VISION 2018 für eine Junge Schweiz - 2012 Sommerakademie Engelberg Thomas Kessler www.entwicklung.bs.ch - Infoklick.ch

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VISION 2018
   für eine
Junge Schweiz

             2012

   Sommerakademie Engelberg

        Thomas Kessler

     thomas.kessler@bs.ch
     www.entwicklung.bs.ch
VISION 2018 für eine Junge Schweiz - 2012 Sommerakademie Engelberg Thomas Kessler www.entwicklung.bs.ch - Infoklick.ch
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Inhaltsverzeichnis

VISION 2018 für eine Junge Schweiz                        3
Themenfelder und Ziele                                    4
 1. Junge Politik                                         6
 2. Familie                                               6
 3. Gesundheit und Lebensgefühl                           7
 4. Raum und Natur                                        7
 5. Bildung                                               8
 6. Partizipation und Mitverantwortung                    9
 7. Integration und Chancengleichheit                    10
 8. Internationale Solidarität                           10
 9. Gesetzliche Grundlagen                               10
10. Bundesamt für Familie, Kinder und Jugendliche        11
11. Sicherheit und Finanzen                              11
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                            VISION 2018
                     für eine Junge Schweiz

Die Perspektiven der Jungen sind derzeit unklarer denn je; die Welt ist im Umbruch.
Finanzkrisen, Staatsbankrotte, „Fukushima“, Umwälzungen in Arabien und
Naturkatastrophen ergänzen die stillen Skandale wie Hunger im Süden oder globales
Artensterben. Umgekehrt bieten neue Technologien im Norden und steigende
Alphabetisierung in der Dritten Welt Chancen. Wir wollen in dieser komplexen Welt
der Schweizer Jugend in Solidarität mit allen Menschen bestmögliche Perspektiven
bieten.
Dazu dient diese VISION 2018 mit der Idee der "Jungen Schweiz" im Zentrum. Das
Papier soll zu Diskussionen anregen und zu konkreten politischen Initiativen führen.
Nicht nur die Kinder- und Jugendpolitik soll dynamisch und innovativ sein, die ganze
Schweiz soll ihr grosses Potenzial für eine beispielhafte Zukunftsgestaltung erkennen
und schon heute die Herausforderungen und Chancen mit mutigen Entscheiden
angehen. Das Erfolgsmodell "Schweiz 1848" soll 2018 mit neuer Frische nach innen
und aussen strahlen und einen wegweisenden Beitrag zur Lösung der globalen
Probleme leisten.
Die grossen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Problemstellungen erfordern
generell eine positive, neugierige und gestaltungsfreudige Grundhaltung, welche
Krisen als Chancen begreift und den Blick frei hält auf die vielen Möglichkeiten, der
Entwicklung eine gute Wende zu geben. Die politische und gesellschaftliche
Tendenz zur "mentalen Altersresidenz" soll mit einem "visionären Jungbrunnen"
überwunden und mit einem gemeinsamen Aufbruch in die Zukunft ersetzt werden.
Die persönlichen und gemeinsamen Träume sollen in der Schweiz gelebt werden
können; das Lebensgefühl soll getragen sein von Freude und gelebter Solidarität im
In- und mit dem Ausland.
Mit einer Politik für die Jungen soll die Schweiz für alle jung werden und fit für die
Zukunft.
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Themenfelder und Ziele
Die angestrebten Ziele, Forderungen und Indikatoren für 2018 lassen sich nach
Themenfeldern wie folgt zusammenfassen:

Junge Politik
− Die Schweiz versteht sich Schicksalsgemeinschaft, welche die Menschenrechte
  konsequent beachtet und der Bildung, der Entwicklung des Wohlstands und der
  Schonung der Natur hohe Aufmerksamkeit schenkt.
− Wir leben 2018 in einem lebensfrohen, dynamischen Land mit intakten
  gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Zukunftsperspektiven.
− Das soziale Leben ist geprägt von Mitmenschlichkeit, Mitverantwortung, Mit-
  erziehung von Kindern und Begegnungsfreude.

Familie
− Die Schweiz betreibt eine moderne Familien-, Kinder- und Jugendpolitik.
− Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist gewährleistet; familienunterstützende
  und -ergänzende Angebote stehen in ausreichendem Umfang zur Verfügung.
− Familien mit Kindern werden auf nationaler und kantonaler Ebene unterstützt.
− Die Bedingungen für das Aufwachsen junger Menschen werden auf der Basis
  regelmässiger landesweiter wissenschaftlicher Erhebungen zur Situation der
  Familien optimiert.

Gesundheitsförderung und Lebensgefühl
− Gesundheitsförderung und Prävention verstehen sich als Aufgabe aller Personen,
  Organisationen und Einrichtungen, die sich mit der Erziehung, Bildung, Betreuung
  und Förderung von Kindern befassen.

Raum, Energie und Natur
− Der unverbaute Raum ausserhalb bestehender Bauzonen ist geschützt; neue
  Lebens- und Arbeitsformen senken den Bedarf an Raum und Mobilität.
− Die Biodiversität (biologische Vielfalt) wird erhalten und gezielt gefördert.
− Der CO2-Ausstoss und die Abhängigkeit von Fossilenergie werden deutlich
  gesenkt.
− Die Schweiz besetzt in der Erforschung, Entwicklung und Anwendung effizienter
  und nachhaltiger Energietechnologien (und weiterer zukunftsgerichteten Techno-
  logien) einen Spitzenplatz.

Bildung
− Die frühe Förderung und Chancengerechtigkeit aller Kinder ist gewährleistet.
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− Die Schweiz behauptet in der Bildung in allen vergleichenden Leistungsstudien
  einen Spitzenplatz in den Bereichen Lesekompetenz, Mathematik und Natur-
  wissenschaften.

Partizipation und Mitverantwortung
− Das Recht auf „umfassende Partizipation“ in allen Bereichen und Angelegenheiten,
  von denen Kinder und Jugendliche unmittelbar betroffen sind, wird gewährleistet.
− Die Mitwirkungsmöglichkeiten sind in einem neuen Jugendförderungsgesetz fest-
  geschrieben.
− Das aktive Stimm- und Wahlrecht wird ab 16 Jahren auf nationaler, kantonaler,
  kommunaler Ebene gewährt; Jugendliche übernehmen ab 16 Jahren öffentliche
  Aufgaben.
− Niedergelassene (C-Ausweis) erhalten das Stimm- und Wahlrecht.

Integration und Chancengleichheit
− Die Schweiz betreibt eine aktive Integrationspolitik für Zuzüger und alle
  gesellschaftlichen Minderheiten.

Internationale Solidarität
− Die Schweiz ist solidarisch mit armen Agrarstaaten und öffnet ihnen die Märkte
  (die Schweizer Landwirtschaft wird mit Direktzahlungen gestützt).

Gesetzliche Grundlagen
−   Kinder sind eigenständige Subjekte mit dem Recht auf Förderung und Entfaltung.
−   Die UNO-Kinderrechtskonvention wird vollumfänglich umgesetzt.
−   Der Kinder- und Jugendschutz ist gesetzlich ausgeweitet.
−   Die Kinder- und Jugendförderung stützt sich auf ein fortschrittliches Jugend-
    förderungsgesetz.

Bundesamt für Familie, Kinder und Jugendliche
− Ein Bundesamt für Familien, Kinder und Jugendliche sorgt für eine kohärente
  Familien-, Kinder- und Jugendpolitik mit richtungsweisender Impulswirkung auf die
  Kantone.

Ressourcen und Finanzen
− Die Militärpflicht wird durch einen Solidaritätsdienst für alle ergänzt (Modell Pierre
  Maudet).
− Die Staatsschulden werden kontinuierlich abgebaut.
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1. Junge Politik
Aufgrund der erfreulich langen Phase des Wohlstands und der zunehmenden Le-
benserwartung (demographisch: Alterung) hat sich der Fokus der Politik auf Absiche-
rungs- und Versicherungsfragen ausgerichtet. Ausgebauten Rentensystemen stehen
Defizite in der Familien-, Jugend- und Bildungspolitik und die Übernutzung
natürlicher Ressourcen gegenüber. Die Schweiz soll neu als zukunftsgerichtete
Schicksalsgemeinschaft verstanden werden, die mit weitsichtigen Investitionen in
das Potenzial der 8 Millionen Menschen und ihren Lebensraum einen Spitzenplatz in
der Umsetzung der Menschenrechte, der Bildung, der Entwicklung des Wohlstands
und der Schonung der Natur einnimmt. Die Solidarität mit der Welt soll sich in
gerechten Handelsbeziehungen und mit einem aktiven Beitrag der Schweiz in
multilateralen Organisationen zeigen. Politische Entscheide sollen nach ihren kurz-,
mittel- und langfristigen Wirkungen beurteilt und der freie Gestaltungsraum für die
nächste Generation erhalten werden. Dazu wird eine kompetente Prospektivpolitik
mit den notwendigen Strukturen und einem systematischen Controlling betrieben.

2. Familie
Familie befindet sich in einem steten Wandel. Neben der „Kernfamilie“ mit Vater,
Mutter, ein oder mehreren Kindern unter einem Dach haben sich plurale Familien-
formen entwickelt: Ein-Eltern-Familien, Lebensgemeinschaften mit gemeinsamen
Kindern, Patchworkfamilien, Pflegefamilien, Adoptivfamilien etc. Dieser Prozess
dauert weiter an. Jede Familienform ist prinzipiell in der Lage, gelingendes
Aufwachsen von Kindern zu ermöglichen. Unabhängig von der Familienform ist
entscheidend, dass unter den Eltern und zu den Kindern tragende Bindungen
aufgebaut und gepflegt werden, die Geborgenheit, Sicherheit, Verlässlichkeit, Halt
und Orientierung vermitteln.
Das Wohlbefinden der Familien hängt von vielfältigen Faktoren ab: Bildungsniveau,
Alter, Qualität der Partnerschaft, Einkommen, Wohnquartier, soziale Einbettung,
Grad der Integration, Gesundheit, Verkehrsanbindung, Vereinbarkeit von Familie und
Beruf, familienergänzende Einrichtungen, Schulen mit Ganztagsbetreuung, ausser-
schulische Angebote im Freizeitbereich sowie Einrichtungen der Kinder- und
Jugendkultur. Raumplanung und Stadt- bzw. Ortsentwicklung sind verantwortlich für
eine familien- und kinderfreundliche Umgebung mit ansprechenden Grün- und
Erholungszonen. Politik ist hier gefordert, die ökologische Belastungen der
Gesundheit zu dezimieren.
Die Orientierung von Familienpolitik und Familienrecht „am bürgerlichen Familien-
ideal“ muss überwunden werden; sie darf nicht weiterhin „impliziter Massstab der
Beurteilung des Familienalltags“ sein (Kurt Lüscher). Kinder dürfen nicht zum
Armutsrisiko werden. Deshalb sind Familien mit Kindern auf nationaler und
kantonaler Ebene steuerlich noch stärker zu begünstigen. Nachhaltige Familienpolitik
erfordert in jeder Legislaturperiode unter expliziten Fragestellungen systematische
Erhebungen zur Familiensituation (Familienbericht) auf kommunaler, kantonaler und
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nationaler Ebene mit dem Ziel, die Bedingungen für das Aufwachsen junger
Menschen zu optimieren. Elternbildung und Elternmitsprache sind auszubauen. Um
Eltern mit Migrationshintergrund besser zu erreichen, ist generell eine proaktive
Integrationspolitik umzusetzen; bei Bedarf sind Fachleute wie zum Beispiel
interkulturelle ÜbersetzerInnen (Eidg. Fachausweis) aus unterschiedlichen kulturellen
Bereichen beizuziehen (Dolmetscher genügen nicht). Der Kinder- und Jugendschutz
ist zu intensivieren.

3. Gesundheit und Lebensgefühl
Der Vorentwurf des Präventionsgesetzes bezeichnet „persönliche, soziale, ökono-
mische und umweltbedingte Faktoren, die den Gesundheitszustand des Einzelnen,
einzelner Personengruppen sowie der Bevölkerung bestimmen“ als Determinanten
der Gesundheit, hingegen ist Krankheit „jede Beeinträchtigung der physischen oder
psychischen Gesundheit, die nicht die Folge eines Unfalls darstellt“. Aufgabe der
Kantone ist es, Schülerinnen und Schülern während der gesamten Schulzeit Zugang
zu Schulgesundheitsdiensten zu sichern und dafür zu sorgen, dass Schülerinnen und
Schüler während der gesamten Schulzeit über Gesundheitsrisiken sowie über
Prävention und Gesundheitsförderung aufgeklärt und informiert werden. Es ist nicht
einzusehen, warum nicht auch den Kindern im Vorschulbereich der jederzeitige
Zugang zu den Gesundheitsdiensten eingeräumt wird.
Denn Gesundheitsförderung beginnt bereits mit der Schwangerschaft mit dem Ziel,
Risiken für eine gesunde körperliche, geistige und seelische Entwicklung frühzeitig
zu erkennen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Eine wichtige Funktion fällt
den Hebammen und Kinderärzten zu. Gesundheitsförderung und Prävention können
nicht allein Aufgabe der Schule sein; sie fallen in den Aufgabenbereich aller
Personen und Einrichtungen, die sich mit der Erziehung, Bildung und Betreuung von
Kindern befassen (Eltern, Mütter- und Väterberatung, Eltern-Kind-Zentren, Spiel-
gruppen, Kinder- und Jugendorganisationen, offene Kinder- und Jugendarbeit,
Sportverbände).
Armut und prekäre Lebensverhältnisse, aber auch Arbeitslosigkeit beeinträchtigen
die Gesundheit; sie machen schneller krank und führen oftmals zu psycho-
somatischen Symptomen. Dies gilt es präventiv zu verhindern.
Das Lebensgefühl wiederum wird neben den im Präventionsgesetz genannten
Faktoren von der Grundatmosphäre eines Landes und seiner Gesellschaft sowie
zunehmend mehr auch von der Sicherheit im öffentlichen Raum beeinflusst. Die
Schweiz soll deshalb den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, zukunfts-
gerichtete Innovationen tätigen und sich in der Forschung und Entwicklung an die
Spitze setzen, aber auch in der internationalen Solidarität.

4. Raum, Energie und Natur
Die natürliche Schönheit der Schweiz ist durch die Zersiedelung und Übernutzung
der natürlichen Ressourcen bedroht. Die nächste Generation soll selber über den
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verbleibenden nicht-verbauten Raum bestimmen können und eine möglichst intakte
Natur antreffen. Deshalb soll die "Landschaftsinitiative", welche diesen Raum für die
nächsten 20 Jahre schützen will, umgesetzt werden. In den Wohngebieten ist für
Kinder genügend Erlebnisraum zur Verfügung zu stellen, für Jugendliche auch
ausserhalb der Wohngebiete.
Die Biodiversität, Wasser- und Luftqualität sollen durch eine ökologisch orientierte
Landschafts- und Agrarpolitik sowie durch die zügige Realisierung der 2000-Watt-
Gesellschaft bzw. 1t-CO2-Gesellschaft geschützt und verbessert werden. Die
Abhängigkeit von Fossilenergie und der CO2-Ausstoss sollen bis 2018 durch die
systematische Förderung der Haussanierungen sowie der nachhaltigen Alternativ-
energien in einem ambitiösen, wegen der angestrebten Befreiung von der
Fossilenergie-Abhängigkeit auch strategisch gestützten Grossprojekt, halbiert
werden. Das Potenzial der Sonneneinstrahlung soll bis 2018 auf allen geeigneten
Bauten vollständig genutzt werden (im Kanton BS können so 20% des Strombedarfs
und 60% der Heizenergie gedeckt werden; dies bei lokal wertschöpfenden
Investitionen von CHF 2,3 Milliarden).

5. Bildung
Bildung ist bekanntlich (neben den natürlichen Ressourcen) das Kapital der Schweiz.
Sie ermöglicht die direkte Demokratie und Aufstiegschancen und führt so zu einem
breiten Wohlstand. In Verbindung mit günstigen politischen und rechtlichen
Rahmenbedingungen sowie leistungsorientierten Tugenden schafft Bildung gute
Perspektiven in Forschung und Lehre, Produktion, Dienstleistungen und Kultur sowie
gesellschaftlichen Zusammenhalt. Bisher ist allerdings ein Teil der Kinder von dieser
Chance ausgeschlossen, namentlich solche aus bildungsfernen Familien. Je nach
Indikator starten 20 – 40% der Kinder wegen fehlender Förderung mit Defiziten in
den Bildungsweg und verlassen ihn auch so. Die Ergebnisse der Pisa-Studie
(welche?) haben die Problematik verdeutlicht. Ein Fünftel der Schweizerinnen und
Schweizer und zwei Fünftel der Migrationsbevölkerung verfügen über keinen
Berufsabschluss. Umgekehrt herrscht ein grosser Mangel an qualifizierten
Berufsleuten und ein entsprechend grosser Immigrationsbedarf. Mit früher Förderung
soll das Potenzial aller Kinder entfaltet und Chancengerechtigkeit sichergestellt
werden. Dies bedingt eine flächendeckende Strategie, welche die Verantwortung der
Erziehenden und das Interesse der Gesellschaft an gesunden und geförderten
Kindern optimal kombiniert. Mittelfristig soll die Schweiz so in Bildungsfragen einen
Spitzenplatz einnehmen.
Bildung beginnt mit der Geburt des Menschen, Lernen bereits schon vorgeburtlich.
Neugierde ist der Stimulus für Bildung. Im Wege der Entwicklung der Sinne, der
Motorik, Kognition und Emotivität erobert das Kind die Welt. Dies vollzieht sich
spielerisch und kontinuierlich in einem ganzheitlichen Prozess. Die erste
Bildungsstätte ist die Familie. Sie setzt ein verlässliches Bindungsgefüge voraus. In
Ergänzung zur Familie gelten Kinderkrippen, Tageseinrichtungen, Spielgruppen,
Eltern-Kind-Zentren als Orte frühkindlicher Bildung und sozialen Lernens. Diese
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unterstützen mehr Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit sowie bessere
schulische Startbedingungen für jedes Kind durch individuelle Förderung. Der
sukzessive Ausbau der familienergänzenden Kinderbetreuung ist vordringlich und
verträgt keinen weiteren Aufschub.
Das Tor zur Chancengleichheit für alle Kinder ist verbindliche frühe Bildung und
Sprachförderung sowie der obligatorische Kindergarten (Basisstufe) ab dem fünften
Altersjahr. Die Schule hat darauf hinzuwirken, dass Buben im reformgetriebenen
Bemühen um stets neue pädagogische Konzepte nicht benachteiligt werden. Ohne
die Koedukation in Frage zu stellen, kann Chancengleichheit in den Schulen
verbessert werden, wenn z.B. in den mathematischen und naturwissenschaftlichen
Fächern die Geschlechter (wieder) getrennt unterrichtet werden. Das könnte auch
dazu beitragen, das bislang zu enge Spektrum an Berufswahlmöglichkeiten für
Mädchen zu erweitern. Ähnliches gilt für den ausserschulischen Bereich, der Jungen-
und Mädchenarbeit gezielt unterstützt.

6. Partizipation und Mitverantwortung
Was unter Partizipation exakt zu verstehen ist, erschliesst sich nicht von selbst.
Partizipation kennt verschiedene Formen und Grade der Realisierung. Sie reicht von
Teilhabe, Teilnahme, Anhörung bis zur Mitwirkung und Mitentscheidung unter
gleichen Bedingungen. Orte für Partizipation sind: Familie, familienergänzende Ein-
richtungen, Kindergarten, Schule, Jugendarbeit, öffentlicher Raum, Politik. In der
Familie können junge Menschen in persönlichen Belangen im Rahmen von
Aushandlungsprozessen vermehrt mitentscheiden, in der Schule bedingt, im
öffentlichen Raum zu wenig, wenn überhaupt. Partizipation von Kindern und
Jugendlichen ist in der Bundesverfassung und im neuen Jugendförderungsgesetz
sowie in den kantonalen Gesetzgebungen zur Kinder- und Jugendförderung zu
verankern. Das Recht auf „umfassende Partizipation“ in allen Bereichen und
Angelegenheiten, von denen Kinder und Jugendliche unmittelbar betroffen sind, wird
gewährleistet (Postulat Janiak). Zu diesem Zweck schaffen Bund, Kantone und
Kommunen Gefässe und Formen der Anhörung, Mitentscheidung und Mitwirkung.
Bestehende Gefässe und Formen sind auf nationaler Ebene die Eidgenössische
Jugendsession, auf kantonaler und kommunaler Ebene die Kinder- und Jugend-
parlamente sowie die Kinder- und Jugendversammlungen. Das aktive Stimm- und
Wahlalter mit 16 Jahren ist einzuführen; denn Kinder werden früher Jugendliche und
Jugendliche früher Erwachsene; zudem wird dadurch altersmässig ein kleiner
Ausgleich zum stetig steigenden Anteil von Stimmberechtigten in der zweiten
Lebenshälfte geschaffen. Partizipation von Kindern und Jugendlichen dient der
Einübung und Ausgestaltung von demokratischer Mitverantwortung. Sie ist in allen
Lebenszusammenhängen und Einrichtungen der Bildung und Erziehung sowie in der
ausserschulischen Kinder- und Jugendarbeit zu fördern und in unterschiedlichen
Formen einzuüben. Besonders erfolgreicher Partizipationsmodelle sollen ausge-
zeichnet werden.
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7. Integration und Chancengleichheit
Integration setzt bei Chancengleichheit und Gleichstellung an. Ohne sie ist die
gesellschaftliche Integration junger Menschen kaum möglich. Trotz gesetzlich
geregelter Gleichstellung und bestehender Fachstellen für Gleichstellungsfragen ist
Gleichstellung nicht durchgängig gewährleistet. So verdienen Frauen trotz gleicher
Qualifikation in vielen Branchen immer noch weniger als ihre männlichen
Arbeitskollegen.
Das Schulsystem darf nicht weiter Verlierer produzieren, es muss Durchlässigkeit
anbieten. Damit schafft es Voraussetzungen dafür, dass alle Schulabgängerinnen
und -abgänger einen ihren Fähigkeiten entsprechenden Ausbildungs- und
Arbeitsplatz finden und erweitert gleichzeitig die Berufswahlmöglichkeiten für
Mädchen und Jungen.
Das Potenzial der Zuziehenden soll mit einer systematischen und proaktiven
Integrationspolitik nach dem Grundsatz "verbindlich Fördern und Fordern ab erstem
Tag" entfaltet und genutzt werden; die Motion Fritz Schiesser für ein modernes
eidgenössisches Integrationsgesetz ist dazu möglichst bald umzusetzen.

8. Internationale Solidarität
Für die Entwicklung armer Agrar-Länder sind die Überweisungen von emigrierten
Gastarbeitern und der Zugang zu den Märkten der Industrie- und
Dienstleistungsländer entscheidend. Die Schweiz muss in der Regelung des
Welthandels die bisherige, von landwirtschaftspolitischen Eigeninteressen geprägte
Schutzzollpolitik überdenken und im Spannungsfeld der gegenseitigen Interessen
einen ganzheitlicheren Blick für die Position der armen Länder entwickeln und
entsprechend handeln. Die Schweizer Landwirtschaft ist mit ökologisch orientierten
Direktzahlungen und nicht mit Schutzzöllen zu stützen. Zudem erleichtert die
Marktöffnung der volkswirtschaftlich viel wichtigeren Schweizer Exportwirtschaft den
Aussenhandel.

9. Gesetzliche Grundlagen
Die Ratifizierung der UNO-Kinderrechtskonvention hat zu Anpassungen in der
Schweizer Bundesverfassung, im Zivilgesetzbuch (Kindesschutz, Anhörungsrecht)
und im Jugendstrafgesetz sowie zu Jugendschutzbestimmungen in anderen
Gesetzen geführt. Ein neues Jugendförderungsgesetz muss den Rahmen dafür
abstecken und konkretisieren, wie und mit welchen Mitteln die in Artikel 41
Bundesverfassung grundgelegten Ziele, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung
zu selbstständigen und sozial verantwortlichen Personen zu fördern sowie in ihrer
sozialen, kulturellen und politischen Integration zu unterstützen und entsprechend
ihren Fähigkeiten zu bilden, erreicht werden sollen. Darüber hinaus sollte das Gesetz
notwendige Bestimmungen zu einem erweiterten Kinder- und Jugendschutz
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vorsehen, die über die in anderen Gesetzen enthaltenen Jugendschutzbestim-
mungen hinausgehen, auf diese verweisen und ergänzen. Schliesslich sind in einem
neuen Jugendförderungsgesetz die Mitwirkungsmöglichkeiten von Kindern und
Jugendlichen zu regeln.

10. Bundesamt für Familie, Kinder und Jugendliche
Die Schweiz kennt weder auf Bundes- noch auf kantonaler Ebene eigenständige
Departemente für Kinder, Jugend, Familie und Senioren. Das ist mit ein Grund dafür,
dass jugend- und familienpolitische Fragen erst in den vergangenen zweieinhalb
Dezennien stärker in den Fokus rücken. Wohl ist innerhalb des Eidgenössischen
Departements des Innern inzwischen eine Abteilung entstanden, die sich dieser
Themenbereiche annimmt. Ein wohlhabendes Land wie die Schweiz, bei der sich
analog zu anderen europäischen Ländern ein Rückgang an Geburten abzeichnet,
braucht – um ein deutliches Zeichen zu setzen – ein Bundesamt für Familien, Kinder
und Jugendliche, in dem im Hinblick auf eine kohärente Familien-, Kinder- und
Jugendpolitik verschiedene Politikbereiche zu Abteilungen zusammengefasst wer-
den. Dies hätte eine richtungsweisende Impulswirkung auf die Kantone (s. Ziffer 11).

11. Sicherheit und Finanzen
Sicherheit ergibt sich aus der Summe der Zuwendung, Erziehung, Mitverantwortung,
Perspektiven und Partizipation der jungen und alten Menschen sowie durch die
Kohärenz und Wirksamkeit der Sicherheits-, Familien-, Sozial-, Bildungs-,
Arbeitsmarkt- und Stadtentwicklungspolitik.
Die Sicherheitspolitik der Schweiz zeichnet sich durch das Abbild der Geschichte
aus; einer im europäischen Vergleich grossen Armee stehen Unterbestände und
Lücken bei Polizei und Grenzwache gegenüber.
Neu soll die Militärdienstpflicht ersetzt bzw.         ergänzt    werden    mit   einem
Solidaritätsdienst für alle (Modell Pierre Maudet).
Die staatlichen Finanzen sind in der Schweiz geprägt durch hohe Ausgaben für die
Bedürfnisse der Erwachsenen- und Seniorenwelt, hohe Kosten für die Bewältigung
der Folgen fehlender Integration und Förderung (als Therapie-, Sozial- und Justiz-
kosten), von 120 Milliarden Bruttoschulden und ungenügenden Investitionen in das
Potenzial der Familien, Kinder und Jugendlichen. Bisher wird die Jugendarbeit
jährlich mit CHF 6.5 Millionen und die Integration der 1,6 Millionen Ausländerinnen
und Ausländer mit CHF 14-35 Millionen gefördert. Neu soll in die frühe Förderung
benachteiligter Familien, Kinder und Jugendlichen investiert, ihr Potenzial so entfaltet
und (folgeteuren) Fehlentwicklungen vorgebeugt werden. Damit werden u.a. auch
wesentliche Ursachen der Jugendgewalt angegangen. Zudem sollen die
Investitionen in die Jugendarbeit und Integration von Fremdsprachigen gezielt erhöht
werden, um auch hier die Potenziale ganz zu nutzen und Problemen vorzubeugen.
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Weiter soll die Verschuldung abgebaut werden, so dass die nächste Generation auch
finanziell einen grossen Gestaltungsfreiraum hat.
Visionen                                         6.     Partizipation und Mitverantwortung
                                                 6.1.   Recht auf umfassende Partizipation
                                                 6.2.   Teilhabe, Teilnahme, Mitwirkung
                                                 6.3.   Politische Mitbestimmung
1.     Junge Politik                             6.4.   Aktives Stimm- und Wahlrecht ab 16
                                                 6.5.   Gezielte Kinder- und Jugendpolitik
1.1. Potentiale einer innovativen Schweiz als
     wegweisenden Beitrag zur Lösung
     globaler Probleme einsetzen                 7.     Integration und Chancengleichheit

1.2. Gegenwärtige soziale, wirtschaftliche       7.1. Proaktive Integrationspolitik
     und ökologische Probleme als Heraus-         (Verbindlich Fördern und Fordern ab
     forderung und Chance zur positiven               erstem Tag)
     Zukunftsgestaltung verstehen und nut-
                                                 7.2. Gleichgute Startbedingungen für alle
     zen
                                                      (frühe Sprachförderung)
1.3. Politik für die + mit den Jungen soll sie
                                                 7.3. Durchlässiges Schulsystem ohne
     zur Übernahme von Verantwortung für
                                                      Verlierer
     die Gestaltung der Zukunft befähigen
                                                 7.4. Jede/r hat einen Schulabschluss und
                                                      Ausbildungs-/Arbeitsplatz
2.     Familie                                   7.5. Genderaspekt in Schule, Beruf, Freizeit
                                                 7.6. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
2.1.   Plurale Familienformen
2.2.   Elternbildung
2.3.   Elternarbeit                              8.     Internationale Solidarität
2.4.   Elternberatung
                                                 8.1. Schutzzollpolitik beseitigen zu Gunsten
                                                      der solidarischen Unterstützung der
3.     Gesundheit und Lebensgefühl                    armen Länder
 3.1. Gesundheitsdeterminanten frühzeitig
      erkennen und wirksam reduzieren            9.     Gesetzliche Grundlagen
 3.2. Regelmässige Vorsorgeuntersuchungen
                                                 9.1. Internationale Abkommen
      (Hebamme, Pädiater, Zahnarzt)
                                                 9.2. Bundesverfassung
3.3. Prävention + Gesundheitsförderung
                                                 9.3. Jugendförderungsgesetz
      (Eltern, Kinderbetreuungseinrichtung,
                                                      (Rahmengesetz)
      Schule, Beruf, Freizeit)
                                                 9.4. Zivilrechtlicher Kinder- und Jugend-
 3.4. Gesunde Ernährung, Kleidung, Bewe-
                                                      schutz
      gung, Erholung
                                                 9.5. Strafrechtlicher Kinder- und Jugend-
 3.5. Stärkung des gesellschaftlichen Zusam-
                                                      schutz
      menhangs
                                                 9.6. Erweiterte Jugendschutzbestimmungen
                                                 9.7. Jugendschutzbestimmungen in anderen
4.     Raum, Energie und Natur                        Gesetzen
                                                 9.8. Kantonale Gesetzgebung
4.1. Übernutzung der natürlichen Ressour-
     cen eindämmen
4.2. Umsetzung der Landschaftsinitiative         10. Bundesamt für Familie, Kinder und
4.3. Biodiversität, Wasser- und Luftqualität         Jugendliche
     verbessern                                  10.1. Koordination und Kohärenz
4.4. CO2-Ausstoss bis 2018 deutlich senken       10.2. Richtungsweisende Impulswirkung für
4.5. Verstärkte Nutzung der Sonnenenergie              die Kantone

5.     Früherziehung und Bildung                 11. Sicherheit und Finanzen
5.1. Frühkindliche Förderung                     11.1. Ergänzung der Militärpflicht durch
5.2. Kiga = Basisstufe einführen                       Solidaritätsdienst (Modell Pierre
5.3. Bedarfsgerechte familienunterstützen-             Maudet)
     de und -ergänzende Angebote sowie           11.2. Unterbestände bei der Grenzwache und
     schulische Tagesstrukturen                        Polizei beseitigen
5.4. Durchlässiges Schulsystem ohne              11.3. Investitionen in die Bereiche Sicherheit,
     Verlierer                                         Familien-, Kinder- + Jugendpolitik,
5.5. Übergang Schule – Berufswelt sichern              Integration, Forschung + Entwicklung
     (Jede/r hat einen Ausbildungsplatz)               ökologischer + anderer Technologien
                                                 11.4. Schuldenabbau
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