Wilfried Marxer VOLKSABSTIMMUNG "DOPPELTE STAATSBÜRGERSCHAFT" VOM 30. AUGUST 2020
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Wilfried Marxer VOLKSABSTIMMUNG «DOPPELTE STAATSBÜRGERSCHAFT» VOM 30. AUGUST 2020 ERGEBNISSE EINER ONLINEUMFRAGE LI AKTUELL NR. 2/2020
Herausgeber Liechtenstein-Institut www.liechtenstein-institut.li Autor Wilfried Marxer wilfried.marxer@liechtenstein-institut.li Kooperationspartner Onlineumfrage Vaduzer Medienhaus AG doi:10.13091/li-aktuell-2020-2 Mit LI AKTUELL präsentiert das Liechtenstein-Institut möglichst zeitnah Ergebnisse von Untersuchungen und zentrale Inhalte von Vorträgen. Dabei steht die Visualisierung, angereichert mit kurzen Erklärungstexten, im Vordergrund. Für ausführlichere wissenschaftliche Veröffent- lichungen sei auf das weitere Schrifttum der Forschenden verwiesen (Monografien, Zeitschriftenaufsätze, Beiträge in Sammelbänden, Arbeits papiere Liechtenstein-Institut etc.). © Liechtenstein-Institut, Bendern 2020
Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung........................................................................................... 5 Stimmverhalten nach Parteineigung............................................................. 29 Abstimmungshistorie...................................................................................... 6 Stimmverhalten nach Links-Rechts-Selbsteinstufung................................... 30 Abstimmungskommunikation......................................................................... 7 Stimmverhalten nach Zufriedenheit mit der Demokratie............................. 31 Abstimmungsinformation der Regierung........................................................ 8 Stimmverhalten nach Vertrauen in die Regierung........................................ 32 Volksabstimmung: Amtliches Ergebnis.......................................................... 10 Stimmverhalten nach Vertrauen in das Fürstenhaus.................................... 33 Unterschriftensammlungen im Vergleich...................................................... 11 Stimmverhalten nach Vertrauen in verschiedene Institutionen................... 34 Stimmbeteiligung.......................................................................................... 12 Stimmverhalten nach Vertrauen in die Wirtschaft........................................ 35 Stimmbeteiligung nach Geschlecht und Alter............................................... 13 Zusammenfassung: Politische Einstellungen und Stimmentscheid .............. 36 Urnenabstimmung und briefliche Stimmabgabe.......................................... 14 Mediennutzung............................................................................................. 37 Umfrage zur Volksabstimmung..................................................................... 15 Stimmverhalten und Mediennutzung............................................................ 38 Entscheidungszeitpunkt der Abstimmenden................................................ 17 Zusammenfassung: Mediennutzung und Stimmentscheid........................... 39 Hauptsächliche Gründe für Zustimmung zur doppelten Wichtigkeit der Informationskanäle.............................................................. 40 Staatsbürgerschaft........................................................................................ 19 Wichtigkeit der Informationskanäle nach Alter............................................. 41 Hauptsächliche Gründe für Ablehnung der doppelten Beeinflussung durch Empfehlungen zur Abstimmung................................... 42 Staatsbürgerschaft........................................................................................ 20 Zusammenfassung: Wichtigste Faktoren mit Einfluss Ungültige Stimmen........................................................................................ 21 auf den Stimmentscheid............................................................................... 43 Hauptsächliche Gründe für Nichtteilnahme an der Volksabstimmung......... 22 Stimmverhalten nach Geschlecht.................................................................. 23 Stimmverhalten nach Alter............................................................................ 24 Stimmverhalten nach Ausbildung.................................................................. 25 Stimmverhalten nach Anzahl Staatsbürgerschaften...................................... 26 Zusammenfassung: Soziodemografische Merkmale und Stimmentscheid..................................................................................... 27 Stimmverhalten nach politischem Interesse................................................. 28 LI AKTUELL Nr. 2/2020 3 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Abkürzungsverzeichnis BuA Bericht und Antrag der Regierung DpL Demokraten pro Liechtenstein DU Die Unabhängigen FBP Fortschrittliche Bürgerpartei FL Freie Liste LGBl. Landesgesetzblatt sig Signifikanz VU Vaterländische Union LI AKTUELL Nr. 2/2020 4 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Zusammenfassung Die Volksabstimmung über den Landtags- seitigt würde und dass ohnehin bereits viele Selbsteinstufung. Die Ablehnung war bei beschluss zur doppelten Staatsbürgerschaft Liechtensteiner/-innen Doppelbürger/-innen den Anhänger/-innen von DpL und DU am endete bei bei einer hohen Stimmbeteiligung seien. Die Ablehnenden meinten, dass man grössten, während die FL-Anhänger/-innen von 83,5 Prozent mit einer Zustimmung von nur ganz oder gar nicht Liechtensteiner/- mit grosser Mehrheit der Vorlage zustimm- 38,5 Prozent der gültig Abstimmenden. 61,5 in sein könne, mit dem Verzicht ein stärke- ten. Dies korrespondiert mit der deutlichen Prozent lehnten die Vorlage ab, obwohl im rer Integrationsdruck einhergehe, dass die Zustimmung im linken Lager und der klaren Landtag ausser der DpL/Neue Fraktion und Hürden noch höher angesetzt werden soll- Ablehnung in der Mitte, noch stärkeren Ab- zwei FBP-Abgeordneten 20 Landtagsabge- ten oder dass Liechtenstein nicht liberaler lehnung im rechten Lager. ordnete für die Vorlage votiert hatten. handeln müsse als andere Staaten. Mehrere Die Abstimmungskommunikation im weitere Argumenten fanden auf Seiten der INFORMATIONSKANÄLE Vorfeld der Volksabstimmung war weitge- Zustimmenden und Ablehnenden ebenfalls Unterschiedlich intensive Nutzung der liech- hend dominiert von der Debatte über das Unterstützung. tensteinischen Medien weist dagegen keinen gleichentags zur Abstimmung gelangende Zusammenhang mit dem Abstimmungsver- S-Bahnprojekt, weniger stark von der eben- SOZIODEMOGRAFIE halten auf. falls zur Abstimmung stehenden Initiative Geschlecht, Alter und weitere soziodemo- Wie bereits frühere Abstimmungsumfra- HalbeHalbe. Über die Einführung der dop- grafische Variablen erklären das unter- gen gezeigt haben, lässt sich auch für die vor- pelten Staatsbürgerschaft bei Einbürgerung schiedliche Abstimmungsverhalten kaum. liegenden Volksabstimmung feststellen, dass ergab sich kaum eine öffentliche Auseinan- Am stärksten ist in diesem Variablenbündel das persönliche Gespräch und die Berichte in dersetzung. der Zusammenhang mit der eigenen Staats- den Landeszeitungen die wichtigsten Infor- bürgerschaft, da Stimmberechtigte mit nur mationskanäle aus Sicht der Abstimmenden HAUPTGRÜNDE liechtensteinischer Staatsbürgerschaft die waren. Je nach Alter zeigen sich bei anderen Eine Onlineumfrage des Liechtenstein-Ins- Vorlage deutlich ablehnten, während Per- Medien deutliche Unterschiede: Für Jüngere tituts in Zusammenarbeit mit der Vaduzer sonen mit einer oder mehreren weiteren waren das Internet und die Abstimmungs- Medienhaus AG gibt Aufschluss über das Ab- Staatsbürgerschaften der Vorlage mehrheit- broschüre der Regierung überdurchschnitt- stimmungsverhalten und die Beweggründe lich zustimmten. lich wichtig, für die Älteren sind Sendungen für ein Ja oder ein Nein. Die Zustimmenden Deutlich stärker ist der Zusammenhang von 1FLTV überdurchschnittlich wichtig. betonten vor allem, dass damit bereits gut zwischen politischer Einstellung und dem Abstimmungsempfehlungen von Parteien, Integrierte zu einer Einbürgerung bewogen Stimmentscheid. So zeigt sich etwa dies- Interessengruppen und weiteren Akteuren würden, dass die Ungleichbehandlung von bezüglich ein hochsignifikanter Zusam- wird dagegen kaum Bedeutung beigemes- Bürgerrecht – auch doppelter Staatsbürger- menhang mit dem politischen Interesse, sen. schaft – bei Geburt und bei Einbürgerung be- der Parteineigung oder der Links-Rechts- LI AKTUELL Nr. 2/2020 5 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Abstimmungshistorie Der Landtag überwies am 6. Mai 2015 eine hörigen stimmte der Landtag mit von der FL eingebrachte Motion zur Einfüh- 20 Stimmen zu. Neben den drei rung der doppelten Staatsbürgerschaft bei DpL-/Neue Fraktion-Abgeordne- Einbürgerungen mit 16 Stimmen. Mit Bericht ten stimmten die beiden FBP-Ab- und Antrag Nr. 43/2018 kam die Regierung geordneten Wendelin Lampert diesem Auftrag nach. Darin wurde die Auf- und Elfried Hasler gegen die hebung der Bestimmung vorgeschlagen, wo- Vorlage. nach bei Einbürgerungen die angestammte Staatsbürgerschaft aufgegeben werden muss. Nach Parteien aufgeteilt war das Abstim- Der Vorschlag der Regierung, diese Be- mungsverhalten wie folgt: stimmung generell aufzuheben, wurde im Ja Nein Landtag abgelehnt und stattdessen – basie- mung wurde wegen der Corona-Pandemie rend auf einem neuen Vorschlag der Regie- FBP 7 2 auf den 30. August 2020 verschoben. Die FBP rung – ein zusätzlicher § 4f ins Bürgerrechts- VU 8 und die VU beschlossen die Ja-Parole; ebenso gesetz (LGBl. 1960.023) aufgenommen, votierte die FL für die Vorlage. DpL äusserte FL 3 wonach das Verbot der doppelten Staatsbür- sich im Landtag und im Parteiblatt «transpa- gerschaft bei Einbürgerungen für Staatsan- DU 2 rent» Nr. 3 vom Juli 2020 kritisch zur Vorla- gehörige eines anderen EWR-Mitgliedstaa- DpL/Neue Fraktion 3 ge, DU im Parteiblatt «hoi du» ambivalent. tes oder der Schweiz nicht anwendbar ist. In der Sitzung vom 5. März 2020 wurde von TOTAL 20 5 Seiten der DpL ein Antrag gestellt, dass § 4f PRO-LAGER so formuliert werden sollte, dass die doppel- Ebenfalls mit 20 Stimmen beschloss der • Regierung te Staatsbürgerschaft nur Bürger/-innen von Landtag, eine Volksabstimmung durchfüh- • Landtag (Beschluss mit 20 von 25 Staaten erlaubt sei, mit denen Liechtenstein ren zu lassen. Gegen eine vom Landtag an- Stimmen) einen Staatsvertrag über die Zulässigkeit der geordnete Volksabstimmung votierten Jür- • FBP doppelten Staatsbürgerschaft beschlossen gen Beck (DU), Wolfgang Marxer (FL) sowie • VU habe. Diesem Antrag stimmten nur die Abge- Frank Konrad, Violanda Lanter und Thomas • FL ordneten der DpL/Neue Fraktion zu. Vogt (alle VU). Der Vorlage zur Zulassung der doppelten Die ursprünglich auf 7. Juni 2020 gemein- CONTRA-LAGER Staatsbürgerschaft bei Einbürgerung im sam mit der Abstimmung über die Volks Falle von EWR- oder Schweizer Staatsange- initiative HalbeHalbe anberaumte Abstim- • DpL LI AKTUELL Nr. 2/2020 6 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Abstimmungs- kommunikation Die Abstimmungskampagne beziehungs- erklärte sich der Jurist Ralph Wanger bereit, weise öffentliche Debatten zur Volksabstim- Argumente gegen die Landtagsvorlage zu mung über die doppelte Staatsbürgerschaft liefern. Er hatte sich bereits mit seiner Dis- stand im Schatten der dominanten Debatte sertation von 1997 mit dem liechtensteini- über die S-Bahn, über welche am gleichen schen Landesbürgerrecht befasst hatte. Abstimmungssonntag abgestimmt wurde. In den Wochen vor der Volksabstimmung Zudem verhinderte die Corona-Pandemie öf- kam es in den Landeszeitungen nur rund fentliche Veranstaltungen, über welche mit- ein Dutzend Mal zu Stellungnahmen in In- unter in den Medien berichtet worden wäre. terviews und Leserbriefen zur Abstimmung Die Parteien und Fraktionen engagierten über die doppelte Staatsbürgerschaft. Diese sich nicht besonders für die Vorlage und da teilten sich ziemlich paritätisch auf Nein- es sich um ein Landtagsbegehren handelte, und Ja-Stimmen auf. In einem Interview stand auch kein Initiativkomitee aktiv hin- äusserte sich Erbprinz Alois zur doppelten ter der Vorlage. In den Parteiblättern und via Staatsbürgerschaft und sah dabei mehr Vor- nationale Medien wurden jedoch allfällige als Nachteile. Beschlüsse der Parteigremien zur Abstim- mung, d.h. Abstimmungsparolen der Partei- en, kommuniziert. Eine Besonderheit war zudem, dass das Nein-Lager ebenfalls nicht in Form eines Ko- mitees organisiert war und die Regierung daher im Hinblick auf die offizielle Abstim- mungsinformation Schwierigkeiten bekun- dete, einen Sprecher/eine Sprecherin für den Nein-Aufruf zu finden. Die DpL, die sich im Landtag gegen die beschlossene Variante zur Einführung der doppelten Staatsbür- gerschaft ausgesprochen hatte, fokussierte auf den Kampf gegen die S-Bahn und war nicht bereit, die Nein-Position in der Abstim- mungsbroschüre einzunehmen. Am Ende LI AKTUELL Nr. 2/2020 7 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Abstimmungsinformation der Regierung In der Abstimmungsinformation der Regie- rung wurden zu allen drei Volksabstimmun- gen jeweils auf einer Seite die Pro-, auf einer Seite die Contra-Position vertreten. REGIERUNG DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN Siehe Pro- und Contra-Argumente auf der folgenden Seite. Informationen zu den Volksabstimmungen vom 30. August 2020 • Abänderung der Verfassung vom 5. Oktober 1921 (Initiativ- begehren «HalbeHalbe») • Gesetz vom 5. März 2020 über die Abänderung des Bürger- rechtsgesetzes (doppelte Staatsbürgerschaft bei Einbürge- rungen) • Finanzbeschluss vom 4. Juni 2020 über die Genehmigung eines Verpflichtungskredites für den Ausbau der Eisen- Quelle: Information zur Volks- bahnstrecke Feldkirch – Buchs SG für eine S-Bahn Liech- abstimmung vom 30. August 2020. tenstein Hg. Regierung des Fürstentums Liechtenstein, Pro und Contra auf S. 4 und 5. LI AKTUELL Nr. 2/2020 8 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Abstimmungsinformation der Regierung Abänderung Bürgerrechtsgesetz Abänderung Bürgerrechtsgesetz Landtag – Ja zur doppelten Nein zur Bürgerrechtsrevision! Staatsbürgerschaft bei Einbürgerung 4 | Liebe Stimmbürgerinnen und Stimmbürger • Das Argument, dass man nicht Bürger mehrerer Nein, zum Verzicht auf den Verzicht auf die bisheri- Hätte man bei der Vorlage auch an zusätzliche | 5 Staaten sein kann, entkräftet allein schon die liech- ge(n) Staatsbürgerschaft(en) bei Einbürgerung! Punkte denken müssen? Die Staatsangehörigkeit und das Bürgerrecht stiften tensteinische Regelung, die für liechtensteinische Ja, wenn man schon den Verzicht abschafft, hätte nicht nur Identität, sie stehen nicht nur für die Identi- Staatsangehörige die doppelte Staatsbürgerschaft Um was geht es bei der Vorlage? man zum Schutze der Identität Liechtensteins statt- fikation mit dem Wohnsitzland, sondern sie ermögli- zulässt. Es geht um die Frage, ob ausländische Einbürge- dessen die 5-Jahres-Wohnistzfrist beim Erwerb des chen auch die Teilnahme am politischen Geschehen, rungskandidaten bei der Einbürgerung ihre bisheri- Landesbürgerrecht durch Heirat erhöhen müssen. weil das aktive und passive Wahlrecht daran ge- • Der Verzicht auf das angestammte Landesbürger- ge Staatsbürgerschaft abgeben sollen oder ob sie sie Ausserdem hätte man wie die Schweiz ein zusätz- knüpft ist. Für viele Menschen gehören dieses Mit- recht stellt für viele, die mit dem Gedanken spielen, behalten dürfen und damit die Doppel- oder Mehr- liches Kriterium der Assimilationsprüfung einführen bestimmungsrecht und die Möglichkeit, gewählt zu Liechtensteinerin oder Liechtensteiner zu werden, fachstaatsbürgerschaft erwerben können. sollen. werden, dazu, um sich heimisch zu fühlen. ein Hindernis dar. Deswegen verliert das Land Liechtenstein zahlreiche Wählerinnen und Wähler Es geht also um die Zulassung der doppelten Sieben gute Gründe für den Beibehalt des Verzichts Heute müssen Einbürgerungswillige vor Abschluss und potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten für Staatsbürgerschaft? auf die bisherige Staatsangehörigkeit des Einbürgerungsverfahrens den Nachweis erbrin- politische Ämter sowie Ressourcen in vielen ande- Nein, in erster Linie dient der Verzicht auf die bis- gen, dass sie auf ihre bisherige Staatsbürgerschaft ren Bereichen. herige Staatsbürgerschaft dem Beweis der Integra- 1. Der Verzicht ist ein verlässliches, wenn auch verzichtet haben. tion und der Assimilation im Lande. Die doppelte strenges, Kriterium der Integration. Die Einschränkung des Kreises der für eine doppel- Staatsbürgerschaft lässt Liechtenstein ja bereits in Dies soll sich, geht es nach dem Willen des Land- te Staatsbürgerschaft infrage kommenden Personen gewissen Fällen zu. 2. Fällt der Verzicht auf die bisherige Staatsangehö- tags, ändern. Am 5. März 2020 hat er anlässlich der ist eine Anpassung, welche die Regierung als An- rigkeit weg, fällt das wichtigste Instrument für die zweiten Lesung der Abänderung des Bürgerrechts- liegen des Landtags aus der ersten Lesung am 7. In welchen Fällen lässt Liechtenstein die doppelte Assimilations- und Integrationsprüfung weg. gesetzes die Zustimmung erteilt und sich somit für September 2018 mitgenommen hat. Anlässlich der Staatsbürgerschaft schon zu? die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft bei ersten Lesung sprach sich der Landtag für Eintre- Sie ist zulässig, wenn sie infolge Geburt bei gemischt 3. Das volle Einstehen für nur ein Land und eine Na- Einbürgerungen ausgesprochen. Ebenfalls beschloss ten auf die von der Regierung präsentierte Lösung nationalen Ehen entsteht oder wenn ein Landesbür- tionalität ist besonders für einen Kleinstaat sehr der Landtag im Anschluss, diese zentrale Frage ab- zur Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft ger sich im Ausland einbürgern lässt und jener Staat wichtig. schliessend dem Volk zur letztlichen Entscheidung bei Einbürgerung aus. Gemäss diesem Vorschlag (wie die Schweiz) keinen Verzicht auf die bisherige vorzulegen, und beauftragte daraufhin die Regie- wären die Angehörigen aller Staaten bei Einbür- Staatsbürgerschaft verlangt. 4. Die Einbürgerung soll am Ende der Integration rung mit der Anberaumung einer Volksabstimmung. gerung in Liechtenstein gleichbehandelt worden. passieren und nicht am Anfang. Wer noch nicht In der Debatte wünschte der Landtag jedoch ent- Warum besteht die Gefahr der mangelnden Inte- bereit ist, auf die bisherige Staatsangehörigkeit zu Gemäss der vom Landtag beschlossenen Gesetzes- sprechende Anpassungen – zum Beispiel betreffend gration? verzichten, ist von der liechtensteinischen Staats- änderung sollen Staatsangehörige von EWR-Staaten die Ausgestaltung des Verzichtserfordernisses oder Das Landesbürgerrecht kann im Falle des Erwerbes angehörigkeit nicht überzeugt. und der Schweiz bei Einbürgerung in Liechtenstein flankierende Massnahmen, die den Wegfall der Ein- infolge von Heirat bereits nach 5-jähriger Wohnsitz- nicht auf ihre bestehende Staatsbürgerschaft ver- bürgerungsvoraussetzung, dass die angestammte frist erworben werden. Wenn der Verzicht auf die 5. Die doppelte oder Mehrfachstaatsbürgerschaft zichten müssen. Das heisst, dass dieser Personen- Staatsbürgerschaft aufgegeben werden muss, zum bisherige Staatsangehörigkeit nicht verlangt wird, ist ein Privileg, das den Liechtensteinern nicht kreis zukünftig keine Unterlagen, die den Verzicht Teil kompensieren. wird jeder das Landesbürgerrecht beantragen, der zusteht. Der Verzicht stellt deshalb auch keine Un- auf die bisherige Staatsbürgerschaft belegen, bei diese Frist erfüllt hat, auch wenn er nicht integriert gleichbehandlung, sondern vielmehr eine Gleich- den zuständigen liechtensteinischen Behörden ein- Der daraus resultierende Kompromiss, die doppelte ist, da das Landesbürgerrecht keine Pflichten mit behandlung von ausländischen Bewerbern mit In- reichen muss. Staatsbürgerschaft für Staatsangehörige von EWR- sich bringt (wie Wehrdienst), sondern nur Rechte. ländern dar. Staaten und der Schweiz zuzulassen, wurde vom Das kann Liechtenstein schaden. Für einen Klein- Der mit der bevorstehenden Volksabstimmung ab- Landtag gutgeheissen. staat ist es besonders wichtig, dass sich die Staats- 6. Die Abschaffung des Verzichts auf die bisheri- zuschliessende Prozess wurde bereits im März 2015 angehörigen (nur) mit dem Land identifizieren und ge Staatsangehörigkeit nützt den vier grössten mit der Motion zur Einführung der doppelten Staats- Der Landtag empfiehlt daher ein JA zur doppelten mit unseren Sitten und Gebräuchen vertraut sind. Ausländergruppen Liechtensteins (CH, A, D und bürgerschaft bei Einbürgerung angestossen. Die Re- Staatsbürgerschaft an der Urne. I) nichts. Österreichische und deutsche Staats- gierung wurde dabei am 6. Mai 2015 vom Landtag Ist das der einzige Grund zum Nein? bürger können trotzdem nicht Doppelbürger sein, beauftragt, «eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten, Landtag des Fürstentums Liechtenstein Nein, die Vorlage ist nicht ausgewogen. Sie dient weil ihnen das eigene Land im Falle einer Einbür- welche eine doppelte Staatsbürgerschaft beim Er- insbesondere dem angestrebten Ziel, die Nachbar- gerung die bisherige Staatsangehörigkeit automa- werb des Landesbürgerrechts durch Aufnahme er- staatsangehörigen einzubürgern, nicht. Sie macht es tisch entzieht. Schweizer und italienische Staats- laubt». nur den Schweizer Bürgern einfacher, Doppel- und angehörige können (auch ohne Wohnsitznahme) Mehrfachstaatsangehörige zu werden. Deutsche jetzt schon ihr Schweizer oder italienisches Bür- Die Argumente, die dafür ins Feld geführt werden, und Österreicher können davon aber nicht profitie- gerrecht wiedererlangen, wenn sie zuvor auf die- sind die folgenden: ren, weil ihr Heimatland ihnen im Falle einer Ein- ses verzichtet haben. bürgerung in Liechtenstein ihre Staatsangehörigkeit • Liechtenstein anerkennt die doppelte Staatsbürger- automatisch entzieht. Das hat man nicht bedacht. 7. Auch viele andere Staaten (u.a. D und A sowie NL) schaft bereits: Liechtensteinische Staatsgehörige verlangen von Einbürgerungskandidaten den Ver- können den liechtensteinischen Pass beim Erwerb zicht auf die bisherige Staatsbürgerschaft. einer anderen Staatsangehörigkeit behalten, wenn der andere Staat dies erlaubt. Personen, die sich in Dr. Ralph Wanger, Mauren Liechtenstein einbürgern lassen, können im Gegen- satz dazu von dieser Regelung nicht profitieren. LI AKTUELL Nr. 2/2020 9 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Volksabstimmung: Amtliches Ergebnis Reihenfolge der Gemeinden in der Grafik Abb. 1: Zustimmung doppelte Zustimmung Staatsbürgerschaft Doppelte (in Prozent) Staatsbürgerschaft (in Prozent) gemäss Auflistung in Art. 1 der Verfassung sowie www.abstimmung.li. 70 60 Zahl Stimmberechtigte 20’366 50 45.4 42.2 41.5 42.7 44.3 Abgegebene Stimmkarten 17’000 38.9 39.6 40 36.6 37.1 36.5 38.5 Prozent Stimmbeteiligung 83,47 % 33.9 32.5 30.9 Total gültige Stimmen 16’676 30 Ja zur doppelten Staatsbürgerschaft 6’419 20 Nein zur doppelten 10 Staatsbürgerschaft 10’262 Ja-Anteil 38,49 % 0 Nein-Anteil 61,54 % Quelle: Amtliche Kundmachung vom 1. September 2020 (LNR 2020-1262, AP 123.4), in Liechtensteiner Vaterland und Liechtensteiner Volksblatt vom 4. September 2020 Die Landtagsvorlage zur doppelten Staats- Die Zustimmung war im Oberland um 3,1 bürgerschaft wurde in allen Gemeinden ab- Prozentpunkte höher als im Unterland (39,6 gelehnt. Am geringsten war die Zustimmung bzw. 36,5 Prozent). mit 30,9 Prozent in Triesenberg, gefolgt von Insgesamt erreichte die Vorlage eine Zu- Mauren (32,5 %). Die höchste Zustimmung stimmung von 38,5 Prozent, während 61,5 gab es in Planken (45,4 %) und Schellenberg Prozent die Vorlage ablehnten. (44,3 %). LI AKTUELL Nr. 2/2020 10 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Unterschriftensammlungen im Vergleich Eine Unterschriftensammlung war nicht er- Unterschriften für Referenden und Initiativen seit 1990 (grün=Vorlage angenommen) forderlich, da der Landtag von sich aus den Gesetzesbeschluss über die doppelte Staats- Jahr Vorlage Instrument Quorum Unterschriften Ja bürgerschaft dem Volk zur Abstimmung 1991 Lärmschutz Referendum 1000 2158 20.3 unterbreitete (Landtagsbegehren). Das Re- 1991 Sechs-Tage-Woche an Schulen Initiative 1000 1546 34.7 1992 Staatsvertragsreferendum Initiative 1500 2618 71.4 ferendum musste daher nicht ergriffen wer- 1992 Sperrklausel Initiative 1500 1660 32.3 den. 1992 Diskriminierungsverbot Initiative 1500 1656 24.6 In der Tabelle ist die Zahl der Unterschrif- 1993 Landtagsgebäude und Regierungsviertel Referendum 1000 2657 20.4 ten bei Volksinitiativen und Referenden seit 1999 Krankenversicherung Initiative 1000 1972 34.0 1990 dargestellt. Für ein Referendum oder 2000 Preiswerter Wohnungsbau Referendum 1000 1616 33.9 eine Gesetzesinitiative sind 1’000 Unter- 2000 Schwerverkehrsabgabe Referendum 1000 2213 71.0 schriften erforderlich; für ein Staatsvertrags- 2002 Verkehrspolitik Initiative 1500 2431 45.5 referendum oder eine Verfassungsinitiative 2003 Verfassungsrevision (Fürst) Initiative 1500 6244 64.3 werden 1’500 Unterschriften benötigt. 2003 Verfassungsrevision (Komitee) Initiative 1500 2200 16.6 2004 Obligatorische Unfallversicherung Referendum 1000 2827 33.7 2004 Polizeigebäude/Sicherheitszentrum Referendum 1000 3658 31.8 2005 Schwangerschaftsabbruch und Sterbehilfe Initiative 1500 1891 18.7 2006 Halten von Hunden Referendum 1000 1608 62.7 2009 Rauchverbot Referendum 1000 2568 52.2 2009 SPES 1 Referendum 1000 2256 47.1 2009 Mobilfunk Initiative 1000 2088 57.0 2010 Industriezubringer Schaan Referendum 1000 1257 51.9 2011 Partnerschaftsgesetz Referendum 1000 1208 68.8 2011 Schwangerschaftsabbruch Initiative 1000 1580 47.7 2011 Landesspital Referendum 1000 2951 41.9 2012 Vetorecht des Fürsten Initiative 1500 1726 23.6 2014 Pensionskasse - Win-Win-90 Initiative 1000 2361 43.9 2014 Pensionskasse - Win-Win-50 Initiative 1000 2327 49.7 2015 Krankenversicherungsgesetz Referendum 1000 2636 53.2 2016 Familienzulagen Initiative 1000 1144 17.6 2018 Tour de Ski Referendum 1000 1730 40.7 2020 HalbeHalbe Initiative 1500 1863 21.3 LI AKTUELL Nr. 2/2020 11 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Stimmbeteiligung Die Stimmbeteiligung war bei den drei am Stimmbeteiligung Abb. 2: Stimmbeteiligung bei Volksabstimmungen bei Volksabstimmungen seitseit 2004(in Prozent) 2004 gleichen Tag zur Abstimmung gelangenden Vorlagen (S-Bahn, doppelte Staatsbürger- 100 schaft, Initiative HalbeHalbe) überdurch- 82.9 83.5 schnittlich hoch. Sie betrug 83,5 Prozent. 80.7 80 74.2 70.8 71.5 72.7 70.8 69.2 69.0 69.8 64.5 66.3 65.3 Quellen: Amtliche Kundmachungen zu den Abstimmun- 61.4 62.2 gen; Stimmbeteiligung nach Geschlecht und Altersklassen 58.3 60 jeweils Stabsstelle Regierungskanzlei (Hg.) (Datenquelle betr. Gemeindewahlen: Gemeinden). 40 20 0 Mittelwert 2004–2020 2011 Fristenlösung 2004 Sicherheitszentrum; NBU 2018 Tour de Ski 2006 Halten von Hunden 2012 Vetorecht des Fürsten 2014 Pensionskasse Win-Win 2016 Familienzulagen 30. August 2020 2005 Abtreibungsverbot 2009 Nichtraucherschutz; SPES I 2010 Industriezubringer 2009 Mobilfunkanlagen 2011 Partnerschaftsgesetz 2011 Neubau Landesspital 2015 Krankenversicherung 2019 Neubau Landesspital LI AKTUELL Nr. 2/2020 12 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Stimmbeteiligung nach Geschlecht und Alter Seit den Gemeinderatswahlen 2019 wird die Stimmbeteiligung Abb. 3: Stimmbeteiligung 2019 und 2020nach nachGeschlecht Geschlechtund Alter und Alter (in Prozent) Stimmbeteiligung bei Wahlen und Abstim- mungen nach Geschlecht und Altersklassen 100 88.8 87.9 erhoben, also auch bei der Volksabstimmung 90 83.5 83.1 83.8 82.4 vom 19. November 2019 über den Neubau 78.6 80 72.1 eines Landesspitals und bei der Dreifachab- 70 stimmung vom 30. August 2020. Es zeigt sich, dass Frauen jeweils etwas 60 häufiger teilnehmen als Männer, Ältere 50 Prozent häufiger als Jüngere. Die tiefste Stimm- und 40 Wahlbeteiligung weisen allerdings nicht die 30 Jüngsten auf, sondern die Altersklasse der 25- bis 34-Jährigen. 20 10 Quellen: Amtliche Kundmachungen zu den Abstimmun- 0 gen; Stimmbeteiligung nach Geschlecht und Altersklassen TOTAL Männer Frauen 18–24 25–34 35–49 50–64 65+ Jahre jeweils Stabsstelle Regierungskanzlei (Hg.) (Datenquelle Jahre Jahre Jahre Jahre betr. Gemeindewahlen: Gemeinden). 2019 Gemeindewahlen 2019 Neubau Landesspital 2020 S‐Bahn; Doppelte Staatsbürgerschaft; HalbeHalbe LI AKTUELL Nr. 2/2020 13 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Urnenabstimmung und briefliche Stimmabgabe Anteil briefliches Abstimmen seit 2004 Bis zur Volksabstimmung über das Sicher- Abb. 4: Anteil briefliche Stimmabgabe seit 2004 (in Prozent) heitszentrum und den NBU-Beitrag im April 97.1 96.5 97.0 100 93.0 94.0 94.1 95.0 95.2 95.6 2004 konnte nur unter bestimmten Voraus- 87.8 87.5 89.9 91.6 setzungen brieflich an Wahlen und Abstim- mungen teilgenommen werden. Mit der Ein- 80 führung der allgemeinen Briefwahl nahm 60.8 56.5 60 Prozent der Anteil brieflich an Abstimmungen Teil- nehmenden rasch zu: 2005 und 2006 betrug 40 der Anteil bereits rund 60 Prozent und be- wegt sich seit 2011 bei über 90 Prozent. 20 Bei der Dreifachabstimmung vom 30. Au- 3.0 gust 2020 betrug der Briefwahlanteil 97,0 0 2004 Sicherheitszentrum; NBU 2011 Fristenlösung 2006 Halten von Hunden 2016 Familienzulagen 2014 Pensionskasse Win-win 30. August 2020 2005 Abtreibungsverbot 2010 Industriezubringer 2018 Tour de Ski 2012 Vetorecht des Fürsten 2009 Nichtraucherschutz; SPES I 2015 Krankenversicherung 2011 Partnerschaftsgesetz 2009 Mobilfunkanlagen 2011 Neubau Landesspital 2019 Neubau Landesspital Prozent. Quelle: Amtliche Kundmachungen zu den Abstimmungsergebnissen; eigene Ermittlungen. LI AKTUELL Nr. 2/2020 14 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Umfrage zur Volksabstimmung In Kooperation mit der Vaduzer Medien- Informationen zur Datenerhebung haus AG (Liechtensteiner Vaterland, Liewo) führte das Liechtenstein-Institut eine On- Durchführung Liechtenstein-Institut lineumfrage durch. Die Konzeption, Durch- führung und Auswertung lag im alleinigen Medienpartner Vaduzer Medienhaus AG Verantwortungsbereich des Liechtenstein- Fragebogen Liechtenstein-Institut Instituts, während die Vaduzer Medienhaus AG wesentlich für die wiederholte öffent- Methode Offene Onlineumfrage lichkeitswirksame Information und Auffor- derung zur Teilnahme an der Umfrage via Grundgesamtheit Keine Begrenzung eigene Print- und Onlinemedien sowie Soci- al-Media-Kanäle zuständig war. Stichprobe Keine Stichprobe, offene Befragung Die Abstimmungsunterlagen wurden den Onlinezugang 17.8.2020 (00:00 Uhr) bis 30.8.2020 (24:00 Uhr) Stimmberechtigten am 13./14. August 2020 zugestellt. Der Briefwahlanteil betrug auch Gültige Teilnahme 1’653 Befragte bei dieser Abstimmung wie bei den voran- gegangenen 97 Prozent. Die Entscheidung Vertrauensbereich/Messgenauigkeit Max. +/−2,6 Prozent bei 95 Prozent Sicherheit erfolgt also meist deutlich vor dem Wahl- sonntag. Entsprechend wurde die Umfrage Daten SPSS-Datensatz bereits am 17. August 2020 gestartet, also Gewichtung Nach Alter, Geschlecht, Bildung, Parteiidentifikation rund zwei Wochen vor dem Abstimmungs- (begrenzt bei max. 4.0 bzw. min. 0.25) termin. Die Umfrage wurde am Wahlsonntag um Mitternacht beendet. Die Umfrage stand für alle Bevölkerungs- gruppen offen. Die Aufforderung zur Teil- lysen werden in der Regel die Stimmberech- weichen die Umfrageteilnehmenden in eini- nahme erfolgte über liechtensteinische Me- tigten berücksichtigt, andernfalls wird dies gen Aspekten ab. In der Umfrage sind bei- dienkanäle. Fragen nach Alter, Wohnort und speziell ausgewiesen. spielsweise die Männer, das mittlere Alters- Stimmberechtigung lassen Auswertungen Verglichen mit der tatsächlichen Zusam- segment und die höheren Bildungsschichten zu, die die Gesamtheit der Umfrageteilneh- mensetzung der Bevölkerung beziehungs- übervertreten (siehe Vergleich in der Tabel- menden oder nur die Stimmberechtigten weise der Stimmberechtigten nach soziode- le). Solche Verzerrungen sind für Onlineum- berücksichtigen. In den nachfolgenden Ana- mografischen und Einstellungsmerkmalen fragen typisch, nicht nur in Liechtenstein. LI AKTUELL Nr. 2/2020 15 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Umfrage zur Volksabstimmung Um diese Verzerrungen im Datensatz auszu- Quellen: Eigene Berechnungen auf Basis der Bevölke- gleichen, werden in diesem Bericht bei den Stimmberechtigte IST % Umfrage % rungsstatistik (Geschlecht, Alter – nur liechtensteinische Staatsangehörige ab 18 Jahren); Stimmberechtigte in den Datenanalysen Gewichtungen der betreffen- Geschlecht Gemeinden gemäss www.abstimmung.li; Bildung gemäss den Segmente vorgenommen. Männer 48.6 63.8 Volkszählung 2015 (Obligatorische = Keine Ausbildung, Obligatorische Schule, berufliche Grundbildung; Höhere Im Vergleich zu telefonischen Befragun- Frauen 51.4 36.2 Ausbildung = Diplommittelschule, Höhere Fach- und gen schneiden Onlineumfragen generell Alter Berufsausbildung, Höhere Fachschule; Maturität+ = nicht schlechter ab, denn auch bei Telefon- Maturität, Bachelor, Master, Doktorat; Anzahl 15- bis 18–29 Jahre 19.5 18.2 17-Jährige gemäss Bevölkerungsstatistik in der Kategorie umfragen zeigen sich Abweichungen vom 30–39 Jahre 14.6 21.5 «Basis» subtrahiert). Bevölkerungsquerschnitt, allerdings in an- 40–49 Jahre 15.3 19.2 derer Richtung, da beispielsweise die Jungen zunehmend untervertreten sind. 50–59 Jahre 18.3 19.7 Für die statistische Auswertung wurden 60–69 Jahre 15.2 14.2 basierend auf den Umfragedaten teilweise 70+ Jahre 17.1 7.1 neue Variablen gebildet. Bildung Basis 58.9 25.6 Höhere Ausbildung 19.2 26.2 Maturität+ 21.9 48.3 Wohngemeinde Vaduz 13.7 17.5 Triesen 13.0 12.0 Balzers 13.0 9.8 Triesenberg 8.4 7.6 Schaan 15.1 17.7 Bei bivariaten Analysen (Kreuztabellen) wird als Asso- ziationsmass Cramer-V mit Werten zwischen 0 und 1 Planken 1.3 1.5 angegeben, wobei ein hoher Wert auf einen starken Eschen-Nendeln 11.3 10.2 Zusammenhang von zwei Variablen hinweist (Wert < 0.3 = schwacher Zusammenhang). Die Signifikanz Mauren-Schaanwald 10.4 9.7 des Zusammenhangs wird mit n.s. (nicht signifikant) Gamprin-Bendern 4.3 4.5 oder mit dem betreffenden Wert ausgewiesen. Werte Ruggell 6.3 6.0 p < .050 gelten als schwach signifikant (*), p < .010 als stark signifikant (**), p < .001 als hochsignifikant (***). Schellenberg 3.2 3.5 LI AKTUELL Nr. 2/2020 16 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Entscheidungszeitpunkt der Abstimmenden Filter: Nur Stimmberechtigte Entscheidungszeitpunkt Abb. 5: Doppelte der derZustimmenden Staatsbürgerschaft Entscheidungszeitpunkt –Zustimmenden und undAblehnenden Entscheidungszeitpunkt (in der Zustimmenden Ablehnenden (in N = 1’425 / Cramer-V = .082* und Ablehnenden (in Prozent; NProzent; =Prozent; 1’425) N=1425) N=1470) 80 100 Für 73 Prozent war von Anfang an klar, wie 90 70 sie abstimmen würden. Diesbezüglich zeigt 61 80 72 73 59 73 sich kein Unterschied zwischen den Zustim- 60 55 menden und Ablehnenden. Die Gegner der 70 Vorlage geben aber etwas häufiger an, dass 50 60 Prozent sie erst kurz vor der Abstimmung die defini- 40 50 tive Meinung gebildet haben (schwach signi- 31 fikant). 40 30 28 25 Im Vergleich zu anderen Volksabstimmun- 30 gen seit 2011 zeigt es sich, dass bei der Ab- 20 19 16 14 20 14 14 14 12 11 stimmung über die doppelte Staatsbürger- 9 10 10 schaft die Meinung im Vergleich zu früheren Volksabstimmungen bei überdurchschnitt- 00 lich vielen von vornherein feststand (siehe VonAnfang Von Anfangan anklar klar Mehrere Wochen Mehrere Wochen vor vor der der Erst kurz Erstvor kurz dervor der Abstimmung Abbildung auf der folgenden Seite). Abstimmung Abstimmung Abstimmung Zustimmung Zustimmende Ablehnung Ablehnende Total Total LI AKTUELL Nr. 2/2020 17 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Entscheidungszeitpunkt der Abstimmenden Entscheidzeitpunkt bei Volksabstimmungen seit 2011 (in Prozent; N=div.) Abb. 6: Entscheidungszeitpunkt bei Volksabstimmungen seit 2011 (in Prozent; N = div.) 100 83 78 80 73 65 62 61 59 60 60 50 Prozent 45 43 38 40 31 30 33 31 29 26 28 23 25 23 25 25 19 16 16 16 20 15 14 14 14 11 11 8 3 0 Von Anfang an klar Mehrere Wochen vor der Abstimmung Kurz vor der Abstimmung LI AKTUELL Nr. 2/2020 18 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Hauptsächliche Gründe für Zustimmung zur doppelten Staatsbürgerschaft Gründe für Zustimmung Doppelte Staatsbürgerschaft Filter: Nur Zustimmende Abb. 7: Doppelte Staatsbürgerschaft – Gründe für Zustimmung (in Prozent; N=516-564) N = 516–564 (ohne «keine Angabe») (in Prozent; N = 516–564) Vermehrt Einbürgerung von gut Integrierten 53 31 10 6 In der Onlineumfrage konnten verschiedene aufgeführte Gründe für eine Zustimmung Ungleichheit bei Geburt und Einbürgerung 58 25 12 5 zur Vorlage zur doppelten Staatsbürger- Viele ohnehin bereits Doppelbürger/-in 43 37 11 9 schaft angekreuzt werden. Am häufigsten wurden die Gründe genannt, dass es zu einer Betroffene Personen im näheren Umfeld 46 25 15 13 vermehrten Einbürgerung von bereits gut Erweiterung des Kreises politisch Aktiver 31 35 24 10 Integrierten und langfristig in Liechtenstein Ansässigen führen würde, dass die doppel- Bürgerrecht in div. Staaten nicht annulierbar 31 35 23 12 te Staatsbürgerschaft bei binationalen El- Erster Schritt zu weiterer Liberalisierung 28 29 25 18 tern ohnehin möglich sei und viele bereits Doppelbürger/-in seien. Auch weitere Grün- Gilt nur für EWR- und CH-Staatsangehörige 27 27 26 20 de wurden von mehr als der Hälfte der Zu- stimmenden bestätigt. Verständnis da selbst Doppelbürger/-in 33 14 13 40 In einer offenen Frage konnten die Vorteil in Krisenzeit 17 24 35 24 Umfrageteilnehmer/-innen weitere Gründe anführen. Insgesamt gab es 44 Kommentare. 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Am meisten (9) plädierten für ein liberales wichtig eher wichtig eher unwichtig unwichtig und weltoffenes Liechtenstein. In anderen Kommentaren wurde die Mitbestimmung von bisher vom Stimmrecht Ausgeschlosse- nen erwähnt, dass das Verbot der doppelten Staatsbürgerschaft nicht funktioniere und ohnehin bei binationalen Eltern zwei Staats- bürgerschaften zulässig seien. Einige argu- mentierten, dass man durchaus zwei natio- nale Identitäten in sich vereinen könne. LI AKTUELL Nr. 2/2020 19 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Hauptsächliche Gründe für Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft Filter: Nur Ablehnende Abb. 8: Doppelte Staatsbürgerschaft – Gründe Gründe für Ablehnung fürStaatsbürgerschaft Doppelte Ablehnung N = 780–839 (ohne «keine Angabe») (in Prozent; N = 780–839) (in Prozent; N=780-839) Hürden hätten noch höher sein sollen 56 28 10 6 In der Onlineumfrage konnten verschiedene Gefahr von unsolidarischem Verhalten 53 30 10 7 aufgeführte Gründe für die Ablehnung der Vorlage zur doppelten Staatsbürgerschaft Liechtenstein muss nicht liberaler als andere sein 57 24 10 10 angekreuzt werden. Fünf Gründe wurden Verzicht erhöht Integrationsdruck 58 23 13 6 ungefähr gleich häufig angekreuzt: Man wünscht sich noch höhere Hürden, sieht die Nur ganz oder gar nicht Liechtensteiner/-in 60 20 12 9 Gefahr, dass sich Doppelbürger nicht richtig Privileg bei doppelter Staatsbürgerschaft 46 22 15 17 mit Liechtenstein identifizieren, man ist der Ansicht, dass Liechtenstein nicht liberaler als Gilt für Österreicher und Deutsche nicht 47 18 17 19 andere Staaten sein müsse, dass der Verzicht Selbst ebenfalls nur einen Pass 43 13 18 27 auf die angestammte Staatsbürgerschaft zu stärkerer Integration zwinge und dass man Diskriminierend gegenüber Drittausländern 29 17 25 29 nur ganz oder gar nicht Liechtensteiner/-in Vorlage zu wenig liberal ausgestaltet 17 16 29 39 sein könne. In einer offenen Frage konnten die 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Umfrageteilnehmer/-innen weitere Gründe wichtig eher wichtig eher unwichtig unwichtig anführen. Insgesamt wurden 75 Kommen- tare abgegeben. Mit Abstand am häufigsten (30) wurde das Argument vorgebracht, dass sich Einbürgerungswillige ganz für die liech- tensteinische Staatsbürgerschaft entschei- den sollten oder sie sprachen sich prinzipiell gegen eine doppelte Staatsbürgerschaft aus die nicht in ihrer Bürgergemeinde wohnhaft sung aller Staaten votiert, die Gleichbehand- und wollten mitunter die Einbürgerungshür- sind, ebenfalls über Einbürgerungen abstim- lung aller Ausländergruppen gefordert oder den sogar noch verschärfen. In 11 Kommen- men können sollten. Fremdbestimmung und Überfremdung mo- taren wurde kritisiert, dass vordringlich das In wenigen weiteren Kommentaren wur- niert. Problem zu lösen sei, dass Bürger/-innen, de unter anderem für eine einheitliche Lö- LI AKTUELL Nr. 2/2020 20 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Ungültige Stimmen Bei der Abstimmung über die doppelte Abb. 9: Anteil ungültige Anteil Stimmen ungültige beibei Stimmen Volksabstimmungen Volksabstimmungen seit 2011 2011 Staatsbürgerschaft waren nur 1,9 Prozent (324 Stimmen) ungültig. Diese verteilen sich 7% auf 160 ungültig brieflich abgegebene Stim- men, 75 nicht eingelegte Stimmkuverts, 75 6% Hilfe ungültige Stimmzettel in den Stimmkuverts statt und 14 leere Stimmkuverts. 5% Strafe Im Vergleich zu anderen Abstimmungen 2011 Spital 2011 Pensions- Familien- seit 2011 liegt der Anteil der ungültigen 4% kasse 2014 zulage Prozent Stimmen auf einem tiefen Niveau. 2016 Partner- 3% schafts- HalbeHalbe S-Bahn Veto- 2020 2020 gesetz recht Tour 2% 2011 2012 Kranken- Quelle: Amtliche Kundmachung vom 1. September 2020 de Ski versicherung Spital (LNR 2020-1262, AP 123.4), in Liechtensteiner Vaterland 2018 und Liechtensteiner Volksblatt vom 4. September 2020. 2015 2019 Staatsbürger- 1% schaft 2020 0% Familienzulagen 2016 Staatsbürgerschaft 2020 Partnerschaftsgesetz 2011 Vetorecht 2012 HalbeHalbe 2020 Spital 2011 Tour de Ski 2018 Spital 2019 Pensionskasse 2014 Krankenversicherung 2015 S-Bahn 2020 Hilfe statt Strafe 2011 LI AKTUELL Nr. 2/2020 21 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Hauptsächliche Gründe für Nicht- teilnahme an der Volksabstimmung GründeStaatsbürgerschaft Abb. 10: Doppelte für Nichtteilnahme–an der Abstimmung Gründe zur doppelten für Nichtteilnahme Filter: Nur Stimmberechtigte, die an der Volksabstimmung nicht teilnehmen wollten Staatsbürgerschaft an der Abstimmung (in Prozent; N = 21) (in Prozent; N=21) N = 21 Konnte mich nicht entscheiden 23% Nur 21 Stimmberechtigte, die an der Um- Thema interessiert mich nicht 23% frage teilnahmen, erklärten, dass sie an der Volksabstimmung nicht teilnehmen wollten. Gegner der Vorlage nicht unterstützen 14% Von denjenigen, die einen Fragebogen aus- füllten, wurden als hauptsächliche Gründe Nicht in Streit einmischen 9% angegeben, dass man sich weder für ein Ja noch für ein Nein entscheiden könne oder Befürworter der Vorlage nicht unterstützen sich nicht für das Thema interessiere. Aufgrund der kleine Fallzahl sind diese Abstimmungen bringen nichts Aussagen aber nicht repräsentativ. Andere Gründe 8% 0% 5% 10% 15% 20% 25% LI AKTUELL Nr. 2/2020 22 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Stimmverhalten nach Geschlecht Filter: Nur Abstimmende Abb. 11: Doppelte Staatsbürgerschaft Zustimmung und Ablehnung–der Entscheidungszeitpunkt Zustimmung und Ablehnung Zustimmenden Doppelte und Ablehnenden (in Staatsbürgerschaft N = 1’404 / Cramer-V = .043 n.s. nach Geschlecht (in Prozent; N = 1’404) nach Geschlecht (inProzent; Prozent;N=1470) N=1404) 100% 80 Die Vorlage zur doppelten Staatsbürger- 90% 70 schaft wurde von beiden Geschlechtern 61 59 deutlich abgelehnt. 80% 60 55 70% 59 50 63 Prozent 60% 40 50% 31 30 25 28 40% 20 14 14 14 30% 20% 10 41 37 10% 0 Von Anfang an klar Mehrere Wochen vor der Erst kurz vor der Abstimmung 0% Abstimmung Männer Frauen Zustimmung Zustimmende Ablehnung Ablehnende Total LI AKTUELL Nr. 2/2020 23 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Stimmverhalten nach Alter Filter: Abstimmende Abb. 12: Doppelte Staatsbürgerschaft – Zustimmung und Ablehnung nach Alter N = 1’404 / Cramer-V = .070 n.s. (in Prozent; N = 1’404) Zustimmung und Ablehnung nach Alter (in Prozent; N=1404) 100% Die Zustimmung zur doppelten Staatsbür- 90% gerschaft war im jüngsten Alterssegment mit 34 Prozent am tiefsten. Statistisch gesehen 80% ist der Zusammenhang zwischen Alter und 70% 53 59 59 58 Stimmverhalten nicht signifikant. 67 60% 50% 40% 30% 47 43 20% 41 41 34 10% 0% 18–24 Jahre 25–34 Jahre 35–49 Jahre 50–64 Jahre 65+ Jahre Zustimmende Ablehnende LI AKTUELL Nr. 2/2020 24 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Stimmverhalten nach Ausbildung Filter: Abstimmende Abb. 13: Doppelte Staatsbürgerschaft Zustimmung und Ablehnung– nach Zustimmung höchsterund Ablehnung nach höchster abgeschlossener N = 1’404 / Cramer-V = .146*** abgeschlossener Ausbildung (in Prozent; Ausbildung N = 1’404) (in Prozent; N=1404) 100% Die doppelte Staatsbürgerschaft wurde im 90% höchsten Bildungssegment am wenigsten deutlich verworfen (54 Prozent Ablehnung). 80% Im tiefsten Bildungssegment waren es 71 70% 54 Prozent Nein zu 29 Prozent Ja-Anteil. 65 71 60% 50% 40% 30% 20% 46 35 29 10% 0% Obligatorische, Berufslehre Höhere Bildung Universität, ETH Zustimmende Ablehnende LI AKTUELL Nr. 2/2020 25 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Stimmverhalten nach Anzahl Staatsbürgerschaften Filter: Nur Abstimmende Abb. 14:Zustimmung Doppelte Staatsbürgerschaft und Ablehnung nach Entscheidungszeitpunkt – Zustimmung der Anzahl und und Ablehnung Staatsbürgerschaften Zustimmenden Ablehnenden (in N = 1’310 / Cramer-V = .197*** nach Anzahl Staatsbürgerschaften (inProzent; Prozent; (in Prozent; N=1310)N = 1’310) N=1470) Nur Liechtenstein: N = 990 100% 80 Auch andere Staatsbürgerschaft: N = 320 90% 70 80% 60 61 59 55 45 Die Vorlage zur doppelten Staatsbürger- 70% schaft wurde von den Stimmberechtigten 50 67 60% Prozent mit doppelter oder mehrfacher Staatsbürger- 40 schaft deutlich stärker unterstützt als von 50% 31 denjenigen, die nur die liechtensteinische 30 25 28 Staatsbürgerschaft aufweisen. Während die 40% Doppel- oder Mehrfachbürger/-innen mit 55 30% 20 14 14 14 55 Prozent mehrheitlich zustimmten, lehnten diejenigen ohne doppelte oder mehrfache 20% 10 33 Staatsbürgerschaft zu zwei Dritteln die Vor- 10% 0 lage ab. 0% Von Anfang an klar Mehrere Wochen vor der Erst kurz vor der Abstimmung Nur Liechtenstein Abstimmung Auch andere Staatsbürgerschaft Zustimmung Ablehnung Zustimmende Ablehnende Total LI AKTUELL Nr. 2/2020 26 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Zusammenfassung: Soziodemografische Merkmale und Stimmentscheid Filter: Nur Abstimmende N = 1’471 In einer binär-logistischen Regressionsana- lyse wird geprüft, wie gross der Einfluss der verschiedenen soziodemografischen Merk- male auf den Stimmentscheid ist. In die Be- rechnung fliessen folgende Variablen ein: Geschlecht, Alter, höchste abgeschlossene Ausbildung, Wohnort, Anzahl Staatsbürger- schaften. Schrittweise werden in weiteren Berech- nungen Variablen entfernt, die keine oder zu vernachlässigende Erklärungskraft auf- weisen. Am Ende bleiben drei Variablen mit Erklärungskraft: Bildung und Anzahl Staats- bürgerschaften, wobei Letzteres die grösste Erklärungskraft aufweist. Die Erklärungskraft ist fast so hoch wie unter Einschluss aller Variablen dieser Kate- gorie. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Erklärungskraft dieser Variablen beschei- den bleibt (Nagelkerkes R-Quadrat unter Einschluss aller Variablen dieser Katego- rie=.099; mit letztgenannten zwei Variablen: .76). Hinweis Nagelkerkes R-Quadrat < 0.1 = Modell mit schlechter Erklärungsgüte; 0.1–0.5= mittlere Erklärungs- güte; >0.5 = gute Erklärungsgüte. LI AKTUELL Nr. 2/2020 27 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Stimmverhalten nach politischem Interesse Filter: Nur Abstimmende Abb. 15: Doppelte Staatsbürgerschaft – Zustimmung und Ablehnung Zustimmung und Ablehnung nach politischem Interesse (in nach politischem Interesse (in Prozent; N = 1’398) N = 1’398 / Cramer-V = .078* Prozent; N=1398) 100% Bei den politisch wenig oder überhaupt nicht 90% Interessierten war die Ablehnung der Vorla- ge am deutlichsten, bei den sehr Interessier- 80% ten am wenigsten deutlich. Die Ablehnung 70% 58 63 erfolgte aber mehrheitlich in allen drei Seg- 69 menten. 60% Der Zusammenhang ist schwach signifi- kant. 50% 40% 30% 20% 42 37 31 10% 0% Sehr interessiert Eher interessiert Eher nicht/überhaupt nicht interessiert Zustimmende Ablehnende LI AKTUELL Nr. 2/2020 28 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Stimmverhalten nach Parteineigung Filter: Nur Abstimmende Zustimmung Abb. 16: Doppelte und Ablehnung Staatsbürgerschaft nach Parteineigung – Zustimmung und Ablehnung (in Prozent; nach Parteineigung (in Prozent; N = 1’289) N=1289) N =1’289 / Cramer-V = .343*** 100% Die doppelten Staatsbürgerschaft fand einzig 90% bei den Anhänger/-innen der FL eine mehr- 19 heitliche Zustimmung, und dies deutlich mit 80% 81 Prozent. Am grössten war die Ablehnung 70% 60 im Lager von DU und DpL, bei denen mehr als 61 60% 75 80 Prozent gegen die Vorlage stimmten. 81 86 Obwohl die FBP und die VU die Ja-Parole 50% vor der Abstimmung beschlossen hatten, stimmten ihre Anhänger/-innen mit 75 Pro- 40% 81 zent (FBP) bzw. 61 Prozent (VU) gegen die 30% Vorlage zur doppelten Staatsbürgerschaft. Von den Abstimmenden ohne Parteinei- 20% 39 40 gung stimmten 40 Prozent für, 60 Prozent 10% 25 20 gegen die Vorlage. 14 Der Zusammenhang zwischen Parteinei- 0% gung und Stimmverhalten ist hochsignifi- FBP VU FL DU DpL Keine kant. Zustimmende Ablehnende LI AKTUELL Nr. 2/2020 29 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Stimmverhalten nach Links- Rechts-Selbsteinstufung Filter: Nur Abstimmende Abb. 17:Zustimmung Doppelte Staatsbürgerschaft und Ablehnung nach – Zustimmung und Ablehnung Links-Rechts-Selbsteinstufung N = 1’288 / Cramer-V = .400*** nach Links-Rechts-Selbsteinstufung (in Prozent; (in Prozent; N=1288)N = 1’288) 100% Die Befragten sollten sich auf einer Ska- 90% la von 0 bis 10 im politischen Spektrum 28 31 verorten, wobei 0 ganz links und 10 ganz 80% rechts bedeutet. In der Abbildung bedeuten 70% 64 «Links» und «Rechts» die Werte von 0 bis 2 beziehungsweise 8 bis 10. «Mitte links» und 60% 76 82 «Mitte rechts» bedeuten die Werte 3–4 be- ziehungsweise 6–7, während der Wert 5 die 50% «Mitte» markiert. 40% Es zeigt sich ein hochsignifikanter Zu- 72 70 sammenhang zwischen der Position auf der 30% Links-Rechts-Achse und dem Abstimmungs- 20% verhalten. Im linken Lager wurde der Vor- 36 10% 24 lage mit rund 70 Prozent zugestimmt, wäh- 18 rend in der Mitte und im rechten Lager die 0% Vorlage deutlich abgelehnt wurde. Links Mitte links Mitte Mitte rechts Rechts Zustimmende Ablehnende LI AKTUELL Nr. 2/2020 30 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
Stimmverhalten nach Zufriedenheit mit der Demokratie Filter: Nur Abstimmende Abb. 18: Doppelte Staatsbürgerschaft Stimmentscheid – Zustimmung nach Zufriedenheit und mit der Ablehnung Demokratie N = 1’344 / Cramer-V = .076 n.s. nach Zufriedenheit mit der Demokratie (in Prozent;(in Prozent; N = 1’344) N=1344) 100% Zwischen der Zufriedenheit mit der Demo- 90% kratie und dem Abstimmungsverhalten zeigt sich kein statistisch signifikanter Zusam- 80% menhang. 70% 61 60 64 60% 80 50% 40% 30% 20% 39 40 36 10% 20 0% Sehr zufrieden Eher zufrieden Eher unzufrieden Sehr unzufrieden Zustimmende Ablehnende LI AKTUELL Nr. 2/2020 31 Marxer: Volksabstimmung «Doppelte Staatsbürgerschaft»
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