Wie die Akzeptanz umweltöko-nomischer Instrumente gesteigert werden kann - Forum Ökologisch-Soziale ...

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 Analysepapier

 Lasst uns drüber reden:

 Wie die Akzeptanz umweltöko-
 nomischer Instrumente gesteigert
 werden kann

Ann-Cathrin Beermann und Isabel Schrems
März 2021

Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
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Inhalt
Umweltökonomische Instrumente können und sollten          Auch eine sozial gerechte Ausgestaltung und ein
bei der Erreichung der klimapolitischen Ziele eine        transparenter politischer Prozess kann die Akzeptanz
wichtige Rolle spielen. Im Vergleich zu anderen In-       der Öffentlichkeit stark erhöhen. Die Relevanz und der
strumenten der Umweltpolitik zeichnen sie sich            potentielle Erfolg der politischen Maßnahme müssen
dadurch aus, dass sie klare Anreize für umweltfreund-     klar kommuniziert werden und auch für Desinteres-
liches Handeln setzen, ohne die Bevölkerung in ihren      sierte verständlich sein. Eine einheitliche und über-
Handlungsspielräumen einzuschränken. Jedoch wird          zeugende Semantik, Narrative, sowie gut ausgebaute
innerhalb dieses Analysepapiers deutlich, dass für eine   Kommunikationsstrukturen können hierbei einen
erfolgreiche Einführung solcher Instrumente einige        wesentlichen Beitrag leisten.
Faktoren zu beachten sind. Um zu verhindern, dass
von der Bevölkerung hohe Belastungen befürchtet
                                                          Veröffentlichung: März 2021
werden, sollte die Möglichkeit von Kompensations-
maßnahmen mit dem Instrument diskutiert werden.

Herausgeber

Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS)
Schwedenstraße 15a
13357 Berlin

Tel +49 (0) 30 76 23 991 – 30
Fax +49 (0) 30 76 23 991 – 59
www.foes.de - foes@foes.de

Über das FÖS

Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V.          durchgeführt, konkrete Konzepte entwickelt und
(FÖS) ist ein überparteilicher und unabhängiger politi-   durch Konferenzen, Hintergrundgespräche und Bei-
scher Think Tank. Wir setzen uns seit 1994 für eine       träge in die Debatte um eine moderne Umweltpolitik
Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zu         eingebracht. Das FÖS setzt sich für eine kontinuierli-
einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft ein und         che ökologische Finanzreform ein, die die ökologische
sind gegenüber Entscheidungsträger_innen und Mul-         Zukunftsfähigkeit ebenso nachhaltig verbessert wie
tiplikator_innen Anstoßgeber wie Konsensstifter. Zu       die Wirtschaftskraft.
diesem Zweck werden eigene Forschungsvorhaben

Bildnachweise
Foto Titelseite: © kwasny221 - Fotolia.com

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Wie die Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente
gesteigert werden kann

Inhaltsverzeichnis
1      Herausforderungen ....................................................................................................................................................... 4

2      Ökonomische Instrumente in der Umweltpolitik .................................................................................................... 4
    2.1           Umweltpolitische Instrumente ................................................................................................................................................. 4
    2.2           Umweltökonomische Instrumente ......................................................................................................................................... 6
3      Akzeptanz umweltökonomischer Instrumente........................................................................................................ 9
    3.1           Persönliche Einschränkungen und Kosten ......................................................................................................................... 9
    3.2           Gerechtigkeit der Maßnahmen .............................................................................................................................................. 10
    3.3           Gerechtigkeit im politischen Verfahrensprozess ............................................................................................................ 10
    3.4           Relevanz und erwarteter Erfolg der Maßnahme ............................................................................................................... 11
4      Fallbeispiel: fehlende Akzeptanz der CO2-Bepreisung in Frankreich ............................................................... 11
    4.1           Fehlende Rückverteilungskomponente ............................................................................................................................... 11
    4.2           Besondere Belastung einkommensschwacher Haushalte durch CO2-Bepreisung .......................................... 11
    4.3           Misstrauen gegenüber politischer Institutionen .............................................................................................................. 12
    4.4           Zweifel an Verwendung der Einnahmen.............................................................................................................................. 12
5      Die Schlüsselrolle der richtigen Kommunikation .................................................................................................. 13
    5.1           Folgen mangelnder Kommunikation bei ökonomischen Instrumenten ............................................................... 13
    5.2           Wichtige Faktoren einer erfolgreichen Kommunikation.............................................................................................. 13
6      Fazit ................................................................................................................................................................................ 15

Quellen................................................................................................................................................................................... 16

Inhalt: Dieses Papier entstand im Rahmen der Verbändeprojektförderung „Verbesserung der Akzeptanz umwelt-
ökonomischer Politikinstrumente – Mit Steuern dekabornisieren: Mehr Akzeptanz für ökonomische Instrumente
in der Klimapolitik“ des Umweltbundesamtes (UBA). Hier werden zunächst die klimapolitischen Herausforderun-
gen unserer Zeit erläutert (Kapitel 1) und die ökonomischen Instrumente innerhalb der Umweltpolitik vorgestellt
(Kapitel 2). In Kapitel 3 werden vier verschiedene Faktoren genauer erläutert, welche für die Akzeptanz umwelt-
ökonomischer Instrumente eine wichtige Rolle spielen. Das Fallbeispiel der CO2-Bepreisung in Frankreich (Kapi-
tel 4) zeigt, wie ein Nichtbeachten jener Faktoren die Einführung eines umweltökonomischen Instruments in der
Praxis erschwert hat. Neben einer entsprechenden Ausgestaltung des politischen Instruments ist auch eine ent-
sprechende Kommunikation für die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung entscheidend (Kapitel 5).

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                                                          speichert und in Zeiten der Stromknappheit ausge-
1    Herausforderungen                                    speichert wird.
                                                          Ohne die COVID-19 bedingten Sondereffekte droht
Die Umwelt- und Klimapolitik steht vor großen Her-
                                                          eine Vielzahl der im Jahr 2020 angestrebten Umwelt-
ausforderungen, deren Bewältigung auch andere
                                                          und Klimaziele verfehlt zu werden. Politische Maß-
politische Sektoren, wie die Energiepolitik, die Ver-
                                                          nahmen, die bisher ergriffen worden sind, scheinen
kehrspolitik oder die Ernährungs- und Agrarpolitik
                                                          daher nicht ausreichend. Damit Unternehmen und
betreffen. Die seit der Industrialisierung praktizierte
                                                          Privatpersonen die Produktion, den Konsum und ihr
Form des Wirtschaftens und des Konsums geht zu
                                                          Verhalten umwelt- und klimafreundlicher gestalten,
Lasten der Umwelt und gefährdet das Klima. Aus
                                                          müssen politische Bemühungen verstärkt werden.
diesem Grund müssen die Treibhausgasemissionen,
der Energiebedarf und der Ressourcenkonsum in der         Umweltökonomische Instrumente können wirtschaft-
Zukunft deutlich reduziert werden. Auf internationaler    liche Anreize für umweltfreundliches Handeln schaf-
und nationaler Ebene wurden Umwelt-, Klima- und           fen bzw. verstärken und könnten somit eine wichtige
Effizienzziele entwickelt, die eine Erhitzung des Kli-    Rolle zur Erreichung der Umwelt- und Klimaziele
mas um mehr als 2°C, eine Übernutzung der Ressour-        spielen. Für die Einführung neuer umweltpolitischer
cen und ein Scheitern der Energiewende verhindern         Instrumente ist jedoch die Akzeptanz durch die Be-
sollen:                                                   völkerung sowie durch Unternehmen entscheidend.
                                                          Welche Faktoren dabei eine wichtige Rolle spielen,
Im Dezember 2015 einigte sich die Weltgesellschaft
                                                          wird innerhalb dieses Papiers vorgestellt. Neben der
im Rahmen des Pariser Klimaabkommens auf ambiti-
                                                          Art und Weise der Ausgestaltung umweltpolitischer
onierte Klimaziele. Um diese zu erreichen muss die
                                                          Instrumente ist dabei auch deren Kommunikation von
deutsche Wirtschaft bis zum Jahr 2050 weitestge-
                                                          großer Bedeutung.
hend dekarbonisiert sein. Ein ambitioniertes Ziel, für
dessen Realisierung Unternehmen und Privatperso-
nen deutliche Veränderungen in Produktion, Konsum         2     Ökonomische Instrumente in der
und Verhalten vornehmen müssen.
                                                                Umweltpolitik
Darüber hinaus muss der Ressourcenverbrauch re-
duziert und die Rohstoffproduktivität erhöht werden.
Dies ist nicht nur aus umweltpolitischen Erwägungen       2.1    Umweltpolitische Instrumente
relevant, sondern besonders bei knappen Rohstoffen
und Ressourcen, die aus politisch unsicheren Regio-       Die Umweltpolitik hat zum Ziel, den Schutz der Natur,
nen kommen, auch im Sinne der Wirtschafts-, Sicher-       auch gegen die Interessen anderer Politikbereiche,
heits-, Innen- und Außenpolitik wichtig, da die Ab-       wie z.B. Wirtschaftsinteressen durchzusetzen. Unter
                                                          der Prämisse der Nachhaltigkeit soll die Nutzung von
hängigkeit von solchen Ressourcen zu einer Vulnera-
                                                          Ressourcen wie Wasser, Luft, Landflächen, Flora und
bilität gegenüber Preisanstiegen und Angebotsver-
knappung führt. Ziel sollte es daher sein, das Wirt-      Fauna und endlichen Rohstoffen wie Öl, seltenen
schaftswachstum vom Ressourcenverbrauch zu ent-           Erden etc. soweit begrenzt werden, dass sie zukünfti-
                                                          gen Generationen noch in ausreichendem Maße zur
koppeln und Abhängigkeiten möglichst gering zu
                                                          Verfügung stehen.
halten.
Auch die Energiewende stellt die Gesellschaft vor         Hierfür kann sich die Umweltpolitik an fünf Instrumen-
einige Herausforderungen. So müssen sowohl Indust-        tengruppen bedienen: Informationen, Freiwillige
                                                          Selbstverpflichtungen, Ökonomische Instrumente,
rie, als auch Privatpersonen dringend Effizienzmaß-
                                                          Planerische Instrumente und Ordnungsrechtliche
nahmen ergreifen, um ihren Energiebedarf zu redu-
zieren und den Stromkonsum so zu lenken, dass er in       Maßnahmen (aufsteigend von schwacher zu starker
Zeiten des Stromüberschusses verbraucht oder ge-          Wirkmächtigkeit aufgelistet).

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Abbildung 1: Umweltpolitische Instrumente

                 • z.B. Kampagnen
                 • Bildungsmaßnahmen
 Information     • Labels, Gütesiegel, Zertifikate, etc.

                 • Bsp.: Vereinbarung zur Verringerungt des Verbrauchs von Kunststofftragetaschen zwischen Bundesministerium
  Freiwillige
                   für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und dem Handelsverband Deutschland (HDE) in
    Selbst-        2016
 verpflichtung

                 • Steuern, Abgaben
Ökonomische      • Subventionen
Instrumente

                 • z.B. Baugenehmigungen
  Planerische    • Umweltverträglichkeitsprüfungen
 Instrumente

                 • Gebote
Ordnungsrecht    • Verbote
    liche
 Maßnahmen

Quelle: eigene Darstellung

Die Information ist ein in Politik und Wirtschaft be-              (2017) zeigt, dass das „gehobene Milieu“, welches
liebtes Instrument, da sie in der Regel auf wenig politi-          einen höheren Bildungsabschluss und Einkommen
schen Widerstand trifft, vergleichsweise günstig ist               hat, zwar eine leicht höhere Bereitschaft aufweist,
und in den meisten Fällen kaum bürokratische Hürden                nachhaltige Produkte zu konsumieren, jedoch zum
aufweist (Ausnahmen sind hier z.B. Zertifizierungspro-             aktuellen Zeitpunkt keinen akuten Handlungsbedarf
zesse, die u. U. mit einem Kontrollaufwand, etc. ver-              sieht. Stattdessen wird darauf vertraut, dass die Prob-
bunden sein können). Ziel ist es, durch Aufklärung ein             leme durch technischen Fortschritt behoben oder
Problembewusstsein und in Folge dessen Verhaltens-                 kompensiert werden können. Doch auch Bevölke-
änderung zu erzeugen. Es gibt Beispiele, in denen                  rungsgruppen mit starkem (Umwelt-) Problembe-
Informationen den gewünschten Effekt erzielen konn-                wusstsein verhalten sich nicht zwangsläufig nachhaltig.
ten, jedoch sind diese Erfolge selten im Umweltsektor              Die meisten Konsumenten wissen beispielsweise um
zu finden. Ein Positivbeispiel aus einem anderen Poli-             die schlechten Arbeitsbedingungen im Textilgewerbe
tikbereich ist die HIV/AIDS-Aufklärungkampagne der                 – trotzdem hält dies die wenigsten davon ab, Billig-
1980er und -90er Jahre, die jedoch sehr aufwendig                  Kleidung zu erwerben oder trotz der bekannten ho-
und Zielgruppenorientiert gestaltet wurde und somit                hen Emissionen mit dem Flugzeug zu reisen. Diese
einen überdurchschnittliche großen Einfluss nehmen                 Diskrepanz zwischen Einstellung und Handeln kann
konnte, aber auch teurer war, als viele andere Kam-                eine Vielzahl von Gründen haben. Gewohnheit, prag-
pagnen (Hirschnitz-Garbers/Langsdorf 2015). Auch                   matische Abwägung der für das Individuum entste-
die Sichtbarkeit des Problems, durch prominente                    henden Kosten oder unbewusste Selektion von In-
Betroffene wie Musiker Freddie Mercury, dem Schau-                 formation zur Rechtfertigung des eigenen Handelns
spieler Klaus Schwarzkopf („Tatort“), dem Künstler                 können u.a. dazu führen, dass der Effekt von Informa-
Keith Haring oder dem Tennis-Profi Michael Westphal                tion verhallt (Hirschnitz-Garbers/Langsdorf 2015).
half, das Thema für die Öffentlichkeit persönlich er-              Die Freiwilligen Selbstverpflichtungen sind ein von
fahrbar zu machen und für die vergleichsweise leichte              der Industrie gerne eingegangenes Instrument, da mit
Prävention zu sensibilisieren. Ein solcher Erfolg einer            ihnen keine Zwänge einhergehen und Nicht-
Informationsmaßnahme stellt aber die Ausnahme dar.                 Erreichen von gesetzten Zielen nicht sanktioniert wird.
Im Allgemeinen ist der durch Information erzielte                  Kritiker*innen dieses Instrumentes beklagen die man-
Effekt gering (Hamann u. a. 2016). So führen ein hoher             gelnde Verbindlichkeit sowie die häufig unklare oder
Bildungsstand und der Zugriff auf Informationen nicht              ungenügende Zieldefinition. Befürworter*innen von
zwangsläufig zur Anerkennung von Umweltproble-                     freiwilligen Selbstverpflichtungen sehen in ihnen
men. Die Umweltbewusstseinsstudie des BMUB/UBA                     hingegen eine gute Übergangsmaßnahme, wenn der

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gesellschaftliche und politische Konsenz (noch) nicht        und Verbote. Diese können input-orientiert sein (Be-
ausreicht, um verbindliche gesetzliche Regelungen zu         grenzung oder Verbote der Nutzung von Stoffen)
schaffen. Eine Kooperation zwischen Staat und Un-            oder output-orientiert (Begrenzung oder Verbot der
ternehmen kann in diesem Fall ein erster Handlungs-          Ausbringung von Schadstoffen, wie zum Beispiel
schritt sein, durch den Akzeptanz für das Problem und        THG-Emissionen) (Stehling 1999). Voraussetzung für
Problemlösebedarf geschaffen wird. Wenn nötig                eine hohe Effizienz dieser Maßnahmen ist ein funktio-
können daraufhin in der Zukunft striktere Maßnah-            nierendes Kontroll- und Sanktionsregime. Ist dieses
men realisiert werden (Claußen/Zundel 1995).                 implementiert, können damit die besten Ergebnisse
Ein aktuelles Beispiel für eine freiwillige Selbstver-       erzielt werden. Jedoch sind ordnungsrechtliche Maß-
pflichtung ist die Vereinbarung zur Verringerung des         nahmen vergleichsweise unbeliebt, da sie Menschen
Verbrauchs von Kunststofftragetaschen zwischen               und Unternehmen in ihrem Verhalten einschränken
dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz,               und die vorgeschriebenen Maßnahmen ökonomisch
Bau und Reaktorsicherheit (BMUB, heute BMU) und              ineffizient sein können. Somit ist der Widerstand aus
dem Handelsverband Deutschland (HDE) aus dem                 Gesellschaft und Wirtschaft häufig groß und die Poli-
Jahr 2016. In ihr verpflichteten sich 260 Unternehmen,       tik vermeidet ordnungsrechtliche Maßnahmen wenn
dass 80% der von ihnen ausgegebenen Plastiktüten             möglich.
innerhalb von zwei Jahren kostenpflichtig sein werden,
um den Konsum zu reduzieren (Deutscher Bundestag
                                                             2.2 Umweltökonomische
2016). Befürworter dieses Instrumentes bewerten die
freiwillige Selbstverpflichtung als Erfolg, da mit ihr der       Instrumente
Plastiktütenkonsum im ersten Jahr von 71 auf 45 Stück
                                                             Im Rahmen dieses Papieres werden ökonomische
pro Kopf gesenkt werden konnte, Kritiker hingegen
                                                             Instrumente im Klima-Kontext betrachtet, die mit
bemängeln, dass durch die freiwillige Selbstverpflich-
                                                             dem Ziel eingesetzt werden über finanzielle Anreize
tung eine wirklich effiziente Maßnahme verhindert
                                                             zu klimafreundlicherem Verhalten anzuregen, ohne
wurde und fordern stattdessen den Einsatz ökonomi-
                                                             jedoch (wie ordnungsrechtliche Instrumente) den
scher Instrumente.
                                                             Verhaltensspielraum der Protagonisten gänzlich ein-
Diese setzen finanzielle Anreize, das eigene Verhalten       zuschränken.
zum Positiven zu wenden. Zu ökonomischen Instru-
                                                             Mit den Einnahmen aus Umweltsteuern und –
menten gehören u.a. Subventionen, Steuern, Abga-
                                                             abgaben kann der Haushalt entlastet werden. Auch
ben, Zertifikathandel, etc. (genaue Beschreibung des
                                                             können z.B. umweltfreundliche Technologien subven-
Instruments, siehe Kapitel 2.2). Im Plastiktüten-Fall        tioniert oder soziale Maßnahmen ergriffen werden, die
fordert z.B. die Deutsche Umwelthilfe eine Abgabe in         es Haushalten mit geringem Einkommen ermöglicht,
Höhe von 22 Cent pro Tüte. Diese würde auch Unter-           die steigenden Energiekosten, Transportkosten, etc.
nehmen, die nicht Mitglied im HDE sind, dazu zwingen,        zu kompensieren. Ein weiterer positiver Effekt von
Plastik-Tragetaschen zu bepreisen und somit eine             ökonomischen Instrumenten ist, dass mit ihnen, wenn
deutlich weitere Reichweite haben. Außerdem wür-             sie richtig konzeptioniert sind (z.B. wenn sich die Höhe
den die Einnahmen dem Staat zufallen, der sie ge-            der Abgabe an dem tatsächlichen CO2-Ausstoß eines
meinwohlorientiert einsetzen könnte und nicht den            Produktes orientiert) der tatsächliche Preis eines
Unternehmen zugutekommen, die dafür neue Plastik-            Gutes widergespiegelt werden kann. Derzeit werden
tüten bedrucken und somit als kostengünstige Wer-            Umweltkosten häufig externalisiert und die Gesamt-
befläche nutzen können (DUH 2017). In Irland gelang          gesellschaft muss für die Folgen der Produktion und
es mit einer solchen Abgabe, den Tütenkonsum auf 16          des Konsums aufkommen. Ökonomische Instrumente
Plastiktüten pro Kopf/Jahr, also deutlich unter den          können zu einer Einpreisung der Umweltkosten
Verbrauch in Deutschland, zu senken.                         beitragen und so verhindern, dass ökologisch produ-
Zu den planerische Instrumenten gehören z.B. Bau-            zierte Güter teils deutlich teurer sind als Waren, deren
genehmigungen mit denen die Ansiedlung oder der              Folgekosten auf die Allgemeinheit bzw. auf andere
Ausbau von Industrien gelenkt werden kann. So kann           Regionen der Welt abgewälzt wurden. Grundgedanke
zum Beispiel in Regionen, die besonders schutzwürdig         dieser Einpreisung ist, dass der Verursacher einer
sind oder in denen bereits eine hohe Umweltbelas-            Umweltbelastung für die Folgen aufkommt (Verursa-
tung vorliegt, der Bau einer neuen Industrieanlage           cherprinzip).
eingeschränkt oder verhindert werden. Bei den plane-         Nach Stehling (1999) sind die ökonomischen Instru-
rischen Instrumenten handelt es sich bereits um ein          mente in vier Gruppen aufzuteilen: den Umweltabga-
relativ restriktives Instrument, das jedoch auch eine        ben (im weiteren Sinne), den Umweltschutzinduzier-
hohe Wirkung erzielen kann.                                  ten Subventionen, dem Emissionszertifikatehandel
Am wirkvollsten, aber auch am kontroversesten disku-         und der Umwelthaftung.
tiert, sind ordnungsrechtliche Maßnahmen, also Ge-

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Abbildung 2: Ökonomische Instrumente in der Umweltpolitik

                                                       Ökonomische
                                                       Instrumente

                                            Umweltschutz-
                                                                    Emissions-
                      Umweltabgaben           induzierte                             Umwelthaftung
                                                                 zertifikatehandel
                                            Subventionen

                                                                                          Verschuldens-
                          Umweltgebühren          Zuschüsse
                                                                                             haftung

                                                                                          Gefährdungs-
                          Umweltbeiträge        Zuwendungen
                                                                                            haftung

                          Umweltsteuern            Darlehen                             Kollektive Haftung

                              Umwelt               Steuer-                             Umwelthaftpflicht-
                          (sonder)abgaben      vergünstigungen                           versicherung

                                                  versteckte
                                                 Subventionen

Quelle: Stehling (1999)

In die Kategorie Umweltabgaben (im weiten Sinne)                  währt werden, die ihre Immobilie energetisch sanieren
gehören Umweltgebühren, wie sie z.B. auf die Ab-                  und besonders hohe Effizienzstandards erzielen),
fallentsorgung anfallen und welche proportional zur in            Darlehen, die es ermöglichen Umweltmaßnahmen
Anspruch genommenen Leistung erhoben werden;                      durchzuführen, häufig zu einem günstigen Zinssatz
Umweltbeiträge werden unabhängig von der tatsäch-                 oder günstigen Rückzahlkonditionen, Steuervergüns-
lich in Anspruch genommenen Leistung von allen                    tigungen und versteckte Subventionen.
potentiellen Nutzern gleichermaßen erhoben; Um-                   Der Emissionszertifikatehandel wird inder Theorie
weltsteuern werden ohne direkte Gegenleistung er-                 von vielen Ökonomen als vielversprechendes Instru-
hoben und ihre Einnahmen fließen in den allgemeinen               ment zur Erreichung politischer Emissionsreduktions-
Haushalt. Stehling (1999) unterscheidet hier in Um-               ziele angesehen. Sowohl Abgaben als auch Zertifikate
welt-Steuern mit fiskalischer Zielsetzung, die primär             schaffen Anreize um in innovative Techniken zur Sen-
der Erzielung von Staatseinnahmen dienen, und Um-                 kung der Emissionen zu investieren. Beide Instrumen-
weltschutzfinanzierungssteuern, deren Ziel es ist                 te fördern, dass Reduktionen auf kostengünstige
staatliche Umweltschutzmaßnahmen aus dem Steu-                    Weise vorgenommen werden (ökonomische Effizi-
eraufkommen zu finanzieren. Am bekanntesten ist                   enz). Mit dem Instrument des Emissionsrechtehandels
hier die sogenannte „Öko-Steuer“, die 1999 eingeführt             kann jedoch zusätzlich durch das Festsetzen einer
wurde und durch deren Einnahmen die Lohnneben-                    maximalen Emissionsmenge das Erreichen eines kon-
kosten gesenkt werden konnten. Umweltabgaben im                   kreten Minderungsziels garantiert werden (ökologi-
engeren Sinne haben im Vergleich zu Umweltsteuern                 sche Treffsicherheit) – zumindest theoretisch (Zimmer
den Vorteil, dass die Einnahmen einer Abgabe zweck-               2004). In der Praxis hängt der Erfolg eines Emissions-
gebunden eingesetzt werden können (z.B. für Investi-              handelssystems insbesondere von der tatsächlichen
tionen in weitere Umweltschutzmaßnahmen oder zur                  Ausgestaltung des Systems ab. Bei der Einführung des
finanziellen Unterstützung einkommensschwacher                    Europäischen Emissionshandelssystems (EU ETS)
Haushalte, um durch Umweltmaßnahmen teilweise                     zeigten sich verschiedene Probleme, welche vor allem
steigende Preise zu kompensieren).                                zu Beginn die Wirksamkeit des ökonomischen Instru-
Die umweltschutzinduzierten Subventionen bein-                    ments in der Praxis stark beeinträchtigten. So wurden
halten Zuschüsse, die Akteuren für die Erbringung                 unter anderem zu viele Zertifikate ausgebracht, wes-
einer Umweltleistung gewährt werden (z.B. die Zu-                 wegen die Preise zu gering waren, um die tatsächlich
schüsse der KfW-Bank, die Hauseigentümern ge-                     anfallenden Kosten durch Emissionen widerzuspie-

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geln und nennenswerte Einspar-Anreize zu setzen            gere Umweltstandards erfüllen muss oder mit gerin-
(Ellerman u. a. 2014).                                     geren oder keinen finanziellen Internalisierungsmaß-
Die am wenigsten bekannte Gruppe der ökonomi-              nahmen konfrontiert wird. Sie fordern dann internati-
schen Instrumente ist die Umwelthaftung. Sie kann          onale Lösungen und lehnen nationale Maßnahmen ab.
privatrechtlich oder öffentlich gestaltet werden: „Pri-    Da Länder aber schwerpunktmäßig unterschiedliche
vatrechtlich geht es um Ersatz der Schäden an Leben,       Problemfelder adressieren (Deutschland war Vorreiter
Körper, Gesundheit oder Eigentum von Personen, die         in Erneurbaren Energien, Norwegen und auch China
diese vermittelt über Umweltmedien durch das Ver-          und Kalifornien sind Pioniere bei Elektromobilität,
halten anderer Personen erleiden“ (UBA 2017). Au-          Dänemark geht bei der Gebäudewärme mit flächen-
ßerdem könne Verursacher verpflichtet werden, Um-          deckender Fernwärme voran, etc.) sind globale Lö-
weltschäden selber zu beseitigen.                          sungsansätze nur schwer vereinbar und somit in naher
                                                           Zukunft unwahrscheinlich. Aus diesem Grund müssen
                                                           Nationalstaaten bereits voranschreiten (Clausen 2017).
              Potential und Kritik an                      Befürworter betonen die positiven Effekte des Inno-
              Ökonomischen Instrumenten                    vationsdrucks zukunftsfähige Technololgien entwi-
Kritik an ökonomischen Instrumenten zum Umwelt-            ckeln zu müssen und somit heute schon die Voraus-
schutz kann moralisch, ökologisch, wirtschaftlich oder     setzungen für ein wirtschaftliches Bestehen in der
sozial begründet werden.                                   Zukunft zu schaffen. Schon heute gibt es eine stei-
                                                           gende Nachfrage nach grünen Technologien, die
Die moralische Kritik beruht auf der Monetarisierung
                                                           bereits ein weltweites Marktvolumen von über 3.214
von Umwelt. In dem der Ge- und Verbrauch von Res-
                                                           Mrd. Euro (2016) haben und bis 2025 voraussichtlich
sourcen, das Ausstoßen von Emissionen und Umwelt-
                                                           auf fast 6.000 Mrd. Euro steigen werden (BMU 2018) 1.
verschmutzung mit einem Preis belegt wird. Dies
                                                           Deutsche Anbieter haben hierbei einen Marktanteil
ermöglicht Kritikern zur folge, dass reiche Akteure sich
                                                           von 14% (im Vergleich zum deutschen Anteil an der
auf Kosten ärmerer „freikaufen“ könnten. Ähnlich dem
                                                           Globalen wirtschaftsleistung von 4,6%), die Green-
Ablasshandel können laut dieser Ansicht „Sün-
                                                           Tech-Branche trägt 15% des BIP bei und stellt Ar-
den“ durch Geldzahlungen ausgeglichen werden,
                                                           beitsplätze für 1,5 Mio. Beschäftigte (ibid.). Die deut-
statt eine Verhaltensänderung zu erzeugen. Hierbei
                                                           sche Wirtschaft profitiert somit von strengen Umwelt-
wird auch auf ein Gerechtigkeits-Problem verwiesen,
                                                           anforderungen, da sie Technologien bereitstellt, die
dass es lokal die besser verdienenden gegenüber den
                                                           diesen Anforderungen genügen.
armen und global der „reiche Norden“ gegenüber
dem „sich entwickelnden Süden“ einen finanziellen          Soziale Kritik wird besonders geäußert, wenn Haus-
Vorteil hat, obwohl Teile des Reichtums auf den Res-       halte mit geringem Einkommen durch ökonomische
sourcen und der günstigen Arbeitskraft des Südens          Instrumente über Gebühr belastet werden. Empfän-
basieren.                                                  ger*Innen von Transferleistungen und Personen mit
                                                           geringem Einkommen müssen einen erheblichen
Die ökologische Kritik kommt meist auf, wenn ein
                                                           Anteil ihrer begrenzten Finanzmittel für an Konsum-
Problem als so gravierend wahrgenommen wird, dass
                                                           güter gebundene Steuern, Abgaben und Entgelte
der Einsatz von ökonomischen Instrumenten als nicht
                                                           aufbringen und Preissteigerungen auf Grund der
weitreichend oder rigide genug angesehen wird. Häu-
                                                           Einführung ökonomischer Instrumente belasten sie
fig werden stattdessen ganz klare Ge- und Verbote
                                                           finanziell mehr als andere Einkommensgruppen. Da-
gefordert, die eine Verhaltensänderung erzwingen.
                                                           her müssen ökonomische Instrumente, die sich auf die
Die wirtschaftliche Kritik kommt zum einen von Neo-
                                                           Kosten von Alltagsgütern auswirken so konzipiert
Liberalen Akteuren, die jegliche Eingriffe in den Markt
                                                           werden, dass die Einnahmen wieder an die (finanz-
ablehnen und in ökonomischen Instrumenten eine
                                                           schwachen) Konsumenten zurück fließen oder diese
unzulässige Marktverzerrung sehen. Um das 2°C-Ziel
                                                           an anderer Stelle entlastet werden. Bei der Erhebung
des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, dürfen
                                                           von Steuern kann dies indirekt geschehen, wenn die
aber große Mengen der zur Verfügung stehenden
                                                           Bedarfe von Transferleistungsempfängern erhoben
Kohle-, Öl- und Gasvorräte gar nicht genutzt werden
                                                           und die Sozialleistungen angehoben werden; bei Ab-
und somit sollte der Punkt, an dem natürliche Knapp-
                                                           gaben kann eine Umverteilung direkt erfolgen. Am
heit den Preis erhöht und zu weniger Energiekonsum
                                                           Beispiel einer Reform der Energiesteuer, bei der
beiträgt nie erreicht werden (Clausen 2017). Marktan-
                                                           Energie- und CO2-Intensität beachtet werden, hat
reize müssen somit künstlich erzeugt werden. Abge-
sehen von der Theorie-basierten Kritik bemängeln
Wirtschaftsvertreter, dass durch ökonomische In-           1
                                                               Deutschland wird von diesem Wachstum überproportional
strumente die heimische Wirtschaft zu sehr belastet                  profitieren. Es wird erwartet, dass sich das Marktvo-
würde, besonders in Wirtschaftszweigen mit starker                   lumen von 347 Mrd. € (2016) auf 738 Mrd. € (2025)
internationaler Konkurrenz, die u. U. keine oder gerin-              mehr als verdoppelt (BMU 2018).

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FÖS (2017) aufgezeigt, wie eine soziale und wettbe-      Instruments der Umweltpolitik konzipiert werden
werbsverträgliche Ausgestaltung eines ökonomischen       kann:

Abbildung 3: Beispiel eines sozial- und wettbewerbsverträglich konzeptionierten ökonomischen
              Instrumentes in der Umweltpolitik (FÖS 2017)

                                                         4. Relevanz und erwarteter Erfolg der Maßnahme
3     Akzeptanz umweltökonomischer
      Instrumente                                        3.1    Persönliche Einschränkungen
Im Hinblick auf die derzeitigen Herausforderungen               und Kosten
der Umwelt- und Klimapolitik ist eine schnelle und
                                                         Die Akzeptanz für umweltpolitische Maßnahmen ist
effektive Einführung umweltpolitischer Instrumente
                                                         gering, wenn von der Bevölkerung eine Einschrän-
notwendig. Wie im vorherigen Kapitel dargestellt,
                                                         kung ihrer Freiheiten erwartet wird oder die Kosten
bieten umweltökonomische Instrumente hier das
                                                         der Maßnahmen zu hoch erscheinen.
besondere Potenzial, Anreize für umweltfreundliches
Verhalten zu setzen, ohne Bevölkerung und Unter-         Inwieweit diese Befürchtungen eintreten, ist maßgeb-
nehmen in ihrem Verhalten strikt einzuschränken. Der     lich von der Ausgestaltung der politischen Maßnahme
Erfolg ökonomischer Instrumente setzt jedoch eine        abhängig. Im Allgemeinen werden Maßnahmen, die
öffentliche Akzeptanz der geplanten Maßnahmen            auf ein effizienteres Verhalten in wenigen Situatio-
voraus. Trotz der immer sichtbarer werdenen anthro-      nen abzielen (wie bspw. die Nutzung von Elektroau-
pogenen Klima- und Umweltschäden scheint die             tos und die Isolierung von Häusern) leichter akzeptiert,
Akzeptanz ökonomischer Instrumente mit ökologi-          als solche, die persönliche Einschränkungen im all-
scher Lenkungswirkung in vielen Ländern (noch) be-       täglichen Verhalten (wie bspw. kürzere Duschzeiten,
grenzt zu sein (Bernauer/McGrath 2016).                  weniger Heizen) erfordern (Steg u. a. 2013).

Sowohl theoretische, umweltpsychologische Ansätze        Die Akzeptanz von Umweltabgaben, welche umwelt-
(Steg u. a. 2013) als auch empirische Studien (Maest-    schädliches Verhalten bestrafen (Push Methoden)
re-Andrés u. a. 2019; Umit/Schaffer 2019) zeigen, dass   und zu Mehrkosten bei Bevölkerung und Unterneh-
für die öffentliche Akzeptanz umweltökonomischer         men führen können, kann zudem erhöht werden,
Instrumente insbesondere vier Faktoren ausschlag-        wenn sie mit politischen Maßnahmen kombiniert
gebend sind:                                             werden, die umweltfreundliches Verhalten belohnen
                                                         (Pull Methoden). So kann beispielsweise die Akzep-
1.   Persönliche Einschränkungen und Kosten
                                                         tanz für höhere Flugsteuern gesteigert werden, wenn
2. Gerechtigkeit der Maßnahme                            gleichzeitig die Infrastruktur für Schnellzüge verbes-
3. Gerechtigkeit im politischen Verfahrensprozess        sert oder aber mit Subventionen oder Steuerentlas-

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tungen an anderer Stelle kombiniert wird (Steg u. a.      strumente belasten sie finanziell mehr als andere Ein-
2013). Auch das vorgestellte Model der Energiesteu-       kommensgruppen.
erreform (FÖS 2017) beinhaltet daher einen Energie-       Bei der Einführung von Kompensationsmaßnahmen
wendebonus.                                               muss daher beachtet werden, dass diese sozial ge-
Umfragewerte bezüglich der Einführung einer CO2-          recht ausgestaltet werden. Wie in dem vorgestellten
Bepreisung in Deutschland machten deutlich, dass          Modell der Schweiz, sollten die Einnahmen durch
Kompensationsmaßnahmen im Gegenzug für klima-             Umweltabgaben (zu einem Teil) wieder an die Kon-
schutzbedingte Energiebepreisung von vielen er-           sumenten zurück fließen. Umfragen zeigen, dass ein
wünscht werden (Setton 2019). Hierbei existieren          Großteil der Bevölkerung Kompensationsmaßnah-
verschiedene Ausgestaltungsoptionen, die bereits in       men favorisiert, welche insbesondere einkommens-
einigen Ländern umgesetzt werden.                         schwachen Haushalte entlasten und somit eine um-
In der Schweiz werden beispielsweise zwei Drittel der     verteilende Wirkung erzielen (Vöhringer u. a. 2016). In
Einnahmen der CO2-Bepreisung als Pro-Kopf-                Abbildung 4 wird deutlich, wie ein progressives CO2-
Pauschale an die Bevölkerung zurückerstattet, wobei       Preiskonzept, bei dem einkommensschwache Haus-
das andere Drittel für ein Programm zur energeti-         halte weniger stark belastet werden als einkommens-
schen Sanierung von Gebäuden verwendet wird               starke Haushalte, aussehen kann.
(Steinbach/Valta 2019).                                   Abbildung 4: Progressiver Verteilungseffekt eines
                                                                        CO2-Preiskonzepts
3.2 Gerechtigkeit der Maßnahmen
Die wahrgenommene Gerechtigkeit der Maßnahme
spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Um zu beurteilen
inwieweit die Auswirkungen der Politik als gerecht
anzusehen sind, können drei Arten von Vergleichen
herangezogen werden: ein intrapersoneller, ein inter-
personeller oder ein intergenerationeller Vergleich.
Intrapersonelle Vergleiche beziehen sich auf den
Vergleich der persönlichen Folgen der Maßnahme im
Bezug zu eigenen Vorstellungen, Referenzpunkten
oder vergangenen Erfahrungen. Erhöhungen der
Stromsteuern können daher als ungerecht wahrge-
nommen werden, wenn sie zu Strompreisen führen,
die persönlich erwartete Strompreise übersteigen.
Interpersonelle Vergleiche beschreiben dagegen            Quelle: (FÖS 2019a)
Vergleiche, die zwischen den pesönlichen Folgen der
Maßnahme und deren Folgen für andere Personen
                                                          Jedoch kann auch eine gleiche bzw. gerechte Belas-
oder Gruppen getroffen werden. Vergleiche zwischen
                                                          tung zwischen Unternehmen und privaten Haushal-
Gruppen können gemäß zwei unterschiedlicher Fair-
                                                          ten oder zwischen unterschiedlichen Regionen oder
ness-Prinzipien stattfinden: Gleichheit und Gerech-
                                                          Ländern für die öffentliche Akzeptanz eine wichtige
tigkeit. Wird dem Gleichheitsansatz gefolgt, müssen
                                                          Rolle spielen (Maestre-Andrés u. a. 2019).
politischen Maßnahmen alle Menschen gleich betref-
fen. Gerecht sind Maßnahmen dagegen, wenn sie alle
Menschen relativ gesehen gleich betreffen. Horizonal      3.3 Gerechtigkeit im politischen
gerecht sind Maßnahmen, die die Menschen propor-
tional zu ihrem Anteil an einem Problem belasten.
                                                              Verfahrensprozess
Vertikal gerecht sind Maßnahmen, die die Menschen         Zusätzlich zu den Gerechtigkeitsvorstellungen, die
proportional zu ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten        durch Vergleiche hervorgerufen werden, ist auch die
betreffen (Steg u. a. 2013). So wird bei der Einführung   Gerechtigkeit im politischen Verfahrensprozess für
von CO2-Steuern häufig die überproportionale Be-          die Akzeptanz der Bevölkerung durchaus entschei-
lastung von armen Haushalten kritisiert (Maestre-         dend. Ein politischer Verfahrensprozess wird dann als
Andrés u. a. 2019). Empfänger*innen von Transferleis-     gerecht wahrgenommen, wenn dieser soziale Werte
tungen und Personen mit geringem Einkommen müs-           und Normen der Fairness erfüllt. Die Beteiligung der
sen einen erheblichen Anteil ihrer begrenzten Fi-         Öffentlichkeit in politischen Entscheidungsprozes-
nanzmittel für an Konsumgüter gebundene Steuern,          sen kann hierbei eine Schlüsselrolle spielen. Zudem
Abgaben und Entgelte aufbringen und Preissteige-          trägt eine Kontinuität von Entscheidungsprozessen,
rungen auf Grund der Einführung ökonomischer In-

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offene Kommunikation sowie das Halten von Wahl-           schlaggebend waren, kann dieses Beispiel Aufschluss
versprechen zu einem Vertrauen der politischen Ent-       geben, worauf bei zukünftigen Einführungen umwelt-
scheidungsträgern und einer Akzeptanz ihrer Maß-          ökonomischer Instrumente zu achten ist.
nahmen bei (Steg u. a. 2013).                              Eine (Fehler-)Analyse der Agora Energiewende
Bei der Einführung von CO2-Steuern wurde insbe-           (2019) zeigt, dass sich die Proteste überwiegend nicht
sondere ein Misstrauen gegenüber der Regierung als        gegen Klimaschutz richten, sondern gegen soziale
hinderlicher Faktor identifiziert (Maestre-Andrés u. a.   Konsequenzen. Innerhalb des politischen Prozesses
2019). Dieses Misstrauen galt teilweise besonders der     zur Einführung des CO2-Preises in Frankreich wurden
staatlichen Verwendung der zusätzlichen Steuerein-        die vier dargestellten Akzeptanzfaktoren nicht aus-
nahmen. Ursache für das fehlende politische Vertrau-      reichend berücksichtigt:
en können jedoch ebenso fehlende Informationen
über die genaue Ausgestaltung der geplanten Maß-
nahme sein (Maestre-Andrés u. a. 2019).                   4.1    Fehlende
                                                                 Rückverteilungskomponente
3.4 Relevanz und erwarteter Erfolg                        Ursprung der Proteste im Oktober 2018 war die ge-
                                                          plante Erhöhung der Diesel- und Benzinsteuer. Ab
    der Maßnahme
                                                          2019 sollte der Klimabeitrag von 44,60€ auf 55,00€
Zudem spielen die Relevanz und der erwartete Erfolg       pro Tonne CO2 erhöht werden und das Dieselsteuer-
umweltpolitischer Instrumente eine wichtige Rolle. Je     privileg schrittweise abgebaut werden. Bei der Einfüh-
höher das Bewusstsein der Bevölkerung um die mit          rung des Klimabeitrags 2014 betrug dieser noch
dem politischen Instrument behandelte Umweltprob-         7,00€ pro Tonne CO2. Insgesamt hätten diese Maß-
leme, umso größer die Wahrscheinlichkeit der Akzep-       nahmen zu einer Steigerung der Dieselsteuer auf 6,5
tanz der Bevölkerung. Daher ist die Informiertheit der    Cent pro Liter sowie zu einer Steigerung der Benzin-
Bevölkerung um die Umweltprobleme und deren               steuer um 2,9 Cent pro Liter (Anfang 2019) geführt.
Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit ebenfalls sehr wich-   Jene Steigerung wurde durch die weltweit steigenden
tig. Sind die positiven Effekte der umweltpolitischen     Ölpreise noch weiter intensiviert.
Maßnahme für die Bevölkerung ersichtlich, kann sich       Bei der Einführung des Klimabeitrags fand einmalig
die gesellschaftliche Akzeptanz ebenfalls erhöhen.        eine Kompensation der Mehrkosten durch eine ent-
Jedoch kann der Einsatz umweltökonomischer In-            sprechende Senkung der Kraftstoffsteuer statt. Wei-
strumente auch als nicht weitreichend genug angese-       tere direkte Rückverteilungsmaßnahmen in Richtung
hen werden, um Umweltprobleme effektiv zu lösen.          der Haushalte waren nicht vorgesehen. Die Bevölke-
Eine Studie von Umit und Schaffer (2019) zeigt, dass      rung sah sich dadurch einer starken Mehrbelastung
der Zweifel an einem Erfolg der CO2-Steuer die Ein-       ausgesetzt.
stellung der Bevölkerung dieser gegenüber maßgeb-
lich beeinflusst. Die Lenkungswirkung einer CO2-
Steuer wird häufig als zu gering eingestuft, um zu        4.2 Besondere Belastung
tatsächlichen Verhaltensänderungen zu führen. Posi-           einkommensschwacher
tive Erfahrungen innerhalb von Test-Einführungen              Haushalte durch CO2 -
einer solchen Steuer können diese Zweifel verringern
(Umit/Schaffer 2019). Zudem können klare Zielgrö-             Bepreisung
ßen helfen, die wahrgenommene Effektivität und            Der Klimabeitrag wurde in Frankreich in die beste-
Effizienz der Maßnahmen, und damit ihre Akzeptanz         henden Energiesteuern integriert. Dies hat zur Folge,
zu steigern (Steg u. a. 2013).                            dass der Klimabeitrag Haushalte mit niedrigen oder
                                                          mittleren Einkommen stärker belastet als diejenigen
                                                          mit hohen Einkommen. Mit zunehmenden Einkom-
                                                          men muss ein geringerer Anteil des Einkommens als
4    Fallbeispiel: fehlende Akzeptanz                     Steuer an den Staat gezahlt werden. Vor Einführung
     der CO2 -Bepreisung in                               des Klimabeitrags, wurde im Rocard-Bericht 2009
     Frankreich                                           eine anteilige Umverteilung der Steuereinnahmen
                                                          vorgeschlagen, von der insbesondere Haushalte mit
Die Proteste der Gelbwesten im Jahr 2018 wurden           geringem Einkommen profitieren können. Umgesetzt
weltweit als abschreckendes Beispiel für Reaktionen       wurde jedoch lediglich eine Steuerrückerstattung für
auf die Erhöhung der CO2-Bepreisung in Frankreich         Unternehmen.
wahrgenommen. Obwohl neben der Konzipierung der           Insbesondere im Zusammenspiel mit weiteren Re-
CO2-Bepreisung insbesondere die politischen Rah-          formen der Macron-Regierung, wurde Kritik an der
menbedingungen für die Situation in Frankreich aus-

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sozialen Ungerechtigkeit der politischen Maßnahme      Energiesteuern wurden insbesondere die 20 Prozent
laut. Durch die Abschaffung der Vermögenssteuer,       der einkomensschwächsten Haushalte sowie Rent-
die Anpassung der Sozialleistungen und der Alters-     ner*innen stark belastet. Das oberste Prozent der
rente, die Senkung des Mietzuschusses, die Erhöhung    einkommensstärksten Haushalte profitierte dagegen
des allgemeinen Sozialbeitrags sowie der Tabak- und    von den Reformen.

Abbildung 5: Veränderung des verfügbaren Einkommens durch die Reformen 2018-2019 in Frankreich
              (Stand September 2018)

Quelle: Agora Energiewende (2019)
                                                       Spezialkonto für die Energiewende, jedoch fließt der
                                                       weit größere Anteil der Klimabeitragseinnahmen in
4.3 Misstrauen gegenüber
                                                       den Staatshaushalt. Hieraus wurden auch Maßnah-
    politischer Institutionen                          men wie Förderprogramme zur Modernisierung von
                                                       Heizugsanlagen, zinsvergünstigte Kredite für die
Macrons Reformen brachten ihm den Titel „Präsident
                                                       energetische Sanierung von Gebäuden oder Kauf-
der Reichen“ ein. Auch die späteren politischen Maß-
                                                       prämien von Elektro-Pkw bezahlt – von den Gelbwes-
nahmen Macrons als Reaktion auf die Gelbwesten-
                                                       ten wurden diese jedoch nicht als adäquate Ver-
Proteste konnten das verlorene Vertrauen eines
                                                       wendungen der Klimabeitrags-Einnahmen verstan-
Großteils der Bevölkerung nicht wiederherstellen.
                                                       den.
Obwohl versucht wurde, die sozialpolitischen Konse-
quenzen des Klimabeitrags im Nachhinein abzumil-
dern, wurde die umweltpolitische Maßnahme von
weiten Teilen der Bevölkerung rigoros abgelehnt.

4.4 Zweifel an Verwendung der
    Einnahmen
Während der Proteste wurde zudem infrage gestellt,
inwieweit der Klimabeitrag tatsächlich dem Klima-
schutz diene. Behauptungen wurden laut, dass die
Einnahmen zur Sanierung des Staatshaushalts ver-
wendet würden. Aufgrund des Nonaffektationsprin-
zips, wonach Steuereinnahmen keinem speziellen
Verwendungszweck dienen, ist die konkrete Verwen-
dung der Einnahmen durch den Klimabeitrag tatsäch-
lich schwer nachzuverfolgen.
Ein Teil der Einnahmen aus der Energiesteuer auf
Mineralölproduke geht an die französische Finanzie-
rungsagentur für Verkehrsinfrastruktur sowie auf ein

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5     Die Schlüsselrolle der richtigen                     Die Bild-Zeitung lässt bei dieser Darstellung wichtige
                                                           Faktoren außer Acht. Die Kosten eines hohen Fleisch-
      Kommunikation                                        konsums wie hohe Gesundheitskosten, steigende
Die Analyse der Situation in Frankreich anhand der         Trinkwasserpreise, etc. zahlt schon heute die Allge-
vier vorgestellten Akzeptanzfaktoren macht deutlich,       meinheit beispielsweise über Krankenkassen- und
dass bei der Einführung umweltökonomischer Instru-         Rentenbeiträge (FÖS 2018).
mente die soziale Gerechtigkeit der geplanten Maß-         Und auch eine Mehrbelastung einkommensschwa-
nahme sowie politische Transparenz entscheidende           cher Haushalte müsste bei Einführung einer Fleisch-
Rollen spielen.                                            steuer nicht per se folgen. Zwar steigt der Fleischkon-
Um zu verhindern, dass ökonomische Instrumente mit         sum tatsächlich mit sinkendem Einkommen (während
ökologischer Lenkungswirkung auf die Ablehnung der         Männer der unteren Schicht mit 110g Fleisch pro Tag
breiten Bevölkerung treffen, ist daher insbesondere        einen deutlich zu hohen Fleischkonsum aufweisen,
auch eine erfolgreiche politische Kommunikation            fällt er bei Männern der Oberschicht mit 88g/Tag
vor und während des Einführungsprozesses entschei-         deutlich geringer aus (MRI/BML 2008)), jedoch könn-
dend.                                                      te mit den Einnahmen einer Umweltabgabe gezielt
                                                           einkommensschwache Haushalte, Familien, Rentner
                                                           oder Unternehmen unterstützt werden. Zum Beispiel,
5.1    Folgen mangelnder                                   in dem in Schulen ein kostenloses oder kostengünsti-
       Kommunikation bei                                   ges Mittagsessen für Kinder aus sozialschwachen
                                                           Familien finanziert wird. Wird das ökonomische In-
       ökonomischen Instrumenten                           strument als Steuer konzipiert, ist eine Umverteilung
Oftmals werden umweltökonomische Instrumente               nicht ganz so direkt möglich, jedoch können die ge-
automatisch mit Befürchtungen der übermäßigen              stiegenen Steuereinnahmen ebenfalls dafür genutzt
Kostenbelastung oder sozialen Ungerechtigkeiten            werden, um damit andere soziale Maßnahmen zu
verknüpft. Am Beispiel der CO2-Bepreisung zeigte           finanzieren. Zum Beispiel, in dem der im ALG II ange-
sich in vielen Fällen, dass es Regierungen schwerfällt,    setzte Betrag für Lebensmittel der Verteuerung von
die Vorteile dieses umweltpolitischen Instruments zu       Fleischprodukten angepasst wird.
vermitteln. Häufig gelingt es nicht zu erklären, dass      Damit sich pauschale Äußerungen wie die der Bild-
CO2-Steuern nicht darauf abzielen, Steueraufkom-           Zeitung nicht in den Köpfen der Bevölkerung festset-
men zu generieren, sondern eine ökologische Len-           zen, ist eine proaktive Kommunikationspolitik zur
kungswirkung zu entfalten. Werden der Sinn und             Unterstützung umweltpolitischer Instrumente zwin-
Zweck ökonomischer Instrumente nicht ausreichend           gend nötig. Es ist wichtig die Notwendigkeit und Wirk-
kommuniziert, können Konsument*innen nicht nach-           samkeit einer politischen Maßnahme zu erläutern und
vollziehen, welches umwelt- oder klimaschädliche           den Betroffenen die Möglichkeit zu bieten, sich sach-
Verhalten damit adressiert werden soll. In Norwegen        lich mit einem Thema auseinander zu setzen, Kritik zu
und British Columbia zweifelten Bürger*innen bei-          formulieren, an der Kompromissfindung mitzuwirken
spielsweise an der Sinnhaftigkeit der geplanten Steuer,    und populistische Thesen als solche zu erkennen.
da die Steuereinnahmen wieder an die Bürger*innen
zurückgegeben würden (Fay u. a. 2015; Kallbek-
ken/Aasen 2010).                                           5.2 Wichtige Faktoren einer
Eine mangelnde Kommunikation über die Ausgestal-               erfolgreichen Kommunikation
tung und Wirksamkeit eines geplanten Instruments
                                                           Um politische Ziele, Entscheidungen, Instrumente
ermöglicht den Freiraum für Falschinformationen
                                                           und Maßnahmen erfolgreich zu kommunizieren, emp-
oder emotional aufgeladene Argumentation fernab
                                                           fiehlt es sich eine Kommunikationsstrategie zu entwi-
der Fakten. So schrieb die Bild-Zeitung beispielsweise
                                                           ckeln. Hierbei sind insbesondere die folgenden Punk-
über den Vorschlag einer Fleischsteuer:
                                                           te ausschlaggebend:
„Absurde Fleischsteuer:
Das Umweltbundesamt schlägt vor, Rindfleisch künf-
tig mit 19 Prozent - statt wie bisher mit 7 Prozent - zu     Schaffung eines Narrativs
besteuern. Begründung, zu viel Treibhausgase, die
durch die Fleischproduktion verursacht werden. Der
Vorschlag ist an Ignoranz nicht zu überbieten! Eine          Einprägsame und einheitliche Semantik
Klimaabgabe würde Fleisch verteuern – und damit
gerade Menschen mit kleinem Geldbeutel hart tref-
fen. Das Gegenteil guter Sozialpolitik“ (Bild.de (2017))     Ausbau von Kommunikationsstrukturen

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Schaffung eines Narrativs:                                 Emissionen verursachen, sollten auch für die Folgen
Die Ziele der Klima- und Umweltpolitik sind komplex,       der Emissionen aufkommen.
die Erklärungen häufig wissenschaftlich und für Laien      2. Sinnhaftigkeit
kaum nachvollziehbar und die Folgen der heutigen           Ein CO2-Preis ist ein sinnvolles Instrument. Umwelt-
Umweltverschmutzung und Emissionen sind z.T. erst          freundliches Verhalten wird ökonomisch belohnt,
in vielen Jahren spürbar. Dies führt dazu, dass viele      umweltschädliches Verhalten dagegen bestraft. Hier-
Menschen heute noch keinen akuten Handlungs-               durch werden Anreize für Investitionen in erneuerbare
druck empfinden oder sogar den anthropogenen               Energien gesetzt.
Klimawandel an sich anzweifeln. Um die Menschen
                                                           3. Wandel hin zu erneuerbaren Energien
heute schon davon zu überzeugen Maßnahmen zu
ergreifen, deren Wirkung sich teilweise erst in ferner     Weltweit findet ein Wandel hin zu eneuerbaren Ener-
Zukunft entfalten wird, bedarf es eines Narrativs:         gien statt. Die Einführung eines CO2-Preises unter-
                                                           stützt dieseTransformation.
„Als sprachliche Sequenz schaffen Narrative plausible
und kohärente Erzählungen über komplexe Phäno-             Jene Narrative können insbesondere dazu verwendet
mene. Sie bringen zahlreiche sprachliche Elemente          werden, um sowohl die zur Akzeptanz der Öffentlich-
(zum Beispiel Ideen, Argumente, Metaphern) auf eine        keit notwendigen Gerechtigkeitsaspekte (Akzeptanz-
Weise zusammen, so dass diese in Bezug zueinander          faktoren 2 und 3) als auch die Relevanz und den zu
Konsistenz erhalten und Kommunikation ermögli-             erwartenden Erfolg der geplanten Maßnahme (Ak-
chen. Narrative machen komplexe Situationen und            zeptanzfaktor 4) zu verdeutlichen.
Prozesse, die in einer Umgebung widersprüchlicher
Werte auftreten, verständlich“ (Espinosa u. a. 2017).      Einprägsame und einheitliche Semantik:
Das heißt, es muss eine Erzählung entwickelt werden,       Auch die Semantik beeinflusst, wie eine politische
die das „große Ganze“ darstellt, die den Blick über den    Maßnahme innerhalb der Bevölkerung wahrgenom-
eigenen Tellerrand und den eigenen Zeithorizont            men wird. So schreibt Haß-Zumkehr (1997), dass die
hinaus erlaubt und gleichzeitig innerhalb der breiten      Sprache die Wahrnehmung der Realität zwar nicht
Bevölkerung Interesse weckt. Persönliche Betrof-           vorschreibe, aber die übernommene Sprache unserer
fenheit und Identifikation mit bestimmten Themen           Wahrnehmung doch eine bestimmte Perspektive
sowie eine mediale Präsenz ist für das Interesse der       verleiht. Und der genutzte Wortschatz spiegelt zum
Adressat*innen ausschlaggebend (Janßen/Schäfer             einen häufig bereits die Einstellung des Sprechenden
2018).                                                     gegenüber einem Thema wieder und kann die Einstel-
Laut Espinosa u. a. (2017) sind insbesondere sechs         lung des Zuhörenden beeinflussen.
Faktoren für den Erfolg von Narrativen in der Um-          Auch Busse (2000) betont die Macht der Sprache,
weltpolitik wichtig:                                       durch die die Wirklichkeit gedeutet wird. Somit ist die
1.   Legitimität und Glaubwürdigkeit der kommunizie-       Dominanz über die Deutung eines Begriffs auch die
      renden Akteure                                       Dominanz über die Deutung der Wirklichkeit. Und wer
2. Anschlussfähigkeit an Ideen, Konzepten und Ka-          um die gesellschaftliche Zustimmung wirbt, der muss
    tegorisierung eines dominanten Diskurses sowie         die eigene Semantik mit der gesellschaftlich domi-
    an die kulturell geprägte Voreinstellung der Ziel-     nanten Sprech- und Denkweise kompatibel machen
    gruppe                                                 und emotional positiv besetzte Begriffe für das eigene
                                                           Anliegen etablieren.
3. Offenheit und Mehrdeutigkeit
                                                           Gegner*innen von Umweltschutzmaßnahmen und
4. Historische und situative Einbettung
                                                           ökonomischen Instrumenten gelingt es häufig, diese
5. Kommunizierbarkeit durch konsistente und kohä-          mit einprägsamen, negativen Begriffen zu belegen. So
    rente Narrativstrukturen                               kritisierten beispielsweise Gegner*innen den Vor-
6. Verständlichkeit                                        schlag einmal in der Woche in öffentlichen Kantinen
                                                           kein Fleisch anzubieten (der sogenannte Veggie-Day)
                                                           als „Gesinnungsterror“ (Süddeutsche Zeitung 2013).
Ein Leitfaden zur Kommunikation eines CO2-Preises
der Weltbank (World Bank 2018) stellt drei verschie-       Aufgabe der Befürworter*innen ist es, positive Äqui-
dene Narrative vor, welche in unterschiedlichen Län-       valente dazu zu etablieren. So könnte statt von einem
dern und Zielgruppen zur Akzeptanz eines CO2-              „Kohleausstieg“ von „sauberer Energie“ gesprochen
Preises beigetragen haben:                                 werden, statt von einer „Ökosteuer“ von einer „Ver-
                                                           schmutzungsabgabe“ (Zieschank/Ronzheimer 2017).
1.   Fairness
                                                           Durch dieses positive Framing kann die Legitimität
Der CO2-Preis ist ein faires Instrument, um klimapoliti-   einer Maßnahme hervorgehoben werden, um aufzu-
sche Verantwortung zu teilen. Diejenigen, die hohe         zeigen, dass sie nicht nur eine Einschränkung für die

Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. • Green Budget Germany
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