Wahlen im Jubiläumsjahr Ärzte gegen häusliche Gewalt Post-Apartheid-realitäten 82/14 - Juma Hauser
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Das SADOCC-Magazin für das Südliche Afrika 82/14 südafrika Wahlen im Jubiläumsjahr ZAMBIA Ärzte gegen häusliche Gewalt FOTOGRAFIE Post-Apartheid-Realitäten
ft ekny-G esellscha SADOCC Elfriede P e Pekny-Ge sell s c h a ft z ur Förderu (b ng von enannt na ch der lf ri e d ic h ) lsekretärin Die E te rr e Das Dokumentations- und Kooperationszentrum Süd- dies in Ös e rn African Stu S A D O C C-Genera n d e n liches Afrika in Wien setzt sich für eine solidarische S o u th enen CC. Spe 4 verstorb von SADO E nd e 2 0 0 h e A rm tes von Außen-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik gegenüber r w is s e nschaft li c n d ig e n Finanzam e tä den Ländern des Südlichen Afrika ein. ist d id des zus ut Besche können la t werden. r abgesetz SADOCC: der Steue 2000, 6 0 2 2 4 63, BLZ 1 Dokumentation und Bibliothek in Kto. Nr. 5 07 8 7 8602 24 63, A-1040 Wien, Favoritenstraße 38/18/1 N A T 2 1 1200 050 IBA (Öffnungszeiten: Dienstag 14.00-18.00) UATWW BIC BKA Tel. 01/505 44 84 Fax 01/505 44 84-7 URL: http://www.sadocc.at das quartalsweise erscheinende Magazin INDABA monatliche Veranstaltungen „Forum Südliches Afrika“ Stadtspaziergänge „Afrikanisches Wien“ Österreichische Projekt Schwimmunterricht in Südafrika Namibia-Gesellschaft Interessierte Einzelpersonen und Institutionen können bemüht sich im Rahmen von SADOCC durch ihren Beitritt als unterstützende Mit- SADOCC um österreichische glieder fördern. In der Mitgliedsgebühr von jährlich EUR 22,– (für Institutionen EUR 40,–) sind sämtliche Aussen- Solidarität mit dem 1990 dungen und Einladungen enthalten. Das Abonnement unabhängig gewordenen Namibia. von INDABA kostet EUR 13,–. Aktuell: Abo- oder Mitgliedsbeitrags-Einzahlungen auf unser Instrumente für Konto bei der BA-CA, BLZ 12000, Konto 610 512 006, Musikschule in Tsumeb IBAN AT 571200 0006 1051 2006, BIC BKAUATWW; Unterstützung für San-Schule Spenden erbeten auf Konto: Postsparkasse, BLZ 60000, (Spenden erbeten auf Konto PSK, Kto-Nr. 93.009.960., IBAN AT706000000093009960, BLZ 60000, Nr. 92.000.111, BIC OPSKATWW) IBAN AT696000000092000111, BIC OPSKATWW ) ACHTUNG - geänderte Postadresse: Wir haben unser Informationsveranstaltungen Postfach aufgelassen – postalische Zusendungen bitte nur mehr an A-1040 Wien, Favoritenstraße 38/18/1! Interessierte sind zur Mitarbeit herzlich eingeladen. Weitere Infos: Tel.: (01) 505 44 84 oder E-Mail: namibia@sadocc.at
.................. inhalt 3 20 Jahre Freiheit Walter Sauer zur politischen Situation in Südafrika Margit Maximilian über die Wahlen 8 spektrum 10 Peter Jankowitsch über die Unabhängigkeit 13 Namibias 16 Zambia Gespräch mit dem neuen zambischen Botschafter und Bericht des Linzer Arztes Michael Schober über seinen Einsatz in Lusaka Österreich fördert Solarenergie 18 Kolumne von Adalbert Krims 19 20 Südafrikanische Fotografie Johannes Siegmund über aktuelle künstlerische Reflexionen 24 Schöne alte Welt? Gut vermarktete Autobiographien südafrikanischer Gefängniswärter zeichnen ein zu nostalgisches Bild Zweite Phase Schwimmprojekt 27 von Mandelas Kerkerhaft Impressum: Herausgeber und Medieninhaber (Verleger): Dokumentations- und Kooperationszentrum Südliches Afrika (1040 Wien, Favoritenstraße 38/18/1). E-Mail: office@sadocc.at URL: http://www.sadocc.at. Druck: RemaPrint (1160 Wien). Papier: Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. Art Direction: Sander Design (1060 Wien). Layout: Elisabeth Koller. Mitarbeiter/innen dieser Ausgabe: Bernhard Bouzek, Peter Jankowitsch, Robert Konrad, Adalbert Krims, Margit Maximilian, Walter Sauer, Michael Schober, Johannes Siegmund, Magdalena Waygand. Fotos: Astrid Esterlus, Ursula Filipic, Peter Lechner/HBF, Sabelo Mlangeni, SADOCC, Walter Sauer, Michael Schober, SOLTRAIN, www.forgottenkingdomthemovie.com, X Verleih AG, Berlin. Redaktionsschluß dieser Ausgabe: 10. Juni 2014. Konto: BA-CA, BLZ 12000, Konto-Nr. 00610 512 006 oder PSK, BLZ 60000, Konto-Nr. 93.009.960. Dem Beirat von SADOCC gehören an: Reginald Austin, Harare/London; Peter Jankowitsch, Wien; Peter Katjavivi, Windhoek; Horst Kleinschmidt, Kapstadt; Shula Marks, London; Christian Mährdel †, Wien. INDABA 82/14 1
editorial ................. Liebe Leserinnen und Leser! Irgendwie war ich im falschen Land. Und wenn ich den Bericht von Margit Maximilian lese (S. 8), dann war offenbar auch sie im falschen Land. Beide sind wir aus Südafrika zurückgekommen mit Eindrücken einer sich dynamisch entwickelnden Gesellschaft, mit – trotz aller Probleme – viel Optimismus und einer politischen Stabilität, die nicht nur in Afrika ihresgleichen sucht. In Österreich wurden wir mit einem ganz anderen Südafrika-Image konfrontiert: alles nur Frustration, Unzufriedenheit, Korruption und Krise. Vielleicht waren die werten Kolleginnen und Kollegen von den Indaba Printmedien gar nicht dort? Oder suchten bewußt nach einseitigen heißt Informationen? Neuigkeit Nur zwei Beispiele. Erstens: „Wiener Zeitung“, 6. Mai 2014, Barbara Ottawa aus Johannesburg. Gleich der Hammer zu Beginn oder des Artikels: Auch Nelson Mandela war korrupt – „wie viele im Gespräch ANC“. Quelle: „Jane, eine ‚Farbige‘ in Südafrika“. Klar, die muß es ja wissen. Dann haben wir noch Aussagen von „Thabang, einem Schwarzen, den man durchaus als ‚gut situiert“ bezeichnen kann“ (da schau her, solche gibt es auch), von Wayne, einem anderen Schwarzen, „der sich im neuen Südafrika sichtlich wohl fühlt“, von einem Tourguide auf Robben Island, der auf die scharfen Fragen von Frau Ottawa „ausweichend“ antwortet, und von einem Taxifahrer namens Steve. Alle finden sie offenbar, daß Helen Zille von der Democratic Alliance eine „Hoffnungsträgerin“ sei, der ANC aber pfui. Zweitens: „Presse am Sonntag“, 4. Mai 2014, Regina Strassegger, Afrika- expertin der steirischen Konservativen. Ihr Kronzeuge ist ein arbeitsloser Soziologe. Gegenwärtig sei es kein Makel, korrupt zu sein, sagt er. Daß (in Zumas Amtszeit!) ein Polizeipräsident verurteilt und inhaftiert sowie eine Ministerin unehrenhaft entlassen wurde, daß im Parlament ein amtlicher (!) Untersuchungsbericht über die Finanzierung der Privatvilla des Präsidenten diskutiert wird – bitte nur keine Details. Auch der „Kumpel“ des Soziologen geht es grob an: „Laß uns einen auf Julius Malema heben.“ Immerhin: 2009 hat Strassegger noch COPE als angebliche Befreiungstheologie favorisiert; die haben von ihren damals 30 Mandaten jetzt 27 verloren. Nun ja, jeder sei ihre persönliche Meinung unbenommen. Nur: Als Leser/in von „Wiener Zeitung“ oder „Presse“ hat man das Recht auf eine einigermaßen ausgewogene und vor allem realitätsgetreue Berichterstattung. Wenn es SADOCC gelingt, kurzfristig Gesprächstermine mit Ministern, Unternehmern, Wis- senschaftlern usw. zu bekommen, dann wird das wohl auch für die Zeitung der Republik oder das bürgerliche Zentralorgan seit 1848 möglich sein. Oder gibt man sich dort absichtlich mit den Aus- sagen zufällig getroffener Straßenpassanten zufrieden? Walter Sauer 2 82/14 INDABA
................ schwerpunkt ANC eindrucksvoll bestätigt Aber großer Handlungsbedarf bleibt Die fünften Parlamentswahlen in der Geschichte des Freien Südafrika verliefen routiniert und brachten das erwartete Ergebnis. Gleichzeitig wurden Schwächen des seit 1994 dominierenden African National Congress deutlich. Reißt die Parteiführung nun das Steuer herum? Von Walter Sauer. z wanzig Jahre Post-Apartheid- Südafrika – eine Erfolgsgeschichte besonderer Art. Dies sagen nicht nur Qualität des Gesundheitssystems wird den Wahlen vom 7. Mai 2014 hervor von einer überwiegenden Mehrheit als – unter Einrechnung des ersten freien besser als früher bewertet, Urnengangs von 1994 zum fünften die Berufsoptimisten von SADOCC, • wurden 4,1 Mio. neue Arbeitsplätze Mal. An zweiter Stelle landete die op- sondern auch ganz unverdächtige geschaffen, wenngleich die Arbeitslo- positionelle Democratic Alliance (DA) Quellen, etwa die Vertretung von sigkeit noch schneller Goldman Sachs International in Süd gestiegen ist. afrika. Kein Wunder, daß Eine ausführliche Studie der welt- die oppositionelle De weit tätigen Investmentberatungsfirma mocratic Alliance – an- (im Internet abrufbar unter www.sa- sonsten stets bemüht, goodnews.co.za/images/documents/ internationale Finanz gs report - two decades of freedom agen t uren gegen die in sa.pdf) stellte im November 2013 Regierung auszuspielen die Errungenschaften Mandelas und – den Goldmann Sachs- seiner Nachfolger zusammen. Dem- Report als ANC-freund- 20 Jahre ANC an der Regierung: Mandela – Mbeki – Motlanthe – Zuma nach ist seit 1995 lich diskreditierte, wie • der Anteil der Analphabeten an der umgekehrt die Regierungspartei im mit 22,23% bzw. 89 Mandaten, an (stark wachsenden!) Bevölkerung von Wahlkampf ausgiebig Gebrauch davon dritter die vom ANC abgespaltenen 33,6% auf 19,1% gesun- machte. Auch das Motto Economic Freedom Fighters (EEF), ken, des 20jährigen Jubiläums die zum ersten Mal kandidierten, mit • hat sich der Zugang zu Oft von 1994 nahm auf die beachtlichen 6,35%. Dahinter weit ab- Elektrizität von 58,2% auf übersehene stolze Erfolgsbilanz Bezug: geschlagen die Inkatha Freedom Party 84,7%, jener zu Trinkwas- Erfolge Südafrika heute sei ein (IFP) sowie weitere Kleinparteien, ser von 60,8% auf 73,4% besserer Ort zum Leben als inkl. des 2009 international gehypten erhöht, am Ende der Apartheid – South Africa Congress of the People (COPE) mit • sind heute 57% aller Schüler/innen today is a better place to live. drei und der neu gegründeten Agang von den Schulgebühren befreit – 2002 SA mit zwei Mandaten. Insgesamt er- war es nur ein Prozent, • waren im Jahr 2013 ca. 14,6 Mio. e in Großteil der Wählerinnen und möglichte das minderheitenfreundliche Wähler stimmte dieser Erfolgsbi- südafrikanische Wahlrecht dreizehn Menschen anstatt vor zwanzig Jahren lanz zu. Mit 62,15% der abgegebenen politischen Parteien den Einzug ins nur 2,4 Mio. in Programme der sozialen Stimmen und 249 von 400 Sitzen in Parlament. Wohlfahrt einbezogen, der National Assembly – der ersten • frequentieren 70% aller Haushalte Kammer des Parlaments – ging der a öffentliche Kliniken – eine wesentliche regierende African National Congress uf den ersten Blick ein sensati onelles Ergebnis für den ANC, Steigerung gegenüber 2002 –, und die (ANC) als überragender Sieger aus insbesondere wenn man es mit den Re- INDABA 82/14 3
schwerpunkt ................. sultaten europäischer Regierungspar- teien vergleicht (zugegeben – die sind nicht aus Befreiungsprozessen hervorgegangen...). Die genauere Be- trachtung läßt freilich Schwachstellen, ja geradezu Alarmzeichen erkennen, Schulprotest die hinter den Kulissen zu erheblicher Betroffenheit führten. „Was ist das für eine Gesellschaft, die sich nicht um ihre Jugend küm- So betrug erstens die Wahlbe- mert, die ihre Rechte mit Füßen tritt und in der die Ausbildung schwarzer teiligung mit 18,6 Mio. abgegebenen Kinder keine Priorität hat?“ Stimmen zwar immer noch erfreuli- Diese Frage stellten wir uns in all den Wochen, in denen an der Sizimisele che 73,5%, doch hatten sich viele Technical High School in Khayelitsha (Kapstadt) in den naturwissenschaftli- Wahlberechtigte, vor allem potentielle chen Fächern kein Unterricht stattfand. Mehrere Wochen lang sahen wir Erstwähler/innen (die sog. „born-free“), keinen einzigen Lehrer. Anfänglich war es wie Ferien, aber bald begriffen wir, gar nicht registriert; Wahlapathie bei daß hier etwas völlig falsch lief. Die Prüfungen im Juni kamen näher – wie jungen Erwachsenen scheint also weit sollten wir sie bestehen, nach so vielen verlorenen Wochen? verbreitet. Eines Tages im April marschierten einige hundert von uns zur Schulbe- Zweitens brachte das Ergebnis für hörde von Western Cape. Dort versprachen sie uns, alle Probleme würden in den ANC einen Verlust von immerhin der nächsten Woche gelöst, wir würden Lehrer haben, der Unterricht würde 3,75% bzw. 15 Mandaten, während die wieder beginnen. Aber: Als wir die Woche darauf in die Schule kamen, war- DA um 4,65% und 18 Sitze zulegen en wieder keine Lehrer da, und der Tag war wie üblich nur verlorene Zeit. konnte und Julius Malemas EEF aus Wir beriefen eine Zusammenkunft des Representative Council of Learners dem Stand auf 25 Abgeordnete kamen. (RCL), des Congress of South African Students (COSAS) und der sozialen Die von mehreren Seiten teils aus poli- Bewegung Equal Education ein. Dort beschlossen wir, am nächsten Tag, dem 6. Mai 2014, in die Stadt zu marschieren und vor dem Provinzparlament zu demonstrieren. Folgende Forderungen legten wir fest: • das Education Department sollte Lehrer/innen für unsere Schulen orga- nisieren, und deren unmittelbare Aufgabe sollte es sein, einen Lehrplan für die Juniprüfungen zu improvisieren; • die Schüler der 12. Klasse sollten endlich ihre Mathematikbücher er- halten, • die Lehrer/innen sollten ihre Gehälter bekommen, damit sie nicht Arbeit außerhalb der Schulen suchen mußten, und Julius Malema: Jetzt Zünglein an der Waage? • wir sollten Fortschrittsberichte für heuer bekommen. tischen, teils aus praktischen Gründen Auch am nächsten Tag waren keine Lehrer da, und so zogen wir in die angestrebte Verfassungsänderung ist Stadt, um eine Kundgebung vor dem Parlament zu halten. für den ANC somit noch schwerer bzw. Allerdings kamen wir nicht so weit. Wir waren ungefähr 250 und kamen nur um den hohen Preis der Einigung gerade bis zum Kapstädter Bahnhof. Dort erwartete uns bewaffnete Polizei. mit einer der beiden großen Opposi- Wir fuhren nach Woodstock zurück, aber die Polizei folgte uns und erhielt tionsparteien erreichbar geworden. noch Verstärkung. Was als friedlicher Protest geplant war, verwandelte sich Drittens – und aus ANC-Sicht bald in eine Szene, die an die Jugendaufstände von 1976 erinnerte. wohl am problematischesten – lag Viele von uns waren frustriert und verloren jede Hoffnung, daß unsere die Regierungspartei gerade in den Probleme je ernst genommen werden würden. Wir waren zornig, weil wir wichtigen städtischen Zentren des wie Kriminelle behandelt wurden, und hatten Angst, angesichts der häufigen Landes weit unter dem Durchschnitt: Vorgangsweise der Polizei nicht mehr lebend nach Hause zu kommen. Wir in Johannesburg bei 53,63%, in Tsh- wane (Pretoria) bei 50,96%, in Nelson Mandela Bay (Port Elizabeth) gar nur 4 82/14 indaba
. ................ schwerpunkt bei 49,14%, einem Wert, dem die DA mit 40,16% recht nahe kam. Kapstadt wählte zu 59,31% ohnehin schon tradi- in Kapstadt tionell die DA, während der ANC nur auf magere 32,41% kam. Die Lehren aus der Schwächer in hatten auch das Marikana-Video im Sinn, das wir zwei Wochen vorher Wahl liegen somit auf den Städten gesehen hatten. der Hand: Das einzige, was uns in dieser Situation zusammenhielt, war die Kame- • Gegenüber Jugendlichen erwies sich raderie zwischen uns. Es waren auch Schüler/innen aus Klassen dabei, die Erfolgsbotschaft der „20 Jahre“ als die Lehrer/innen hatten und trotzdem gemeinsam mit uns protestierten. wenig wirksam – das seit 1994 mühsam An vorderster Front waren die Mitglieder von RCL, COSAS und EE. Und Erreichte ist für sie selbstverständlich wir waren überzeugt davon, daß unsere Forderungen richtig waren. Wir geworden. beharrten auf einem Recht, das in der Verfassung festgeschrieben ist: auf • Arme Bevölkerungsschichten sehen dem Recht auf Bildung. im ANC weiterhin den Garant für eine Mittlerweile haben wir unsere Forderungen durchgesetzt. Heute haben wir Verbesserung; das trifft sowohl für Lehrkräfte, wir haben einen neuen Arbeitsplan. Die Lehrer/innen werden ihre die ländlichen Regionen zu, in denen seit Monaten ausständigen Gehälter bekommen und neue Arbeitsverträge Mandelas Partei konstant zwischen 70 unterschreiben. Wir sind sicher, unsere Fortschrittsberichte zu erhalten, und und 80 Prozent erzielte, als auch inter- auch die Frage der Schulbücher nähert sich einer Lösung. essanterweise für die pauperisierten Die Regierung von Western Cape brauchte einige Zeit, bis sie auf uns Townships. Die zahlreichen service zukam. Sie hat keine Ahnung davon, was es für unsere Eltern bedeutet, delivery-protests dürften hier eher den ihre Kinder jeden Tag in die Schule zu schicken, und für uns, nie Ergebnisse Nichtwähler/inne/n zugutegekommen vorweisen zu können. sein, den ANC aber nicht wesentlich Eines ist sicher: Unsere Rechte sind verletzt worden. Der Staat übt in geschwächt haben. Ein Beispiel dafür Form der Polizei Repression aus, um Proteste und Unzufriedenheit zum ist das krisengeschüttelte Bekkersdal Schweigen zu bringen. Wir werden die Gesichter der Polizisten nie verges- im Wahlkreis Westonaria (Gauteng sen, die der Meinung waren, es wäre ganz in Ordnung, Schüler/innen zu Province), wo der ANC 68% erzielte, schlagen und zu stoßen. die Wahlbeteiligung aber unter dem Aber es gibt auch eine schönere Geschichte zu erzählen, nämlich die nationalen Durchschnitt lag. Auch von Jugendlichen, die sich für eine gemeinsame Sache zusammenschließen die merkwürdige Wahlempfehlung und dabei erfolgreich sind. Wir haben es geschafft! der außerparlamentarischen Protest- Es ist eine Geschichte der Hoffnung auf bessere Ausbildung, wie sie bewegung Abahlali baseMjondolo uns von der Verfassung versprochen wird. Die Geschichte menschlicher in Kwa Zulu/Natal zugunsten der Solidarität, von Menschen, die uns nicht kannten, aber von unseren Proble- Democratic Alliance – von deren neo- men hörten und uns halfen. Es ist eine Geschichte der Tapferkeit: Wir sahen liberalen Ausrichtung man sich kaum unsere Freunde vor den Polizisten stehen und hörten sie sagen, sie würden Staatsinterventionen zugunsten sozial nicht weichen, bis sie gehört worden wären. Das ist unsere Geschichte. schwächerer Schichten erwarten kann – scheint eher zu Lasten der IFP als des ANC gegangen zu sein. • Und letztlich: Im urbanen Raum, Yonella Vellem, Kedebone Legoale, Lucas Siphelo Ndabeni und Buhle Booi sind wo weniger die materiellen Nöte als Schüler/innen der Sizimisele Technical High School in Khayelitsha und Mitglieder von medial breit gecoverte Themen wie Equal Education. Ihr Bericht erschien im Mail & Guardian vom 23. Mai 2014. Korruption, good governance und „weiße Wertvorstellungen“ eine Rolle spielen, ist die Anziehungskraft des ANC merklich gesunken. Ein Befund, indaba 82/14 5
schwerpunkt ................. der angesichts der 2016 bevorstehen- für wirtschaftliche Entwicklung; für Eine zweitägige Tagung des National den Kommunalwahlen als durchaus Finanzen zeichnet nun Nhlanhla Ne Executive Committee des ANC im kritisch zu bezeichnen sein ne verantwortlich, bisher Konferenzzentrum St. Georges bei dürfte. stv. Minister, während der Pretoria am 6. und 7. Juni sowie eine als Krisenmanager renom- dreitägige Regierungsklausur in der Lokalwahlen w ie es scheint, zogen zumindest die großen politischen Parteien ihre 2016 als Test mierte Pravin Gordhan die für die kommunalen Ser- viceleistungen zuständige Woche darauf sollte diesem Ziel dienen (an beiden konnte Zuma krankheitshal- ber nicht teilnehmen). Lehren aus dem Wahlergebnis – und Corporate Governance übernehmen Die Herausforderungen der neuen das schnell. Sowohl die DA als auch mußte und als „troubleshooter“ die Regierung sind nicht nur groß, sondern der ANC wechselten ihre als zu kom- verbreiteten Proteste eindämmen soll. angesichts der im Wahlergebnis promißbereit geltenden Klubobleute Mit dem ökonomisch wichtigen Touris- aus (im ersteren Fall handelte es sich mus wurde Derek Hanekom betraut, in peinlicherweise um die prominenteste dessen bisheriges Wissenschaftsres- schwarze Vertreterin der Partei), eine sort Amtsvorgängerin Naledi Pandor verstärkte parlamentarische Konfron- zurückkehrte. Erhalten blieben auch tation ist somit zu erwarten, zumal die populären Minister Aaron Motso- auch die populistischen EEF für Tur- aledi für Gesundheit, Fikile Mbalula bulenz sorgen werden. Auch bei der für Sport oder Blade Nzimande für Besetzung der Premierminister in den Höhere Bildung. acht vom ANC gewonnenen Provinzen Auf Kritik stieß hingegen die Über- kamen im wesentlichen die politisch nahme des Kulturministeriums durch St. Georges bei Pretoria: stärksten Persönlichkeiten zum Zug den wegen des Marikana-Massakers Vor dem ANC-Parteivorstand – nicht unbedingt Freunde der Par- diskreditierten bisherigen Polizei- teizentrale und kaum die eigentlich minister Nathi Mthethwa so wie des sichtbar gewordenen Defizite auch vorgesehenen Frauen. Landwirtschaftsministeriums durch dringend. Angesichts der in vielen In der neuen Regierung, die von den Vorsitzenden der Bergarbeit- Landesteilen stattfindenden Proteste ergewerkschaft, Senzeni Zokwana gegen schlechte Versorgung mit (andererseits sind damit zwei um- kommunalen Leistungen und lokale strittene Persönlichkeiten aus der Korruption steht eine Neuregelung der Marikana-Diskussion entfernt). Ein politischen und v. a. finanziellen Ver- neues Kommunikationsressort unter hältnisse auf Gemeindeebene an. Faith Muthambi soll der Verbesse- Verstärkt wird es in den kommen- rung der PR-Arbeit der Regierung den Monaten um die Umsetzung des dienen. Insgesamt finden sich unter National Development Plan gehen, den 35 Ministern fünfzehn Frauen eines sehr ambitionierten Reformpro- (darunter eine bekennende lesbische gramms, das sich v. a. der Verbesse- Troubleshooter in der Regierung: Hanekom und Gordhan Politikerin). Die Koordination der Mon- rung der Infrastruktur, der Schaffung ster-Regierung und somit faktisch die neuer Arbeitsplätze und der stärkeren Staatspräsident Jacob Zuma kurz Funktion eines Ministerpräsidenten Positionierung Südafrikas im inter- nach seiner eigenen Vereidigung am übertrug Zuma seinem Stellvertreter nationalen Kräftefeld widmet. Teile 24. Mai bestellt wurde, spiegeln sich Cyril Ramaphosa. des Gewerkschaftsbundes COSATU unterschiedliche Tendenzen wider. In lehnen den NDP zwar wegen gewisser der Besetzung der wirtschaftlichen Schlüsselministerien herrscht Konti v on einem notwendigen „Neustart“ der Regierung sprachen nicht nur nuität: So verblieben Rob Davies Medien, sondern auch Spitzenpolitiker, neoliberaler Elemente ab. Gleichzeitig aber hat COSATU in den letzten Jahren weniger durch inhaltlich wegweisende als Handels- und Industrieminister die zu treffen ich während eines Aufent Vorschläge als vielmehr durch Frak- und Ebrahim Patel als Ressortleiter halts in Südafrika Gelegenheit hatte. tionskämpfe (rechtswidrige Entlassung 6 82/14 INDABA
. ................ schwerpunkt von Generalsekretär Zvelinzima Vavi, gerichtlich rückgängig gemacht) und populistische Aktionen (e-toll) innenpolitisch kommt eine weitere Herausforderung auf den ANC bzw. die Regierung zu. bemerkenswert ist, als die meisten von ihnen sich mittlerweile vom ANC losgesagt haben; Lekota ist heute von sich reden gemacht. Vorwürfe, es habe 1999 führend in COPE tätig, Kasrils Propo- Teil des Programms sind ein bei der Beschaffung von nent der Sidikiwe! Vukani!-Kampagne. verbessertes System der Debatte Militärjets der Firma British Entscheidungen seien hauptsächlich um Waffen- Sozialversicherung, das in Aerospace erhebliche Geld- von Modise getroffen worden. Ende skandal Kürze vorgestellt werden flüsse zugunsten des ANC Juli wird die Kommission eine zweite soll, sowie ein stärker Fokus gegeben, beschäftigen seit Runde von Hearings abhalten, bei Jahren die Öffentlichkeit; zahlreiche diesbezügliche Indizien wurden u.a. vom früheren ANC-Abgeordneten Andrew Feinstein zusammengetragen. Nun fand die erste Runde der Hearings der Arms Procurement Commission statt, bei der u. a. der frühere Handels- und Industrieminister Trevor Manuel, der kurzzeitige Verteidigungsminister Mosiuoa Lekota und der frühere stv. Verteidigungsminister Ronnie Kasrils aussagten; die Schlüsselperson der Transaktion, Verteidigungsminister Joe Krasse soziale Gegensätze ... Modise, ist 2001 verstorben. ... auch in Johannesburg Seitens der Streitkräfte war damals auf den ländlichen Raum, wo ja nach ein erhöhter Modernisierungsbedarf denen die Information von Whistle- wie vor ein Großteil der Armut und angemeldet worden – das bis 1994 blowers aufgearbeitet werden soll. Marginalisierung vor sich geht. geltende Waffenembargo hatte die Zusätzlich schlägt die sich ver- Auch das geschwundene Vertrau Rüstungsmaschinerie des Apartheid schlechternde Wirtschaftslage zu Bu- en urbaner Schichten in den ANC soll regimes offenbar doch empfindlich che. Erstmals seit 2009 schrumpfte das wiedergewonnen werden, inkl. das geschwächt. Feinsteins Angaben Wirtschaftswachstum im ersten Quar- jener prominenter ANC-Kritiker/innen, zufolge (INDABA 77/13) wurde für die tal 2014 (um 0,6%), wohl auch infolge die sich – von Erzbischof Desmond Erneuerung der Luftwaffe zunächst ein des seit Monaten anhaltenden Streiks Tutu bis zu den ehemaligen stellver- italienisches Flugzeug ausgesucht, im Platinbergbau, der sowohl fehlende tretenden Ministern Ronnie Kasrils erst aufgrund erheblichen Drucks gesamtwirtschaftliche Verantwortlich- oder Nozizwe Madlala-Routledge („Si- durch Modise kam British Aerospace keit seitens der Gewerkschaften als dikiwe! Vukani!-Kampagne“) – gegen zum Zug – mit Gripen-Jägern und auch mangelnde Krisenlösungskom- Stimmen für den ANC ausgesprochen Hawk-Trainingsflugzeugen, die für die petenz der Regierung signalisiert (zu hatten. Nicht zuletzt geht es natürlich Anforderungen der südafrikanischen Redaktionsschluß mehrten sich Anze- auch um das Schicksal von Jacob Luftwaffe nicht geeignet waren und ichen einer bevorstehenden Einigung). Zuma, dem zwar „Macherqualitäten“ wesentlich teurer kamen als das ita Hinzu kommen die bislang ungelösten und ein kooperativer Führungsstil lienische Modell. In der Regel wird „Hausaufgaben“, die auch der zitierte zugebilligt werden, dessen Persön- von einem Volumen von 70 Mrd. Rand Goldman Sachs-Report nicht versch- lichkeit wegen ständiger Korruptions- gesprochen, von denen einige hundert weigt: die ungeheure soziale Ungleich- vorwürfe aber umstritten ist. Millionen an den ANC zurückgeflossen heit, steigende Arbeitslosigkeit (2013 Das Szenario eines Wechsels an sein sollen. nach offiziellen Angaben 24,7%, unter der Spitze von Staat und/oder Partei Die von der Kommission be- Einrechnung derjenigen, (Ramaphosa statt Zuma) scheint der- fragten Spitzenpolitiker stellten diese zeit nicht undenkbar. Implikationen in Abrede, was insofern => Fortsetzung auf Seite 9 INDABA 82/14 7
schwerpunkt ................. Big and peaceful Wahlimpressionen aus Südafrika Große Herausforderungen, aber viel Zuversicht, sie zu meistern – so die Bilanz von ORF-Korrespondentin Margit Maximilian nach ihrem Aufenthalt in Johannesburg. s üdafrika – das ist ein prachtvolles Land mit starker Zivilgesellschaft, das auch ein zwielichtiger Zuma nicht Nkandlagate heute, dem Skandal um und Reiche, Männer und Frauen, Zumas mit Steuergeldern vergoldeter Schwarze und Weiße. Wir fragen sie Privatresidenz. vor der Wahl, am Tag der Wahl und so leicht ruinieren könne. So lautete, „Die Partei des Gestern: Der ANC am Tag danach. Geduldig, meist gut grob gesagt, mein Befund bei der wirtschaftet Südafrika herunter“ so gelaunt, geschwätzig und nur selten Wahl 2009. Für viele eine allzu positive schreibt Bartholomäus Grill genervt stehen sie dem ös Einschätzung, keine Frage. Doch war im Spiegel. Die Afrika-Kor- terreichischen Fernsehen sie richtig? Ich denke schon. Und jetzt? respondenten und Spezi- Rede und Antwort. Die Fünf Jahre später? Natürlich würden alisten in den deutschen Medien meisten wählen entlang die Wahlen keinen großen Umsturz Qualitätsmedien schlagen berichten der alten Linien: Weiße bringen, das war klar. Doch „20 Jahre alle in dieselbe Negativ- meist negativ eher die Demokratische nach dem Ende der Apartheid“, „ein Kerbe: „Die Zukunft in der Allianz, Schwarze den halbes Jahr nach dem Tod Mandelas“: Schublade: der ANC kann offenbar ANC, Junge manchmal auch eine das waren große Daten, die zum Bilan- machen, was er will, er wird trotzdem der neuen Parteien. Viele der „born zieren geradezu herausforderten. Ich wiedergewählt“ meint Thomas Scheen free“, der Millionen junger Menschen war total neugierig. in der FAZ, „Mehr Vergangenheit als die selbst die Rassentrennung nicht „Hörst Du Radio?“, Zukunft: der ANC hat keine Perspektive mehr erlebt haben, wählen gar nicht. fragt eine Freundin per für eine Neuorientierung zu bieten“ die „Ich weiß, es ist falsch, nicht hinzuge- Südafrika auf dem Abstieg? SMS, einige Tage vor meinem Aufbruch. Ihr Hinweis gilt einer Sen dung auf Ö1, die sich mit der weit ver- breiteten Korruption im Land am Kap beschäftigt. 45 Minuten lang geht es um die „fat cats“, die Superreichen mit ihren Luxusschlitten, um die „comrades“, die ehemaligen Freiheitskämpfer, die sich schamlos bereichern. Mißbrauch staatlicher Gelder sei an der Tagesord taz. Mit Südafrika geht’s also bergab. hen, wählen ist unser demokratisches nung, heißt es. Alles gehe den Bach Die Fakten liegen auf dem Tisch, wir Recht,“ sagt die 21-jährige Reabetswe runter, lautet der Tenor. Traurig, denke alle kennen sie. Also los. Tlhoaele. Sie trägt einen roten Hut und ich. Diesmal würde wohl auch ich nicht eine schwarze Lederjacke. Mit ihrer umhinkommen, negativ zu berichten. Alle großen Skandale des ANC habe ich schließlich mitverfolgt, vom mil- n och ein wenig benebelt von fast 9.000 Flugkilometern, über halb Europa und ganz Afrika, beginnen ebenso schicken Freundin sitzt sie in einem Lokal im betuchten Stadtteil Melville. Was sie beruflich macht? liardenschweren arms deal Ende der wir Menschen auf den Straßen von „Nichts“, sagt Reabetswe. „Und wie 1990er-Jahre (INDABA 77/13) bis zu Johannesburg anzusprechen. Arme geht das?“ – „We spend our parents 8 82/14 INDABA
. ................. schwerpunkt hard earned money“, gibt sie zurück, ihnen gelungen. Immer wieder schaltet vielen berechtigten Massenproteste, zuckt mit den Achseln und nimmt einen SABC in das Sicherheitszentrum, die nicht aufhören, ja vermutlich jetzt Schluck Campari. „Aber ehrlich, ich die Nachrichten von dort sind gut; erst richtig aufflammen werden: Die glaube nicht, daß meine Stimme einen bis auf Bekkersdal, einem Township Menschen in Südafrika haben stets Unterschied macht.“ bei Johannesburg, wo es zu ernsten mehr geschafft, als man ihnen zuge Am Wahltag bilden sich schon in Ausschreitungen vor einem Wahllokal traut hat. Wir hoffen, es bleibt so. der Kälte der Morgendämmerung lange gekommen ist, werden keine Störun- Schlangen. „ANC“, sagen die meisten gen gemeldet. Es gibt keine Unre- auf die Frage, wen sie gewählt haben. gelmäßigkeiten. „Big and peaceful“, Margit Maximilian ist Mitarbeiterin der Noch überwiegt die Dankbarkeit. Und titelt der Star am nächsten Morgen in Auslandsredaktion der Zib und Afrika-Ex- die Korruption? „Die gibt es doch riesigen Lettern unter dem Bild einer pertin. Für den ORF berichtet sie aus vielen überall auf der Welt,“ sagt ein junger Wahlschlange. Die fünfte freie Wahl Kriegs- und Krisengebieten. Mann gereizt. „Das habt ihr in Europa Südafrikas war friedlich und – ja, man Buchpublikation: Schrecklich schönes doch auch.“ Der staatliche TV-Sender muß es sagen – fast schon langweilig Afrika (Wien 2011). SABC überträgt den ganzen Tag normal. Die Wirtschaft freut sich auch, über aus allen Teilen des vielfältigen sie wertet den Sieg des linken ANC als Landes. Zuma wählt, Zille wählt, Tutu Zeichen der Stabilität. Der Rand legt wählt. Mangosuthu Buthelezi wählt. deutlich zu. => Fortsetzung von Seite 7 Der Vorsitzende der Inkatha Freedom Party wird nach der Stimmabgabe von der jungen Reporterin gefragt, was er denn gefrühstückt habe. Minutiös und a m letzten Abend nehmen wir einen Abschiedsdrink in der Mandela Square Mall. Vor einem halben Jahr war die nicht mehr nach Arbeit suchen, je- doch 35,6%), die nach wie vor extrem hohe HIV-Rate (4,6 Mio. unter den – ob der seltsamen Frage offenbar der offene zentrale Platz in dem noblen 14-49jährigen), ein chronisch gewor- keineswegs irritiert – beschreibt der Shopping-Center von einem Meer aus denes Handelsbilanzdefizit, die hohe royale Abkömmling des letzten un- Blumen bedeckt. Heute ist auch diese Verschuldung gerade der konsumori- Trauer Geschichte. Nur ein riesiges entierten schwarzen Mittelschicht oder Plakat ist geblieben, von dem Mandela das in ländlichen Gebieten schlecht weise auf uns herabblickt. Wir bestellen funktionierende Schulsystem. eine Flasche Rotwein. Das Lokal ist Ob und welche Initiativen dies- schwarz getäfelt, schick und teuer. Es bezüglich in den kommenden Monaten könnte überall sein, in London, Paris gesetzt werden, bleibt abzuwarten. oder am Wiener Kohlmarkt. Der Kellner Wohl mit Recht aber schrieb der ist freundlich. Erst auf den zweiten Blick kürzlich mit dem Alan Paton Award fällt auf: seine Haut ist schwarz. Fast ausgezeichnete Journalist und Bürger- alle Gäste dagegen sind weiß. Die öko- rechtskämpfer Max du Preez, zuneh nomische Apartheid hat die politische mend ein Kritiker des ANC, der neuen abgelöst. „Was wir brauchen ist ein Regierung ins Stammbuch: neuer Gesellschaftsvertrag von den „Fast allen von uns geht es heute Reichen, egal ob schwarz oder weiß, besser als 1994, sowohl materiell als hin zur wirtschaftlichen Umverteilung“, auch spirituell. Aber wir müssen uns abhängigen Zulu-Königs Cetshwayo sagt der prominente politische Analyst die Frage stellen, ob wir uns unseren seinen bescheidenen Tagesbeginn. Ebrahim Fakir. Doch er sagt auch: Potentialen gemäß entwickelt haben Buthelezi ist bald 90, er hat es nicht „Wir können diese Herausforderungen und ob die Armen und Arbeitslosen eilig. Die ersten freien Wahlen vor meistern. Wir haben eine strahlende nicht zu Recht zornig und frustriert zwanzig Jahren wollte seine nationali Zukunft vor uns.“ Nein – trotz all der sind über die Langsamkeit, mit der sich stische Zulu-Partei, gemeinsam mit enormen Probleme eines großen ihr Leben seit dem Fall der Apartheid den weißen Rechtsextremen, noch Schwellenlandes, trotz aller Herausfor- geändert hat.“ mit Gewalt verhindern. Fast wäre es derungen der Globalisierung, trotz der INDABA 82/14 9
südliches afrika ................ ... spektrum ... tionen über die Zusammenarbeit der US-amerikanischen Sicherheitsdien- Umstrittenes Museum. Am 20. März 2014 eröffnete Namibias Staats ste mit der Apartheidregierung, nicht präsident Hifikepunye Pohamba das USA – Attentat auf Mandela ge- zuletzt bei der Verhaftung Mandelas neue Independence Memorial Muse- plant. Laut Dokumenten, die einem 1962, befinden. um in Windhoek. Das riesige Gebäude, Solidaritätsaktivisten unter dem US- das die historische Skyline der Altstadt amerikanischen Freedom of Informa- von Windhoek zerstört, wurde ebenso tion Act zugänglich gemacht wurden, wie die neuen Denkmäler des nami- war Nelson Mandela bei seinem ersten bischen Unabhängigkeitsführers Sam Besuch in den Vereinigen Staaten akut Nujuoma und des Völkermordes von von einem Attentat bedroht. 1904 von nordkoreanischen Architek- Mandela, der im Juni 1990 eine ten errichtet. Die Ausstellung, die eine der ersten Auslandsreisen nach seiner bestehende Schau in der Alten Feste Freilassung in die USA unternahm, ergänzt, trägt laut ersten Berichten galt dort bis 2008 als Vertreter einer stark propagandistischen Charakter „terroristischen Organisation“ (INDABA und bietet eine heroisierende und 80/13). Entsprechend gering war das weitgehend auf militärische Aktionen Interesse der Behörden, ihm Schutz beschränkte Sicht des namibischen zu gewähren. Als z. B. am 26. Mai Unabhängigkeitskampfes. Vermutlich 1990 in einer Zeitung ein Leserbrief mit Erste Rede Mandelas nach seiner Freilassung leistet sie keinen nachhaltigen Beitrag den Worten erschien: „Bringt diesen 1990 in Kapstadt zur Bewältigung der komplexen nami- schwarzen Mörder nach Houston, bischen Vergangenheit. und wir werden ihm einen Empfang Südafrikas Außenhandel. Saudi- Der Museumsplan war von Anfang bereiten, den die Welt nie vergessen Arabien rückte im Jänner 2014 erstmals an umstritten, nicht nur aus Denk- wird!“, wurde zwar eine Untersuchung zum zweitgrößten Handelspartner malschutzgründen – 2013 hatte die eingeleitet, der Absender aber nie Südafrikas bei den Einfuhren auf und politisch unkluge und möglicherweise gefaßt. verdrängte damit Deutschland auf den auch rechtswidrige Entfernung des Nach Geheimdiensterkenntnissen dritten Platz. An erster Stelle bei den Reiterdenkmals für Aufregung gesorgt sollte auf Mandela entweder in At- Importen liegt nach wie vor China. (INDABA 79/13). Der Museumsbau, lanta oder in Miami ein Attentat verübt Wie Handels- und Industrieminis- dessen Gesamtkosten nicht bekannt werden. Dazu kam es zwar nicht, die ter Rob Davies Anfang April bei der sind, vermutlich aber immens waren, von Louis Farrakhan, dem Vorsitzen- 5. Sitzung der South Africa-Saudi wurde ebenso wie die Ausstellung ohne den der „Nation of Islam“-Bewegung, Arabia Joint Economic Commission Einbindung namibischer Fachleute von gewünschte Begegnung mit Mandela in Pretoria bekanntgab, hätte sich der Nordkorea durchgeführt und zeichnet wurde jedoch verhindert und konnte bilaterale Handel zwischen 2009 und sich wie bereits andere Repräsenta erst 1996 stattfinden. Den Dokumenten 2013 auf über eine Milliarde Rand ver- tionsbauten aus dortiger Produktion zufolge hatte das FBI Zugang zu allen dreifacht. Auch das Handelsbilanzde- durch fehlende Einbindung in lokale Reisedaten und Terminen Mandelas – fizit Südafrikas ist allerdings gestiegen Bautraditionen aus. Billige und dem offenbar von einem Informanten aus (auf 74,8 Mio.), weshalb Pretoria mehr Klima nicht angepaßte Werkstoffe dessen engster Umgebung. Industrieprodukte nach Saudi-Arabien werden vermutlich – wie beim sog. Das Dokument über die Spio- exportieren möchte. Dieses wiederum Heroes' Acre im Süden Windhoeks nageaktiviäten der USA in Südafrika möchte verstärkt in Südafrika investie- bereits sichtbar – in wenigen Jahren umfaßt 334 Seiten, von denen aller ren, wie der saudische Minister Tawfiq zu Verfallserscheinungen führen. Auch dings nur etwa die Hälfte der Öffentlich- Al-Rabiah erklärte. Bestehende Han- der Standort des Museums, das in keit zugänglich gemacht wurden – aus delshemmnisse sollen beseitigt, der weiter Entfernung von den bevölkerten „Gründen der nationalen Sicherheit“. Austausch technischer Fachkräfte v. Stadtteilen Katutura oder Khomasdal Es wird angenommen, daß sich unter a. im Bereich Bergbau soll intensiviert im v. a. von Touristen und Beamten den gesperrten Dokumenten Informa- werden. frequentierten Zentrum angesiedelt 10 82/14 INDABA
............... südliches afrika Maputo in Moçambique verschifft. „Die tionsskandal, dem sog. „Cashgate“, Trans-Kalahari-Eisenbahnlinie wird erschüttert, bei dem ca. 30 Millionen sämtliche Engpässe aus dem Wege US-Dollar vom Staatshaushalt abge räumen“, so Mokaila zuversichtlich. zweigt wurden. Auch Mutharika ist nicht Die namibische Hafenbehörde Nam unumstritten: Er soll nach dem Tod Port wird zudem Walvis Bay zu einem seines Bruders versucht haben, das in „SADC Gateway“ erweitern. der Verfassung vorgesehenen Nach- Die Eisenbahnlinie soll bei dem rücken der Vizepräsidentin ins Amt der Mmamabula-Kohlefeld östlich von Ga- Staatschefin zu verhindern, um selbst borone beginnen und von dort über die diese Funktion zu übernehmen. Eine Hauptstadt parallel zum bestehenden Untersuchungskommission befand Trans-Kalahari-Highway verlaufen. ihn des Hochverrats für schuldig, nun Von Gobabis aus wird die Strecke nach genießt er als Präsident aber Immunität Omitara und Okahandja weiter zu Düne (Bernhard Bouzek). Independence Museum und Alte Feste (re.) 7 bei Walvis Bay geführt, wo Botswana bereits über einen Kohlelagerplatz (dry Stockender Dialog in Moçam- ist, wurde kritisiert. port) verfügt. bique. Die Gespräche zwischen der Auch für das Parlament, das bisher Die Kosten des Projekts werden Regierung des Landes und der frühe im deutsch-kolonialen, mit modernen auf 15 Mrd. Dollar geschätzt – private ren Rebellenbewegung Renamo sind Zubauten ergänzten „Tintenpalast“ Finanziers und Entwickler werden neuerlich ins Stocken geraten. Nach angesiedelt war, soll ein neuer Pracht- allerdings noch gesucht, der Baube- der bislang letzten Session, die am 9. bau errichtet werden – wieder von ginn steht nicht fest. Juni im Joaquim Chissano-Konferen- Nordkorea. zentrum in Maputo stattfand, stellte Malawis neuer Big Man. In der sich u. a. die Heranziehung interna- Trans-Kalahari-Eisenbahn. Über fünften Präsidentenwahl seit dem tionaler Beobachter in Konfliktfällen 1.500 Kilometer lang soll die neue Ende der Einparteienherrschaft in als Hindernis heraus; ein weiterer Bahnstrecke zwischen dem Berg- Malawi im Jahr 1994 setzte sich Streitpunkt ist Renamos Forderung bauzentrum Mmamabula in Botswana Peter Mutharika gegen die bisherige nach gleichberechtigter Vertretung in und dem namibischen Hafen Walvis Amtsinhaberin Joyce Banda durch. den Streitkräften und in der Polizei, Bay werden. Darauf haben sich beide Der 74jährige Jurist Peter Mutharika was die Regierung mit Hinweis auf Länder im Vorfeld des namibischen erreichte 36,4 Prozent der Stimmen, den überparteiischen Charakter der Nationalfeiertages am 21. März ge während Joyce Banda nur 20,2 Prozent staatlichen Institutionen ablehnt. einigt; das entsprechende Abkommen auf sich vereinigen konnte. Die Aus- Im Vorfeld des Treffens hatten wurde vom Direktor der National zählung der Stimmen der 7,5 Millionen Kämpfer der Renamo Fahrzeugkon- Planning Commission Namibias, Tom Wahlberechtigten war tagelang von vois auf der Hauptstraße zwischen Alweendo, und dem Minister für Mine heftigen Auseinandersetzungen und der Kleinstadt Muxungue und dem ralien, Energie und Wasserressourcen gegenseitigen Vorwürfen bezüglich Save-Fluß angegriffen, wobei zehn von Botswana, Onkokame Mokaila, Wahlfälschung überschattet. Mutha Menschen ums Leben gekommen unterzeichnet. rika ist der Bruder des im Jahr 2012 sein sollen. Jährlich sollen auf der neuen verstorbenen Ex-Präsidenten Bingu wa In einer Pressekonferenz erklärte Bahnlinie 65 Millionen Tonnen Kohle Mutharika und bekleidete vormals das der Verhandlungsführer der Regie an den Atlantischen Ozean transpor Amt des Außenministers. Banda hatte rung, Transportminister Gabriel Muth- tiert werden. Botswana verfügt über als damalige Vizepräsidentin nach dem isse, man hätte Renamo bereits eine geschätzte 212 Milliarden Tonnen Tod von Mutharika 2012 dessen Amt Reihe von Konzessionen gemacht, Steinkohle, derzeit würden laut Minister übernommen und mußte sich nun zum etwa beim Wahlrecht, offensichtlich Mokaila allerdings „weniger als 100 Mil- ersten Mal dem Wählervotum stellen. jedoch sei man dem Ziel, die bewaff- lionen Tonnen“ pro Jahr über Durban Ihre Regierung wurde im vergangenen neten Konflikte zu beenden, nicht und Richards Bay in Südafrika sowie Jahr von einem immensen Korrup- nähergekommen. Renamo, bei den INDABA 82/14 11
südliches afrika ............... Gesprächen angeführt von der Abge kehren zurück, er verliebt sich in eine keit der Kommissionen gegen Korrup- ord neten Saimone Macuiana, hatte Jugendfreundin, Dineo, die als Lehrerin tion und für die Medien soll darüber eine gemeinsame Pressekonferenz angestellt ist. Durch sie lernt er die hinaus garantiert werden. ebenso abgelehnt wie die Unterzeich- mystische Schönheit des Landes, das Der Bericht, der von Abel Chikomo, nung einer Absichtserklärung, die er schon halb vergessen hatte, und Exekutivdirector des Zimbabwe Hu- Meinungsverschiedenheiten auf friedli- die Härte des Lebens in den Bergen man Rights NGO Forum, präsentiert chem Weg auszutragen. Renamo- kennen. Eine Reise ins Innere, die der wurde, bezieht sich auf die Reaktionen Vorsitzender Afonso Dhlakama lehnte Film in ruhigen, harmonischen Bildern der Regierung auf die Empfehlungen weiters ein persönliches Gespräch nachzuzeichnen versucht. Auch unser des Menschenrechtsrates der Verein- mit Staatspräsident Armando Gue- diesmaliges Titelfoto ist dem Film ten Nationen 2011; damals hatte die buza ab, zu dem die Mediatoren der entnommen. Regierung in Harare 130 Vorschläge Gespräche geraten hatten, um die von 177 akzeptiert. Zur praktischen Situation zu entspannen. Kaum Verbesserung bei Men- Umsetzung sei allerdings nicht viel schenrechten in Zimbabwe. Laut geschehen, so die NGOs. Erster Film Lesothos wurde aus- einem Bericht von Nichtregierung- gezeichnet. Der in Lesotho und Südaf- sorganisationen, der Ende März in Geburtstag Mugabes. Seinen 90. rika gedrehte Streifen „The Forgotten Harare vorgestellt wurde, macht die Geburtstag feierte Zimbabwes umstrit- Kingdom“ gewann im April in New Umsetzung der Menschenrechtsbe tener Staatspräsident. Robert Mugabe York den renommierten Haskell Wex- stimmungen der neuen Konstitu- wurde am 21. Februar 1924 in Fort ler Award for Best Cinematography. tion sowie anderer diesbezüglicher Victoria (heute Masvingo) geboren und Gestaltet von Andrew Mudge (Regie) Vorschläge kaum Fortschritte. So ist in in der Kutama Mission nordwestlich der und Carlos Carvalho (Photographie) der Verfassung die Einrichtung einer Hauptstadt Salisbury (heute Harare) erzählt der Film die Geschichte eines National Peace and Reconciliation katholisch erzogen. Im katholischen jungen arbeitslosen Mannes, Atang Commission (NPRC) vorgesehen, die Stu d entenverband begann seine Mokoenya, der in einem Township sich um Vergangenheitsbewältigung Laufbahn. Als Geburtstagsgeschenk von Johannesburg lebt und in seine und Versöhnung kümmern soll; die drucken wir ein frühes Foto Mugabes Heimat Lesotho zurückkehrt, um in dafür notwendigen gesetzlichen Be ab, aufgenommen 1951 bei einer einem abgelegenen Dorf in den Bergen stimmungen wurden jedoch nicht Veranstaltung der National Catholic seinen verstorbenen Vater zu begra- erlassen. Ebenso wurden ben. Erinnerungen an seine Kindheit weder der drakonische Public Order and Security Act (POSA) noch andere Sicherheitsg esetze wie vorgesehen widerrufen bzw. novelliert. Maßnah- men zur Wiederherstel- lung der Verantwortlichkeit der Sicherheitskräfte für Übergriffe und Gewalt- tätigkeit wurden ebenfalls keine getroffen. Die NGOs fordern die Regierung auf, für die Mugabe: Noch bescheiden im Hintergrund Zimbabwe Human Rights Commission ein Sekretariat einzurich- Federation of Students. Damals lag ten und die erforderlichen Gesetze für alles – Leistungen und Untaten – noch die NPRC und den geplanten Gender in der Zukunft... Council zu schaffen. Die Unabhängig- 12 82/14 INDABA
................. namibia Peter Jankowitsch zu Namibia Vor 20 Jahren begann die Unabhängigkeit Für den 20. März 2014, fast genau zwanzig Jahre nach Beginn des Übergangsprozesses zur Unabhängigkeit Namibias, hatte SADOCC den neuen namibischen Botschafter zu einem Vortrag eingeladen. Österreichs früherer Außenminister Peter Jankowitsch, Ehrenpräsident der Österreichischen Namibia-Gesellschaft, leitete den Abend mit einem grundsätzlichen Rückblick ein, den wir im Folgenden dokumentieren. e s macht mir große Freude, heute Abend den Vortrag von Botschafter Simon Madjumo Maruta einleiten zu einen stärkeren Fokus auf diese Re- gion als auf andere. Die Anti-Apartheid Bewegung, und es war in dieser Zeit, daß ich eine enge persönliche Beziehung zu ihrem unumstrittenen Anführer, Sam Nujoma, dürfen, und das hat mehrere Gründe: auch wenn sie sich in Österreich etwas und seinen Kollegen wie Ben Gurirab Der erste ist, daß es mir die Gelegen später formierte als in anderen westli- und anderen aufbaute. heit gibt, den neuen Botschafter Na- chen Ländern, hat deshalb Namibia in Diese Kontakte, wie auch andere mibias in unserem Land zu begrüßen, ihre Kampagnen gegen die Herrschaft mit den Anführern des ANC oder der erst kürzlich in Wien angekommen Südafrikas in dieser Region inkludiert. Persönlichkeiten wie Amilcar Cabral ist, um sein Land nicht nur in Öster- Diese Kampagnen wurden, von den der PAIGC, der Afrikanischen Unab- reich zu repräsentieren, sondern auch Vereinten Nationen unterstützt, bald bei einigen Nachbarländern und vielen zum Zentrum eines weltweiten Kamp- internationalen Organisationen des fes gegen das Apartheid-Regime und UNO-Systems in Wien, wie der UNIDO, seine düsteren Einflüsse auf seine der IAEA und anderen. Nachbarschaft, besonders die frühere Das sind überaus wichtige Auf- deutsche Kolonie Südwestafrika. gaben, bei denen wir ihm viel Erfolg wünschen! Ein weiterer Grund ist das spezielle Interesse, das viele von uns hier in a ls ich in den frühen 1970ern in New York ankam als Österreichs Botschafter bei den Vereinten Na- Österreich immer für sein Land und tionen, fühlte ich mich privilegiert, an dessen Schicksal verspürt haben, diesem Kampf teilnehmen zu dürfen, besonders seinen Kampf für Unab- beginnend in den Jahren, in denen Maruta und Jankowitsch hängigkeit und Souveränität im letzten Österreich zum ersten Mal in den UN- Jahrhundert, einen Kampf, der eines Sicherheitsrat gewählt wurde. hängigkeitspartei von Guinea und der beschämendsten Kapitel des In diesen Jahren war viel Arbeit des Kap Verde, waren sehr wertvoll, da Kolonialismus auf dem afrikanischen Sicherheitsrates dem Kampf gegen sie intimes Wissen lieferten über die Kontinent beendete. das Apartheid-Regime und seine An- Probleme, mit denen die Territorien, die Dieses Interesse hat historische hänger in der Region, wie dem Smith- noch unter Kolonialherrschaft waren, Wurzeln, die Walter Sauer in seiner Regime im damaligen Südrhodesien, konfrontiert waren. meisterhaften Studie über die Beziehun gewidmet. In diesen Bemühungen Neben den Vereinten Nationen gen zwischen Österreich und Namibia suchten wir engen Kontakt zu den brachte die Teilnahme an Treffen im Detail beschreibt, Verbindungen Repräsentanten authentischer Befrei- der Blockfreien ebensolche Möglich- über Kultur und Sprache bedingten ungsbewegungen wie der SWAPO, keiten. INDABA 82/14 13
namibia ................. So kam es, daß schlußendlich 1978 der das erste Mal 1985 nach Öster- ÖMV in Namibia der UN-Sicherheitsrat die heute histo- reich kam und alle politischen Führer rische Resolution 435 verabschiedete, des Landes traf, darunter auch den Die ÖMV unternimmt mit dem die später der Blueprint für die nami- früheren Kanzler Kreisky. Einstieg in ein Offshore-Explora- bische Unabhängigkeit wurde. Man kann annehmen, daß es eines tionsprojekt in Namibia einen weite Obwohl Österreich damals nicht der Ergebnisse seines Besuchs war, ren Schritt, um das Explorations geschäft in Sub-Sahara-Afrika mehr Mitglied des Sicherheitsrates und seines ständigen Appells, kon- auszubauen. Nach dem Zukauf war, begrüßten wir diese Resolution krete Maßnahmen gegen Südafrika von Beteiligungen in Madagaskar und sprachen uns für ihre Umsetzung zu ergreifen, daß Österreich sich kurz und Gabun im Jahr 2013 ist das der aus. Ich wendete mich an die UN- darauf entschied, erste Sanktionen zu dritte Schritt dazu, eine signifikante Generalversammlung und forderte verhängen; eine zweite Runde von Explorationsposition in der Region Unterstützung für die SWAPO als Sanktionen folgte ein Jahr später. aufzubauen, wurde Anfang April alleinige, authentische Repräsentantin Diese schlug ich als österreichischer bekanntgegeben. der namibischen Bevölkerung. Außenminister vor. Ich war froh, 1989 Die Transaktion beinhaltet die an einer Mission der Sozialistischen Akquisition eines 65%-Anteils an e s brauchte zehn Jahre, bis wir die Umsetzung dieser Resolution erreichten – der Grund war der sture Internationale teilzunehmen, die ersten freien Wahlen nicht nur in Namibia, sondern im ganzen Südlichen Afrika zwei Explorationsblöcken von der brasilianischen Cowan Petroleum durch Murphy Luderitz Oil Co., Ltd. Widerstand des Apartheid-Regimes zu beobachten und Sam Nujoma zu (Murphy) und ÖMV. Die ÖMV wird und seiner offenen und geheimen gratulieren, der bald der erste Präsident 25% halten, Murphy übernimmt als Alliierten in der westlichen Welt gegen des Landes wurde, mit dem überwälti- Betriebsführer des Joint Ventures die Auflösung seiner Mechanismen. genden Sieg der SWAPO. 40% der Anteile. Cowan bleibt bei Das war ein breiter Versuch des Apart- Ich kann mich an den Enthusias- 20%. Die restlichen 15% hält die heid-Regimes, seine Hegemonie in der mus und den Optimismus erinnern, nationale namibische Ölgesell- Region aufrechtzuerhalten. Obwohl den man in vielen Teilen des Landes schaft NAMCOR. es Südrhodesien verloren hatte, das in der Bevölkerung spüren konnte. Jaap Huijskes, ÖMV Vorstands 1980 unabhängig wurde, als das neue Der einzige traurige Moment war ein mitglied verantwortlich für Explora- Zimbabwe, unterstützte Südafrika Re- Besuch an Anton Lubowskis Grab, tion und Produktion: „Die Offshore- bellengruppen wie Savimbis UNITA in um einen Kranz niederzulegen. Ein Exploration in Namibia hat großes Angola und ähnliche Bewegungen in zuverlässiger Freund und Verbündeter Potential, weil die Region groß- Moçambique, um die legitimen Regier- von Sam Nujoma, der von südafrikani- teils unerforscht ist. Gleichzeitig ungen dieser Länder umzustürzen und schen Agenten ermordet worden war bietet das Gebiet gute Vorausset- sie mit südafrikafreundlichen Stroh- und so eines der letzten Opfer des zungen, um Kohlenwasserstof männern zu ersetzen. Apartheid-Regimes in Namibia wurde. fe zu finden. Die Transaktion Deshalb war es wichtig, in dieser folgt unserer Wachstumsstrate schwierigen Zeit den Druck auf Pretoria zu erhöhen und Unterstützung für Na- mibias Unabhängigkeit zu gewinnen. b ald wird ein Vierteljahrhundert vergangen sein, seit Namibia seine Unabhängigkeit gewann und ein freies, gie mit Fokus auf die Nord- see-Region, Schwarzes Meer und Möglichkeiten wie diese in demokratisches Land wurde, ein Vor- der Region Sub-Sahara-Afrika.“ in dieser Zeit war die Arbeit von Organisationen wie der globalen Anti-Apartheid-Bewegung sehr ent bild für viele afrikanische Länder. Wir freuen uns deshalb sehr darauf, was Botschafter Maruta uns gleich über Die Österreichische Namibia- Gesellschaft hat um ein Gespräch mit der ÖMV gebeten, um sich über scheidend. In Österreich hielt ich, in des heutige Namibia erzählen wird, ein allfällige ökologische Risken des verschiedenen politischen Positionen, Namibia 2014 mit einer ereignisreichen Projekts zu informieren und erfor als Mitglied des österreichischen Parla- Geschichte und einer hoffnungsvollen derlichenfalls Lösungsvorschläge ments und als Internationaler Sekretär Zukunft. zu machen. der SPÖ, weiterhin engen Kontakt mit der SWAPO und ihrem Präsidenten, Übersetzung: Magdalena Waygand 14 82/14 INDABA
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