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Wir sehen uns wieder H ätten wir uns getroffen? Vermutlich. ABBILDUNG: JUNG VON MATT / BOSCH In ein paar Tagen. In Berlin. Beim traditionellen OWM Summit und der grandiosen Advertisers’ Night. Doch 2020 fallen Party und der fachliche Austausch aus. Wegen dem C-Wort. Der lässige Dude lässt Bosch cool aussehen. Sie wissen schon. Das Ding, das alle nervt und viele Seite 22 Gewissheiten einfach abräumt. Aber nicht alle. HORIZONT lässt trotz des ausfallenden Branchen- treffs das Magazin werbung.treiber erscheinen. Michael Reidel, leitender Aus Tradition? Weniger. Vielmehr sind wir über- Redakteur werbung.treiber zeugt, dass es das Heft braucht. Trends aufzeigen. Mut machen. Über Entwicklungen informieren. Und ja, auch um zu unterhalten. Nicht New Nor- mal, sondern einfach nur normal. Oder um Rudolf ILLUSTRATION: CATRIN ALTENBRANDT / PIXLEGARTEN; SEITE 1: JUNG VON MATT / BOSCH (AUSSCHNITT) Augsteinzuzitieren:„Sagen,wasist“.Dasgiltfürdie Haltungsfrage, die viele Unternehmen beschäftigt, genauso wie für die Veränderungen, die nicht nur die Agenda der CMOs beeinflussen, sondern auch die Automatisierung des Marketings vorantreiben. Die Disziplin wird technikgetriebener. Aber sie braucht weiter Kreativität, Emotionen und Leiden- schaft. Ich wünsche Ihnen, dass Sie davon vieles hier und in der HORIZONT-Welt entdecken. Und das mit dem Treffen klappt wieder. Spätestens 2021. In Berlin. Bei der OWM. HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber 3
FOTO: OTTO ILLUSTRATION: REDSHINE STUDIO / FOTOLIA ABBILDUNG R+V VERSICHERUNG / YOUTUBE Wie die OWM Streitkultur Jahresplanung war gestern – oder nicht? Haltungskampagnen im Corona-Jahr – fördert SEITE 10 Was Werbungtreibende sagen SEITE 46 und danach? SEITE 40 Inhalt NEWS & STUDIEN: Alternativlose NACKTE ZAHLEN: Das turbulente AUSBLICK: Jahresplanung ade? Fakten für die Marketer von heute Jahr hinterlässt im Werbemarkt So wollen die Werbeauftraggeber und morgen. 6 markante Spuren. 28 2021 gestalten. 46 OWM-FORDERUNGEN: Was hin- DIALOGMARKETING: Verbrau- SHOPPABLE VIDEO: Werbeein- ter der Streitschrift steckt und wie cherschützer wollen der Werbe- blendungeninVideo-Adsläutenneue sie wirkt. 10 post an den Kragen. 30 Ära im Influencer Marketing ein. 54 BEST GLOBAL BRANDS: Deut- MARKETING-TECH: Deutsche INFLUENCER: Aus Creators wer- sche Marken sind in einer Branche Marketer zögern bei dem inter- den Content-Produzenten – nicht stark. Zukunftsmarken fehlen. 14 nationalen Trend-Thema. 34 nur für Social Media. 56 CMO-AGENDA: Corona hat die HALTUNG: Gesellschaftsrelevante Themen der Marketingentschei- Botschaften haben im Corona- der durcheinandergewirbelt. 16 Jahr Konjunktur. 40 LIKE A BOSCH: Die Dachmarken- HÄRTETEST: 2020 bot für Marken EDITORIAL 3 kampagne ist zu einer Bewegung viele Anlässe, um Haltung zu zei- geworden. 22 gen. Doch was kommt danach? 45 IMPRESSUM 58 4 HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
News und Studien Alternativlose Fakten Schenken macht auch 2020 Spaß FOTO: MAREEN FISCHINGER / WESTEND61 / IMAGO IMAGES für die Marketer von heute und morgen Sichtbarkeit von Video geht zurück Deutsche sind FOTO: JOSEP SURIA / WESTEND61 / IMAGO IMAGES nachtragend WEIHNACHTEN rückt näher – und da- FOTO: ANTONIO GUILLEM / PANTHERMEDIA / IMAGO IMAGES mit auch die spannendste Zeit des Jah- res für Marken und Händler – dank Black Friday und Cyber Monday star- tet sie schon im November. Auch in diesem von der Corona-Pandemie ge- prägten Jahr wollen fast drei Viertel (72 Prozent) der Konsumenten in Europa an ihrem geplanten Budget für Geschenke festhalten oder es sogar er- DIESICHTBARKEITSRATEN vonVideo- höhen. Nur 9 Prozent planen, deutlich Ads sind im 3. Quartal 2020 um 2 Pro- weniger zum Fest auszugeben. Für die zentpunkte auf 91 Prozent gesunken. Studie „Holiday Shopping 2020“ hat Zugleich ist die Viewability von Display- ZWEI von fünf deutschen Verbrau- IAS im Zeitraum vom 28. August bis Werbung in Deutschland auf 64 Prozent chern haben schon einmal eine Marke 9. September in einer Online-Survey weiter gestiegen – im vorangegangenen boykottiert, weil diese ein Fehlverhal- 526 Internetnutzer in ganz Europa zu Quartal legte der Wert bereits von 60 auf ten an den Tag gelegt hat. Zu diesem ihrem Einkaufsverhalten zu Weih- 63 Prozent zu. Ein Grund für die bessere Ergebnis kommt eine repräsentative nachten befragt. Am liebsten kaufen Sichtbarkeit der Display-Ads ist laut Studie von Yougov, für die Verbrau- die Europäer Geschenke in den Meetrics die geringere Nachfrage nach cher in zehn europäischen Ländern Bereichen Bücher, Musik und Video Werbeplätzen bei erhöhter Mediennut- befragt wurden. Übergreifend liegen (jeweils 50 Prozent). Aber auch Beklei- zung infolge der Corona-Pandemie. Vor die Deutschen genau im Durch- dung (43 Prozent) und Produkte aus allem bei Display-Ads für den Desktop schnitt. Ein dabei besonders häufig ge- Gesundheit und Beauty (41 Prozent) hat sich die Sichtbarkeit laut dem View- nannter Grund sind mit 44 Prozent stehen in diesem Jahr hoch im Kurs. Im ability Benchmark Report mit 75 Pro- Verfehlungen beim Umweltschutz. Corona-Jahr erwarten drei Viertel der zent (Q2: 74 Prozent) verbessert, wäh- Nur Österreicher (52 Prozent) und Befragten, dass sie ihre Weihnachts- rend der entsprechende Wert bei Mo- Schweizer (49 Prozent) nennen diese einkäufe 2020 vorwiegend digital bile-Ads von 54 auf 52 Prozent leicht Boykott-Begründung häufiger. Bei der tätigen werden – für fast vier Fünftel gesunken ist. Der häufigste Grund für Bereitschaft, einer Marke dauerhaft (79 Prozent) ist Covid-19 ein Grund, fehlende Sichtbarkeit von Displaywer- den Zuspruch zu verwehren, zeigen den stationären Handel zu meiden. bungsindweiterhinnichtoptimalePlat- sich die Bundesbürger überdurch- zierungen. Meist liegen nicht sichtbare schnittlich streng: Zwei Drittel sagen, Anzeigen unterhalb (30 Prozent) oder sie haben Marken seit dem Boykott oberhalb (21 Prozent) des sichtbaren nicht wieder verwendet (Durchschnitt Bildschirmbereichs, bleiben nicht lange aller Befragten: 61 Prozent). genug im sichtbaren Bereich (17 Pro- zent), um gezählt zu werden, oder sind zu klein (16 Prozent). 6 HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
Nicht jede Marke zieht Talente an Facebook verliert Plastik besorgt weiter Nutzer Verbraucher ILLUSTRATION: NANOMANPRO / FOTOLIA FOTO: MCPHOTO / IMAGO IMAGES DIE RICHTIGEN Fachkräfte zu finden, ILLUSTRATION: OLIVIER LE MOAL / COLOURBOX ist für jede werbungtreibende Firma überlebenswichtig – gerade weil heiß begehrte Talente sich die Jobs wirklich aussuchen können. Besonders große Konkurrenz macht anderen Arbeitge- bern aktuell Google, das sich erstmals NUR NOCH 14 Prozent der Menschen, an die Spitze des Arbeitgeberrankings DER PLASTIKREPORT 2020 von die in Deutschland leben, nutzen der Wirtschaftswissenschaftler von Brandwatch zeigt, dass Plastikredukti- Facebook täglich. Laut der ARD/ZDF- Universum gesetzt hat, gefolgt von on auch im Corona-Jahr eines der Onlinestudie lag der Wert 2019 noch Porsche und der Lufthansa Group. Bei meistdiskutierten Themen in den so- bei 21 Prozent der Bevölkerung ab den Absolventen mit IT-Abschluss zialen Netzwerken ist. Nicht nur die 14 Jahren. Zulegen konnte dagegen der steht der Tech-Konzern schon länger GenZ-ler, sondern Konsumenten aller Messenger-Dienst Whatsapp, auf den an der Spitze der beliebtesten Arbeit- Altersgruppen tauschen sich immer 68 Prozent jeden Tag zugreifen (2019: geber, hier gefolgt von Microsoft und öfter über die eigenen Bemühungen, 63 Prozent). Auch die zweite Face- Apple. Die Automobilbranche muss in Plastikmüll zu reduzieren aus – ein book-Tochter Instagram überholt diesem Jahr deutlich Federn lassen Trend, der seit 2018 kontinuierlich zu- mittlerweile mit 15 Prozent (2019: 13 und sinkt insgesamt auf der Beliebt- nahm, im April dieses Jahres aufgrund Prozent) ihre Mutter. Die Befragung heitsskala beider Absolventengrup- der Coronakrise einbrach, nun aber für die Studie erfolgt jährlich und ist pen. Für beide ist ein attraktives wieder erneut auf dem Niveau von Ja- repräsentativ für die deutsche Bevöl- Grundgehalt wichtigste Eigenschaft nuar liegt. Von bestimmten Branchen kerung. Zwischen März und April eines Top-Arbeitgebers. Zu den erwarten die Verbraucher besonders machten 1504 Personen ab 14 Jahren Top-5-Attributen zählen bei beiden viel Haltung. So sind beispielsweise per Telefon-Interview mit, wie es wei- zudem flexible Arbeitsbedingungen, 54 Prozent der global befragten Ver- ter hieß. Das bedeutet, dass die Aus- die Förderung der Work-Life-Balance braucherderMeinung,dassFast-Food- sagen bereits in die Corona-Pande- und eine attraktive Gehaltsentwick- Ketten mehr tun müssten, um ihren mie-Zeit fielen. Zu den Analysen der lung. Wer Informatiker ködern will, Kunststoffverbrauch einzudämmen, Studie wurde zudem eine Langzeitstu- sollte Innovation bieten. Wirtschafts- gefolgt von Erfrischungsgetränkeher- die der Sender zu Massenkommuni- wissenschaftler lassen sich mit span- stellern (49 Prozent) und Produzenten kation herangezogen. Insgesamt ist nenden Produkten locken. von Haushalts- und Reinigungspro- die Internetnutzung in Deutschland dukten (39 Prozent). Deutsche Ver- erneut gestiegen, auf nunmehr fast braucher kritisieren vor allem Fast- 3,5 Stunden täglich. 94 Prozent der Food-Marken (67 Prozent), Obst- und deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Gemüsehändler (59 Prozent) und Mo- Jahren nutzen das Medium zumindest demarken (51 Prozent) – sie sind aber gelegentlich, was 66,4 Millionen dieser auch bereit, für umweltfreundlichere Bevölkerungsgruppe entspricht. Verpackungen mehr zu zahlen. 8 HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
Warum macht die OWM das? Der Kundenverband sorgt mit seinen Forderungskatalogen regel- mäßig für Aufsehen und wird auch kritisiert. Zu Unrecht. Die Streitschriften der OWM befördern ILLUSTRATION: REDSHINESTUDIO / FOTOLIA etwas, was zunehmend verlernt wird: offener, konstruktiver Streit VON JÜRGEN SCHARRER 10 HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
E hört man als Vermarkter und Agentur besser mal genauer hin. Zweitens flankiert die OWM ihre Papiere mit öffentlichkeitsstarken Inter- views und Auftritten bei Kongressen. Die OWM hat das Glück, mit Uwe Storch einen Vorsitzenden zu haben, der den großen Auf- tritt und die Kunst des zündenden Zitats bis- weilen trefflich beherrscht. Aber auch Storchs Kollegen wie Andrea Tauber-Koch (Com- merzbank), Kirsten Latour (MCM Kloster- frau) und neuerdings ganz besonders Nor- man Wagner (Deutsche Telekom) verstehen es, Debatten zu treiben. Und es gibt noch ein Drittes: Die OWM hat ein Gespür dafür, was die Branche aktuell umtreibt. Inhaltlich kann man sich über die von der OWM vertretenen Positionen sehr wohl streiten. Eines aber sind nie: irrelevant. WIE ERFOLGREICH SIND DIE POSITIONS- PAPIERE? Die OWM wird gehört, ihre öffent- lichen Einlassungen sind relevant, und das ist ja schon mal was. Aber bewirken ihre Forderungskataloge auch etwas, und zwar Es gibt keine festen Regularien, aber in der ganz praktisch? Um das zu beurteilen, kann Regel zweimal im Jahr – gerne zur Dmexco man sich ja mal den jüngsten anschauen, und den Screenforce Days – erfreut die Orga- das im März veröffentlichte Papier „Ein Markt nisation der Werbungtreibenden im Marken- – eine Währung“ (siehe Kasten). Im Kern verband (OWM) die Branchenöffentlichkeit geht es dabei um drei Themen: neue Markt- mit einem Forderungskatalog. Darin listet der modelle, eine transparente Währung für Kundenverband akribisch auf, was man gerne Videowerbung sowie eine bessere Zusam- anders und im Zweifel besser hätte. Worum es menarbeit der Marktpartner, namentlich der neben einer Vielzahl von Detailfragen dabei TV-Vermarkter und der US-Plattformen immer auch geht, ist die Forderung nach Google und Facebook. Transparenz und das Plädoyer für Branchen- Der Abgleich fällt mehr als ernüchternd Standards. Deutschland war, ist und soll blei- aus: Praktisch keine der erhobenen Forde- ben: ein Land des Konsenses und der Joint rungen wurde bisher erfüllt. Zum Teil ist frei- Industry Committees (JICs). lich einfach die Zeit über das Papier hinweg- gefahren. Die Hoffnung, Google und die WIE SICHTBAR SIND DIE FORDERUNGS- AGF Videoforschung könnten bald einen ge- KATALOGE? Wenn es etwas gibt, wovon es zu meinsamen Vorschlag für eine Konvergenz- viel gibt, dann sicher Content. Viel von dem, Währung präsentieren, hat sich zerschlagen – was Verbände, Unternehmen, Agenturen das Thema wird jetzt auf internationaler Ebe- und Heerscharen von Beratern in die Welt ne unter dem Dach des globalen Kundenver- hinausblasen, ist Dust in the Wind – so viele bandes WFA verhandelt. Was im März für mit Inbrunst vorgetragene Appelle und erhebliche Irritationen sorgte, war der über- Selbstbeweihräucherungen, die dann doch aus harsche Ton, den die OWM in dem Forde- wieder keiner liest. rungskatalog gegenüber den TV-Vermarktern Auf die Forderungskataloge der OWM anschlug – während Google und Facebook trifft das nicht zu. Marketingtechnisch gese- weitgehend ungeschoren davonkamen. Wie hen sind sie ein großer Erfolg. Woran liegt’s? auch immer: Bisher ist nicht zu erkennen, dass Zunächst einmal natürlich am Absender: die TV-Vermarkter in irgendeinem der von Wenn die Werbungtreibenden, um deren Gel- der OWM angesprochenen Punkte große der sich imgrunde ja alles dreht, sprechen, Zugeständnisse machen. HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber 11
Spricht man mit Joachim Schütz, seit ganz bittere Pille für die OWM. Ungezählt ewigen Zeiten beziehungsweise seit 2005 Hauptgeschäftsführer der OWM, stellt sich OWM-Papier die Interviews, in denen Storch und seine Mitstreiter die Bedeutung dieses Projekts die Lage freilich nicht so dramatisch dar. „Ein Markt – eine Währung“ herausstellten – inklusive dem Umstand, wie Der Sinn und Zweck der Forderungskataloge Die neun Forderungen vom März stolz man darauf sei, der weltweit erste Markt bestehe vor allem darin, „unsere Positionen in einer gekürzten Version: zu sein, dem es gelungen sei, Google ins öffentlich und transparent in den Markt 1. Eine verlässliche und transparente Boot zu holen. zu geben“, so Schütz. Daneben fänden natür- Währung für Videowerbung Das Thema ist nicht weg, es ist jetzt nur lich vielfältige bilaterale Gespräche statt. Rasche Etablierung eines von allen Marktpartnern woanders. Der große Durchbruch soll wie er- akzeptierten Standards für die Messung, Planung Und es ist ja wahr: Gut Ding will manchmal und Analyse von linearen und non-linearen Bewegt- wähnt nun unter dem Dach der WFA gelin- Weile haben. Tatsächlich sei man in sehr bildangeboten. Vorausgesetzt wird, dass die genutz- gen, unter der tätigen Mithilfe von Google konstruktiven Gesprächen mit den TV-Ver- ten Methoden und Resultate auch einer unabhängi- und Facebook – was, nebenbei bemerkt, gera- gen Validierung standhalten. marktern, betont Schütz. Das Prinzip Zucker- de den deutschen TV-Vermarktern sauer auf- brot und Peitsche hat man bei der OWM 2. Eine einheitliche kommerzielle Währung stößt. Einfach übernommen werden soll die gut raus, keine Frage. Die Etablierung einer einheitlichen „Handelswäh- WFA-Lösung, so sie denn kommt, freilich rung“ für lineare und non-lineare Bewegtbildplatt- nicht. Die OWM-Granden versichern glaub- formen, über die es möglich ist, Inventare über beide BILANZ: GUT ODER SCHLECHT? Die OWM Ebenen flexibel zu optimieren. würdig, peinlichst genau darauf zu achten, fordert, die anderen springen: So funktioniert dass deutsche Qualitäts-Standards nicht auf das ganz offensichtlich nicht. Aber es wäre ja 3. Eine leistungsgerechte Preisbildung dem Altar eines globalen Modells geschlachtet Wenn Multi-Plattform-Anbieter bei Reichweitenver- auch ziemlich seltsam, wenn es so wäre. lusten im linearen Bereich an ihrer Preisstellung fest- werden. So oder so: Das Thema bleibt der Man muss es anders sehen. In einer Zeit, in halten, müssen sie im non-linearen Bereich für einen Branche erhalten und die OWM wird dabei der einerseits Diskussionen völlig aus dem Ru- entsprechenden Leistungsausgleich sorgen. weiter eine zentrale Rolle spielen. der laufen und die irrsten Hasstiraden und 4. Transparenz in den Konditionsmodellen Verschwörungstheorien wie Giftpilze aus dem Eine signifikante Vereinfachung der aktuellen Kon- SOLLTE DIE OWM POLITISCHER WERDEN? Ja, Social-Media-Boden sprießen, andererseits ditionsmodelle, die nachweislich hoch-intransparent die Zeiten sind danach. Die OWM hat sich sind und die Managementkosten nach oben treiben. aber auch gerade im Marketing mehr Wohl- Die aktuell gelebte Konditions-Praxis der linearen sehr lange sehr schwer damit getan, klar Stel- fühl-Phrasen denn je gedroschen werden Plattformen ist nicht kompatibel mit den Einkaufs- lung zu beziehen, wenn es um die gesellschaft- (merke: Corona ist keine Krise, sondern eine modellen in der non-linearen Welt. liche Rolle von Facebook geht. Aber damit war Chance!), kann man echte Debatten, wie die OWM sie immer wieder anstößt, nur begrü- 5. Bestmögliche Vergleichbarkeit von Reichweiten man ja nicht allein. Zwar sprechen Agentur- leute und Marketiers über nichts lieber als Die durchschnittliche Werbeblockreichweite als ßen. Dass man sich dabei manchmal im Ton alleinige Größe für die Bewertung von Leistung und „Haltung“ – wenn es aber ernst wird, duckt vergreift und hier und da auch zu Einseitig- Effizienz linearer Video-Werbung ist nicht mehr aus- man sich lieber weg. Facebook lebt praktisch reichend. keiten neigt – mag sein. Insgesamt aber trägt komplett von Werbegeldern – dass sich daraus die OWM gerade mit ihren Forderungskatalo- 6. Abschaffung der Disproportionalität aber eine besondere Verantwortung für die gen mit dazu bei, dass wichtige Themen in der Die disproportionalen Preise sind ein Relikt aus der Werbeindustrie ableitet, wenn es um Hate analogen Welt und müssen abgeschafft werden. Werbeindustrie mit der notwendigen Ernst- Speech und Fake News geht, wurde lange ge- haftigkeit diskutiert werden. Und das ist in 7. Verifizierung der Auslieferung leugnet. Tatsächlich vertritt noch heute eine Zeiten wie diesen alles andere als eine Selbst- Kontrolle im Videobereich ist unverzichtbar. Es ist Mehrheit in der Branche diesen Standpunkt – aber nicht Aufgabe der Werbungtreibenden, für die verständlichkeit. ordnungsgemäße Auslieferung der Kommunikation um die von Social Media befeuerte Polarisie- zusätzlich zu bezahlen. Die Kosten für die Validie- rung der Gesellschaft sollen sich mal schön die WIE GEHT ES WEITER? Der letzte Forderungs- rung sind durch eine unabhängige Institution von Politik und die Zivilgesellschaft kümmern. den Plattformen und Publishern zu tragen. katalog liegt sieben Monate zurück, da wäre es Nun kommt ein weiteres Thema auf die eigentlich langsam Zeit für einen neuen. Doch 8. Neue Vermarktungsmodelle Werbeindustrie zu – nämlich die Frage, ob das kann dauern, konkret geplant ist erst ein- Die Werbungtreibenden entscheiden, welche Inven- Google, Facebook und Amazon nicht zu mal nichts. Zur virtuellen Dmexco, die gerade tarquellen optimal zu ihren Anforderungen passen. mächtig werden. In den USA rückt dieses The- Bei einem führenden Anbieter wie der RTL Gruppe über die Bühne ging, hielt man sich zuletzt ist eine zwanghafte Kopplung von Angeboten nicht ma gerade ins Zentrum der politischen Debat- auffallend zurück. akzeptabel. Die Entscheidungsautonomie sollte aus- ten, auch die EU hat es auf dem Schirm. Und Ein Thema, zu dem man in den kom- schließlich auf der Auftraggeberseite liegen. die deutsche Werbeindustrie? Die beiden menden Monaten aber sicher noch einiges 9. Partnerschaft drängenden Fragen an sie lauten: Droht die von der OWM hören wird, ist die Zukunft Aufgrund der fundamentalen Veränderungen des Branche in eine zu große Abhängigkeit gegen- der allseits geforderten Bewegtbild-Währung. Marktumfelds für Videowerbung ist eine intensive, über den GAFAs zu geraten? Und, wenn ja: partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Marktpart- Dass nach fünf Jahren die Initiative von AGF ner alternativlos, um den Markt zukunftsfähig zu ge- Wie ist darauf zu reagieren? Wäre schön, wenn Videoforschung und Google in diesem stalten. man dazu bald Substanzielles von der OWM Sommer endgültig gescheitert ist, war eine hören würde. 12 HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
Innovation sichert Wert Elf deutsche Marken im Interbrand-Ranking der Top 100 Best Global Brands. Dabei zeigt sich einerseits klar die Vormachtstellung in der Autoindustrie, aber andererseits auch klar ein Defizit an Zukunftsmarken VON MICHAEL BRANDTNER 14 HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
Adidas (Rang 70, 3,8 Milliarden), Nivea (Rang 87, 1,8 Milliarden) und Siemens (Rang 98, 1,0 Milliarden). In Summe waren dies sieben Marken mit einem Gesamtmarkenwert von 55,8 Milliar- den US-Dollar, wobei der Wert der deutschen Automarken 42,9 Milliarden, also 76,9 Pro- zent ausmachte. Seit damals waren zudem Mercedes-Benz, BMW, VW, SAP, Adidas und DHL (Platz 80, 5,4 Milliarden) und Boss Siemens immer in den Top 100 vertreten. In (Platz 96, 4,3 Milliarden). Relation zu den Top 5 betrug der Wert der Der Gesamtwert dieser elf Marken lag bei I deutschen Marken damals 21,1 Prozent. 157,2 Milliarden US-Dollar. Der Wert der m Jahr 2020 ist Deutschland mit Merce- deutschen Automarken machte in Summe des-Benz (Rang 8, Markenwert: 49,3 Mil- EIN RÜCKBLICK IN DAS JAHR 2010 Neun Jah- 104,8 Milliarden aus. Das sind 66,7 Prozent liarden US-Dollar), BMW (Rang 11, re später waren die Top 5 Coca-Cola, IBM, des Gesamtwertes aller deutschen Marken im 39,8 Milliarden), SAP (Rang 18, 28,0 Mil- Microsoft, Google und GE. Der Wert dieser Ranking. In Relation zum Gesamtwert der liarden), Allianz (Rang 39, 12,9 Milliar- fünf Marken betrug 2010 in Summe 282,5 Top 5 betrug der Wert der deutschen Marken den), Audi (Rang 44, 12,4 Milliarden), Milliarden US-Dollar. Die deutschen Marken 31,3 Prozent. VW (Rang 47, 12,3 Milliarden), Adidas (Rang in den Top 100 waren Mercedes-Benz (Rang 50, 12,0 Milliarden), Porsche (Rang 55, 12, 25,2 Milliarden US-Dollar), BMW (Rang DER AUSBLICK IN DIE ZUKUNFT Wenn man 11,3 Milliarden), Siemens (Rang 61, 10,5 Milli- 15, 22,3 Milliarden), SAP (Platz 26, 12,8 Milli- diese fast 20 Jahre Revue passieren lässt, gibt es arden), DHL (Rang 81, 6,3 Milliarden) und arden), Siemens (Rang 49, 7,3 Milliarden), aus Markensicht klar eine gute Nachricht für Mini (Rang 95, 5,0 Milliarden) in den Top 100 Volkswagen (Rang 53, 6,9 Milliarden), Adidas die deutschen Marken. Man hat vor allem mit der wertvollsten Marken laut Interbrand (Rang 62, 5,5 Milliarden), Audi (Platz 63, 5,5 zehn dieser elf Marken aktuell eine solide Basis vertreten. Milliarden), Allianz (Platz 67, 4,9 Milliarden), in den Top 100 für die Zukunft. Ob sich Mini Dieses Ranking spiegelt somit auch klar die Porsche (Platz 72, 4,4 Milliarden) und Nivea (aktuell auf Platz 95) halten kann, wenn noch aktuelle Stärke der deutschen Automobilindu- (Rang 87, 3,7 Milliarden). mehr Technologiemarken aus den USA oder strie wider. Sie stellt sechs von elf deutschen Damit war die Summe der deutschen demnächst vielleicht aus China nachrücken, Marken und macht in Summe mit einem Wert Marken von sieben im Jahr 2001 auf zehn ge- ist fraglich. Aber genau hier folgt auch die von 130,1 Milliarden US-Dollar mehr als wachsen, wobei zwischendurch auch Puma schlechte Nachricht für die deutschen oder 65 Prozent des Gesamtwertes der deutschen und Thyssen-Krupp in diesen Top 100 ver- auch für die europäischen Marken. Denn Marken im Ranking aus. Interessant dabei treten waren. Interessant dabei ist auch, dass wenn man einmal von Spotify (Platz 70) ab- ist, dass allein Apple, Amazon, Microsoft es Deutschland nie schaffte, mit mehr als elf sieht, kommen die starken Newcomer-Mar- und Google jeweils mehr wert sind als diese Marken gleichzeitig vertreten zu sein. Im Jahr ken aus den USA etwa mit Amazon (Rang 2), sechs deutschen Automarken zusammen. 2010 lag der Gesamtwert der deutschen Mar- Google (Rang 4), Facebook (Rang 13), Ins- Vom Gesamtwert aller 100 Marken ken bei 148 Milliarden US-Dollar. Der Wert tagram (Platz 19), Youtube (Rang 30), Tesla (2336,5 Milliarden US-Dollar) beträgt der Ge- der vertretenen Automarken lag bei 64,3 Mil- (Platz 40), Netflix (Platz 41), Ebay (Platz 46), samtwert der deutschen Marken mit zusam- liarden beziehungsweise bei „nur“ mehr 43,4 Salesforce (Platz 58), Paypal (Platz 60), men 199,8 Milliarden gerade einmal 8,5 Pro- Prozent des Gesamtwertes der deutschen Linkedin (Platz 90), Uber (Platz 96) und zent; wenn man „nur“ den Gesamtwert der Marken. In Relation zu den Top 5 betrug der Zoom (Platz 100). So gesehen ist dieses Ran- Top 5 (917,4 Milliarden) als Basis nimmt, Wert der deutschen Marken 52,4 Prozent. king eine klare Bestätigung für die Stärke der dann sind es 21,2 Prozent. Aber all dies ist nur deutschen Marken, aber man kann es auch als eine Momentaufnahme. Deshalb sollte man EIN RÜCKBLICK IN DAS JAHR 2015 In diesem Warnung für die Zukunft sehen. Das gilt spe- einen Blick in die Vergangenheit werfen, bevor Jahr waren die Top 5 Apple, Google, Coca- ziell dann, wenn der Wert der deutschen Auto- man einen Ausblick auf die Zukunft wagt. Cola, Microsoft und IBM mit einem Gesamt- marken im Elektrozeitalter sinken sollte. wert von 501,8 Milliarden US-Dollar. EIN RÜCKBLICK IN DAS JAHR 2001 Damals Deutschland war vertreten mit BMW (Rang waren die Top 5 Coca-Cola, Microsoft, IBM, 11, 37,2 Milliarden US-Dollar), Mercedes- Markenstratege Michael Brandtner GE und Nokia mit einem Gesamtwert von Benz (Rang 12, 36,7 Milliarden), SAP (Platz ist Österreichs führender Marken- positionierungsexperte und Asso- 264,3 Milliarden US-Dollar. Deutschland 26, 18,8 Milliarden), VW (Platz 35, 12,5 Milli- ciate of Ries Global. Im Herbst 2019 ILLUSTRATION: COLOURBOX war vertreten mit Mercedes-Benz (Rang 12, arden), Audi (Platz 44, 10,3 Milliarden), Sie- erschien sein neues Buch „Marken- FOTO: RIES GLOBAL 21,7 Milliarden US-Dollar), BMW (Rang 22, mens (Platz 53, 8,6 Milliarden), Allianz (Platz positionierung im 21. Jahrhundert“. 13,9 Milliarden), Volkswagen (Rang 35, 7,3 54, 8,5 Milliarden), Porsche (Platz 65, 8,1 Mil- Sein Blog: www.brandtneronbranding.com Milliarden), SAP (Rang 43, 6,3 Milliarden), liarden), Adidas (Platz 62, 6,8 Milliarden), HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber 15
16 ILLUSTRATION: JI_SIGN / FOTOLIA; DOMINIQUE ROSSI / HORIZONT HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
Die Agenda der Anfang des Jahres veröffentlichte Serviceplan das CMO-Barometer. Dann kam Corona. Was von den richtungsweisenden Ergebnissen bleibt CMOs VON MICHAEL REIDEL HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber 17
A ls vor gut einem Jahr die Erhebung für das CMO-Barometer zu Ende ging, konnte niemand bei Serviceplan Consulting Group und Facit Research ahnen, dass das Coronavi- rus die Welt durcheinan- derbringen würde. Statt „Emotionen und neue Produkte zu bewerben, die Marke zu pushen und konzentriert an der digitalen Transformation zu arbeiten, standen im Früh- Technologie sind kein jahr bei vielen CMOs plötzlich Solidaritäts- aktionen, flammende Appelle, daheimzublei- ben und fürs Abstandhalten auf der Tages- Widerspruch“ ordnung. Gut zehn Monate nach Beginn der Cindy Groenke führt als Managing Director Miele X. Coronakrise in Deutschland hat die Branche gelernt, einigermaßen mit dem Virus zu leben. Für sie sind Daten der Schlüssel zum Erfolg Wie hat sich das auf die Agenda der CMOs ausgewirkt? Vielleicht weniger stark, als man vermuten würde. Grundsätzlich bleiben die Anpassung der Geschäftsmodelle und Frau Groenke, Miele X gibt es seit Anfang neration 7000 eingeführt. Das war die die Aufgabe, mit dem Marketing für Wachs- 2020. Wollen Sie beweisen, dass sich größte Lancierung in unserer Geschichte tum zu sorgen – ob mit oder ohne Corona –, Marken digital emotionalisieren lassen? mit 350 Kücheneinbaugeräten. Wir haben generell wichtig. „Angesichts des Kosten- Ja, das werden wir. Bereits heute informie- eine globale Digitalkampagne gefahren, die drucks in den Unternehmen wird das Thema ren sich 90 Prozent der Konsumenten on- „beyond the ordinary“ inspirieren sollte, Effizienz sicher in den nächsten drei bis line, bevor sie ein Haushaltsgerät kaufen. und konnten dadurch neue und jüngere sechs Monaten stärker an Bedeutung gewin- Mit Miele X, unserem innovativen Digital Konsumenten für die Marke gewinnen. nen“, sagt Alessandro Panella, Managing Hub für Miele weltweit in Amsterdam, 2020 sollte es weitergehen. Doch dann kam Partner der Serviceplan Consulting Group. emotionalisieren wir Marken digital. Wir Corona. Wenn Umsätze und Gewinne wegbrechen, wollen unsere Konsumenten verstehen werden Budgets – wie in früheren Krisen – und ihnen eine überlegene digitale Custo- Sie haben alles gestoppt? überprüft und angepasst. mer Experience bieten, die sich nahtlos in Nein, wir haben uns entschieden, den Auf- Zuletzt hatte Nielsen für den Werbemarkt die Offline-Welt einfügt. tritt näher am Konsumenten zu positionie- in der Jahresbetrachtung ein Minus bei den ren. Wir haben die drei Spitzenköche der Bruttozahlen von rund 7 Prozent gemeldet. Braucht Miele Emotionen? Die Marke Kampagne live auf Instagram mit alltäg- Aber Panella glaubt trotzdem nicht, dass die steht für Premium und Qualität. lichen Zutaten, die jeder während des Topthemen, die die Studie identifiziert hatte, Das kommt darauf an, in welchem Markt Lockdowns zu Hause hatte, inspirierende an Bedeutung verlieren. Das zeigen die vielen Sie sich befinden. In Europa werden wir so Gerichte kochen lassen. Parallel haben wir Gespräche, die er mit den Umfrageteilneh- wahrgenommen, wie Sie be- stets Daten analysiert, um die mern in den vergangenen Wochen geführt schreiben. Dagegen ist Miele richtigen Themen zu besetzen. FOTO: MIELE hat. Die Digitalisierung oder das Ziel, das in Asien und den USA eine Lu- Kundenerlebnis zu verbessern, haben nichts xusmarke wie Hermès. Hier Mit Marketing-Technolo- von ihrer Dringlichkeit verloren. Angesagt werden wir stark mit Inspirati- gien? bleibt auch die Erhöhung der emotionalen on verbunden. Ein Ziel, wel- Für mich sind Emotionen und Bindung der Zielgruppen an eine Marke. In ches wir seit der Neuausrich- Technologie kein Wider- der Umfrage landete die CMO-Aufgabe auf tung der Marke Miele vor spruch. Beides gehört unab- Platz 2 der Topthemen, vor Evergreens wie einem Jahr in allen Märkten dinglich zusammen. Wir se- Innovationen und Marketingeffizienz. anstreben. hen es als unsere Aufgabe an, Warum dem so ist? Zum einen erhöht sich mit neuesten Technologien die Dichte an neuen und etablierten Wett- Wie gehen Sie vor? Cindy Groenke, Mana- dem Konsumenten die beste bewerbern in allen Branchen. Zum anderen Im Herbst haben wir die Ge- ging Director, Miele User Experience zu bieten. sagen andere Studien, dass die Deutschen zwei Drittel aller Marken für verzichtbar halten. 18 HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
Eine erhöhte emotionale Bindung wird da zur andere Wege gibt als eine Kampagne, um noch besser verstehen lernen. Es ist entschei- Lebensversicherung. Was man liebt und Emotionen zu erzeugen – nämlich dann, dend, dass die Marken ein Gefühl dafür ha- schätzt, davon trennt man sich in der Regel wenn sich Marken wirklich für Menschen ben, in welchem Mindset sich Menschen be- schwerer. Doch Emotionen nur auf starke Bil- nützlich machen.“ Sie müssen beim Konsu- finden, was sie gerade beschäftigt und wie sie der und große Versprechen zu reduzieren, ist mentenverhalten noch näher am Puls der Zeit in diesem Kontext einen Mehrwert erzeugen Panella zu wenig: „Ich bin überzeugt, dass es sein, den Kunden in seinen Entscheidungen können“, sagt Panella. Denn nur so lassen sich Digitalisierung ist Hauptaufgabe Nachhaltigkeit nimmt Fahrt auf Welche der aufgeführten „typischen“ CMO-Aufgaben werden Wie werden sich die folgenden Marketingthemen entwickeln? 2020 an Bedeutung gewinnen? Angaben in Prozent „sehr wichtig“/„eher wichtig“ Angaben in Prozent Digitalisierung des Marketings 53 52,2 Optimierung der Customer Experience 84 Emotionale Bindung der Zielgruppen an die 51 Marke erhöhen Nachhaltigkeitskommunikation 83 Kundenerlebnis verbessern 48 Künstliche Intelligenz 81 Marketingeffizienz steigern 36 Datengeschütztes Marketing 79 Echtzeit-Messung von Kundenverhalten entlang 76 Business-Transformation vorantreiben 35 der Customer Jourmey Markt- und Konsumententrends/ „War for Talents“ – die besten Talente finden 73 35 -bedürfnisse stärker fokussieren und binden Innovationen schaffen/vorantreiben 30 CRM/personalisiertes Marketing 70 Wachstum schaffen 27 Agilität in der Marketingorganisation erhöhen 69 Basis: n = 160 befragte CMOs, Deutschland Basis: n = 160 befragte CMOs, Deutschland Quelle: Serviceplan / CMO-Studie werbung.treiber 2020 Quelle: Serviceplan / CMO-Studie werbung.treiber 2020 ANZEIGE
Bedürfnisse erkennen und diese in Produkte, Services und Dienstleistungen umwandeln. Besondere Einkaufszeiten für Ältere, wie das beispielsweise Lidl in Nordirland während des Lockdowns im März teilweise praktiziert hat. Die Callcenterteams aufstocken, um Men- schen umfassend beraten zu können. Neue Produkte aus Plastikmüll kreieren. Storydoing nennt Panella solche Ansätze. Nicht reden, „Eine Marke ist sondern machen. Lösungen anbieten. Mehr- wert mit konkreten Inhalten erzeugen, nicht mit großspurigen Worten. Aber ein Mindset ein erfülltes kann sich verändern, vor allem in Krisenzei- ten. So haben sich zu Beginn des Lockdowns Handelsmarken bei ihren Mitarbeitern be- Leistungsversprechen“ dankt, andere bei den Menschen im Gesund- Anja Stolz ist CMO der R+V. Sie verbindet Emotionen heitswesen. Das haben die Kunden goutiert. Nun gilt es, neue Akzente zu setzen. Steigt wie und Haltung mit Produkten und Services jetzt die Zahl der Infektionen wieder an, geht es vielleicht eher darum, die allzu Sorglosen wieder einzufangen, an die Verantwortung zu appellieren und die Ängstlichen mitzuneh- Frau Stolz, solche Emotionen wie im Versprechen. Keine Sorge, jemanden zu men. „Die Marken, die es schaffen, den Mind- neuen Markenauftritt haben wenige der enttäuschen? set in ihre Kommunikation zu integrieren, R+V zugetraut. Warum braucht es das? Es stimmt, unsere Haltung und Positionie- passende Produkte und Innovationen zu Da kommen zwei Themen zusammen. Wir rung ist ein großes Versprechen, das wir launchen, sind diejenigen, die das Vertrauen haben auf der Habenseite ein tolles Fun- auch halten müssen. Und zwar nicht nur in der Menschen für sich gewinnen können“, dament mit einer fast 100-jährigen Ge- bunten Bildern einer Kampagne, sondern sagt Panella. Wichtig sei aber, dass sich die schichte und eine positive Wahrnehmung. im täglichen Handeln. Das bedeutet nicht, Firmen treu bleiben. „Die Menschen achten Wir stehen für Solidität und das Genossen- dass wir alle Schäden ohne Prüfung bezah- darauf, ob ein Unternehmen Maßnahmen schaftliche. Aber uns hat in der Vergangen- len oder Unversicherbares versichern. nur ergreift, weil sie gerade angesagt sind.“ heit eine sichtbare Position gefehlt. Wir ha- Doch wir sind bereit, Extrameilen zu ge- Das gilt auch für das Thema „Position be- ben oft rational argumentiert und weniger hen. Das müssen wir Kunden und Mit- ziehen“ in den großen gesellschaftlichen De- emotional. arbeitern immer erklären. Und der Claim batten um Diskriminierung, Rassismus und ist auch eine Aufforderung, immer den an- Diversity. So hält es mehr als jeder zweite Aber ist für eine Versicherung Vernunft deren im Blick zu haben. Niemand agiert CMO für sehr oder eher wichtig, dass sich nicht wichtiger? alleine auf der Welt. Unternehmen zu politischen Entwicklungen Klar ist das wichtig. Aber man glaubt im- offen äußern. Doch wer als Marke hier Orien- mer, der Mensch sei ein Homo oeconomi- Sie holen die Verantwortung für Produk- tierung geben will, muss das aus innerster cus. Wir wissen, dass 80 bis 90 Prozent der te und Services ins Marketing. Überzeugung machen, nicht weil es gerade hip Entscheidungen emotional ge- Im Marketing hat man lange ist, und vor allem auch bereit sein, Gegenwind troffen werden. Zudem ist das geglaubt, es reicht, eine coole FOTO: R+V VERSICHERUNG auszuhalten. Das gilt ebenso für die Nach- Thema Sicherheit schon hoch- Werbekampagne und Kom- haltigkeitskommunikation – vor Corona eines emotional. Da geht es ja um munikation zu machen, und der Trendthemen in der Umfrage. Aber nur Familie, Gesundheit oder Le- ansonsten muss ich nichts ver- weil Greta Thunberg heute nicht mehr die ben. Deshalb brauchen wir ändern. Aber Marke und Mar- Titelseiten der großen Magazine schmückt, ist eine höhere Emotionalität, keting sind eben nicht nur das Thema nicht weg. Nach wie vor schmelzen auch um an die neuen und Kommunikation, sondern die die Eisberge, wird der Regenwald gerodet, jüngeren Zielgruppen her- Gestaltung und Ausrichtung werden Wegwerf-Artikel produziert. Deswe- anzukommen. des gesamten Unternehmens. gen wird im Marketing auch hier nach neuen Anja Stolz, Bereichs- Eine Marke ist ein erfülltes Konzepten gesucht und weniger nach dem Dafür geben Sie mit „Du bist leiterin Marketing, Leistungsversprechen. Dafür aufmerksamkeitsstarken Schnellschuss. Weil nicht allein“ ein gewaltiges R+V Versicherung arbeiten mein Team und ich. es um Glaubwürdigkeit, Langfristigkeit und um die emotionale Bindung geht. 20 HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
A kkuschrauber, Kühlschrank, Ein- spritzpumpe – das sind wahr- scheinlich die drei häufigsten Assoziationen, die den Deut- schen beim Stichwort Bosch ein- fallen. Dabei steht das Traditions- unternehmen aktuell vor der größten Trans- formation seiner Geschichte: Vom schwäbi- schen Hardwarelieferanten zum weltweit führenden IoT-Konzern. CEO Volkmar Den- ner spricht in Interviews schon seit Jahren über diese Wandlung. Das allein reicht jedoch nicht, um Verbraucher, Geschäftskunden und vor allem die Mitarbeiter von der großen Mission zu überzeugen und ihnen das sper- rige Thema Internet of Things näherzubrin- gen. Aus dieser Erkenntnis heraus entstand 2018 die Idee für eine globale Dachmarken- kampagne, die mittlerweile zu einer echten Bewegung geworden ist. Im Pitch um das Mandat stieg seinerzeit auch Jung von Matt/Next Alster ins Rennen. Die Agenturgruppe hat in der Vergangenheit schon öfter für Bosch gearbeitet – allerdings nie für die Dachmarke, sondern immer für bestimmte Geschäftsbereiche wie beispiels- weise die Sparte Power Tools. Das Briefing war
Der lässigste Dude der Werbewelt Die Bosch-Dachmarkenkampagne #LikeABosch ist zu einer Bewegung geworden, die jetzt erst richtig Fahrt aufnimmtVON BÄRBEL UNCKRICH HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber 23
also durchaus eine Herausforderung, galt es Wochen hat BSH Hausgeräte, der größte B2C- FOTOS: JUNG VON MATT doch, die Aufmerksamkeit auf den in Bereich des Konzerns, seine erste eigene Deutschland und den USA noch wenig be- #LikeABosch-Kampagne angekündigt. „Die kannten Begriff IoT zu lenken und Bosch in BSH-Kampagne ist ein gemeinsames Pilot- diesem Bereich zu positionieren. „Die IoT- projekt von unserem Konzernmarketing und Kampagne war nicht dazu angelegt, den Ver- der BSH-Marketingabteilung. Im Gegensatz kauf von konkreten Produkten zu. bewerben. zur IoT-Kampagne ist der BSH-Auftritt auf Es ging darum, die Transformation des Unter- den Massenmarkt ausgerichtet und mit kon- nehmens kommunikativ zu begleiten. Bosch kreten Absatzzielen verknüpft“, berichtet soll als führender IoT-Konzern wahrgenom- Dolkhani. Dafür wurde der Auftritt ein wenig men werden“, berichtet Boris Dolkhani, seit abgewandelt: Anstelle von Shawn treten un- 2017 Vice President Corporate Marketing, Immer mehr Konzernbereiche nutzen in ihrem terschiedliche Protagonisten auf und die Mu- Brand Management & Strategy von Bosch. Marketing das übergeordnete Motto #LikeABosch sik ist kommerzieller als in den früheren Spots. Der Kreativität tut das keinen Abbruch. DIE KREATIVEN von Jung von Matt setzten bei Der Spot hat nicht nur das Online-Pu- dem erklärungsbedürftigen Thema auf die blikum überzeugt, sondern auch nach innen IM GEGENTEIL: Für Jung von Matt war es eine ungewöhnliche Kombination aus Hip-Hop, gewirkt. Viele der insgesamt 400000 Bosch- besondere Herausforderung, sich mit der Fra- Humor und Emotionen. Als Vorbild und In- Mitarbeiter weltweit fanden ihren Arbeitgeber ge zu beschäftigen, ob #LikeABosch auch für spiration für die Kampagne diente die Song- plötzlich wieder richtig cool und versorgten den Massenmarkt taugt. „Wir haben auf parodie „Like A Boss“, mit der die Schau- sich mit Merchandising-Artikeln rund um Agenturseite schon früh verstanden, dass das spieler Andy Samberg und Seth Rogen aus der #LikeABosch. Hier reicht die Palette vom Motto größer ist als ein Hip-Hop-Video mit US-Comedyshow „Saturday Night Live“ be- Schlüsselanhänger über die obligatorische einem lustigen Mann mit Schnauzer. Mit die- reits 2009 einen Internet-Hype ausgelöst hat- Kaffeetasse bis hin zum coolen Hoodie. Es ser Stilistik lassen sich ganz viele Produkte und ten. Die Agentur verwandelte „Like A Boss“ in entstand ein regelrechter Hype, den sich die Situationen toll erzählen – auch ohne Shawn. #LikeABosch und präsentierte dazu ein lässi- Macher der Kampagne zwar erhofft hatten, Wir fanden es deshalb total spannend, uns zu ges Hip-Hop-Video, in dem ein noch lässige- von dem sie aber am Ende doch überrascht überlegen, wie #LikeABosch noch funktionie- rer Protagonist die Vorzüge des Internet of waren, mit welcher Wucht der Auftritt einge- ren könnte. Schließlich geht es darum, dass Things anpreist. „Wir hatten schon das Ge- schlagen ist. wir die Plattform auch in Zukunft weiter nut- fühl, dass wir mit unserer Idee einen starken, zen wollen.“ disruptiven Ansatz liefern. Dass die Kampa- AUF DAS ERSTE HIGHLIGHT-VIDEO folgten Dolkhani ergänzt, dass die Anfang 2019 gne dann aber wirklich so nahe am weitere Clips zu verschiedenen Themen aus anlässlich der CES in Las Vegas lancierte Kam- Ursprungskonzept umgesetzt wurde, begeis- der Bosch-Welt. In „Heat smart #LikeABosch“ pagne erst jetzt richtig Fahrt aufnimmt. „Mit tert uns noch heute. Das erforderte auf Kun- geht es um den Heizungsregler EasyControl, der BSH-Kampagne erreichen wir noch mal denseite wirklich viel Mut und Durchset- der Clip „Drive #LikeABosch“ beschäftigt sich mehr Konsumenten, die bisher vielleicht noch zungskraft“, erinnert sich Andreas Ernst, Ma- mit den Mobilitätslösungen des Unterneh- nichts von #LikeABosch gehört haben.“ Das naging Partner bei Jung von Matt/Next Alster. mens, in „Manufacture #LikeABosch“ dreht darauf folgende Kommunikationsthema steht Das erste Highlight-Video mit dem sich alles um die Fabrik der Zukunft. „Es ist auch schon fest: Anfang 2021soll es eine Nach- schnauzbärtigen Protagonisten Shawn Ryan uns mit #LikeABosch zum ersten Mal gelun- haltigkeitskampagne geben. „Sustainability erzielte weltweit 299 Millionen Impressions gen, eine zentrale Kampagnenplattform zu #LikeABosch“ lautet dann das Motto, mit dem und 44,7 Millionen Views und landete auf etablieren, die von verschiedenen Geschäfts- Bosch aller Welt erzählen will, dass es als erster Platz 5 der meistgesehenen Youtube-Ads. bereichen genutzt wird. Das gab es so noch Industriekonzern vollständig klimaneutral ist. Selbst in China erlangte es Kultstatus. Obwohl nicht und hat allein schon deshalb eine Wahn- „In unserer Branche wird aktuell viel über der Clip fast anderthalb Minuten lang ist, sinnspower“, stellt Dolkhani fest. Dem Ver- Purpose gesprochen“, stellt Ernst fest. „Bei schauten ihn sich 56,1 Prozent der Zuschauer braucher sei es schließlich egal, dass Bosch Bosch sind dahingehend viele Dinge schon bis zum Ende an. Zum Vergleich: die eine Vertriebsorganisation mit verschiedenen gedacht beziehungsweise gemacht, aber es Wettbewerbs-Benchmark hinsichtlich dieser Bereichen und Marketingverantwortlichen wird noch zu wenig darüber geredet. Das wer- sogenannten Completion Rate liegt bei hat. Er sieht nur die Marke Bosch. „Daher den wir nächstes Jahr mit der Nachhaltigkeits- 30 Prozent. Auch sind im Zuge der Kampagne macht es Sinn, einheitlicher aufzutreten als in kampagne ändern – aber eben in der Bosch- sämtliche Umfragewerte rund um die der Vergangenheit. #LikeABosch führt dazu, eigenen Art: Wir reden erst darüber, wenn wir IoT-Kompetenz und die nachhaltige IoT- dass alle Verantwortlichen erkennen: Wir sind Fakten vorweisen können.“ Und allen Shawn- Transformation von Bosch gestiegen. Die deutlich effizienter, wenn wir gemeinsam in Fans sei verraten: Der sympathische Marken- überragenden KPI-Werte haben dem Unter- eine Kerbe schlagen.“ held hat zwar keinen Auftritt in der aktuellen nehmen und seiner Agentur dieses Jahr sogar Die große Bewährungsprobe für die Kam- BSH-Kampagne, aber er wird wiederkom- Gold beim Effie Germany beschert. pagne steht unmittelbar bevor: Vor einigen men. Versprochen! 24 HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
ILLUSTRATION: TOSTPHOTO / STOCK.ADOBE.COM Ein Trio für den Erfolg KPIs gibt es unendlich viele. Doch um den Erfolg eines Unternehmens in Social Media zu bewerten, reichen drei. Welche das sind, verrät unser Autor und Brandingexperte Torben Platzer S ocial-Media-Kanäle sind schon tent ansehen und interagieren. Oftmals haben #1 REICHWEITE Die Reichweite sagt etwas lange nicht nur eine bloße Mög- große Kanäle viele inaktive Abonnenten, die über die Anzahl der potenziellen Interessenten lichkeit für Werbungtreibende, längst einen neuen Account benutzen, der und Kunden aus, die erreicht werden könnten. Kunden zu erreichen, sondern es- Plattform den Rücken gekehrt haben oder de- Die reine Followerzahl muss in den richtigen senzieller Bestandteil. Die durch- nen die aktuellen Postings weit hinten im Feed Kontext gestellt werden, um aussagekräftig zu schnittliche Bildschirmzeit am angezeigt werden. Das ist das Aus für die Rele- sein: Die aktuellen Impressionen, die von Smartphone betrug im Januar 2020 laut App- vanz. Mal abgesehen von gekauften Follo- allen Plattformen mittlerweile selbst ausgele- Annie-Studie schon 3,7 Stunden, die meiste wern, Personen, die es nicht gibt, noch den sen werden können, spielen eine wichtige Rol- Zeit sind die User dabei in den sozialen Netz- anderssprachigen, die zu einem gewissen Pro- le. Wie häufig ein Posting im Newsfeed oder werken aktiv. Die aktuellen Covid-19-Ein- zentsatz auf jedem Account vorhanden sind. der Timeline ausgespielt wird, gibt Aufschluss schränkungen verstärkten diesen Trend noch, Auch die „Gefällt mir“-Angaben sind kein darüber, wie relevant die jeweilige Plattform da wir uns vermehrt nach sozialen Interaktio- sicherer Indikator, weil ein Accountbetreiber ist und für wie relevant die User das Thema nen sehnen und diese Bedürfnisse vor allem diese im Internet für einige Cent erwerben sowie das Posting halten. Je mehr Impressio- über Instagram & Co gestillt werden. Aber kann. Falls sie echt sind, bekommt ein Unter- nen man erhält, desto häufiger wurde der Post nicht nur für die aktuelle Kommunikation der nehmen aber trotzdem keine Aussage darüber, ausgespielt. Aber man erhält keine Daten, wie Gesellschaft werden soziale Medien immer wieso jemand hier ein Like hinterlassen hat. viele Personen den Beitrag wirklich wahrge- wichtiger, auch der Markenaufbau geschieht Gefiel demjenigen vor allem der Sonnenauf- nommen und damit interagiert haben. Man vermehrt darüber. Um den Erfolg messbar zu gang auf dem Bild? Oder lag es am beworbe- bekommt jedoch eine Vorstellung darüber, machen, wird in der Regel ein Augenmerk auf nen Produkt? Das sind nur grobe Indikatoren. wie viele Menschen man erreichen kann. Da- die sichtbaren Zahlen wie Follower- und Like- Stattdessen sollte sich ein CMO immer die mit dieser Funnel funktioniert, muss zwin- Anzahl unter Postings geworfen. Doch so er- folgenden Fragen stellen, weil jeder diese ra- gend eine Website oder Landingpage am unte- hält ein CMO kein aussagekräftiges Ergebnis tional und nachweislich beantworten kann: ren Ende des Funnels stehen, über die Men- über den Erfolg einer Kampagne. Sie analy- DErreichen Werbungtreibende mit der aktu- schen mehr Informationen erhalten. Es emp- sieren nicht die Beweggründe. ellen Kampagne neue Menschen? fiehlt sich, mit spezifischen Links zu arbeiten, Wichtig ist vor allem, wie und wie viele DInteragiert der Werbungtreibende mit die- um tracken und analysieren zu können, was neue Menschen täglich auf die Kanäle gelan- sen? am besten konvertiert hat. Menschen von den gen, wer seine Daten hinterlässt und welcher DWie viele der Menschen werden am Ende sozialen Medien auf die eigene Seite zu ziehen, bleibende Eindruck hinterlassen wird: wirklich zu Kunden? muss das Ziel einer jeden Kampagne sein. Die reine Follower-Anzahl auf einem Ka- Um den Erfolg einer Social-Media-Kam- Dort erst kann man dem potenziellen Kunden nal sagt nichts darüber aus, wie viele dieser pagne zu messen, sollte sich ein Entscheider wie in einem geschlossenen Raum die wich- Menschen wirklich aktiv sind, sich den Con- auf drei große Themen konzentrieren: tigsten Botschaften übermitteln. 26 HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
#2 ENGAGEMENT Das Engagement zeigt #3 LEADS Leads und daraus resultierende Werbungtreibende sollten sich mit der So- in Relation zur Reichweite die Treffer an, die Verkäufe sind der Zeitpunkt, an dem es un- cial-Media-Kampagne auf bestehende Kun- Likes, wie häufig der Beitrag geteilt wurde und romantisch wird. Denn es ist entscheidend, den fokussieren und auf die, die es werden die Kommentare. Alles das bedeutet Interakti- nie das Ziel einer Kampagne aus den Augen zu könnten. Oftmals sind verschiedene Herange- on mit dem eigenen Content. Wenn sich User verlieren. Haben sich Unternehmen lange Zeit hensweisen für verschiedene Menschentypen angesprochen fühlen, werden sie aktiv. Shares auf das Steigern der Reichweite und Engage- nötig, um mit dem Produkt Probleme zu lö- sind dabei die Multiplikatoren. So erreicht ment fokussiert, kann die Euphorie leicht sen. Storytelling ist das A und O, nicht die man noch mehr Menschen und sorgt für eine überhandnehmen. Für eine Brandawareness- Informationsflut. Die Webseite und Follow- erhöhte Brandawareness. Es ist vorteilhaft, Kampagne mag das reichen. Wenn hingegen up-Kampagnen bieten für detaillierte Infor- immer einen CTA (Call-to-Action) in einen Verkäufe das Ziel sind, zählt vor allem die mationen noch genügend Raum, in dem die Beitrag zu integrieren. Am besten werden Si- Conversion des Traffics in echte Leads. Hier emotionale Kaufentscheidung rational be- tuationen geschaffen, in die sich User leicht geht es um Daten, die es ermöglichen, bei gründet werden kann, die ein Kunde auf Soci- hineinversetzen können und die eine berüh- diesen Personen mit einer Retargeting-Kam- al Media getroffen hatte. rende Geschichte erzählen. Je höher der Iden- pagne oder sogar mit einem Sales-Call im tifikationsfaktor ist, desto größer ist die Chan- Follow-up nachzufassen. Aus Followern ce auf Interaktion. Ähnlich funktioniert, Fra- werden Interessenten und aus Interessenten TORBEN PLATZER ist Co-Founder und gen zu stellen oder zur Diskussion aufzurufen. Kunden. Geschäftsführer der Medienagentur TPA Media GmbH, die spezialisiert ist Wichtig ist vor allem, dass der Werbungtrei- Um diese Formel zu erfüllen, müssen auf das Personal Branding von Unter- bende aktiv wird, mitdiskutiert, seinen Stand- Werbungtreibende kreativ sein und aufzei- nehmerpersönlichkeiten und -mar- punkt vertritt und auf Kommentare eingeht. gen, warum Menschen ihre Daten preisge- ken. In den sozialen Medien baute er Ein guter Dialog zwischen Unternehmen und ben sollten, etwa indem es beispielsweise in drei Jahren die Selfmade Commu- FOTO: TPA MEDIA nity mit über 300000 Followern auf. den Followern sorgt für Nähe und Vertrauen Prozente für die Eintragung in den Newslet- Anfang 2019 erhielt er den „Success und wird auch beim nächsten Post Menschen ter gibt oder besondere Early-Bird-Angebote Influencer Award“. wieder zur Interaktion bewegen. via E-Mail. ANZEIGE
Ein dickes Veilchen Die Zahlen zum Werbemarkt zeigen, dass die Branche 2020 mit einem blauen Auge durch Corona davonkommt, aber dennoch mit langfristigen Folgen kämpfen muss VON EVA-MARIA SCHMIDT RETU RN 81 8,6 Prozent der Verbraucher erwarten von Marken Kulanz bei Rücksen- Prozent plus prognostiziert der dungen oder Stornierungen. Das Online-Vermarkterkreis (OVK) im geht aus einer Umfrage von Selligent Bundesverband Digitale Wirt- hervor. Auch die Preissensitivität schaft (BVDW) für 2020 – trotz ist seit dem Ausbruch der Corona- Corona. Damit würden in diesem Pandemie deutlich gestiegen, Jahr 3,92 Milliarden Euro für die Relevanz des Markennamens digitale Werbung ausgegeben. dagegen gesunken. 31883 arbeitslose Werbefachkräfte gab es im Juni. Laut dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) ist damit die Zahl der Arbeits- losen in dieser Berufsgruppe drama- tisch um 39,6 Prozent angestiegen. 3,13 Milliarden Euro brutto haben Unternehmen in 70 Prozent der KMUs in Deutsch- Deutschland im Septem- land sehen sich laut einer ber für Werbung ausgege- aktuellen Crossvertise-Umfrage ben. Das ist zwar deutlich nach der ersten Hochphase der mehr als im August, als die Krise wieder investitionsbereit, Werbungtreibenden lediglich 2,34 Milliarden in- was ihr Marketing betrifft. vestierten – aber dennoch etwas weniger als im Vor- jahresmonat, als knapp 3,3 Milliarden Euro brutto in die Kassen der Vermarkter flossen. Das Jahr liegt damit bislang bei minus 4,6 Prozent. 28 HORIZONT MAGAZIN werbung.treiber
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