WIE WEITER MIT DER RENTE? - MODELL ÖSTERREICH - LEISTUNGSFÄHIGE RENTENVERSICHERUNG FÜR ALLE GENERATIONEN
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WIE WEITER MIT DER RENTE? MODELL ÖSTERREICH – LEISTUNGSFÄHIGE RENTENVERSICHERUNG FÜR ALLE GENERATIONEN AK WIEN I JOSEF WÖSS I 27.4.2017
ÜBERBLICK 1. Rentensystem in Österreich 2. Vergleich Österreich – Deutschland 3. Arbeitsmarkt als zentrale Stellschraube zur Bewältigung des demographischen Wandels
ALTERSSICHERUNG IN ÖSTERREICH - ÜBERBLICK Anteil an Typus Erfassungsgrad Rentenzahlungen* * (2010) Öffentliche - Gesetzliche (fast*) alle Renten Rentenversicherung Erwerbstätigen 90 % (GRV) - Beamtenversorgung Betriebsrenten - (vor allem) ca 30 % der AN Pensionsfonds 4% („Pensionskassen“) Privatrenten vor allem: keine verlässlichen - Lebensversicherung Daten 6% - „prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge * Ausnahmen: geringfügig Beschäftigte und bestimmte freie Berufe ** Url Thomas/Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (2012)
ALTERSSICHERUNG ÖSTERREICH GRV – LEISTUNGSARTEN / RENTENALTER Regelaltersrente (Dauerrecht*): ab 65 Vorzeitige Altersrenten (Dauerrecht*) - Korridorrente: ab 62 (40 Versicherungsjahre) - Schwerarbeitsrente: ab 60 (45 Versicherungsjahre / 10 Jahre Schwerarbeit) „Ausgleichszulage“ zu Niedrigrenten (Einkommensanrechnung) - Aufstockung auf € 889,84 für Singles (€ 1.000 falls mind. 30 Versicherungsjahre) - Aufstockung auf € 1.334,17 für Paare (Werte 2017) * Für Frauen gelten dzt günstigere Übergangsregelungen
ALTERSSICHERUNG IN ÖSTERREICH GRV – LEISTUNGSZIEL / RENTENBERECHNUNG Leistungsziel 80/45/65 (dh 80 % Bruttoersatz nach 45 Beitragsjahren und Rentenantritt zum Alter 65) Rentenformel Anwartschaftserwerb/Jahr: 1,78 % vom Jahresbruttolohn jährl Anpassung erworbener Anwartschaften: mit Entwicklung der durchschnittlichen Beitragsgrundlagen jährl Anpassung laufender Renten: mit Inflationsrate Abschläge / Zuschläge Rentenantritt vor Regelalter: - 5,1 % p.a. (- 4,2 %*) Rentenantritt nach Regelalter (bis 68): + 4,2 % p.a. Abschlag bei Schwerarbeitsrente: - 1,8 % p.a. * Der niedrigere Abschlag kommt als Übergangsregelung zur Anwendung für Personen mit zumindest 45 Versicherungsjahren.
ALTERSSICHERUNG ÖSTERREICH GRV - HÖHE DER ALTERSRENTEN OHNE ZWISCHENSTAATL TEILLEISTUNGEN NEURENTEN 2015 Männer Frauen 25% 50% 75% 25% 50% 75% bekommen pro Monat weniger als … Euro brutto (14 x) Arbeiter 1.339 1.739 2.095 584 845 1.120 Angestellte 2.049 2.668 3.109 851 1.261 1.797 Werte inkl Ausgleichszulagen Quelle: Hauptverband der öst.SV-Träger: Statistisches Handbuch der öst. SV 2016
ALTERSSICHERUNG ÖSTERREICH GRV - FINANZIERUNG Beitragssatz GRV 22,8 % (seit 1988 unverändert) (Unselbständige) 12,55 % AG-Beitrag 10,25 % AN-Beitrag Beitragsbemessungsgrenze € 4.980 / Monat (2017) („Höchstbeitragsgrundlage“) € 69.720 / Jahr (4.980 x 14)* Bund ist gesetzlich verpflichtet, die Differenz zwischen (Beitrags)Einnahmen und Ausgaben zu zahlen Bundesbeitrag Ausfallshaftung Ausfallshaftung: 21,9 % des Rentenaufwands (2015) Bund ersetzt der PV den Aufwand für Ausgleichszulagen * In Österreich erhalten fast alle AN 2 zusätzliche Monatslöhne pro Jahr (Urlaubs-/Weihnachtsgeld). Von den „Sonderzahlungen“ sind ebenfalls SV-Beiträge zu zahlen.
ALTERSSICHERUNG ÖSTERREICH RENTENREFORMEN I ANPASSUNG AN DEMOGRAPHISCHEN WANDEL Bemessungsgrundlage: 15 beste Jahre Lebensdurchrechnung (mit besserer Aufwertung – Anbindung an Entwicklung der Beitragsgrundlagen) Rentengutschrift/Jahr: 2 % (max 80 %) 1,78 % Erhöhung der Abschläge bzw. Zuschläge bei früherem / späterem Rentenantritt Erschwerter Zugang zu vorzeitigen Altersrenten Abschaffung Rente bei AL etc. / Anhebung der Altersgrenzen / Anhebung der erforderlichen Versicherungsjahre Erschwerter Zugang zu Invaliditätsrenten Rehab vor Rente etc
ALTERSSICHERUNG ÖSTERREICH RENTENREFORMEN II ANPASSUNG AN DEMOGRAPHISCHEN WANDEL Rentenanpassung – Umstellung auf Verbraucherpreisindex (reduzierte Anpassung in einzelnen Jahren insb. für höhere Renten) Erhöhung der Transparenz: Einführung individueller „Pensionskonten“ (Übertragung aller „Alt-Anwartschaften“) – jährliche Gutschrift von 1,78 % der jeweiligen Bemessungsgrundlage Angleichung Regelrentenalter der Frauen: 60 65 (Übergangsjahrgänge: 1964 – 1968) Angleichung Beamtenpensionsrecht an Leistungsrecht der GRV (volle Wirkung für neueintretende Beamte ab 2005)
ALTERSSICHERUNG ÖSTERREICH GRV - AUSGABEN / FINANZIERUNG 1985 - 2015 BIP Ausgaben Ausgaben Bundesmittel Beitragssätze PV* PV* PV** (Unselbständige in Mrd € in Mrd € in % des BIP in % des BIP AG+AN) 1985 99 10,8 10,8 % 3,0 % 22,7 % 1990 136 14,3 10,5 % 2,7 % 22,8 % 1995 176 18,4 10,4 % 2,6 % 22,8 % 2000 213 22,3 10,5 % 2,3 % 22,8 % 2005 253 26,2 10,4 % 2,6 % 22,8 % 2010 294 33,0 11,2 % 3,0 % 22,8 % 2015 337 39,5 11,6 % 2,9 % 22,8 % *inkl Ausgleichszulage; ** inkl Ausgleichszulage, „Partnerleistung“, Bundesbeiträge für Teilversicherungszeiten Quelle: Pensionskommission (2015); Handbuch der öst SV 2015; korrigierte BIP-Werte (Statat/WIFO 2015); 2015: vorläufige Werte
ALTERSSICHERUNG ÖSTERREICH ÖFFENTLICHER RENTENAUFWAND - AUSBLICK VORAUSSCHÄTZUNG 2010 – 2060 (EU-AGEING-REPORT 2015) Ausgaben Ausgaben Ausgaben Altersgruppe 65+ gesetzliche PV Beamtenpensionen gesamt in % der in % des BIP Gesamtbevölkerung 2013 10,4 3,5 13,9 18,2 2020 10,6 3,3 13,9 19,5 2030 11,6 2,8 14,4 23,5 2040 12,8 1,9 14,7 26,4 2050 13,5 1,1 14,6 27,4 2060 13,5 0,9 14,4 28,9 Quellen: EU-Kommission (Ageing Report 2015); BMF/BMASK
ALTERSSICHERUNG ÖSTERREICH ÖFFENTLICHER RENTENAUFWAND - AUSBLICK GRAFIK 30,0% 25,0% % des BIP 20,0% Pensionsaufwand Beamte 15,0% Pensionsaufwand PV 65+ in % der Gesamtbevölkerung 10,0% 5,0% 0,0% 2013 2015 2017 2019 2021 2023 2025 2027 2029 2031 2033 2035 2037 2039 2041 2043 2045 2047 2049 2051 2053 2055 2057 2059 Quelle: Europäische Kommission 2015, BMF 2015 ; eigene Grafik
ÖGB/AK POSITION Jede Form einer guten Alterssicherung kostet viel Geld gesetzliche Systeme sind kostengünstiger als private (keine Vertriebskosten, niedrigere Verwaltungskosten, keine Gewinnverrechnung, etc) Jede Form der Alterssicherung ist Risiken ausgesetzt die Risiken gesetzlicher umlagefinanzierter Systeme sind in Summe geringer als die Risiken bei „Kapitaldeckung“ Hochwertige Alterssicherung erfordert sozialen Ausgleich die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten, von Arbeitslosigkeit etc gibt es nur in gesetzlichen Systemen FAZIT: WIR BRAUCHEN AUCH FÜR DIE HEUTE JÜNGEREN EIN STARKES GESETZLICHES RENTENSYSTEM
2. VERGLEICH ÖSTERREICH - DEUTSCHLAND
ÖSTERREICH - DEUTSCHLAND REFORMWEGE Österreich: Umfassende Reformen, aber Beibehaltung des Ziels der Lebensstandardsicherung im gesetzlichen System (Zielformel: 80/45/65) Deutschland: Umfassende Reformen mit gezielter Teilverlagerung zu Betriebs- und Privatrenten (Lebensstandardsicherung soll in Zukunft im Zusammenwirken von 1./2./3. „Säule“ erreichbar sein)
ÖSTERREICH - DEUTSCHLAND ZENTRALE UNTERSCHIEDE I Österreich setzt auch für die heute Jüngeren auf eine starke umlagefinanzierte „1. Säule“ (keine Verlagerung zu kapitalbasierten Renten) Das Leistungsniveau der GRV ist in Österreich wesentlich höher als in Deutschland Die Mindestsicherung im Alter ist in Österreich in die GRV integriert („Ausgleichszulage“ finanziert aus Bundesmitteln) Der Versichertenkreis der GRV ist in Österreich wesentlich breiter als in Deutschland - Erwerbstätigenversicherung
ÖSTERREICH - DEUTSCHLAND ZENTRALE UNTERSCHIEDE II Finanzierung GRV: - in Österreich gibt es höhere Beitragssätze (22,8 %) - „Ausfallshaftung des Bundes“: in Österreich ist gesetzlich geregelt, dass die Differenz zwischen Beitragseinnahmen und Ausgaben aus dem Bundesbudget zu begleichen ist Die Beamtenversorgung wurde in Österreich in den Reformprozess einbezogen (Angleichung des Leistungsrechts) Betriebsrenten: Der Erfassungsgrad ist in Österreich deutlich niedriger als in Deutschland (ca 30 %) / gesetzliche Vorgabe: mindestens 50 % des Beitrags durch Arbeitgeber
ÖSTERREICH - DEUTSCHLAND RENTENHÖHEN 2013 2600 2400 ÖSTERREICH DEUTSCHLAND 2200 2000 € 1.820 1800 1600 1400 € 1.220 1200 € 1.050 1000 800 € 590 600 400 200 Männer Frauen Männer Frauen 0 Quelle: Blank et al: Österreichs Alterssicherung: Vorbild für Deutschland?, Wirtschaftsdienst 4/2016; eigene Grafik
ÖSTERREICH - DEUTSCHLAND (THEORETISCHE) ERSATZRATEN FÜR JÜNGERE 100 ÖSTERREICH DEUTSCHLAND 90 78.1% 80 70 60 Gesetzliche Pension 50 Betriebspension 37.5% 40 30 20 12.5% 10 0 Zentrale Annahmen: Arbeitsbeginn 2014 in Alter 20; durchgehende Erwerbstätigkeit bis 65; konstanter Verdienst jeweils in Höhe des Durchschnittsverdiensts Quelle: OECD: Pensions at a Glance 2015; eigene Grafik
MAKROÖKONOMISCHE ENTWICKLUNG Zentrale Erkenntnis: Trotz starker öffentlicher Rentenversicherung ist Österreich ist volkswirtschaftlich nicht schlechter gefahren als Deutschland! Quelle: Blank et al: Alterssicherung in Deutschland und Österreich: Vom Nachbarn lernen? WSI-Report Nr 27/2016
3. Arbeitsmarkt als zentrale Stellschraube zur Bewältigung des demographischen Wandels
FEHLER AUS VERSEHEN? VERWECHSLUNG / GLEICHSETZUNG VON DEMOGRAPHISCHER UND ÖKONOMISCHER „ABHÄNGIGKEITSQUOTE“ “Erwartet wird, dass sich die Zahl der Rentner in Europa bis 2060 relativ zur Zahl der Beitragszahler verdoppeln wird – diese Situation ist unhaltbar” (EU-Kommission, Vorstellung des Grünbuchs zu den Pensionen am 7/7/2010) “Die Zahl der Menschen im Alter 65+ in Relation zur Zahl der Menschen im Erwerbsalter wird sich verdoppeln von 25,4 % (2008) auf 53,5 % (2060) … 2008 standen jedem Rentner vier Erwerbstätige gegenüber. 2060 wird es pro Rentner werden es nur mehr zwei Erwerbstätige geben.” (EU-Parlament, Bericht vom 4/2/2011 zum Grünbuch zu den Pensionen)
FEHLER AUS VERSEHEN?
RÜRUP-BERICHT – FEHLER AUS VERSEHEN? GLEICHSETZUNG DEMOGRAPHISCHE/ÖKONOMISCHE „ABHÄNGIGKEIT“ HIOBSBOTSCHAFT: 2030 ENTFÄLLT 1 RENTNER AUF 2,2 VERSICHERTE! – WIE IST DAS HEUTE ???
AK-ABHÄNGIGKEITSQUOTEN-RECHNER DEMOGRAPHISCHER WANDEL 2010-2050 (EU-27) 2010 (EU-27) 2050 (EU-27) Demographische Abhängigkeitsquote: 26 % Demographische Abhängigkeitsquote: 50 % d_DR = Demographische Abhängigkeitsquote: Altersgruppe 65+ relativ zu 15-64 Quelle: AK-Wien / Abhängigkeitsquoten-Rechner (Daten: Eurostat, europop 2010)
AK-ABHÄNGIGKEITSQUOTEN-RECHNER DEMOGRAPHISCHE / ÖKONOMISCHE „ABHÄNGIGKEIT“ (EU-27 / LABOUR FORCE SURVEY INKL. MINIJOBS) 2010 2010 Demographische Abhängigkeitsquote: 26 % Demographische Abhängigkeitsquote: 26% Ökonomische Abhängigkeitsquote : 65 % Beschäftigungsquote (20-64): 68.6 % d_DR = Demographische Abhängigkeitsquote ……….Bevölkerung im Alter 65+ relativ zu 15-64 e_DR = Ökonomische Abhängigkeitsquote…………... Arbeitslose und Pensionisten (incl Invalidität) relativ zur Zahl der Erwerbstätigen Erwerbstätige Arbeitslose und Andere – Schüler, Studenten, Pensionisten Hausfrauen/-männer, etc (rechtes Bild) Quelle: AK-Wien, AK-Abhängigkeitsquoten-Rechner (database: Eurostat – europop 2010 / Labour Force Survey 2012; EU-Kommission – Ageing Report 2012; eigene Berechnungen)
ABHÄNGIGKEITSQUOTEN IM VERGLEICH 2010-2050 / EU-27 100 90 Demographische „Abhängigkeit“ + 92% 80 70 60 50 40 30 Ökonomische „Abhängigkeit“ + 23% Standard Szenario 20 + 12% Ökonomische „Abhängigkeit“ 10 High-Employment Szenario 0 2010 2050 Quelle: AK-Wien, Abhängigkeitsquotenrechner (2012)
EU-WEISSBUCH ZU PENSIONEN (2012) VERWEIS AUF AK – ABHÄNGIGKEITSQUOTEN-RECHNER DIE ALTERSSTRUKTUR EINER GESELLSCHAFT ALLEIN SAGT WENIG AUS. VIEL WICHTIGER ALS DEMOGRAPHISCHE SIND ÖKONOMISCHE ABHÄNGIGKEITSQUOTEN „Der springende Punkt ist die wirtschaftliche Abhängigkeitsrate, die wie folgt definiert ist: Arbeitslose und Personen im Ruhestand als Prozentsatz der Erwerbstätigen“ ERFORDERLICH IST EINE STEIGERUNG DER BESCHÄFTIGUNGS- QUOTEN IN ALLEN ALTERSGRUPPEN „… Beschäftigungsquote steigern, und das nicht nur in der Gruppe der Älteren, sondern auch in Gruppen mit geringen Beschäftigungsquoten wie Frauen, Migrantinnen und Migranten sowie junge Menschen“
STRATEGIEN ZUR SICHERUNG DER BALANCE ZWISCHEN ARBEITS- UND PENSIONSJAHREN
„Die Anhebung der Beschäftigungsquoten … ist die wirksamste Strategie, mit der sich Länder auf die Alterung der Bevölkerung vorbereiten können“ (EU-Kommission, Demographie-Bericht 2008)
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