Wie die Akzeptanz umweltöko-nomischer Instrumente gesteigert werden kann - Forum Ökologisch-Soziale ...
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Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 1 von 17 Analysepapier Lasst uns drüber reden: Wie die Akzeptanz umweltöko- nomischer Instrumente gesteigert werden kann Ann-Cathrin Beermann und Isabel Schrems März 2021 Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 2 von 17 Inhalt Umweltökonomische Instrumente können und sollten Auch eine sozial gerechte Ausgestaltung und ein bei der Erreichung der klimapolitischen Ziele eine transparenter politischer Prozess kann die Akzeptanz wichtige Rolle spielen. Im Vergleich zu anderen In- der Öffentlichkeit stark erhöhen. Die Relevanz und der strumenten der Umweltpolitik zeichnen sie sich potentielle Erfolg der politischen Maßnahme müssen dadurch aus, dass sie klare Anreize für umweltfreund- klar kommuniziert werden und auch für Desinteres- liches Handeln setzen, ohne die Bevölkerung in ihren sierte verständlich sein. Eine einheitliche und über- Handlungsspielräumen einzuschränken. Jedoch wird zeugende Semantik, Narrative, sowie gut ausgebaute innerhalb dieses Analysepapiers deutlich, dass für eine Kommunikationsstrukturen können hierbei einen erfolgreiche Einführung solcher Instrumente einige wesentlichen Beitrag leisten. Faktoren zu beachten sind. Um zu verhindern, dass von der Bevölkerung hohe Belastungen befürchtet Veröffentlichung: März 2021 werden, sollte die Möglichkeit von Kompensations- maßnahmen mit dem Instrument diskutiert werden. Herausgeber Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) Schwedenstraße 15a 13357 Berlin Tel +49 (0) 30 76 23 991 – 30 Fax +49 (0) 30 76 23 991 – 59 www.foes.de - foes@foes.de Über das FÖS Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. durchgeführt, konkrete Konzepte entwickelt und (FÖS) ist ein überparteilicher und unabhängiger politi- durch Konferenzen, Hintergrundgespräche und Bei- scher Think Tank. Wir setzen uns seit 1994 für eine träge in die Debatte um eine moderne Umweltpolitik Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zu eingebracht. Das FÖS setzt sich für eine kontinuierli- einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft ein und che ökologische Finanzreform ein, die die ökologische sind gegenüber Entscheidungsträger_innen und Mul- Zukunftsfähigkeit ebenso nachhaltig verbessert wie tiplikator_innen Anstoßgeber wie Konsensstifter. Zu die Wirtschaftskraft. diesem Zweck werden eigene Forschungsvorhaben Bildnachweise Foto Titelseite: © kwasny221 - Fotolia.com Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 3 von 17 Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann Inhaltsverzeichnis 1 Herausforderungen ....................................................................................................................................................... 4 2 Ökonomische Instrumente in der Umweltpolitik .................................................................................................... 4 2.1 Umweltpolitische Instrumente ................................................................................................................................................. 4 2.2 Umweltökonomische Instrumente ......................................................................................................................................... 6 3 Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente........................................................................................................ 9 3.1 Persönliche Einschränkungen und Kosten ......................................................................................................................... 9 3.2 Gerechtigkeit der Maßnahmen .............................................................................................................................................. 10 3.3 Gerechtigkeit im politischen Verfahrensprozess ............................................................................................................ 10 3.4 Relevanz und erwarteter Erfolg der Maßnahme ............................................................................................................... 11 4 Fallbeispiel: fehlende Akzeptanz der CO2-Bepreisung in Frankreich ............................................................... 11 4.1 Fehlende Rückverteilungskomponente ............................................................................................................................... 11 4.2 Besondere Belastung einkommensschwacher Haushalte durch CO2-Bepreisung .......................................... 11 4.3 Misstrauen gegenüber politischer Institutionen .............................................................................................................. 12 4.4 Zweifel an Verwendung der Einnahmen.............................................................................................................................. 12 5 Die Schlüsselrolle der richtigen Kommunikation .................................................................................................. 13 5.1 Folgen mangelnder Kommunikation bei ökonomischen Instrumenten ............................................................... 13 5.2 Wichtige Faktoren einer erfolgreichen Kommunikation.............................................................................................. 13 6 Fazit ................................................................................................................................................................................ 15 Quellen................................................................................................................................................................................... 16 Inhalt: Dieses Papier entstand im Rahmen der Verbändeprojektförderung „Verbesserung der Akzeptanz umwelt- ökonomischer Politikinstrumente – Mit Steuern dekabornisieren: Mehr Akzeptanz für ökonomische Instrumente in der Klimapolitik“ des Umweltbundesamtes (UBA). Hier werden zunächst die klimapolitischen Herausforderun- gen unserer Zeit erläutert (Kapitel 1) und die ökonomischen Instrumente innerhalb der Umweltpolitik vorgestellt (Kapitel 2). In Kapitel 3 werden vier verschiedene Faktoren genauer erläutert, welche für die Akzeptanz umwelt- ökonomischer Instrumente eine wichtige Rolle spielen. Das Fallbeispiel der CO2-Bepreisung in Frankreich (Kapi- tel 4) zeigt, wie ein Nichtbeachten jener Faktoren die Einführung eines umweltökonomischen Instruments in der Praxis erschwert hat. Neben einer entsprechenden Ausgestaltung des politischen Instruments ist auch eine ent- sprechende Kommunikation für die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung entscheidend (Kapitel 5). Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 4 von 17 speichert und in Zeiten der Stromknappheit ausge- 1 Herausforderungen speichert wird. Ohne die COVID-19 bedingten Sondereffekte droht Die Umwelt- und Klimapolitik steht vor großen Her- eine Vielzahl der im Jahr 2020 angestrebten Umwelt- ausforderungen, deren Bewältigung auch andere und Klimaziele verfehlt zu werden. Politische Maß- politische Sektoren, wie die Energiepolitik, die Ver- nahmen, die bisher ergriffen worden sind, scheinen kehrspolitik oder die Ernährungs- und Agrarpolitik daher nicht ausreichend. Damit Unternehmen und betreffen. Die seit der Industrialisierung praktizierte Privatpersonen die Produktion, den Konsum und ihr Form des Wirtschaftens und des Konsums geht zu Verhalten umwelt- und klimafreundlicher gestalten, Lasten der Umwelt und gefährdet das Klima. Aus müssen politische Bemühungen verstärkt werden. diesem Grund müssen die Treibhausgasemissionen, der Energiebedarf und der Ressourcenkonsum in der Umweltökonomische Instrumente können wirtschaft- Zukunft deutlich reduziert werden. Auf internationaler liche Anreize für umweltfreundliches Handeln schaf- und nationaler Ebene wurden Umwelt-, Klima- und fen bzw. verstärken und könnten somit eine wichtige Effizienzziele entwickelt, die eine Erhitzung des Kli- Rolle zur Erreichung der Umwelt- und Klimaziele mas um mehr als 2°C, eine Übernutzung der Ressour- spielen. Für die Einführung neuer umweltpolitischer cen und ein Scheitern der Energiewende verhindern Instrumente ist jedoch die Akzeptanz durch die Be- sollen: völkerung sowie durch Unternehmen entscheidend. Welche Faktoren dabei eine wichtige Rolle spielen, Im Dezember 2015 einigte sich die Weltgesellschaft wird innerhalb dieses Papiers vorgestellt. Neben der im Rahmen des Pariser Klimaabkommens auf ambiti- Art und Weise der Ausgestaltung umweltpolitischer onierte Klimaziele. Um diese zu erreichen muss die Instrumente ist dabei auch deren Kommunikation von deutsche Wirtschaft bis zum Jahr 2050 weitestge- großer Bedeutung. hend dekarbonisiert sein. Ein ambitioniertes Ziel, für dessen Realisierung Unternehmen und Privatperso- nen deutliche Veränderungen in Produktion, Konsum 2 Ökonomische Instrumente in der und Verhalten vornehmen müssen. Umweltpolitik Darüber hinaus muss der Ressourcenverbrauch re- duziert und die Rohstoffproduktivität erhöht werden. Dies ist nicht nur aus umweltpolitischen Erwägungen 2.1 Umweltpolitische Instrumente relevant, sondern besonders bei knappen Rohstoffen und Ressourcen, die aus politisch unsicheren Regio- Die Umweltpolitik hat zum Ziel, den Schutz der Natur, nen kommen, auch im Sinne der Wirtschafts-, Sicher- auch gegen die Interessen anderer Politikbereiche, heits-, Innen- und Außenpolitik wichtig, da die Ab- wie z.B. Wirtschaftsinteressen durchzusetzen. Unter der Prämisse der Nachhaltigkeit soll die Nutzung von hängigkeit von solchen Ressourcen zu einer Vulnera- Ressourcen wie Wasser, Luft, Landflächen, Flora und bilität gegenüber Preisanstiegen und Angebotsver- knappung führt. Ziel sollte es daher sein, das Wirt- Fauna und endlichen Rohstoffen wie Öl, seltenen schaftswachstum vom Ressourcenverbrauch zu ent- Erden etc. soweit begrenzt werden, dass sie zukünfti- gen Generationen noch in ausreichendem Maße zur koppeln und Abhängigkeiten möglichst gering zu Verfügung stehen. halten. Auch die Energiewende stellt die Gesellschaft vor Hierfür kann sich die Umweltpolitik an fünf Instrumen- einige Herausforderungen. So müssen sowohl Indust- tengruppen bedienen: Informationen, Freiwillige Selbstverpflichtungen, Ökonomische Instrumente, rie, als auch Privatpersonen dringend Effizienzmaß- Planerische Instrumente und Ordnungsrechtliche nahmen ergreifen, um ihren Energiebedarf zu redu- zieren und den Stromkonsum so zu lenken, dass er in Maßnahmen (aufsteigend von schwacher zu starker Zeiten des Stromüberschusses verbraucht oder ge- Wirkmächtigkeit aufgelistet). Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 5 von 17 Abbildung 1: Umweltpolitische Instrumente • z.B. Kampagnen • Bildungsmaßnahmen Information • Labels, Gütesiegel, Zertifikate, etc. • Bsp.: Vereinbarung zur Verringerungt des Verbrauchs von Kunststofftragetaschen zwischen Bundesministerium Freiwillige für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und dem Handelsverband Deutschland (HDE) in Selbst- 2016 verpflichtung • Steuern, Abgaben Ökonomische • Subventionen Instrumente • z.B. Baugenehmigungen Planerische • Umweltverträglichkeitsprüfungen Instrumente • Gebote Ordnungsrecht • Verbote liche Maßnahmen Quelle: eigene Darstellung Die Information ist ein in Politik und Wirtschaft be- (2017) zeigt, dass das „gehobene Milieu“, welches liebtes Instrument, da sie in der Regel auf wenig politi- einen höheren Bildungsabschluss und Einkommen schen Widerstand trifft, vergleichsweise günstig ist hat, zwar eine leicht höhere Bereitschaft aufweist, und in den meisten Fällen kaum bürokratische Hürden nachhaltige Produkte zu konsumieren, jedoch zum aufweist (Ausnahmen sind hier z.B. Zertifizierungspro- aktuellen Zeitpunkt keinen akuten Handlungsbedarf zesse, die u. U. mit einem Kontrollaufwand, etc. ver- sieht. Stattdessen wird darauf vertraut, dass die Prob- bunden sein können). Ziel ist es, durch Aufklärung ein leme durch technischen Fortschritt behoben oder Problembewusstsein und in Folge dessen Verhaltens- kompensiert werden können. Doch auch Bevölke- änderung zu erzeugen. Es gibt Beispiele, in denen rungsgruppen mit starkem (Umwelt-) Problembe- Informationen den gewünschten Effekt erzielen konn- wusstsein verhalten sich nicht zwangsläufig nachhaltig. ten, jedoch sind diese Erfolge selten im Umweltsektor Die meisten Konsumenten wissen beispielsweise um zu finden. Ein Positivbeispiel aus einem anderen Poli- die schlechten Arbeitsbedingungen im Textilgewerbe tikbereich ist die HIV/AIDS-Aufklärungkampagne der – trotzdem hält dies die wenigsten davon ab, Billig- 1980er und -90er Jahre, die jedoch sehr aufwendig Kleidung zu erwerben oder trotz der bekannten ho- und Zielgruppenorientiert gestaltet wurde und somit hen Emissionen mit dem Flugzeug zu reisen. Diese einen überdurchschnittliche großen Einfluss nehmen Diskrepanz zwischen Einstellung und Handeln kann konnte, aber auch teurer war, als viele andere Kam- eine Vielzahl von Gründen haben. Gewohnheit, prag- pagnen (Hirschnitz-Garbers/Langsdorf 2015). Auch matische Abwägung der für das Individuum entste- die Sichtbarkeit des Problems, durch prominente henden Kosten oder unbewusste Selektion von In- Betroffene wie Musiker Freddie Mercury, dem Schau- formation zur Rechtfertigung des eigenen Handelns spieler Klaus Schwarzkopf („Tatort“), dem Künstler können u.a. dazu führen, dass der Effekt von Informa- Keith Haring oder dem Tennis-Profi Michael Westphal tion verhallt (Hirschnitz-Garbers/Langsdorf 2015). half, das Thema für die Öffentlichkeit persönlich er- Die Freiwilligen Selbstverpflichtungen sind ein von fahrbar zu machen und für die vergleichsweise leichte der Industrie gerne eingegangenes Instrument, da mit Prävention zu sensibilisieren. Ein solcher Erfolg einer ihnen keine Zwänge einhergehen und Nicht- Informationsmaßnahme stellt aber die Ausnahme dar. Erreichen von gesetzten Zielen nicht sanktioniert wird. Im Allgemeinen ist der durch Information erzielte Kritiker*innen dieses Instrumentes beklagen die man- Effekt gering (Hamann u. a. 2016). So führen ein hoher gelnde Verbindlichkeit sowie die häufig unklare oder Bildungsstand und der Zugriff auf Informationen nicht ungenügende Zieldefinition. Befürworter*innen von zwangsläufig zur Anerkennung von Umweltproble- freiwilligen Selbstverpflichtungen sehen in ihnen men. Die Umweltbewusstseinsstudie des BMUB/UBA hingegen eine gute Übergangsmaßnahme, wenn der Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 6 von 17 gesellschaftliche und politische Konsenz (noch) nicht und Verbote. Diese können input-orientiert sein (Be- ausreicht, um verbindliche gesetzliche Regelungen zu grenzung oder Verbote der Nutzung von Stoffen) schaffen. Eine Kooperation zwischen Staat und Un- oder output-orientiert (Begrenzung oder Verbot der ternehmen kann in diesem Fall ein erster Handlungs- Ausbringung von Schadstoffen, wie zum Beispiel schritt sein, durch den Akzeptanz für das Problem und THG-Emissionen) (Stehling 1999). Voraussetzung für Problemlösebedarf geschaffen wird. Wenn nötig eine hohe Effizienz dieser Maßnahmen ist ein funktio- können daraufhin in der Zukunft striktere Maßnah- nierendes Kontroll- und Sanktionsregime. Ist dieses men realisiert werden (Claußen/Zundel 1995). implementiert, können damit die besten Ergebnisse Ein aktuelles Beispiel für eine freiwillige Selbstver- erzielt werden. Jedoch sind ordnungsrechtliche Maß- pflichtung ist die Vereinbarung zur Verringerung des nahmen vergleichsweise unbeliebt, da sie Menschen Verbrauchs von Kunststofftragetaschen zwischen und Unternehmen in ihrem Verhalten einschränken dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, und die vorgeschriebenen Maßnahmen ökonomisch Bau und Reaktorsicherheit (BMUB, heute BMU) und ineffizient sein können. Somit ist der Widerstand aus dem Handelsverband Deutschland (HDE) aus dem Gesellschaft und Wirtschaft häufig groß und die Poli- Jahr 2016. In ihr verpflichteten sich 260 Unternehmen, tik vermeidet ordnungsrechtliche Maßnahmen wenn dass 80% der von ihnen ausgegebenen Plastiktüten möglich. innerhalb von zwei Jahren kostenpflichtig sein werden, um den Konsum zu reduzieren (Deutscher Bundestag 2.2 Umweltökonomische 2016). Befürworter dieses Instrumentes bewerten die freiwillige Selbstverpflichtung als Erfolg, da mit ihr der Instrumente Plastiktütenkonsum im ersten Jahr von 71 auf 45 Stück Im Rahmen dieses Papieres werden ökonomische pro Kopf gesenkt werden konnte, Kritiker hingegen Instrumente im Klima-Kontext betrachtet, die mit bemängeln, dass durch die freiwillige Selbstverpflich- dem Ziel eingesetzt werden über finanzielle Anreize tung eine wirklich effiziente Maßnahme verhindert zu klimafreundlicherem Verhalten anzuregen, ohne wurde und fordern stattdessen den Einsatz ökonomi- jedoch (wie ordnungsrechtliche Instrumente) den scher Instrumente. Verhaltensspielraum der Protagonisten gänzlich ein- Diese setzen finanzielle Anreize, das eigene Verhalten zuschränken. zum Positiven zu wenden. Zu ökonomischen Instru- Mit den Einnahmen aus Umweltsteuern und – menten gehören u.a. Subventionen, Steuern, Abga- abgaben kann der Haushalt entlastet werden. Auch ben, Zertifikathandel, etc. (genaue Beschreibung des können z.B. umweltfreundliche Technologien subven- Instruments, siehe Kapitel 2.2). Im Plastiktüten-Fall tioniert oder soziale Maßnahmen ergriffen werden, die fordert z.B. die Deutsche Umwelthilfe eine Abgabe in es Haushalten mit geringem Einkommen ermöglicht, Höhe von 22 Cent pro Tüte. Diese würde auch Unter- die steigenden Energiekosten, Transportkosten, etc. nehmen, die nicht Mitglied im HDE sind, dazu zwingen, zu kompensieren. Ein weiterer positiver Effekt von Plastik-Tragetaschen zu bepreisen und somit eine ökonomischen Instrumenten ist, dass mit ihnen, wenn deutlich weitere Reichweite haben. Außerdem wür- sie richtig konzeptioniert sind (z.B. wenn sich die Höhe den die Einnahmen dem Staat zufallen, der sie ge- der Abgabe an dem tatsächlichen CO2-Ausstoß eines meinwohlorientiert einsetzen könnte und nicht den Produktes orientiert) der tatsächliche Preis eines Unternehmen zugutekommen, die dafür neue Plastik- Gutes widergespiegelt werden kann. Derzeit werden tüten bedrucken und somit als kostengünstige Wer- Umweltkosten häufig externalisiert und die Gesamt- befläche nutzen können (DUH 2017). In Irland gelang gesellschaft muss für die Folgen der Produktion und es mit einer solchen Abgabe, den Tütenkonsum auf 16 des Konsums aufkommen. Ökonomische Instrumente Plastiktüten pro Kopf/Jahr, also deutlich unter den können zu einer Einpreisung der Umweltkosten Verbrauch in Deutschland, zu senken. beitragen und so verhindern, dass ökologisch produ- Zu den planerische Instrumenten gehören z.B. Bau- zierte Güter teils deutlich teurer sind als Waren, deren genehmigungen mit denen die Ansiedlung oder der Folgekosten auf die Allgemeinheit bzw. auf andere Ausbau von Industrien gelenkt werden kann. So kann Regionen der Welt abgewälzt wurden. Grundgedanke zum Beispiel in Regionen, die besonders schutzwürdig dieser Einpreisung ist, dass der Verursacher einer sind oder in denen bereits eine hohe Umweltbelas- Umweltbelastung für die Folgen aufkommt (Verursa- tung vorliegt, der Bau einer neuen Industrieanlage cherprinzip). eingeschränkt oder verhindert werden. Bei den plane- Nach Stehling (1999) sind die ökonomischen Instru- rischen Instrumenten handelt es sich bereits um ein mente in vier Gruppen aufzuteilen: den Umweltabga- relativ restriktives Instrument, das jedoch auch eine ben (im weiteren Sinne), den Umweltschutzinduzier- hohe Wirkung erzielen kann. ten Subventionen, dem Emissionszertifikatehandel Am wirkvollsten, aber auch am kontroversesten disku- und der Umwelthaftung. tiert, sind ordnungsrechtliche Maßnahmen, also Ge- Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 7 von 17 Abbildung 2: Ökonomische Instrumente in der Umweltpolitik Ökonomische Instrumente Umweltschutz- Emissions- Umweltabgaben induzierte Umwelthaftung zertifikatehandel Subventionen Verschuldens- Umweltgebühren Zuschüsse haftung Gefährdungs- Umweltbeiträge Zuwendungen haftung Umweltsteuern Darlehen Kollektive Haftung Umwelt Steuer- Umwelthaftpflicht- (sonder)abgaben vergünstigungen versicherung versteckte Subventionen Quelle: Stehling (1999) In die Kategorie Umweltabgaben (im weiten Sinne) währt werden, die ihre Immobilie energetisch sanieren gehören Umweltgebühren, wie sie z.B. auf die Ab- und besonders hohe Effizienzstandards erzielen), fallentsorgung anfallen und welche proportional zur in Darlehen, die es ermöglichen Umweltmaßnahmen Anspruch genommenen Leistung erhoben werden; durchzuführen, häufig zu einem günstigen Zinssatz Umweltbeiträge werden unabhängig von der tatsäch- oder günstigen Rückzahlkonditionen, Steuervergüns- lich in Anspruch genommenen Leistung von allen tigungen und versteckte Subventionen. potentiellen Nutzern gleichermaßen erhoben; Um- Der Emissionszertifikatehandel wird inder Theorie weltsteuern werden ohne direkte Gegenleistung er- von vielen Ökonomen als vielversprechendes Instru- hoben und ihre Einnahmen fließen in den allgemeinen ment zur Erreichung politischer Emissionsreduktions- Haushalt. Stehling (1999) unterscheidet hier in Um- ziele angesehen. Sowohl Abgaben als auch Zertifikate welt-Steuern mit fiskalischer Zielsetzung, die primär schaffen Anreize um in innovative Techniken zur Sen- der Erzielung von Staatseinnahmen dienen, und Um- kung der Emissionen zu investieren. Beide Instrumen- weltschutzfinanzierungssteuern, deren Ziel es ist te fördern, dass Reduktionen auf kostengünstige staatliche Umweltschutzmaßnahmen aus dem Steu- Weise vorgenommen werden (ökonomische Effizi- eraufkommen zu finanzieren. Am bekanntesten ist enz). Mit dem Instrument des Emissionsrechtehandels hier die sogenannte „Öko-Steuer“, die 1999 eingeführt kann jedoch zusätzlich durch das Festsetzen einer wurde und durch deren Einnahmen die Lohnneben- maximalen Emissionsmenge das Erreichen eines kon- kosten gesenkt werden konnten. Umweltabgaben im kreten Minderungsziels garantiert werden (ökologi- engeren Sinne haben im Vergleich zu Umweltsteuern sche Treffsicherheit) – zumindest theoretisch (Zimmer den Vorteil, dass die Einnahmen einer Abgabe zweck- 2004). In der Praxis hängt der Erfolg eines Emissions- gebunden eingesetzt werden können (z.B. für Investi- handelssystems insbesondere von der tatsächlichen tionen in weitere Umweltschutzmaßnahmen oder zur Ausgestaltung des Systems ab. Bei der Einführung des finanziellen Unterstützung einkommensschwacher Europäischen Emissionshandelssystems (EU ETS) Haushalte, um durch Umweltmaßnahmen teilweise zeigten sich verschiedene Probleme, welche vor allem steigende Preise zu kompensieren). zu Beginn die Wirksamkeit des ökonomischen Instru- Die umweltschutzinduzierten Subventionen bein- ments in der Praxis stark beeinträchtigten. So wurden halten Zuschüsse, die Akteuren für die Erbringung unter anderem zu viele Zertifikate ausgebracht, wes- einer Umweltleistung gewährt werden (z.B. die Zu- wegen die Preise zu gering waren, um die tatsächlich schüsse der KfW-Bank, die Hauseigentümern ge- anfallenden Kosten durch Emissionen widerzuspie- Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 8 von 17 geln und nennenswerte Einspar-Anreize zu setzen gere Umweltstandards erfüllen muss oder mit gerin- (Ellerman u. a. 2014). geren oder keinen finanziellen Internalisierungsmaß- Die am wenigsten bekannte Gruppe der ökonomi- nahmen konfrontiert wird. Sie fordern dann internati- schen Instrumente ist die Umwelthaftung. Sie kann onale Lösungen und lehnen nationale Maßnahmen ab. privatrechtlich oder öffentlich gestaltet werden: „Pri- Da Länder aber schwerpunktmäßig unterschiedliche vatrechtlich geht es um Ersatz der Schäden an Leben, Problemfelder adressieren (Deutschland war Vorreiter Körper, Gesundheit oder Eigentum von Personen, die in Erneurbaren Energien, Norwegen und auch China diese vermittelt über Umweltmedien durch das Ver- und Kalifornien sind Pioniere bei Elektromobilität, halten anderer Personen erleiden“ (UBA 2017). Au- Dänemark geht bei der Gebäudewärme mit flächen- ßerdem könne Verursacher verpflichtet werden, Um- deckender Fernwärme voran, etc.) sind globale Lö- weltschäden selber zu beseitigen. sungsansätze nur schwer vereinbar und somit in naher Zukunft unwahrscheinlich. Aus diesem Grund müssen Nationalstaaten bereits voranschreiten (Clausen 2017). Potential und Kritik an Befürworter betonen die positiven Effekte des Inno- Ökonomischen Instrumenten vationsdrucks zukunftsfähige Technololgien entwi- Kritik an ökonomischen Instrumenten zum Umwelt- ckeln zu müssen und somit heute schon die Voraus- schutz kann moralisch, ökologisch, wirtschaftlich oder setzungen für ein wirtschaftliches Bestehen in der sozial begründet werden. Zukunft zu schaffen. Schon heute gibt es eine stei- gende Nachfrage nach grünen Technologien, die Die moralische Kritik beruht auf der Monetarisierung bereits ein weltweites Marktvolumen von über 3.214 von Umwelt. In dem der Ge- und Verbrauch von Res- Mrd. Euro (2016) haben und bis 2025 voraussichtlich sourcen, das Ausstoßen von Emissionen und Umwelt- auf fast 6.000 Mrd. Euro steigen werden (BMU 2018) 1. verschmutzung mit einem Preis belegt wird. Dies Deutsche Anbieter haben hierbei einen Marktanteil ermöglicht Kritikern zur folge, dass reiche Akteure sich von 14% (im Vergleich zum deutschen Anteil an der auf Kosten ärmerer „freikaufen“ könnten. Ähnlich dem Globalen wirtschaftsleistung von 4,6%), die Green- Ablasshandel können laut dieser Ansicht „Sün- Tech-Branche trägt 15% des BIP bei und stellt Ar- den“ durch Geldzahlungen ausgeglichen werden, beitsplätze für 1,5 Mio. Beschäftigte (ibid.). Die deut- statt eine Verhaltensänderung zu erzeugen. Hierbei sche Wirtschaft profitiert somit von strengen Umwelt- wird auch auf ein Gerechtigkeits-Problem verwiesen, anforderungen, da sie Technologien bereitstellt, die dass es lokal die besser verdienenden gegenüber den diesen Anforderungen genügen. armen und global der „reiche Norden“ gegenüber dem „sich entwickelnden Süden“ einen finanziellen Soziale Kritik wird besonders geäußert, wenn Haus- Vorteil hat, obwohl Teile des Reichtums auf den Res- halte mit geringem Einkommen durch ökonomische sourcen und der günstigen Arbeitskraft des Südens Instrumente über Gebühr belastet werden. Empfän- basieren. ger*Innen von Transferleistungen und Personen mit geringem Einkommen müssen einen erheblichen Die ökologische Kritik kommt meist auf, wenn ein Anteil ihrer begrenzten Finanzmittel für an Konsum- Problem als so gravierend wahrgenommen wird, dass güter gebundene Steuern, Abgaben und Entgelte der Einsatz von ökonomischen Instrumenten als nicht aufbringen und Preissteigerungen auf Grund der weitreichend oder rigide genug angesehen wird. Häu- Einführung ökonomischer Instrumente belasten sie fig werden stattdessen ganz klare Ge- und Verbote finanziell mehr als andere Einkommensgruppen. Da- gefordert, die eine Verhaltensänderung erzwingen. her müssen ökonomische Instrumente, die sich auf die Die wirtschaftliche Kritik kommt zum einen von Neo- Kosten von Alltagsgütern auswirken so konzipiert Liberalen Akteuren, die jegliche Eingriffe in den Markt werden, dass die Einnahmen wieder an die (finanz- ablehnen und in ökonomischen Instrumenten eine schwachen) Konsumenten zurück fließen oder diese unzulässige Marktverzerrung sehen. Um das 2°C-Ziel an anderer Stelle entlastet werden. Bei der Erhebung des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, dürfen von Steuern kann dies indirekt geschehen, wenn die aber große Mengen der zur Verfügung stehenden Bedarfe von Transferleistungsempfängern erhoben Kohle-, Öl- und Gasvorräte gar nicht genutzt werden und die Sozialleistungen angehoben werden; bei Ab- und somit sollte der Punkt, an dem natürliche Knapp- gaben kann eine Umverteilung direkt erfolgen. Am heit den Preis erhöht und zu weniger Energiekonsum Beispiel einer Reform der Energiesteuer, bei der beiträgt nie erreicht werden (Clausen 2017). Marktan- Energie- und CO2-Intensität beachtet werden, hat reize müssen somit künstlich erzeugt werden. Abge- sehen von der Theorie-basierten Kritik bemängeln Wirtschaftsvertreter, dass durch ökonomische In- 1 Deutschland wird von diesem Wachstum überproportional strumente die heimische Wirtschaft zu sehr belastet profitieren. Es wird erwartet, dass sich das Marktvo- würde, besonders in Wirtschaftszweigen mit starker lumen von 347 Mrd. € (2016) auf 738 Mrd. € (2025) internationaler Konkurrenz, die u. U. keine oder gerin- mehr als verdoppelt (BMU 2018). Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 9 von 17 FÖS (2017) aufgezeigt, wie eine soziale und wettbe- Instruments der Umweltpolitik konzipiert werden werbsverträgliche Ausgestaltung eines ökonomischen kann: Abbildung 3: Beispiel eines sozial- und wettbewerbsverträglich konzeptionierten ökonomischen Instrumentes in der Umweltpolitik (FÖS 2017) 4. Relevanz und erwarteter Erfolg der Maßnahme 3 Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente 3.1 Persönliche Einschränkungen Im Hinblick auf die derzeitigen Herausforderungen und Kosten der Umwelt- und Klimapolitik ist eine schnelle und Die Akzeptanz für umweltpolitische Maßnahmen ist effektive Einführung umweltpolitischer Instrumente gering, wenn von der Bevölkerung eine Einschrän- notwendig. Wie im vorherigen Kapitel dargestellt, kung ihrer Freiheiten erwartet wird oder die Kosten bieten umweltökonomische Instrumente hier das der Maßnahmen zu hoch erscheinen. besondere Potenzial, Anreize für umweltfreundliches Verhalten zu setzen, ohne Bevölkerung und Unter- Inwieweit diese Befürchtungen eintreten, ist maßgeb- nehmen in ihrem Verhalten strikt einzuschränken. Der lich von der Ausgestaltung der politischen Maßnahme Erfolg ökonomischer Instrumente setzt jedoch eine abhängig. Im Allgemeinen werden Maßnahmen, die öffentliche Akzeptanz der geplanten Maßnahmen auf ein effizienteres Verhalten in wenigen Situatio- voraus. Trotz der immer sichtbarer werdenen anthro- nen abzielen (wie bspw. die Nutzung von Elektroau- pogenen Klima- und Umweltschäden scheint die tos und die Isolierung von Häusern) leichter akzeptiert, Akzeptanz ökonomischer Instrumente mit ökologi- als solche, die persönliche Einschränkungen im all- scher Lenkungswirkung in vielen Ländern (noch) be- täglichen Verhalten (wie bspw. kürzere Duschzeiten, grenzt zu sein (Bernauer/McGrath 2016). weniger Heizen) erfordern (Steg u. a. 2013). Sowohl theoretische, umweltpsychologische Ansätze Die Akzeptanz von Umweltabgaben, welche umwelt- (Steg u. a. 2013) als auch empirische Studien (Maest- schädliches Verhalten bestrafen (Push Methoden) re-Andrés u. a. 2019; Umit/Schaffer 2019) zeigen, dass und zu Mehrkosten bei Bevölkerung und Unterneh- für die öffentliche Akzeptanz umweltökonomischer men führen können, kann zudem erhöht werden, Instrumente insbesondere vier Faktoren ausschlag- wenn sie mit politischen Maßnahmen kombiniert gebend sind: werden, die umweltfreundliches Verhalten belohnen (Pull Methoden). So kann beispielsweise die Akzep- 1. Persönliche Einschränkungen und Kosten tanz für höhere Flugsteuern gesteigert werden, wenn 2. Gerechtigkeit der Maßnahme gleichzeitig die Infrastruktur für Schnellzüge verbes- 3. Gerechtigkeit im politischen Verfahrensprozess sert oder aber mit Subventionen oder Steuerentlas- Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 10 von 17 tungen an anderer Stelle kombiniert wird (Steg u. a. strumente belasten sie finanziell mehr als andere Ein- 2013). Auch das vorgestellte Model der Energiesteu- kommensgruppen. erreform (FÖS 2017) beinhaltet daher einen Energie- Bei der Einführung von Kompensationsmaßnahmen wendebonus. muss daher beachtet werden, dass diese sozial ge- Umfragewerte bezüglich der Einführung einer CO2- recht ausgestaltet werden. Wie in dem vorgestellten Bepreisung in Deutschland machten deutlich, dass Modell der Schweiz, sollten die Einnahmen durch Kompensationsmaßnahmen im Gegenzug für klima- Umweltabgaben (zu einem Teil) wieder an die Kon- schutzbedingte Energiebepreisung von vielen er- sumenten zurück fließen. Umfragen zeigen, dass ein wünscht werden (Setton 2019). Hierbei existieren Großteil der Bevölkerung Kompensationsmaßnah- verschiedene Ausgestaltungsoptionen, die bereits in men favorisiert, welche insbesondere einkommens- einigen Ländern umgesetzt werden. schwachen Haushalte entlasten und somit eine um- In der Schweiz werden beispielsweise zwei Drittel der verteilende Wirkung erzielen (Vöhringer u. a. 2016). In Einnahmen der CO2-Bepreisung als Pro-Kopf- Abbildung 4 wird deutlich, wie ein progressives CO2- Pauschale an die Bevölkerung zurückerstattet, wobei Preiskonzept, bei dem einkommensschwache Haus- das andere Drittel für ein Programm zur energeti- halte weniger stark belastet werden als einkommens- schen Sanierung von Gebäuden verwendet wird starke Haushalte, aussehen kann. (Steinbach/Valta 2019). Abbildung 4: Progressiver Verteilungseffekt eines CO2-Preiskonzepts 3.2 Gerechtigkeit der Maßnahmen Die wahrgenommene Gerechtigkeit der Maßnahme spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Um zu beurteilen inwieweit die Auswirkungen der Politik als gerecht anzusehen sind, können drei Arten von Vergleichen herangezogen werden: ein intrapersoneller, ein inter- personeller oder ein intergenerationeller Vergleich. Intrapersonelle Vergleiche beziehen sich auf den Vergleich der persönlichen Folgen der Maßnahme im Bezug zu eigenen Vorstellungen, Referenzpunkten oder vergangenen Erfahrungen. Erhöhungen der Stromsteuern können daher als ungerecht wahrge- nommen werden, wenn sie zu Strompreisen führen, die persönlich erwartete Strompreise übersteigen. Interpersonelle Vergleiche beschreiben dagegen Quelle: (FÖS 2019a) Vergleiche, die zwischen den pesönlichen Folgen der Maßnahme und deren Folgen für andere Personen Jedoch kann auch eine gleiche bzw. gerechte Belas- oder Gruppen getroffen werden. Vergleiche zwischen tung zwischen Unternehmen und privaten Haushal- Gruppen können gemäß zwei unterschiedlicher Fair- ten oder zwischen unterschiedlichen Regionen oder ness-Prinzipien stattfinden: Gleichheit und Gerech- Ländern für die öffentliche Akzeptanz eine wichtige tigkeit. Wird dem Gleichheitsansatz gefolgt, müssen Rolle spielen (Maestre-Andrés u. a. 2019). politischen Maßnahmen alle Menschen gleich betref- fen. Gerecht sind Maßnahmen dagegen, wenn sie alle Menschen relativ gesehen gleich betreffen. Horizonal 3.3 Gerechtigkeit im politischen gerecht sind Maßnahmen, die die Menschen propor- tional zu ihrem Anteil an einem Problem belasten. Verfahrensprozess Vertikal gerecht sind Maßnahmen, die die Menschen Zusätzlich zu den Gerechtigkeitsvorstellungen, die proportional zu ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten durch Vergleiche hervorgerufen werden, ist auch die betreffen (Steg u. a. 2013). So wird bei der Einführung Gerechtigkeit im politischen Verfahrensprozess für von CO2-Steuern häufig die überproportionale Be- die Akzeptanz der Bevölkerung durchaus entschei- lastung von armen Haushalten kritisiert (Maestre- dend. Ein politischer Verfahrensprozess wird dann als Andrés u. a. 2019). Empfänger*innen von Transferleis- gerecht wahrgenommen, wenn dieser soziale Werte tungen und Personen mit geringem Einkommen müs- und Normen der Fairness erfüllt. Die Beteiligung der sen einen erheblichen Anteil ihrer begrenzten Fi- Öffentlichkeit in politischen Entscheidungsprozes- nanzmittel für an Konsumgüter gebundene Steuern, sen kann hierbei eine Schlüsselrolle spielen. Zudem Abgaben und Entgelte aufbringen und Preissteige- trägt eine Kontinuität von Entscheidungsprozessen, rungen auf Grund der Einführung ökonomischer In- Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 11 von 17 offene Kommunikation sowie das Halten von Wahl- schlaggebend waren, kann dieses Beispiel Aufschluss versprechen zu einem Vertrauen der politischen Ent- geben, worauf bei zukünftigen Einführungen umwelt- scheidungsträgern und einer Akzeptanz ihrer Maß- ökonomischer Instrumente zu achten ist. nahmen bei (Steg u. a. 2013). Eine (Fehler-)Analyse der Agora Energiewende Bei der Einführung von CO2-Steuern wurde insbe- (2019) zeigt, dass sich die Proteste überwiegend nicht sondere ein Misstrauen gegenüber der Regierung als gegen Klimaschutz richten, sondern gegen soziale hinderlicher Faktor identifiziert (Maestre-Andrés u. a. Konsequenzen. Innerhalb des politischen Prozesses 2019). Dieses Misstrauen galt teilweise besonders der zur Einführung des CO2-Preises in Frankreich wurden staatlichen Verwendung der zusätzlichen Steuerein- die vier dargestellten Akzeptanzfaktoren nicht aus- nahmen. Ursache für das fehlende politische Vertrau- reichend berücksichtigt: en können jedoch ebenso fehlende Informationen über die genaue Ausgestaltung der geplanten Maß- nahme sein (Maestre-Andrés u. a. 2019). 4.1 Fehlende Rückverteilungskomponente 3.4 Relevanz und erwarteter Erfolg Ursprung der Proteste im Oktober 2018 war die ge- plante Erhöhung der Diesel- und Benzinsteuer. Ab der Maßnahme 2019 sollte der Klimabeitrag von 44,60€ auf 55,00€ Zudem spielen die Relevanz und der erwartete Erfolg pro Tonne CO2 erhöht werden und das Dieselsteuer- umweltpolitischer Instrumente eine wichtige Rolle. Je privileg schrittweise abgebaut werden. Bei der Einfüh- höher das Bewusstsein der Bevölkerung um die mit rung des Klimabeitrags 2014 betrug dieser noch dem politischen Instrument behandelte Umweltprob- 7,00€ pro Tonne CO2. Insgesamt hätten diese Maß- leme, umso größer die Wahrscheinlichkeit der Akzep- nahmen zu einer Steigerung der Dieselsteuer auf 6,5 tanz der Bevölkerung. Daher ist die Informiertheit der Cent pro Liter sowie zu einer Steigerung der Benzin- Bevölkerung um die Umweltprobleme und deren steuer um 2,9 Cent pro Liter (Anfang 2019) geführt. Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit ebenfalls sehr wich- Jene Steigerung wurde durch die weltweit steigenden tig. Sind die positiven Effekte der umweltpolitischen Ölpreise noch weiter intensiviert. Maßnahme für die Bevölkerung ersichtlich, kann sich Bei der Einführung des Klimabeitrags fand einmalig die gesellschaftliche Akzeptanz ebenfalls erhöhen. eine Kompensation der Mehrkosten durch eine ent- Jedoch kann der Einsatz umweltökonomischer In- sprechende Senkung der Kraftstoffsteuer statt. Wei- strumente auch als nicht weitreichend genug angese- tere direkte Rückverteilungsmaßnahmen in Richtung hen werden, um Umweltprobleme effektiv zu lösen. der Haushalte waren nicht vorgesehen. Die Bevölke- Eine Studie von Umit und Schaffer (2019) zeigt, dass rung sah sich dadurch einer starken Mehrbelastung der Zweifel an einem Erfolg der CO2-Steuer die Ein- ausgesetzt. stellung der Bevölkerung dieser gegenüber maßgeb- lich beeinflusst. Die Lenkungswirkung einer CO2- Steuer wird häufig als zu gering eingestuft, um zu 4.2 Besondere Belastung tatsächlichen Verhaltensänderungen zu führen. Posi- einkommensschwacher tive Erfahrungen innerhalb von Test-Einführungen Haushalte durch CO2 - einer solchen Steuer können diese Zweifel verringern (Umit/Schaffer 2019). Zudem können klare Zielgrö- Bepreisung ßen helfen, die wahrgenommene Effektivität und Der Klimabeitrag wurde in Frankreich in die beste- Effizienz der Maßnahmen, und damit ihre Akzeptanz henden Energiesteuern integriert. Dies hat zur Folge, zu steigern (Steg u. a. 2013). dass der Klimabeitrag Haushalte mit niedrigen oder mittleren Einkommen stärker belastet als diejenigen mit hohen Einkommen. Mit zunehmenden Einkom- men muss ein geringerer Anteil des Einkommens als 4 Fallbeispiel: fehlende Akzeptanz Steuer an den Staat gezahlt werden. Vor Einführung der CO2 -Bepreisung in des Klimabeitrags, wurde im Rocard-Bericht 2009 Frankreich eine anteilige Umverteilung der Steuereinnahmen vorgeschlagen, von der insbesondere Haushalte mit Die Proteste der Gelbwesten im Jahr 2018 wurden geringem Einkommen profitieren können. Umgesetzt weltweit als abschreckendes Beispiel für Reaktionen wurde jedoch lediglich eine Steuerrückerstattung für auf die Erhöhung der CO2-Bepreisung in Frankreich Unternehmen. wahrgenommen. Obwohl neben der Konzipierung der Insbesondere im Zusammenspiel mit weiteren Re- CO2-Bepreisung insbesondere die politischen Rah- formen der Macron-Regierung, wurde Kritik an der menbedingungen für die Situation in Frankreich aus- Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 12 von 17 sozialen Ungerechtigkeit der politischen Maßnahme Energiesteuern wurden insbesondere die 20 Prozent laut. Durch die Abschaffung der Vermögenssteuer, der einkomensschwächsten Haushalte sowie Rent- die Anpassung der Sozialleistungen und der Alters- ner*innen stark belastet. Das oberste Prozent der rente, die Senkung des Mietzuschusses, die Erhöhung einkommensstärksten Haushalte profitierte dagegen des allgemeinen Sozialbeitrags sowie der Tabak- und von den Reformen. Abbildung 5: Veränderung des verfügbaren Einkommens durch die Reformen 2018-2019 in Frankreich (Stand September 2018) Quelle: Agora Energiewende (2019) Spezialkonto für die Energiewende, jedoch fließt der weit größere Anteil der Klimabeitragseinnahmen in 4.3 Misstrauen gegenüber den Staatshaushalt. Hieraus wurden auch Maßnah- politischer Institutionen men wie Förderprogramme zur Modernisierung von Heizugsanlagen, zinsvergünstigte Kredite für die Macrons Reformen brachten ihm den Titel „Präsident energetische Sanierung von Gebäuden oder Kauf- der Reichen“ ein. Auch die späteren politischen Maß- prämien von Elektro-Pkw bezahlt – von den Gelbwes- nahmen Macrons als Reaktion auf die Gelbwesten- ten wurden diese jedoch nicht als adäquate Ver- Proteste konnten das verlorene Vertrauen eines wendungen der Klimabeitrags-Einnahmen verstan- Großteils der Bevölkerung nicht wiederherstellen. den. Obwohl versucht wurde, die sozialpolitischen Konse- quenzen des Klimabeitrags im Nachhinein abzumil- dern, wurde die umweltpolitische Maßnahme von weiten Teilen der Bevölkerung rigoros abgelehnt. 4.4 Zweifel an Verwendung der Einnahmen Während der Proteste wurde zudem infrage gestellt, inwieweit der Klimabeitrag tatsächlich dem Klima- schutz diene. Behauptungen wurden laut, dass die Einnahmen zur Sanierung des Staatshaushalts ver- wendet würden. Aufgrund des Nonaffektationsprin- zips, wonach Steuereinnahmen keinem speziellen Verwendungszweck dienen, ist die konkrete Verwen- dung der Einnahmen durch den Klimabeitrag tatsäch- lich schwer nachzuverfolgen. Ein Teil der Einnahmen aus der Energiesteuer auf Mineralölproduke geht an die französische Finanzie- rungsagentur für Verkehrsinfrastruktur sowie auf ein Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 13 von 17 5 Die Schlüsselrolle der richtigen Die Bild-Zeitung lässt bei dieser Darstellung wichtige Faktoren außer Acht. Die Kosten eines hohen Fleisch- Kommunikation konsums wie hohe Gesundheitskosten, steigende Die Analyse der Situation in Frankreich anhand der Trinkwasserpreise, etc. zahlt schon heute die Allge- vier vorgestellten Akzeptanzfaktoren macht deutlich, meinheit beispielsweise über Krankenkassen- und dass bei der Einführung umweltökonomischer Instru- Rentenbeiträge (FÖS 2018). mente die soziale Gerechtigkeit der geplanten Maß- Und auch eine Mehrbelastung einkommensschwa- nahme sowie politische Transparenz entscheidende cher Haushalte müsste bei Einführung einer Fleisch- Rollen spielen. steuer nicht per se folgen. Zwar steigt der Fleischkon- Um zu verhindern, dass ökonomische Instrumente mit sum tatsächlich mit sinkendem Einkommen (während ökologischer Lenkungswirkung auf die Ablehnung der Männer der unteren Schicht mit 110g Fleisch pro Tag breiten Bevölkerung treffen, ist daher insbesondere einen deutlich zu hohen Fleischkonsum aufweisen, auch eine erfolgreiche politische Kommunikation fällt er bei Männern der Oberschicht mit 88g/Tag vor und während des Einführungsprozesses entschei- deutlich geringer aus (MRI/BML 2008)), jedoch könn- dend. te mit den Einnahmen einer Umweltabgabe gezielt einkommensschwache Haushalte, Familien, Rentner oder Unternehmen unterstützt werden. Zum Beispiel, 5.1 Folgen mangelnder in dem in Schulen ein kostenloses oder kostengünsti- Kommunikation bei ges Mittagsessen für Kinder aus sozialschwachen Familien finanziert wird. Wird das ökonomische In- ökonomischen Instrumenten strument als Steuer konzipiert, ist eine Umverteilung Oftmals werden umweltökonomische Instrumente nicht ganz so direkt möglich, jedoch können die ge- automatisch mit Befürchtungen der übermäßigen stiegenen Steuereinnahmen ebenfalls dafür genutzt Kostenbelastung oder sozialen Ungerechtigkeiten werden, um damit andere soziale Maßnahmen zu verknüpft. Am Beispiel der CO2-Bepreisung zeigte finanzieren. Zum Beispiel, in dem der im ALG II ange- sich in vielen Fällen, dass es Regierungen schwerfällt, setzte Betrag für Lebensmittel der Verteuerung von die Vorteile dieses umweltpolitischen Instruments zu Fleischprodukten angepasst wird. vermitteln. Häufig gelingt es nicht zu erklären, dass Damit sich pauschale Äußerungen wie die der Bild- CO2-Steuern nicht darauf abzielen, Steueraufkom- Zeitung nicht in den Köpfen der Bevölkerung festset- men zu generieren, sondern eine ökologische Len- zen, ist eine proaktive Kommunikationspolitik zur kungswirkung zu entfalten. Werden der Sinn und Unterstützung umweltpolitischer Instrumente zwin- Zweck ökonomischer Instrumente nicht ausreichend gend nötig. Es ist wichtig die Notwendigkeit und Wirk- kommuniziert, können Konsument*innen nicht nach- samkeit einer politischen Maßnahme zu erläutern und vollziehen, welches umwelt- oder klimaschädliche den Betroffenen die Möglichkeit zu bieten, sich sach- Verhalten damit adressiert werden soll. In Norwegen lich mit einem Thema auseinander zu setzen, Kritik zu und British Columbia zweifelten Bürger*innen bei- formulieren, an der Kompromissfindung mitzuwirken spielsweise an der Sinnhaftigkeit der geplanten Steuer, und populistische Thesen als solche zu erkennen. da die Steuereinnahmen wieder an die Bürger*innen zurückgegeben würden (Fay u. a. 2015; Kallbek- ken/Aasen 2010). 5.2 Wichtige Faktoren einer Eine mangelnde Kommunikation über die Ausgestal- erfolgreichen Kommunikation tung und Wirksamkeit eines geplanten Instruments Um politische Ziele, Entscheidungen, Instrumente ermöglicht den Freiraum für Falschinformationen und Maßnahmen erfolgreich zu kommunizieren, emp- oder emotional aufgeladene Argumentation fernab fiehlt es sich eine Kommunikationsstrategie zu entwi- der Fakten. So schrieb die Bild-Zeitung beispielsweise ckeln. Hierbei sind insbesondere die folgenden Punk- über den Vorschlag einer Fleischsteuer: te ausschlaggebend: „Absurde Fleischsteuer: Das Umweltbundesamt schlägt vor, Rindfleisch künf- tig mit 19 Prozent - statt wie bisher mit 7 Prozent - zu Schaffung eines Narrativs besteuern. Begründung, zu viel Treibhausgase, die durch die Fleischproduktion verursacht werden. Der Vorschlag ist an Ignoranz nicht zu überbieten! Eine Einprägsame und einheitliche Semantik Klimaabgabe würde Fleisch verteuern – und damit gerade Menschen mit kleinem Geldbeutel hart tref- fen. Das Gegenteil guter Sozialpolitik“ (Bild.de (2017)) Ausbau von Kommunikationsstrukturen Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente gesteigert werden kann • Seite 14 von 17 Schaffung eines Narrativs: Emissionen verursachen, sollten auch für die Folgen Die Ziele der Klima- und Umweltpolitik sind komplex, der Emissionen aufkommen. die Erklärungen häufig wissenschaftlich und für Laien 2. Sinnhaftigkeit kaum nachvollziehbar und die Folgen der heutigen Ein CO2-Preis ist ein sinnvolles Instrument. Umwelt- Umweltverschmutzung und Emissionen sind z.T. erst freundliches Verhalten wird ökonomisch belohnt, in vielen Jahren spürbar. Dies führt dazu, dass viele umweltschädliches Verhalten dagegen bestraft. Hier- Menschen heute noch keinen akuten Handlungs- durch werden Anreize für Investitionen in erneuerbare druck empfinden oder sogar den anthropogenen Energien gesetzt. Klimawandel an sich anzweifeln. Um die Menschen 3. Wandel hin zu erneuerbaren Energien heute schon davon zu überzeugen Maßnahmen zu ergreifen, deren Wirkung sich teilweise erst in ferner Weltweit findet ein Wandel hin zu eneuerbaren Ener- Zukunft entfalten wird, bedarf es eines Narrativs: gien statt. Die Einführung eines CO2-Preises unter- stützt dieseTransformation. „Als sprachliche Sequenz schaffen Narrative plausible und kohärente Erzählungen über komplexe Phäno- Jene Narrative können insbesondere dazu verwendet mene. Sie bringen zahlreiche sprachliche Elemente werden, um sowohl die zur Akzeptanz der Öffentlich- (zum Beispiel Ideen, Argumente, Metaphern) auf eine keit notwendigen Gerechtigkeitsaspekte (Akzeptanz- Weise zusammen, so dass diese in Bezug zueinander faktoren 2 und 3) als auch die Relevanz und den zu Konsistenz erhalten und Kommunikation ermögli- erwartenden Erfolg der geplanten Maßnahme (Ak- chen. Narrative machen komplexe Situationen und zeptanzfaktor 4) zu verdeutlichen. Prozesse, die in einer Umgebung widersprüchlicher Werte auftreten, verständlich“ (Espinosa u. a. 2017). Einprägsame und einheitliche Semantik: Das heißt, es muss eine Erzählung entwickelt werden, Auch die Semantik beeinflusst, wie eine politische die das „große Ganze“ darstellt, die den Blick über den Maßnahme innerhalb der Bevölkerung wahrgenom- eigenen Tellerrand und den eigenen Zeithorizont men wird. So schreibt Haß-Zumkehr (1997), dass die hinaus erlaubt und gleichzeitig innerhalb der breiten Sprache die Wahrnehmung der Realität zwar nicht Bevölkerung Interesse weckt. Persönliche Betrof- vorschreibe, aber die übernommene Sprache unserer fenheit und Identifikation mit bestimmten Themen Wahrnehmung doch eine bestimmte Perspektive sowie eine mediale Präsenz ist für das Interesse der verleiht. Und der genutzte Wortschatz spiegelt zum Adressat*innen ausschlaggebend (Janßen/Schäfer einen häufig bereits die Einstellung des Sprechenden 2018). gegenüber einem Thema wieder und kann die Einstel- Laut Espinosa u. a. (2017) sind insbesondere sechs lung des Zuhörenden beeinflussen. Faktoren für den Erfolg von Narrativen in der Um- Auch Busse (2000) betont die Macht der Sprache, weltpolitik wichtig: durch die die Wirklichkeit gedeutet wird. Somit ist die 1. Legitimität und Glaubwürdigkeit der kommunizie- Dominanz über die Deutung eines Begriffs auch die renden Akteure Dominanz über die Deutung der Wirklichkeit. Und wer 2. Anschlussfähigkeit an Ideen, Konzepten und Ka- um die gesellschaftliche Zustimmung wirbt, der muss tegorisierung eines dominanten Diskurses sowie die eigene Semantik mit der gesellschaftlich domi- an die kulturell geprägte Voreinstellung der Ziel- nanten Sprech- und Denkweise kompatibel machen gruppe und emotional positiv besetzte Begriffe für das eigene Anliegen etablieren. 3. Offenheit und Mehrdeutigkeit Gegner*innen von Umweltschutzmaßnahmen und 4. Historische und situative Einbettung ökonomischen Instrumenten gelingt es häufig, diese 5. Kommunizierbarkeit durch konsistente und kohä- mit einprägsamen, negativen Begriffen zu belegen. So rente Narrativstrukturen kritisierten beispielsweise Gegner*innen den Vor- 6. Verständlichkeit schlag einmal in der Woche in öffentlichen Kantinen kein Fleisch anzubieten (der sogenannte Veggie-Day) als „Gesinnungsterror“ (Süddeutsche Zeitung 2013). Ein Leitfaden zur Kommunikation eines CO2-Preises der Weltbank (World Bank 2018) stellt drei verschie- Aufgabe der Befürworter*innen ist es, positive Äqui- dene Narrative vor, welche in unterschiedlichen Län- valente dazu zu etablieren. So könnte statt von einem dern und Zielgruppen zur Akzeptanz eines CO2- „Kohleausstieg“ von „sauberer Energie“ gesprochen Preises beigetragen haben: werden, statt von einer „Ökosteuer“ von einer „Ver- schmutzungsabgabe“ (Zieschank/Ronzheimer 2017). 1. Fairness Durch dieses positive Framing kann die Legitimität Der CO2-Preis ist ein faires Instrument, um klimapoliti- einer Maßnahme hervorgehoben werden, um aufzu- sche Verantwortung zu teilen. Diejenigen, die hohe zeigen, dass sie nicht nur eine Einschränkung für die Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
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