Reformstau Energiewende - D r - Themen Magazin
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Heft 2 | 2021 www.themen-magazin.de ISSN 2194-1343 Reformstau Energiewende Se i t e 3: E xklusiv n neseyssen T r. J o h a D S. 7 Dezentral, marktwirtschaftlich, klimaschonend Jochen Rumstadt, Vorsitzender der Geschäftsführung, STEAG S. 20 Herausforderungen auf den Punkt gebracht Ingela Marré, Production Lead, Handelsblatt Media Group Grafik: www.punkt191.de S. 28 Klimaschutz geht nur mit Gas – Nutzen von Nord Stream 2 Dr. Wolfgang Peters, Director, The Gas Value Chain Company
GASAG AB JETZT AUF DEM EUREF-CAMPUS. Funktioniert klimaneutrale Zukunft schon heute? Na klar! Hier mehr erfahren: www.gasag.de/zurueck-in-die-zukunft 2 # themen!magazin # 2|21
[E.ON] Dr. Johannes Teyssen, Vorstandsvorsitzender, E.ON SE Vom Konglomerat zum Rückgrat der Energiewende Eintritt in den Konzern 1989, seit 2004 Mitglied des Konzernvorstands und seit „Es gibt nicht die Wirtschaft über 10 Jahren Vorstandsvorsitzender. Dr. Johannes Teyssen hat für E.ON die hier und die Menschen dort. Weichen in die Zukunft gestellt und reflektierte dies auch in mehreren Beiträgen Genauso wenig wie es den in unserem Magazin. Anlässlich des Wechsels an der Konzernspitze im April Staat hier und uns Bürger hatten wir nochmals Gelegenheit, mit ihm einen Blick auf seine Zeit als dort gibt. Wir alle gemeinsam Vorstandsvorsitzender zu werfen. sind Wirtschaft und Staat, gemeinsam können und Herr Dr. Teyssen, Welche Eckpunkte bestimmten müssen wir Lösungen finden Sie sind mit Ende März aus die Entwicklung in den 20 Jahren? und sie selbst umsetzen. Ihrem Amt ausgeschieden. Auch hier hilft der Blick auf die sehr unterschiedlichen bei- Es geht um eine stabile Wie ist Ihr Blick auf 20 Jahre E.ON? den Dekaden. In den ersten 10 Jahren stand das Wachs- Wertschöpfung, die bei E.ON hat sich in diesen 20 Jahren nahezu vollständig ver- tum durch internationale Akquisitionen im Fokus. Ich erin- den Menschen ankommt.“ ändert. Aus einem Unternehmen, das sich vorrangig auf die nere an die Übernahmen der Ruhrgas, der britisch-ameri- Energieproduktion in Kraftwerken bis hin zur Öl- und Gas- kanischen Powergen, der schwedischen Sydkraft, der süd Dr. Johannes Teyssen exploration auf hoher See und in Sibirien konzentrierte, hin europäischen Geschäfte von Endesa und der russischen zu einem kundenfokussierten Unternehmen mit stark Kraftwerksaktivitäten. Dies wurde unter anderem finanziert wachsenden Infrastrukturgeschäften und modernen Kun- durch den starken Rückenwind anfänglich frei zugeteilter denlösungen für eine gelingende Energiewende. Geblieben Emissionszertifikate bei gleichzeitig schnell steigenden ist aber unsere starke Unternehmenskultur, die es uns er- Börsenpreisen für Strom. laubt hat, uns trotz diverser Rückschläge und Umbrüche immer wieder neu zu erfinden. Natürlich haben wir Fehler Nach der Lehman-Pleite und dem sich schnell beschleu- auf dem Weg gemacht, uns in der ersten Dekade zu zöger- nigenden Siegeszug der Erneuerbaren wie auch dem lich und nicht radikal genug bewegt und so auch Kraft und überraschenden neuen Kernenergieausstieg nach Fukus- Kapital verloren. hima stand zu Beginn der zweiten Dekade zuerst die Bi- lanzsanierung und Effizienzsteigerung im Vordergrund. In der zweiten Dekade haben wir dann aber unser Unter- Die Befreiung aus dem negativen Umfeld gelang dann nehmen schrittweise konsequent auf die Herausforde- durch den bereits genannten radikalen Umbau des Kon- rungen und Chancen ausgerichtet: Erst der beschleunigte zerns in Richtung kundennaher Zukunftsgeschäfte mit Aufbau der Renewable-Geschäfte hin zur globalen Nummer starken Wachstumschancen. 2 bei Offshore Wind und dem Verkauf der stark emissions- belasteten und nicht zu uns passenden Öl- und Gasförder- Ein besonderes Kapitel war in dieser Dekade natürlich das geschäfte. Dann die Abspaltung des konventionellen Kraft- aufregende Hin und Her um die Kernenergie. Es war ver- werks- und Commodity-Handelsgeschäfts auf die sich gut bunden mit zahlreichen politischen Volten und ebenso vie- entwickelnde Uniper. Und schließlich das Tauschgeschäft len Prozessen, bis hin zum Bundesverfassungsgericht und mit RWE, durch das zwei starke europäische Player mit un- einem internationalen Schiedsgericht in Washington. Aus terschiedlichem Portfolio und Anspruch entstanden. Heute heutiger Sicht könnte ich sagen: Viel Lärm bis endlich ver- ist der Umbau abgeschlossen und die Zeit reif für eine nünftige Kompromisse erreicht wurden. Ich bin froh und neue strategische Phase. Ich habe großes Vertrauen, dass stolz, dass wir heute bei E.ON wirtschaftlich wieder voll zu- mein Nachfolger Leo Birnbaum und sein neues Team sie rück sind beim berühmten Kernenergiekonsens mit der mit großem Elan erfolgreich vorantreiben werden. Schröder/Trittin-Regierung aus 2001. E.ON kann ohne Foto: MartinLeclaire 2|21 # themen!magazin # 3
[E.ON] Blick auf das Areal der Salzgitter AG mit der ersten industriellen Sektorkopplung in Deutschland an einem Standort. Sieben Windräder, Steuerbelastungen oder Sonderzahlungen die 32-jährigen historisch-wissenschaftliche Abhandlung, sondern eine drei Projektpartner, Produktionsmengen all seiner Kraftwerke in eigenen Anla- von Zeitzeugen geprägte Erinnerung und lebendige Darstel- eine Wasserstoffproduktion gen bis Ende 2022 realisieren. Darüber hinaus wurde er- lung der Entwicklung der Energiewirtschaft. Angefangen Zusammen mit der Salzgitter neut unter anderem durch Jürgen Trittin vermittelt eine bei der nationalen Monopolwirtschaft der 90er Jahre bis AG und Linde zeigt E.ON, wie neue faire Arbeitsteilung zwischen Unternehmen und Poli- hin zu den Treibern und Gestaltern einer neuen nachhal- Sektorkopplung funktioniert: tik vereinbart und umgesetzt. Der Rückbau ist dabei in in- tigen und wettbewerbsintensiven Energiewirtschaft am Herausragend bei diesem dustrieller Hand, Zwischen- und Endlagerung in staatlicher Beispiel des E.ON-Konzerns. Klug war es, dass die Autoren in Deutschland einzigartigen Verantwortung. die Entwicklungen mit Abstand auf die nachhaltigen Trends Projekt „Windwasserstoff und Entwicklungsschübe untersucht haben und sich nicht Salzgitter – WindH2“ sind Es gab also wirklich immer aufregende Themen. Am Ende in langweiligen chronologischen Beschreibungen von De- nicht nur die sieben 170 m konnte aber bei vielen schwierigen Problemen dieser Jah- tails verloren haben. Interessant war schließlich für mich hohen Windräder, denn auf re der gordische Knoten zerschlagen und unsere E.ON gut vor allem die Sichtweise vieler meiner Mitstreiter aus dem dem Gelände des Hütten und sicher neu aufgestellt werden. eigenen Konzern wie aus der Öffentlichkeit. Jetzt nach werks in Salzgitter wird meinem Ausscheiden bei E.ON wird dieses „Stück Erinne- künftig grüner Wasserstoff Zum Jubiläum erschien auch das rung“ für mich mit jedem Tag spannender. erzeugt, um damit die CO2- Buch „Changing Energy - wie sich Emissionen in der Stahl der E.ON-Konzern neu erfindet“. Auf der Handelsblatt Jahrestagung herstellung bis zum Jahr Welche Aussage ist für Sie Energie 2017 haben Sie gefordert, 2050 um etwa 95 Prozent besonders interessant? Energie neu zu denken. zu verringern. „Interessant“ muss ich etwas relativieren, weil ich ja viele Hat sich hier etwas bewegt? der Ereignisse aus nächster Nähe erlebt habe und in der Absolut. Ich erinnere mich noch an ein Interview mit Ihrem Geschichte der E.ON auch vorher schon halbwegs sattel- Magazin zu dieser Zeit, als ich sinngemäß sagte: „Die En- fest war. Sonst wäre ich als CEO auch fehl am Platze ge- ergiezukunft wird nicht mehr in Parteizentralen, Ministe- wesen. Wirklich gelungen fand ich aber die Art und Weise, rien oder Behörden gemacht. Sie wird auch nicht in Unter- wie das Autoren Team seine externe Sicht zu einer leb- nehmenszentralen gemacht. Sie wird vom Kunden ge- haften und alles andere als trockenen Lektüre verdichtet macht, und sie muss vom Kunden gedacht werden.“ Ich fü- Foto: E.ON hat. Die Publikation ist ja keine klassische Chronik oder ge hinzu, dass der wichtigste zusätzliche Erfolgsfaktor die 4 # themen!magazin # 2|21
[E.ON] positive und schnelle Entwicklung neuer technologischer Regeln zu beschließen? Die Energiewende ist so vielfältig Möglichkeiten geworden ist. Denken Sie nur an die über- und komplex, dass der Versuch politisch alles „richtig“ zu raschenden Innovations- und Kostensprünge bei Rene machen scheitern muss. Daher ist es viel vernünftiger, den wables und Batterien oder an die neuen Chancen bei grü- Weg zu ebnen und die Innovationskräfte des Marktes an- nem Wasserstoff. Das Ziel einer vollständigen Dekarbo- zuzapfen. Die Energiewende ist doch längst keine mora- nisierung der Volkswirtschaften ist heute nicht nur Main- lische Frage mehr. Es ist eine Umsetzungsfrage. Das Tem- stream, sondern wird auch von den Investoren getrieben. po dieser Umsetzung wird aber am Ende nicht durch Öko- Auch bei uns in Deutschland sind endlich erste Schritte Pioniere entschieden, sondern durch die breite Masse der für eine nachhaltige Ausrichtung aller Systeme auf die- Energieverbraucher. Wenn selbst Klimawandelleugner mit ses Ziel umgesetzt. Schrittweise soll nicht mehr saubere Grünstrom tanken, weil es günstiger ist, dann sind wir auf Energie, sondern richtigerweise schmutziges CO2 bepreist einem guten Weg. Da sind wir noch nicht. Aber die Bundes- werden. Es wird auch zunehmend verstanden, dass sich regierung hat erkannt, dass sie der unverhältnismäßigen der Erfolg und das Tempo in den Infrastrukturen, beson- Belastung von Strom durch Abgaben und Umlagen ein En- ders in regionalen und örtlichen Energienetzen entschei- de bereiten muss. Dann kann grüner Strom fossile Ener- det, wie auch in den kommunalen Wärme- und Kältenet- gieträger wie Benzin und Schweröle verdrängen. Nicht zen und den immer wichtiger werdenden privaten Areal- durch Verordnungen oder Verbote, sondern durch die Kraft netzen für Gewerbeparks und neue Wohnquartiere. Hier von Angebot und Nachfrage. Das wäre vernünftig. kommen das neue Angebot von Renewables und die wachsende Nachfrage durch die Elektromobilität, Wär- mepumpen und die Elektrifizierung von Industrie und Ge- Um die ambitionierten Klimaziele im werbe zusammen. Für all dies steht E.ON, es gibt kein Energiesektor zu erreichen, müssen spannenderes Thema für die nächsten Dekaden. Umlagen und Abgaben grundlegend Welche Rolle wird die Digitalisierung in diesem Prozess übernehmen? reformiert werden. Die EEG-Umlage Das Energiesystem der Zukunft ist viel aufregender als muss komplett gestrichen und über das konventionelle System der Vergangenheit. Abermilli- onen von einspeisenden und verbrauchenden Geräten so- eine umfassende, steuerbasierte wie sich stetig wandelnde Bedürfnisse der Kunden pral- len hier im Millisekundenbereich auf die Möglichkeiten Lösung ersetzt werden. und Grenzen der Infrastrukturen. Ohne die Digitalisierung ließe sich ein solches System überhaupt nicht aussteu- Welche Botschaften geben Sie für die ern. Künftig werden Maschinen die Signale von Maschi- weitere Diskussion zur Energiewende nen wie auch die Signale der Menschen lesen. Und Algo- und den Dialog mit der Politik? rithmen werden die Datenflüsse steuern – optimiert auf Genau diese: Weniger Grundsatzdebatten und volle Kraft Basis künstlicher Intelligenz. Es braucht aber Menschen auf die Umsetzung. Saubere Energie günstig machen, dre- und Unternehmen, um die Gesamtsignale und Trends zu ckige Energie teuer. Dazu noch Bürokratiestau und Regu- interpretieren. Sie müssen „Ermöglicher“ sein, die Infra- lierungswust entschlacken, auf Technologieoffenheit und strukturen stetig weiterentwickeln und den Kunden die marktwirtschaftliche Lösungen setzen – dann erreichen wir am besten geeigneten Lösungen anbieten. Die konse- unsere Klimaziele. quente und vollständige Digitalisierung des Systems und der Unternehmen ist also die Pflichtaufgabe der Energie- Herr Dr. Teyssen, wir wünschen Ihnen wirtschaft. Deswegen treiben wir bei E.ON mit starken nach Ihrer Verabschiedung bei E.ON Partnern aus der IT- und Digitalwirtschaft das Thema vo- alles Gute für Ihre Zukunft! ran. Auch hier sehe ich fast unendliche Chancen. Vielen Dank! Ich werde jetzt sicher den notwendigen Ab- stand zur Branche suchen, um den Kopf frei zu bekommen Eine Ihrer Kernbotschaften ist, für neue spannende Themen. Sicher ist, dass ich dabei Klimaschutz verlangt Vernunft. „meinem Unternehmen“ immer emotional verbunden blei- Kommen wir hier voran? be, aber genauso sicher nicht als Aufsichtsratsvorsitzender Ist es vernünftig, in immer weiteren Abstimmungsschleifen zurückkommen werde. immer kleinteiligere Klimaziele auszurufen und für jeden Anwendungsfall und jede Technologie eigene Gesetze und www.eon.com 2|21 # themen!magazin # 5
[Impressum/Inhalt] Inhalt Impressum Heft 2 | 2021 S. 3-5 Vom Konglomerat zum Rückgrat der Energiewende Red.-Schluss: 24. März 2021 Dr. Johannes Teyssen, CEO, E.ON SE (ausgeschieden zum 1. April 2021) Auflage 5.000 S. 6 Impressum Herausgeber: Dynamik2000 Wirtschaftsmedien Verlag S. 7-9 Dezentral, marktwirtschaftlich, klimaschonend Jochen Rumstadt, Vorsitzender der Geschäftsführung, STEAG GmbH Chefredaktion: Dr. Ing. Lothar Müller (V. i. S. d. P.) S. 10-12 Mehr Erneuerbare für mehr Industriearbeitsplätze Stefan Kapferer, CEO, 50Hertz Transmission GmbH Postanschrift: Dynamik2000 Wirtschaftsmedien Verlag S. 13 Redispatch 2.0 verlangt hochpräzise und zuverlässige Erzeugnisprognosen Hohmannstraße 7c, D-04129 Leipzig Alexander Lehmann, Geschäftsführer, UBIMET Deutschland GmbH Büro Berlin: S. 14-15 Projekt EU-SysFlex unterstützt zuverlässige Stromversorgung themen!magazin c/o visucom Dirk Sattur, Technischer Geschäftsführer, MIT NETZ Strom GmbH Wolfener Str. 32 B, D-12681 Berlin S. 16-17 Marktkommunikation? Einfach besser in der Cloud! verlag@wirtschaftsmedien.eu Andreas Pöhner, Geschäftsführer, Next Level Integration www.themen-magazin.de S. 18-19 Rundum-sorglos-Paket für eMobilität Bodo Ruppach, Geschäftsführer, msu solutions GmbH Layout, Satz, Gestaltung, Produktion: PUNKT 191 Marketing & Design, S. 20-21 Herausforderungen auf den Punkt gebracht www.punkt191.de Ingela Marré, Production Lead, Handelsblatt Media Group Online-Entwicklung und Systembetreuung: S. 22-24 Stadtwerke Dessau verabschieden Strategie 2025 DynamicWare, www.dynamicware.de Dino Höll und Thomas Zänger, Geschäftsführer, Stadtwerke Dessau GmbH Bildrechte bei den Autoren. S. 25 Chancen sehen und nutzen Nachdruck, auch auszugsweise Dennis Schenk, Geschäftsführer, Stadtwerke Rheine Gruppe GmbH nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages. S. 26 -27 Herstellung von Wasserstoff: Einführung von Umlageprivilegierungen Dr. Christian Hampel und Dr. Sandra Flemming, Rechtsanwälte, Ernst & Young Law GmbH Einzelbezugspreis 4,90 Euro S. 28-29 Klimaschutz geht nur mit Gas – Nutzen von Nord Stream 2 ISSN 2194-1343 Dr. Wolfgang Peters, Managing Director, The Gas Value Chain Company GmbH S. 30 450 MHz-Frequenzen für schnelle Digitalisierung und Versorgungssicherheit Thomas Murche, Technischer Vorstand, WEMAG AG Titelgrafik: Steffen Jacob, www.punkt191.de 6 # themen!magazin # 2|21
[STEAG] Dezentral, marktwirtschaftlich, klimaschonend Wenn die Energiewende erfolgreich sein will, muss unser Energiesystem flexibler, marktgängiger und weniger zentralistisch werden. Diese Positionen unterstreicht Joachim Rumstadt, Vorsitzender der Geschäftsführung, STEAG GmbH, in seinem Gastbeitrag für THEMEN!magazin Das Energiewirtschaftsgesetz gibt in §1 einen Dreiklang vor, wie unser Energiesystem beschaffen sein soll, wel- chen Zielen sich die Energiepolitik in Deutschland ver- pflichtet fühlt: Versorgungssicherheit, Kosten- und Res- sourceneffizienz sowie Umweltverträglichkeit bilden ge- meinsam das sogenannte energiewirtschaftliche Zieldrei- eck. In der Theorie, so scheint es, ist an alles gedacht. Die Realität sieht freilich oft anders aus: Immer wieder scheint das bestehende Energiesystem an den Rand seiner Leistungsfähigkeit zu kommen, die Kunden klagen seit Jahren über steigende oder zumindest gleichbleibend ho- he Energiepreise, deren größte Bestandteile seit jeher Steuern und Abgaben sind. Und der Umweltverträglichkeit ist trotz stetig steigenden Anteils regenerativer Erzeugung am Strommix nicht gedient, wenn etwa die Stilllegung von Kohlekraftwerken faktisch auf unbestimmte Zeit vertagt wird, weil sie seitens der Netzbetreiber als systemrelevant und damit unverzichtbar für die Gewährleistung der Ver- sorgungssicherheit eingestuft werden. → Foto: Stefan Windprecht / STEAG GmbH 2|21 # themen!magazin # 7
[STEAG] Joachim Rumstadt, Planungssicherheit und Weil die Ertüchtigung und der Ausbau der Netze insbeson- Vorsitzender der Geschäfts Verlässlichkeit sind gefragt dere auf der Höchstspannungsebene – Stichwort Stromau- führung, STEAG GmbH Dass die Bundesrepublik nach der Kernenergie auch tobahnen – den ursprünglichen Ausbauplänen um Jahr- aus der kohlebasierten Energieerzeugung aussteigt, ist zehnte hinterherhinkt, verlegen sich Netzbetreiber und Ge- entschieden. Auch STEAG akzeptiert diese Entschei- setzgeber inzwischen darauf, die absehbar größer wer- dung. Womit wir hadern, ist weniger die Entscheidung denden Probleme in Sachen Versorgungssicherheit durch an sich, als vielmehr die Art und Weise ihrer Umsetzung Verbrauchssteuerung in den Griff zu bekommen. insbesondere für die Steinkohlekraftwerke und deren Betreiber. Denn Stilllegungsauktionen mit unbestimm- Paradoxum überwinden tem Ausgang bieten weder den Unternehmen noch de- Nach meiner Vorstellung braucht es dringend einer Ertüch- ren Beschäftigten die notwenige Planungssicherheit tigung der Energieinfrastruktur, und zwar zuerst der Netze und Verlässlichkeit, die es aber dringend bräuchte, um und dann der tageszeit- und wetterunabhängigen Erzeu- die Stilllegung der Kraftwerke und die strategische gungsanlagen. Dann – und nur dann – haben dezentrale, „Die auch politisch oft zu ver- Neuausrichtung der Unternehmen sozialverträglich ge- marktgerechte Lösungen und Konzepte eine Chance. An- nehmende Forderung, dass stalten zu können. dernfalls werden wir auch weiterhin mit der paradoxen Si- sich das Verbrauchsverhalten tuation leben müssen, dass aus Gründen der Wahrung von der Menschen den Verfügbar Dass jedoch gleich eine ganze Reihe von Steinkohle- Netzstabilität Strom aus regenerativen Quellen wegen keiten von Energie anzupas- kraftwerken, die in der ersten Stilllegungsauktion bezu- Überangebots an sonnen- und windreichen Tagen schlicht sen habe, mag unter den schlagt worden sind und zur Mitte dieses Jahres endgül- nicht erzeugt wird, weil das Netz nicht imstande ist, diese gegebenen Umständen tig stillgelegt werden sollten, nunmehr seitens der Netz- Menge an Energie aufzunehmen. technisch plausibel klingen, betreiber als systemrelevant eingestuft wurden und die erklärt aber nicht, wie dies Bundesnetzagentur jetzt entscheiden muss, ob sie die- Oder wir sehen, dass die Interventionsbedarfe und die In- kosten- und ressourcen sen Anträgen stattgibt, bedeutet für Betreiber und Be- terventionsluste der Netzbetreiber weiter zunehmen wer- effizient geschehen soll.“ schäftigte neuerliche Ungewissheit und Beschränkung den – auch in Bereichen, die ihnen nach dem Prinzip der der Gestaltungsmöglichkeiten. Entflechtung der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungs- Joachim Rumstadt kette – kurz „Unbundling“ – durch den Gesetzgeber seit Zum Kern des Problems 1998 eigentlich von Gesetzes wegen verwehrt sind: So war Was wie ein neuerliches Lamento, ein weiteres Hadern mit kurzzeitig ein Gesetzentwurf im Umlauf, der z. B. den Nut- dem Unvermeidlichen klingt, führt jedoch zum Kern des zern von Elektrofahrzeugen oder Besitzern einer Wärme- Problems, das mich umtreibt: Je weniger unsere Strom- pumpe stundenweise Abschaltungen durch den Netzbetrei- netze sich imstande erweisen, die zunehmend schwanken- ber hätte bescheren können, wenn dies aus Gründen der den Einspeisungen aus regenerativen Energien, die stei- Netzstabilität notwendig erschienen wäre. Völlig zurecht gende volatile Entnahme durch immer mehr Wärmepum- hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, aus dessen pen, eine steigend wachsende Zahl von Elektrofahrzeugen Ressort der Entwurf stammte, diesen einkassiert mit den und privaten PV-Anlagen problemlos zu handhaben, desto Worten: „Ich habe das gestoppt, weil ich der Auffassung stärker wird paradoxerweise die Marktmacht der Netzbe- bin, dass in Deutschland seit dem Ende des Zweiten Welt- treiber gegenüber den übrigen Marktteilnehmern wie Er- kriegs immer das Prinzip galt, dass der Strom dann verfüg- zeugern, Händlern, Lieferanten und Kunden. bar ist, wenn er gebraucht wird.“ Das Netz mag nicht alles sein, aber ohne das Netz ist al- Rückfall in die alte Energiewelt? les andere nichts. Und so rechtfertigt die eingeschränk- Ein anderes Beispiel: Überall dort, wo es für den si- te Leistungsfähigkeit der Energienetze nun mehr und cheren, stabilen Netzbetrieb leistungsfähige, flexible Er- mehr Ideen und Konzepte, bei denen die Netzbetreiber zeugungskapazitäten zur freien Disposition der Netzbe- mehr und mehr in die Rolle des Vetospielers der Energie- treiber geben muss, die bedarfsweise zuschaltbar sind, wirtschaft hineinwachsen. Ohne ein aktives Gegensteu- hat der Gesetzgeber geregelt, dass solche „besonderen ern wird diese Rolle in Zukunft noch stärker zum Tragen netztechnischen Betriebsmittel“ (bnBM) geplant, gebaut kommen. Nämlich dann, wenn mit kostengünstigem und als vorgehaltene Reserve vergütet werden, ohne an- Grünstrom betriebene Elektrolyseure in großem Maßstab sonsten am Marktgeschehen teilnehmen zu dürfen. Zu Wasserstoff für die notwendige Dekarbonisierung von In- beobachten ist nun seit geraumer Zeit, dass die Netzbe- dustrie und Mobilitätssektor produzieren sollen, um die treiber immer wieder bestrebt sind, derlei Anlagen künf- Foto: Marc Darchinger / deutsche Volkswirtschaft auf Dauer auf den Weltmärkten tig selber zu planen, zu bauen und zu betreiben – ver- STEAG GmbH wettbewerbsfähig zu erhalten. bunden mit dem Argument, man wisse schließlich selbst 8 # themen!magazin # 2|21
Foto: Alexander Basile / STEAG GmbH am besten, was für ein stabiles Netz benötigt werde. Insofern ist STEAG bereits seit Jahren mit Erfolg dabei, Im Auftrag der RheinEnergie Schon heute haben Netzbetreiber das Recht, Ladeinfra- sich auf die Energiemärkte der Zukunft auszurichten. AG errichtete die auf PV struktur für Elektrofahrzeuge oder Speicher, sogenannte Damit sind wir nicht allein. Doch uns und allen anderen spezialisierte STEAG-Tochter Netzbooster, zu betreiben. Das aber ist der nächste Marktteilnehmern gelänge dies deutlich besser, wenn STEAG Solar Energy Solutions Schritt hin zu einem Roll-back des Unbundling-Gedan- die dafür erforderliche Infrastruktur bedarfsgerecht zur GmbH innerhalb von zehn kens. Damit droht nun die alte, monopolistische Ener- Verfügung stünde. Wo das nicht der Fall ist, müsste die Wochen im bayerischen giewelt durch die Hintertür der Netzstabilität und Versor- Infrastruktur mit den Bedarfen wachsen, anstatt per Münchberg einen Solarpark gungssicherheit wieder Einzug in die energiewirtschaft- dirigistischer Markteingriffe für eine Regulierung der mit einer Leistung von liche Gegenwart zu halten. Bedarfe und deren Anpassung an den infrastrukturellen 6,5 MWp. Herausfordernd Ist-Zustand zu sorgen. war die Integration der neuen Dabei ginge es auch ganz anders: Entspräche die Lei- Anlage in die unmittelbar stungsfähigkeit der Netze den tatsächlichen Bedarfen Energieinfrastruktur angrenzende, bereits zehn der sich wandelnden Energiewelt, in der Strom auch für bedarfsgerecht ausbauen Jahre alte Bestandsanlage. den Wärmemarkt, die Mobilität usw. immer wichtiger Die Energieinfrastruktur ist für das wirtschaftliche wird, hätten auch andere Akteure am Markt eine Chance, Wohlergehen unseres Landes mindestens ebenso wich- ließen sich Kosten- und Ressourceneffizienz, wie vom tig, wie es etwa die Verkehrsinfrastruktur ist. Bei Letzte- Energiewirtschaftsgesetz gefordert, schneller und ein- rer scheinen wir uns daran gewöhnt zu haben, dass Flug- facher erreichen – zum Wohle nicht nur des Klimas, son- häfen und Bahnhöfe erst Jahrzehnte später als geplant ders letztlich auch des Geldbeutels der Kunden. fertiggestellt werden, oder dass man eher klimatolo- gisch unsinnige Umleitungen für Schwerlastverkehr aus- Passgenaue Lösungen weist, statt eine Rheinbrücke einfach zu erneuern. für die Energiezukunft Wie das geht, damit hat STEAG seit bald fünf Jahr- Damit es in der Energiewirtschaft so weit gar nicht erst zehnten Erfahrung: Wir bieten unseren Kunden und Part- kommt, braucht es ein Umsteuern – weg von dirigisti- nern, darunter Raffinerien, Automobilfabriken und Zu- schen Eingriffen, hin zu mehr Dezentralität und mehr lieferer, Brauereien, Abfallverwertungsanlagen, Wohn- marktlicher Selbstorganisation. Ansonsten droht die Ge- quartieren und Privatkunden, passgenaue Lösungen rund fahr, dass die steten Eingriffe erst recht jenen Zustand um alle Fragen der Energie und Dekarbonisierung. Sei es zementieren, den sie eigentlich zu überwinden helfen im Bereich der Fernwärme, wo wir immer wieder mit sollten. technisch innovativen Lösungen aufwarten können, sei es bei Industriekundenlösungen, Großprojekten zur rege- www.steag.com nerativen Stromerzeugung oder auch am Regelenergie- markt, wo wir seit mehreren Jahren eine der größten Speicheranlagen in Deutschland betreiben. 2|21 # themen!magazin # 9
[50Hertz] Mehr Erneuerbare für mehr Industriearbeitsplätze Der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz will die Vorreiterrolle des Nordosten Deutschlands als „Grünes Kraftwerk“ stärken. Dazu sind hohe Investitionen in die Netzinfrastruktur, in Digitali- sierung und Flexibilisierung notwendig. Vor allem aber braucht Arkona, die Offshore- es dafür mehr Erneuerbare Energien. Stefan Kapferer, CEO von Plattform in der Ostsee mit 50Hertz Transmission GmbH, spricht im THEMEN!magazin über Hubschrauberlandeplatz, die Beschleunigung der Energiewende und die Dekarbonisierung Foto: Jan Pauls Fotografie der Industrie – und was dafür getan werden muss. 10 # themen!magazin # 2|21
[50Hertz] Herr Kapferer, 50Hertz hat im letzten Jahr sind zwar an Land rund 427 MW dazugekom- Stefan Kapferer, CEO, Sommer 2020 die industrie- und men und damit etwas mehr als im schwachen Jahr 2019. 50Hertz Transmission GmbH klimapolitische Initiative „Von 60 auf Aber es ist deutlich zu wenig, wenn wir 2032 bei 100 Pro- 100 bis 2032 – neue Energie für eine zent landen wollen. Selbst die Pfade, die im aktuellen starke Wirtschaft“ gestartet. Wie Entwurf des Netzentwicklungsplans 2035 vorgezeichnet weit sind Sie inzwischen gekommen? sind, würde man bei diesem Ausbautempo nicht errei- Bei der Anfangszahl können wir schon ein wenig weiter- chen. Mindestens eine Verdoppelung der jährlichen Zu- drehen. Wir liegen jetzt bei 62 Prozent Anteil Strom aus bauzahlen brauchen wir bei Windenergie an Land. Erneuerbaren am gesamten Stromverbrauch in unserem Netzgebiet. Damit es schneller vorangeht haben wir zu- Bei Wind auf See sehe ich derzeit eine deutliche Diskre- sammen mit der Industriegewerkschaft Bergbau, Che- panz zwischen dem 90 GW-Potenzial, das die Europä- mie, Energie (IG BCE) kürzlich mehrere Ministerpräsi- ische Union, die Ostsee-Anrainerstaaten und die jewei- denten, Minister und Staatssekretäre aus unserem Netz- ligen Übertragungsnetzbetreiber für die gesamte Ostsee „50Hertz will zukünftig früher gebiet und die Spitzen wichtiger Branchenverbände beim identifiziert haben – und dem, was sich vor der deut- in die Kommunikation mit Kick Off zu einer Round-Table-Reihe zu Gast gehabt. schen Ostseeküste abzeichnet. Nach dem derzeitigen potenziellen Kunden gehen Flächenentwicklungsplan käme der Ausbau der Off- und hat dazu Projekte zur Alle waren sich einig, dass es jetzt nach dem Beginn des shore-Windenergie in der deutschen Ostsee nach 2026 Optimierung von Netz Kohleausstiegs einen schnellen Einstieg in neue Techno- zum Erliegen. Wir halten es für möglich, drei weitere Gi- anschlussprozessen auf logien der Sektorkopplung geben muss und dafür mehr gawatt auf unterschiedlichen Flächen in der deutschen gesetzt. Wir sehen uns im Erneuerbare und eine gute Netzinfrastruktur erforderlich Ostsee zu realisieren, ohne dass es zu ernsthaften Nut- Rahmen der regulatorisch sind. Es ist kein gutes Signal, wenn unsere Chemie- oder zungskonflikten mit anderen Interessen kommt. vorgegebenen Abläufe als Stahlwerke ihre Prozesse dekarbonisieren wollen – es Enabler und wollen dazu bei- aber an Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen Der Netzausbau wird seit langem tragen, dass Erzeuger oder Leitungsanschlüssen hapert. Wir müssen jetzt an als Schwachpunkt der Energiewende Erneuerbarer Energien und mehreren Stellen schneller werden. Deshalb setzen wir gesehen. Teilen Sie diese Meinung? industrielle Abnehmer unsere Round-Table-Reihe mit verschiedenen Branchen Manchmal verfestigen sich leider Meinungsbilder – die schneller zum Ziel kommen und der Politik fort, um weitere Stellschrauben zu iden- Realität sieht hingegen positiver aus. 50Hertz hat inzwi- als bisher. Und diese Ziele tifizieren – und auch daran zu drehen. Und 50Hertz selbst schen 373 Kilometer der Projekte aus dem EnLAG und heißen: mehr grünen Strom trägt auch dazu bei: Wir werden 4,7 Milliarden Euro bis dem BBPG umgesetzt, fast 1.200 Kilometer sind im Bau, erzeugen und mehr grünen 2025 in die Stromnetz-Infrastruktur investieren, also je- genehmigt oder im Prozess vorangeschritten. Wir liefern Strom nutzen.“ des Jahr fast eine Milliarde Euro. also. So wird Strom aus Erneuerbaren Energien bei uns immer seltener abgeregelt und es muss immer weniger Stefan Kapferer Was läuft momentan positiv – und Redispatch angeordnet werden. Innerhalb von fünf Jah- was weniger gut? Der Nordosten ren haben wir beim Engpassmanagement die Kosten von Deutschlands ist ja bereits heute ein 350 auf nunmehr 33 Mio. Euro pro Jahr reduziert. Das „Grünes Kraftwerk“ der Energiewende. zeigt: Netzausbau kommt voran und wirkt! Positiv läuft es bei der Photovoltaik. Hier wurden im ver- gangenen Jahr über 1,3 GW zusätzliche Leistung instal- Wir haben im vergangenen Jahr den weltweit ersten hy- liert und wir sehen neben den vielen Dachanlagen auf briden Interkonnektor in der Ostsee ans Netz gebracht. Ein- und Zweifamilienhäusern auch große Freiflächen- Die Combined Grid Solution verbindet Deutschland und projekte in der Pipeline. Neu daran ist, dass diese Pro- Dänemark unter Einschluss zweier Offshore-Windparks. jekte überwiegend ohne EEG-Vergütung geplant werden Weitere Seeverbindungen mit Skandinavien sind im Ge- und dass aufgrund ihrer hohen Leistung ein Anschluss nehmigungsverfahren, und wir sondieren gerade mit un- direkt am Höchstspannungsnetz erforderlich sein könnte. serem Partner, dem dänischen Netzbetreiber Energinet, Die Systempreise für PV erlauben bei Anlagen dieser Grö- wie wir gemeinsam die sogenannte Energy Island Born- ßenordnung mittlerweile eine Stromvermarktung im holm realisieren können. Wettbewerb. Das freut natürlich ganz besonders je- manden wie mich, der ein überzeugter Anhänger von An Land bauen und verstärken wir an sehr vielen Stellen. Marktmechanismen ist. Mit der Uckermark-Leitung und am Nordring Berlin kom- men wir voran, bei der Kabeldiagonale Berlin starten in Und die Schattenseite? diesem Jahr die Tunnelvortriebsarbeiten, der SuedOst- … ist die Windenergie sowohl On- als auch Offshore. Im Link befindet sich in der Planfeststellung und im gesam- Foto: Jan Pauls Fotografie 2|21 # themen!magazin # 11
[50Hertz] gesetzt werden, wenn es an eigenem Personal mangelt. Wir appellieren an die Länder, dieses Instrument stärker zu nutzen und einzusetzen. Und drittens sind wir für eine Auseinandersetzung mit of- fenem Visier. So sollten nur solche Verbände eine Klage- möglichkeit haben, die bereits zuvor in einem Genehmi- gungsverfahren Einwände erhoben haben. Das jetzige Verfahren ist eine Einladung zum juristischen Taktieren und schadet letztlich der demokratischen Auseinander- setzung. Sie adressieren mit Ihrer Beschleunigungsstrategie vor allem die Industrie im Osten Deutschlands und in Hamburg. Wie passen die bei- den Stränge „mehr Erneuerbare – mehr Industrie“ zusammen? Die passen perfekt zusammen. In unserem Netzgebiet sind in den vergangenen zehn Jahren über 100.000 In- dustriearbeitsplätze entstanden. In Hamburg, im mittel- deutschen Chemierevier, im Großraum Berlin und natür- lich in Sachsen und Thüringen. Der Kohleausstieg hat in Sicherheit: Speziell geschult ten Netzgebiet nehmen wir an unseren Leitungen konti- diesem Jahr begonnen und jetzt brauchen wir einen und gesichert, besteigt ein nuierlich Optimierungs- und Verstärkungsmaßnahmen starken Impuls, damit diese Industrien mit „grünem“ 50Hertz-Mitarbeiter einen vor. Daher haben wir unser Investitionsvolumen für die Strom weiter wachsen sowie Arbeitsplätze erhalten und der bis zu 80 Meter hohen Jahre bis 2025 um fast zwei Milliarden Euro gegenüber schaffen können. Freileitungsmasten. dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum erhöht. Im 50Hertz-Netzgebiet gibt Und weil es sich dabei um Verbraucher mit hohem Strom- es davon mehr als 13.000. Große Infrastrukturprojekte dauern bedarf handelt, sind wir als Übertragungsnetzbetreiber na- in Deutschland extrem lange von türlich gefragt, die erforderliche Netzinfrastruktur bereit- der Planung über die Genehmigung zustellen. Die Kundenstruktur eines Übertragungsnetzbe- bis zur Inbetriebnahme. Wie kann treibers war bisher eher statisch. Konventionelle Kraft- man den Netzausbau beschleunigen, werke und große Windparks auf der einen Seite, große In- ohne neue Gesetze zu beschließen? dustriebetriebe wie Stahlwerke auf der anderen Seite. Aus- Nadelöhre sind Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Und bau der Erneuerbaren, Digitalisierung und Wasserstoff dafür haben wir Lösungsansätze: Das Bundesverwal- bringen jetzt neue Dynamik hinein, weil eine Stromversor- tungsgericht ist die derzeit erste Instanz und muss Tat- gung über die Mittel- und Hochspannungsebene oft nicht sachen ermitteln. Das kostet Zeit und Ressourcen, selbst mehr ausreicht, sondern ein 220 kV- oder gleich ein 380 Eilverfahren dauern sehr lange. Unser Vorschlag ist, dass kV-Anschluss erforderlich ist. Das gilt für große Rechen- am BVerwG zwei Senate eingerichtet werden, die sich zentren ebenso wie für Elektrolyseure oder Chemieunter- ausschließlich mit energierechtlichen Genehmigungsver- nehmen, die ihre Prozesse dekarbonisieren wollen. Und wir fahren beschäftigen. Es ist doch grundsätzlich besser für machen Nägel mit Köpfen: Auf die zu erwartende erhöhte alle Beteiligten, in einem transparenten Prozess klare Grünstrom-Nachfrage der Chemieindustrie im Umfeld von Verhältnisse zu schaffen, als endlose Phasen der Rechts- Leuna haben wir im aktuellen ersten Entwurf des NEP 2035 unsicherheit zu ertragen. bereits reagiert. Bei den Landesverwaltungen können Projektmanager Herr Kapferer, ganz pragmatisch zur Entlastung beitragen. Dieses In- wir bedanken uns für das Gespräch. strument steht den Behörden zu, die Kosten übernimmt der Vorhabenträger. Diese externen Manager unterliegen www.50Hertz.com Foto: Jan Pauls Fotografie den Weisungen der Behörden und können schnell ein- 12 # themen!magazin # 2|21
[UBIMET] Alexander Lehmann, Geschäftsführer, UBIMET Deutschland Redispatch 2.0 verlangt hochpräzise und zuverlässige Erzeugungsprognosen Durch Redispatch 2.0 soll das bisher getrennt geregelte Einspeisemanagement UBIMET setzt bei der in einen gesamtheitlichen Mechanismus überführt werden. Künftig sollen alle Optimierung von Wind- am System beteiligten Anlagen ihren Beitrag zur Vermeidung von Netzeng und Solarprognosen auf pässen leisten. Meteorologische Daten sind dafür unverzichtbar. sogenannte Metaprognosen. Wir sprachen darüber mit Alexander Lehmann, Geschäftsführer von UBIMET, Hierbei werden fortlaufend führender Anbieter hochpräziser maßgeschneideter meteorologischer die Stärken und Schwächen Dienstleistungen. verschiedener Modelltypen analysiert. Aus der Kombi Herr Lehmann, UBIMET bietet seit • Welche Daten sind gefordert? nation und intelligenten kurzem ein Webinar zum Thema • Was ist meteorologisch möglich & sinnvoll? Gewichtung dieser jeweils Redispatch 2.0 an. Mit welchem • Was erwartet die BNetzA in Bezug auf die punktgenauen Anlagen- Hintergrund? meteorologische Datenqualität – Stichwort Prognosen ergibt sich eine Das Hintergrundverständnis in Bezug auf Wetterdaten und vereinfachte Spitzabrechnung bei Wind und PV? Best-of-Prognose, die im die Erstellung von Erzeugungsprognosen gehört im Rah- • Wie lassen sich finanzielle Risiken Rahmen von Redispatch 2.0 men von Redispatch 2.0 zum Basiswissen für Netzbetrei- durch Redispatch 2.0 minimieren? zur Verfügung gestellt wird. ber. Für viele Verteilnetzbetreiber ist gerade das Thema der Großes Interesse fanden die Hintergrundinformationen Wind- und PV-Erzeugungsprognosen neu. Künftig müssen zur Entstehung von Prognosen und den wichtigsten Speicher und Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuer- Stellschrauben bei der Qualität von Prognosen. Bench- baren Energien, KWK-Anlagen ab 100 KW sowie Anlagen marks unter Anbietern zeigen, dass die Unterschiede größer 30 KW, die durch einen Netzbetreiber fernsteuerbar doch erheblich sein können, teils liegen bei der Progno- sind, ihren Beitrag zur Vermeidung von Netzengpässen lei- següte mehr als 10 Prozentpunkte zwischen den Anbie- sten. UBIMET kann dabei unterstützen, diesen Teil der Re- tern. Das Thema ist daher nicht zu unterschätzen, gera- dispatch 2.0-Herausforderungen zu meistern. Denn der Ok- de auch bei höherer Betroffenheit. tober 2021 als Termin zur Einführung des neuen, einheit- lichen Redispatch-Regimes rückt näher. Können Sie ein Beispiel für die Anwendung UBIMET ist ein erfahrener Experte im Bereich Energie- der UBIMET-Prognosen nennen? Meteorologie. Wir bedienen seit vielen Jahren Unterneh- UBIMET beliefert beispielsweise die WEMAG Netz GmbH men in der Energiebranche. Mit unserem Angebot „Re- - regionaler Verteilnetzbetreiber in Mecklenburg sowie dispatch 2.0 – Webinar“ sollen Netzbetreiber in die Lage Teilen Brandenburgs und Niedersachsens - seit Jahren versetzt werden, Wetter- und Erzeugungsprognosen qua- mit Wind- und Solarstromprognosen für ausgewählte lifiziert zu nutzen und zu bewerten. Referenz-Parks für die kommenden Tage. Die WEMAG nutzt diese Prognosen für ein aktives Engpassmanage- Kürzlich lief das erste Webinar, ment. Diese Daten werden zukünftig auch im Rahmen wie war die Resonanz? des Redispatch eine wesentliche Rolle spielen, um Netz Für den Einstieg sind wir mit der Resonanz hoch zufrie- engpässe rechtzeitig zu identifizieren und Maßnahmen den, es hatten sich Teilnehmer aus dem gesamten Bun- für einen sicheren Netzbetrieb einzuleiten. desgebiet angemeldet. Im Webinar wurden wetter Dank für das Gespräch. relevante Fragestellungen beleuchtet wie: Weitere Information unter: www.ubimet.com Foto: UBIMET 2|21 # themen!magazin # 13
[MITNETZ STROM] Dirk Sattur, Technischer Geschäftsführer, MITNETZ STROM Projekt EU-SysFlex unterstützt zuverlässige Stromversorgung Europäische Kooperation: Das EU-SysFlex-Projekt testet seit 2017 den hohen Grad an der Integration Die EU-SysFlex-Projektaktivi erneuerbarer Energien in das gesamteuropäische Stromnetz. Mit dem Ziel, täten bringen innovative Pro Probleme und Lösungen im Zusammenhang mit der Integration erneuerbarer zesse und neue Lösungen Energien zu identifizieren und einen Plan zur praktischen Unterstützung der hervor: von der Entwicklung Stromnetzbetreiber in ganz Europa zu erstellen. neuer Ansätze für den Dirk Sattur, technischer Geschäftsführer bei MITNETZ STROM informiert für Systembetrieb mit erneuer- THEMEN!magazin über das Projekt. baren Energien über Markt design und regulatorische Die Entwicklung des Stromnetzes zu einem intelligenten stungsmanagement zur Spannungshaltung, als auch in Anforderungen bis hin zur und smarten ist essentiell für eine zukünftige sichere das Wirkleistungsmanagement einbezogen werden. Integration neuer System- und zuverlässige Stromversorgung in Europa. Dies sollte dienste und Datenmanage letztendlich dazu führen, dass ein langfristiger Fahrplan Die Projektpartner beschreiben und testen notwendige mentpläne für den europa- festgelegt wird, der die umfassende Integration erneu- Datenaustauschprozesse und Datenpfade, sammeln Da- weiten Markt. erbarer Energien in ganz Europa erleichtert. ten zu Wetter- und Lastvorhersagen und verknüpfen die- se mit den Netzdaten, um Netzengpässe besser vorher- MITNETZ STROM unterstützt das europäische Projekt zur sehen und planen zu können. Das ermöglicht, Flexibili- Untersuchung der Nutzung von Flexibilitäten aus dem Ver- täten aus dem Hochspannungsnetz an den Übertra- teilnetz seit den Anfängen. 33 Partner aus 15 europäischen gungsnetzbetreiber vorherzusagen und bereitzustellen, Ländern – darunter Übertragungs- und Verteilnetzbetrei- ohne das Verteilnetz negativ zu beeinflussen. ber, Technologieanbieter, Aggregatoren, Beratungsunter- nehmen sowie Universitäten und Forschungseinrichtungen Das System ist seit Januar 2021 Live. Einige Funktionen – beteiligen sich neben E.ON und MITNETZ STROM an die- werden gerade noch upgedatet. Aber wir konnten bereits sem einzigartigen Vorzeigeprojekt. in der Entwicklungsphase erkennen, dass die Unterstüt- zung für das Übertragungsnetz aus dem Verteilnetz zu- Warum wurde MITNETZ STROM als der enviaM-Verteil- künftig einen essentiellen Beitrag liefern kann. netzbetreiber ausgewählt? In unserem Netzgebiet ver- zeichneten wir in 2020 Rekordwerte an installierter Lei- Die in EU-SysFlex entwickelte Lösung basiert auf einer stung und Anlagenzahl von erneuerbaren Energien. Seit innovativen Lastflussoptimierung. Die Nutzung dieser 2008 hat sich die installierte Leistung verdreifacht. Da- Optimierung kann zur Vermeidung des Spannungsein- mit sind wir nach wie vor einer der Verteilnetzbetreiber bruches, mit dem Abrufen eines hohen Blindleistungsbe- mit der höchsten Einspeiseleistung in Deutschland. darfes, einen großen Beitrag leisten. Es ist zu erkennen, dass es ein stabiles Blindleistungsflexibilitätspotential Demonstrator als innovative Lösung zur Spannungshaltung aus dem Verteilnetz für das Über- MITNETZ STROM entwickelte deshalb in den vergangenen tragungsnetz gibt. Und dies ist trotz des sich stark än- drei Jahren einen deutschen Demonstrator. Dieser be- dernden Wirkleistungsaustausches vorhanden. Hätte es steht aus koordinierten Prozessen und automatisierten die in EU-SysFlex entwickelten Werkzeuge bereits früher Tools für die operative Netzführung. Der Netzbetreiber gegeben, wäre der Anteil an reduzierter Einspeiseleistung demonstriert ein Verfahren, bei dem Anlagen für erneu- deutlich geringer ausgefallen. Einige Einblicke geben die Fotos: Christian Kortuem erbare Energien optimal sowohl in das aktive Blindlei- folgenden Abbildungen. 14 # themen!magazin # 2|21
[MITNETZ STROM] Im linken Diagramm ist die Rückspeisung über einen weltweit innovativsten Projekte in der Kategorie „Data EU-SysFlex wurde im Novem Übergabepunkt aus dem Verteilnetz ins Übertragungs- and Analytics“. Beim International Smart Grid Action Net- ber 2017 gestartet und endet netz am 24. Oktober 2018 ersichtlich. Dies zeigt die work (ISGAN)-Award erreichten wir 2021 den zweiten voraussichtlich im Oktober blaue Kurve (hier übereinanderliegend rote, gestrichel- Platz, was das Engagement und die Leidenschaft der 2021. Das Projekt wird mit te blaue und blaue Strich-Punkt-Kurve). Die Reduzie- Teilnehmer für die Beschleunigung zu einer intelligente- 20,5 Millionen Euro aus dem rung der Einspeisung wurde aufgrund einer unge- ren und grüneren Welt unterstreicht. Die Auszeichnungen EU-Rahmenprogramm für planten Störung und dem darauffolgenden Span- für MITNETZ STROM sind gute Grundlage für die weitere Forschung und Innovation nungsabfall im Übertragungsnetz notwendig, um einen gemeinsame Entwicklung mit dem E.ON Konzern und Horizont 2020 gefördert. Black-Out zu verhindern. In 2018 erfolgte dies ohne die weitere Projekte für eine Smart-Grid-Zukunft. in EU-SysFlex entwickelten Lösungen zur Spannungs- haltung. Ausblick Natürlich ist EU-SysFlex noch nicht beendet. Das gibt Im mittleren Diagramm ist der Blindleistungsaustausch uns als MITNETZ STROM die Möglichkeit, bereits entwi- und im rechten Diagramm die Spannung auf der Höchst- ckelte Lösungen zu verbessern. Dazu gehört zum einem spannungsseite dargestellt, erkennbar an der jeweils die Erhöhung der Zuverlässigkeit der Systeme. Zum an- roten Kurve. In beiden Diagrammen ist das Flexibilitäts- deren ist auch die Analyse des anstehenden Feldtestes potential aus dem darunterliegenden Verteilnetz eben- und die Ableitung des detaillierten Verbesserungspoten- falls zu erkennen. Dies entspricht jeweils der Fläche zwi- tials unter anderen regulatorischen Voraussetzungen in schen den beiden blauen Kurven. den Ländern der europäischen Forschungspartner not- wendig. Zusammen mit den Ergebnissen der anderen De- Internationale Auszeichnungen monstratoren in EU-SysFlex sollen so die erforderlichen Diverse internationale Auszeichnungen bestätigen, das Anpassungen für eine erfolgreiche Umgestaltung der MITNETZ STROM mit dem Demonstrator mehr als nur ei- Energieversorgung aufgezeigt werden. ne innovative Lösung auf den Markt bringt. Mitte 2020 erhielt EU-SysFlex von der Publikation „The Global Po- www.mitnetz-strom.de wer and Energy Elites“ eine Auszeichnung zu einem der Entwicklung erneuerbarer Energien im MITNETZ STROM-Netzgebiet: MITNETZ STROM verzeichnet in 2020 bei der Anlagenzahl als auch bei der installierten Leistung nach wie vor stei- gende Werte. Demnach nahm die Zahl der Anlagen um 8,5 Prozent auf 53.353 (2019: 48.799) zu. Die installierte Leistung erhöhte sich um rund 3,2 Prozent auf 9.597 Megawatt (2019: 9.289 Megawatt). Der Anteil erneuerbarer Energien am Letztverbraucherabsatz liegt inzwischen bei 122 Prozent. (2019: 112). Die Stromeinspeisung aus er- neuerbaren Energien stieg im Jahr 2020 um rund 4 Prozent auf 15,2 Milliarden Kilowattstunden (2019: 14,5 Mil- liarden Kilowattstunden). Die erneuerbare Energiequelle mit dem höchsten Anteil an installierter Leistung im Netzgebiet der MITNETZ STROM ist unverändert die Windenergie, gefolgt von Solarenergie, Biomasse, Wasserkraft und Deponiegas. (vorläufige Werte, Endgültigkeit tritt erst mit Wirtschaftsprüfertestat zum Juni 2021 ein) 2|21 # themen!magazin # 15
[Arvato Systems] Andreas Pöhner, Geschäftsführer, Next Level Integration Marktkommunikation? Einfach besser in der Cloud! Mit der Arvato Energy Platt Im digitalen Energiemarkt ändern sich die regulatorischen Anforderungen an form®(AEP) bietet Arvato die Marktkommunikation permanent. Für Versorgungsunternehmen ergeben Systems bereits heute ein sich dadurch auch erhebliche Kosten für Anpassungen in der IT-Infrastruktur IT-Framework für die Ener und der Prozesslandschaft. Andreas Pöhner, Geschäftsführer der Next Level giewirtschaft, das Kunden Integration, zeigt in seinem Gastbeitrag, wie Unternehmen der Energiewirt aller Marktrollen ermöglicht, schaft unter Nutzung der MaKo-Cloud, einem Fachmodul innerhalb der Arvato ihre Anwendungsfälle in einer Energy Plattform, die Anforderungen der MaKO 2020 meistern können. prozessorientierten Archi tektur schnell, flexibel und Je weiter Energiewende und Digitalisierung voranschreiten, der Energiemarkt rasant. Immer mehr Marktteilnehmer kosteneffizient umzusetzen. desto wichtiger wird die Automatisierung der Marktkom- sind miteinander vernetzt, und der Kommunikationsbe- munikation (MaKo). Wenn immer mehr Marktteilnehmer darf steigt. Nicht nur die Anzahl der Transaktionen nimmt des Energiemarktes in immer komplexeren Prozessen im- stetig zu, auch fachlich werden die Prozesse immer kom- mer mehr Daten austauschen, sind Zuverlässigkeit, Perfor- plexer und damit aufwändiger in der Handhabung. mance und Flexibilität bei der IT-Umsetzung unabdingbar. Ohne sauberes Zusammenwirken keine funktionierende Die MaKo 2020 stellt einen der größten Einschnitte in die Stromversorgung: Während im Netz Erzeugung und Ver- Prozesslandschaft der Energieversorger dar: IT-Systeme brauch im Gleichgewicht sein müssen, damit Frequenz und müssen dadurch ebenso angepasst werden wie Prozesse. Spannung jederzeit stimmen, ist aus logistisch-kaufmän- Trotz klarer Regelungen entsteht immer wieder Interpretati- nischer Sicht eine korrekte Marktkommunikation als Takt- onsspielraum, der in der Praxis zu Dateninkonsistenzen führt geber unverzichtbar. Ein funktionierender Datenaustausch und aufwändige bilaterale Klärungen erfordert. Einschlägiges ist für die Unternehmen des Energiemarkts Voraussetzung, Know-how aufzubauen und die Systeme up-to-date zu hal- typische Geschäftsprozesse wie Stammdatenänderung, ten wird für die Unternehmen immer mehr zur Belastung. Lieferantenwechsel, Zählerstandübermittlung oder Netz- Parallel steigt der Kostendruck im Markt. Außerdem stehen nutzungsabrechnung automatisiert durchzuführen. mit dem Redispatch 2.0 sowie der Einbindung von Energie- speichern und Elektroladesäulen weitere Aufgaben vor der Stresstest Mako-Regeln Tür, die ebenfalls die Marktkommunikation betreffen. 2006 im Zuge des Unbundlings eingeführt, haben sich die Kommunikationsprozesse zum Standard entwickelt. Im MaKo als Basisfunktionalität Halbjahresrhythmus durchzuführende Weiterentwick- Diese vielfältigen Herausforderungen mit einer On-Pre- lungen sorgen in Softwarehäusern und bei den Marktak- mises-basierten MaKo-Software zu lösen, wird mehr als teuren jedoch immer wieder für Stress: Im Zuge der Ein- schwierig. Die Marktkommunikation sollte zukünftig ei- führung der neuen MaKo 2020 zum 1. Dezember 2019 ne Basisfunktionalität sein, die einfach, verlässlich und wurde die Marktkommunikation stark diskutiert. Seit- automatisiert im Hintergrund läuft, damit sich die Ener- dem gibt es eine Verantwortungsteilung zwischen Ver- gieversorger auf ihr eigentliches Geschäft konzentrieren teilnetzbetreiber und Messstellenbetreiber und letztend- können. Deshalb bietet sich für die Marktkommunikati- lich die sternförmige Verteilung der Messwerte an alle on eine systemunabhängige Cloud-Lösung an. Hierbei übrigen Marktteilnehmer. Die Branche hat die neuen Pro- wird die technische mit der fachlichen Marktkommuni- zesse zwar inzwischen großenteils verinnerlicht, doch kation verbunden, um die Prozesse durchgängig unter- Foto: Arvato Systems durch Energiewende und Digitalisierung verändert sich stützen und monitoren zu können. 16 # themen!magazin # 2|21
[Arvato Systems] Vorteile durch Auslagern Monitoring und verschiedene Dashboards. Dabei funktio- Das integrative Connectivity- Für Anwender aller Marktrollen bringt das Auslagern der niert die Marktkommunikation nicht nur mit der AEP von Framework der AEP, Marktkommunikation in die Cloud mehrere Vorteile mit Arvato Systems, sondern flexibel und hochintegrativ auch sich: Viele Stadtwerke und andere Player im Markt emp- in Kombination mit beliebigen Backend-Systemen und Grafik: Arvato Systems finden die nicht unmittelbar wertschöpfende Marktkom- Fachmodulen anderer Systemhersteller. Ein besonderes munikation als überaus lästige Pflicht - vor allem wegen Merkmal ist die Anwendbarkeit der Lösung als Daten- der halbjährlichen Aktualisierung der Formate und Re- drehscheibe mit Enterprise Application Integration-Funk- geln sowie neuen Software-Releases. Mit einer klas- tionalität, die zusätzlich zur klassischen EDIFACT-Kom- sischen Lösung hat dies für die Unternehmen jedes Mal munikation bereitsteht. einen kaum kalkulierbaren Installations- und Testauf- wand zur Folge. Viele Versorger stehen vor der Frage, wie sie ihre weitere Läuft die Marktkommunikation jedoch in der Cloud und IT-Strategie grundsätzlich gestalten und befinden sich wird zentral administriert, hat der Anwender praktisch aktuell in einem Sondierungs- und Findungsprozess. Da- keine Last mehr mit diesen Dingen. Sein Aufwand bei ist den meisten Unternehmen nicht bewusst, dass es schrumpft auf ein Minimum, und er kann seine Ressour- Lösungen außerhalb ihrer angestammten IT-Lösungswelt cen im Tagesgeschäft ganz für wertschöpfende Tätig- gibt. Eine mit Drittsystemen einfach zu verbindende Ma- keiten einsetzen. Durch den Cloud-Ansatz wird auch das Ko-Cloud ist auch vor diesem Hintergrund eine interes- Onboarding für die Anwender einfacher und schneller. sante Alternative für die Branche. Die MaKo-Cloud ist ein Fachmodul innerhalb der Arvato www.arvato-systems.de/AEP Energy Plattform, die als Framework auch zahlreiche Systemfunktionalitäten bereitstellt, etwa umfassendes 2|21 # themen!magazin # 17
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