FORSCHUNGS BERICHT CLUBKULTUR WIEN - Stefan Niederwieser Yasmin Vihaus gefördert durch

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FORSCHUNGS BERICHT CLUBKULTUR WIEN - Stefan Niederwieser Yasmin Vihaus gefördert durch
FORSCHUNGS
     BERICHT
  CLUBKULTUR
        WIEN
                  Stefan Niederwieser
                       Yasmin Vihaus

gefördert durch
FORSCHUNGS BERICHT CLUBKULTUR WIEN - Stefan Niederwieser Yasmin Vihaus gefördert durch
VORWORT
                                  Alles, was an Clubkultur fad ist, in einem Text? Ja, das geht. Der Grund ist einfach.
                                  DJ-Sets, Partys und Clubveranstaltungen stehen nicht einfach über Nacht im Falter-
                                  Programm, sie werden von langer Hand vorbereitet und viel früher schon werden sie
                                  überhaupt möglich oder unmöglich gemacht. Es sind Gesetze, Genehmigungen, Abga-
                                  ben, Regeln und Vorschriften, die darüber bestimmen, was in Wien möglich ist. Ob man
                                  nun auf einem weißen Pferd in den Club einreitet, ob man um sieben Uhr in der Früh
                                  noch tanzt, wie lautstark es dann sein darf oder ob eine Razzia mit einer gepanzerten
                                  Ordnungsdiensteinheit das Ganze auflöst, wird nicht erst am Abend selbst entschieden.
                                  All das hängt auch von zuvorkommenden Beamt*innen ab, von ihren Ressourcen oder
                                  von jenen, die denken, sie müssten sich mit einer Aktion scharf bekannt machen. Und
                                  nicht zuletzt von den Diskussionen darüber, wie eine Stadt aussehen soll, in der wir
                                  leben wollen. Alles, was an Clubkultur fad ist, führt am Ende des Tages dazu, dass sie
                                  lebt. Oder dass sie stirbt.

                                  Kultur entsteht ganz generell nicht in einem luftleeren Raum. Wien hat sich seinen her-
                                  vorragenden Ruf erarbeitet. In der Stadt gibt es drei Häuser für Musiktheater, das größte
                                  Open Air der Welt, gut besuchte Festivals, große und kleine Bühnen mit erstklassigen
                                  Konzerten aus allen Genres. Wien ist tatsächlich eine Weltstadt der Musik. Nur das mit
                                  der Clubkultur hinkt, sie ist nicht wirklich der oberste Grund, warum Menschen nach
                                  Wien kommen. Das Zeug dazu hat sie. Es gab schon einmal Jahre, da sind viele Fans
                                  elektronischer Musik aus der Welt nach Wien gereist, um moderne Bars, innovative Fes-
                                  tivals oder gehypte Clubs zu erleben. Heute wird eher gesudert, die alten Locations
                                  wären nicht mehr das, was sie mal waren, und die wenigen neuen könnten sich nicht
                                  halten. Schuld sind Nachbarn, Inspektoren oder allerlei Spaßbremsen.

                                  Andere Städte haben die Lösung gefunden, allen voran jene, die für ihre Clubkultur
                                  bekannt sind. Sie haben einen Night Mayor installiert, eine Clubcommission oder eine
                                  Art Vereinte Nationen der Clubkultur. Damit würden sich Konflikte befrieden lassen. Sie
                                  schicken Disco-Blauhelme in die Nachbarschaft hinaus und halten Wache in der Nacht.
                                  So einfach ist es selbstverständlich nicht. Die Hoffnung aber lebt.

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FORSCHUNGS BERICHT CLUBKULTUR WIEN - Stefan Niederwieser Yasmin Vihaus gefördert durch
Denn Wien muss jünger, attraktiver und noch lebenswerter sein. Kann Clubkultur das
                                  überhaupt leisten? Wie sehen dort tatsächliche Probleme aus, wer redet mit, was macht
                                  das mit dem kulturellen Angebot und wie machen das andere Städte wie Berlin oder
                                  Amsterdam genau? Solche Fragen soll dieser Forschungsbericht beantworten. Sollte
                                  sich in Wien tatsächlich der Wille finden für ein solches Projekt, was braucht es außer-
                                  dem dazu, wie kann es gelingen?

                                  Dass sich die Stadt Wien solche Fragen nicht nur stellen lässt, sondern das auch noch
                                  fördert, ist nicht selbstverständlich. An dieser Stelle muss großer Dank an die Personen
                                  ergehen, die das ermöglicht haben. Das sind konkret Kulturstadträtin Veronica Kaup-
                                  Hasler mit ihrem gesamten Büro, außerdem der Kultursprecher der Wiener Grünen
                                  Martin Margulies sowie Alexander Ostleitner und die Kulturabteilung der Stadt Wien in
                                  Person von Patricio Canete-Schreger und Maria Müllner.

                                  Ganz unmöglich wäre dieser Forschungsbericht ohne Yasmin Vihaus gewesen. Sie
                                  hat auf einen angenehmen Sommer verzichtet und ihn stattdessen mit Analysen,
                                  Recherchen und Diskussionen über Methoden, Stakeholder und Formulierungen ver-
                                  bracht. Noch dazu musste sie unzureichendes Projektmanagement erdulden. Ich danke
                                  ihr aus ganzem Herzen für ertragreiche Diskussionen, für ihre Zielstrebigkeit und ihr
                                  Engagement, das über das Zumutbare weit hinausging.

                                  Der gesamte Forschungsbericht konnte außerdem durch das gründliche, ausführliche
                                  Feedback der folgenden Personen wesentlich verbessert werden: Magdalena Augus-
                                  tin, Martina Brunner, _willi hejda, jopa, Walter Gössinger, Tobias Kovar, Stefan Stürzer,
                                  Martin Wagner. Folgende Kapitel wurden darüber hinaus ausgearbeitet oder wesentlich
                                  gestaltet durch: Konkrete Issues - Tobias Kovar. Nutzen - Tobias Kovar. Tabelle Interna-
                                  tionaler Vergleich - Martina Brunner. Finanzierung - _willi hejda. Auch ihnen möchte ich
                                  für ihr unermüdliches Engagement danken.

                                  Außerdem möchte ich meinen Eltern danken.

                                  Stefan Niederwieser

                                  Wien, 22. September 2019

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FORSCHUNGS BERICHT CLUBKULTUR WIEN - Stefan Niederwieser Yasmin Vihaus gefördert durch
“Wenn ich jedes Mal warte, bis ich eine Betriebsanlagengenehmigung habe,
                    kann ich zusperren, bevor ich aufsperr“, sagt ein Clubbetreiber über seine
                    Erfahrungen mit Wiener Behörden. Er organisiert Ausstellungen, Partys oder
                    Filmabende, er bietet Ateliers an und Raum für humanitäre Projekte. Clubkultur
                    hat in Wien heute gleichermaßen kulturelle, wirtschaftliche und soziale Relevanz.
                    Gleichzeitig tragen Betriebe ein hohes Risiko, es kommt immer wieder zu
                    Schließungen, das künftige Rauchverbot und ein neues Veranstaltungsgesetz
                    sorgen für Verunsicherung.

                    Dieser Forschungsbericht untersucht deshalb Stärken und Schwächen von
                    Wiens Clubkultur sowie die Rolle ihrer mehr als 50 Stakeholder. Erstmals
                    kann ein systematischer Abriss der Probleme gegeben werden, mit denen
EXECUTIVE SUMMARY

                    Veranstalter*innen in Wien konfrontiert sind. Sie werden durch Auflagen und
                    komplexe Verfahren belastet, Beratungen sind lückenhaft, Schallschutz stellt
                    eine erhebliche Herausforderung dar und führt in der Szene zu Ungleichheit
                    und Unsicherheit. Dabei hat die Clubkultur ein deutliches Potenzial zu wachsen,
                    sie ist relevant für Wien als Musikstadt, für das kulturelle Leben, für hohe
                    Lebensqualität und als Arbeitgeberin.

                    Weltweit sind in über 40 Städten bereits Club Commissions oder Night Mayors
                    tätig. Ein internationaler Vergleich untersucht deshalb erfolgreiche Modelle,
                    insbesondere jene in Berlin und Amsterdam. Dort kommen Beratungen aus einer
                    Hand, Lösungen werden mit Politik und Verwaltung erarbeitet. Heute gibt es
                    dort weniger Lärmbeschwerden, Freiräume sind einfacher nutzbar, Standorte
                    wurden gesichert. Zusätzlich lassen sich für Wien Konfliktlösungen ableiten,
                    etwa zum Schutz von Nachbarn.

                    Sollte Wien diesen Beispielen folgen und sich der politische Wille für eine
                    Förderung durch die öffentliche Hand finden, so stellen Ziele, die sich
                    evaluieren lassen, sicher, dass tatsächlich Wirkung erzielt wird. Diese Ziele
                    klar abzugrenzen, Verantwortung und Prozesse zu definieren und zuletzt eine
                    gründliche Personalauswahl, entschärfen dabei bedeutende Risiken. Vorerst
                    wird eine Vereinsform empfohlen und zudem Beiräte, um Koordination mit
                    Stakeholdern zu gewährleisten.
INHALT
                                  Executive Summary                   4
                                  Methodik                            7
                                  Ausgangssituation                   8
                                  SWOT Analyse                       17
                                  Stakeholder                       19
                                  Stakeholder Analyse               23
                                  Konkrete Issues                   25
                                  Relevanz                          30
                                  Nutzen                            32
                                  Internationaler Vergleich         34
                                  Potenzial                         42
                                  Konfliktlösung                    44
                                  Risikoanalyse                     49
                                  Hauptaufgaben                     51
                                  Arbeitspakete                     52
                                  Evaluierbare Projektziele         59
                                  Rechtsform                        60
                                  Schnittstellen                    67
                                  Kommunikation                     69
                                  Finanzierung                      73
                                  Quellen                           77
                                  Endnoten                          80
                                  Anhang                            86

5   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
ABKÜRZUNGS
                                                                               VERZEICHNIS
                                  AKM - Autoren, Komponisten, Musikverleger
                                  BKA - Bundeskanzleramt
                                  BMF - Bundesministerium für Finanzen
                                  BMI - Bundesministerium für Inneres
                                  BMVIT - Bundesministerium für Verkehr, Infrastruktur und Technologie
                                  IFT - Institut für Freizeit- und Tourismusforschung Österreich
                                  IGKW - IG Kultur Wien
                                  IMAS - Institut für Markt- und Sozialanalysen
                                  KIS - Kulturinfoservice der IG Kultur Wien
                                  MICA - Music Information Center Austria
                                  ÖPNV - Öffentlicher Personennahverkehr
                                  RIS - Rechtsinformationssystem
                                  SKE - Soziale und Kulturelle Einrichtungen
                                  SVA - Sozialversicherungsanstalt
                                  SWOT - Akronym für Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats
                                  VVAT - Veranstalterverband Österreich
                                  WKO - Wirtschaftskammer Österreich
                                  WKW - Wirtschaftskammer Wien

6   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
METHODIK
               Dieser Forschungsbericht untersucht Clubkultur in Wien, wie Städte international in diesem Bereich
               aktiv werden und wie vergleichbare Ziele in Wien erreicht werden können. Berichte und Studien zu
               diesen Themen gibt es in Österreich kaum, in Deutschland oder Großbritannien liegen hingegen
               einige Studien vor (siehe Quellen).

               Der Forschungsbericht beruht auf qualitativen und quantitativen Methoden. Für Stakeholder Analyse,
               Risikoanalyse oder SWOT Analyse wurde auf einschlägige Methoden zurückgegriffen. Die Methoden
               werden zu Beginn des jeweiligen Kapitels erläutert.

               Darüber hinaus beruht der Forschungsbericht auf auf über 30 Einzelinterviews mit Clubbetreiber*innen
               und Veranstalter*innen sowie mit Expert*innen, auf kollektiven Feedbackrunden, Rücksprachen mit
               entsprechenden Behörden (Primärdaten), auf Recherche von Rechtsgrundlagen, Artikeln, Statistiken
               und vorhandener Studien (Sekundärdaten). Die so entwickelten Hypothesen wurden im Sinne einer
               Grounded Theory in mehreren Feedbackrunden weiterentwickelt.

               Die Einzelinterviews fanden semi-strukturiert statt, Rücksprachen erfolgten gezielt, kollektive
               Feedbackrunden fanden offen zwischen März 2019 und August 2019 statt. Weitere Feedbackrunden
               fanden semi-strukturiert von Juli 2019 bis September 2019 statt. Die Aufzeichnungen erfolgten über
               Mitschriften, Protokolle und Transkripte. Die Recherche wurden laufend zwischen Juli 2019 und
               September 2019 durchgeführt.

               Angesichts der Größe des Feldes und begrenzter Zeit beruhen manche Hypothesen nicht auf
               ausreichend Feedback. Sie bedürfen weiterer Überprüfung. Dies betrifft insbesondere die späteren
               Kapitel. Schlussfolgerungen im Forschungsbericht sind insofern als Optionen zu verstehen, nicht als
               Handlungsanweisung.

               Der Forschungsbericht wurde gefördert durch die MA 7 - Kulturabteilung der Stadt Wien. Es erfolgte
               keine Beauftagung. Eine Beeinflussung der Ergebnisse durch die Auftraggeberin war insofern nicht
               möglich.

7   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
Wien ist eine Stadt der Musik, eine Stadt großer Todessehnsucht und
                                                         großer Lebensfreude. Es wurden opulente Bälle gefeiert, in der Ersten
                                                         Republik blühten das Kabarett und Varieté auf. In den Sechzigern,
                                                         Siebzigern und Achtzigern brachten Diskotheken, Clubs und Bars den
                                                         Klang der neuen Welt nach Österreich. In der Wahrnehmung junger
                                                         Menschen war Wien aber oft eine tote Stadt. Das änderte sich mit Fall
                                                         des Eisernen Vorhangs.

                                                         In den Neunzigern wurde Wien zu einem sehr wichtigen Zentrum
                                                         elektronischer Musik. Vienna Downtempo - und allen voran Kruder &
                                                         Dorfmeister - wurde in Europa, in Japan und den USA gefeiert. Zusätzlich
                                                         schuf sich die elektronische Avantgarde in Wien eine globale Nische.
AUSGANGSSITUATION

                                                         Künstler wie Fennesz, Radian, Peter Rehberg, das Label Mego, die
                                                         Festivals Phonotaktik und Wien Modern oder die Rhiz Bar waren weit
                                                         über Landesgrenzen bekannt. Man blickte nach Wien. An Akademien
                                                         und Universitäten wurde zu Techno über utopische Potenziale geredet,
                                                         den Patrick Pulsinger oder Electric Indigo spielten, während die Türme
                                                         des Gasometer und die Sophiensäle von Clubbings widerhallten. Und an
                                                         geheimen Orten der Peripherie wurden Illegal Micro Raves veranstaltet.
                                                         Das Netzwerk Female Pressure gründete sich und wuchs schnell. Die
                                                         A-Prominenz kam aus aller Welt zum Life Ball, die Regenbogenparade
                                                         führte verkehrt um die Ringstraße, die queere Szene blühte auf.

                                                         In den Nuller Jahren machten in Wien vor allem Clubs von sich reden,
                                                         die den Geist Berlins beschworen. Die Loveparade war für drei Jahre zu
                                                         zu Gast. Clubs wie das Flex, Fluc, später Pratersauna und Grelle Forelle
                                                         wie auch der wandernde Club Icke Micke spielten Berliner Sound. Die
                                                         Akteure arbeitete professioneller, Social Media machte Marketing und
                                                         Kampagnen einfach verfügbar. Die internationale Strahlkraft Wiens ging
                                                         aber verloren. Man feierte wieder unter sich.

                                                         Ein Boom setzte Ende der Nuller Jahre ein. Zahlreiche Clubs wurden
                                                         eröffnet, die sich mit Raum-, Sound- und Eventkonzepten übertrumpften.
                                                         Während Pratersauna, Sass oder Grelle Forelle einen Spagat zwischen
                                                         wirtschaftlichen und kulturellen Aspekten versuchen, fanden in Morisson,
                                                         Celeste, Werk oder Loft längst nicht nur Partys statt. Es entwickelte sich
                                                         eine künstlerische Szene, die viele Genres und Nischen bespielt.

                                                         Die Nacht-U-Bahn, die seit 2010 am Wochenende fährt, hat die Mobilität in
                                                         der Nacht deutlich erhöht. Nicht alle neuen Locations konnten sich halten,
                                                         einige mussten wieder schließen oder wurden neu übernommen. Das

8   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
WIEN
      Festival Sound:frame erkundete die künstlerischen
      Möglichkeiten der audiovisuellen Szene. Clubkultur
      professionalisierte sich weiter, gehypte Orte und

                                                                                        X
      Veranstalter*ìnnen wechselten sich immer schneller
      ab, die Arbeitsverhältnisse blieben jedoch weiterhin

                                                                               CLUBKULTUR
      oft prekär.

      Musik wird in Clubs dabei nicht nur aufgeführt,
      sondern über Improvisationen oder DJ-Sets erst
      geschaffen. Clubs etablierten sich als Orte mit
      hoher gesellschaftlicher Relevanz, die auch für              nahe Donaufestival für internationale Perspektiven
      Performances, Foto-Ausstellungen, Lesungen,                  auf hohem Niveau. Wien profitiert dabei von seiner
      Stre e t A r t oder bi l dende Ku nst, T heater,             zentralen geografischen Lage und günstiger
      Installationen, offene Labore und diskursive                 Verkehrsanbindung.
      Formate Raum boten. Kulturelle Aspekte treten
                                                                   Gleichzeitig wurden die behördlichen Auflagen
      heute deutlich stärker hervor. Gleichzeitig
                                                                   strenger, Genehmigungen wurden aufwändiger,
      gibt es ein größeres politisches Bewusstsein,
                                                                   Kontrollen wurden genauer exekutiert, was den
      gesellschaftliche Debatten werden auch innerhalb
                                                                   längerfristigen Betrieb erheblich erschwert. Die
      der Clubkultur geführt. Diversität, Repräsentation,
                                                                   Auflagen können oft nur kommerzielle Anbieter
      Safe Spaces, feministische Clubkultur, wer nimmt
                                                                   er füllen, für kulturelle Angebote stellen sie
      Räume in Besitz, wem gehören sie, solche Themen
                                                                   teils unüberwindbare Hürden dar. Viele sind
      standen mitunter im Fokus der Szene.
                                                                   gezwungen auf Räume zurückzugreifen, die über
      Mavi Phoenix, HVOB, Dorian Concept, Soap&Skin,               alte Genehmigungen verfügen, aber für kulturelle
      Camo & Krooked, Joyce Muniz, Leyya, 5K HD, Ebow,             Veranstaltungen nur bedingt geeignet sind. Es
      Ankathie Koi, filous und andere Künstler*innen sind          stehen nur wenige freie Räume zur Verfügung.
      heute international erfolgreich. Rap hat teilweise           Open-Airs wurden oft als politische Versammlungen
      Charts in Österreich und Deutschland dominiert.              angemeldet, die das Recht auf Party und Freiräume
      Währenddessen machen Rojin Sharafi, Fauna,                   im Mittelpunkt hatten (“Spontan-Rave“). Die Reihen
      Jung an Tagen, Conny Frischauf, Alpha Tracks                 Basstrace und Heimlich etwa sind international
      oder Farce avanciert elektronische Musik, die aus            stark vernetzt.
      lokalen Szenen gewachsen ist. Labels wie Editions
                                                                   Länger schon wird gefordert, dass behördliche
      Mego, Neubau, Duzz Down San und Ashida Park
                                                                   Wege einfacher sein sollten. Seit rund zwei Jahren
      erfahren hohe internationale Aufmerksamkeit
                                                                   macht insbesondere die Idee einer Service- und
      und Vernetzung. Selbst Bands wie Wanda und
                                                                   Vermittlungsstelle in Wien die Runde, die Know
      Bilderbuch haben auf Bühnen von Clubs wichtige
                                                                   How bündeln und behördliche Entscheidungen
      Erfahrungen gesammelt.
                                                                   nachvollziehbar machen soll. Als Auslöser kann das
      Neben künstlerischer Nahversorgung durch Clubs               Scheitern des Festivals Aufwind gelten, das durch
      und Veranstalter*innen sorgen Festivals wie das              bürokratische und politische Wirren mitverursacht
      Hyperreality, Wien Modern, Waves Vienna oder das             wurde.1

9   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
Im Juli 2019 wurde eine Studie zur Wiener                              Versammlungen vereinzelt nicht erteilt. Mehrere
      N a c h t w i r ts c h a f t vo rg e s t e l l t , d i e vo n d e r    Clubs oder Bars mussten wegen Lärmbeschwerden
      Wirtschaftskammer Wien beauftragt wurde.                           2
                                                                             durch Anrainer*innen schließen. Außerdem haben
      Sie sieht eine sehr positive Entwicklung, die                          in jüngster Zeit keine großen oder mittelgroßen
      Nachtwir tschaft sei kulturell, wir tschaftlich,                       Clubs eröffnet. Heute würde es zu wenig Freiräume
      touristisch und sozial eine Bereicherung. Zudem                        geben und zu viele Vorschriften, die es vielen
      wäre sie ein enorm wichtiger Faktor im umkämpften                      Veranstalter*innen unmöglich machen würden,
      Städtetourismus-Markt. Im Herbst 2019 kommen                           sinnvoll zu arbeiten.4 Sie würden für den Nährboden
      bedeutende Veränderungen auf Clubs und                                 sorgen, aus dem alternative Kultur wie auch
      Veranstalter*innen zu. Diese stellen sie teils vor                     musikalische Erfolge entstehen.5
      Herausforderungen, sie sollen teils ihre Anliegen
                                                                             Clubkultur deckt heute eine breite Palette
      unterstützen, teils sorgen sie für Verunsicherung.
                                                                             menschlicher Bedürfnisse ab. Sie ist Arbeitgeberin
      Am 1. November 2019 tritt ein neues Tabak- und                         und bietet Orte eines solidarischen Miteinander.
      Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz                       Sie etabliert Freiräume, utopische Räume, Räume
      (kurz: Rauchverbot) in Kraft, das aller Voraussicht                    von Widerstand, Hedonismus, Begierde, Freiheit
      zu Belastungen von Nachtlokalen führen wird, weil                      und Räume, um Grenzen auszuloten. Sie schafft
      Raucher verstärkt vor Lokalen für Lärm, Müll und                       sozialen Mehrwert, ökonomischen Mehrwert und
      Geruchsentwicklung sorgen werden.                                      sie schafft künstlerischen Mehrwert.

      Ein      neues           Ve r a n s t a l t u n g s g e s e t z   in
      W i e n s o l l 2 0 2 0 i n K r a f t t r e t e n 3. D a b e i
      we rd e n Ve r a n s t a l t u n g s s t ä t t e n g e s e t z u n d
      Veranstaltungsgesetz fusioniert. Ziel ist eine
      Vereinfachung. In einer Übergangsphase dürfte
      es mindestens zu erhöhtem Informationsbedarf
      kommen.

      Die Wirtschaftskammer Wien hat im Juli 2019
      den Plan für eine zentrale Anlaufstelle für
      Veranstalter*innen und Unternehmer*innen in
      Wien vorgestellt, die in Zusammenarbeit von
      Wirtschaftsagentur, Wirtschaftskammer und Stadt
      Wien entstehen und bis 2020 arbeiten soll. Ein
      Eventboard soll sich zusätzlich um internationale
      Vermarktung kümmern.

      Der Life Ball fand 2019 zum letzten Mal statt,
      damit verlor die Stadt ihren international wohl
      meist beachteten Event. Darüber hinaus wurden
      Genehmigungen von Open Airs als politische

10   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
COMMUNITYS
                                  In Wien findet sich eine Vielzahl von Subkulturen, die sich global verbreitet haben und
                                  lokal adaptiert wurden. Sie entwickeln sich an konkreten Orten sowie durch konkrete
                                  Menschen weiter und spiegeln sich international zurück. So gibt es Musik und dazuge-
                                  hörige Communitys, die großen Widerhall finden, andere, die vor allem lokal weiterleben.
                                  Es ist schwer möglich, diese Szenen und Communitys in ihren Verästelungen vollständig
                                  zu beschreiben. Diese Aufzählung aktiver Szenen in Wien beruht deshalb auf subjektiven
                                  Beobachtungen von Programmen, Facebook-Gruppen und medialer Berichterstattung
                                  sowie Gesprächen mit Vertreter*innen aus der Clubkultur.

                                  Darüber hinaus finden in Locations der Clubkultur auch andere Communitys Möglich-
                                  keiten, zu proben, aufzutreten oder auszustellen. Einige dieser Orte bieten auch Ateliers,
                                  Proberäume oder Ausstellungsflächen für Theater, Performance, Street Art, bildende
                                  Kunst, Visualisierungen, Design oder Filmschaffende. Das untersuchte Feld betrifft also
                                  nicht nur elektronische und Live-Musik, sondern viele andere kreative Sparten.

                                                         After Hours,
                        Autonome Szene, Avantgarde Elektronik, Balkan
                       Szene, Burlesque, Drum’n’Bass, Dub / Reggae
                       / Dancehall, DIY-Szene, Free Tek, Freie Musik /
                      Improv-Szene, Goa / Psytrance, Hip Hop (Classic
                     Hip Hop, Trap Cloud Rap, Feministischer Rap), House,
                     Hybrid Club, Indie / Garage / Punk, Jazz, LGBTQ
                    (Queer, Homo Partys, Techno, Trash Partys), Neues
                   Downtempo, New New Beat (New Beat / EBM / Wave),
                  Open Airs, Sex Positive Partys, Soul / Funk, Techno,
                  Tech House / EDM, World Music / Outernational

11   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
LANDKARTE
CLUBKULTUR
                                  Diese Karten dienen als Indizien für die Verteilung und Konzentration von Orten der Club-
                                  kultur innerhalb der Stadt. Die entsprechenden Daten sind einem nicht abgeschlossenen
                                  Forschungsprojekt des Autors Stefan Niederwieser entnommen und nicht vollständig.

      Geöffnete Clubs und Bars mit Tanzfläche in Wien, Stand Frühjahr 2018:

12   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
LANDKARTE
CLUBKULTUR

      Geöffnete Clubs und Bars mit Tanzfläche in Wien (gelb), Orte, die teils noch für Kulturprogramm aber nicht mehr als Clubs
      genutzt werden (hellgelb), prominente temporäre Veranstaltungen (rot) und U-Bahn-Linien (blau), Stand Frühjahr 2018:

13   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
CLUBKULTUR
                                                                    zu vermeiden. Stattdessen sollen Behörden für die
                                                                    Bedürfnisse der Nachtwirtschaft sensibilisiert und
                                                                    bessere Vernetzung und Kommunikation unter den

POLITISCH                                                           Stakeholdern geschaffen werden. Gleichzeitig wur-
                                                                    den Anlaufstellen für das Nachtleben angekündigt,
                                                                    nämlich ein Eventboard sowie ein One-Stop-Shop
                                                                    für Veranstalter*innen.

     Im Kulturbericht der Stadt Wien wird Clubkultur
                                                                    Die Einstellung der Öffentlichkeit zu Clubkultur ist
     bisher nicht aufgeschlüsselt. Seit 2018 gibt aller-
                                                                    gespalten. Es gibt viel Publikum, das kulturelles
     dings ein Musikfachbeirat Empfehlungen ab, auf
                                                                    Angebot auch in seiner unmittelbaren Nachbar-
     deren Grundlage auch viele Projekte im Bereich der
                                                                    schaft schätzt. Lärmbelastung gilt allerdings als
     Clubkultur gefördert werden. Dabei waren unge-
                                                                    größtes Problem. Einzelne Anrainer*innen können
     fähr ein Viertel aller Projekte der urbanen Kultur
                                                                    mit Lärmbeschwerden die Existenz von Kultur-
     und der Clubkultur zuzurechnen (€ 270.000 von €
                                                                    schaffenden, Freiräumen und Betrieben gefährden.
     1.043.000 bei drei Einreichterminen seit Mai 20186).
                                                                    Es kam immer wieder zu Schließungen oder Ein-
     Im Rahmen des Programms Shift zur Förderung
                                                                    schränkungen im Betrieb. Zudem hält sich in Foren
     innovativer Kunst und Kultur kamen Förderungen
                                                                    von Boulevardmedien das Vorurteil, dass spon-
     nur am Rande der Clubkultur zu Gute.
                                                                    tane Open-Air-Partys sich nicht um Müll kümmern
                                                                    würden, oder die Meinung, dass Feiernde einfach
     Das Magistrat der Stadt Wien wiederum arbeitet
                                                                    weniger feiern sollten und indirekt den österreichi-
     im Rahmen des Programms “Wien gibt Raum” für
                                                                    schen Sozialstaat ausnutzen würden. Dass diese
     Grätzlfeste sowie kleine und große Veranstaltungen
                                                                    Meinungen aber mehrheitsfähig sind, darf ange-
     im öffentlichen Raum an einem One-Stop-Shop.
                                                                    zweifelt werden.
     Dieser Online-Assistent soll alle nötigen Formulare
     für Veranstalter*innen zentral ausgeben. Die Reali-
                                                                    Insgesamt wächst bei Behörden, Interessenvertre-
     sierung ist für 2021 bzw. 2022 angekündigt7.
                                                                    tungen und politischen Parteien das Bewusstsein
                                                                    für die kulturelle wie auch wirtschaftliche Bedeu-
     Die Wirtschaftsagentur Wien fördert Clubs und
                                                                    tung der Clubkultur. Eine IG Fort hat sich formiert
     Veranstalter*innen aktuell nur am Rande. Die
                                                                    und intern Forderungen und Interessen formuliert.
     Förderschiene “Standortinitiative”8, die für Betriebs-

                                                                                 CLUBKULTUR
     ansiedlungen oder Standortveränderungen zur
     Verfügung steht, weist eine Förderquote von 10%
     bis 20% auf, die Fördersumme beträgt maximal €

                                                                                  RECHTLICH
     500.000. Einen Call, der auf die Bedürfnisse der
     Clubkultur zugeschnitten ist, gab es bisher nicht.

     Die Wirtschaftskammer Wien hat im Juli 2019 eine
     Studie zur wirtschaftlichen Bedeutung der Nacht-
     wirtschaft vorgestellt.9 Diese rät dazu, eine neue             Vorschriften bestimmen den Rahmen, unter denen
     Struktur in der Nachtwirtschaft und neue Bürokratie            die lokale Szene arbeitet. Wie streng sie exekutiert

14   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
werden, ändert sich von Zeit zu Zeit. Während                 Interpretationsspielraum, die sie vom subjektiven
      gewisse Regeln gelockert wurden und als Erleich-              Urteil einzelner Beamt*innen abhängig machen
      terung empfunden werden, schaffen andere                      würden, die diese Regeln nicht gleichermaßen
      Ungleichheit, Unsicherheit oder Intransparenz.                transparent exekutieren können.

      Die Sperrstunde wurde im Jahr 2011 ausgewei-                  Ein einheitliches Veranstaltungsgesetz für ganz
      tet. Dafür wurden die Betriebsarten “Diskothek”               Österreich gibt es nicht. Es wird allerdings von
      und “Clubbinglounge” neu geschaffen, die erst                 der Wirtschaftskammer Wien seit einiger Zeit
      spätestens um 6 Uhr schließen müssen. Kriterien               gefordert.14
      für Diskotheken und Clubbinglounges sind laut
                                                                    Betriebsanlagengenehmigungen gelten in Wien als
      Wirtschaftskammer, dass Musik lauter als nur
                                                                    komplex und langwierig (siehe Konkrete Issues).
      Hintergrundbeschallung gespielt wird und Speise-
                                                                    Viele Genehmigungen sind teilweise alt und gelten
      angebote nicht typisch sind.10 Für Bars gilt weiterhin
                                                                    nach den Bestimmungen ihrer Zeit. Eine Neuver-
      4 Uhr als Sperrstunde.11 Bei Belästigungen, die für
                                                                    handlung ist oft nicht zielführend, weil sie mit
      Anrainer*innen “unzumutbar“ sind, kann die Sperr-
                                                                    zahlreichen Auflagen verbunden wäre, die seit der
      stunde verkürzt werden.
                                                                    Genehmigung hinzugekommen sind. Dies führt zu
      Die Vergnügungssteuer wurde 2016 abgeschafft.                 einer Ungleichheit. Neue Betriebe müssen sich an
      Zwei Jahre zuvor wurde bereits das “kleine                    Regeln halten, die für alte teils nicht gelten. Die
      Glücksspiel“ abgeschafft, die Einnahmen aus der               entsprechenden Rechtsgrundlagen sind dabei auf
      Vergnügungssteuer waren deshalb in Wien um über               unterschiedliche Gesetze verteilt.
      90 Prozent zurückgegangen.
                                                                    Das Rauchverbot wird mit 1. November 2019 in
      Die Registrierkassenpflicht wurde 2016 eingeführt.            Kraft treten. Gäste müssen ab dann das Lokal
      Betriebe ab einem Umsatz von € 15.000 und einem               zum Rauchen verlassen. Eine höhere Belastung für
      Barumsatz von € 7.500 jährlich müssen ihre Barum-             Clubs und Veranstalter*innen gilt als wahrschein-
      sätze elektronisch erfassen. Es gibt Erleichterungen          lich. Sie könnten gezwungen sein, mehr Personal
      für Vereinskantinen und Vereinsfeste gemeinnützi-             vor der Tür einzusetzen, um das Lärmaufkommen
      ger Vereine. 12                                               zu minimieren. Zudem ist nicht klar, ab wann Per-
                                                                    sonen einem Lokal zugerechnet werden (Kriterien
      Das Veranstaltungs- und Veranstaltungsstät-
                                                                    wie Umkreis, rauchende Personen, Personen mit
      ten-gesetz gilt in seiner aktuellen Form bei Clubs
                                                                    Getränken, etc. sind nicht einheitlich). Deshalb
      und Veranstalter*innen als problematisch (siehe
                                                                    haben sich über 700 Lokale zusammengeschlos-
      Konkrete Issues). Die Stadt Wien arbeitet deshalb
                                                                    sen, um eine Verfassungsklage einzubringen. Ziel
      an einem neuen Veranstaltungsgesetz, das 2020 in
                                                                    ist eine Ausnahmeregelung für Nachtlokale.15 In
      Kraft treten soll. Ziel ist eine Vereinfachung.
                              13
                                                                    seiner aktuellen Form kann das Rauchverbot in
                                                                    bestimmten Fällen existenzbedrohend werden.
      Einige Clubs und Veranstalter*innen sind dennoch
      verunsichert, sie befürchten einerseits strengere
      Regeln, die ihnen Kosten und bürokratische Hür-
      den auferlegen, andererseits Regeln mit großem

15   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
BEHÖRDLICHE
                                                                    angemeldet werden. Für die Lizenz fallen Gebühren
                                                                    an, die von der AKM gemäß Tarifregelungen errech-
                                                                    net werden. Diese Gebühr kann unter sehr speziellen

STRUKTUREN                                                          Voraussetzungen entfallen.16 Veranstaltungsstät-
                                                                    ten zahlen häufig eine Pauschale. Über mögliche
                                                                    Rabatte herrscht keine Transparenz.

      Veranstaltungen müssen angemeldet werden.                     Eignungsfeststellung von Veranstaltungsstätten:
      Dafür gelten Fristen bei unterschiedlichen Behör-             Eine Eignung muss festgestellt werden, wenn in
      den, oft müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllt            Gebäuden mehr als 200 Teilnehmer*innen erwartet
      sein, bevor gespielt werden darf. Zuständig für die           werden oder wenn im Freien mehr als 300 Teilneh-
      Anmeldung von Veranstaltungen sowie für die Eig-              mer*innen erwartet werden. Sofern Zweifel an der
      nungsfeststellung von Veranstaltungsstätten ist die           Eignung bestehen, etwa durch Lärmbeschwerden
      MA 36. Mit dem Eventcenter betreibt die MA 36                 oder Gefährdung, kann die Eignungsfeststellung
      zudem eine Beratungsstelle für Veranstalter*innen.            auch für kleinere Stätten nachgefordert werden.
      Betriebsanlagen (Musikanlage, Lüftung, etc.) müs-             Die Eignung einer Veranstaltungsstätte ist nicht zu
      sen vom Magistratischen Bezirksamt genehmigt                  verwechseln mit der Betriebsanlagengenehmigung,
      werden. Veranstaltungen müssen außerdem bei der               die von dem Magistratischen Bezirksamt bewilligt
      AKM angemeldet werden.                                        wird.17 Die Eignungsfeststellung gilt für bestimmte
                                                                    Arten von Veranstaltungen. Der Antrag ist zusam-
      Anmeldung einer Veranstaltung bei der MA 36:
                                                                    men mit Plänen und Beschreibungen einzureichen.
      Diese ist erforderlich, wenn mehr als 200 Teilneh-
                                                                    Das Magistrat prüft, zieht eventuell andere Fach-
      mer *innen erwartet werden oder die Veranstaltung
                                                                    dienststellen, Polizei und Arbeitsinspektorat hinzu
      im Freien stattfindet.
                                                                    und führt fast immer einen Lokalaugenschein durch.
                                                                    Die Eignungsfeststellung gilt, solange keine bauli-
      Fristen für Anmeldungen: Eine Anmeldung muss
                                                                    chen Veränderungen durchgeführt werden. Auch der
      spätestens eine Woche vor dem Tag der Veran-
                                                                    Stadtrechnungshof stellte fest, dass es sich hierbei
      staltung einlangen, wenn eine Eignungsfeststellung
                                                                    um eine vielfältige und teils sehr komplexe Materie
      bereits vorliegt. Wenn eine Verlängerung der Sperr-
                                                                    handelt. 18
      stunde beantragt wird (im Freien gilt 22 Uhr, in
      Räumen 2 Uhr, in Bars 4 Uhr, in Diskotheken und
                                                                    Betriebsanlagengenehmigung: Betriebsanlagen
      Clubbinglounges 6 Uhr), muss die Anmeldung zwei
                                                                    müssen vom Magistratischen Bezirksamt geneh-
      Wochen vorher einlangen. Eine Anmeldung für eine
                                                                    migt werden. Darunter fallen alle Anlagen, von denen
      Veranstaltung im Freien kann bis zum Tag vor der
                                                                    Gefahren für Gäste und Umwelt ausgehen könnten,
      Veranstaltung erfolgen, wenn weniger als 100 Teil-
                                                                    etwa Musikanlagen, Abluft, Lüftungen, Gästelärm,
      nehmer*innen erwartet werden. Das Magistrat stellt
                                                                    uvm.19 Die Genehmigung muss mit Beschreibungen,
      eine Berechtigung für die Veranstaltung aus.
                                                                    umfangreichen Plänen und Abfallwirtschaftskon-
                                                                    zept beantragt werden, bevor die Betriebsanlage
      Anmeldung einer Veranstaltung bei der AKM: Jedes
                                                                    installiert wird. Alle Änderungen der Betriebsanlage
      öffentliche Konzert und jeder Auftritt eines DJs
                                                                    müssen neu genehmigt werden.
      muss mindestens drei Tage vor der Veranstaltung

16   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
Clubkultur in Wien ist anders. Das liegt zum einen an den handelnden Personen, ihren
                                   Interessen, Vorlieben und wie sie Partys veranstalten, zum anderen an Umständen, die
                                   sie zwar schwer beeinflussen können, aber ihre Arbeit erleichtern oder erschweren.

                                   Dieses Kapitel, in dem Stärken der Clubkultur (günstige interne Faktoren), interne

                                           S
                                   Schwächen (ungünstige interne Faktoren) sowie Chancen (günstige externe Fakto-
                                   ren) und Risiken (ungünstige externe Faktoren) gegenübergestellt werden, dient laut
                                   Methodenpool von Salzburg Research zum besseren Verständnis der Wiener Clubkul-
                                   tur, ihrer signifikanten Faktoren und zur strategischen Planung.20

                                                              STRENGTH –STÄRKEN
                                                              Kulturelle Vielfalt, Hohe Aktivität in künstlerischen Nischen, Vernetzung
                                                              innerhalb der Szene, Niederschwelligkeit von Locations für Publikum und
                                                              Veranstalter*innen, Hohes politisches Bewusstsein in der Szene, Solidarischer
                                                              Umgang mit Ressourcen, Bewusstsein für Leerstand und Zwischennutzung,
                                                              Rücksichtnahme auf Bedürfnisse von Anrainer*innen
     SWOT-ANALYSE

                                           W
                                                                                         WEAKNESSES – SCHWÄCHEN
                                                                        Diversität bei Bookings, Diversität bei Clubbetreiber*innen, Diversität bei Betreuung
                                                            technischer Tätigkeiten, Vernetzung innerhalb der Nachtwirtschaft, Mangelnde Professiona-
                                                             lisierung, Know How Defizite der Akteur*innen (Gesetze, Rechte, Zuständigkeiten), Qualität
                                                                     von Beratungsangeboten, Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Ausstattung von Clubs,
                                                          Angebot in der städtischen Peripherie, Entwicklung neuer Club- und Veranstaltungskonzepte,
                                                                 Hohe Fixkosten, Wenig mittelgroße Clubs, Fehlende Sensibilität bei Sicherheitspersonal,
                                                                       Hoher Druck zur Kommerzialisierung, Konzentration der Uhrzeiten mit hohem Umsatz

17    F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
O
            OPPORTUNITIES – CHANCEN
            Anzahl potenzieller Förderinstrumente, Höheres Aufkommen von Tourist*innen, Größte Uni-
            versitätsstadt im deutschen Sprachraum, Gesellschaftliche Akzeptanz von LGBTQ Communities,
            Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Erschließung der städtischen Peripherie, Innovationspotenzial,
            Hohes publizistisches Interesse, Hohe Bekanntheit Wiens als Musikstadt, Hohe Qualität musi-
            kalischer Ausbildung, Arbeitnehmer*innenschutz, Verkehrsinfrastruktur, Sicherheit der Stadt,
            Altersvielfalt der Zielgruppe, Digitaler One-Stop-Shop Veranstaltungsanmeldung, Neues Veran-
            staltungsgesetz, Freigabe der Sperrstunde

                                                                                          T
                                                                             THREATS – RISIKEN
                        Komplexe behördliche Auflagen, Lange behördliche Fristen, Angebot von geeigneten Freiflächen und
                          Locations, Komplexe Freigabe von freien Veranstaltungsflächen, Qualität und Zahl von Forschungs-
                      ergebnissen, Treffsicherheit der Förderinstrumente, Treffsichere Ausbildungsangebote, Bewertung von
                   Kultur nach ökonomischen Kriterien, Verstärkte Lärmbeschwerden durch Rauchverbot, Gesellschaftliche
                      Akzeptanz von Clubkultur, Rechtssicherheit, Neues Veranstaltungsgesetz, Verdrängung durch Immobi-
                      lienprojekte, Städtische Verdichtung, Abhängigkeit von subjektiven Entscheidungen von Behörden und
                       Magistraten, Steigende Mieten, Abhängigkeit von Social Media, Verändertes Freizeitverhalten, Demo­
                                                                                             grafischer Wandel, Klimakrise

18   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
AKM - Autoren, Komponisten, Musikverleger
                                  Nimmt Rechteverwertung für Urheber*innen an Aufführungen (Konzerte) wahr, wickelt LSG-Gebühren ab

                                  Anrainer*innen
                                  Genießen Rechte, um vor Lärm geschützt zu werden, können mit Beschwerden den Betrieb teils erheblich einschränken

                                  Arbeitnehmer*innen im Club- und Veranstaltungsbereich
                                  Barpersonal, Technik, Buchhaltung, uvm., die meist nicht nur Angestellte sind und Arbeitnehmer*innenschutz genießen,
                                  sondern die Teil eines eingespielten Teams sind

                                  Arbeitsinspektorat
                                  Das Arbeitsinspektorat kontrolliert die Einhaltung der Vorschriften zum Arbeitnehmer*innenschutz vor Ort, darunter fallen
                                  Vorschriften zur Belastung durch Lärmeinwirkung, Gestaltung von Arbeitsplätzen, zum Lichteinfall, zu Arbeitsräumen und
                                  sanitären Anlagen sowie Arbeitszeit und Arbeitsruhe

                                  Bezirksvertretungen Kultur
                                  Sind für kulturelles Programm in den Bezirken mitverantwortlich und mögliche Fördergeber*innen, die Beträge sind i.d.R.
                                  aber gering

                                  Bundeskanzleramt
                                  Fördert Reisekosten für Künstler*innen sowie vereinzelt kulturelle Einrichtungen wie WUK oder Porgy & Bess

                                  Check-It
                                  Drogen-Info- und Beratungsstelle der Suchthilfe Wien, bei der einmal im Monat bei Veranstaltungen gratis und anonym
                                  Drogen auf ihre Inhaltsstoffe getestet werden können

                                  Clubs und Locations
STAKEHOLDER

                                  Orte, die aus einer Szene heraus mit musikalischem Programm bespielt werden sowie Treffpunkte, um in geschütztem
                                  Rahmen zu tanzen, Musik zu hören und sich auszutauschen

                                  Festivals
                                  Veranstaltungen, die meistens jährlich stattfinden, die sowohl Clubs wie auch öffentliche Flächen bespielen und mit
                                  einem Leitgedanken kuratiert werden

                                  Gruppe Sofortmaßnahmen
                                  Städtische Stelle, die bei Lärmbeschwerden akut eingreifen kann

                                  IG Fort
                                  Bündnis von Akteur*innen der Wiener Clubszene, die IG Kultur Wien, N8BM sowie Clubs, Veranstalter*innen, Sound-
                                  systeme und Räume umfasst

                                  IG Kultur Wien
                                  Vertritt die Interessen freier und autonomer Kulturschaffender, veröffentlicht Informationsbroschüren (Gründung
                                  Kulturverein, Finanzierung, Veranstalten in Wien), betreibt Kulturinfoservice mit Beratungsangeboten für Mitglieder und
                                  Nicht-Mitglieder, vergibt den Preis der Freien Szene, gefördert durch MA 7

                                  KIS - Kulturinfoservice der IG Kultur Wien
                                  Beratung zur Organisation von Veranstaltungen, Gründung und Betrieb von Kulturvereinen, Publikation von Leitfäden

                                  Kreative Räume Wien
                                  Serviceagentur für Zwischennutzungen, die Raumsuchende in rechtlichen Fragen zu Zwischennutzungen berät

19   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
Künstler*innen
                                 Musiker*innen, DJs, VJs und Kreative, die musikalisches oder audiovisuelles Programm bieten

                                 Landespolizeidirektion
                                 Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz müssen hier angemeldet werden. Open Airs werden aktuell häufig als
                                 Versammlung angemeldet. In der Praxis wird beurteilt, ob es sich um eine Veranstaltung oder eine Versammlung handelt,
                                 wenn Transparente vorhanden sind und Forderungen artikuliert werden

                                 LSG - Leistungsschutzgesellschaft
                                 Nimmt Rechteverwertung für Interpret*innen und Produzent*innen an Aufführungen wahr (etwa mit Tonträgern, digitalen
                                 Files, Streaming oder Radio), für diese Aufführungsrechte fallen 23% der AKM-Gebühren zusätzlich an

                                 MA 7 Kultur
                                 Kulturabteilung der Stadt Wien, vergibt Förderungen, seit September 2018 erstmals 1.000.000 Euro jährlich für innova-
                                 tives, zeitgenössisches, urbanes Musikschaffen (Musikbeirat macht Vorschläge, die von Stadträtin i.d.R. angenommen
                                 werden), beauftragt IG Kultur Wien mit Kulturinfoservice

                                 MA 15 Gesundheitsdienste
                                 Beurteilt mögliche Gesundheitsgefährdungen in medizinischer Hinsicht, etwa durch Schall, führt Schallmessungen in
                                 Bezug auf Anrainer*innen durch. Die Beurteilung schädigender Wirkung erfolgt nach Einschätzung des Arztes / der Ärztin

                                 MA 18 Stadtentwicklung
                                 Für Flächenwidmung und Bebauungspläne verantwortlich, arbeitet Stadtentwicklungsplan STEP 2025 aus, der 2019 eva-
                                 luiert wird, außerdem Stadtforschung und Raumanalysen

                                 MA 19 Architektur und Stadtgestaltung
                                 Außengestaltung von Lokalen kann durch Gutachter*innen vorgeschrieben werden, dies betrifft insbes. Gastgärten und
                                 Fassaden, in Wien etwa relevant für Gürtellokale

                                 MA 28 Straßenverwaltung und Straßenbau
                                 Die bei der MA 28 angesiedelte Koordinationsstelle für das Zielgebiet Donaukanal ist bei Begehungen und Verhandlungen
                                 von Clubs und Locations am Donaukanal i.d.R. anwesend

                                 MA 36 Veranstaltungswesen
                                 Ist für die Anmeldung von Veranstaltungen und Eignungsfeststellung von Veranstaltungsstätten zuständig (Personen-
                                 anzahl, Feuerschutz, Schallschutz, Notausgänge, uvm.), erteilt Auflagen, zieht andere Fachdienststellen hinzu und führt
                                 Lokalaugenscheine durch. Mit dem Eventcenter bietet die MA 36 eine Beratungsstelle für Veranstalter*innen an

                                 MA 37 Baupolizei
                                 Zuständig für Bauansuchen, Einreichungen mit Plänen, Genehmigungen, Statik, Brandschutz. Betrifft nur große Bauvor-
                                 haben (tragende Wände, statische Gutachten), nicht bei Arbeiten im Bestand (wie Lüftung, Heizung, kleine Adaptionen)

                                 MA 42 Wiener Stadtgärten
                                 Öffentliche Parkanlagen werden in Wien fast immer von den Wiener Stadtgärten erhalten, dementsprechend müssen
                                 dort geplante Veranstaltungen bei der MA 42 mindestens vier Wochen im Voraus angemeldet werden

                                 MA 45 Wiener Gewässer
                                 Erteilt Benützungsbewilligungen für Wiener Gewässer und ist für die Liegenschaftsverwaltung von Flächen, die an Wiener
                                 Gewässern liegen, zuständig. Davon ausgenommen sind die Alte Donau und der Donaukanal, die unter die Zuständigkeit
                                 der Via Donau fallen

                                 MA 46 Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten
                                 Veranstaltungen auf öffentlichen Verkehrsflächen müssen ebenfalls bewilligt werden. Anträge müssen mindestens vier
                                 Wochen vorab eingereicht werden

20   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
MA 48 Abfallwirtschaft
                                  Bietet ein Komplettservice für Veranstalter*innen, berät im Vorfeld, sorgt während und nach der Veranstaltung für
                                  Entsorgung

                                  MA 57 Frauenservice Wien
                                  Fördert Fraueneinrichtungen und Genderprojekte. Das Projekt “Rettungsanker“ gegen sexuelle Belästigung wurde im
                                  Mai 2019 als Pilotprojekt auf Nachtlokale ausgeweitet21

                                  MA 58 Wasserrecht
                                  Ist einzubeziehen, wenn Veranstaltungen direkt auf dem Wasser stattfinden und den Schiffsverkehr beeinflussen

                                  MA 59 Marktservice und Lebensmittelsicherheit
                                  Kontrolliert Rauchverbot sowie Einhaltung von Hygienestandards

                                  Magistratisches Bezirksamt
                                  Erteilt Genehmigungen von Betriebsanlagen. Als Betriebsanlagen gelten alle Gebäude, Räume, Flächen und betrieblichen
                                  Einrichtungen, in denen nicht nur vorübergehend ein Gewerbe ausgeübt wird. Darunter zählen im Kontext von Clubs und
                                  Gastronomie etwa Musik- und Lüftungsanlagen.

                                  Medien und Presse
                                  Berichten über Entwicklungen der Clubkultur, beeinflusst öffentliche Akzeptanz von Clubs und Kulturräumen

                                  Music Information Center Austria
                                  Beratung von Musiker*innen sowie Veranstalter*innen von Konzerten und Festivals, Rechtsberatung, etwa auch zur
                                  Registrierkassenpflicht

                                  Musikfachbeirat der Stadt Wien
                                  Gibt seit 2018 Empfehlungen zur Förderung durch die MA 7 ab. Förderungen betrugen bisher insgesamt knapp über €
                                  1.000.000, etwa ein Viertel davon können urbaner Kultur und Clubkultur zugerechnet werden

                                  Nest - Agentur für Leerstandsmanagement
                                  Nest erarbeitet Konzepte zur Nutzung von Leerständen und öffentlichen Räumen. Nest vermittelt Orte und kann Ansprech-
                                  partner für Veranstalter*innen sein, etwa die Creau

                                  N8BM
                                  Initiative, die öffentlich am sichtbarsten fordert, dass eine Service-, Anlauf- und Vermittlungsstelle geschaffen wird, die
                                  Interessen nächtlicher Akteur*innen bündelt. Internationale Vernetzung, Diskussionsveranstaltungen, sammelt Unter-
                                  stützer*innen und via Petition Unterschriften

                                  Open Airs
                                  Veranstaltungen, die meistens unter freiem Himmel auf öffentlichen Flächen stattfinden und häufig als politische
                                  Demonstration angemeldet werden

                                  Politische Parteien
                                  Stellen die Legislative, den Bürgermeister / die Bürgermeisterin und Stadträt*innen, die gegenüber der Verwaltung
                                  weisungsbefugt sind. Außerdem gestalten sie den rechtlichen Rahmen, in dem Clubkultur arbeitet

                                  Polizei, Ordnungskräfte
                                  Überprüfen Einhaltung aller Auflagen, können den laufenden Betrieb empfindlich einschränken und teils erhebliche
                                  Strafen aussprechen

21   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
Publikum / Gäste
                                 Sorgen als Konsument*innen für Nachfrage, sind oft auch Teil einer lebendigen Szene

                                 Security und Awareness Teams
                                 Sorgen auf Veranstaltungen für eine Atmosphäre, in der sich alle Besucher*innen sicher fühlen, können außerdem Tür-
                                 politik ausführen

                                 Shift
                                 Fördert innovative Kunst und Kultur in der städtischen Peripherie. Drei Fördercalls seit 2015, der jüngste Call mit einem
                                 Volumen von € 1.500.000, die von Basis.Kultur.Wien abgewickelt werden. Clubkultur kommt in geförderten Projekten
                                 nur am Rande vor

                                 SKE - Soziale und Kulturelle Einrichtungen
                                 Vergibt Jahresstipendien an Künstler*innen und Förderungen an Klein-Labels, die teils der Clubkultur zuzurechnen sind.
                                 Außerdem fördern sie Aufführungen, im Jahr 2018 etwa mit € 195.000

                                 Soundbase
                                 Die Musik-Schiene von WienXtra (ein durch die Stadt Wien geförderter Verein) vermittelt jungen Menschen in Wien Probe-
                                 räume und Tonstudios zu günstigen Konditionen

                                 Universität für angewandte Kunst - Master für Social Design-Arts as Urban Innovation
                                 Forscht zum Thema urbane Freiräume mit Bekenntnis zu langfristigem Engagement (gibt Reader Spaces Of Urgency, Land-
                                 karte Map Of Urgency mit einem Fokus auf Wien heraus, veranstaltet Summer School und Fokus Wochen)

                                 Veranstalter*innen
                                 Organisieren Veranstaltungen sowohl an gemieteten Orten auf regelmäßiger und unregelmäßiger Basis wie auch an
                                 öffentlichen oder zur Verfügung gestellten Flächen

                                 Via Donau
                                 Liegenschaftsverwaltung an der Alten Donau und am Donaukanal sowie Teile der Donauinsel. Bei Veranstaltungen kommt
                                 es zu einer privatrechtlichen Vereinbarung, für einmalige Veranstaltungen werden Tagessätze vereinbart, bei langfristiger
                                 Nutzung (Lokalbetrieb) ist eine Umsatzbeteiligung der Via Donau erforderlich

                                 VVAT - Veranstalterverband Österreich
                                 Beizeiten Förderung von Podiumsdiskussionen zum Thema Veranstalten / Clubkultur

                                 Wien gibt Raum
                                 Programm des Magistrats der Stadt Wien, das an einem One-Stop-Shop für Genehmigungen kleiner Veranstaltungen
                                 (geplante Realisierung 2021) und für große Veranstaltungen (geplante Realisierung 2022) arbeitet

                                 WienTourismus
                                 Der Wiener Tourismusverband betreibt Standortmarketing, ist Ansprechpartner für alle Tourismusbetriebe, leistet Presse-
                                 arbeit und vertritt die Stadt und auch ihre Clubkultur international, letztere aber nur am Rande

                                 Wirtschaftsagentur Wien
                                 Die Wirtschaftsagentur vergibt Förderungen im Bereich der Kreativwirtschaft. Über geförderte Projekte herrscht aus Grün-
                                 den des Datenschutz keine Transparenz, Clubkultur kommt aller Voraussicht nach nur am Rande vor

                                 Wirtschaftskammer Wien
                                 Vertritt die Interessen der Wiener Unternehmer*innen und bietet verschiedene Beratungsstellen, etwa zum Thema Grün-
                                 dung. Ist über das Betriebsanlagenservice bei Verhandlungen anwesend. Zudem plant die Wirtschaftskammer einen
                                 One-Stop-Anlaufstelle für Unternehmer*innen der Wiener Nachtwirtschaft sowie ein Eventboard (siehe Politische
                                 Ausgangssituation)

22   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
In der Clubkultur Wiens sind mehr als fünfzig Stakeholder involviert. Um ihre Rolle zu
                                   verstehen und einen besseren Überblick zu schaffen, sollen diese Stakeholder analysi-
                                   ert werden.

                                   Dieses Kapitel stellt typologisch dar, welche Stakeholder die Wiener Clubkultur in
                                   welcher Art und Weise beeinflußen.

                                   Sie werden nach der Methode von Mitchell, Agle und Wood kategorisiert.22 Stakeholder
                                   können in Hinsicht auf die Clubkultur drei Attribute haben, Macht (formelle, wirtschaftli-
STAKEHOLDER-ANALYSE

                                   che oder politische Macht), Legitimität (Handlungen werden als erwünscht und richtig
                                   gesehen), Dringlichkeit (Forderungen finden Aufmerksamkeit). Die Bedeutung eines
                                   Stakeholders ist je höher, umso mehr Attribute dieser aufweist. In diesem Modell kann
                                   sich die Einordnung sowohl nach Themenstellung wie auch im Laufe der Zeit ändern.

                                   Die Analyse veranschaulicht, welchen Einfluss Stakeholder auf die Wiener Clubkultur
                                   haben und auf wessen Forderungen und auf wessen Anliegen mit welcher Priorität
                                   reagiert werden soll. Auf Forderungen und Anliegen definitiver Stakeholder sollte sofort
                                   und mit hoher Priorität reagiert werden. Dominante, gefährliche und abhängige Stake-
                                   holder verdienen jedenfalls Aufmerksamkeit, auf ihre Anliegen sollte reagiert werden.

                                   Betrachtet man die Grafik der nächsten Seite, sieht man, dass die Regierungsparteien
                                   auf Landesebene sowie MA 7, MA 36 und Magistratisches Bezirksamt aktuell für die
                                   Szene jene Stakeholder mit höchster Priorität sind. Gibt es Wünsche, Forderungen oder
                                   Probleme, ist man auf Zusammenarbeit mit ihnen angewiesen. Weiters verfügen die
                                   Magistratsämter von Gesundheitsdiensten, Verkehr und Architektur im Bereich der Club-
                                   kultur über beachtliche Kompetenzen. Musikfachbeirat, Shift, Bundeskanzleramt und
                                   Wirtschaftskammer Wien könnten bedeutende Fördergeber sein, während auf Anliegen
                                   von Anrainer*innen, Gesundheitsdiensten, Arbeitsinspektorat wie auch von AKM und
                                   LSG fast immer reagiert werden muss.

  23   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
24   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
Stakeholder gestalten die Voraussetzungen, die Clubkultur in Wien begünstigen oder
                                 behindern. Dabei sind manche Hürden folgenreicher als andere.

                                 Dieses Kapitel beschreibt die größten Probleme, mit denen Wiener Clubkultur konfron-
                                 tiert ist.

                                 Diese Issues betreffen nun die Clubkultur insgesamt, sie gehen also über das Feld elek-
                                 tronischer und Live-Musik hinaus und berühren alle Felder, in denen heute im Rahmen
                                 von Clubkultur kreativ gearbeitet wird (siehe Ausgangssituation, Communitys).

                                                                                            AUFLAGEN
                                 Von Wiens Clubbetreiber*innen und Veranstalter*innen werden behördliche Rahmenbe-
                                 dingungen heute stärker als Einschränkung wahrgenommen als früher. Gesetze würden
                                 heute strenger exekutiert werden. Da für eine Mehrheit der Veranstalter*innen Gewinn
KONKRETE ISSUES

                                 nicht im Vordergrund steht, sondern Kultur- und kreative Arbeit, stellen Auflagen und
                                 Risiken, die damit einhergehen, wie auch potenzielle Strafen für sie eine Hürde dar, die
                                 eine langfristige Perspektive deutlich einschränkt.

                                                                                                     SCHALL
                                 Die Auflagen, um eine Location zu betreiben, gelten als schwer erfüllbar. Gerade in
                                 Bezug auf Schallschutz werden sie als unverhältnismäßig und kaum praktikabel wahr-
                                 genommen. Das Betreiben von Soundanlagen, die in Lautstärke und Soundqualität den
                                 internationalen Standards entspricht, gestaltet sich als enorme Herausforderung. Die
                                 Lösungsvorschläge, die von Seiten der Stadt vorgeschlagen werden (Plombierungen,
                                 etc.), beeinträchtigen das Erlebnis vor Ort erheblich, sie verändern es drastisch und
                                 können zudem sehr kostspielig sein. Bei Auffassungsunterschieden zwischen Veranstal-
                                 ter*innen und Behörden gibt es keine Möglichkeit der Schlichtung oder der Mediation.

                                 Auch etablierte Clubs können über Nacht mit Beschwerden konfrontiert sein und durch
                                 Auflagen existenziell bedroht sein. Zum einen können Geldstrafen nach Anzeigen diese
                                 belasten, zum anderen sind Schallschutzkonzepte, Dämmungen und Messungen äußerst
                                 kostspielig und können keine Verbesserung der Situation garantieren. Genehmigungen
                                 für Live-Musik werden nur selten erteilt, dadurch fehlen Räume für kulturelles Angebot.
                                 Seitens der Stadt gibt es keine unterstützende Expertise oder Förderungen, um notwen-
                                 dige Maßnahmen zum Schallschutz zu planen und umzusetzen. Internationale Standards

25   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
sind deshalb gerade für Veranstalter*innen kaum zu erreichen. Auch die Auflage, dass
                                 Arbeitnehmer*innen zu keinem Zeitpunkt einer Lärmbelastung von 85 dB (A) ausgesetzt
                                 werden dürfen23, gilt als kaum umsetzbar.

                                 Besonders kleine und mittlere Clubs und solche, die ihren Fokus auf kulturelle Angebote
                                 legen, belasten diese Auflagen, während es sich oft nur finanzkräftige Player leisten
                                 können, diese zu erfüllen. Einige mussten deswegen schließen, etwa Sub, Prime, Mar-
                                 ket, Au, altes Werk, Volksgarten Pavillon, Morisson, Ost Club, Cabaret Renz oder der
                                 Ragnarhof. In mittleren Größen ist dadurch ein Vakuum entstanden. Niederschwellige,
                                 organisch wachsende Orte wären allerdings notwendig, damit lokalen Szenen entstehen
                                 und sich entwickeln können.

                                 Clubs und Bars können zudem nicht nur für die Lautstärke im Betrieb, sondern auch für
                                 lärmende Gäste vor dem Lokal zur Verantwortung gezogen werden. Dabei ist nicht klar
                                 geregelt, wann Gäste einem Club zugeordnet werden sollen. Gerade im Hinblick auf das
                                 kommende Rauchverbot in der Gastronomie wird dies als sehr problematisch gesehen.

FASSUNGSVERMÖGEN
                                 Die Stadt spricht nur selten Eignungen aus, die das Fassungsvermögen praxis-
                                 nah abbilden. Gründe sind in seltenen Fällen der Brandschutz und Notausgänge,
                                 häufiger allerdings das vorgeschriebene Lüftungsvolumen. Dieses wird in der
                                 Szene als zu hoch wahrgenommen. Im laufenden Betrieb wird das offizielle Fas-
                                 sungsvermögen deshalb regelmäßig überschritten, da die Wirtschaftlichkeit sonst
                                 nicht garantiert werden kann. Behörden können bei Veranstaltungen das Fas-
                                 sungsvermögen unangekündigt kontrollieren und die Zahl der Gäste begrenzen,
                                 Veranstalter*innen tragen dadurch ein schwer kalkulierbares, finanzielles Risiko.

BETRIEBSANLAGE
GENEHMIGUNG
                                 Alle Auflagen werden in der Betriebsanlagengenehmigung festgehalten. Ohne diese ist
                                 kein Betrieb möglich. Die dreimonatige Frist zur Behandlung eines Antrages durch die

26   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
Behörden verlängert sich bei jeder Beanstandung um weitere drei Monate, dadurch
                                 können Verfahren sehr lange dauern. Für Genehmigungen der Betriebsarten Diskothek
                                 oder Clubbinglounge sind Auflagen aufgrund der Sperrstundenverlängerung bis sechs
                                 Uhr besonders hoch. Zuweilen geben verschiedene Beamte des selben Ressorts unter-
                                 schiedliche Empfehlungen und Auflagen zu denselben Problemstellungen. Auflagen der
                                 Betriebsanlagengenehmigung widersprechen gelegentlich denen der Eignungsfeststel-
                                 lung. Bei Auffassungsunterschieden gibt es keine Möglichkeit der Schlichtung oder der
                                 Mediation.

                                 Anrainer*innen können Bedenken anmelden, deren Grundlage nicht überprüft wird, die
                                 dennoch zu erheblichen Auflagen führen können. Mittels Berufung können einzelne
                                 Anrainer*innen die rechtskräftige Genehmigung einer Betriebsanlage teils um Jahre
                                 verzögern. Während dieser Zeit sind notwendige Adaptierungen fast nicht möglich.

EIGNUNG
                                 Auch Veranstaltungsorte, deren Eignung schon einmal festgestellt wurde, brauchen
                                 eine erneute Eignungsfeststellung, wenn die Eignung nicht für den laufenden Betrieb
                                 festgestellt wurde und über 200 Gäste erwartet werden. Die deshalb erforderliche
                                 Schallpegelmessung kostet alleine zwischen € 1.500 und € 2.500. Es müssen zahlreiche
                                 Vorschriften betreffend Heizung, Lüftung, Stromversorgung, Wandbelägen, Dämmung,
                                 Stiegen, Toiletten, Notausgänge, Notbeleuchtung, Breite der Türen, Anzahl von Tür-Per-
                                 sonal, uvm. erfüllt werden.

                                 Selbst von der Stadt geförderte, kulturelle Veranstaltungen erfahren mitunter von
                                 anderen Stellen der Stadt unverhältnismäßige Auflagen, sodass öffentliche Ressourcen
                                 vergeudet werden. Aufgrund geltender Fristen zur Anmeldung von Veranstaltungen ist
                                 es außerdem nicht möglich, Veranstaltungen im Bedarfsfall spontan an einen anderen
                                 Ort zu verlegen. Die WKW schlägt deshalb vor, dass eine Genehmigung für Veranstal-
                                 tungen nicht nötig sein sollte, wenn die Betriebsanlage bereits genehmigt ist.24

27   F O R S C H U N G S B E R I C H T C L U B K U LT U R W I E N
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