Wahlen im Jubiläumsjahr Ärzte gegen häusliche Gewalt Post-Apartheid-realitäten 82/14 - Juma Hauser

Die Seite wird erstellt Anne Horn
 
WEITER LESEN
Wahlen im Jubiläumsjahr Ärzte gegen häusliche Gewalt Post-Apartheid-realitäten 82/14 - Juma Hauser
Das SADOCC-Magazin für das Südliche Afrika   82/14

südafrika

Wahlen
im Jubiläumsjahr
ZAMBIA

Ärzte gegen
häusliche Gewalt

FOTOGRAFIE

Post-Apartheid-Realitäten
Wahlen im Jubiläumsjahr Ärzte gegen häusliche Gewalt Post-Apartheid-realitäten 82/14 - Juma Hauser
ft
                                                                      ekny-G                esellscha
                 SADOCC                                    Elfriede P
                                                                                   e  Pekny-Ge
                                                                                                      sell s c h a ft  z ur Förderu
                                                                                                                          (b
                                                                                                                                     ng von
                                                                                                                             enannt na
                                                                                                                                       ch der
                                                                         lf ri e d                                  ic h                       )
                                                                                                                                  lsekretärin
                                                               Die     E                                    te rr e
Das Dokumentations- und Kooperationszentrum Süd-                                            dies in Ös
                                                                    e rn   African Stu                  S A  D O  C   C-Genera           n d e n
liches Afrika in Wien setzt sich für eine solidarische     S o u th                           enen                              CC. Spe
                                                                             4 verstorb                        von SADO
                                                           E nd e 2 0 0                            h e A rm                            tes von
Außen-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik gegenüber
                                                                     r  w   is s e nschaft    li c
                                                                                                                 n d  ig e n Finanzam
                                                                   e                                         tä
den Ländern des Südlichen Afrika ein.                       ist d                            id des zus
                                                                             ut Besche
                                                             können la                         t werden.
                                                                              r abgesetz
SADOCC:                                                      der Steue                                                 2000,
                                                                                           6 0   2 2 4 63, BLZ 1
   Dokumentation und Bibliothek in                                 Kto. Nr. 5
                                                                                     07  8
                                                                                                       7 8602 24
                                                                                                                        63,
   A-1040 Wien, Favoritenstraße 38/18/1                                   N    A T  2 1 1200 050
                                                                   IBA
   (Öffnungszeiten: Dienstag 14.00-18.00)                                            UATWW
                                                                    BIC BKA
   Tel. 01/505 44 84
   Fax 01/505 44 84-7
   URL: http://www.sadocc.at
   das quartalsweise erscheinende
   Magazin INDABA
   monatliche Veranstaltungen
   „Forum Südliches Afrika“
   Stadtspaziergänge „Afrikanisches Wien“                                       Österreichische
   Projekt Schwimmunterricht in Südafrika                                     Namibia-Gesellschaft
Interessierte Einzelpersonen und Institutionen können
                                                                            bemüht sich im Rahmen von
SADOCC durch ihren Beitritt als unterstützende Mit-
                                                                            SADOCC um österreichische
glieder fördern. In der Mitgliedsgebühr von jährlich EUR
22,– (für Institutionen EUR 40,–) sind sämtliche Aussen-                      Solidarität mit dem 1990
dungen und Einladungen enthalten. Das Abonnement                          unabhängig gewordenen Namibia.
von INDABA kostet EUR 13,–.
                                                                                        Aktuell:
Abo- oder Mitgliedsbeitrags-Einzahlungen auf unser                                 Instrumente für
Konto bei der BA-CA, BLZ 12000, Konto 610 512 006,                             Musikschule in Tsumeb
IBAN AT 571200 0006 1051 2006, BIC BKAUATWW;                               Unterstützung für San-Schule
Spenden erbeten auf Konto: Postsparkasse, BLZ 60000,                      (Spenden erbeten auf Konto PSK,
Kto-Nr. 93.009.960., IBAN AT706000000093009960,                               BLZ 60000, Nr. 92.000.111,
BIC OPSKATWW)                                                              IBAN AT696000000092000111,
                                                                                  BIC OPSKATWW )
ACHTUNG - geänderte Postadresse: Wir haben unser
                                                                            Informationsveranstaltungen
Postfach aufgelassen – postalische Zusendungen bitte
nur mehr an A-1040 Wien, Favoritenstraße 38/18/1!
                                                                             Interessierte sind zur Mitarbeit
                                                                                  herzlich eingeladen.
                                                                                         Weitere Infos:
                                                                                 Tel.: (01) 505 44 84 oder
                                                                               E-Mail: namibia@sadocc.at
Wahlen im Jubiläumsjahr Ärzte gegen häusliche Gewalt Post-Apartheid-realitäten 82/14 - Juma Hauser
..................                                                                                                       inhalt

                                                                 3           20 Jahre Freiheit
                                                                             Walter Sauer zur politischen Situation
                                                                             in Südafrika

           Margit Maximilian über die Wahlen                     8

                                            spektrum             10

Peter Jankowitsch über die Unabhängigkeit                        13
                                Namibias

                                                               16            Zambia
                                                                             Gespräch mit dem neuen zambischen Botschafter
                                                                             und Bericht des Linzer Arztes Michael Schober
                                                                             über seinen Einsatz in Lusaka
               Österreich fördert Solarenergie                  18

                  Kolumne von Adalbert Krims                    19

                                                                20           Südafrikanische Fotografie
                                                                             Johannes Siegmund über aktuelle künstlerische
                                                                             Reflexionen

                                                                24           Schöne alte Welt?
                                                                             Gut vermarktete Autobiographien südafrikanischer
                                                                             Gefängniswärter zeichnen ein zu nostalgisches Bild
                Zweite Phase Schwimmprojekt                     27           von Mandelas Kerkerhaft

Impressum: Herausgeber und Medieninhaber (Verleger): Dokumentations- und Kooperationszentrum Südliches Afrika (1040 Wien,
Favoritenstraße 38/18/1). E-Mail: office@sadocc.at URL: http://www.sadocc.at. Druck: RemaPrint (1160 Wien). Papier: Gedruckt auf
chlorfrei gebleichtem Papier. Art Direction: Sander Design (1060 Wien). Layout: Elisabeth Koller. Mitarbeiter/innen dieser Ausgabe:
Bernhard Bouzek, Peter Jankowitsch, Robert Konrad, Adalbert Krims, Margit Maximilian, Walter Sauer, Michael Schober, Johannes
Siegmund, Magdalena Waygand. Fotos: Astrid Esterlus, Ursula Filipic, Peter Lechner/HBF, Sabelo Mlangeni, SADOCC, Walter Sauer,
Michael Schober, SOLTRAIN, www.forgottenkingdomthemovie.com, X Verleih AG, Berlin. Redaktions­schluß dieser Aus­gabe: 10. Juni
2014. Konto: BA-CA, BLZ 12000, Konto-Nr. 00610 512 006 oder PSK, BLZ 60000, Konto-Nr. 93.009.960. Dem Beirat von SADOCC
gehören an: Reginald Austin, Harare/London; Peter Jankowitsch, Wien; Peter Katjavivi, Windhoek; Horst Klein­schmidt, Kapstadt; Shula
Marks, London; Christian Mährdel †, Wien.

INDABA 82/14                                                                                                                           1
editorial            .................

   Liebe Leserinnen und Leser!
      Irgendwie war ich im falschen Land. Und wenn ich den Bericht von Margit Maximilian lese (S. 8),
  dann war offenbar auch sie im falschen Land.
      Beide sind wir aus Südafrika zurückgekommen mit Eindrücken einer sich dynamisch entwickelnden
  Gesellschaft, mit – trotz aller Probleme – viel Optimismus und einer politischen Stabilität, die nicht
  nur in Afrika ihresgleichen sucht.
                      In Österreich wurden wir mit einem ganz anderen Südafrika-Image konfrontiert:
                  alles nur Frustration, Unzufriedenheit, Korruption und Krise.
                      Vielleicht waren die werten Kolleginnen und Kollegen von den
   Indaba
                  Printmedien gar nicht dort? Oder suchten bewußt nach einseitigen
      heißt Informationen?
Neuigkeit             Nur zwei Beispiele. Erstens: „Wiener Zeitung“, 6. Mai 2014,
                  Barbara Ottawa aus Johannesburg. Gleich der Hammer zu Beginn
       oder des Artikels: Auch Nelson Mandela war korrupt – „wie viele im
Gespräch ANC“. Quelle: „Jane, eine ‚Farbige‘ in Südafrika“. Klar, die muß es
                  ja wissen. Dann haben wir noch Aussagen von „Thabang, einem
  Schwarzen, den man durchaus als ‚gut situiert“ bezeichnen kann“ (da schau
  her, solche gibt es auch), von Wayne, einem anderen Schwarzen, „der sich im
  neuen Südafrika sichtlich wohl fühlt“, von einem Tourguide auf Robben Island,
  der auf die scharfen Fragen von Frau Ottawa „ausweichend“ antwortet, und von
  einem Taxifahrer namens Steve. Alle finden sie offenbar, daß Helen Zille von der
  Democratic Alliance eine „Hoffnungsträgerin“ sei, der ANC aber pfui.
      Zweitens: „Presse am Sonntag“, 4. Mai 2014, Regina Strassegger, Afrika-
  expertin der steirischen Konservativen. Ihr Kronzeuge ist ein arbeitsloser Soziologe. Gegenwärtig
  sei es kein Makel, korrupt zu sein, sagt er. Daß (in Zumas Amtszeit!) ein Polizeipräsident verurteilt
  und inhaftiert sowie eine Ministerin unehrenhaft entlassen wurde, daß im Parlament ein amtlicher (!)
  Untersuchungsbericht über die Finanzierung der Privatvilla des Präsidenten diskutiert wird – bitte
  nur keine Details. Auch der „Kumpel“ des Soziologen geht es grob an: „Laß uns einen auf Julius
  Malema heben.“ Immerhin: 2009 hat Strassegger noch COPE als angebliche Befreiungstheologie
  favorisiert; die haben von ihren damals 30 Mandaten jetzt 27 verloren.
      Nun ja, jeder sei ihre persönliche Meinung unbenommen. Nur: Als Leser/in von „Wiener Zeitung“
  oder „Presse“ hat man das Recht auf eine einigermaßen ausgewogene und vor allem realitätsgetreue
  Berichterstattung.
      Wenn es SADOCC gelingt, kurzfristig Gesprächstermine mit Ministern, Unternehmern, Wis-
  senschaftlern usw. zu bekommen, dann wird das wohl auch für die Zeitung der Republik oder das
  bürgerliche Zentralorgan seit 1848 möglich sein. Oder gibt man sich dort absichtlich mit den Aus-
  sagen zufällig getroffener Straßenpassanten zufrieden?

                                                                                Walter Sauer

    2                                                                                             82/14 INDABA
................                                                                            schwerpunkt

ANC eindrucksvoll bestätigt
Aber großer Handlungsbedarf bleibt
Die fünften Parlamentswahlen in der Geschichte des Freien Südafrika verliefen
routiniert und brachten das erwartete Ergebnis. Gleichzeitig wurden Schwächen
 des seit 1994 dominierenden African National Congress deutlich. Reißt die
Parteiführung nun das Steuer herum? Von Walter Sauer.

z   wanzig Jahre Post-Apartheid-
    Südafrika – eine Erfolgsgeschichte
besonderer Art. Dies sagen nicht nur
                                            Qualität des Gesundheitssystems wird den Wahlen vom 7. Mai 2014 hervor
                                            von einer überwiegenden Mehrheit als – unter Einrechnung des ersten freien
                                            besser als früher bewertet,             Urnengangs von 1994 zum fünften
die Berufsoptimisten von SADOCC,            • wurden 4,1 Mio. neue Arbeitsplätze Mal. An zweiter Stelle landete die op-
sondern auch ganz unverdächtige             geschaffen, wenngleich die Arbeitslo- positionelle Democratic Alliance (DA)
Quellen, etwa die Vertretung von
                                            sigkeit noch schneller
Gold­­man Sachs International in Süd­
                                            gestiegen ist.
afrika.
                                                Kein Wunder, daß
     Eine ausführliche Studie der welt- die oppositionelle De­
weit tätigen Investmentberatungsfirma mocratic Alliance – an-
(im Internet abrufbar unter www.sa- sonsten stets bemüht,
goodnews.co.za/images/documents/            internationale Finanz­
gs report - two decades of freedom agen­          t uren gegen die
in sa.pdf) stellte im November 2013 Re­gierung auszuspie­len
die Errungenschaften Mandelas und – den Goldmann Sachs-
seiner Nachfolger zusammen. Dem- Report als ANC-freund- 20 Jahre ANC an der Regierung: Mandela – Mbeki – Motlanthe – Zuma
nach ist seit 1995                         ­lich diskreditier­te, wie
• der Anteil der Analphabeten an der umgekehrt die Regierungspartei im mit 22,23% bzw. 89 Mandaten, an
(stark wachsenden!) Bevölkerung von Wahl­kampf ausgiebig Gebrauch davon dritter die vom ANC abgespaltenen
33,6% auf 19,1% gesun-                                  machte. Auch das Motto Economic Freedom Fighters (EEF),
­ken,                                                   des 20jährigen Jubiläums die zum ersten Mal kandidierten, mit
 • hat sich der Zugang zu                Oft            von 1994 nahm auf die beachtlichen 6,35%. Dahinter weit ab-
 Elektrizität von 58,2% auf        übersehene stolze Erfolgsbilanz Bezug: geschlagen die Inkatha Freedom Party
 84,7%, jener zu Trinkwas-             Erfolge          Südafrika heute sei ein (IFP) sowie weitere Kleinparteien,
 ser von 60,8% auf 73,4%                                besserer Ort zum Leben als inkl. des 2009 international gehypten
 erhöht,                                   am    Ende  der Apartheid – South Africa Congress of the People (COPE) mit
 • sind heute 57% aller Schüler/innen today is a better place to live.              drei und der neu gegründeten Agang
 von den Schulgebühren befreit – 2002                                               SA mit zwei Mandaten. Insgesamt er-
 war es nur ein Prozent,
 • waren im Jahr 2013 ca. 14,6 Mio.      e      in Großteil der Wählerinnen und möglichte das minderheitenfreundliche
                                                Wähler stimmte dieser Erfolgsbi- südafrikanische Wahlrecht dreizehn
 Menschen anstatt vor zwanzig Jahren lanz zu. Mit 62,15% der abgegebenen politischen Parteien den Einzug ins
 nur 2,4 Mio. in Programme der sozialen Stimmen und 249 von 400 Sitzen in Parlament.
 Wohlfahrt einbezogen,                     der National Assembly – der ersten
 • frequentieren 70% aller Haushalte Kammer des Parlaments – ging der
                                                                             a
 öffentliche Kliniken – eine we­sentliche regierende African National Congress
                                                                                        uf den ersten Blick ein sensati­
                                                                                        o­nelles Ergebnis für den ANC,
Steigerung gegenüber 2002 –, und die (ANC) als überragender Sieger aus insbesondere wenn man es mit den Re-

INDABA 82/14                                                                                                   3
schwerpunkt                        .................
sultaten europäischer Regierungspar-
teien vergleicht (zugegeben – die
sind nicht aus Befreiungsprozessen
hervorgegangen...). Die genauere Be-
trachtung läßt freilich Schwachstellen,
ja geradezu Alarmzeichen erkennen,
                                                                            Schulprotest
die hinter den Kulissen zu erheblicher
Betroffenheit führten.                            „Was ist das für eine Gesellschaft, die sich nicht um ihre Jugend küm-
     So betrug erstens die Wahlbe-            mert, die ihre Rechte mit Füßen tritt und in der die Ausbildung schwarzer
teiligung mit 18,6 Mio. abgegebenen           Kinder keine Priorität hat?“
Stimmen zwar immer noch erfreuli-                 Diese Frage stellten wir uns in all den Wochen, in denen an der Sizimisele
che 73,5%, doch hatten sich viele             Technical High School in Khayelitsha (Kapstadt) in den naturwissenschaftli-
Wahlberechtigte, vor allem potentielle        chen Fächern kein Unterricht stattfand. Mehrere Wochen lang sahen wir
Erstwähler/innen (die sog. „born-free“),      keinen einzigen Lehrer. Anfänglich war es wie Ferien, aber bald begriffen wir,
gar nicht registriert; Wahlapathie bei        daß hier etwas völlig falsch lief. Die Prüfungen im Juni kamen näher – wie
jungen Erwachsenen scheint also weit          sollten wir sie bestehen, nach so vielen verlorenen Wochen?
verbreitet.                                       Eines Tages im April marschierten einige hundert von uns zur Schulbe-
     Zweitens brachte das Ergebnis für        hörde von Western Cape. Dort versprachen sie uns, alle Probleme würden in
den ANC einen Verlust von immerhin            der nächsten Woche gelöst, wir würden Lehrer haben, der Unterricht würde
3,75% bzw. 15 Mandaten, während die           wieder beginnen. Aber: Als wir die Woche darauf in die Schule kamen, war-
DA um 4,65% und 18 Sitze zulegen              en wieder keine Lehrer da, und der Tag war wie üblich nur verlorene Zeit.
konnte und Julius Malemas EEF aus                 Wir beriefen eine Zusammenkunft des Representative Council of Learners
dem Stand auf 25 Abgeordnete kamen.           (RCL), des Congress of South African Students (COSAS) und der sozialen
Die von mehreren Seiten teils aus poli-       Bewegung Equal Education ein. Dort beschlossen wir, am nächsten Tag,
                                              dem 6. Mai 2014, in die Stadt zu marschieren und vor dem Provinzparlament
                                              zu demonstrieren. Folgende Forderungen legten wir fest:
                                              • das Education Department sollte Lehrer/innen für unsere Schulen orga-
                                              nisieren, und deren unmittelbare Aufgabe sollte es sein, einen Lehrplan für
                                              die Juniprüfungen zu improvisieren;
                                              • die Schüler der 12. Klasse sollten endlich ihre Mathematikbücher er-
                                              halten,
                                              • die Lehrer/innen sollten ihre Gehälter bekommen, damit sie nicht Arbeit
                                              außerhalb der Schulen suchen mußten, und
Julius Malema: Jetzt Zünglein an der Waage?
                                              • wir sollten Fortschrittsberichte für heuer bekommen.
tischen, teils aus praktischen Gründen            Auch am nächsten Tag waren keine Lehrer da, und so zogen wir in die
angestrebte Verfassungsänderung ist           Stadt, um eine Kundgebung vor dem Parlament zu halten.
für den ANC somit noch schwerer bzw.              Allerdings kamen wir nicht so weit. Wir waren ungefähr 250 und kamen
nur um den hohen Preis der Einigung           gerade bis zum Kapstädter Bahnhof. Dort erwartete uns bewaffnete Polizei.
mit einer der beiden großen Opposi-           Wir fuhren nach Woodstock zurück, aber die Polizei folgte uns und erhielt
tionsparteien erreichbar geworden.            noch Verstärkung. Was als friedlicher Protest geplant war, verwandelte sich
    Drittens – und aus ANC-Sicht              bald in eine Szene, die an die Jugendaufstände von 1976 erinnerte.
wohl am problematischesten – lag                  Viele von uns waren frustriert und verloren jede Hoffnung, daß unsere
die Regierungspartei gerade in den            Probleme je ernst genommen werden würden. Wir waren zornig, weil wir
wichtigen städtischen Zentren des             wie Kriminelle behandelt wurden, und hatten Angst, angesichts der häufigen
Landes weit unter dem Durchschnitt:           Vorgangsweise der Polizei nicht mehr lebend nach Hause zu kommen. Wir
in Johannesburg bei 53,63%, in Tsh-
wane (Pretoria) bei 50,96%, in Nelson
Mandela Bay (Port Elizabeth) gar nur

4                                                                                                     82/14 indaba
. ................                                                                                     schwerpunkt

                                                                                         bei 49,14%, einem Wert, dem die DA
                                                                                         mit 40,16% recht nahe kam. Kapstadt
                                                                                         wählte zu 59,31% ohnehin schon tradi-

  in Kapstadt                                                                            tionell die DA, während
                                                                                         der ANC nur auf magere
                                                                                         32,41% kam.
                                                                                             Die Lehren aus der Schwächer in
 hatten auch das Marikana-Video im Sinn, das wir zwei Wochen vorher                      Wahl liegen somit auf
                                                                                                                       den Städten
 gesehen hatten.                                                                         der Hand:
     Das einzige, was uns in dieser Situation zusammenhielt, war die Kame-               • Gegenüber Jugendlichen erwies sich
 raderie zwischen uns. Es waren auch Schüler/innen aus Klassen dabei,                    die Erfolgsbotschaft der „20 Jahre“ als
 die Lehrer/innen hatten und trotzdem gemeinsam mit uns protestierten.                   wenig wirksam – das seit 1994 mühsam
 An vorderster Front waren die Mitglieder von RCL, COSAS und EE. Und                     Erreichte ist für sie selbstverständlich
 wir waren überzeugt davon, daß unsere Forderungen richtig waren. Wir                    geworden.
 beharrten auf einem Recht, das in der Verfassung festgeschrieben ist: auf               • Arme Bevölkerungsschichten sehen
 dem Recht auf Bildung.                                                                  im ANC weiterhin den Garant für eine
     Mittlerweile haben wir unsere Forderungen durchgesetzt. Heute haben wir             Verbesserung; das trifft sowohl für
 Lehrkräfte, wir haben einen neuen Arbeitsplan. Die Lehrer/innen werden ihre             die ländlichen Regionen zu, in denen
 seit Monaten ausständigen Gehälter bekommen und neue Arbeitsverträge                    Mandelas Partei konstant zwischen 70
 unterschreiben. Wir sind sicher, unsere Fortschrittsberichte zu erhalten, und           und 80 Prozent erzielte, als auch inter-
 auch die Frage der Schulbücher nähert sich einer Lösung.                                essanterweise für die pauperisierten
     Die Regierung von Western Cape brauchte einige Zeit, bis sie auf uns                Townships. Die zahlreichen service
 zukam. Sie hat keine Ahnung davon, was es für unsere Eltern bedeutet,                   delivery-protests dürften hier eher den
 ihre Kinder jeden Tag in die Schule zu schicken, und für uns, nie Ergebnisse            Nichtwähler/inne/n zugutegekommen
 vorweisen zu können.                                                                    sein, den ANC aber nicht wesentlich
     Eines ist sicher: Unsere Rechte sind verletzt worden. Der Staat übt in              geschwächt haben. Ein Beispiel dafür
 Form der Polizei Repression aus, um Proteste und Unzufriedenheit zum                    ist das krisengeschüttelte Bekkersdal
 Schweigen zu bringen. Wir werden die Gesichter der Polizisten nie verges-               im Wahlkreis Westonaria (Gauteng
 sen, die der Meinung waren, es wäre ganz in Ordnung, Schüler/innen zu                   Province), wo der ANC 68% erzielte,
 schlagen und zu stoßen.                                                                 die Wahlbeteiligung aber unter dem
     Aber es gibt auch eine schönere Geschichte zu erzählen, nämlich die                 nationalen Durchschnitt lag. Auch
 von Jugendlichen, die sich für eine gemeinsame Sache zusammenschließen                  die merkwürdige Wahlempfehlung
 und dabei erfolgreich sind. Wir haben es geschafft!                                     der außerparlamentarischen Protest-
     Es ist eine Geschichte der Hoffnung auf bessere Ausbildung, wie sie                 bewegung Abahlali baseMjondolo
 uns von der Verfassung versprochen wird. Die Geschichte menschlicher                    in Kwa Zulu/Natal zugunsten der
 Solidarität, von Menschen, die uns nicht kannten, aber von unseren Proble-              Democratic Alliance – von deren neo-
 men hörten und uns halfen. Es ist eine Geschichte der Tapferkeit: Wir sahen             liberalen Ausrichtung man sich kaum
 unsere Freunde vor den Polizisten stehen und hörten sie sagen, sie würden               Staatsinterventionen zugunsten sozial
 nicht weichen, bis sie gehört worden wären. Das ist unsere Geschichte.                  schwächerer Schichten erwarten kann
                                                                                         – scheint eher zu Lasten der IFP als
                                                                                         des ANC gegangen zu sein.
                                                                                         • Und letztlich: Im urbanen Raum,
       Yonella Vellem, Kedebone Legoale, Lucas Siphelo Ndabeni und Buhle Booi sind       wo weniger die materiellen Nöte als
  Schüler/innen der Sizimisele Technical High School in Khayelitsha und Mitglieder von   medial breit gecoverte Themen wie
          Equal Education. Ihr Bericht erschien im Mail & Guardian vom 23. Mai 2014.     Korruption, good governance und
                                                                                         „weiße Wertvorstellungen“ eine Rolle
                                                                                         spielen, ist die Anziehungskraft des
                                                                                         ANC merklich gesunken. Ein Befund,

 indaba 82/14                                                                                                            5
schwerpunkt                     .................
         der angesichts der 2016 bevorstehen-        für wirtschaftliche Entwicklung; für      Eine zweitägige Tagung des National
         den Kommunalwahlen als durchaus             Finanzen zeichnet nun Nhlanhla Ne­        Executive Committee des ANC im
         kritisch zu bezeichnen sein                             ne verantwortlich, bisher     Konferenzzentrum St. Georges bei
         dürfte.                                                 stv. Minister, während der    Pretoria am 6. und 7. Juni sowie eine
                                                                 als Krisenma­nager renom-     dreitägige Regierungsklausur in der
                                             Lokalwahlen
         w        ie es scheint, zogen
                  zumindest die großen
          politischen Parteien ihre
                                             2016 als Test mierte Pravin Gordhan die
                                                                für die kommunalen Ser-
                                                                viceleistungen zuständige
                                                                                               Woche darauf sollte diesem Ziel dienen
                                                                                               (an beiden konnte Zuma krankheitshal-
                                                                                               ber nicht teilnehmen).
          Lehren aus dem Wahlergebnis – und Corporate Governance übernehmen                        Die Herausforderungen der neuen
          das schnell. Sowohl die DA als auch mußte und als „troubleshooter“ die               Regierung sind nicht nur groß, sondern
          der ANC wechselten ihre als zu kom- verbreiteten Proteste eindämmen soll.            angesichts der im Wahlergebnis
          promißbereit geltenden Klubobleute         Mit dem ökonomisch wichtigen Touris-
          aus (im ersteren Fall handelte es sich mus wurde Derek Hanekom betraut, in
          peinlicherweise um die prominenteste dessen bisheriges Wissenschaftsres-
          schwarze Vertreterin der Partei), eine sort Amtsvorgängerin Naledi Pandor
          verstärkte parlamentarische Konfron- zurückkehrte. Erhalten blieben auch
          tation ist somit zu erwarten, zumal die populären Minister Aaron Motso-
          auch die populistischen EEF für Tur- aledi für Gesundheit, Fikile Mbalula
          bulenz sorgen werden. Auch bei der für Sport oder Blade Nzimande für
          Besetzung der Premierminister in den Höhere Bildung.
          acht vom ANC gewonnenen Provinzen              Auf Kritik stieß hingegen die Über-
          kamen im wesentlichen die politisch nahme des Kulturministeriums durch
                                                                                               St. Georges bei Pretoria:
          stärksten Persönlichkeiten zum Zug den wegen des Marikana-Mas­sakers
                                                                                               Vor dem ANC-Parteivorstand
           – nicht unbedingt Freunde der Par- diskreditierten bisherigen Polizei-
          teizentrale und kaum die eigentlich minister Nathi Mthethwa so­           wie des    sicht­bar gewordenen Defizite auch
          vorgesehenen Frauen.                       Landwirtschaftsministeriums durch         dringend. Angesichts der in vielen
              In der neuen Regierung, die von den Vorsitzenden der Bergarbeit-                 Landesteilen stattfindenden Proteste
                                                     ergewerkschaft, Senzeni Zokwana           gegen schlechte Versorgung mit
                                                     (andererseits sind damit zwei um-         kommunalen Leistungen und lokale
                                                     strittene Persönlichkeiten aus der        Korruption steht eine Neuregelung der
                                                     Marikana-Diskussion entfernt). Ein        politischen und v. a. finanziellen Ver-
                                                     neues Kommunikationsressort unter         hältnisse auf Gemeindeebene an.
                                                     Faith Muthambi soll der Verbesse-             Verstärkt wird es in den kommen-
                                                     rung der PR-Arbeit der Regierung          den Monaten um die Umsetzung des
                                                     dienen. Insgesamt finden sich unter       National Development Plan gehen,
                                                     den 35 Ministern fünfzehn Frauen          eines sehr ambitionierten Reformpro-
                                                     (darunter eine bekennende lesbische       gramms, das sich v. a. der Verbesse-
Troubleshooter in der Regierung: Hanekom und Gordhan Politikerin). Die Koordination der Mon-   rung der Infrastruktur, der Schaffung
                                                     ster-Regierung und somit faktisch die     neuer Arbeitsplätze und der stärkeren
          Staatspräsident Jacob Zuma kurz Funktion eines Ministerpräsidenten                   Positionierung Südafrikas im inter-
          nach seiner eigenen Vereidigung am übertrug Zuma seinem Stellvertreter               nationalen Kräftefeld widmet. Teile
          24. Mai bestellt wurde, spiegeln sich Cyril Ramaphosa.                               des Gewerkschaftsbundes COSATU
          unterschiedliche Tendenzen wider. In                                                 lehnen den NDP zwar wegen gewisser
          der Besetzung der wirtschaftlichen
          Schlüsselministerien herrscht Konti­      v     on einem notwendigen „Neustart“
                                                          der Regierung sprachen nicht nur
          nuität: So verblieben Rob Davies Medien, sondern auch Spitzenpolitiker,
                                                                                               neoliberaler Elemente ab. Gleichzeitig
                                                                                               aber hat COSATU in den letzten Jahren
                                                                                               weniger durch inhaltlich wegweisende
          als Handels- und Industrieminister die zu treffen ich während eines Aufent­          Vorschläge als vielmehr durch Frak-
          und Ebrahim Patel als Ressortleiter halts in Südafrika Gelegenheit hatte.            tionskämpfe (rechtswidrige Entlassung

         6                                                                                                         82/14 INDABA
. ................                                                                                          schwerpunkt

      von Generalsekretär Zvelinzima Vavi,
      gerichtlich rückgängig gemacht) und
      populistische Aktionen (e-toll)
                                                   innenpolitisch kommt eine weitere
                                                    Herausforderung auf den ANC
                                                          bzw. die Regierung zu.
                                                                                          bemerkenswert ist, als die meisten
                                                                                          von ihnen sich mittlerweile vom ANC
                                                                                          losgesagt haben; Lekota ist heute
      von sich reden gemacht.                             Vorwürfe, es habe 1999          führend in COPE tätig, Kasrils Propo-
      Teil des Programms sind ein                         bei der Beschaffung von         nent der Sidikiwe! Vukani!-Kampagne.
      verbessertes System der
                                         Debatte          Militärjets der Firma British   Entscheidungen seien hauptsächlich
                                      um Waffen­-
      Sozialversicherung, das in                          Aerospace erhebliche Geld-      von Modise getroffen worden. Ende
                                         skandal
      Kürze vorgestellt werden                            flüsse zugunsten des ANC        Juli wird die Kommission eine zweite
      soll, sowie ein stärker Fokus                       gegeben, beschäftigen seit      Runde von Hearings abhalten, bei
                                              Jahren die Öffentlichkeit; zahlreiche
                                              diesbezügliche Indizien wurden u.a.
                                              vom früheren ANC-Abgeordneten
                                              Andrew Feinstein zusammengetragen.
                                              Nun fand die erste Runde der Hearings
                                              der Arms Procurement Commission
                                              statt, bei der u. a. der frühere Handels-
                                              und Industrieminister Trevor Manuel,
                                              der kurzzeitige Verteidigungsminister
                                              Mosiuoa Lekota und der frühere stv.
                                              Verteidigungsminister Ronnie Kasrils
                                              aussagten; die Schlüsselperson der
                                              Transaktion, Verteidigungsminister Joe
 Krasse soziale Gegensätze ...                Modise, ist 2001 verstorben.                ... auch in Johannesburg

                                                  Seitens der Streitkräfte war damals
      auf den ländlichen Raum, wo ja nach ein erhöhter Modernisierungsbedarf              denen die Information von Whistle-
      wie vor ein Großteil der Armut und angemeldet worden – das bis 1994                 blowers aufgearbeitet werden soll.
      Marginalisierung vor sich geht.         geltende Waffenembargo hatte die                Zusätzlich schlägt die sich ver-
          Auch das geschwundene Vertrau­ Rüstungsmaschinerie des Apartheid­               schlechternde Wirtschaftslage zu Bu-
      en urbaner Schichten in den ANC soll regimes offenbar doch empfindlich              che. Erstmals seit 2009 schrumpfte das
      wiedergewonnen werden, inkl. das geschwächt. Feinsteins Angaben                     Wirtschaftswachstum im ersten Quar-
      jener prominenter ANC-Kritiker/innen, zufolge (INDABA 77/13) wurde für die          tal 2014 (um 0,6%), wohl auch infolge
      die sich – von Erzbischof Desmond Erneuerung der Luftwaffe zunächst ein             des seit Monaten anhaltenden Streiks
      Tutu bis zu den ehemaligen stellver- italienisches Flugzeug ausgesucht,             im Platinbergbau, der sowohl fehlende
      tretenden Ministern Ronnie Kasrils erst aufgrund erheblichen Drucks                 gesamtwirtschaftliche Verantwortlich-
      oder Nozizwe Madlala-Routledge („Si- durch Modise kam British Aerospace             keit seitens der Gewerkschaften als
      dikiwe! Vukani!-Kampagne“) – gegen zum Zug – mit Gripen-Jägern und                  auch mangelnde Krisenlösungskom-
      Stimmen für den ANC ausgesprochen Hawk-Trainingsflugzeugen, die für die             petenz der Regierung signalisiert (zu
      hatten. Nicht zuletzt geht es natürlich Anforderungen der südafrikanischen          Redaktionsschluß mehrten sich Anze-
      auch um das Schicksal von Jacob Luftwaffe nicht geeignet waren und                  ichen einer bevorstehenden Einigung).
      Zuma, dem zwar „Macherqualitäten“ we­­sentlich teurer kamen als das ita­            Hinzu kommen die bislang ungelösten
      und ein kooperativer Führungsstil lienische Modell. In der Regel wird               „Hausaufgaben“, die auch der zitierte
      zugebilligt werden, dessen Persön- von einem Volumen von 70 Mrd. Rand               Goldman Sachs-Report nicht versch-
      lichkeit wegen ständiger Korruptions- gesprochen, von denen einige hundert          weigt: die ungeheure soziale Ungleich-
      vorwürfe aber umstritten ist.           Millionen an den ANC zurückgeflossen        heit, steigende Arbeitslosigkeit (2013
          Das Szenario eines Wechsels an sein sollen.                                     nach offiziellen Angaben 24,7%, unter
      der Spitze von Staat und/oder Partei        Die von der Kommission be-              Einrechnung derjenigen,
      (Ramaphosa statt Zuma) scheint der- fragten Spitzenpolitiker stellten diese
      zeit nicht undenkbar.                   Implikationen in Abrede, was insofern       => Fortsetzung auf Seite 9

     INDABA 82/14                                                                                                             7
schwerpunkt                    .................
       Big and peaceful
       Wahlimpressionen aus Südafrika
       Große Herausforderungen, aber viel Zuversicht, sie zu meistern – so die
       Bilanz von ORF-Korrespondentin Margit Maximilian nach ihrem Aufenthalt in
       Johannesburg.

       s üdafrika – das ist ein prachtvolles
         Land mit starker Zivilgesellschaft,
    das auch ein zwielichtiger Zuma nicht
                                                 Nkandlagate heute, dem Skandal um und Reiche, Männer und Frauen,
                                                 Zumas mit Steuergeldern vergoldeter Schwarze und Weiße. Wir fragen sie
                                                 Privatresidenz.                         vor der Wahl, am Tag der Wahl und
    so leicht ruinieren könne. So lautete,           „Die Partei des Gestern: Der ANC am Tag danach. Geduldig, meist gut
    grob gesagt, mein Befund bei der             wirtschaftet Südafrika herunter“ so gelaunt, geschwätzig und nur selten
    Wahl 2009. Für viele eine allzu positive     schreibt Bartholomäus Grill                         genervt stehen sie dem ös­
    Einschätzung, keine Frage. Doch war          im Spiegel. Die Afrika-Kor-                         t­­­er­­reichischen Fernsehen
    sie richtig? Ich denke schon. Und jetzt?     respondenten und Spezi-                             Rede und Antwort. Die
    Fünf Jahre später? Natürlich würden          alisten in den deutschen            Medien          meisten wählen entlang
    die Wahlen keinen großen Umsturz             Qualitätsmedien schlagen          berichten         der alten Linien: Weiße
    bringen, das war klar. Doch „20 Jahre        alle in dieselbe Negativ-      meist   negativ      eher die Demokratische
    nach dem Ende der Apartheid“, „ein           Kerbe: „Die Zukunft in der                          Allianz, Schwarze den
    halbes Jahr nach dem Tod Mandelas“:          Schublade: der ANC kann offenbar ANC, Junge manchmal auch eine
    das waren große Daten, die zum Bilan-        machen, was er will, er wird trotzdem der neuen Parteien. Viele der „born
    zieren geradezu herausforderten. Ich         wiedergewählt“ meint Thomas Scheen free“, der Millionen junger Menschen
                      war total neugierig.       in der FAZ, „Mehr Vergangenheit als die selbst die Rassentrennung nicht
                          „Hörst Du Radio?“,     Zukunft: der ANC hat keine Perspektive  mehr erlebt haben, wählen gar nicht.
                      fragt eine Freundin per    für eine Neuorientierung zu bieten“ die „Ich weiß, es ist falsch, nicht hinzuge-
Südafrika auf
dem Abstieg? SMS, einige Tage vor
                      meinem Aufbruch. Ihr
                      Hinweis gilt einer Sen­
    dung auf Ö1, die sich mit der weit ver-
    breiteten Korruption im Land am Kap
    beschäftigt. 45 Minuten lang geht es um
    die „fat cats“, die Superreichen mit ihren
    Luxusschlitten, um die „comrades“,
    die ehemaligen Freiheitskämpfer, die
    sich schamlos bereichern. Mißbrauch
    staatlicher Gelder sei an der Tagesord­      taz. Mit Südafrika geht’s also bergab.    hen, wählen ist unser demokratisches
    nung, heißt es. Alles gehe den Bach          Die Fakten liegen auf dem Tisch, wir      Recht,“ sagt die 21-jährige Reabetswe
    runter, lautet der Tenor. Traurig, denke     alle kennen sie. Also los.                Tlhoaele. Sie trägt einen roten Hut und
    ich. Diesmal würde wohl auch ich nicht                                                 eine schwarze Lederjacke. Mit ihrer
    umhinkommen, negativ zu berichten.
    Alle großen Skandale des ANC habe
    ich schließlich mitverfolgt, vom mil-
                                                 n   och ein wenig benebelt von fast
                                                     9.000 Flugkilometern, über halb
                                                 Europa und ganz Afrika, beginnen
                                                                                           ebenso schicken Freundin sitzt sie
                                                                                           in einem Lokal im betuchten Stadtteil
                                                                                           Melville. Was sie beruflich macht?
    liardenschweren arms deal Ende der           wir Menschen auf den Straßen von          „Nichts“, sagt Reabetswe. „Und wie
    1990er-Jahre (INDABA 77/13) bis zu           Johannesburg anzusprechen. Arme           geht das?“ – „We spend our parents

       8                                                                                                    82/14 INDABA
. .................                                                                                          schwerpunkt

 hard earned money“, gibt sie zurück,     ihnen gelungen. Immer wieder schaltet        vielen berechtigten Massenproteste,
 zuckt mit den Achseln und nimmt einen    SABC in das Sicherheitszentrum,              die nicht aufhören, ja vermutlich jetzt
 Schluck Campari. „Aber ehrlich, ich      die Nachrichten von dort sind gut;           erst richtig aufflammen werden: Die
 glaube nicht, daß meine Stimme einen     bis auf Bekkersdal, einem Township           Menschen in Südafrika haben stets
 Unterschied macht.“                      bei Johannesburg, wo es zu ernsten           mehr geschafft, als man ihnen zuge­
     Am Wahltag bilden sich schon in      Ausschreitungen vor einem Wahllokal          traut hat. Wir hoffen, es bleibt so.
 der Kälte der Morgendämmerung lange      gekommen ist, werden keine Störun-
 Schlangen. „ANC“, sagen die meisten      gen gemeldet. Es gibt keine Unre-
 auf die Frage, wen sie gewählt haben.    gelmäßigkeiten. „Big and peaceful“,          Margit Maximilian ist Mitarbeiterin der
 Noch überwiegt die Dankbarkeit. Und      titelt der Star am nächsten Morgen in        Auslandsredaktion der Zib und Afrika-Ex-
 die Korruption? „Die gibt es doch        riesigen Lettern unter dem Bild einer        pertin. Für den ORF berichtet sie aus vielen
 überall auf der Welt,“ sagt ein junger   Wahlschlange. Die fünfte freie Wahl          Kriegs- und Krisengebieten.
 Mann gereizt. „Das habt ihr in Europa    Südafrikas war friedlich und – ja, man       Buchpublikation: Schrecklich schönes
 doch auch.“ Der staatliche TV-Sender     muß es sagen – fast schon langweilig         Afrika (Wien 2011).
 SABC überträgt den ganzen Tag            normal. Die Wirtschaft freut sich auch,
 über aus allen Teilen des vielfältigen   sie wertet den Sieg des linken ANC als
 Landes. Zuma wählt, Zille wählt, Tutu    Zeichen der Stabilität. Der Rand legt
 wählt. Mangosuthu Buthelezi wählt.       deutlich zu.                                 => Fortsetzung von Seite 7
 Der Vorsitzende der Inkatha Freedom
 Party wird nach der Stimmabgabe von
 der jungen Reporterin gefragt, was er
 denn gefrühstückt habe. Minutiös und
                                          a     m letzten Abend nehmen wir einen
                                                Abschiedsdrink in der Mandela
                                          Square Mall. Vor einem halben Jahr war
                                                                                       die nicht mehr nach Arbeit suchen, je-
                                                                                       doch 35,6%), die nach wie vor extrem
                                                                                       hohe HIV-Rate (4,6 Mio. unter den
 – ob der seltsamen Frage offenbar        der offene zentrale Platz in dem noblen      14-49jährigen), ein chronisch gewor-
 keineswegs irritiert – beschreibt der    Shopping-Center von einem Meer aus           denes Handelsbilanzdefizit, die hohe
 royale Abkömmling des letzten un-        Blumen bedeckt. Heute ist auch diese         Verschuldung gerade der konsumori-
                                          Trauer Geschichte. Nur ein riesiges          entierten schwarzen Mittelschicht oder
                                          Plakat ist geblieben, von dem Mandela        das in ländlichen Gebieten schlecht
                                          weise auf uns herabblickt. Wir bestellen     funktionierende Schulsystem.
                                          eine Flasche Rotwein. Das Lokal ist              Ob und welche Initiativen dies-
                                          schwarz getäfelt, schick und teuer. Es       bezüglich in den kommenden Monaten
                                          könnte überall sein, in London, Paris        gesetzt werden, bleibt abzuwarten.
                                          oder am Wiener Kohlmarkt. Der Kellner        Wohl mit Recht aber schrieb der
                                          ist freundlich. Erst auf den zweiten Blick   kürzlich mit dem Alan Paton Award
                                          fällt auf: seine Haut ist schwarz. Fast      ausgezeichnete Journalist und Bürger-
                                          alle Gäste dagegen sind weiß. Die öko-       rechtskämpfer Max du Preez, zuneh­
                                          nomische Apartheid hat die politische        mend ein Kritiker des ANC, der neuen
                                          abgelöst. „Was wir brauchen ist ein          Regierung ins Stammbuch:
                                          neuer Gesellschaftsvertrag von den                „Fast allen von uns geht es heute
                                          Reichen, egal ob schwarz oder weiß,          besser als 1994, sowohl materiell als
                                          hin zur wirtschaftlichen Umverteilung“,      auch spirituell. Aber wir müssen uns
 abhängigen Zulu-Königs Cetshwayo         sagt der prominente politische Analyst       die Frage stellen, ob wir uns unseren
 seinen bescheidenen Tagesbeginn.         Ebrahim Fakir. Doch er sagt auch:            Potentialen gemäß entwickelt haben
 Buthelezi ist bald 90, er hat es nicht   „Wir können diese Herausforderungen          und ob die Armen und Arbeitslosen
 eilig. Die ersten freien Wahlen vor      meistern. Wir haben eine strahlende          nicht zu Recht zornig und frustriert
 zwanzig Jahren wollte seine nationali­   Zukunft vor uns.“ Nein – trotz all der       sind über die Langsamkeit, mit der sich
 stische Zulu-Partei, gemeinsam mit       enormen Probleme eines großen                ihr Leben seit dem Fall der Apartheid
 den weißen Rechtsextremen, noch          Schwellenlandes, trotz aller Herausfor-      geändert hat.“
 mit Gewalt verhindern. Fast wäre es      derungen der Globalisierung, trotz der

 INDABA 82/14                                                                                                                     9
südliches        afrika       ................
... spektrum ...                            tionen über die Zusammenarbeit der
                                            US-amerikanischen Sicherheitsdien-
                                                                                              Umstrittenes Museum. Am 20.
                                                                                          März 2014 eröffnete Namibias Staats­
                                            ste mit der Apartheidregierung, nicht         präsident Hifikepunye Pohamba das
    USA – Attentat auf Mandela ge-          zuletzt bei der Verhaftung Mandelas           neue Independence Memorial Muse-
plant. Laut Dokumenten, die einem           1962, befinden.                               um in Windhoek. Das riesige Gebäude,
Solidaritätsaktivisten unter dem US-                                                      das die historische Skyline der Altstadt
amerikanischen Freedom of Informa-                                                        von Windhoek zerstört, wurde ebenso
tion Act zugänglich gemacht wurden,                                                       wie die neuen Denkmäler des nami-
war Nelson Mandela bei seinem ersten                                                      bischen Unabhängigkeitsführers Sam
Besuch in den Vereinigen Staaten akut                                                     Nujuoma und des Völkermordes von
von einem Attentat bedroht.                                                               1904 von nordkoreanischen Architek-
    Mandela, der im Juni 1990 eine                                                        ten errichtet. Die Ausstellung, die eine
der ersten Auslandsreisen nach seiner                                                     bestehende Schau in der Alten Feste
Freilassung in die USA unternahm,                                                         ergänzt, trägt laut ersten Berichten
galt dort bis 2008 als Vertreter einer                                                    stark propagandistischen Charakter
„terroristischen Organisation“ (INDABA                                                    und bietet eine heroisierende und
80/13). Entsprechend gering war das                                                       weitgehend auf militärische Aktionen
Interesse der Behörden, ihm Schutz                                                        beschränkte Sicht des namibischen
zu gewähren. Als z. B. am 26. Mai                                                         Unabhängigkeitskampfes. Vermutlich
1990 in einer Zeitung ein Leserbrief mit    Erste Rede Mandelas nach seiner Freilassung   leistet sie keinen nachhaltigen Beitrag
den Worten erschien: „Bringt diesen         1990 in Kapstadt                              zur Bewältigung der komplexen nami-
schwarzen Mörder nach Houston,                                                            bischen Vergangenheit.
 und wir werden ihm einen Empfang                 Südafrikas Außenhandel. Saudi-              Der Museumsplan war von Anfang
bereiten, den die Welt nie vergessen        Arabien rückte im Jänner 2014 erstmals        an umstritten, nicht nur aus Denk-
wird!“, wurde zwar eine Untersuchung        zum zweitgrößten Handelspartner               malschutzgründen – 2013 hatte die
eingeleitet, der Absender aber nie          Südafrikas bei den Einfuhren auf und          politisch unkluge und möglicherweise
gefaßt.                                     verdrängte damit Deutschland auf den          auch rechtswidrige Entfernung des
    Nach Geheimdiensterkenntnissen          dritten Platz. An erster Stelle bei den       Reiterdenkmals für Aufregung gesorgt
sollte auf Mandela entweder in At-          Importen liegt nach wie vor China.            (INDABA 79/13). Der Museumsbau,
lanta oder in Miami ein Attentat verübt           Wie Handels- und Industrieminis-        dessen Gesamtkosten nicht bekannt
werden. Dazu kam es zwar nicht, die         ter Rob Davies Anfang April bei der           sind, vermutlich aber immens waren,
von Louis Farrakhan, dem Vorsitzen-         5. Sitzung der South Africa-Saudi             wurde ebenso wie die Ausstellung ohne
den der „Nation of Islam“-Bewegung,         Arabia Joint Economic Commission              Einbindung namibischer Fachleute von
gewünsch­te Begegnung mit Mandela           in Pretoria bekanntgab, hätte sich der        Nordkorea durchgeführt und zeichnet
wurde jedoch verhindert und konnte          bilaterale Handel zwischen 2009 und           sich wie bereits andere Repräsenta­
erst 1996 stattfinden. Den Dokumenten       2013 auf über eine Milliarde Rand ver-        tionsbauten aus dortiger Produktion
zufolge hatte das FBI Zugang zu allen       ­dreifacht. Auch das Handelsbilanzde-         durch fehlende Einbindung in lokale
Reisedaten und Terminen Mandelas –           fizit Südafrikas ist allerdings gestiegen    Bautraditionen aus. Billige und dem
offenbar von einem Informanten aus           (auf 74,8 Mio.), weshalb Pretoria mehr       Klima nicht angepaßte Werkstoffe
dessen engster Umgebung.                     Industrieprodukte nach Saudi-Arabien         werden vermutlich – wie beim sog.
    Das Dokument über die Spio-              exportieren möchte. Dieses wiederum          Heroes' Acre im Süden Windhoeks
nageaktiviäten der USA in Südafrika          möchte verstärkt in Südafrika investie-      bereits sichtbar – in wenigen Jahren
umfaßt 334 Seiten, von denen aller­          ren, wie der saudische Minister Tawfiq       zu Verfallserscheinungen führen. Auch
dings nur etwa die Hälfte der Öffentlich-    Al-Rabiah erklärte. Bestehende Han-          der Standort des Museums, das in
keit zugänglich gemacht wurden – aus         delshemmnisse sollen beseitigt, der          weiter Entfernung von den bevölkerten
„Gründen der nationalen Sicherheit“.         Austausch technischer Fachkräfte v.          Stadtteilen Katutura oder Khomasdal
Es wird angenommen, daß sich unter           a. im Bereich Bergbau soll intensiviert      im v. a. von Touristen und Beamten
den gesperrten Dokumenten Informa-           werden.                                      frequentierten Zentrum angesiedelt

10                                                                                                         82/14 INDABA
...............                                                                               südliches          afrika

                                           Maputo in Moçambique verschifft. „Die     tionsskandal, dem sog. „Cashgate“,
                                           Trans-Kalahari-Eisenbahnlinie wird        er­­schüttert, bei dem ca. 30 Millionen
                                           sämtliche Engpässe aus dem Wege           US-Dollar vom Staatshaus­halt abge­
                                           räumen“, so Mokaila zuversichtlich.       zweigt wurden. Auch Mutharika ist nicht
                                           Die namibische Hafenbehörde Nam­          unumstritten: Er soll nach dem Tod
                                           Port wird zudem Walvis Bay zu einem       seines Bruders versucht haben, das in
                                           „SADC Gateway“ erweitern.                 der Verfassung vorgesehenen Nach-
                                               Die Eisenbahnlinie soll bei dem       rücken der Vize­präsidentin ins Amt der
                                           Mmamabula-Kohlefeld östlich von Ga-       Staatschefin zu verhindern, um selbst
                                           borone beginnen und von dort über die     diese Funktion zu übernehmen. Eine
                                           Hauptstadt parallel zum bestehenden       Untersuchungskommission befand
                                           Trans-Kalahari-Highway verlaufen.         ihn des Hochverrats für schuldig, nun
                                           Von Gobabis aus wird die Strecke nach     genießt er als Präsident aber Immunität
                                           Omitara und Okahandja weiter zu Düne      (Bernhard Bouzek).
Independence Museum und Alte Feste (re.)   7 bei Walvis Bay geführt, wo Botswana
                                           bereits über einen Kohlelagerplatz (dry       Stockender Dialog in Moçam-
ist, wurde kritisiert.                     port) verfügt.                            bique. Die Gespräche zwischen der
     Auch für das Parlament, das bisher        Die Kosten des Projekts werden        Regierung des Landes und der frühe­
im deutsch-kolonialen, mit modernen        auf 15 Mrd. Dollar geschätzt – private    ren Rebellenbewegung Renamo sind
Zubauten ergänzten „Tintenpalast“          Finanziers und Entwickler werden          neuerlich ins Stocken geraten. Nach
angesiedelt war, soll ein neuer Pracht-    allerdings noch gesucht, der Baube-       der bislang letzten Session, die am 9.
bau errichtet werden – wieder von          ginn steht nicht fest.                    Juni im Joaquim Chissano-Konferen-
Nordkorea.                                                                           zentrum in Maputo stattfand, stellte
                                               Malawis neuer Big Man. In der         sich u. a. die Heranziehung interna-
    Trans-Kalahari-Eisenbahn. Über         fünften Präsidentenwahl seit dem          tionaler Beobachter in Konfliktfällen
1.500 Kilometer lang soll die neue         Ende der Einparteienherrschaft in         als Hindernis heraus; ein weiterer
Bahnstrecke zwischen dem Berg-             Ma­­lawi im Jahr 1994 setzte sich         Streitpunkt ist Renamos Forderung
bauzentrum Mmamabula in Botswana           Peter Mutharika gegen die bisherige       nach gleichbe­rechtigter Vertretung in
und dem namibischen Hafen Walvis           Amtsinhaberin Joyce Banda durch.          den Streitkräften und in der Polizei,
Bay werden. Darauf haben sich beide        Der 74jährige Jurist Peter Mutharika      was die Regierung mit Hinweis auf
Länder im Vorfeld des namibischen          erreichte 36,4 Prozent der Stimmen,       den überparteiischen Charakter der
Nationalfeiertages am 21. März ge­         während Joyce Banda nur 20,2 Prozent      staatlichen Institutionen ablehnt.
einigt; das entsprechende Abkommen         auf sich vereinigen konnte. Die Aus-          Im Vorfeld des Treffens hatten
wurde vom Direktor der National            zählung der Stimmen der 7,5 Millionen     Kämpfer der Renamo Fahrzeugkon-
Planning Commission Namibias, Tom          Wahlberechtigten war tagelang von         vois auf der Hauptstraße zwischen
Alweendo, und dem Minister für Mine­       heftigen Auseinandersetzungen und         der Kleinstadt Muxungue und dem
ralien, Energie und Wasserressourcen       gegenseitigen Vorwürfen bezüglich         Save-Fluß angegriffen, wobei zehn
von Botswana, Onkokame Mokaila,            Wahlfälschung überschattet. Mutha­        Menschen ums Leben gekommen
unterzeichnet.                             rika ist der Bruder des im Jahr 2012      sein sollen.
    Jährlich sollen auf der neuen          verstorbenen Ex-Präsidenten Bingu wa          In einer Pressekonferenz erklärte
Bahnlinie 65 Millionen Tonnen Kohle        Mutharika und bekleidete vormals das      der Verhandlungsführer der Regie­
an den Atlantischen Ozean transpor­        Amt des Außenministers. Banda hatte       rung, Transportminister Gabriel Muth-
tiert werden. Botswana verfügt über        als damalige Vizepräsidentin nach dem     isse, man hätte Renamo bereits eine
geschätzte 212 Milliarden Tonnen           Tod von Mutharika 2012 dessen Amt         Reihe von Konzessionen gemacht,
Steinkohle, derzeit würden laut Minister   übernommen und mußte sich nun zum         etwa beim Wahlrecht, offensichtlich
Mokaila allerdings „weniger als 100 Mil-   ersten Mal dem Wählervotum stellen.       jedoch sei man dem Ziel, die bewaff-
lionen Tonnen“ pro Jahr über Durban        Ihre Regierung wurde im vergangenen       neten Konflikte zu beenden, nicht
und Richards Bay in Südafrika sowie        Jahr von einem immensen Korrup-           nä­hergekommen. Renamo, bei den

INDABA 82/14                                                                                                              11
südliches         afrika          ...............
Gesprächen angeführt von der Abge­       kehren zurück, er verliebt sich in eine   keit der Kommissionen gegen Korrup-
ord­  neten Saimone Macuiana, hatte      Jugendfreundin, Dineo, die als Lehrerin   tion und für die Medien soll darüber
eine gemeinsame Pressekonferenz          angestellt ist. Durch sie lernt er die    hinaus garantiert werden.
ebenso abgelehnt wie die Unterzeich-     mystische Schönheit des Landes, das           Der Bericht, der von Abel Chikomo,
nung einer Absichtserklärung, die        er schon halb vergessen hatte, und        Exekutivdirector des Zimbabwe Hu-
Meinungsverschiedenheiten auf friedli-   die Härte des Lebens in den Bergen        man Rights NGO Forum, präsentiert
chem Weg auszutragen. Renamo-            kennen. Eine Reise ins Innere, die der    wurde, bezieht sich auf die Reaktionen
Vorsitzender Afonso Dhlakama lehnte      Film in ruhigen, harmonischen Bildern     der Regierung auf die Empfehlungen
weiters ein persönliches Gespräch        nachzuzeichnen versucht. Auch unser       des Menschenrechtsrates der Verein-
mit Staats­präsident Armando Gue-        diesmaliges Titelfoto ist dem Film        ten Nationen 2011; damals hatte die
buza ab, zu dem die Mediatoren der       entnommen.                                Regierung in Harare 130 Vorschläge
Gespräche geraten hatten, um die                                                   von 177 akzeptiert. Zur praktischen
Si­­tuation zu entspannen.                   Kaum Verbesserung bei Men-            Umsetzung sei allerdings nicht viel
                                         schenrechten in Zimbabwe. Laut            geschehen, so die NGOs.
    Erster Film Lesothos wurde aus-      einem Bericht von Nichtregierung-
gezeichnet. Der in Lesotho und Südaf-    sorganisationen, der Ende März in Geburtstag Mugabes. Seinen 90.
rika gedrehte Streifen „The Forgotten    Harare vorgestellt wurde, macht die Geburtstag feierte Zimbabwes umstrit-
Kingdom“ gewann im April in New          Umsetzung der Menschenrechtsbe­ tener Staatspräsident. Robert Mu­gabe
York den renommierten Haskell Wex-       stimmungen der neuen Konstitu- wurde am 21. Februar 1924 in Fort
ler Award for Best Cinematography.       tion sowie anderer diesbezüglicher Victoria (heute Masvingo) geboren und
Gestaltet von Andrew Mudge (Regie)       Vorschläge kaum Fortschritte. So ist in in der Kutama Mission nordwestlich der
und Carlos Carvalho (Photographie)       der Verfassung die Einrichtung einer Hauptstadt Salisbury (heute Harare)
erzählt der Film die Geschichte eines    National Peace and Reconciliation katholisch erzogen. Im katholischen
jungen arbeitslosen Mannes, Atang        Commission (NPRC) vorgesehen, die Stu­       d entenverband begann seine
Mokoenya, der in einem Township          sich um Vergangenheitsbewältigung Lauf­­bahn. Als Geburtstagsgeschenk
von Johannesburg lebt und in seine       und Versöhnung kümmern soll; die drucken wir ein frühes Foto Mugabes
Heimat Lesotho zurückkehrt, um in        dafür notwendigen gesetzlichen Be­ ab, aufgenommen 1951 bei einer
einem abgelegenen Dorf in den Bergen     stimmungen wurden jedoch nicht Veranstaltung der National Catholic
seinen verstorbenen Vater zu begra-      erlassen. Ebenso wurden
ben. Erinnerungen an seine Kindheit      weder der drakonische
                                         Public Order and Security
                                         Act (POSA) noch andere
                                         Sicherheits­g esetze wie
                                         vorgesehen widerrufen
                                         bzw. novelliert. Maßnah-
                                         men zur Wiederherstel-
                                         lung der Verantwortlichkeit
                                         der Sicherheitskräfte für
                                         Übergriffe und Gewalt-
                                         tätigkeit wurden ebenfalls
                                         keine getroffen.
                                             Die NGOs fordern die
                                           Regierung auf, für die
                                                                     Mugabe: Noch bescheiden im Hintergrund
                                         Zimbabwe Human Rights
                                         Commission ein Sekretariat einzurich- Fe­­deration of Students. Damals lag
                                         ten und die erforderlichen Gesetze für alles – Leistungen und Untaten – noch
                                         die NPRC und den geplanten Gender in der Zukunft...
                                         Council zu schaffen. Die Unabhängig-

12                                                                                                  82/14 INDABA
.................                                                                                               namibia

Peter Jankowitsch zu Namibia
Vor 20 Jahren begann die Unabhängigkeit
Für den 20. März 2014, fast genau zwanzig Jahre nach Beginn des
Übergangsprozesses zur Unabhängigkeit Namibias, hatte SADOCC den neuen
namibischen Botschafter zu einem Vortrag eingeladen. Österreichs früherer
Außenminister Peter Jankowitsch, Ehrenpräsident der Österreichischen
Namibia-Gesellschaft, leitete den Abend mit einem grundsätzlichen Rückblick
ein, den wir im Folgenden dokumentieren.

e    s macht mir große Freude, heute
     Abend den Vortrag von Botschafter
Simon Madjumo Maruta einleiten zu
                                            einen stärkeren Fokus auf diese Re-
                                            gion als auf andere.
                                                Die Anti-Apartheid Bewegung,
                                                                                       und es war in dieser Zeit, daß ich eine
                                                                                       enge persönliche Beziehung zu ihrem
                                                                                       unumstrittenen Anführer, Sam Nujoma,
dürfen, und das hat mehrere Gründe:         auch wenn sie sich in Österreich etwas     und seinen Kollegen wie Ben Gurirab
Der erste ist, daß es mir die Gelegen­      später formierte als in anderen westli-    und anderen aufbaute.
heit gibt, den neuen Botschafter Na-        chen Ländern, hat deshalb Namibia in          Diese Kontakte, wie auch andere
mibias in unserem Land zu begrüßen,         ihre Kampagnen gegen die Herrschaft        mit den Anführern des ANC oder
der erst kürzlich in Wien angekommen        Südafrikas in dieser Region inkludiert.    Persönlichkeiten wie Amilcar Cabral
ist, um sein Land nicht nur in Öster-       Diese Kampagnen wurden, von den            der PAIGC, der Afrikanischen Unab-
reich zu repräsentieren, sondern auch       Vereinten Nationen unterstützt, bald
bei einigen Nachbarländern und vielen       zum Zentrum eines weltweiten Kamp-
internationalen Organisationen des          fes gegen das Apartheid-Regime und
UNO-Systems in Wien, wie der UNIDO,         seine düsteren Einflüsse auf seine
der IAEA und anderen.                       Nachbarschaft, besonders die frühere
     Das sind überaus wichtige Auf-         deutsche Kolonie Südwestafrika.
gaben, bei denen wir ihm viel Erfolg
wünschen!
     Ein weiterer Grund ist das spezielle
Interesse, das viele von uns hier in
                                            a    ls ich in den frühen 1970ern in
                                                 New York ankam als Österreichs
                                            Botschafter bei den Vereinten Na-
Österreich immer für sein Land und          tionen, fühlte ich mich privilegiert, an
dessen Schicksal verspürt haben,            diesem Kampf teilnehmen zu dürfen,
besonders seinen Kampf für Unab-            beginnend in den Jahren, in denen          Maruta und Jankowitsch
hängigkeit und Souveränität im letzten      Österreich zum ersten Mal in den UN-
Jahrhundert, einen Kampf, der eines         Sicherheitsrat gewählt wurde.              hängigkeitspartei von Guinea und
der beschämendsten Kapitel des                  In diesen Jahren war viel Arbeit des   Kap Verde, waren sehr wertvoll, da
Kolonialismus auf dem afrikanischen         Sicherheitsrates dem Kampf gegen           sie intimes Wissen lieferten über die
Kontinent beendete.                         das Apartheid-Regime und seine An-         Probleme, mit denen die Territorien, die
     Dieses Interesse hat historische       hänger in der Region, wie dem Smith-       noch unter Kolonialherrschaft waren,
Wurzeln, die Walter Sauer in seiner         Regime im damaligen Südrhodesien,          konfrontiert waren.
meisterhaften Studie über die Beziehun­     gewidmet. In diesen Bemühungen                 Neben den Vereinten Nationen
gen zwischen Österreich und Namibia         such­­ten wir engen Kontakt zu den         brachte die Teilnahme an Treffen
im Detail beschreibt, Verbindungen          Repräsentanten authentischer Befrei-       der Blockfreien ebensolche Möglich-
über Kultur und Sprache bedingten           ungsbewegungen wie der SWAPO,              keiten.

INDABA 82/14                                                                                                                13
namibia                .................
     So kam es, daß schlußendlich 1978     der das erste Mal 1985 nach Öster-          ÖMV in Namibia
der UN-Sicherheitsrat die heute histo-     reich kam und alle politischen Führer
rische Resolution 435 verabschiedete,      des Landes traf, darunter auch den              Die ÖMV unternimmt mit dem
die später der Blueprint für die nami-     früheren Kanzler Kreisky.                   Einstieg in ein Offshore-Explora-
bische Unabhängigkeit wurde.                   Man kann annehmen, daß es eines         tionsprojekt in Namibia einen weite­
     Obwohl Österreich damals nicht        der Ergebnisse seines Besuchs war,          ren Schritt, um das Explorations­
                                                                                       geschäft in Sub-Sahara-Afrika
mehr Mitglied des Sicherheitsrates         und seines ständigen Appells, kon-
                                                                                       auszubauen. Nach dem Zukauf
war, begrüßten wir diese Resolution        krete Maßnahmen gegen Südafrika             von Beteiligungen in Madagaskar
und sprachen uns für ihre Umsetzung        zu ergreifen, daß Österreich sich kurz      und Gabun im Jahr 2013 ist das der
aus. Ich wendete mich an die UN-           darauf entschied, erste Sanktionen zu       dritte Schritt dazu, eine signifikante
Ge­­­neralversammlung und forderte         verhängen; eine zweite Runde von            Explorationsposition in der Region
Unterstützung für die SWAPO als            Sanktionen folgte ein Jahr später.          aufzubauen, wurde Anfang April
alleinige, authentische Repräsentantin     Diese schlug ich als österreichischer       bekanntgegeben.
der namibischen Bevölkerung.               Außenminister vor. Ich war froh, 1989           Die Transaktion beinhaltet die
                                           an einer Mission der Sozialistischen        Akquisition eines 65%-Anteils an

e    s brauchte zehn Jahre, bis wir
     die Umsetzung dieser Resolution
erreichten – der Grund war der sture
                                           Internationale teilzunehmen, die ersten
                                           freien Wahlen nicht nur in Namibia,
                                           sondern im ganzen Südlichen Afrika
                                                                                       zwei Explorationsblöcken von der
                                                                                       brasilianischen Cowan Petroleum
                                                                                       durch Murphy Luderitz Oil Co., Ltd.
Widerstand des Apartheid-Regimes           zu beobachten und Sam Nujoma zu             (Murphy) und ÖMV. Die ÖMV wird
und seiner offenen und geheimen            gratulieren, der bald der erste Präsident   25% halten, Murphy übernimmt als
Alliierten in der westlichen Welt gegen    des Landes wurde, mit dem überwälti-         Betriebsführer des Joint Ventures
die Auflösung seiner Mechanismen.          genden Sieg der SWAPO.                      40% der Anteile. Cowan bleibt bei
Das war ein breiter Versuch des Apart-         Ich kann mich an den Enthusias-         20%. Die restlichen 15% hält die
heid-Regimes, seine Hegemonie in der       mus und den Optimismus erinnern,            nationale namibische Ölgesell-
Region aufrechtzuerhalten. Obwohl          den man in vielen Teilen des Landes         schaft NAMCOR.
es Südrhodesien verloren hatte, das        in der Bevölkerung spüren konnte.               Jaap Huijskes, ÖMV Vorstands­
1980 unabhängig wurde, als das neue        Der einzige traurige Moment war ein         mitglied verantwortlich für Explora-
Zimbabwe, unterstützte Südafrika Re-       Besuch an Anton Lubowskis Grab,             tion und Produktion: „Die Offshore-
bellengruppen wie Savimbis UNITA in        um einen Kranz niederzulegen. Ein           Exploration in Namibia hat großes
Angola und ähnliche Bewegungen in          zuverlässiger Freund und Verbündeter        Potential, weil die Region groß-
Moçambique, um die legitimen Regier-       von Sam Nujoma, der von südafrikani-        teils unerforscht ist. Gleichzeitig
ungen dieser Länder umzustürzen und        schen Agenten ermordet worden war           bietet das Gebiet gute Vorausset-
sie mit südafrikafreundlichen Stroh-       und so eines der letzten Opfer des          zungen, um Kohlenwasserstof­
männern zu ersetzen.                       Apartheid-Regimes in Namibia wurde.         fe zu finden. Die Transaktion
   Deshalb war es wichtig, in dieser                                                   folgt unserer Wachstumsstrate­
schwierigen Zeit den Druck auf Pretoria
zu erhöhen und Unterstützung für Na-
mibias Unabhängigkeit zu gewinnen.
                                           b   ald wird ein Vierteljahrhundert
                                               vergangen sein, seit Namibia seine
                                           Unabhängigkeit gewann und ein freies,
                                                                                       gie mit Fokus auf die Nord-
                                                                                       see-Region, Schwarzes Meer
                                                                                       und Möglichkeiten wie diese in
                                           demokratisches Land wurde, ein Vor-         der Region Sub-Sahara-Afrika.“

in dieser Zeit war die Arbeit von
 Organisationen wie der globalen
Anti-Apartheid-Bewegung sehr ent­
                                           bild für viele afrikanische Länder.
                                               Wir freuen uns deshalb sehr darauf,
                                           was Botschafter Maruta uns gleich über
                                                                                           Die Österreichische Namibia-
                                                                                       Gesellschaft hat um ein Gespräch
                                                                                       mit der ÖMV gebeten, um sich über
scheidend. In Österreich hielt ich, in     des heutige Namibia erzählen wird, ein      allfällige ökologische Risken des
verschiedenen politischen Positionen,      Namibia 2014 mit einer ereignisreichen      Projekts zu informieren und erfor­
als Mitglied des österreichischen Parla-   Geschichte und einer hoffnungsvollen        derlichenfalls Lösungsvorschläge
ments und als Internationaler Sekretär     Zukunft.                                     zu machen.
der SPÖ, weiterhin engen Kontakt mit
der SWAPO und ihrem Präsidenten,           Übersetzung: Magdalena Waygand

14                                                                                                     82/14 INDABA
Sie können auch lesen