Wie unser Gehirn das Rechnen lernt und welche Rolle dabei die Raumvorstellung spielt - HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß - mug Graz

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Wie unser Gehirn das Rechnen lernt und welche Rolle dabei die Raumvorstellung spielt - HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß - mug Graz
Wie unser Gehirn das Rechnen lernt
    und welche Rolle dabei die
      Raumvorstellung spielt

           HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß
         Hochschulprofessor für Mathematikdidaktik
            Pädagogische Hochschule Steiermark
         Institut für Elementar- und Primarpädagogik
Wie unser Gehirn das Rechnen lernt und welche Rolle dabei die Raumvorstellung spielt - HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß - mug Graz
Warum Zahlenverständnis wichtig ist
-   Lesen der Uhr
-   Bezahlen mit Geld und Online-Banking (IBAN)
-   Hausnummern finden
-   Bahnsteig finden
-   Lotto spielen
-   Nutzung von Smartphones (Telefonnummern, …)
-   Angebote vergleichen, etc.
Wie unser Gehirn das Rechnen lernt und welche Rolle dabei die Raumvorstellung spielt - HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß - mug Graz
Relevanz des Faches Mathematik
Mathematische     Kompetenzen      werden      durch    die    zunehmende
Technologisierung und Digitalisierung und damit zur Aufrechterhaltung
unseres Wohlstands (Wirtschaftsstandort, Export,…) immer wichtiger.
Wie unser Gehirn das Rechnen lernt und welche Rolle dabei die Raumvorstellung spielt - HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß - mug Graz
Ein Beispiel für Förderung von MINT-Fächern
Wie unser Gehirn das Rechnen lernt und welche Rolle dabei die Raumvorstellung spielt - HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß - mug Graz
Was sich steirische Betriebe wünschen…

                              Quelle: Steirische Volkswirtschaftliche Gesellschaft
Wie unser Gehirn das Rechnen lernt und welche Rolle dabei die Raumvorstellung spielt - HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß - mug Graz
IST-Stand in Österreich…

       22% RisikoschülerInnen in Mathematik (PISA, 2015)
                  Jedes Kind ist eines zu viel.
→ Probleme im Alltag → sekundäre emotionale Störungen
→ Volkswirtschaftliche Auswirkungen
Wie unser Gehirn das Rechnen lernt und welche Rolle dabei die Raumvorstellung spielt - HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß - mug Graz
Inhalt des Vortrags
Wie unser Gehirn das Rechnen lernt und welche Rolle dabei die Raumvorstellung spielt - HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß - mug Graz
Wie sieht man ins Gehirn?
Wie unser Gehirn das Rechnen lernt und welche Rolle dabei die Raumvorstellung spielt - HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß - mug Graz
Neuronales Netzwerk der Zahlenverarbeitung
Wie unser Gehirn das Rechnen lernt und welche Rolle dabei die Raumvorstellung spielt - HS-Prof. Dr. Karl-Heinz Graß - mug Graz
Ist rechnen ohne Zahlwörter möglich?
Neuronales Netzwerk der Zahlenverarbeitung
Kleine Mengen vs. große Mengen werden in
unterschiedlichen Gehirnarealen verarbeitet
Kleine Mengen vs. große Mengen
Neuronales Netzwerk der Zahlenverarbeitung
Typische Entwicklung
Triple-Code-Modell
Neuroanatomisches Rechenmodell (Dehaene, 1992)
Neuroanatomisches Entwicklungsmodell
         (Von Aster & Shalev, 2007)
Schwierigkeiten im Umgang mit Zahlen
Rechenstörung - Hirnfunktion
Rechenstörung - Hirnaktivität
Faserverbindungen – Autobahnen im Gehirn
Faserverbindungen bei Rechenstörung
Inhalt des Vortrags
Raumvorstellung und Zahlen??
Raumvorstellung

             Franke & Reinhold (2016, S. 117)
Entwicklung der Raumvorstellung
Aufbau der Zahlenrepräsentationen – räumlich?
Zahlen im Raum - Mentaler Zahlenstrahl

Semantische (Zahlen-)Größenrepräsentation – mentaler Zahlenstrahl

Mentaler Zahlenstrahl basiert auf 3 Befunden:

    – Distanzeffekt
    – SNARC-Effekt (spatial-numerical-association of response codes)
    – Attention Bias Effect
Distanzeffekt und SNARC-Effekt
Attention Bias Effect
Zahlen im Raum – Mentaler Zahlenstrahl
Zusammenhänge zwischen Raumvorstellung &
                       Rechnen
3 wissenschaftliche Erklärungsansätze:
1.   Räumliche Enkodierung von Zahlen „mental number line“
     (z.B. Hubbard, Piazza, Pinel & Dehaene, 2005; Van Dijck, Ginsburg, Girelli & Gevers, 2015)

2.   Neuroanatomische Nähe                      (z.B. Cutini, Scarpa, Scatturin, Dell’Acqua, & Zorzi, 2012; Göbel, Calabria, Farnè,
     & Rossetti, 2006; Goffaux, Martin, Dormal, Goebel, & Schiltz, 2012; Ranzini, Dehaene, Piazza, & Hubbard, 2009; Kucian et al.
     2018)

3.   Visuell-räumlicher Arbeitsspeicher                        (z.B. Holmes, Adams, & Hamilton, 2008; Nath & Szücs, 2014;
     Szucs, Devine, Soltesz, Nobes, & Gabriel, 2013; Bergman-Nutley, & Klingberg, 2014)
Erklärungsansatz 1
                      Mentaler Zahlenstrahl
       Konstrukt des mentalen Zahlenstrahls besagt:
In der mentalen Vorstellung liegen Zahlen analog (linear) und
    räumlich von links nach rechts angeordnet auf einem
                        Zahlenstrahl.
           (Dehaene et al., 1993; Hoffmann, Mussolin, Martin, & Schiltz, 2014; Nuerk, Wood, & Willmes, 2005)

• Diese analoge Repräsentation ermöglicht:
   – Zahlenvergleich
   – Überschlagsrechnen und Schätzen
Erklärungsansatz 2
                  ATOM-Hypothese (Walsh 2003)

 Parietallappen ist nicht zahlenspezifisch, Zahlenverarbeitung ist nur ein
            Aspekt einer umfassenden Größenrepräsentation.
Dazu gehören neben numerischen Größen, räumliche und zeitliche Größen.

 Neuroanatomische Nähe allein reicht allerdings nicht aus um auch eine
               funktionale Assoziation nachzuweisen!!
   Weitere Forschungsarbeiten insbesondere bei Kindern notwendig!
Erklärungsansatz 2

             Roggenmann et al. (2011)
Erklärungsansatz 3
Inhalt des Vortrags
Aktuelle Diskussion der fachdidaktischen Community

     Gedankliche Konstrukte versus mentale Repräsentationen

   ℕ         versus

     Beziehung kann als Strukturgleichheit (Isomorphie) bezeichnet
                     werden (Griesel et al. 2019).
Aktuelle Diskussion der fachdidaktischen Community

  Gedankliche Konstrukte versus mentale Repräsentationen

 Wichtig: Enge Beziehung (Relation) zwischen gedanklichem Konstrukt und
                        mentaler Repräsentation

     Aufgabe der Mathematikdidaktik: Diese Relationen definieren!
         Bsp.:            ℕ        R     „mental number line“
      (Nachfolgerbeziehung, Existenz der Null also Peano Axiome)
Aktuelle Diskussion der fachdidaktischen Community

Mengenvorstellung = Zwischenräume zwischen Zahlpunkten
Abstand zweier natürlicher Zahlen = Anzahl der Zwischenräume

Zwischen Nachbarzahlen gibt es genau einen Zwischenraum
    Das ist auch die Grundvorstellung, die mit dem Begriff Nachbarzahlen zu
                                 verbinden ist.
                                                              (Griesel et al., 2019, S. 127)
Aktuelle Diskussion der fachdidaktischen Community

                       Frage die sich aufdrängt:
   Passt das Material (wenn überhaupt eines verwendet wird) zur mentalen
                         Repräsentation der SuS??

Bsp.:
Ist die Hundertertafel als mentale Repräsentation natürlicher Zahlen hilfreich??

Das muss empirisch entschieden werden und ist Aufgabe der
Mathematikdidaktik.
Aktuelle Diskussion der fachdidaktischen Community

          Gedankliche Konstrukte versus mentale Repräsentationen
                      Strukturgleichheit (Isomorphie)

                              Zusammenfassung:
      Mentale Repräsentationen und mathematische Objekte (ℕ, Dreiecke,
Zahlenfolgen, Brüche,…) sind Relationsgebilde zwischen denen Strukturgleichheit
                                bestehen muss.
           Ansonsten handelt es sich um keine Grundvorstellungen!!

                                                              (Griesel et al., 2019, S. 127)
Aktuelle Diskussion der fachdidaktischen Community

Als LehrerIn muss darauf geachtet werden, dass ausnahmslos korrekte mentale
          Repräsentationen (Grundvorstellungen) vermittelt werden.

                Ansonst: Ausbildung von Fehlvorstellungen!
Aktuelle Diskussion der fachdidaktischen Community

              Ableitungen für den Unterricht (Sek I + II):
     Zeichnungen als methodisches Hilfsmittel zum Aufbau mentaler
                          Repräsentationen.

            Z. B.: SuS selbst Zeichnungen anfertigen lassen.

 Z. B.: Zahlenstrahl bei Bruchzahlen, Zahlengerade bei negativen Zahlen
    Grundvorstellungen (hier mental number line) werden nur in einem
            eigenständigen Akt generiert (Piaget und Bruner).
Aktuelle Diskussion der fachdidaktischen Community

         Ableitungen für den Unterricht (Primar + Sek I):
Aktuelle Diskussion der fachdidaktischen Community

                                         Ableitungen:

Grundvorstellungen sind mentale Repräsentationen mathematischer Objekte
                        (gedanklicher Konstrukte).

Das Grundvorstellungskonzept verbindet also die Ergebnisse der Neuro- und
         Kognitionswissenschaften mit der Mathematikdidaktik.
 Diese aktuelle Diskussion ist von großer Bedeutung um die neuro- und kognitionswissenschaftlichen
                          Ergebnisse ins Klassenzimmer zu transportieren.
                                                                                (Griesel et al. 2019, S. 128)
Praxistransfer: Grundvorstellungen (von Zahlen) durch
            räumliche/geometrische Objekte aufbauen
Ein moderner Mathematikunterricht verbindet Arithmetik und Geometrie...

✓ Arithmetische Sachverhalte werden mit geometrischen Aktivitäten
  verdeutlicht. (z.B. die Summe zweier gerader Zahlen ist stets gerade)
✓ Geometrische Sachverhalte sind Anlass für arithmetische
  Fragestellungen (z.B. Multiplikationsblumen)
✓ Arithmetisches Erarbeitungsmaterial ist räumlich, erzeugt
  Grundvorstellungen für Zahlen, Zahlbeziehungen, Operationen und
  Stellenwertsystem.
Beispiele Sekundarstufe (Eichler, 2013)
Beispiele Sekundarstufe (Eichler, 2013)
Beispiele Sekundarstufe (Eichler, 2013)
Beispiele Sekundarstufe (Eichler, 2013)
Beispiele Primarstufe
Beispiele Größenvorstellungen
Zusammenfassung (Teil I + II)
•   Mathematische Grundfertigkeiten sind im täglichen Leben notwendig.
•   Mathematik ist die Schlüsseldisziplin der Digitalisierung und
    Technologisierung uvm.
•   Wissen über unterschiedliche Zahlenrepräsentationen (Triple-Code-
    Modell).
•   Kompetentes Rechnen beruht auf vielen kognitiven Teilleistungen
    (Arbeitsgedächtnis, visuell-räumliche Verarbeitung,…)
•   Unterschiedliche neuronale Netzwerke liegen diesen Teilleistungen
    zugrunde.
•   Assoziationen zwischen Raumvorstellung und Zahlenverarbeitung
Zusammenfassung (Teil III)
•   Diskussion in der fachdidaktischen Community: Grundvorstellungen =
    mentale Repräsentationen zu gedanklichen Konstrukten
•   Grundvorstellungskonzept verbindet Fachdidaktik mit Neuro- und
    Kognitionswissenschaften (Bsp. mental number line)
•   Materialgebundene Handlungen (bzw. später Visualisierungen) sind
    notwendig um mentale Repräsentationen (Grundvorstellungen)
    aufzubauen.
•   4-Phasenmodell und Zeichnungen/Visualisierungen zum Aufbau mentaler
    Repräsentationen (Grundvorstellungen)
Φ-LEN DANK FÜR IHRE
AUFMERKSAMKEIT!
Pädagogische Hochschule Steiermark
Hasnerplatz 12, 8010 Graz, Austria
Mail: karl1.grass@phst.at
Telefon: +43 (0)316/8067 - 6115
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