Wechselkurse und Preise - Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft: Geldpolitik, Devisenmärkte und internationales Währungssystem

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Wechselkurse und Preise - Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft: Geldpolitik, Devisenmärkte und internationales Währungssystem
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Geldpolitik in der offenen
 Volkswirtschaft:
 Geldpolitik, Devisenmärkte und
internationales Währungssystem

 Thema 3:
 Wechselkurse und Preise
 Prof. Dr. Peter Bofinger
 Sommersemester 2020
 1
Wechselkurse und Preise - Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft: Geldpolitik, Devisenmärkte und internationales Währungssystem
USD pro ARS

 0
 0,1

 0,02
 0,04
 0,06
 0,12

 0,08
 04.08.2015
 04.10.2015
 04.12.2015
 04.02.2016
 04.04.2016
 Wechselkurs
 04.06.2016
 04.08.2016
 04.10.2016
 04.12.2016
 04.02.2017
 04.04.2017
 04.06.2017
 04.08.2017
 04.10.2017
 04.12.2017
 04.02.2018
 04.04.2018
 04.06.2018
 04.08.2018
 04.10.2018
 04.12.2018
 04.02.2019
 04.04.2019
 Zinsen
 Argentinien: Kampf gegen Spekulation

 Quelle: tradingeconomics.com, Central Bank of Argentina
 Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

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Wechselkurse und Preise - Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft: Geldpolitik, Devisenmärkte und internationales Währungssystem
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Türkei: Kampf gegen Abwertung

Wechselkurs Zinsen

 Quelle: tradingeconomics.com, Turkish Central
 Bank
 EUR/TRY 2009-2019, Quelle: EZB

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Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 The „law of one price“
 „Law of one price“
 – „Gesetz“ der Preisunterschiedslosigkeit eines homogenen Gutes (unter
 Berücksichtigung der Transportkosten, Zölle etc.)
 – Abweichung führt zu Arbitrage-Prozessen (Handel), die den Ausgleich wieder
 herbeiführen
 – Ein homogenes Gut aus unterschiedlichen Währungsräumen sollte also gleich viel
 kosten, wenn dessen Preis in der gleichen Währung angegeben wird
 Bei unterschiedlichen Währung gilt also:
 Pi,€ = (1/S) Pi,$
 – Hose in Frankfurt: 80 EUR, S = 1,10 USD/EUR, Hose in New York: 88 $
 – Annahmen: Handelbarkeit des Gutes, keine Transportkosten, keine Zölle
  S = Pi,$ / Pi,€

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Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Vom „law of one price“ zur Kaufkraftparitätentheorie (KKP)
 Absolute Version:
 – aus dem „law of one price“, das für den Preis eines einzelnen Gutes gilt, wird ein
 „law of two price levels“ hergeleitet (Purchasing power parity, PPP) hergeleitet:
 • P = (1/S) P*
 • P = Inländisches Preisniveau
 • P* = Ausländisches Preisniveau
  S = P*/P
  d.h. der Wechselkurs entspricht den relativen Preisniveaus
  In der Realität spielt die absolute Version keine große Rolle, da Preisniveaus als als
 Indizes werden, bei denen nur eine Aussage im Zeitvergleich möglich ist
  Ausnahmen: Verbrauchergeldparitäten, Big Mac-Index

 5
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Absolute KKP: Verbrauchergeld-Paritäten

 Ableitung des Wechselkurses aus vergleichbaren Warenkörben:
 – Berechnung des USD-Preises für gesamten Warenkorb (z.B. deutscher Warenkorb) bei
 Erwerb der Güter in den Vereinigten Staaten
 – Berechnung des EUR-Preises desselben Warenkorbs bei Erwerb der Güter in
 Deutschland
 N N
 PCPI,t   i Pi,t mit i  0,  i  1 für das Inland
 i 1 i 1
 N N
 P*
 CPI,t    P mit i  0,
 *
 i i,t  i  1 für das Ausland
 i 1 i 1
 *
 PCPI,t
  SPPP,t 
 PCPI,t
 6
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Absolute KKP: Big Mac Index

 Big Mac Index des Economist
 Berechnung der Burger-KKP/PPP:
 – SPPP = Preis für Big Mac in lokaler Währung / Preis für Big Mac in den USA in USD
• Unter oder Überbewertung:
 – Vergleich des Big Mac - Wechselkurses mit dem nominalen Wechselkurs
 – Oder: Preis in heimischer Währung multipliziert mit dem aktuellen USD-
 Wechselkurs dividiert durch Preis in den USA
• Problem: Big Mac ist zwar ein homogenes Gut, aber nicht handelbar

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Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Big Mac-Index im Januar 2018 (1)
 nominaler Implizierter Unter(-), bzw. Unter(-), bzw.
 Wechselkurs PPP-Kurs Über(+)- Über(+)-
Country (lokale (lokale Bewertung Bewertung
 Währung je Preis in US- Währung je gegen USD in gegen USD in
 Lokaler Preis USD) Dollar USD) % (Jan2018) % (Jan2016)
Switzerland 6.50 0.96 6.76 1.23 28.12 28
Norway 49.00 7.85 6.24 9.28 18.22 12
Sweden 49.10 8.02 6.12 9.30 15.97 4
Brazil 16.50 3.23 5.11 3.13 -3.19 1
United States 5.28 1.00 5.28 1.00 0 0
Canada 6.55 1.25 5.26 1.24 -0.43 -11
Italy 4.20 0.82 5.14 0.80 -2.62 -13
France 4.20 0.82 5.14 0.80 -2.62 -15
Spain 3.95 0.82 4.84 0.75 -8.41 -18
Euro area 3.95 0.82 4.84 0.75 -8.41 -20
Germany 3.90 0.82 4.77 0.74 -9.57 -22

Wechselkurs in Lokalwährung je USD, d.h. Mengennotiz aus Sicht der USA (bzw. Preisnotiz des
 ∗
jeweiligen Landes): = Quelle: http://www.economist.com/content/big-mac-index ,Preise und Wechselkurse Januar 2018.
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Big Mac-Index im Januar 2018 (2)
 nominaler Implizierter Unter(-), bzw. Unter(-), bzw.
 Wechselkurs PPP-Kurs Über(+)- Über(+)-
Country (lokale (lokale Bewertung Bewertung
 Währung je Preis in US- Währung je gegen USD in gegen USD in
 Lokaler Preis USD) Dollar USD) % (Jan2018) % (Jan2016)
Britain 3.19 0.72 4.41 0.60 -16.42 -26
Greece 3.35 0.82 4.10 0.63 -22.33 -31
Argentina 75.00 18.94 3.96 14.20 -24.99 -31
Japan 380.00 110.73 3.43 71.97 -35.00 -36
China 20.40 6.43 3.17 3.86 -39.93 -44
Turkey 10.75 3.80 2.83 2.04 -46.46 -46
India 180.00 63.86 2.82 34.09 -46.62 -51
Poland 10.10 3.41 2.97 1.91 -43.83 -55
Mexico 48.00 18.66 2.57 9.09 -51.29 -56
Russia 130.00 56.75 2.29 24.62 -56.61 -57
South Africa 30.00 12.26 2.45 5.68 -53.65 -63
Malaysia 9.00 3.95 2.28 1.70 -56.89 -65
Ukraine 47.00 28.72 1.64 8.90 -69.00 -70
Egypt 34.21 17.70 1.93 6.48 -63.39 -71
 Quelle: http://www.economist.com/content/big-mac-index ,Preise und Wechselkurse Januar 2018.
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Von der absoluten zur relativen PPP
 Überwiegend wird die PPP nicht der absoluten Form, sondern in der relativen Form,
 d.h. in der ersten Differenz, verwendet:
 • S = P*/P

 10
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Von der absoluten zur relativen PPP
 Überwiegend wird die PPP nicht der absoluten Form, sondern in der relativen Form,
 d.h. in der ersten Differenz, verwendet:
 • S = P*/P
 • ln(S) = ln(P*)  ln(P) [ln auf beiden Seiten]

 11
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Von der absoluten zur relativen PPP
 Überwiegend wird die PPP nicht der absoluten Form, sondern in der relativen Form,
 d.h. in der ersten Differenz, verwendet:
 • S = P*/P
 • ln(S) = ln(P*)  ln(P) [ln auf beiden Seiten]
 • s = p*  p
 • st  st-1 = pt*  p*t-1  (pt  pt-1 ) [Differenz bilden]

 12
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Von der absoluten zur relativen PPP
 Überwiegend wird die PPP nicht der absoluten Form, sondern in der relativen Form,
 d.h. in der ersten Differenz, verwendet:
 • S = P*/P
 • ln(S) = ln(P*)  ln(P) [ln auf beiden Seiten]
 • s = p*  p
 • st  st-1 = pt*  p*t-1  (pt  pt-1 ) [Differenz bilden]
 • Δs = Δp*  Δp = *  
  Die Veränderung des nominalen Wechselkurses wird bestimmt durch die
 Unterschiede in den nationalen Inflationsraten
 – Wenn beispielsweise die Inflation in den USA höher ist als im Euroraum sollte der
 Euro gegenüber dem US-Dollar aufwerten
  Grundproblem der Kausalität: Bestimmen die Inflationsraten den Wechselkurs? Oder
 bestimmen Wechselbewegungen Unterschiede in den Inflationsraten
 13
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

Relative PPP: theoretische Grundlage für flexible Wechselkurse in den 1970er Jahren

  Harry G. Johnson, The case for flexible exchange rates, Federal Reserve
 Bank of St. Louis, Review, June 1969.

  “Flexible rates would allow each country to pursue the mixture of
 unemployment and price trend objectives it prefers, consistent with
 international equilibrium,
  equilibrium being secured by appreciation of the currencies of ‘price
 stability’ countries relative to the currencies of ‘full employment’
 countries.”

 14
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 KKP-Arbitrage-Logik I: Inflationsdifferenzen bestimmen Wechselkurs

 Wenn die Produkte in den USA durch eine höhere Inflation teurer werden
 verschlechtert sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Landes
 es kommt zu einem Defizit in der Leistungsbilanz
 und damit zu einer Abwertung des Dollar.

 Beispiel: πUSA = 10%; πEU = 5%
 SUSD/EUR↑ um 5%, d.h. Abwertung des USD gleicht die um 5% höhere Inflation in den
 USA aus
 Im theoretischen Idealfall hätte die höhere Inflation somit keinen Einfluss auf den
 realen WK
 Neutralität des Geldes im internationalen Rahmen

 15
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 KKP-Arbitrage-Logik II: Wechselkurs bestimmt Inflationsunterschiede

 Starke Abwertung des US-Dollar gegenüber dem Euro führt

 zu höherer Inflationsrate in den USA: Importe verteuern sich, Wettbewerbsfähigkeit
 verbessert sich, Löhne steigen
 zu niedrigerer Inflationsrate im Euroraum: Importe werden billiger und
 Lohnzurückhaltung der Arbeitnehmer, um preisliche Wettbewerbsfähigkeit zu
 verbessern

 Inflationsunterschiede nehmen zu

 16
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Empirie der KKP: zeitweise starke Abweichungen, mittel- bis langfristig
 Tendenz zum Ausgleich
 Kurs des Dollar in Japanischen Yen
 180

 160

 140

 120
 JPY/USD

 100 Wechselkur
 s: JPY/USD
 80
Der JPY/USD Kurs 60 PPP Kurs
gemäß der PPP wird
berechnet als: 40
St+1= 20
St [(1+¥)/(1+$)]1/12
Oder 0
 1990…
 1991…
 1992…
 1993…
 1994…
 1995…
 1996…
 1997…
 1998…
 1999…
 2000…
 2001…
 2002…
 2003…
 2004…
 2005…
 2006…
 2007…
 2008…
 2009…
 2010…
 2011…
 2012…
 2013…
 2014…
 2015…
 2016…
 2017…
 2018…
 2019…
 2020…
st+1=
st +[¥-$]*1/12
 17
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Identischer Befund für USD/EUR-Kurs
 Kurs des Euro in Dollar
 1,8

 1,6

 1,4

 1,2
 USD/EUR

 1,0 USD/EUR

 0,8

Der USD/EUR Kurs 0,6 PPP Kurs
gemäß der PPP wird
berechnet als: 0,4
St+1=
 0,2
St [(1+$)/(1+€)]1/12
Oder 0,0
st+1=
 1999-01

 2000-01

 2001-01

 2002-01

 2003-01

 2004-01

 2005-01

 2006-01

 2007-01

 2008-01

 2009-01

 2010-01

 2011-01

 2012-01

 2013-01

 2014-01

 2015-01

 2016-01

 2017-01

 2018-01

 2019-01

 2020-01
st +[$-€]*1/12
 18
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Empirische Überprüfung der KKP
Rogoff (1996JEL), „The Purchasing Power Parity Puzzle“:
 Es gibt aus den ökonometrischen Tests der KKP einen Konsens, dass sich der reale
 Wechselkurse auf lange Frist gemäß der KKP entwickelt.
 Dies gilt vor allem für Länder mit sehr hohen Inflationsraten.
 Kurzfristig gibt es aber erhebliche Abweichungen vom KKP (hohe Volatilität des realen WK),
 welche meist über 3-4 Jahre aufrechterhalten werden.

Taylor A./Taylor M. (2004 JEP), „The Purchasing Power Parity Debate“:
 “In sum, however, our interpretation of the consensus view of the PPP debate— that short-run
 PPP does not hold, that long-run PPP may hold in the sense that there is significant mean
 reversion of the real exchange rate, although there may be factors impinging on the equilibrium
 real exchange rate through time—is highly reminiscent of the consensus view that held sway in
 the period before the 1970s.“
 Taylor und Taylor betonen aber auch die Notwendigkeit zur Berücksichtigung der
 Transaktionskosten und des Harrod-Balassa-Samuelson Effektes
 19
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Realer Wechselkurs als Indikator für Abweichungen von der KKP
 Absolute Version des realen Wechselkurses (Q):
 – Q= S·(P/P*)
 – Aufwertung des realen Wechselkurses bedeutet schlechtere
 Wettbewerbsfähigkeit.
 – Bei Gültigkeit der (absoluten) PPP ist Q immer gleich 1.
 Relative Version des realen Wechselkurses (Δq):
 – Δq= Δs +  – *
 – Reale Aufwertung bedeutet schlechtere Wettbewerbsfähigkeit.
 – Bei Gültigkeit der (relativen) PPP ist Δq immer gleich 0.

 20
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Realer und nominaler bilateraler Dollar-Wechselkurs des Euro

 160

 140

 120
Index 1999-01 = 100

 100
 USD/EUR
 80 Nominal

 60
 USD/EUR
 Real
 40

 20

 0
 1999-01

 2000-01

 2001-01

 2002-01

 2003-01

 2004-01

 2005-01

 2006-01

 2007-01

 2008-01

 2009-01

 2010-01

 2011-01

 2012-01

 2013-01

 2014-01

 2015-01

 2016-01

 2017-01
 21
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Formel zur Berechnung des Realen Effektiven Wechselkurses (REER):
 N


i 1
 geometrischer Durchschnitt aller Wechselkurse

eit,euro  indexierter Wechselkurs des Partnerlandes

 t
d euro  Deflator des Eurogebiets

d it  Deflator des Partnerlandes

w i  Handelsgewicht des Partnerlandes
 Vgl.: Schmitz, M. (2013); Revisiting the effective exchange
N rates of the euro, ECB Occassional Paper No 134.
w
i 1
 i 1 http://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpops/ecbocp134.pdf
 22
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Verschiedene Deflatoren für REER des Euro:

Quelle: Schmitz, M. (2013); Revisiting the effective exchange rates of the euro, ECB
Occassional Paper No 134.
http://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpops/ecbocp134.pdf
 23
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Realer und nominaler effektiver Wechselkurs des Euro
 Effektive Wechselkurse der Eurozone gegenüber den 19 wichtigsten Handelspartnern
120

115

110

105

100

 95

 90

 85

 80
 2000Q3

 2003Q1

 2005Q3

 2008Q1

 2010Q3

 2013Q1

 2015Q3
 1999Q1
 1999Q3
 2000Q1

 2001Q1
 2001Q3
 2002Q1
 2002Q3

 2003Q3
 2004Q1
 2004Q3
 2005Q1

 2006Q1
 2006Q3
 2007Q1
 2007Q3

 2008Q3
 2009Q1
 2009Q3
 2010Q1

 2011Q1
 2011Q3
 2012Q1
 2012Q3

 2013Q3
 2014Q1
 2014Q3
 2015Q1

 2016Q1
 2016Q3
 2017Q1

 2018Q3
 2018Q1

 2019Q1
 2017Q3
 Euro, Nominal effective exch. rate Euro, Real effective exch. rate CPI deflated
 Euro, Real effective exch. rate GDP deflators deflated Euro, Real effective exch. rate producer prices deflated 24
 Euro, Real effective exch. rate ULC total economy deflated Quelle: ECB Statistical Data Warehouse
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Gründe für Abweichungen von der relativen PPP (1)
 Hoher Anteil nicht
 handelbarer Güter im
 Verbraucherpreisindex/
 Warenkorb(Big Mac)
 Warenkörbe werden von
 Land zu Land unterschiedlich
 zusammengesetzt

 25
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Gründe für Abweichungen von der relativen PPP (2)
 Bei Schwankungen des nominalen Wechselkurses versuchen Exporteure, die Preise in
 Währung des Ziellandes konstant zu halten („Pricing-to-market“)
 – Verlust von Marktanteilen soll vermieden werden (exportierte Menge bleibt
 gleich).
 – Wechselkursänderungen schlagen sich auf Einnahmen in heimischer Währung und
 damit die Gewinnmarge nieder.
 – Strategie kann nur kurzfristig verfolgt werden

 Arbitrage ist oftmals nicht möglich aufgrund von Transaktionskosten im
 internationalen Handel

 26
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Gründe für Abweichungen von der relativen PPP (3)

 Harrod-Balassa-Samuelson (BS)-Effekt
 – Erklärung für dauerhafte Abweichungen von der PPP (d.h. eines langfristigen Trend
 beim realen Wechselkurs ) im Verhältnis von hoch entwickelten Ländern (H) und
 Schwellenländern (S)
 – Theorie wurde in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts für eine Welt mit
 festen Wechselkursen entwickelt
 – Wird aber auch in aktuellen Studien überwiegend bestätigt

 27
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Empirische Befunde im Zusammenhang mit dem Balassa-Samuelson Effekt

1. Preisniveau eines Landes (ausgedrückt in derselben Währung) ist mit der Höhe des
 Pro-Kopf-Realeinkommens korreliert.

2. Preisunterschiede sind vor allem bei nicht-handelbaren Gütern sehr groß.

3. Schwellenländer haben höhere Inflationsraten als Industrieländer, wobei sich dies
 nicht unbedingt auf den nominalen Wechselkurs auswirkt (reale Aufwertung relativ
 zum USD, d.h. relative PPP ist nicht erfüllt)

 28
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Annahmen des BS-Effekts
 Produktivitätsfortschritt (m) des S-Landes bei handelbaren (T) Gütern höher als im H-
 Land (Catching-up)
 Bei nicht-handelbaren (N) Gütern bestehen keine Unterschiede in der
 Produktivitätsentwicklung
 Der Anstieg der Löhne (w) wird für die gesamte Volkswirtschaft durch den
 Produktivitätsfortschritt bei den handelbaren Gütern bestimmt
 Preisentwicklung (pi) der jeweiligen Güter ergibt sich aus der Entwicklung der
 Lohnstückkosten (pi = w  mi)
 Der Inflationsrate (p) ergibt sich als Durchschnitt aus Preisentwicklung bei
 handelbaren und nicht handelbaren Gütern
 Nominaler Wechselkurs ist fest 29
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Zahlenbeispiel für BS-Effekt zwischen Schwellenland (S) und
 hochentwickelter Volkswirtschaft (H)
 mT: S = 6 %, H = 2 % (größerer Produktivitätsfortschritt von S bei handelbarem Gut)
 mN: 1 % (in beiden Ländern)
 w: S = 6 %, H = 2 %
 pT (= w  mT): S = 0 %, H = 0 %
 pN (= w  mN): S = 5 %, H = 1 %
 Annahme: 50 % handelbare und 50 % nicht-handelbare Güter im Gesamtpreisindex
 p: S = 2,5 %, H = 0,5 %
 Bei konstantem nominalen Wechselkurs wertet Währung des Schwellenlandes real um
 2% auf

 30
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Erklärung für die empirischen Befunde 1 und 2:
 Gesamtwirtschaftliche Lohnentwicklung orientiert sich an der Produktivität bei den
 handelbaren Gütern. Produktivität ist hierbei in den Industrieländern (I) wesentlich
 höher als in den Schwellenländern (S). Bei den nicht-handelbaren Gütern
 (Dienstleistungen) ist die Produktivität dagegen ähnlich.

 Produktionskosten und somit auch die Preise sind bei handelbaren Gütern in beiden
 Ländern ähnlich, aber bei nicht-handelbaren Gütern in Industrieländern deutlich höher
 als in Schwellenländern.

 Preisniveau ist somit in Industrieländern insgesamt höher als in Schwellenländern
 (oder auch Entwicklungsländern).

 31
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Erklärung für empirischen Befund 3 (unterschiedliche Inflationsraten):

 Produktivität bei handelbaren Gütern wächst in Schwellenländern schneller als in
 Industrieländern (Aufholprozess)
 Löhne wachsen in S insgesamt stärker als in I
 Dies führt aber nur bei nicht-handelbaren Gütern zu steigenden Preisen, da höhere
 Lohnkosten bei den handelbaren Gütern durch den Produktivitätszuwachs
 ausgeglichen werden
 Inflation ist in S insgesamt höher als in I und es kommt zu einer realen Aufwertung des
 Schwellenlandes
 Nominaler Wechselkurs und Wettbewerbsfähigkeit bleiben davon per se unbeeinflusst

 32
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Wirtschaftspolitische Bedeutung des BS-Effekts
 Es kann zu realen Wechselkursveränderungen kommen, die ohne Einfluss auf
 die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes sind
 – reale Aufwertung bezieht sich auf Preisindex, der nicht handelbare Güter
 einschließt
 – da sich pT in S und in H gleich entwickeln, ergibt sich bei festem nominalen
 Wechselkurs kein Wettbewerbsverlust des Schwellenlandes
 Relevanz für EWU: Wenn osteuropäische Länder in EWU eintreten und wegen
 BS-Effekt höhere Inflationsrate aufweisen als bisherige Mitgliedsländer könnte
 Euro-Inflationsrate steigen. Wegen geringem Gewicht dieser Länder (8 % am
 BIP eines erweiterten Euroraums) ist dies aber wenig relevant.

 33
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Balassa-Samuelson-Effekt in Osteuropa
 trendmäßige
 reale Aufwertung Real effective exchange rate CPI deflated
 der Währungen 180

 außerdem starke 160

 Schwankungen 140
 um den Trend
 120
 (v.a. in Polen, wo
 Index: 1999Q1=100

 der nominale 100

 Wechselkurs ggü. 80
 dem EUR seit
 60
 2000 frei
 schwankt) 40

 20

 0
 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

 Czech Koruna Hungarian Forint Polish Zloty

 34
 Quelle: ECB Statistical data warehouse
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Rolle des realen Wechselkurses in der realen
 Außenwirtschaftstheorie
 Reale Außenwirtschaftstheorie vernachlässigt Wechselkurs, da sie keine monetären
 Phänomene abbildet
 Problem: Einfluss des Wechselkurses auf internationalen Handel kann nicht abgebildet werden
 Phänomen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft wird geleugnet
 Krugman; „International competitiveness: a dangerous obsession“
 http://www.pkarchive.org/global/pop.html

 35
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Ein sehr einfaches Modell
 Ausgangspunkt: 2-Länder, 2-Güter

 Voraussetzung für Handel: jedes Land muss bei einem Gut über einen absoluten Preisvorteil
 verfügen
 – Bei Gut 1 für Inland: P1S < P1*
 – Bei Gut 2 für Ausland: P2S > P2*
 Es gilt also: (P2*/P2) < S < (P1*/P1)

 Bei Arbeit als einzigem Inputfaktor gilt: P1=Wa1
 – a: Verbrauchsfaktor = Arbeitsstunden pro Outputeinheit
 – Bei identischem Lohn in den beiden Sektoren eines Landes:
 – (W*a2*)/(Wa2) < S < (W*a1*)/(Wa1)
 – a2*/a < SW/W* < a1*/a1

 SW/W*: Realer Wechselkurs auf der Basis von Lohnkosten

 Ratio: Realer Wechselkurs auf Lohnkostenbasis entscheidend für Außenhandel
 36
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft
 Realer Wechselkurs auf der Basis von Lohnstückkosten ein wichtiger
 Indikator der Wettbewerbsfähigkeit
 125

 120

 115

 110
 Index: 1999=100

 105 Germany
 Greece

 100 Spain
 Italy
 95

 90

 85

 80
 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Quelle: AMECO/European Commission
 37
Geldpolitik in der offenen Volkswirtschaft

 Wettbewerbsfähigkeit
 Preisliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie
 130
 Ende des Bretton-Woods- Einführung Euro
 Systems
 120

 110

 100

 90

 80

 70

 60
 1967-01

 1971-01

 1984-01

 1988-01

 2001-01

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 2018-01
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 2016-01
 2017-01

 2019-01
 Preisliche Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ausgewählten Industrieländern (Deflatoren des Gesamtabsatzes)
Quelle: Bundesbank Preisliche Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Industrieländer ohne Euro-Länder
 Preisliche Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Euro-Ländern
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