Medi-
um,331 das vom Konzept über das Setting bis zur Schnittfolge spontane
Ausdrucksformen ermöglicht: Das klassische Skript wird durch spie-
lerische Aspekte der Wiederholung und Iteration ersetzt.332 Bild- und
Tonmaterialien bleiben entweder ungeschnitten oder werden ex post
bedeutungsstiftend collagiert und nachvertont.333 Statt kanonisierten
Systematiken oder etablierten Tropen der Videokunst zu folgen, lässt
sich der Künstler von einem eigenwilligen Drang zum Situativen lei-
ten, wobei der Sprache und dem Sprechen eine wichtige Bedeutung
zukommt.334
     Ein kurzer Lehraufenthalt am Department of Visual Arts (Univer-
sity of California, San Diego) markiert im Sommer 1980 eine wichtige
Zäsur. Im Austausch mit den lokalen Ausläufern der Appropriation
Art erweitert sich Tony Conrads Freundeskreis und der Künstler fin-
det seinen eigenen videografischen Stil.335 Die Alltagserfahrung, dass
“[i]n California”, wie die Kunsthistorikerin Kim Levin schreibt, “tele-
vision is not only true to life, life is true to television”, wird förmlich
spürbar.336 Am Hauptquartier der US-Navi (Pazifikflotte) prägt das

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Militär das Erscheinungsbild der Stadt und das zivile Leben. Einer-
seits zeugt die Situation vor Ort von den Gesten staatlicher Macht, wie
sie im Militär inkorporiert sind. Andererseits wirken die Szenerie und
das Verhalten uniformierter Menschen auf Tony Conrad mitunter gro-
tesk, was durch die geografische Nähe zur Film- und Fernsehindustrie
(Hollywood, Los Angeles) und den Austausch mit den CalArts-Artists
unterstrichen wird.337 So erinnert sich der Künstler:
     By 1980 I had decided that the efficient context for a work that would fore-
     ground authority issues would be a genre film, in which the presence of hier-
     archical relationships between two ranks of actors would be implicitly under-
     stood and accepted.338

Die kalifornische Episode führt gestalterisch zu einer Annäherung an
den Genre-Stil, dessen Prinzipien später auch in Buffalo, teilweise mit
den gleichen Kolleginnen und Kollegen, fortgesetzt werden.
     Zunächst spielen jedoch neben dem kulturellen Kontext (San Die-
go) personelle Begegnungen eine wichtige Rolle. So besuchen Mike
Kelley (1957–2012) und Tony Oursler (*1957, in New York, NY) Tony
Conrads Videokurs.339 Kelley hatte im Vorjahr am CalArts seinen
MFA (Master in Fine Arts) abgeschlossen,340 Oursler hatte wenige
Monate zuvor seine Videoarbeiten am Institut Media Study/Buffalo
präsentiert. Die beiden spielen damals bereits in einer gemeinsamen
Band,341 der sich gelegentlich auch Tony Conrad anschließt. So enga-
gieren sich Kelley und Oursler zunächst in der Army-Persiflage “Be-
holden to Victory” (1981–1983) bevor sie in den Videoprojekten “Jail.
Jail” (1982) und “Sunnyside High” (1983) mitwirken. All diese Stücke
zeugen vom leidenschaftlichen Spiel mit Fehlerhaftem, sozialen Ent-
gleisungen und dem Widerstand gegen unterschiedlichste Arten der
Regulierung und Reglementierung.342 Die Performanz des so insze-
nierten Scheiterns erinnert an die Camp-Ästhetik, über die Tony Con-
rad mit Blick auf Tony Oursler schreibt:
     In bad movies and camp we participate in the irony of the image through
     (again a) recognition of parallel representations in the scene: the representa-
     tion which has been attempted, and that, which ironically remains unconcealed
     (and is recognizable in its unfortunate familiarity), due to the ineptitude of the
     production.343

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Bereits Mitte der 1960er Jahre war Tony Conrad in Jack Smiths Um-
feld mit Formen des Camp in Berührung gekommen. Das „begeisterte
Aufgreifen des falschen Scheins“ begreift Mike Kelley, der Ko-Autor
von “Beholden to Victory”, als gleichsam politische Haltung.344 Mit
Blick auf Smiths “Flaming Creatures” (1963) betont er:345 „Es handelt
sich um eine Ästhetik, die prinzipiell verdächtig ist, denn man weiß nie
genau, ob ihre Freuden echt sind oder ironisch. Camp ist eine Geheim-
ästhetik“.346
     Die hier greifbare Schwebe zwischen Ironie und ernst gemeinter
Kritik, das vorsätzlich Falsche und das vorgetäuscht Appropriierte,
welches immer schon aus dem Entdecken der Fehler Profit schlägt,
wird typisch für das Schaffen der frühen 1980er Jahre. Ästhetisch
überdreht, teilweise sarkastisch und vorsätzlich verkehrt, wirken nicht
nur die Bänder der Machttrilogie, sondern gerade auch jene videogra-
fischen Projekte,347 welche in Zusammenarbeit mit Barbara Broughel
und Joe Gibbons entstehen.348 In formaler Anlehnung an Fernseh-
serien, Daily Soaps und Spielfilme, eifern sie einer artifiziellen Form
von Genre nach, welche als bunter, unsystematischer Potlatsch unter-
schiedlichste Stilfragmente vereint.349 Camps, Genre, die Sozialkritik
der Westküste und die etwas verkopftere Medientheorie der Ostküste
fusionieren. Dem Video kommt dabei eine Funktion zu, die an Kim
Levins Schilderungen zur Lebenserfahrung der 1980er Jahre erinnert,
da sie spontan und politisch neutral wirkt: “Everyone thinks a lot”,
schreibt die Autorin aus einer kalifornischen Perspektive,
    about what they have just done, or fantasizes about what they might have done.
    A lot of mental rearranging takes place. As narrative content enters art, it is tak-
    ing the form that life and television have offered; as narrative time becomes a
    field for investigation, video is obviously an appropriate medium. Television is
    the real subject of video.350

Im nach außen gekehrten Spiel mit Verkleidungen und appropriierten
(Gender-)Posen, werden stereotypisierte Verhaltensformen zu Versatz-
stücken, die wie Vokabeln re/kombiniert werden können. Tatsäch-
lich orientiert sich das Vorgehen in einigen Projekten ganz explizit an
grammatikalischen Prinzipen und der Struktur der Sprache.351 Anders
als in den strukturalistischen 1970er Jahren wird das performativ in
situ Gesprochene (und nicht die Struktur) zum Medium: Das Gesagte

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wird Träger, (Ver-)Mittler und Indikator, der nicht nur unterschied-
liche Modi annehmen kann, sondern auch Aufschluss über die So-
zialisation gibt, reguliert und Interaktionen steuert oder implodieren
lässt.352 In einem Förderantrag für das Videoprojekt “Knowing with
Television” konstatiert Tony Conrad entsprechend:
     Language is almost always assumed to be a vehicle for exchanging informa-
     tion (data, facts, logical implications), stories true or false, or codified cultural
     information (greetings, warnings, etc.). As a vehicle for the implementation
     of learning experience through direct action, without logical or factual sup-
     port, language functions much differently from the assumed ways. In directly
     shaping the subjective (or suggestive) receptivity of the listener, the speaker
     approaches both syntax and semantics in non-traditional ways.353

Strukturieren die spielerischen Routinen des Gesprochenen in “Jail.
Jail” (1982) und “Sunnyside High” (1983) den Fortgang (Narrativ) der
Stücke, inszeniert Tony Conrad mit den performativen Gesprächsrun-
den des POINT BLANK ironisch den Nullpunkt der (Kunst-)Kritik.354
Die Sprache ermöglicht ferner den Übergang vom Bewussten zum Un-
bewussten, denn “[c]onsciousness”, wie der Künstler in Non-Linguistic
Extensions of Film schreibt,
     as a cultural code, relates the linguistic component of our experience to the
     more immediately experiential part of life. The way in which language becomes
     unbounded from our direct experience, as we begin to explore these terms more
     thoroughly, is a familiar part of our experience.355

Dies zeigt sich besonders deutlich in Arbeiten, welche den Wahrneh-
mungsapparat hinterfragen. Ob als bewusste Reflexion der eigenen
kulturellen Prägung (“Lookers”, 1984) oder als suggestive Kritik, wel-
che die Wahrnehmung des Betrachters gezielt überfordert (“Sip Twice,
Sandry”, 1983; “Height 100”; 1983), Tony Conrads neuer, videogra-
fischer Ansatz löst sich sowohl gestalterisch als auch intentional vom
phänomenologischen Empirismus der 1960er und frühen 1970er Jah-
re.356 Sehen und Sehenlassen nehmen implizit Bezug auf omnipräsente
Blicktheorien, die mit dem lokalen Verständnis der Buffalo-Communi-
tys abgeglichen werden.357 Wichtige Weggefährten sind in dieser Zeit
Catherine (gen. Cathy) Howe, Barbara Lattanzi, Julie Zando, Steve
Gallagher und Tony Billoni, die in “Lookers” und gelegentlich bei

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POINT-BLANK-Events (1983–1985) auftauchen. Tony Billoni und Cathy
Howe sind in “VIDI VICI: Narrative and the Death of Desire” (1988)
präsentiert; Julie Zando erscheint u.a. in “Egypt 2000” (1986). Sie alle
sind auch in Hallwalls-Aktivitäten involviert, sodass sich die im vorhe-
rigen Kapitel angedeuteten Freundschaftsmuster fortsetzen.358
     Im Rahmen dieses Kapitels werden daher drei, in den 1980er
Jahren zentrale Themenkomplexe in Tony Conrads videografischem
Schaffen aufeinander bezogen: Zunächst wird der anhaltende Ein-
fluss des Lehraufenthalts in San Diego werkbasiert nachgezeichnet. Er
forciert eine eigene videografische Bildsprache, welche die analytische
Schwere des Experimentalfilms hinter sich lässt (Performanz des Ver-
sagens). Es folgt der Übergang von der Reflexion der äußeren Beob-
achtung (Bild l “Lookers”), über den physiologisch gesteuerten Akt
des Sehens, bis zur experimentellen Erkundung psychologisch beein-
flusster Formen der Wahrnehmung (Erweiterung der Wahrnehmung).
An der Grenze zwischen Außenwelt und Ich (Selbst) drängt sich der
Schritt zur Nahsicht auf den eigenen Körper förmlich auf (Erotisierung
des Blicks). Das spielerische Trompe-l’œil vorgegaukelter Erotik lotet
das Spannungsverhältnis zwischen körperlicher Nähe und emotionaler
Distanz allerdings lediglich vorsätzlich aus und wirft den Betrachter
auf sich selbst zurück.

3.1 Performanz des Versagens

Anfang der 1980er Jahre entsteht mit “Beholden to Victory” (1980–
1982), “Jail. Jail” (1982) und “Sunnyside High” (1983) eine lose Serie
von Videoarbeiten, welche sich durch eine intrinsische Fehlerhaftigkeit,
affektive Schadenfreude und karikierende Überzeichnungen auszeich-
net. Anders als das Mangelhafte der etwas früher entstandenen Post-
kartenprojekte spricht Tony Conrad im Kontext von “Beholden to Vic-
tory” nun von scintillating failures und macht damit jenes celebrity-artige
Funkeln explizit, das gewöhnlich mit dem Blitzhagel der Filmkameras
assoziiert wird. Scintillating failures deuten auf jene neue Medienpraxis,
hin, die durch camp- und genreartige Elemente Einzug ins Schaffen

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des Künstlers finden. Diese befördern Artikulationsformen, welche ge-
meinsam mit teils sinnentleerten Tropen der Kunst- und Medienkritik
auftreten. Die Sprache vermittelt dabei nicht mehr nur als kommuni-
katives Werkzeug die Inhalte oder ermöglicht den Austausch, sondern
sie wird selbst zur Kunstform.359 Bereits 1976 erkennt Tony Conrad
in den unterschiedlichen Wahrnehmungsformen von Film und Video
dialogische “justification of the representational function as a coherent
communicative form”, wozu er weiter ausführt:360
     This peculiar communicative versatility of film and video demands a special
     sort of attention. As it would seem that there is a reason for concern regarding
     cognitive deficiencies in the ordinary language where it is used as a vehicle for
     careful analytical discourse, it would be most interesting to discover ways of
     using film or video as contexts for communication in substantively extended
     languages. Put another way, is it possible to devise settings within these media
     for the articulation of cognitively cogent statements which are intrinsically in-
     capable of being written down?361

Die hier greifbare Verschränkung von geschriebener Sprache und
medialer Artikulation meint in den frühen 1980er Jahren zugleich
aber auch eine Kritik gesellschaftlicher Regulierungsroutinen, deren
Wirkmacht sprachbasiert durchgesetzt wird. Es kommt, anders als es
die glamouröse Oberflächenästhetik der makellosen Fernsehindustrie
(scintillating failures) suggeriert, zu Fehlern. Vorgeschobene Machtges-
ten und Herrschaftsansprüche werden willkürlich unterlaufen, wenn
Tony Conrads Soldaten in “Beholden to Victory” (1980) die militä-
rische Ordnung chaotisch durcheinander bringen,362 das Gefängnis
zum Jahrmarkt der Travestie verkommt (“Jail. Jail” 1982) oder die
Schule zum Ort pubertierender Erinnerungen der Erwachsenen wird
(“Sunnyside High”, 1983).363
     “Failure“, erklärt Tony Conrad später, “is the most trying teach-
    364
er”. Dabei erinnert die Schulmetaphorik an die Erläuterungen des
ebenfalls in allen drei Projekten involvierten Mike Kelley, der die in-
nere Dynamik der foul perfection, also der tölpelhaft verfehlten Per-
fektion, ebenfalls aus dem hierarchischen Gefälle zwischen Eltern und
Kindern sowie Lehrern und Schülern bezieht. Diese wird im Moment
des Scherzes umgekehrt.365 Zwar dekliniert Mike Kelley, zumal in Zu-
sammenarbeit mit Paul McCarthy, diese Themen körperlich sehr viel

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expliziter im Sinne einer subversiv-sexuellen Haltung durch als Tony
Conrad, aber es finden sich deutliche Parallelen.366
      Das Wechselspiel zwischen sprachlichem Formalismus und ges-
tisch-rhetorischen Unpässlichkeiten ist im “Jail. Jail”-Fragment besonders
greifbar.367 Während pragmatische Analysen der Macht soziale Inter-
aktionen, das Wirken von Autorität oder institutionellen Hierarchien
aufdecken, eignen sich Tony Conrads (gefallene) Heldinnen auch hier
omnipräsente Unterwerfungsgesten lediglich gestisch an.368 “As the
power of the given facts tends to become totalitarian”, schreibt der Künst-
ler in De-Authorizing World Civilization, “to absorb all opposition and to
define the entire universe of discourse, the effort to speak the language
of contradiction appears increasingly irrational, obscure, artificial”.369
      Wie wichtig das prozessuale (Wi(e)der)-Sprechen um 1982 insge-
samt ist, verdeutlicht auch das POINT BLANK-Projekt, welches das video-
grafische Set verlässt und als Performance-Serie an die Öffentlichkeit
tritt.370 Der Künstler initiiert eine “series of discussion and seminar
meetings”,371 in der es darum geht, gemeinsam mit anderen “to occupy
the site of discourse as an artistic understanding”.372 Das Sprechen über
(Kunst) wird zum künstlerischen Akt und Produkt.373 Das Grundin-
teresse besteht “in destroying the hierarchy of these meta-technologies“,
in deren Folge neue “technologies of thought organization” entstehen,
“which all depend on differentiation, [and] become perverted”.374

3.1.1 Beholden to Victory (1981–1983)

Der Rohschnitt zu “Beholden to Victory” entsteht im Sommer 1980
während Tony Conrads Lehraufenthalt in San Diego und reagiert
auf die lokale Militärpräsenz.375 Das Genre der Army-Parodie imitie-
rend,376 entwickelt sich das Stück prozessual, intuitiv und in situ, ohne
zuvor allzu klar definiert zu sein. “Beholden to Victory”, erinnert sich
der Künstler später, das intrinsisch Fehlerhafte vorwegnehmend,
    was shot in Super-8, under amateurish conditions, so there are also technical er-
    rors in a number of scenes. Moreover, in spite of the detailed analysis of spatial
    priorities and the precision of my directions to the actors, I achieved virtually
    no analysis of the temporal flow or sequencing of the film’s events, other than
    the sketchy internal narrative logic that obtained within each scene, I had no

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     clear understanding of how the scenes themselves should be patched together
     in sequence.377

Campusgebäude werden zu militärischen Schauplätzen: Eine verlas-
sene Baracke dient als Lager, Schulräume suggerieren eine Kaserne,
Maschendrahtzäune mit und ohne Graben markieren militärisches
Terrain und Schutzzonen. Im Hintergrund steigt die karge Hügelland-
schaft von La Jolla (CA) empor.378 Die uniformierten Studenten treten
in mangelhafter Feld(-ver-)kleidung auf und werden so zu Soldaten
und Unteroffizieren. Sie stehen unter der Führung des Oberstabsfeld-
webels Mahony.379 Es mangelt an allem, vor allem an körperlicher und
sozialer Haltung. Der Dreh verkommt zum performativen Spiel, das
eher den Regeln eines Gesellschaftsspiels als jenen ernsthafter Film-
produktionen folgt,380 auch wenn es mitunter schwer fällt, zu erken-
nen, wo genau die Freiwilligkeit der Handlung einsetzt, welche nach
Johan Huizinga „innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit
und Raum nach freiwillig angenommenen, aber [gemäß] unbedingt
bindende[r] Regeln verrichtet wird“.381

Abbildung 19: T. Conrad: Beholden to Victory (1981/1983).

Ähnlich wirken die impliziten Spielregeln von “Beholden to Victory”,
auch wenn der narrative Ablauf durch eine Liste an Negationen (Ver-
boten) geregelt wird:382 keinerlei narrative Stringenz, keine Ordnung,
kein Zoomen, kein Schwenk und der Blick streng hierarchisch von
oben.383 Verfehlungen bleiben als sichtbarer Unterbruch (Schnittfolge)
präsent, denn der “direction attempted [had] to be formulaic rather
than authoritarian”, so der Künstler.384 Das bleibt nicht ohne Fol-
gen, sodass einerseits der gesamte Film, wie auch sein Trägermedium
(Super-8), amateurhaft wirken.385 Andererseits zeigen sich überall Feh-
ler: Die Soldaten haben ihren Bewegungsapparat so wenig im Griff wie

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Performanz des Versagens                                                             75

den Sitz ihrer Uniformen [BtV #03:11# – #03:51#]. Sie verstehen nichts
von Respekt im Umgang mit ihren Vorgesetzten oder ganz generell von
Ordnung [BtV #04:39#]. Sie bringen ihr Materiallager durcheinander
[BtV #01:02–1:55#], bewerfen den Sergeant mit allerlei Schrauben,
Tischtennisbällen und anderen Kleingegenständen [BtV #01:50#]
oder verhöhnen ihn mit infantilen Fingergesten [BtV #01:59#]. Wäh-
rend der Unterrichtseinheiten fliegen Papiergeschosse, die Soldaten
lesen Sad-Sack-Comics [BtV #07:49#]386 und albern sinnlos herum,
statt den sachgerechten Umgang mit Waffen zu trainieren. Sie spielen
mit Gewehrattrappen verwundeter Soldat [BtV #05:37# – #06:38#],
simulieren Selbstverletzungen und lassen Konditions- sowie Orientie-
rungsläufe zu Hampelmann-Spielchen verkommen.387 Das unstruktu-
rierte Herumalbern spiegelt die willkürliche Führung wider. Mahony,
der Kopf der undisziplinierten Truppe, lässt die militärische Rhetorik
der Befehlssprache zu gebrüllten Lauten verkommen (“hey, hey, hey…”
[BtV #00:24#]; [BtV #03:21#]) und schildert Kriegssituationen un-
sachgemäß als vokale Lautmalerei (“ratatatata…” [BtV #08:49#]).388
Als Disziplinierungsmaßnahme wird den Soldaten mit einem Tisch-
tennisschläger der Hosenboden versohlt, wobei der Bruch mit sozialen
Konventionen an die künstlerische Trotzhaltung des Creeps erinnert,
über die Henry Flynt 1962 geschrieben hatte:
    ‘Creepiness is disvalued […]. At the best, the creep is pitted as a cripple, a victim
    of an unprogressive social order to be cured.’ Adult human values are hegemonic
    in society, and childhood is an imperfect or low form of adulthood, a stage in a
    process – if carried out ‘correctly’ by educational instructions – of molding people
    into this form (a process of becoming adult). From such a conventional point of
    view, a creep is the result of an unsuccessful process of education, maturation,
    and enculturation: a scandalous or pitiable failure, a social abortion.389

Abbildung 20: T. Conrad: Beholden to Victory (1981/1983).

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Trotz der konsequent unprofessionellen Machart folgt das heutige Nar-
rativ von “Beholden to Victory” einem geradezu klassischen Ablauf:
Zunächst erkunden die Soldaten ihr Feldlager; es folgt das Aufgleisen
einer militärischen Operation, deren physische Vorbereitung in sinn-
losen Grabenkämpfen trainiert wird. Die intellektuelle Schulung der
Truppe erfolgt mittels Overhead-, Film- und Fernsehprojektionen,
deren Found-Footage die Lageeinschätzung unterstützt. Fern der Zi-
vilisation werden im freien Feld Überlebensstrategien erprobt und Ob-
servatorien erkundet, bevor der ersehnte Feldurlaub beginnt und die
Soldaten ihr Zuhause in Augenschein nehmen. Die Heimkehr wird
per Funk angekündigt:
     Boy, oh Boy! I’m coming home! I can’t believe I got a break! It has being so long
     out here. … Boy, that train out home is gone be terrific. …My buddy is feeling
     very far. I have invited him home. Is that ok? …Boy, oh Boy! I can’t wait. [BtV
     #17:09#]

In einer viel zu kleinen Wohnung erwarten eine alkoholsüchtige
Mutter, gespielt von Barbara Broughel, ein eifersüchtiger Vater und
Geschwister den erwachsenen Sohn und seine Kameraden. Eine Mi-
schung aus körperlicher Anziehung, Leidenschaft und verachtungsvol-
ler Ablehnung prägt die angespannte Stimmung.390

Abbildung 21: T. Conrad: Beholden to Victory (1981/1983).

Zu den Schlüsselmomenten gehört eine Sequenz von Mike Kelley und
Tony Oursler, deren slapstick-artiger Charakter einen künstlerisch
bleibenden Wert beansprucht. Die beiden Kameraden haben sich vom
Rest der Truppe abgesondert und versuchen nun, sich alleine durchzu-
schlagen. Aus Angst vor Sergeant Mahony läuft Mike Kelley Chaplin-
like kontinuierlich im Kreis,391 während Tony Oursler versucht, die
Spuren zu verwischen.392

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Immer wieder beginnen die beiden neue Sätze oder Handlungen, ohne
diese zu Ende zu führen. Situativ verkehren sie das Begonnene ins Gegen-
teil und unterminieren damit jede narratologische Stringenz.393 So wird
greifbar, was Elisabeth Sussman 20 Jahre nach “Beholden to Victory” (1983)
über Mike Kelleys Arbeitsweise im Allgemeinen festhält, wenn sie schreibt:
    The projects cohere around an intention or structure – itself based on an absurd
    but explainable logic – which is created to be exploited, repeated, disobeyed,
    parodied, or improvised with. All or many of Kelley’s quasi-logical systems are
    brought to bear on an almost conventional litany of themselves, standard obses-
    sions of American society: religion, national history, art, notions of the body,
    adolescence, average family relationships, sexual identity. The artist stages a
    persistent attack on these loaded subjects, wanting to save them from routine
    liberal understanding […]. Almost lately a moralist, Kelley only confronts so-
    cial norms by exposing their ridiculous foundations. The site from which he
    launches his deconstruction is the place that mostly lofty Western philosophies
    and religions want to disclaim, repress, or absolve. It is low, class based, sopho-
    moric, and apparently the locus of failure.394

Bei einer weiteren Expedition mimt Mike Kelley den quengelnden Solda-
ten, der mit Hauptfeldwebel Tony Conrad militärische Anlagen inspiziert.
Kelleys alberndes Verlangen, pinkeln zu gehen, gleicht einem verun-
glückten Sprachspiel, welches die phonetische Nähe zwischen der mili-
tärischen Bezeichnung des Fußvolks (engl.: infantery) sowie der Soldaten
(engl.: infant) und dem Wort infant (Kind) aktiviert. Diese sprachliche
Nähe wird etwas später in der Videoarbeit “Teddy Tells Jokes” (1980)
offenkundig, in welcher der Sohn des Künstlers in Kniestrümpfen und
einer Pseudouniform auf dem Klavier sitzt und improvisierte Witze er-
zählt. Er hat sichtlich Spaß am viel zu großen Helm, der Krawatte und
dem Holzstab, der sein Gewehr repräsentiert. Endlich kann er einmal
von oben herab, wie ein Erwachsener, Regie führen, Regeln erteilen.

Abbildung 22: T. Conrad: Teddy Tells Jokes (1980).

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Beide Arbeiten, “Beholden to Victory” und “Teddy Tells Jokes”, un-
terlaufen gesellschaftliche Regulierungsorgane, die soziale Disziplin,
Ordnung sowie die Vorstellung von Gehorsam.395 Tony Conrad geht
es an keiner Stelle um Kriegserfahrungen,396 weder um historische,
noch um aktuelle: Sein virtueller Gegner Mexiko ist “so chosen for its
weakness”.397 Hinzu kommt die lokale Nähe, die einen Krieg/Über-
fall als umgangssprachlichen Scherz erscheinen lässt. Die tatsächlichen
Grenzkonflikte zwischen den USA und Mexiko werden an keiner Stel-
le thematisiert. Als amerikanische Militäreinsätze Anfang der 1990er
Jahre an Absurdität und Brutalität gewinnen, zieht Tony Conrad zu-
nächst die Werkversion “Combat Status Go” (1981) des “Beholden to
Victory”-Zyklus zurück, bevor er um 2006 auch den Titel “Hail the
Fallen” aufgibt.398

Abbildung 23: T. Conrad: Lafayette Square (1991).

Mit der Videoarbeit “Lafayette Square” (1991) unterstreicht er, sechs
Tage vor der Kapitulation Iraks bei der zweiten großen Militäraktion
(“Desert Storm”) im Zweiten Golfkrieg (1990–1991),399 seinen Pro-
test. Er filmt eine der lokalen Demonstrationen und bereitet diese für
das Fernsehen in Buffalo auf.400
     Anders als heute, existieren in den 1980er Jahren also unterschied-
liche Versionen von “Beholden to Victory”, deren Datierung, Bezeich-
nung und Realisationsform variiert. Das mehrfache Zurückgreifen auf
das gleiche Material verdeutlicht die experimentelle Suche nach einer
geeigneten Werkform, welche die “conception of the viewer as an active
contributor” berücksichtigt.401 So erklärt Tony Conrad:
     ‘Combat Status Go,’ ‘Beholden to Victory,’ and ‘Hail the Fallen’ are scintil-
     lating failures – they transfer the Officer attitude effectively to the audience.
     The normally-ductile viewer (complicitous with the narrative) responds ap-

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Performanz des Versagens                                                      79

    propriately with contempt for the film on the basis of their disapprobation of
    the childlike Soldier characters. Some viewers who were actual war veterans,
    though, reported that the demeaning atmosphere of the film was accurate.402

3.1.1.1 Hail the Fallen (1981)

Die Urversion von “Beholden to Victory” ist mit dem antiquierten Ti-
tel “Hail the Fallen” überschrieben und setzt auf die doppelte Meta-
phorik des Hail, das als religiöse Grußform (Hail Mary/Ave Maria)
aber eben auch als geächteter Nazigruß bekannt ist. Der Zusatz “the
Fallen” deutet das Scheitern, den Mangel und die Fehlerhaftigkeit
an. Gegenüber “Beholden to Victory” (1983) zeichnet sich “Hail the
Fallen” durch drei grundlegende Differenzen aus: Erstens verwendet
“Hail the Fallen” das gesamte Filmmaterial des Rohschnitts. Zwar
kann die exakte Abfolge der Einzelsequenzen frei variiert werden, weil
jeder Schnitt sowieso Resultat der fehlerhaften Produktion ist, aber in
“Hail the Fallen” sollten alle Sequenzen unzensiert sichtbar werden.403
Die endlose Struktur unterstreicht zweitens den Aspekt der Dauerhaf-
tigkeit, welcher bei einer Gesamtdauer von circa 180 Videominuten
– unstrukturierten Materials! – an Tyrannei grenzt.404 2004 spricht
Tony Conrad der Dauerhaftigkeit zwar phänomenologisch die Funk-
tion zu, “the inverse of memory“ zu sein,405 aber letztlich führt das Mo-
ment der unabsehbaren Dauer zum Scheitern.406 Drittens teilt “Hail
the Fallen” das Publikum in zwei hierarchisch variierende Betrachter-
gruppen, Soldaten nämlich und Offiziere, wobei die Rollen beim Ein-
treten frei gewählt werden. Pseudomilitärische Utensilien erleichtern
den Zuschauern die Identifikation mit der Rolle.407
      Die drei Aspekte der freien Kombinatorik der Einzelsequenzen, der
daraus resultierenden Dauerhaftigkeit und die Aufteilung des Publi-
kums werden bei der Eröffnungsausstellung der Overduin & Kite Ga-
lerie 2007 (Los Angeles) erneut angewandt. Wie bei “Hail the Fallen”
werden alle verfügbaren Takes (diesmal computergeneriert) ausgespielt
und das Publikum kann zwischen unterschiedlichen Betrachterposi-
tionen wählen. Allerdings sind die Ränge diesmal mit Defenders und
Civilians angeschrieben. Auf militärische Utensilien und den Original-
titel wird verzichtet. Das Gefühl der Endlosigkeit soll an die Willkür,
die Orientierungs- und Planlosigkeit der Dreharbeiten erinnern. Die

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Differenz zwischen improvisierendem Spiel und militärischer Strin-
genz erklärt Tony Conrad dabei zunächst als
     no conceptual meaning which had to do with the editing. I didn’t believe that
     the material should be structured at all. So I liked the presentation in about 2007
     in California, where the piece was displayed from a computer. The computer
     chooses each sequence and integrated the different sequences once after another.
     So there were four different choices which had to be done at each branch: the
     piece could be very long or very short. It could even go to loop.408

Bis 2003 ist der Titel “Hail the Fallen” noch im Umlauf. Zwar verwen-
det Tony Conrad primär den Titel der editierten Videobandversion
(“Beholden to Victory”), aber gleichzeitig benennt Mike Kelley das
Stück gelegentlich noch als “Hail the Fallen”. Die historische Demar-
kationslinie, an welcher der ursprüngliche Titel (“Hail the Fallen”)
definitiv aufgegeben wird, kann deshalb so genau auf das Jahr 2003
datiert werden, weil sie sich beiläufig in Mike Kelleys Buchprojekt Mi-
nor Histories (2003) eingeschrieben hat; 409 später finden sich ähnliche
Hinweise noch einmal in der Buffalo-Heads-Publikation, welche zu-
dem “Combat Status Go” erwähnt.410

3.1.1.2 Combat Status Go (1981)

Expliziter noch als bei “Hail the Fallen” zieht Tony Conrad bereits
Anfang der 1990er Jahre die Version “Combat Status Go” (1981) zu-
rück. “[D]umpish operations”, wie etwa die Invasion der US-Truppen
in Panama (“Operation Just Cause”) und der Zweite Golfkrieg (1990–
1991), lassen die strategische Distanz zur Realität schwinden.411 Rol-
lenspielartige Settings mit militärischer Metaphorik sollen nun nicht
mehr an den Bereitschaftsmodus des Gefechtes (engl.: combat) erin-
nern und die Aufmerksamkeit der Betrachter adressieren, die im Skript
ursprünglich noch sehr explizit ausgeführt werden:412 “Combat Status
Go” erklärt Tony Conrad hingegen zum Entstehungszeitpunkt,
     has a game, not a story – the game of an Officer and a Private. The Officer may
     use harsh language, for instance, while the Soldiers have no names. But the
     rules are for the viewer: as you watch, You see interpretations of the rules, played
     by real people, with room for the audience to play, too. The war film genre
     context is a conceit which functions to label the roles as heroic; what reduces

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Performanz des Versagens                                                         81

    heroism to irony is not the nerdiness of the heroes, but the attitude of contempt
    that is induced within the audience.413

Der Wechsel vom Heroischen, als einer ästhetisch überkommenen Kate-
gorie, zum Ironischen, als aktuellem Regime, wird in der Ausstellungs-
praxis als dialogisch-interaktive Struktur präsentiert, welche die aktive
Teilhabe fordert. “The idea”, schreibt der Künstler, “that a film (video-
tape) should or could manipulate viewer attitudes in this way is novel
and perhaps un-judicious”.414 Während hier deutlich die Beschäftigung
mit psycho-physiologischen Theorien greifbar wird, die Tony Conrad
im Rahmen seiner Videoprojekte “Knowing with Television” (1983),
“Height 100” (1983) aber auch der Performanceserie “Sound Advice”
(1985) weiter verfolgt, zeigt sich im weiteren Verlauf der Aussage jener
Ermächtigungs- und Aktivierungsgedanke, der werkmonografisch bis
zu den Public-Access-Aktionen der 1990er Jahre verfolgt werden kann. Er
fordert auf einer ganz fundamentalen Ebene die Teilhabe und Teilnahme
der Gesellschaft (sc. Fernsehzuschauer). So erklärt der Künstler weiter:
    A corresponding problem in literature concerns the unlikeable protagonist,
    who makes the book unlikeable too. However, the idea here was to open a
    pathway into a new (and more dignified) culture, in which the viewer is aware
    of efforts to sway their attitudes, and respects (in return) opportunities which
    are afforded for them to control these affinities themselves. […] The director
    must protect his friend the Soldier from the baleful and obscenely intrusive
    gaze of the ogling Audience.415

Die hier greifbare Konzeption eines aktiven Betrachters kann an Chris-
tian Metz’ Erläuterungen zur gegenläufigen Struktur der An- und Ab-
wesenheit von Zuschauern und Schauspielern im Film erinnern,416 die
in “Jail. Jail” um die Differenz zwischen fiktivem Spiel und der Realität
pluraler Rollen/Charaktere ergänzt wird.

3.1.2 Jail. Jail (1982) / WiP (2012)

Ein knappes Jahr nach “Beholden to Victory” installiert Tony Con-
rad in seinem Studio in Buffalo eine Gitterkulisse mit drei Zellen und
beginnt das Videoprojekt “Jail. Jail”.417 Konzeptionell und inhaltlich
führt “Jail. Jail” die Prinzipien von “Beholden to Victory” weiter und

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modifiziert sie: Spiel und Regelhaftigkeit werden expliziter aufeinander
bezogen als zuvor und der Sprache kommt eine tragendere Funktion
zu. Die maskulinen Soldaten weichen weiblich transvestierten Inhaf-
tierten418 und an die Stelle der militärischen Befehlssprache, der kör-
perlichen Ertüchtigung und der handgreiflichen Disziplinierungen tre-
ten sexuell aufgeladene Kommunikationsformen, (pseudo-)erotische
Beziehungen und ausgiebige Rituale der Körperpflege. Gelegentlich
wird das Spiel durch das Wachpersonal durchkreuzt. “Concerning the
plot”, erklärt Tony Conrad,
     there are basically two roles: the guard and the prisoner. The guard was more
     difficult to set out. Concerning the prisoners there were many generic scenes,
     which could happen in a Jail-Movie, like the prisoners would swab the floor.
     They go to bed, and so on … very typical scenes. One scene even takes place at
     the laundry – because the family of one of the staff had a laundry.419

Abbildung 24: T. Conrad: Jail. Jail (1982).

Wie in “Beholden to Victory” geht es in keiner Weise um einen doku-
mentarischen Blick auf die Realität US-amerikanischer Gefängnisse,
sondern um suggestiv-metaphorische Assoziationen.420 Neben Bar-
bara Broughel, Tony Billoni, Chris Hill, Mark Oursler und weiteren
Künstlerinnen treten erneut Mike Kelley und Tony Oursler in Erschei-
nung.421 Im Modus des Freiheitsentzugs beschnuppern,422 betatschen
und begreifen sich die Gefangenen gegenseitig durch die Gitterstäbe,
ziehen sich an oder aus und kommunizieren in einer sexualisierten
Parallelsprache (Ghettoslang). Ihre Langeweile vertreiben sie sich mit
allerlei Animalischem.423 Als zentrales Gestaltungsmoment fungiert
die Kleidung, wobei die Performanz der Travestie an Judith Butlers
Erläuterungen zur Geschlechtsidentität erinnert: „Indem die Travestie
die Geschlechtsidentität imitiert“, schreibt Butler,

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Performanz des Versagens                                                       83

    offenbart sie implizit die Imitationsstruktur der Geschlechtsidentität als sol-
    cher wie auch ihrer Kontingenz. Tatsächlich besteht ein Teil des Vergnügens,
    das Schwindel-Gefühl der Performanz darin, daß man entgegen den kulturel-
    len Konfigurationen ursächlicher Einheiten, die regelmäßig als natürliche und
    notwendige Faktoren vorausgesetzt werden, die grundlegende Kontingenz in
    der Beziehung zwischen biologischem Geschlecht (sex) und Geschlechtsidenti-
    tät (gender) anerkennt. Statt des Gesetzes der heterosexuellen Kohärenz sehen
    wir, wie das Geschlecht und die Geschlechtsidentität entnaturalisiert werden,
    und zwar mittels einer Performanz, die die Unterschiedenheit dieser Kategori-
    en eingesteht und die kulturellen Mechanismen ihrer fabrizierten/erfundenen
    Einheit auf die Bühne bringt.424

Diese Sachverhalte lassen sich im Rohschnitt zu “Jail. Jail” in ihrer
praktischen Anwendung am explizitesten nachvollziehen.425 Im Wech-
selspiel zwischen Kleidung, Gestik und Sprache entwickelt sich eine
repetitive Struktur, die den Fokus in einigen Szenen deutlich auf die
Sprachebene richtet. Fortwährend wiederholen die Gefangenen die
immer gleichen Wörter, Phrasen oder imitieren Sätze des Vorredners,
auch wenn die Intonation variiert oder die syntaktische Struktur der
Sätze verschoben wird.426 Die Relevanz der sprachlichen Wieder-
holung hat sich sogar in den Titel eingeschrieben, denn das Wort
“Jail” wird explizit verdoppelt.427
     Statt eines festgelegten Skripts, dessen Text eintrainiert und
möglichst perfekt gefilmt werden könnte, wiederholen die Schau-
spieler den Text des jeweils anderen aus der Erinnerung. Die Trans-
kription erfolgt erst im Nachhinein.
     Meisterhaft beherrschen Mike Kelley und Tony Oursler das
stagnierende Spiel der sich selbst perpetuierenden Sprache.428 Im
Moment der Wiederholung kommt es zu improvisatorischen Varia-
tionen. Die Sprache wird zur Schnittstelle zwischen der Vergangen-
heit, also dem eben Gesagten, und der Gegenwart, zwischen Aktu-
alität und Erinnerung.429 Die hier greifbare Ambivalenz erinnert
an Gilles Deleuzes Erläuterungen zu Differenz und Wiederholung,
in denen es heißt: „Alle Identitäten sind nur simuliert und wie ein
optischer ‚Effekt‘ durch ein tieferliegendes Spiel erzeugt, durch das
Spiel von Differenz und Wiederholung“.430 Im sich wiederholen-

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den Spiel von “Jail. Jail” steht die Differenz allerdings zugleich für
einen Mangel, einen Sprachfehler und mithin einen Regelverstoß,
der durch den spezifischen Austragungsort wiederum überhöht
wird. Denn schließlich markiert das Gefängnis in der modernen
Disziplinargesellschaft den Ort des disziplinarisch geahndeten
Regelverstoßes.
     Die semantische Überlagerung von Regulierungsorgan (Gefäng-
nis), Regelverstoß (Travestie, Sprachspiel) und iterativer Memorie-
rungsarbeit (Performanz), kann in dieser abstrakten Form auch an
Jacques Derridas Herleitung (der Funktion) des Archivs erinnern, in
welcher es gleich zu Beginn heißt:
     Arché, entsinnen wir uns, benennt zugleich den Anfang und das Gebot. Dieser
     Name führt augenscheinlich zwei Anfangsgründe zusammen zu einem: den
     Anfangsgrund nach Maßgabe der Natur bzw. der Geschichte, da, wo die Din-
     ge ihren Anfang haben – als physischer, historischer oder ontologischer An-
     fangsgrund –, aber auch den Anfangsgrund nach Maßgabe des Gesetzes, da,
     wo Menschen und Götter gebieten, da, wo die Autorität, die soziale Ordnung
     geltend gemacht wird, an jenem Ort, von dem her die Ordnung gegeben wird,
     der normologische Anfangsgrund.431

Dass der kreative Spalt, welcher sich in “Jail. Jail”, im Unterschied zum
Archiv, durch die sprachliche Differenz innerhalb der formalisierten
Wiederholung öffnet, nicht zufällig erfolgt, sondern konzeptionell an-
gelegt ist, verdeutlichen auch die Skripte zum Projekt: Zur künstleri-
schen Iteration des szenisch gesprochenen Textes soll der maschinelle
Text/Klang eines Sprachroboters (Kurzweil-Maschine) hinzukommen,
welcher die unmittelbar nach der Aufnahme transkribierten Passagen
erneut vorlesen und die Differenz in der Nachbearbeitung medial
überhöhen soll.432
     Um die Szenen direkt transkribieren zu können, arbeitet Tony
Conrad im Positivverfahren, welches auf das zeitaufwendige, chemi-
sche Entwickeln der Filme verzichtet und eine direkte Wiedergabe er-
möglicht.433 Das “Jail. Jail”-Typoskript zeichnet sich durch einen auf-
fälligen Kopfteil (Header) aus, der jeder Seite vorangestellt ist.

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Abbildung 25: T. Conrad: Jail. Jail. Typescript (1982, S. 1).

Seite eins beginnt mit den Worten “I’m going to start by pronouncing
each letter of the alphabet, correctly”. Danach folgt in Gemeinen und
Versalien das Alphabet, sodass der Eindruck eines sprachlichen Justie-
rungsaktes entsteht.434 Auch die Folgeseiten zeigen zuoberst grafisch
auffällige Textblöcke. Sie erinnern an Sprachspiele und lassen die akus-
tische Störung des Bandsalats (Transportfehler) bei analogen Audio-
abspielgeräten assoziieren. Beim lauten Vorlesen wirkt es, als teste Tony
Conrad die Emotionsfähigkeit der Maschine.
     Dem Text haftet damit auch etwas von jenem tippenden Selbstbe-
wusstsein an, welches der Künstler in einem Gespräch mit der Filme-
macherin Ericka Beckman erwähnt, wenn er die gesprochene von der
maschinengeschriebenen Sprache unterscheidet. Die maschinelle Spra-
che charakterisiert er als “sort of […] the analytic voice, that’s involved
from moment to moment in typing”.435 Während Ericka Beckman
im Unterschied hierzu die “[s]ort of a collective consciousness behind
typing” hervorhebt,436 hält Tony Conrad fest:
     when I’m typing for example I realize that I am typing. I said I was typing for
     myself, but in a way it’s the special self-awareness where I’m including all kinds
     of audiences within myself. I can feel myself doing that a little bit in the con-
     versation because we’re typing and I feel like I have to sort of retreat a little bit
     and think about […] who that audience is out there, you know. Well, it’s you,
     Willie, in spite of the fact that you aren’t even here.437

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Unter den schwarzweißen Filmaufnahmen hebt sich eine farbige Se-
quenz ab, in welcher das rhetorische Konzept der Wiederholung (und
Differenz) besonders greifbar wird. Die benachbarten Gefängniszellen
erscheinen als bunter Beauty-Salon hinter Gittern, der von einer un-
gewohnten Fülle an Personen bevölkert ist.438 Diese kämmen, mani-
küren und schminken sich in einer derartig überdrehten Form, dass
die Kamera (Tony Conrad) zum sprunghaften Suchen verführt wird.
Das gestische Spiel der sinnentleerten Phrasen verselbständigt sich zum
schemenhaften Selbstzweck und erreicht seinen Höhepunkt, als ein
gutes Dutzend Friseurinnen und Maskenbildnerinnen mit wedelnden
Bürsten und Perücken durch die Gitterstäbe eine Welle inszenieren.

Abbildung 26: T. Conrad: Jail. Jail (1982).

Als Tony Conrad das fragmentarisch gebliebene Projekt 2008 fertig
stellen möchte, kommt dem Spiel aus erinnernder Wiederholung und
situativer Iteration eine zentrale Funktion zu: “the main focus in this
piece“, erinnert sich Tony Conrad,
     really was on the language level. I wanted to play with speech. People should
     try to repeat all the same sentence but in a different way again and again. And
     I wanted to later play with that text. I really wanted to see what they do out of
     it. Later I wanted to transcribe everything and show it to them and say: play
     that again, or play that different, … switch sentences from one character to
     another etc. But the result would depend a lot of the persons. Mike [Kelley] or
     Tony [Oursler] where very good in remembering things and they would repeat
     the text in a different way. Also Tony Billoni could remember things very good.
     In other cases I picked certain phrases up and we played it again and again.439

Die ehemaligen Schauspieler sollen 2008 in die noch immer existen-
te Gefängniskulisse zurückkehren und aus dem Gedächtnis das Stück
dort fortführen, wo es ein Vierteljahrhundert zuvor stehengeblieben
war. Am Ende sollen die historischen Aufnahmen mit aktuellen kom-

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biniert werden, wobei die sprachlichen Varianzen, Erinnerungslücken
und die natürliche Alterung der Protagonisten vermutlich das Moment
der Differenz unterstrichen hätten.
     Zeitliche Verzögerungen, Mike Kelleys Freitod (2012) und markt-
strategische Entwicklungen verändern zwischen 2011 und 2012 die ge-
plante “Jail. Jail”-Fortsetzung,440 sodass im Januar 2013 in New York
eine Galerieversion präsentiert wird, welche zwar in der Kulisse des
teilweise originalen Zellensets präsentiert wird, aber künstlerisch wie
inhaltlich eine deutlich andere Sprache spricht: 441 Die zwischenzeitlich
digitalisierten und von Joe Gibbons neu editierten Filmfragmente wer-
den auf die Rückwände hinter und neben den Zellen projiziert und mit
dem narrativen Werktitel “Women in Prison” (2012) versehen.442 Hin-
zu kommt ein Beleuchtungskonzept, das Tony Conrad als Relais zur
Erinnerung beschreibt, denn die historischen Aufnahmen werden erst
sichtbar, wenn das Licht ausgeht. Wenn das Licht eingeschaltet wird,
verstummen die projizierten Bilder der Vergangenheit (fading out).443 “I
also put a flickering light in play” erklärt der Künstler,
    See, in this dark room, when the light goes off, you see the past, and when the
    light goes on, you see the present […]. It’s hard not to be infected by the pres-
    ent, when the light is… on. When the light is on, the present is really forced
    upon you. But when the light is off the movie becomes much stronger.444

Trotz der historischen Bestandteile fällt es bereits 2013 schwer, im säu-
berlich re-installierten Environment von “Women in Prison” (2012)
das ehemalige “Jail. Jail”-Setting (1982) zu erkennen, das sich visuell in
diverse Videoarbeiten der 1980er Jahre eingeschrieben hat.445 Während
2013 allerdings zumindest über das Beleuchtungskonzept das Moment
der Erinnerung noch präsent ist, weicht auch dieser Aspekt in der wei-
teren Ausstellungsgeschichte. So passt sich “Women in Prison” 2014
für die Wiener Präsentation dem diaphanen Raumkonzept des Ausstel-
lungspavillon an und präsentiert „eine Installation, die um sein [Tony
Conrads] analytisches Interesse an den Strukturen von Macht kreist
und sich mit Begrifflichkeiten wie Isolation und Transparenz auseinan-
dersetzt“.446 Obgleich sich der Akzent, zumal gegenüber der fragmen-
tarisch gebliebenen Urversion, erneut verschiebt und an die Stelle der
situativen Spielpraxis (1982/2008) und der Erinnerung (2012) nun die
Transparenz (2014) tritt, erwähnt der Künstler in den Erläuterungen

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zur Ausstellung erneut die Bedeutung der Sprache: “because I like the
idea that language lasts longer than people or space”.447 Die ehemalige
Relevanz der (gesprochenen) Sprache und ihr performativer Charak-
ter liefern also nicht nur 2011 wichtige Anknüpfungspunkte, sondern
haben bis heute eine gewisse Relevanz bewahrt. Ihr intensionales wie
auch historisches Rückgrat bildet Anfang der 1980er Jahre das Galerie-
und Performance-Projekt POINT BLANK (1982–1985).

3.1.3 Point Blank (1982–1985)

POINT BLANK bezeichnet einerseits einen Ausstellungsraum, den Tony
Conrad zwischen Oktober 1983 und April 1984 in der New Yorker
151 Ludlow Street als Galerie anmietet, andererseits heißt so auch eine
Reihe an diskursiven Performances, welche teilweise öffentlich mit
Künstlerkollegen aufgeführt wird. Während dieser Gesprächsrunden
treten die Figuren in festen Rollen auf. Tony Conrad (Albertine [Tina]
Volley) und Barbara Broughel (James Fall) nehmen die Position von
cross-gendered identities an. Als Veranstalter eröffnen sie die Sitzungen
mit einem dialogischen Prolog, der formal regulierend den Argumen-
tationsrahmen (“site of discourse”) absteckt. Erst nach dieser Einfüh-
rung wird das Gespräch für weitere Akteure geöffnet: 448 Chris Hill
thematisiert als Pamela Chairhut die Funktion der Sprache und deren
bindenden Charakter (language as vessel), Robert Rayher fügt sich in
die Figur des M. C. Chairhut, der versucht, als Theoretiker die Fäden
des Diskurses zu ordnen.449 Die Polyphony der Sprach(-Macht-)spiele
lässt die unterschiedlichen Argumente als “a kind of composite” er-
scheinen, “in which the composite is a representation of what it is that
is being comprised by the gestalt of the discourse”.450
     Im Unterschied zur konzeptuellen Strenge der Diskursstrategie bei-
spielsweise der Künstlergruppe Art & Language (1966–1976), welche
bereits eineinhalb Dekaden früher sprachbasierte Kommunikationsfor-
mate zum Gegenstand ihrer künstlerischen Praxis erhoben hat, lädt
Tony Conrad Anfang der 1980er Jahre gezielt narrative Störenfriede in
seinen Palast der Fehler ein.451 Sie sollen die Ordnung des akademischen
Diskurses stören. So einigen sich die Redenden in Philocognosy darauf,
dass ihr Vorgehen “has to be in disagreement, right? It has to be dif-

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ferent, it has to be inconsistent; it has to maintain that distance, because
that distance is how it’s like art”.452 Und in “Art and the Virtual/Palace
of Error” erläutert Tony Conrad, dass es wichtig sei, “to revise all of the
great intellectual traditions of Western culture, including psychoanaly-
sis, literature, linguistics, metaphysics – down the line – basically with
the interest of not so much protecting these disciplines as throwing them
out”.453 Wird Joseph Kosuth 1976 noch von Art & Language ausge-
schlossen, weil er gegen den selbstauferlegten Ehrenkodex der Künstler-
gruppe verstößt, begrüßt POINT-BLANK willentlich hervorgerufene Ab-
weichungen oder Brüche.454 Anlässlich der MINDFRAMES-Retrospektive
betont Tony Conrad erneut, dass das Ziel darin bestanden habe,
    to give it a centrifugal spin away from the relativistic core of poststructura-
    lism, we adopted a pantheon of fictional theorists, whose individual ideas could
    develop variously in different directions. We also needed to escape the gravi-
    tational pull of the real, and this we did by inaugurating a realm called the
    virtual, into which the unresolvable, the liminal and the ineffable, and aporias
    within the discursive identity of the group as artists, might be cast.455

Logische Stringenz sucht man vergeblich. Die metaphorischen Wert-
schöpfungsketten laufen absichtlich ins Leere, was im zweiten Teil der
später als Videoarbeit publizierten Diskussion “Palace of Error” beson-
ders anschaulich wird. Hier verlassen die Künstler hüpfend “the site of
discourse”.456 Unmittelbar davor überlegt Barbara Broughel im Aus-
tausch mit Keith Sanborn:
    Values are the product of metaphor. In the contact between the structure of our
    unconscious, metaphor, and the real world, metaphor is the technology of the
    creation of values. The interaction between value and metaphor is the source
    of differentiation, perversion, and of authority. The metaphor and the value
    should be in-interactive within one image – like intra-interactive within one
    image. The imagination checks the rein of value; like fascism is like a slightly
    organized mass. The unimaginative value is desire; the dead value is desire. Fas-
    cism is motivated by possession and then remaining at the site of the possession
    to ensure bondage of the idea.457

Genau dieses Gedankenband (“bondage of the idea”) wird später mit
dem Begriff der Philocognosy belegt, welcher die Liebe zu den Gedan-
ken an die Stelle der Philosophie (Liebe zur Weisheit) setzt:458 “Rather
than use the term philosophy, love of wisdom“, heißt es entsprechend,

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