Willkommen im Baselbiet - BASELLAND - Pro Natura Baselland
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2 Willkommen im Baselbiet Mit dem Signet des Hochstamm-Obst- unsere Region und breiten sich erfreu- baumes begrüsst das Baselbiet Gäste licherweise in unseren Wäldern aus. von nah und fern. Sie sollen die schöne Wussten Sie, dass in unseren Wäldern Landschaft geniessen und sich hier neben verwilderten Katzen auch die wohl fühlen. Auch Menschen, die sich einheimische Wildkatze lebt? Und was im Baselbiet dauernd niederlassen wol- wissen Sie über Wildschweine, ausser len, sind willkommen. Und mit der dass diese landwirtschaftlichen Scha- gleichen Haltung sollten wir einwan- den anrichten? dernde Tiere begrüssen, vor allem, wenn sie eigentlich hier heimisch sind Diese Spezialausgabe des Pro Natura und bloss ihren ursprünglichen Lebens- lokal vermittelt viel Wissenswertes raum wieder in Anspruch nehmen. über Tiere, die man kennt, aber über die man oft sehr wenig weiss. Halten Sie Kai-Uwe Schneemann Luchs, Hirsch und Gämse sind beim nächsten Spaziergang die Augen bekannte Tierarten, aber kaum jemand offen, vielleicht finden Sie Spuren die- bringt sie mit dem Baselbiet in Zusam- ser faszinierenden Tiere oder begegnen menhang. Doch sie gehören auch in ihnen mit viel Glück sogar persönlich. Impressum Sektionsbeilage zum Pro Natura Magazin, Mitgliederzeitschrift von Pro Natura Baselland Erscheint 4 mal jährlich Herausgeberin: Pro Natura Baselland Quellen und Links Geschäftsstelle: Gedruckt: Kasernenstrasse 24, Postfach, 4410 Liestal, 1Säugetiere der Schweiz, Schweizerische Tel. 061 921 62 62, Fax 061 923 86 51 Akademie der Naturwissenschaften, Birkhäuser Verlag, 1995 e-mail: pronatura-bl@pronatura.ch, 2Zeitschrift Wildbiologie (vierteljährlich), PC 40-8028-8 c/o Wildtier Schweiz, Tel. 044 635 61 31, wild@wild.unizh.ch Redaktion: 3Freizeitaktivitäten im Lebensraum der Kai-Uwe Schneemann, Urs Chrétien, Alpentiere. Urs Leugger, Regula Pulfer Paul Ingold (Hrsg). Haupt Verlag AG, 2005. 4Thesen für einen zukunftsgerichteten Text: Kai-Uwe Schneemann, Urs Chrétien Naturschutz Pro Natura Baselland, 2005 Fachliche Beratung: Ignaz Bloch, Oswald www.pronatura.ch/bl Odermatt (Spuren), Urs Tester, Darius Weber Titelbild: Rothirsch (Foto Karl Weber) Virtuell: Gestaltung, Satz: Urs Chrétien Wildtier Schweiz: www.wild.unizh.ch Druck: Steudler Press AG, Basel Wolf, Luchs, Bär: www.kora.ch Wildtierbiol. Arbeitskreis: www.wildark.ch Auflage: 6000 Ex. Wildtierforschung Region Basel: Pro Natura lokal ist auch im Internet unter www.wildtierforschung.ch www.pronatura.ch/bl abrufbar WSL: www.wsl.ch/programme/waldwild
3 Der Luchs Der Luchs war einst in der ganzen Schweiz heimisch. Durch Bejagung und die zunehmende Entwaldung ist er aus dem Mittelland verschwunden, später wurde er auch aus dem Jura und den Alpen verdrängt. Die letzte histori- sche Luchsbeobachtung erfolgte 1904 in der Gegend des Simplonpasses. Seit den 70er Jahren laufen in einigen Ländern West- und Mitteleuropas Wie- deransiedlungsversuche. 1971 wurden, vom Bundesrat bewilligt, die ersten Luchspaare aus den Karpaten im Kan- Karl Weber ton Obwalden freigelassen. Seit dieser Wiederansiedlung haben sich in der Schweiz zwei Luchspopulationen ent- Er ist nicht scheu, aber sehr heimlich. wickelt, eine im Jura und eine in den BL Kaum einer wird ihn je zu Gesicht Nordwestalpen. eiwesen bekommen, auch wenn der Luchs das Fischer Baselbiet zunehmend durchstreift. Der Von rund tausend Beutetieren, welche Laie wird über seine Anwesenheit in der Schweiz im Rahmen radiotele- gd und allenfalls aus Zeitungsberichten erfah- metrischer Untersuchungen bisher är-, Ja ren, wenn wieder einmal ein Tier in gefundenen wurden, sind 88% Rehe Veterin eine Fotofalle getappt oder dem Auto- und Gämsen. Andere Wildtierarten bil- verkehr zum Opfer gefallen ist. Aber den bloss eine Gelegenheitsbeute. Ein der Luchs ist tatsächlich in unserer Luchs braucht pro Woche ungefähr ein Region und dies seit Jahren! Im Rah- Reh oder eine Gämse, das heisst gut men des Programms KORA (Koordi- 50 Tiere pro Jahr. Verglichen mit dem nierte Forschungsprojekte zur Erhal- Autoverkehr, durch den im Kanton gut Steckbrief tung und zum Management der Raub- 200 Tiere pro Jahr verunfallen, gibt er tiere in der Schweiz) ist man ihm mit sich also mehr als bescheiden! In der Schweiz kommt der eurasische Luchs (Lynx lynx) vor. Der Luchs hat sehr gute Augen Richtantennen und Fotofallen auf den und ein sehr scharfes Gehör. Bei seiner Jagd Fersen, um seine Verbreitung in der Haustiere – vor allem Schafe – spielen bedient er sich des Überraschungsangriffs. War Schweiz zu untersuchen. Immerhin nur lokal und zeitlich beschränkt eine der Angriff erfolgreich, verschlingt der Luchs die leben etwa 30 Luchse im Jura. Eine Rolle. Luchse die sich ausschliesslich Beute nicht in einem Mal, sondern kehrt während zweite davon isolierte Population lebt von Schafen ernähren, sind selten. mehrerer Nächte an seinen Riss zurück. Der Luchs lebt einzelgängerisch in Revieren, in den Nordwestalpen. Solche Spezialisten dürfen mit Einwil- deren Grösse stark schwankt. Im Durchschnitt ligung des BAFU abgeschossen wer- beträgt sie bei Männchen im Jura etwa 300 km2, Erstmals im Frühjahr 2005 ist bei Lan- den. Nach der Schadensstatistik der bei Weibchen 170 km2. Er kann 14 bis 16 Jahre genbruck ein Luchs auf Baselbieter KORA sind im Baselbiet bisher noch alt werden. Männchen und Weibchen leben die Boden in eine Fotofalle getappt. keine Nutztiere von Luchsen gerissen meiste Zeit getrennt. Nur während der Ranzzeit, im März und Anfang April, verbringen sie län- Wenige Monate später wurde im Raum worden. gere Zeit miteinander. Luchsweibchen werden Diegten eine Luchsmutter mit ihren mit zwei Jahren geschlechtsreif, Männchen meist Jungen beobachtet. Als trauriger Nach- Die Akzeptanz bei Jägern und Land- erst mit drei Jahren. Nach einer Tragzeit von weis ist Ende 2004 bei Muttenz ein wirten ist denn auch gross. Viele Jäger 68–72 Tagen bringt die Luchsin Ende Mai bis Luchs Opfer eines Verkehrsunfalls sind sogar stolz darauf, dass es in unse- Anfang Juni 1–4 Junge zur Welt. In den ersten Lebenswochen werden sie an einem gut geworden. Verschiedene Beobachtun- rer Region wieder Luchse gibt und hof- geschützten Ort von der Luchsin gesäugt, bis sie gen von Jägern und Wanderern gab es fen wie viele andere, dieses schöne Tier der Mutter zu der erlegten Beute folgen können. jedoch schon seit Jahren. doch einmal zu Gesicht zu bekommen.
4 Die Gämse Gemäss Ignaz Bloch, dem Leiter des Veterinär-, Jagd- und Fischereiwesens, soll der Bestand aber eher zurückhal- tend bejagt und der Gamsbestand so moderat auf etwa 150 Tiere wachsen können. Ausserdem haben die Kantone Baselland und Solothurn vor, die Gäm- sen und deren Wanderverhalten wis- senschaftlich untersuchen zu lassen. Mit ihren Hufen ist die Gämse hervor- ragend für ihren Lebensraum im Fels- gebiet gerüstet. Die harten Schalenrän- Claude Morerod der und die elastische Sohle erleichtern das Klettern. Im Sommer, wenn sich die Schalenränder am Fels abschleifen, findet die Gämse mit der weichen Die Gämse bringen wir spontan mit Sohle guten Halt. Im Winter hingegen den Alpen in Verbindung. Doch auch verhilft die scharfe Kante zu sicherem im Kanton Baselland kommt sie vor. Tritt auf vereisten Flächen. Nach jüngsten Zählungen darf man im Kanton von etwa 110 Tieren ausgehen. Geissen, Kitze und Jungtiere im zwei- Auch wenn die heutigen Gamsbestände ten Lebensjahr leben in Rudeln, deren étien auf Aussetzungen in den 50er Jahren Grösse und Zusammensetzung stark Urs Chr zurückgehen, so ist die Gämse dennoch wechseln. Böcke dagegen leben ein- eine einheimische Tierart. Dies belegen zeln oder in Junggesellengruppen. Nur unter anderem Knochenfunde aus dem zur Paarungszeit im Herbst schliessen Mittelalter. sie sich den Geissrudeln an. Im Gebirge leben Gämsen bevorzugt Gämsen sind sehr empfindlich, was nahe der Waldgrenze. Im Winter, wenn Störungen durch den erholungssuchen- Steckbrief die Nahrungssuche erschwert ist, stei- den Menschen angeht3. Nähern sich Die Gämse (Rupicapra rupicapra) hat eine gen sie auch in tiefere Lagen ab. Auch ihnen beispielsweise Wanderer oder schlanke, ziegenartige Statur, eine ausgeprägte im Baselbiet kommen sie vornehmlich Kletterer auf eine Distanz von 200 Gesichtsmaske und trägt kleine, an der Spitze in höheren Lagen vor. Allein um den Meter, flüchten sie je nach Beschaffen- nach hinten gebogene Hörner. Gämsen sind Wie- Blauen leben bis zu 40 Tiere. Daneben heit des Geländes bis 250 Meter weit, derkäuer. Im Sommer ernähren sich Gämsen vor haben sie die Gebiete Passwang-Lau- bei Mountainbikern sogar doppelt so allem von Gräsern und Kräutern, nebst Grüntei- len von Stauden, Sträuchern und Bäumen. Im wil und Bölchen besiedelt. Vereinzelt weit. Zudem reagieren sie im Winter Winter gehören auch Moose und Farne zu ihrer sind aber auch Tiere in tieferen Lagen, viel empfindlicher als im Sommer. Nahrung. Wasser trinken sie nur selten. Gele- so beispielsweise bei Arlesheim beob- Daher können beispielsweise naturver- gentlich finden sich in ihrem Magen sogenannte achtet worden. Gämsen brauchen zwar bundene Schneeschuhläuferinnen und Gamskugeln. Diese werden durch Zusammen- Felsen als Rückzugsgebiete, diese müs- -läufer die Tiere im Winter empfindlich ballungen von Pflanzenfasern, Harz, Haaren und anderen unverdaulichen Bestandteilen gebildet sen aber offensichtlich nicht im Hoch- stören, wenn sie sich quer durchs und können einen Durchmesser von bis zu 15 cm gebirge sein. Gelände bewegen. Umgekehrt gewöh- erreichen. nen sich die Tiere gut an wiederkeh- Gämsen sind Rudeltiere. Die Paarungszeit dauert Seit den 70er Jahren hat der Gamsbe- rende Störungen auf Wanderwegen und von Oktober bis Dezember. Nach einer Tragzeit stand im Kanton – begünstigt durch weichen diesen aus. von etwa 6 Monaten bringen die Geissen im Frühsommer in der Regel 1 Junges zur Welt. ein absolutes Abschussverbot – konti- Gämsen können 14 bis 20 Jahre alt werden, ster- nuierlich zugenommen. Seit 1993 ben in der Regel aber wesentlich früher. besteht dieser Schutz nicht mehr.
5 Der Rothirsch Ursprünglich lebten Rothirsche flächendeckend vom Meeresniveau bis in 2800 m Höhe. Heute ist ihre Verbrei- tung aufgesplittet in kleine, oft isolierte Restvorkommen. Die intensive Nut- zung der offenen Landschaft (Agrar- wirtschaft, Siedlungen, Verkehr u.a.) hat zusammen mit einem starken Jagd- druck fast überall dazu geführt, dass die Tierart nur noch dort existieren kann, wo sie genügend grosse Wälder als Rückzugsgebiete vorfindet. Nach einer vom Kanton in Auftrag Karl Weber gegebenen Studie sind die Gebiete Blauen und Bölchen für die Besiedlung durch Rothirsche gut geeignet, dane- Hirschbrunft im Baselbiet als ben gibt es mehrere kleinere bedingt Touristenattraktion? Vielleicht können geeignete Gebiete, die aber immerhin wir dieses Naturspektakel tatsächlich alle miteinander vernetzt sind. bald vor unserer Haustüre miterleben, L att, WS denn der «König der Wälder» hat das Rothirsche leben in Rudeln, die fast Baselbiet wieder entdeckt. Aus dem ganzjährig nach Geschlechtern ge- Oderm angrenzenden Frankreich und dem trennt sind. Solche Rudel können selbst Oswald Kanton Jura wagt er sich allmählich in optimale Nahrungsgebiete übernutzen. die Nordwestschweiz zurück. Dies führt heute, insbesondere im Wald, zu Konflikten mit der Forstwirt- Um 1850 galt der Rothirsch landesweit schaft, während sich die Jäger über ihre als ausgerottet. Die Wiederbesiedlung Anwesenheit freuen. Solche Konflikte setzte jedoch bereits ab 1870 von lassen sich nur durch eine auf die Österreich her ein. Auch in der Nord- Rothirschbiologie ausgerichtete Jagd- westschweiz erobert er sich nun einen planung bei gleichzeitiger Verbesse- Lebensraum zurück, aus dem er einst rung des Lebensraumes entschärfen. vom Menschen verdrängt wurde. Von einem festen Bestand kann zwar noch Im September ist die einzige Phase im keine Rede sein, doch mit einer Jahr, in der beide Geschlechter zusam- Steckbrief ganzjährigen Schonzeit wird der menkommen. Nach der Brunft trennen Der Rothirsch (Cervus elaphus) ist nach dem gesetzliche Auftrag umgesetzt, dem sich die Geschlechter wieder, und die Elch die grösste Hirschart Europas und das grös- Hirsch Lebensraum zur Verfügung zu Tiere beziehen ihre Überwinterungsge- ste einheimische Säugetier. Männliche Rothir- stellen, wenn er ins Kantonsgebiet vor- biete. Rothirsche sind zwar ausgespro- sche tragen ein grosses und vielverzweigtes dringt. Und ein gewisser Druck ist da, chen ortstreu. Dennoch wandern ein- Geweih aus Knochensubstanz. Rothirsche sind wie Ignaz Bloch, Kantonstierarzt und zelne Tiere – oft 2–3jährige – bis zu Wiederkäuer. Das Nahrungsspektrum reicht von saftigen Gräsern, Seggen, Kräutern und Knospen Leiter Veterinär-, Jagd- und Fischerei- 100 km weit und können so neue bis hin zu Baumrinde, Tannennadeln, Zweigen wesen, erklärt: Neben Beobachtungen Lebensräume erschliessen. Vielleicht und Flechten. Zwischen 8–20 kg frische Nah- im Raum Aesch-Ettingen gibt es gelingt dies ja auch in unserem Kan- rung braucht ein Rothirsch täglich. Die Paa- direkte Nachweise aus Giebenach, wo tonsgebiet. rungszeit (Brunft) dauert von September bis ein Tier leider überfahren wurde und Oktober. Nach einer Tragzeit von etwa 8 Mona- ten bringt die Hirschkuh meist ein Junges zur aus Kleinlützel, wo im Frühjahr 2005 Welt. Rothirsche können bis 30 Jahre alt werden, knapp jenseits der Kantonsgrenze ein sterben in der Regel aber wesentlich früher. Hirsch abgeschossen wurde.
6 Die Wildkatze Heute ist die Wildkatze in der Schweiz nur im Jura und seinen Ausläufern hei- misch. Auch im Baselbiet kommt sie vor. Sichere Belege gibt es aus dem Gebiet der Blauen-Kette und aus dem Lützeltal, sagt Darius Weber vom Büro Hintermann & Weber AG, der zur Zeit mit Unterstützung des Veterinär-, Jagd- und Fischereiwesens Baselland das 12- monatige Projekt «Wildkatze BL» bearbeitet. Ein Hauptziel des Projekts ist die Erhebung des Wildkatzenbe- standes im Kanton. Karl Weber Die Wildkatze bevorzugt warme und sonnige und vor allem reich struktu- rierte Laub- und Laubmischwälder und Auf leisen Pfoten schleicht sie durchs gilt als Zeiger für ein weitgehend intak- Unterholz, die kleine, schwach geti- tes Ökosystem. Entscheidend ist die gerte Wild- oder Waldkatze. Wer Grösse der Waldgebiete – je grösser jemals das Glück hat, diesem scheuen desto besser. Von grosser Bedeutung ist Räuber zu begegnen, dürfte ihn wohl auch die winterliche Schneehöhe. Da für eine streunende Hauskatze halten. ihre Hauptbeute Kleinsäuger, vor allem Weber verschiedene Mausarten sind, die sie Darius Tatsächlich ähneln Wildkatzen man- bereits unter einer 20 cm dicken chen Hauskatzen auch sehr. Sie unter- Schneedecke nicht mehr erbeuten scheiden sich von ähnlich gefärbten kann, ist sie auf schneefreie Gebiete Hauskatzen durch den buschigen angewiesen. «Alles, was die Wildkatze Schwanz, der in einer stumpfen Spitze braucht, ist wenig Schnee und viele endet und dunkle Ringe trägt und einer Mäuse», bringt es Darius Weber auf immer fleischfarbigen und hellen Nase. den Punkt. Außerdem ist die Behaarung bei Wild- katzen länger, das Fellmuster nie deut- Wildkatzen sind vornehmlich nacht- lich ausgeprägt, und die Beine sind aktiv und leben weitgehend solitär. dicker als bei der Hauskatze. Dies erschwert ihre Beobachtung und Steckbrief verlangt nach besonderen Untersu- Früher war die Wildkatze in ganz chungsmethoden. Mit Fotofallen kön- Wildkatzen (Felis silvestris) sind vorwiegend während der Nacht aktiv. Sie leben einzelgänge- Europa verbreitet. Bejagung und Zer- nen zwar Individuen anhand der Fell- risch. Während weibliche Tiere bei einer durch- schneidung oder gar Vernichtung ihres merkmale wiedererkannt werden. schnittlichen Streifgebietsgrösse von 3,7 km2 Lebensraums führten zu einem drasti- Wirklich sicher können Wildkatzen sehr standorttreu leben, liegt die mittlere Grösse schen Bestandesrückgang. Am Ende von Hauskatzen aber nur durch geneti- der Reviere von Katern im Durchschnitt bei des 18. Jahrhunderts war sie in der sche Untersuchungen, z.B. an Haaren 23 km2. Etwa 66 Tage nach der Paarung im Februar bis Schweiz praktisch ausgerottet. unterschieden werden, wie sie im Rah- März wirft die Katze 3 – 4 Junge, die anfangs men des Projektes «Wildkatze BL» noch blind sind. Wildkatzen werden in der freien Seit 1962 steht die Wildkatze in der durchgeführt werden. Natur etwa 3 Jahre alt. Übrigens stammt unsere Schweiz unter Schutz. Die Gefahr, das Hauskatze nicht von der Wildkatze sondern von Wildkatzen versehentlich von Jägern, der nordafrikanischen Falbkatze ab, die die Ägypter vor 4000 Jahren zähmten und die Römer die sie für verwilderte Hauskatzen hal- später in grosser Zahl nach Mitteleuropa brach- ten, abgeschossen werden, ist aber ten. recht gross.
7 Das Wildschwein rinär-, Jagd- und Fischereiwesen. Die Gründe dafür seien ein gutes Mastjahr 2004 und zu wenige Abschüsse von Sauen. Aber man hat reagiert und ein Jagdkonzept erarbeitet, das nun in die Umsetzung geht. Hauptaspekte sind, mehr Frischlinge und weniger adulte Sauen zu schiessen und den Jagddruck im Feld zu erhöhen. Dadurch sollen die sehr lernfähigen Tiere veranlasst wer- den, im Wald zu bleiben. Obwohl sie das Offenland oft zur Nahrungssuche aufsuchen, gelten sie als ausgespro- chene Waldbewohner. Auch Urs Tester, Karl Weber Säugetierexperte bei Pro Natura, ist überzeugt, dass die Jagd angepasst werden muss. Man muss ihre Lern- Imposant und furchterregend sehen sie fähigkeit nutzen und sie durch gezielte aus, die grossen Keiler – und herzig Jagd auf Feldern dazu bringen, im Wald sind umgekehrt die gestreiften Frisch- zu bleiben. Erziehung statt Reduktion linge. Den einen bringen sie Glück – um jeden Preis soll die Devise sein. emann den anderen nichts als Ärger. Die Mei- nungen und Einschätzungen gehen bei Denn Wildschweine kompensieren e Schne dieser faszinierenden Tierart denn auch Reduktionen mit atemberaubender Kai-Uw stark auseinander. Weil sie bei der Nah- Geschwindigkeit. Die Population kann rungssuche im Wald oft Raupen und im Jahr um das Dreifache wachsen. Bei Puppen von Forstschädlingen fressen einem Eingriff in die Natur, wenn zum und mit ihrem Wühlen überdies den Beispiel eine Leitbache abgeschossen Waldboden durchlüften, sind sie im wird, können Frischlinge schon mit Forst gern gesehen. Auf Wiesen und neun Monaten geschlechtsreif werden, Feldern gelten sie dagegen als Schäd- statt wie normal erst im Alter von zwei linge. Dank ihrer grossen Anpassungs- Jahren. Dazu kommt, dass die Jagd auf fähigkeit nutzen Wildschweine zum Wildschweine schwierig ist, da sie Steckbrief Leidwesen der Landwirte zusehends weder nach einem bestimmten Zeitplan Wildschweine (Sus scrofa) sind intelligente, das Angebot moderner Agrarwirt- noch auf bekannten Routen verkehren. sozial hochentwickelte Tiere. Sie sehen nicht schaft. In Getreide- und Maisfeldern Die Jäger müssen also viel Zeit inve- sehr gut, dafür riechen und hören sie umso bes- finden sie Nahrung und gleichzeitig stieren. Aber auch die Landwirte müs- ser. Die erwachsenen Weibchen (Bachen) leben mit den Frischlingen und den älteren Töchtern Ruhe, wenn in angrenzenden Wäldern sen ihre Verantwortung ernst nehmen gesellig in Rotten. Angeführt wird die Rotte von Jäger nach ihrem Leben trachten. und ihre Felder schützen, um die Schä- der Leitbache, dem ältesten und erfahrensten den zu begrenzen. Tier. Die männlichen Tiere (Keiler) leben, ausser In der Schweiz kamen Wildschweine zur Paarungszeit, einzelgängerisch. Zur Brunft seit jeher vor. Zwischenzeitlich waren Wildschweine sind Allesfresser: Von (Rauschzeit), etwa November-Januar, finden sich die Keiler bei den Rotten ein. Nach einer sie jedoch praktisch ausgerottet. In pflanzlicher bis tierischer Nahrung, Tragzeit von 16 – 20 Wochen bringen die Bachen einigen Kantonen, darunter das Basel- von Insektenlarven bis zu verendetem 4 bis 6 Frischlinge zur Welt. Wildschweine wer- biet, ist die Population in den letzten Wild nehmen sie alles zu sich. Frisch- den in der freien Natur bis zu zehn Jahre alt und Jahren stark gewachsen, und die Wild- linge brauchen eiweissreiche Kost und wiegen ausgewachsen weit über 150 Kilo. Da schweinschäden an Feld und Wiesen fressen deshalb gerne Kleintiere. Raubtiere als natürliche Feinde fehlen, sind die häufigsten Todesursachen neben Krankheiten haben zugenommen. Im Baselbiet war und mangelnder Nahrung im Winter die Jagd und das Jahr 2005 ein Rekordjahr für Wild- der Autoverkehr. sauen, sagte Ignaz Bloch, Leiter Vete-
8 Im Baselbieter Wald lässt’s sich gut leben! Haselhühner und Waldschnepfen oder sogar Auerhühner bei uns wieder wohler fühlen. Es wäre zudem wünsch- bar, dass in den Ruhezonen vermehrt auch völlig auf die Jagd verzichtet wird und zusätzliche kommunale und kanto- nale Jagdbanngebiete ausgeschieden werden, um den Waldtieren wirklich ungestörte Rückzugsgebiete zu bieten. Grundsätzlich steht Pro Natura der Jagd jedoch positiv gegenüber, insbe- sondere dann, wenn sie nach den Regeln einer nachhaltigen Hegejagd Karl Weber erfolgt, d.h. einer Jagd auf der Basis gesicherter und gesunder Wildbe- stände. Es gibt keine tiergerechtere Es ist ein gutes Zeichen für den Haltung als die freie Wildbahn. Jagd- Zustand unserer Wälder, wenn lich genutzt wird dabei alljährlich nur sich Tiere das Baselbiet als ein Teil der natürlichen Vermehrung, neuen Lebensraum aussuchen. damit die Bestände nicht gefährdet Die grösste Gefahr für alte und werden. Dabei wird darauf geachtet, neue Waldbewohner geht vom das Wild so wenig wie möglich zu Bühler Verkehr und von wildernden stören und zu verängstigen. Sarah Hunden aus. Die grösste Bedrohung für die Wald- Pro Natura Baselland begrüsst, dass tiere stellt neben wildernden Hunden Tiere, die ehemals einheimisch waren der Verkehr dar. Jährlich werden Hun- nun ins Baselbiet zurückkehren. Sie derte von Wildtieren überfahren oder haben ein Recht darauf, hier zu leben. ernsthaft verletzt. Aber auch die Zer- Schliesslich sind nicht sie, sondern wir schneidung und Isolierung der Lebens- die Eindringlinge. Der Mensch hat die räume durch Strassen und Bahnlinien Tiere einst vertrieben und ihnen den sind langfristig eine grosse Bedrohung. Lebensraum genommen. Eine natürliche Wanderung und der genetisch notwendige Austausch zwi- Aber nun kehren sie zurück, und offen- schen den Populationen ist in der sichtlich lassen sie sich auch nicht Schweiz stark erschwert. So wandern durch die vielen Menschen im Wald fast alle Tiere über den Jurabogen in abhalten. Ein Mit- und Nebeneinander unseren Kanton ein. Das Mittelland ist von Natur, Erholungsnutzung und einer für sie kaum zu durchqueren. naturnahen Wald- und Landwirtschaft ist möglich und sinnvoll. Wichtig sind Pro Natura Baselland hat sich in ihren jedoch Rücksicht und Respekt. Not- Thesen für einen zukunftsgerichteten wendige Einschränkungen wie bei- Naturschutz4 zu einem dynamischen spielsweise die Leinenpflicht für Artenschutz sowie zu einem Miteinan- Hunde während der Brut- und Setzzeit der von Mensch und Tier bekannt. In sowie die im neuen Jagdgesetz vorge- dieser Richtung wollen wir weiterar- sehenen Wildruhezonen sind einzuhal- beiten. Auf dass sich Mensch und Tier ten. So werden sich vielleicht auch im Baselbiet wohl und willkommen störungsanfälligere Tierarten wie fühlen.
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