Weihnachten und Rechtsextremismus - Thesen Quellen Hyperlinks
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Weihnachten und Rechtsextremismus Thesen Quellen Hyperlinks Der Verlag an der Ruhr ist weder verantwortlich für den Inhalt, die Verfügbarkeit, die Richtigkeit und die Genauigkeit der angegebenen Websites noch für deren Angebote, Links oder Werbeanzeigen. Zusammengestellt von Judith Breuer (Projekt „Weihnachten in der politischen Propaganda“) Stand: Oktober 2003
Inhalt Weihnachten und Rechtsextremismus I. Rechtsextremistische Weihnachtspropaganda – auch heute noch gefährlich? ....................... 3 Weihnachten – Ein historisch-lexikalisches Stichwort .............................................. 5 II. Beispiele publizistischer Weihnachtspropaganda aus dem rechtsextremistischen Umfeld .............. 8 „Fêter Noel – Légendes et Traditions“ von Alain de Benoist .................................... 8 „Die geweihten Nächte – Rituale der stillen Zeit“ von „Björn“ Ulbrich .................... 8 „Hausbuch Deutsche Weihnacht“ von Dietmar Munier .......................................... 14 Reprint-Ausgabe der Kalender „Vorweihnachten“ ................................................. 14 „Weihnachten – Brauchtum im Artglauben“ von Jürgen Rieger ............................. 15 Weitere über das Internet verbreitete Weihnachtspropaganda rechter Gruppierungen ........................................................................................... 16 „Wintersonnenwende“ und „Julfest“-Feiern innerhalb der Szene ......................... 16 Der „Julleuchter“ ..................................................................................................... 16 Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierte ................................................................. 17 Werbe-/Medienagenturen ...................................................................................... 17 III. „Erosion der Abgrenzung“ – Die Propaganda wirkt! ............................ 17 Kinderbuch: „Winterlicht“ von Diana Monson und Maren Briswalter .................... 18 Schulen ................................................................................................................... 19 Volkshochschulen/Erwachsenenbildung ................................................................ 19 Naturmedizin ..........................................................................................................20 Ebay ........................................................................................................................20 Einzelpersonen .......................................................................................................20 Kirchen ....................................................................................................................20 Esoterik, Naturreligion, Heidentum und „Hexen“ .................................................. 21 IV. Konsequenzen? Ausstellung „Weihnachten in dunklen Zeiten“ .......................................................22 Schulbuch-Projekt „Von wegen Heilige Nacht“ ......................................................22 Zusammenfassung ..................................................................................................23 Sekundärliteratur zum Thema ................................................................................24 Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 2 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. I. Rechtsextremistische Weihnachtspropaganda – auch heute noch gefährlich? Kaum ein Datum spricht gleichzeitig so viele Al- Wohlbemerkt: Es handelt sich dabei eben nicht ters- und Bevölkerungsschichten in unserer Gesell- um neutrales Gedankengut, das vielleicht von den schaft an wie „Weihnachten“. Egal, welcher Aspekt Nationalsozialisten „nur“ aufgegriffen und miss- auch für den Einzelnen im Vordergrund stehen braucht wurde, sondern weitestgehend um Ideen, mag: Ob tiefe Religiosität oder radikale Ableh- Thesen und Texte, die in den parteiamtlichen nung, besinnliches Familienfest oder Feiertags- Dienststellen des NSDAP-Apparates entwickelt Stress – Weihnachten in Deutschland lässt nieman- wurden. den „kalt“. Doch wer steckt hinter derartigen Veröffentlichun- Umso verwunderlicher erscheint es, dass die poli- gen? Wer genauer hinschaut, entdeckt bekannte tische Dimension dieser Familienfeier nach wie vor Namen: Vordenker und Publizisten der so genann- unterschätzt wird. Und das, obwohl Missbrauch ten „Neuen Rechten“! (Zu Entstehung, Entwick- und Manipulation gerade dieses Festes eine lange lung, Strategien und Erscheinungsformen der Tradition aufzuweisen haben, angefangen vom „Neuen Rechten“ siehe Lit. [1] , S. 24.) Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 über den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, den Zu ihren zentralen Merkmalen gehören ein seriö- Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg bis ses Erscheinungsbild, eine modernisierte Ideologie hin zum „Kalten Krieg“ und der ’68er Bewegung und verbale Mäßigung. Kein Wunder also, wenn (vgl. Literatur [2–13], S. 24). ihre Propaganda für den unbedarften Betrachter meilenweit entfernt zu sein scheint von Glatzen Wer jedoch heute denkt, diese Thematik sei ein und Springerstiefeln, braunen Aufmärschen und Relikt der Vergangenheit, der irrt gewaltig! dumpfen „Ausländer raus!“-Parolen. Denn ins Gerade in jüngster Zeit häufen sich die Beispiele, Visier genommen haben die Weihnachts-Ideologen in denen dubiose „Weihnachts-Ratgeber“ eine der „Neuen Rechten“ ganz neue Zielgruppen: Gedankenwelt verbreiten, die in Wortwahl und Argumentation direkt in die Jahre 1933–45 zurück- I Menschen auf der Suche nach Sinn und führt (siehe II., S. 8 ff.). Orientierung abseits einer konsum- orientierten „Spaßgesellschaft“ Die längst widerlegte Geschichtslüge der National- I Familien, die zusammen mit ihren Kindern neue sozialisten, Weihnachten und alle damit verbunde- Feierformen für Weihnachten entdecken wollen nen Inhalte und Symbole seien auf ursprünglich I Menschen aus der ehemaligen DDR, die germanisches Brauchtum zurückzuführen, wird mit den christlichen Weihnachtstraditionen darin von den Autoren aufgegriffen und in allen eher weniger vertraut sind Details wiederbelebt. Vom „Julfest“ und der „Win- I junge Akademiker aus den Geistes- und tersonnenwende“ ist da zu lesen, von „Runen“ und Sozialwissenschaften vom „Schimmelreiter“, von „Sippengemeinschaft“ I Anhänger alternativer Lebenseinstellungen und „Ahnengedenken“ – ganze Passagen, wie sie (Esoterik, Heiden, Hexen, Naturreligionen) in der einschlägigen NS-Feierliteratur nahezu wört- lich nachzulesen sind. ! Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 3 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. I. Rechtsextremistische Weihnachtspropaganda – auch heute noch gefährlich? Mit Sicherheit würde die überwältigende Mehrheit waren u.a. folgende Dienststellen: Hauptkultur- dieser in Frage kommenden Personen „Rechtes amt in der Reichspropagandaleitung der NSDAP, Gedankengut“ an sich ablehnen. Doch was, wenn Reichsjugendführung, Schulungsdienst der HJ- der „Einstieg“ in die Szene so geschickt verschlei- DJ-JM, Reichsfrauenführung, Nationalsozialisti- ert wird wie am Beispiel Weihnachten? Wer vermu- scher Lehrerbund NSLB, NS-Kulturgemeinde, tet denn schon rechtsextremistische und verfas- NS-Volkswohlfahrt, Reichsamt „Feierabend“ sungsfeindliche Ansätze in „Hausbüchern für die KdF, Gauarbeitsgemeinschaft für Volkstums- Weihnachtszeit“? arbeit des NS-Volkskulturwerkes, Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums, „Schon vor Jahren haben Neonazistrategen ent- Dienststelle Kinderlandverschickung, Deutsche deckt, dass eine kulturelle Unterwanderung viel Arbeitsfront, Winterhilfswerk, Oberkommando effektiver ist als das Verteilen von Parteiprogram- der Wehrmacht u.v.m. (siehe [2-13] ). men und Flugblättern. (…) 2. Die Tatsache, dass sich Elemente dieser natio- Besonders angesagt in der Szene sind heidnische nalsozialistischen Weihnachts-Ideologie bis in Sonnenwendfeiern, statt Weihnachten begeht man die heutige Zeit hartnäckig am Leben gehalten das Julfest. (…) Ausgiebig bedienen sich Neonazis haben. Vor allem die Brauchtumsforschung ist im Fundus nordischer Mystik, germanischer Runen davon bis heute betroffen. So stellte z.B. die und heidnischer Riten. Weil es keine gesicherte Regensburger Volkskundlerin Esther Gajek fest Überlieferung ihrer tatsächlichen Bedeutung gibt, (siehe [6] ): „Die Quellenlage nicht achtend, wur- lässt sich alles freihändig mit Inhalten füllen. (…) de (…) in den dreißiger und vierziger Jahren von Altgermanische Fantasiewelten sind nicht nur für offiziellen Stellen die Existenz eines germani- rechte Jugendliche höchst attraktiv, zugleich faszi- schen Weihnachtsfestes verbreitet. Das geschah nierend fremd und doch irgendwie etwas Eigenes. in einer derartigen Vehemenz, dass wir (als Im weitgehend atheistischen Ostdeutschland fällt Volkskundler und Nicht-Volkskundler) immer heidnische Esoterik auf besonders fruchtbaren wieder davon eingeholt werden, denn die Hand- Boden (…). bücher und Lexika, die damals entstanden und Der sächsische Verfassungsschutz warnte schon bis heute verwendet werden, und viele Bücher vor einem Jahr, dass Heidentum und Germanenkult und Artikel sind voll von dieser Interpretation.“ ‚zunehmende Bedeutung für die Nachwuchs- 3. Erschwert wird eine saubere Abtrennung und werbung unter zunächst unpolitischen Jugendli- Stellungnahme gegen das „Julfest“ im natio- chen‘ gewinnen.“ nalsozialistischen Sinne außerdem durch die (Toralf Staud in: DIE ZEIT, vom 31.1.2002) begriffliche Vermischung mit dem skandinavi- schen „Jul“, eingedeutscht „Julfest“ als Feier der > www.nibis.de/nli1/rechtsx/ (v.a.) schwedischen Weihnacht. Dieser „Julfest“- InternetGegenRechts_B/staud.html Begriff im Sinne skandinavischer Lebensart ist hierzulande inzwischen weit verbreitet („IKEA- Folgende Umstände kommen den neu-rechten Phänomen“) und absolut positiv besetzt! Ideologen dabei zu Hilfe: Vgl. dazu auch: 1. Ein umfangreiches „Erbe“ nationalsozialis- > www.rabenclan.de/container/ tischer Feier-Literatur! Als Ideengeber beteiligt cont_midsommar.htm Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 4 www.verlagruhr.de
Ein historisch-lexikalisches Stichwort: 5. Weihnachten INFO Weihnachten – Ein historisch-lexikalisches Stichwort Weihnachten – für viele Menschen bedeutet das „germanischen“ Ursprungs des Festes. Nicht be- zunächst einmal Stress. Geschenke müssen im rücksichtigt wurde dabei aber der große zeitliche dichten Gedränge der Innenstädte zusammen- Abstand von erster Nennung zur Missionierung gekauft werden. Der Tannenbaum darf auch nicht oder gar früher germanischer Kultur – immerhin vergessen werden, ebenso wie ein opulentes Fest- doch mindestens 300–500 Jahre. mahl. Das ist Weihnachten heute – zumindest für einen Großteil der Deutschen. 813 wurde der 25. Dezember offizieller Kirchen- feiertag. Die Feierlichkeiten anlässlich Christi Ge- Angefangen jedoch hat alles ganz anders. Vor burt beschränkten sich die folgenden Jahrhunderte allem an einem anderen Zeitpunkt. Die frühen auf innerkirchliche Zeremonien und Gottesdienste. Christen nämlich feierten zunächst nur den Todes- Allerdings gewann Heiligabend an Bedeutung in tag und die Auferstehung ihres Herrn am 6. Januar. der weihnachtlichen Liturgie. 313 erlaubten die Kaiser Konstantin und Licinius das Christentum offiziell als Religion. Im 19. Jahrhundert fand eine Verweltlichung des Weihnachtsfestes statt. Es entwickelte sich zu dem Einen religiösen Gegenpol bildete zu dieser Zeit bürgerlichen Familienfest mit den heute bekannten der aus dem alten Iran stammende Gott Mithras. Komponenten: die Feierlichkeiten während der Dieser wurde im Römischen Reich als der Sonnen- Adventszeit, der Nikolaustag und Heiligabend mit gott „Sol Invectus“ (lat.: unbesiegte Sonne) ver- Bescherung zum Beispiel. Die Weihnachtsstim- ehrt, man huldigte ihm alljährlich zur Winterson- mung wurde der emotionale Indikator für ein nenwende mit einem großen Volksfest. Dessen gelungenes Fest, abseits jeglicher Sorgen und Datum war der 25. Dezember. Um die Popularität Krisen. Diese Entwicklung bot Raum zur Instrumen- dieser Gottheit einzudämmen, legte der römische talisierung des Festes. Im Deutsch-Französischen Bischof Liberius das Geburtsdatum Christi auf Krieg 1870/71 nutzte die Armeeführung Weihnach- selbigen Tag. Im Zuge der Missionierung der ger- ten als Gelegenheit, die Stimmung unter den manischen Stämme im 6.– 8. Jahrhundert gelangte Soldaten zu verbessern. dieses Datum auch in den deutschsprachigen Raum. Später entstand hier auch das Wort Weih- Aber auch das Kaiserhaus inszenierte das Fest nachten aus dem mittelhochdeutschen „ze den öffentlichkeitswirksam – nicht nur zu Kriegszeiten. wîhen nahten“, „zu den heiligen Nächten“, um Glanz und Gloria färbten auf die Oberschicht ab 1170 erstmals literarisch belegt in einem Vers des und es entwickelte sich ein Leitmotiv von der Deut- Spruchdichters Spervogel. schen Weihnacht. Die Benutzung des Weihnachts- festes zu Propagandazwecken wiederholte sich im Gerade die deutsche Herkunft des Wortes „Weih- ersten Weltkrieg in verstärkter Weise. nachten“ zitierten die Nationalsozialisten oft und gerne als einen weiteren „Beweis“ des angeblich ! Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 5 www.verlagruhr.de
Ein historisch-lexikalisches Stichwort: 5. Weihnachten INFO Gleichzeitig hat der Weihnachtsbaum seine von Stadt zu Stadt verbreitet, aber noch nicht auf Verbreitung in sämtlichen Regionen und dem Lande. Hohe Beamte und wohlhabende Bür- Bevölkerungsschichten ironischerweise dieser ger übernahmen und pflegten die neue Mode. Propaganda zu verdanken. Neben die bürgerliche Handwerkerwelt trat schon früh ein weiterer sozialer Kreis als Träger weih- In der Überlieferung sollen die Menschen (in der nachtlicher Baumbräuche ins Blickfeld: die euro- Zeit vor Christi Geburt) nur einzelne, immergrüne päische Aristokratie.“ Zweige mit in das Haus genommen haben, die sie (Weber-Kellermann, Ingeborg: Das Weihnachts- seither im Winter beeindruckt hatten und denen fest – Eine Kultur- und Sozialgeschichte der magische Kräfte zugeschrieben wurden. Aber dies Weihnachtszeit, Verlag C. J. Bucher, Luzern und hat nur sehr hypothetisch etwas mit der Weih- Frankfurt/M., 1978, S. 106 – 108) nachtsbaumtradition zu tun, ebenso wie die Palm- wedel, die in Ägypten Ende Dezember mit ins Haus Erst im 16. Jahrhundert kamen ganze Bäume in genommen worden sein sollen. Mode, die erst einmal mit Äpfeln geschmückt wur- den. Der Kerzenschmuck tauchte ca. 100 Jahre spä- Anstatt wüster Theorien und konstruierter histori- ter auf. Bis Anfang des letzten Jahrhunderts war scher Parallelsetzungen sollte man sich da besser der Weihnachtsbaum also hauptsächlich in der an das Standardwerk von Ingeborg Weber-Keller- Oberschicht verbreitet. Für viele Soldaten des ers- mann halten. ten Weltkriegs jedoch war Weihnachten „unter’m Baum“ ein derartig einprägsames Erlebnis, dass Sie schreibt dazu: „Grüne Zweige in der Mitt- sie diesen Brauch in ihre Heimat mitnahmen. winterzeit haben (…) seit langem eine lebendige Das Fest wurde allerorts gefeiert, Weihnachtsbäu- Funktion gehabt. Aber von daher – etwa unter dem me zierten Unterstände, Quartiere und Lazarette. Etikett ‚Lebensbaum‘ eine direkte Linie zum Weih- Flankiert wurden diese Maßnahmen von einer in- nachtsbaum zu ziehen und damit eine Kontinuität tensiven Berichterstattung in den Medien. herzustellen, wäre sozialgeschichtlich falsch. Auch hier gilt, dass Ähnliches nicht dasselbe ist. Seine Traurige Perfektion fand der propagandistische Entwicklungsgeschichte führt auf andere Wege. Missbrauch von Weihnachten jedoch erst, als der (…) Der heutige Weihnachtsbaum ist (…) das Er- im Grunde atheistische Nationalsozialismus das gebnis der Ausgestaltung des häuslichen Kinder- Fest für seine Zwecke entdeckte. „Wer die breite festes Weihnachten. (…) Die frühesten Belege für Masse gewinnen will, muss den Schlüssel kennen, dieses Symbol stammen aus den Festgebräuchen der zu ihrem Herzen führt“, schrieb Hitler in „Mein der Zünfte. [Sie zitiert hier Dokumente von 1570 Kampf“. Nazi-Größen wurden beispielsweise zu und1597.] Weihnachten regelmäßig in entsprechenden Posen zu Propagandazwecken eingesetzt. Aus diesem geselligen Bereich übernahmen dann allmählich die Familien das Weihnachtsbäumchen. Auf Dauer sollte Weihnachten als christlicher Das erste bisher bekannte Zeugnis für einen Weih- Brauch durch eine „Sonnwendfeier“ ersetzt wer- nachtsbaum im Privathaus (…) um 1642. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde der Weihnachtsbaumbrauch ! Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 6 www.verlagruhr.de
Ein historisch-lexikalisches Stichwort: 5. Weihnachten INFO den. Sie wurde als „authentisches Zeugnis ger- allem die Konsumorientierung und der Mangel an manischer Traditionen“ angesehen und am spiritueller Substanz stimulieren die Suche nach 21. Dezember zelebriert. Nur war der Anlass keine alternativen Feierformen. Hier bietet sich ein Nähr- Erfindung der Nazis, denn bereits in der Bieder- boden für ideologische Instrumentalisierungen, meierzeit waren ähnliche Veranstaltungen üblich. der nicht zu unterschätzen ist. Allerdings sollte die „Sonnwendfeier“ nach natio- nalsozialistischen Vorstellungen schon etwas ganz Schon im „Dritten Reich“ war der Versuch unter- Besonderes werden; sie sollte überall im Reich nommen worden, das Weihnachtsfest mit germani- nach dem gleichen, genau festgelegten Procedere scher Mythologie in Verbindung zu bringen bzw. ablaufen: Sammeln, Schweigemarsch, Feuer- durch eine Sonnenwendfeier stückweise zu erset- spruch, Entzünden, Ansprache, Kranzwurf, Ahnen- zen. Heute sind rechtsgerichtete Kräfte bestrebt, gedenken, Lichtersprüche, Führerehrung (siehe das Werk ihrer Vorgänger im Geiste zu vollenden. auch „Von wegen …“, S. 92). Eine konstruierte Affinität zwischen dem Weih- nachtsfest und germanischen Kulten ist ein erster Während des Zweiten Weltkriegs erlebte die Schritt. Gleichzeitig kann über diesen Weg eine militärische Inszenierung des Weihnachtsfestes möglichst breite Masse mit dieser positiv besetz- ihren Höhepunkt. Die „Soldatenweihnacht“ wurde ten Terminologie angesprochen werden. zu einem Mythos hochstilisiert. Aufwändige Repor- tagen berichteten von der Front, um die Moral Die Geschichte des Weihnachtsfestes ist geprägt sowie den Zusammenhalt unter Soldaten und von politischen Einflussnahmen und Versuchen der Bevölkerung zu stärken. Instrumentalisierung. Eine Geschichte, die sich bis heute fortsetzt und die Frage nach der Zukunft Heutzutage ist Weihnachten zunehmend kommer- aufwirft. In diesem Zusammenhang fordern viele ziellen Einflüssen ausgesetzt. Der Handel hat das Kirchenvertreter eine Rückbesinnung auf die Fest der Feste schon lange als Marketinginstru- Ursprünge. ment zur Umsatzsteigerung entdeckt. Die Kirchen sind allenfalls noch an Heiligabend gefüllt. Vor Wäre weniger nicht tatsächlich mehr? Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 7 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. II. Beispiele publizistischer Weihnachtspropaganda aus dem rechtsextremistischen Umfeld (Kleine Anmerkung am Rande: Mit Ausnahme des französischen Buches wurden alle hier genannten Titel über das Internet-Auktionshaus „ebay“ erworben!) ! „Fêter Noel – Légendes et Traditions“, von Alain de Benoist, Edition Pardès, Puiseaux, 1. Auflage 1982, 2. Auflage 1994 Vorreiter in Sachen „rechter“ Weihnachtspropa- Als Quellen zitiert er u.a. die Titel „Weihnachten ganda war kein Geringerer als Alain de Benoist, im Lichte der Rasseerkenntnis“ (1936), „Vor- „Cheftheoretiker“ der rechtsintellektuellen fran- weihnachtliche Feier“ (Deutsche Arbeitsfront, zösischen „Nouvelle Droite“. Mit „Fêter Noel“ 1938), „Lichtfeier“ (1940), „Im engsten Ringe – („Weihnachten feiern“) widmete er diesem Thema Weg in die Weihnachtszeit“ (Hauptkulturamt in ein ganzes Buch, reich illustriert und unterhaltsam der Reichspropagandaleitung der NSDAP, 1942), geschrieben (siehe [4, 5] ). „Nacht unter Sternen“ (Wehrmachtpropaganda- In den 6 Kapiteln Geschichte/Advent/Weihnachts- gruppe beim Wehrmachtbefehlshaber Norwegen, baum/Dekoration/Mahlzeit/Weihnachtsmann 1943) und „Es weihnachtet sehr“ (Dienststelle greift Benoist auf einschlägige Werke der national- Kinderlandverschickung, 1943). sozialistischen Feierliteratur zurück. ! „Die geweihten Nächte – Rituale der stillen Zeit“, von „Björn“ Ulbrich (d.i. Stefan Ulbrich), Arun-Verlag, Engerda 1999 > www.idgr.de/lexikon/bio/u/ulbrich-stefan/ulbrich.html > www.klick-nach-rechts.de/ticker/2003/06/arun.htm > www.taz.de/pt/2003/06/16/a0252.nf/text > www.arun-verlag.de/arun/backlist/ebu/weihnacht.html > www.arun-verlag.de/arun/backlist/ebu/weihnacht-probe.html > www.jf-archiv.de/archiv99/509yy32.htm > www.amanita.de/home/buecher/3927940526.html Der zentrale Satz in diesem „Ratgeber für Weih- Dieser „laxe“ Verzicht auf jegliche (!) Quellenan- nachten“ (so der Untertitel) findet sich in der gabe kommt allerdings nicht überraschend: Vor Danksagung: „Bei allen Nichtgenannten möchten dem Leser ausgebreitet wird in diesem Buch näm- wir uns vorsorglich entschuldigen. Genauso für lich eine Gedankenwelt, die in Wortwahl und Argu- den ‚laxen‘ Umgang mit den Quellen, aber eine mentation direkt in die Jahre 1933–45 zurückführt. kühle wissenschaftliche Zitierweise würde dem Charakter dieses Werks zuwider laufen.“ ! Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 8 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. II. Beispiele publizistischer Weihnachts- propaganda aus dem rechtsextremistischen Umfeld Von alldem ist jedoch im Vorwort zunächst noch Brauchtum zurückzuführen, wird darin von den nichts zu bemerken – ganz im Gegenteil: Wer fände Autoren aufgegriffen und in allen Details wie- sich nicht angesprochen von Sätzen wie: derbelebt. Vom „Julfest“ und der „Winterson- nenwende“ ist da zu lesen, von „Runen“ und „Jeder von uns feiert Weihnachten. (…) Aber wer vom „Schimmelreiter“, von „Sippengemein- weiß denn noch, warum wir das alles machen! Wer schaft“ und „Ahnengedenken“ – ganze Passa- ist heute noch in der Lage, einem Kind die Bedeu- gen, wie sie z.B. im „Feierbuch der deutschen tung der einzelnen Weihnachtsbräuche zu erklä- Sippe“ (1942), in den Richtlinien der „Gau- ren? Niemand kann dem Vorweihnachts-Rummel arbeitsgemeinschaft für Volkstumsarbeit“, entgehen. (…) Überall Leuchtsterne, Kränze und in den Arbeitsblättern der Reichsfrauenführung Lametta, Konsum und Kommerz. (…) Weihnachten oder in Schulungsheften für die Hitlerjugend wird oft auch zur Belastung für die Familie. Stress nachzulesen sind. mit der Vorbereitung für die Eltern, zum Teil wider- willige Pflichterfüllung bei den Jugendlichen. (…) Wohlbemerkt: Es handelt sich dabei eben nicht Irgend etwas läuft da schief. Brauchen wir heute um neutrales Gedankengut, das vielleicht von überhaupt noch Weihnachten? Sind die alten Feste den Nationalsozialisten „nur“ aufgegriffen und geeignet, wichtige Fragen der heutigen Zeit zu missbraucht wurde, sondern weitestgehend um beantworten? (…) Was können wir anders machen, originale Ideen, Thesen und Texte aus den damit Weihnachten wieder einen tiefen Sinn be- parteiamtlichen Dienststellen der NSDAP. kommt? (…) Wir wollen versuchen, der Bedeutung des weihnachtlichen Brauchtums, stellvertretend Hierzu einige konkrete Beispiele: für die Feste und Rituale des ganzen Jahres, etwas Das Kindergedicht auf S.39 ist eine leicht näher zu kommen.“ ab_gewandelte Version der „Lichtersprüche“ im Kalender „Vorweihnachten“, 1942 heraus- gegeben vom Hauptkulturamt in der Reichs- Das Buch gliedert sich dann in drei Abschnitte: propagandaleitung der NSDAP. 1. Die Einführung bildet eine kurze wissenschaft- Aus der gleichen Quelle stammen auch die lich-philosophische Abhandlung über den Kos- Bastelvorschläge für die Weihnachtsbaum- mos, Jahreskreise, Zeitdimensionen und die spitze (S. 43) oder das so genannte „Sinn- Sonne als Ursprung allen Lebens. Sie leitet gebäck“ (S. 46–50), hinter denen sich als über zur Geschichte des „Julfestes“ als „alt- „Sonnenrad“ getarnte Darstellungen des germanischem Opferfest“. Hakenkreuzes verstecken. 2. Der Hauptteil versteht sich als „praktischer Die abgebildeten „Julbogen“ (S. 52–57) zeigen Ratgeber“ zur „sinnvollen Gestaltung“ des eine verblüffende Übereinstimmung mit dem Weihnachtsfestes. Die längst widerlegte Ge- Titelblatt und Beiträgen in der „NS-Frauen- schichtslüge der Nationalsozialisten, Weihnach- warte“, Heft 11 von 1938. Aufschlussreich ist ten und alle damit verbundenen Inhalte und auch die Beschreibung einer „Sonnwendfeier“ Symbole seien auf ursprünglich germanisches auf S. 36, in enger Anlehnung an die ! Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 9 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. II. Beispiele publizistischer Weihnachts- propaganda aus dem rechtsextremistischen Umfeld 1941 veröffentlichten Richtlinien der „Gau- > www.doew.at/thema/thema_alt/ arbeitsgemeinschaft für Volkstumsarbeit“. ns_wissen/wolfram/kurz.html Das Lied „Hohe Nacht der klaren Sterne“ > www.doew.at/thema/thema_alt/ von Hans Baumann (S. 66) darf dabei natürlich ns_wissen/wolfram/wolfram.html auch nicht fehlen! > www.volkstanz.at/Others/Personen/ Wolfram_01.html > www.ammermann.de/ hans_baumann.htm Und dann ist da noch der von den Autoren vor- > http://ingeb.org/hbaumann.html gestellte „Julleuchter“ aus Ton: Er wurde 1938 > www.asatru-online.de/lieder/ von der Porzellanmanufaktur Allach in limitier- honacht.htm ter Auflage hergestellt und diente dem Reichs- In der Danksagung am Schluss des Buches führer-SS Heinrich Himmler als Weihnachts- fallen zwei Namen besonders ins Auge: geschenk für verdiente SS-Angehörige. Eine Otto Huth (1906 – 1998) leitete im Rang eines genaue Replik dieses Leuchters wird schließlich SS-Obersturmbandführers ein dem „SS-Ahnen- zum Kauf angeboten und kann bei den Autoren erbe“ unterstelltes Institut für „indogermani- per Versandhandel bestellt werden. sche Glaubensgeschichte“ in Straßburg. Er wirkte dort an der ideologischen Umgestal- Die Aussage von Björn Ulbrich „Die Zuordnung tung des Weihnachtsfestes mit (siehe [2] ). meiner Person zum Rechtsextremismus stützt Seine Arbeiten wurden noch bis in jüngere Zeit sich ausschließlich auf meine Jugendzeit“ (aus in der rechten Szene publiziert, u.a. im Umfeld einem Interview während der Frankfurter Buch- des Thule-Seminars. messe 1996) bedarf da wohl einer Korrektur … > www.idgr.de/lexikon/stich/a/ahnenerbe/ > www.klammeraffe.org/~hagundhexe/ ahnenerbe.html archiv2/file4.html > www.thule-seminar.org/HTML/ ELEMENTE/elemente-start.htm 3. Am Schluss des Buches steht dann eine kurze Richard Wolfram (1901 – 1995) leitete die Zusammenfassung unter dem Titel „Brauchen ebenfalls dem „SS-Ahnenerbe“ unterstellte wir heute überhaupt noch Religion?“ „Forschungsstätte für germanisch-deutsche Volkskunde“ in Salzburg. Er war Mitglied der Spätestens hier outen sich Ulbrich und sein Waffen-SS (seit 1943 im persönlichen Stab Mitautor Holger Gerwin doch noch als Anhänger Heinrich Himmlers) und setzte seine Karriere einer biologistischen Rassedoktrin, wenn sie als Volkskundler nach Kriegsende an der Uni- feststellen: versität Wien fort. Seine Habilitationsschrift „Natürliche Religion kann man nicht auswählen „Schwerttanz und Männerbund“ von 1936 in- wie ein Parteibuch, sie ist bereits mit der Geburt spirierte Björn Ulbrich offenbar zu dem entspre- stark vorherbestimmt (…) Körper und Geist sind chenden Kapitel in den „Geweihten Nächten“. eine untrennbare Einheit, und damit haben ! Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 10 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. II. Beispiele publizistischer Weihnachts- propaganda aus dem rechtsextremistischen Umfeld auch Charakter und Einstellungen eine starke Das Buch hat, trotz sehr vielseitigen und auf den angeborene Komponente. Die sprichwörtliche ersten Blick bunt gescheckten Inhalts einen kla- Mentalität und die typischen Eigenschaften der ren, durchgängigen Aufbau: Es beginnt sehr Völker nur Erziehungs- und momentanen Um- sachlich, in der Welt unbestreitbarer Fakten und welteinflüssen zuschreiben zu wollen, ist Un- endet exzessiv ideologisierend. (…) sinn. So besitzen die unterschiedlichen Menschentypen auch eine unterschiedliche Auf den letzten ca. 8 Seiten gelangt man dann Disposition bezüglich Spiritualität und Religion. zum offensichtlichen Ziel des Ganzen: Einer Nachhaltige – genetische – Veränderungen sind hochkonzentrierten metapolitischen Theorie nur über sehr lange Zeiträume möglich. Die naturreligiöser Spiritualität. Auf diesen ‚krönen- Vorstellung, sich quasi durch bloßes Nachden- den Oberbau‘ wird der Leser zielsicher vorberei- ken für den einen oder anderen Glauben ent- tet und gleichsam hingeführt: Einmal dadurch, scheiden zu können, ist absurd (…) Heidnische dass die Autoren immer wieder einzelne (…) Religion ist nicht aggressiv, sie missioniert Partikel rechter Ideologie einstreuen; in erster nicht, sondern achtet und respektiert den frem- Linie aber durch den langsamen Aufbau im Ge- den Glauben als Ausdruck anderen Mensch- füge des Buches, indem zunächst Dinge vor- seins, solange er nicht bedrohlich wird.“ gebracht oder vorgestellt werden, gegen die eigentlich niemand etwas einwenden kann (…) In diesem Zusammenhang sind einige Rezensi- Ziel: die schrittweise Einebnung der kritischen onen aus der heidnischen (nichtmonotheis- Aufmerksamkeit. tischen) Szene beachtenswert, die sich wirklich ausgesprochen fundiert und kritisch mit Die (…) Bezüge des Buches zur rechten Szene Ulbrichs Buch auseinandersetzen. Erwähnens- und zum Nationalsozialismus spielen natürlich und lesenswert sind hier besonders: mit der Unwissenheit der Leser.“ I „Naturreligiöse Bräuche: Ja – Biologistische > www.derhain.de/ Volkstümelei: Nein Danke! – Wie Björn Ulbrich GeweihteNaechteUlbrichRezension0702.html versucht, Hexen und Heiden Fragmente neu- rechten Denkens unterzujubeln“, von Matthias Wenger und Webewölfin, Zitate: I „ARUN-Verlag: Völkisches Gedankengut – geschickt verpackt in besinnlicher Weihnachts- „ ‚Die geweihten Nächte‘ ist, wie die meisten literatur“, von Lucas Corso, Zitate: Arun-Produkte in professionellem, anspruchs- vollem Layout gestaltet. Mit einer ästhetischen „Hier kommt sie dann doch ganz offensichtlich: Integration von Texten und illustrativen Elemen- Die Art-Fremdheit. Geschickt verklausuliert und ten weckt er das Interesse auch des oberflächli- verpackt in einer Sprache, wie sie mittlerweile chen Betrachters: Man bemerkt die Vertriebs- im Gedankengut der ‚Meta-Genetik‘ der so ge- strategie eines Könners. nannten ‚Neuen Rechten‘ üblich ist. In diesem ! Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 11 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. II. Beispiele publizistischer Weihnachts- propaganda aus dem rechtsextremistischen Umfeld Absatz zeigt sich typisches völkisches Denken. Schriften betrifft, wird als gering eingeschätzt. Die verschiedenen Religionen sind hier be- 6. Über die Auflagenhöhe der Bücher des stimmten Völkern genetisch zugeordnet – eine „Arun-Verlags“ liegen keine Erkenntnisse vor.“ moderne Formulierung für die Anschauung, dass (Drucksache 14/3621 vom 16.6.2000) Rassen eine ihnen artgemäße, natürliche Reli- > www.bundestag.de/presse/hib/2000/ gion haben. Mitglieder der nordeuropäischen, 0017505.html germanischen oder keltischen Rassen leben als Christen, Juden oder Moslems also artfremd, die Offenbarungsreligionen als Ausdruck Ansehnliche Verkaufszahlen im Internet-Buch- orientalischer Mentalität passen nicht zu ihnen. handel (ersichtlich z.B. an den Verkaufsrang-Zah- Es ist müßig in einer solchen Situation zu fra- len der Anbieter) deuten dagegen auf die tatsäch- gen, ob es purer Zufall ist, dass in dem Buch lich vorhandene Breitenwirkung dieses Verlages! gerade die Juden als Ausgangspunkt für jene Die z.T. euphorischen Leser-Rezensionen speziell gemeingefährlichen Offenbarungsreligion ge- zu dem Buch „Die geweihten Nächte“ zeigen nannt werden, die zu Vernichtungskriegen und zudem, dass derartiges Gedankengut heute Kreuzzügen fähig sind. tatsächlich wieder auf fruchtbaren Boden fällt! Der Eindruck verfestigt sich: Hier denkt jemand Hier einige Zitate: in völkischen Kategorien, hier argumentiert jemand in Strukturen, die seit 150 Jahren am "„Das Buch hat mich bzgl. meines Glaubens rechten Rand der bürgerlichen Gesellschaft nachdenklich gestimmt. Alle die Höhepunkte kultiviert werden.“ im „christlichen Jahr“ sind nicht so christlich, > www.rabenclan.de/container/ wie uns von Kindheit an vermittelt wurde. cont_arun1.htm Mir erscheint die Naturreligion viel logischer und natürlicher als der Glaube, der von der kath. und ev. Kirche verbreitet wird.“ I Die „Heiden und Hexen“ sind in ihrer Einschät- zung da jedenfalls deutlich kritischer als die Bun- "„Die Autoren der ‚Geweihten Nächte‘ präsentie- desregierung, die 2000 in ihrer Antwort auf eine ren am Beispiel Weihnachten einen positiven „kleine Anfrage“ der PDS-Fraktion zu dem Ergeb- und lebendigen Gegenentwurf, ein modernes nis kam, die Einwirkungsmöglichkeiten des Arun- und natürliches Weltbild auf höchstem Niveau.“ Verlags auf den Rechtsextremismus seien nur als „gering“ einzuschätzen – und das, obwohl noch "„Wer glaubt, Weihnachten sei eine Erfindung nicht einmal die Auflagenhöhe der Bücher ermit- der Christen, ist gewaltig auf dem Holzweg. telt werden konnte … Jeder Vater, jede Mutter, jeder Lehrer und jeder Politiker – vor allem jeder Pfarrer sollte sich die- „5. Die Einwirkungsmöglichkeiten eines Klein- ses Buch zur Bettlektüre nehmen!“ verlags mit nur zwanzig aktuellen Angeboten, wovon die überwiegende Zahl unpolitische "„Ein Buch für Ästheten …“ ! Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 12 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. II. Beispiele publizistischer Weihnachts- propaganda aus dem rechtsextremistischen Umfeld "„Es ist faszinierend, wie die Autoren uralte eher verdeckt wie bei dem Weihnachtsbuch ‚Die Bräuche in unsere Gegenwart übertragen, geweihten Nächte‘) ist dadurch kleiner geworden. sodass sie wieder lebendig werden.“ Es wäre ein Missverständnis dies als eine Umkehr der Verlagsausrichtung zu werten, es ist eher eine "„Die ‚Geweihten Nächte‘ sind echtes Info- konsequente Fortführung. tainment! (…) Der Inhalt: nachvollziehbar und lehrreich. Die Sprache: klar und einfach, Der ARUN-Verlag war aufgrund der schamanischen ansprechend und eingängig.“ und heidnischen Interessen seines Besitzers nie als rechtsradikaler Verlag gedacht. Er veranschaulicht > www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/ eher jene Grauzone rechter Esoterik, die durchaus 3927940526/qid%3D1064148204/ zum rechtsradikalen Milieu in Deutschland eine 028-6305406-7938948 ideologische Anbindung aufweist und dennoch Die „Brücke zur gesellschaftlichen Mitte“ scheint den Kontakt zum demokratischen Rest der Gesell- mit diesem Buch tatsächlich erfolgreich geschla- schaft sucht. Das Verlags-Programm und die gen zu sein! Werbestrategie des ARUN-Verlags sind der (geglückte) Versuch eines doppelten Mitnahme- effekts: Im traditionell eher links ausgerichteten Zu guter Letzt hier noch ein aktuelles Zitat aus Heidenumfeld um Verständnis für Ideologie- dem heidnischen Umfeld zur offensichtlichen bestandteile der Neuen Rechten zu werben und „Querfront-Strategie“ des Arun-Verlags: gleichzeitig im rechtsradikalen Milieu Absatz- märkte für einschlägige Literatur zu nutzten.“ „Im Jahr 2003 liegt das Verlagsangebot bei mittlerweile über 70 Titeln. Das Verhältnis zu den > www.rabenclan.de/container/ politisch relevanten Schriften (ob nun offen oder cont_arun2.htm Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 13 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. II. Beispiele publizistischer Weihnachts- propaganda aus dem rechtsextremistischen Umfeld ! „Hausbuch Deutsche Weihnacht“, von Dietmar Munier, Orion-Heimreiter-Verlag, 2002 > www.idgr.de/lexikon/bio/m/munier-dietmar/munier.html Mit seiner hochwertigen Ausstattung (Großformat, Die Quellen werden dabei 320 S., Hardcover-Einband, durchgehend farbig (im Gegensatz zu den „Ge- illustriert), vermittelt es dem unbedarften Betrach- weihten Nächten“ des ter durchaus den Eindruck einer ansprechenden Arun-Verlags) zwar in Kurz- und stimmungsvoll zusammengestellten Publika- form angegeben (und erwe- tion, die sich vor allem an Familien mit Kindern cken damit den Eindruck einer wissenschaftlich richtet. korrekten Zitierweise), die Herausgeberschaft der parteiamtlichen Dienststellen jedoch komplett Bei genauerer Betrachtung entpuppt es sich als verschwiegen. Geschickt „retuschiert“ wurde auch eine Reprint-Sammlung von Texten und Illustratio- so manches „irritierende“ Detail (s.u.)! nen, die fast ausnahmslos in Zusammenhang ste- hen mit der nationalsozialistischen Weihnachts- ideologie der 30er-/40er-Jahre. # Original Die drei wichtigsten und auch seitenzahlenmäßig (159 von 320 Seiten) bedeutendsten Quellen sind die Titel „Vorweihnachten“, „Deutsche Kriegs- Reprint " weihnacht“ und „Im engsten Ringe – Weg in die Weihnachtszeit“; damit sind 50% dieses Buches unverändert übernommenes Original-Material aus dem Hauptkulturamt in der Reichspropaganda- leitung der NSDAP ! ! Reprint-Ausgabe der Kalender „Vorweihnachten“, Faksimile Verlag /Antiquariat Wieland Soyka, Bremen 1982 Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 14 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. II. Beispiele publizistischer Weihnachts- propaganda aus dem rechtsextremistischen Umfeld ! „Weihnachten – Brauchtum im Artglauben“, von Jürgen Rieger, „Artgemeinschaft“, 1. Auflage 1969, 2. Auflage 1998, 3. Auflage 2000 > http://cgi.ebay.de/ws/eBayISAPI.dll?ViewItem&item=3548758371 > www.idgr.de/lexikon/bio/r/rieger-j/rieger.html > www.idgr.de/lexikon/stich/a/artgemeinschaft/artgemeinschaft.html > www.asatru.de/lp_weihn.htm > www.asatru-online.de/f_jul.htm Auch dieses Heft ist eine „Rundwanderung“ durch die einschlägige NS-Feierliteratur. Im Gegensatz zu den beiden vorgenannten „Reprint“-Werken finden sich hier allerdings auch zahlreiche düstere An- klänge an den im Verlauf des Zweiten Weltkriegs entwickelten Mythos der „Soldatenweihnacht“. Z.B. mit dem Lichterspruch „Ich bringe ein Licht für alle Soldaten, die tapfer die Pflicht für Deutsch- land taten“ oder dem markant-gruseligen Gedicht „Der Toten Soldaten Heimkehr“ von Thilo Scheller, Volltext siehe: "„Es ist ein Ton erklungen, > www.welt.de/daten/2000/12/22/ darauf mein Herze lauscht …“ 1222ku211003.htx (statt: Es ist ein Ros entsprungen …) Daneben werden Ressentiments aus dem Kreis "„Alle Jahre wieder steigt das alte Jahr der Vertriebenen bedient: in die Erde nieder, müd im weißen Haar. „Wie im letzten Jahr wollen wir auch in diesem Hinterm Ahnenberge sinkt die Sonne rot, Jahr wieder zum Juleingang einen deutschen flieht ins Reich der Zwerge vor des Winters Not.“ Stamm mit seinen Bräuchen zur Weihnachtszeit (statt: Alle Jahre wieder kommt das vorstellen, und zwar die Pommern. Es versteht Christuskind …) sich, dass wir dabei nicht nur an das derzeit mit Mecklenburg verbundene Vorpommern denken, Anzumerken ist noch die Abbildung zweier nach sondern auch an Hinterpommern, das zur Zeit §86a StGB strafbarer Symbole, nämlich des Haken- polnisch besetzt ist.“ kreuzes und der Sig-Rune (bis 1945 Abzeichen des „Deutschen Jungvolkes“ und daher Kennzeichen Mit der Umdichtung bekannter christlicher Weih- einer verbotenen Organisation). Die Originale die- nachtslieder greift der Herausgeber schließlich ser beiden Abbildungen finden sich in dem Buch noch höchstpersönlich zu einem altbewährten „Deutsche Weihnachten – Ein Wegweiser für Propaganda-Trick; wenn auch mit literarisch wohl Gemeinschaft und Familie“ von Karl-Heinz Bolay, höchst zweifelhaftem Ergebnis: Widukind-Verlag Alexander Boß, Berlin (1941). Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 15 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. II. Beispiele publizistischer Weihnachts- propaganda aus dem rechtsextremistischen Umfeld ! Weitere über das Internet verbreitete Weihnachtspropaganda rechter Gruppierungen Diese Quellen dienen der reinen Dokumentation eines rechten Gedankenguts im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest. Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir uns von den Inhalten der angegebenen Hyperlinks auf schärfste distanzieren. Der Verlag an der Ruhr ist weder verantwortlich für den Inhalt, die Verfügbarkeit, die Richtigkeit und die Genauigkeit dieser Websites noch für deren Angebote, Links oder Werbeanzeigen. > http://heimatschutz.org:16080/kulturkammer/ > www.domhain.de/ggg/scripts/hefte3.php erste_schriftst_artik_julfest1.htm > www.thule-seminar.org/HTML/ELEMENTE/ > http://heimatschutz.org:16080/kulturkammer/ elemente5.htm erste_schriftst_artik_weihn+wsw.htm > http://server.by002.net/~hdjinfo/hdj/ > http://heimatschutz.org:16080/kulturkammer/ weihnachten.htm erste_feier_sw_wsw99.htm (Heimattreue Deutsche Jugend) > http://heimatschutz.org > http:// land.heim.at/podersdorf/220033/ > www.runenkunde.de/brauchtum/jul.htm Kurios.html > www.runenkunde.de/index1.htm (Zitiert wird hier aus einem Begleitschreiben > www.deutscheheidnischefront.de/jul.htm der FPÖ Guntramsdorf, es geht um eine „Blaue > www.heidenmacht.de/ Kerze“ als „Weihnachtsgeschenk der Freiheitli- germanische_zeitrechnung.html chen Gemeinderäte“. Dieser Brauch stammt > http://silverraven.de/silver/fest-jul.htm ebenfalls aus der NS-Feierliteratur und sollte > www.npd-sachsen-anhalt.de/historie.htm Verbundenheit signalisieren mit den Auslands- > www.naturglaube.de/umwertung/ deutschen bzw. allen „Volksgenossen, die umwertung.htm Weihnachten in der Fremde feiern müssen“.) ! „Wintersonnenwende“ und „Julfest“-Feiern innerhalb der Szene > http://nwbi.ionichost.com/aktuelles/2002/12/2002-12-15_julfest_der_ks-weserbergland.htm > http://die-kommenden.net/dk/presse/02/bi_14_12.htm (Julfest des NPD Kreisverbandes Bielefeld) > www.jn-nrw.de/aktion_bericht/aktion_julfest_2002.htm > www25.brinkster.com/npdovp/org/asf.htm (NPD Kreisverband Ostvorpommern) > www.jn-bw.de/aktionen/freizeit/winterfeier01.htm (Junge Nationaldemokraten Baden-Württemberg) ! Der „Julleuchter“ zur Information siehe: Es gibt zahlreiche Bezugsquellen im Internet, auf > www.ns-gedenkstaetten.de/nrw/de/ die wir nicht weiter eingehen möchten. Ab und an wewelsburg/thema_5/downloadtexte/ tauchen immer wieder Exemplare bei ebay auf. Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 16 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. III. „Erosion der Abgrenzung“ – Die Propaganda wirkt! Beispiele zur Verbreitung nationalsozialistischer Weihnachtsbegriffe und -Ideologie finden sich heute in den unterschiedlichsten Lebensbereichen: ! Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierte Von Zeit zu Zeit „verirren“ sich Fragmente rechter Doch selbst wenn es – wie in den folgenden Bei- Weihnachtsideologie selbst in seriöse Zeitungen spielen – nur eine locker eingestreute Verwendung und Magazine. So war z.B. in einer Verlags-Sonder- der Begriffe „Julfest“, „Wintersonnenwende“ und veröffentlichung der „Westfalenpost“ zu Weih- „germanisch“ ist (um „Stimmung“ zu schaffen), nachten 2000 (mit Inseraten und Plätzchenrezep- so bleibt doch leicht etwas davon im Unterbe- ten) ein kleiner Beitrag über die „germanischen wusstsein gespeichert und wird beim nächsten Ursprünge“ des Weihnachtsfestes enthalten Mal vielleicht schon als „vertraut“ registriert: („Die Wurzeln liegen in der Sonnenwend’“). Eine Nachfrage bei der Redaktion in Hagen ergab, > www.freundin.de/PFD/PFDW/PFDWN/ dass diese Seiten „außer Haus“ von einer Werbe- PFDWN29/pfdwn29e.htm Agentur erstellt und keiner „Schlussredaktion“ > www.gesundheit.co.at/2000/12/1.htm mehr unterzogen worden waren! ! Werbe-/Medienagenturen Die oben genannten Beispiele verdeutlichen, > www.sachskulthuer.de/kultur/brauch/silvester/ welchen Einfluss Werbe- und Nachrichtenagen- julfestrauhnaechte/julfestrauhnaechte.php turen auf die Berichterstattung haben können. (Kulturmarketing-Agentur) Ein ähnliches Phänomen tritt auch bei Firmen, > http://uckermark-erleben.de/kunst_kultur/ Verwaltungen und kommunalen Veröffentlichun- feiertage/weihnachten/julfest.php gen auf; wenn die Gestaltung von Internet-Auf- tritten oder Broschüren an „Dritte“, z.B. in die > Quelle: www.netztaucher.com/pages/ Hände von Marketing-Agenturen, delegiert wird. unternehmen.php Dies betrifft auch viele „Internet-Adventskalen- (Kulturmarketing-Agentur) der“, die im Dezember in fast unüberschaubarer > http://g2.www.dortmund.de/inhalt/projekte/ Zahl ins „World Wide Web“ gestellt werden. marktplatz/essentrinken/archiv/ Als Werbeträger sind sie besonders beliebt, weihnachtsessen.htm da sie Interessenten im günstigsten Fall gleich („Das offizielle Dortmunder 24-mal hintereinander täglich auf die betreffende Stadtinformationssystem“) Internetseite führen. > www.sarnerweb.de/seiten/sarntal/kloeckln.htm Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 17 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. III. „Erosion der Abgrenzung“ – Die Propaganda wirkt! Kinderbuch: ! „Winterlicht“, von Diana Monson und Maren Briswalter, Esslinger Verlag Schreiber, Esslingen, 8. Auflage 2002 Der zur Klett-Gruppe gehörende Esslinger Verlag gewachsenen Glaubensvorstellungen und -gebräu- J.F. Schreiber „verlegt schwerpunktmäßig an- che zu entwurzeln, umzuformen und fast völlig in spruchsvolle Kinder- und Jugendbuchliteratur. Vergessenheit zu bringen.“ Dazu gehören sowohl aufwändig gestaltete Märchen- und Klassikerausgaben, als auch fanta- Doch nicht nur diese Sätze lassen aufhorchen: sievoll illustrierte moderne Bilderbücher.“ Auch einige Inhalte und Abbildungen des Buches erinnern an Elemente der nationalsozialistischen > www.klett.de/geschaeftsbereiche/ Weihnachtsideologie: Der Jahreskranz mit den belletristik.html#esslinger 4 Kerzen, die die Jahreszeiten symbolisieren sol- Religiöse Themen hatten in dem renommierten len, das Sonnwendfeuer am 21. Dezember und ein Esslinger Familienunternehmen J. F. Schreiber eine ganzseitiger Liedbeitrag des Nazi-Dichters Hans lange Tradition: 1888 erschien hier das erste drei- Baumann sind hier zu nennen. dimensional aufklappbare „Krippen-Bilderbuch“, Besonders deutlich wird die „Seelenverwand- heute eine gesuchte bibliophile Rarität. Bekannt schaft“ am Beispiel der im Buch vorgestellten wurde der Verlag insbesondere durch seine Aus- „Gebildebrote“, entsprechend dem „Sinngebäck“ schneide- und Modellbaubogen. Auch hier spielten (Sonnenrad, Lebensbaum, Julhirsch, Juleber). Weihnachtskrippen eine besondere Rolle. Hier weist die Art der Illustration verblüffende Mit dem Kinderbuch „Winterlicht“ verabschiedet Parallelen auf zu einschlägigen Illustrationen der sich der Verlag jedoch ganz bewusst von seiner NS-Feierliteratur, insbesondere im Kalender christlich geprägten Tradition: Dieses „andere „Vorweihnachten“ und den Weihnachtsheften Weihnachtsbuch“ (so der Untertitel) wird aus- der „NS-Frauenwarte“. drücklich als Alternativ-Angebot zum christlichen Alles nur „reiner Zufall“? Es wirft schon berechtigte Weihnachtsfest beworben und stößt vor allem im Fragen auf, wenn dieses Buch ausgerechnet von Umfeld von „Heiden“ und „Hexen“ auf entspre- der als „rechtsextremistisch“ eingestuften chende Resonanz: „Artgemeinschaft“ empfohlen wird: > www.hexenbuecher.de/jugendbuecher.html > www.asatru.de/empfiehl.htm So heißt es im Nachwort des Buches: Ebenso fand es Aufnahme in das Versandhandels- „Weihnachten, wie wir es kennen, ist kein im Volk Angebot von Björn Ulbrich (GAIA-Versand für Na- gewachsenes, sondern ein von der Kirche gezielt turreligion, Schamanismus und Spirituelle Öko- eingesetztes Fest. (…) Das ursprüngliche Jul, logie). An exponierter Stelle stand es hier z.B. im Wintersonnwendfest (…) hieß es umzugestalten. Winter-/Sommerkatalog von 1996/97, nämlich auf (…) Mit dieser Überlagerung, Vereinnahmung und Seite 2 direkt unter den „SS-Julleuchter“-Repliken! Umdeutung gelang es – mit Hilfe weiterer Kaschie- Eine Bemerkung zum Schluss: Der bisherige rungen, massiver Verbote und Bestrafungen – im Verkaufserfolg dieses Buches führte inzwischen Laufe der Jahrhunderte die ursprünglichen, im Volk bereits schon zur 8. Auflage(!). Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 18 www.verlagruhr.de
Weihnachten und Rechtsextremismus 5. III. „Erosion der Abgrenzung“ – Die Propaganda wirkt! ! Schulen > www.weisefrauenamjakobsberg.de/ Welche Unsicherheit oft auch bei den Pädagogen wintersonnenwendeundraunaechte.html selbst herrscht, verdeutlicht die folgende Anfrage eines Referendars mit der Bitte um Hilfe bei der Aber wie sollen z.B. Lehrer ihre Schüler über inhaltlichen Gestaltung einer Unterrichtsstunde Strategien des Rechtsextremismus aufklären, zum Thema Weihnachten: wenn nationalsozialistisches Gedankengut selbst > www.wer-weiss-was.de/theme98/ durch Lehrbücher und pädagogische Fachliteratur article1386703.html geistert: Festzustellen ist auch, dass an vielen Schulen heu- „Unser Weihnachtsfest ist nun allerdings durchaus te bei der Behandlung des Themas Weihnachten nicht allein ein christliches Fest. Es vereint altes ein „multikultureller“ Ansatz verfolgt wird. germanisches Brauchtum mit christlich geprägten Dies ist zwar generell zu begrüßen, führt aber Vorstellungen. (…) Das christliche Ideengut konnte leider oft auch zu einer sehr oberflächlichen aber die alten Feiergewohnheiten niemals ganz Abhandlung, bei der die einzelnen Länder im verdrängen. (…) Unser Weihnachtsbaum ent- „Schnelldurchgang“ durchgenommen werden und stammt ebenfalls altem Götterkult. (…) sich Weihnachten auf wenige Schlüsselbegriffe reduziert: der Weihnachtsbaum (Deutschland), Am 6. Dezember feiern wir den Nikolaustag. (…) der durch den Kamin kommende Weihnachtsmann Diese Gestalt, die auch in der Vorweihnachtszeit (USA), Plumpudding und Mistelzweig (England), auftritt, ist ein Nachfahre des alten Germanen- die Hexe Befana (Italien), und eben das Julfest gottes Wodan. (…) Am 6. Dezember, dem Wodans- (Schweden). fest, kam dieser Alte früher aus dem Walde …“ in: Praxis Deutsch – Zeitschrift für den Deutsch- unterricht, Heft 50, November 1981 ! Volkshochschulen / Erwachsenenbildung Die Kursangebote von VHS und ähnlichen Einrich- „Neuen Rechten“ durchaus vorstellbar – trifft sie tungen der Erwachsenenbildung sind immer auch doch hier auf ein aufgeschlossenes und experi- interessante Seismographen für gesellschaftliche mentierfreudiges Publikum: Trends. So manches Thema zwischen Selbsterfah- rung und Freizeitgestaltung fand von hier aus > www.hdf-stuttgart.de/ schon Zugang und Akzeptanz in einer größeren kurse_details.php?kursnummer=4514 Öffentlichkeit (z.B. Reiki, Tai-chi, Yoga, Bachblüten, > www.ruine-hornstein.de/termine2.php Bauchtanz etc.). Eine ähnliche „Vorreiter-Rolle“ > www.volkssternwarte-marburg.de/ ist auch für die Weihnachtspropaganda der himmel200112.htm Weihnachten und Rechtsextremismus © Judith Breuer und Verlag an der Ruhr, Postfach 10 22 51, 45422 Mülheim an der Ruhr 19 www.verlagruhr.de
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