Für die Tiere ändert sich alles Circus Royal hat es nicht verstanden - PRO - ProTier
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1/2019 PRO Für die Tiere ändert Ab Se i t e 12 e– n i ti a ti v r i f t! sich alles u n g s i lt ch n t i e r h a I h re r U n te r s Masse i t FEN m M IT H E L Circus Royal hat es nicht verstanden
| INH A LT IMPRESSUM Editorial3 ProTier Zeitschrift Für die Tiere ändert sich alles 4 Ausgabe März, Nr. 1/2019 Das erlaubt die Schweiz (noch): Lebendig geschreddert! 8 48. Jahrgang «Keine Wildtiere im Zirkus!» – Circus Royal hat es nicht verstanden! 9 Erscheint 4 x jährlich Serie Tier und Recht: Fehlender Lebensschutz im Tierschutzrecht 10 Abonnement Nach elf Jahren an der Kette endlich frei 11 Gönner, Paten und Spender erhalten Unterschriften sammeln für die Initiative «Eine Schweiz ohne die Zeitschrift kostenlos. Massentierhaltung»12 Einzelnummer CHF 7.– Buchtipp: Eine Hommage – die Seele der Rinder 15 Serie Tiergesundheit: Massentierhaltung aus der Sicht Redaktion eines Tierarztes 16 Monika Wasenegger (mw) Barbara Kerkmeer (bk) Ein Winter mit viel Einsatz gegen Pelz! 17 Freundschaft verbindet – und wie: ProTier durfte Check aus der Redaktionelle Mitarbeit Spendenaktion von Fressnapf Schweiz entgegennehmen 18 Joey Zijlstra (jz) Martina Futterlieb (mf) «Being with Animals – mit Tieren reden»: Ein Film, der berührt 19 Warum müssen wir an Ostern Lamm essen? 20 Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Ostermenu à la «Vegan for Love» 21 Weiterverwendung der Artikel und Bilder Voliere Zürich: Tanz in der Luft 22 nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Wilds Kolumne – Tier-Ethik: Mittelmass und Grössenwahn 23 Genehmigung der Redakt ion. Die Beiträge decken sich nicht zwingend Werden Sie Gönnerin, Gönner von ProTier 24 mit der Meinung der Redaktion. Für die Tiere ändert sich alles «Keine Wildtiere im Zirkus!» Titelbild Lamm, Tierarche Seeland Foto © www.angelaweibelfotografie.ch Layout / Typografie Anita Estermann Design, aedesign.ch Druck Staffel Medien AG, 8045 Zürich 4 9 Nach elf Jahren an der «Eine Schweiz ohne Kette endlich frei Massentierhaltung» PRO 11 12 ProTier – Stiftung für Film: «Being with Animals – Ostermenu à la Tierschutz und Ethik mit Tieren reden» «Vegan for Love» Alfred-Escher-Strasse 17 CH-8002 Zürich Telefon 044 201 25 03 tierschutz@protier.ch www.protier.ch www.facebook.com/Stiftung.ProTier PC-Konto : 60-455782-5 IBAN: CH41 0900 0000 6045 5782 5 19 21 2 ProTier 1/ 19
ED I T O R I A L | Soll unsere Welt bleiben, müssen wir uns ändern J unge Menschen setzen sich für Kli- Tierschutz. Uns allen ist längst klar, ma- und Tierschutz ein – sie wol- dass für die Produktion von tierischen len eine Zukunft. Auf ihren Plaka- Lebensmitteln zu viele Tiere auf zu en- ten sind Eisbären und die Botschaft gem Raum gehalten werden. Neben «Es gibt keinen Planeten B». schrecklichen Haltungsbedingungen Sie kämpfen mit den Vorurteilen, für die Tiere führt diese Intensivpro- dass sie lieber in die Schule gehen duktion auch zu erheblichen Klima- sollten statt auf die Strasse und dass effekten und trägt zum Welthunger sie abgehobene Aussenseiter seien. bei. Uns sollte daher auch längst klar Hören wir ihnen zu, erfahren sein, dass sich dies nur ändert, wenn wir, dass sie sich ganz konkrete Ge- wir unseren Konsum tierischer Pro- danken zu Veränderungen gemacht dukte drastisch verringern. Nur dann haben und uns ihre Botschaft über- werden weniger «Nutz»tiere gehal- bringen wollen: Wir wollen leben – ten respektive gezüchtet. Und erst gemeinsam! wenn diese vergleichsweise wenigen Foto © www.angelaweibelfotografie.ch Tiere artgerecht leben können, wird Sicher haben Sie schon von den der Traum einer tierleidfreien Welt ein Helfen Sie mit, zu helfen! Die Klimastreiks der Jugend gehört oder bisschen konkreter. Spendenaktion mit Fressnapf Schweiz gelesen. Schnell wurde darüber dis- (Seite 18) beweist: Wir alle sind tie- kutiert, dass die Kinder am Freitag in risch engagiert. Danke! Projekte wie «Tiere retten bekämpft die Schule gehören und nicht auf die «Stopp Pelz!» (Seite 17) oder «Keine die Symptome.» Strasse. Zu Recht kam die Antwort Wildtiere im Zirkus» (Seite 9) sollen der «Kinder», dass diese Themen genauso Wirklichkeit werden. Ein- nun endlich angepackt werden müs- Auch wenn wir uns täglich für drücklich zeigt der Film «Being with sen und es Lösungen braucht. Die die Rettung von Tieren einsetzen, Animals» (Seite 19), was Tiere uns Klimastreiks schlagen hohe Wellen, ist dies nicht die Lösung des Prob- zu sagen haben, wenn wir ihnen zu- und Urteile und Sanktionen lassen lems, sondern nur die Bekämpfung hören. nicht lange auf sich warten. Auch der Symptome. Das ist allerdings Leserbriefe und Kommentare gibt es genauso wichtig, denn der Blick in Tiere wünschen sich ein Leben zuhauf. die Augen eines geretteten Tieres ist in Gesundheit und Freiheit und eine ein Glücksmoment – beschrieben im Welt, die für sie lebenswert ist, ge- Doch zuhören und mit diesen Beitrag auf Seite 11, der schildert, nauso wie sich unsere Kinder eine jungen Menschen ihre Anliegen dis- wie ein Kettenhund nach elf Jahren Zukunft wünschen. Wieso hören kutieren, das tun wohl die wenigs- endlich frei sein darf, oder im Artikel wir ihnen nicht zu und zollen ihnen ten. Seite an Seite für das Klima ein- über den neugeborenen Lebenshof Respekt, indem wir Platz schaffen stehen, das wäre hier das Richtige. Tierarche Seeland ab Seite 4. für ihre Wünsche und unser Verhal- Wollen wir unseren Kindern eine le- ten ändern? benswerte Welt hinterlassen, dann «Die Ursache von Tierleid müssen wir uns ändern – hier und Die Zeit für Lösungsideen wie we- ist unser Lebensstil.» heute. niger Plastik, weniger tierische Produkte, weniger Flugreisen und Am 18. Januar fand die erste Trotzdem dürfen wir die Augen so weiter ist reif. Wir müssen nur schweizweite Klimademonstration vor der Ursache von Tierleid nicht anfangen, uns zu verändern! statt. Sie war ganz anders als die verschliessen – unserem Lebens- Aktivistendemos, die wir von früher stil. Abertausend Kühe, Schweine Danke fürs Zuhören und danke fürs kennen – sie war jung und friedlich. und Hühner fristen ihr Dasein auch Miteinander-Verändern. Eindrücklich waren die Transparente in der Schweiz in Massentierhaltung – viele selbst gebastelt. (ab Seite 12). Genauso ist es in der Schweiz erlaubt, dass männliche Die meisten Themen aus dem Küken am ersten Lebenstag getötet Klimaschutz sind die gleichen wie im werden (Seite 8). Ihre Monika Wasenegger ProTier 1/ 19 3
Für die Tiere ändert sich alles Fotos © www.angelaweibelfotografie.ch Seit mehr als 250 Jahren ist das Hübeli in Kallnach ein Bauernhof im Familienbetrieb. Doch Urs Marti will nun als Bauer neue Wege gehen und hat angefangen, einen nachhaltigen Hof mit dem Bewusstsein für Klimaschutz und Welternährung zu betreiben. Keine Tiernutzung mehr, dafür sinnvoller Ackerbau mit weniger Futterflächen für die Tiere und mehr gesunden Lebensmitteln für die Menschen – das sind seine Ziele. Von Monika Wasenegger Eltern, denn ich lebe seit mehr als 16 Jahren vegan. Trotzdem brauchte es ProTier: Lieber Urs, danke, dass wir seine Zeit, bis der heutige Biohof Hü- dich und deine Familie heute hier beli und die Tierarche Seeland Gestalt besuchen dürfen. Lange wolltest angenommen hatten. du den Hof der Eltern nicht überneh men und nicht Bauer werden. Jetzt Euer Lebenshof «Tierarche Seeland» aber doch, was hat sich geändert? wurde offiziell am 1. Januar dieses Urs Marti: Ich habe immer gern zu Jahres geboren, und dann hast du den Tieren geschaut, aber das Ma- auch den Hof von deinem Vater schinelle am Bauern war nicht so übernommen. Vor diesem Start war meins. Mit ca. 30 Jahren habe ich einiges an Vorarbeit und Planung entdeckt, dass die Landwirtschaft nötig. Wie habt ihr euer Lebenswerk sehr vielschichtig ist. Ich habe an- gestartet? gefangen, mir Gedanken über Kli- Unser Hof wurde bis anhin konven- maschutz und sinnvollen Ackerbau tionell geführt und hatte unter ande- zu machen, und die Idee von einem rem auch noch einen traditionellen ganzheitlichen Hof ohne Tiernutzung Anbindestall für 25 Milchkühe. Die- hat sich bei mir festgesetzt. Dass ich ser musste zu einem Laufstall um- Tiere nicht mehr nutzen wollte, war gebaut werden, und der Hof wurde nichts Neues, auch nicht für meine Ich vertraue dir. auf Bio umgestellt. Heute verbringen 4 ProTier 1/ 19
Hof Hübeli – bis 2017 ein typischer Schweizer Bauernhof Der Hof Hübeli in Kallnach ent- stand 1763 auf dem Boden einer ehemaligen Kiesgrube. Mit genü- gend eigenem Land in der direk- ten Umgebung galt er früher als grosser Hof. Heute entspricht er mit knapp 30 Hektaren bewirt- schafteter Fläche einem mittel- grossen Betrieb. Bis 2017 war das Hübeli ein Bau- Hier fühlen wir uns wohl. ernhof wie viele in der Schweiz. Seit dem 1.1.2019 beherbergt er auch auf dem Lebenshof leben und ursprünglich für die Mast vorgesehen mit der Tierarche Seeland einen bei ihren Müttern aufwachsen. waren, werden nun grösser, als wir Lebenshof mit 25 Kühen und 3 uns das bis anhin gewohnt waren. So Schafen. Daneben werden auf Das war für die ehemaligen Milch wiegen drei Ochsen bereits je rund der Ackerfläche nach Bio-Stan- kühe sicher ungewohnt, da sie es eine Tonne. dard (2. Umstellungsjahr) Nah- das erste Mal erlebten, dass ihre rungsmittel für den Menschen Kälbchen bei ihnen trinken. Hat es und Gras für die Tiere angebaut. «Die Tiere, die auf dem Lebenshof von Anfang an geklappt? Musstest Der Hof verfügt über genügend geboren wurden, du nicht zusätzlich noch «abmelken»? Weideflächen für die Kühe und sind viel zutraulicher.» Anfangs war es für sie sicherlich Platz für die Produktion von Heu ungewohnt, aber alle Mütter und für die Wintermonate. Kälbchen haben sich schnell daran Besonders bei den Tieren, die auf Urs Marti ist auf dem Bauernhof gewöhnt. Abmelken mussten wir dem Lebenshof geboren wurden, aufgewachsen, wollte jedoch kein nicht, die Natur hat schnell wieder merken wir einen Unterschied: Sie traditioneller Bauer werden und zu ihrer ursprünglichen Bestimmung sind viel zutraulicher und haben ein wählte so den Lehrerberuf. Erst zurückgefunden. Wenn eine Kuh zu anderes Verhältnis zu uns Menschen. später holte er die Ausbildung viel Milch für ihr Kälbchen hatte, lies- Die Kühe, die früher gemolken wur- zum Landwirt nach. Heute lebt sen wir einfach ein zweites Kälbchen den, liessen sich von uns zwar leich- er mit seiner Frau Leandra, Sohn vom selben Euter trinken. ter anfassen, da sie sich dies vom Fabio und Django auf dem Hof. Melken gewohnt waren, aber dass sie Er betreibt diesen als Lebenshof Es ist sicher besonders eindrück regelmässig gestreichelt werden, dar und ist an zwei Tagen pro Woche lich, zu sehen, wie die Tiere sich an mussten sie sich erst gewöhnen. im Schulzimmer tätig. Er setzt verändern, sobald sie wieder ein Am anspruchsvollsten ist der sich für ein respektvolles Mitei- von der Natur bestimmtes Leben Umgang mit den ehemaligen Mast- nander von Tier und Mensch ein ohne Nutzung führen dürfen. Als tieren. Grundsätzlich gilt aber für und leistet Pionierarbeit als Bauer wir heute hier bei euch ankamen, alle, dass sie heute viel entspann- ohne Tiernutzung. haben wir sofort die Ruhe und Ent ter sind und eine gegenseitige www.huebeli-kallnach.ch spanntheit der Tiere gespürt. Auch Wertschätzung zwischen Tier und ihre Neugier und ihr klarer Blick Mensch spürbar ist. sind uns aufgefallen. Was bedeutet 13 Rinder (Kühe, Ochsen und Kälber) das neue Leben für die Tiere? den Winter im neuen Laufstall mit Die grösste Veränderung ist sicher, seinen grosszügigen Liegeflächen, dass sie heute in Quasi-Freiheit dem Laufhof und dem ständigen und nach ihren Bedürfnissen leben Zugang zu Futter. In einem anderen können. Sie haben grosszügige Lie- Laufstall leben zurzeit weitere 12 geflächen (keine Liegeboxen) und Rinder. Wir haben schrittweise auf- dauernden Zugang zum Laufhof im gehört zu melken. Mein Vater hat Winterhalbjahr. Im Sommerhalbjahr am 31. Dezember 2017 das letzte sind sie so oft wie möglich draussen Mal gemolken. Die Kühe, die damals auf den Weiden. Unsere letzten Kälb- noch trächtig waren, haben in der chen, Ronja und Judy, wurden im Mai Zwischenzeit ihre Kälbchen gebo- 2018 geboren und werden nun all- ren, und diese dürfen natürlich heute mählich gross. Auch jene Tiere, die Es braucht Wissen und Gespür. ProTier 1/ 19 5
auf dem Hof an. Da drüben steht ein Gewächshaus für die Selbsternte- Tomaten, und vor den Gemüse- beeten steht unser Hofladen. Dort gibt es nebst unseren abgepackten Produkten auch Polenta-Mais und Linsen zum Selber-Abfüllen. Die Tierarche Seeland und der Hof Hübeli gehören zusammen und sind doch zwei verschiedene Pro jekte. Wie kam es dazu, dass der Hof Hübeli heute einen Lebenshof beheimatet? Die Tiere waren ursprünglich der Grund für diesen Entscheid. Eines Tages habe ich bei einem Züchter Schöne Aussichten. drei Schafe vor dem Schlachthof gerettet. Eigentlich wollte ich zwei Du sprichst von einem «ganzheit Was produziert ihr auf eurer freikaufen, nach Hause kam ich aber lichen» Hof, was hast du sonst Ackerfläche? mit dreien. Diese drei Schafe waren noch verändert? Wir bauen Hafer, Weizen, Polenta- der Anfang der Tierarche. Der Begriff Weil wir die Tiere nicht mehr nutzen, Mais, Linsen und Gras (für die Tiere Tierarche umschreibt eigentlich die können wir auf Kraftfutter, Maissilage und den Bodenaufbau) an. Linsen Tierhaltung des Biohofs Hübeli. und Frühlings-Grassilage verzichten. etwa zeichnen sich durch ihren ho- Dadurch sparen wir viel Ackerfläche hen Anteil an pflanzlichen Eiweissen Anfang Jahr seid ihr in euer erstes ein. Die Fütterung wird auch billiger, aus und eignen sich somit gut als Jahr als Lebenshof gestartet. Was da unsere Tiere ausschliesslich Heu, Fleischersatz. Polenta besteht v.a. habt ihr euch vorgenommen? Emd (junges Heu) und ein wenig Gras- aus Kohlehydraten und ist eine ge- Wir haben uns sorgfältig vorberei- silage aus eigenem Anbau fressen. sunde und glutenfreie Alternative zu tet und schon vorher angefangen, Teigwaren, Kartoffeln und Co. Paten oder Teilpaten für die Tiere zu Ich habe einen grossen Experi- suchen. Aber es braucht sicherlich «Dass sie regelmässig mentiergarten, in dem ich vor allem noch einiges an Arbeit, bis alle Tiere gestreichelt werden, daran mussten mit farbigem Polenta- und farbigem Paten haben. Die baulichen Arbeiten sie sich erst gewöhnen.» Zuckermais experimentiere. Auch haben wir so weit erledigt, dass die Gemüse zur Selbsternte bauen wir Tiere sich frei bewegen können, und Auf dem gewonnenen Platz baue ich Nahrungsmittel für Menschen an. So können die Menschen die Kalorien direkt essen und der Umweg über die Fütterung zur Milch- und Fleischge- winnung bleibt aus. Das spart Ener- gie in Form von Kalorien, schützt das Klima und das Leben der Tiere. Wir bauen Getreide an und können da- durch auch den Strohbedarf unserer Tiere selber decken. «So können die Menschen die Kalorien direkt essen.» Als Dünger für die Ackerkulturen brauche ich lediglich den Mist, den Mistkompost und die Gülle, die auf unserem Hof anfallen. Ich kaufe kei- nen Dünger, also externe Energie, ein. So schliesst sich der Nährstoffkreislauf – das meine ich mit Ganzheitlichkeit. Kälbchen Selyma wächst wohlbehütet auf. 6 ProTier 1/ 19
Und egal ob man bloss (Pensions-) Mithelfen und die Tierarche Seeland unterstützen Tiere bei sich aufnimmt oder Paten für die eigenen Tiere sucht – der ad- Die Tierarche Seeland ist im Netzwerk der Lebenshöfe Schweiz mit ministrative Aufwand ist nicht zu un- ProTier verbunden. Sie ist als Verein organisiert und immer auf der Su- terschätzen. Auch Auflagen gilt es zu che nach neuen Patinnen und Paten, die eine Teil- oder Vollpatenschaft beachten. So dürfen etwa Biobetriebe für ein Tier übernehmen möchten. keine erwachsenen Rinder von kon- Urs und Leandra Marti haben nicht nur die Geburt ihres Sohnes vor rund ventionellen Betrieben aufnehmen. sechs Monaten gut gemeistert, sondern auch diejenige des Lebenshofes. Die Tiere blicken jeden Tag in eine für sie heute viel glücklichere Welt. «Bauliche Anpassungen Wer mithelfen möchte, den Lebenshof zu tragen, bis alle Tiere Paten ha- für verschiedene Tiere ben, oder gar selber eine (Teil-)Patenschaft übernehmen möchte, schenkt werden schnell teuer.» den Tieren der Tierarche Seeland ein Stück Lebensglück. Sie dürfen dazu gerne den Einzahlungsschein in der Heftmitte Nicht zuletzt braucht es Mut für verwenden oder online spenden mit dem Vermerk «Tierarche». eine derart grosse Umorientierung. Wir hoffen, der Tierarche Seeland mit Ihrer Hilfe den Start ein wenig Mut, Neues zu wagen, und auch Mut, leichter zu machen. es anders zu machen, denn längst nicht jeder kann sich das Bauern oh- Die Kühe und Schafe der Tierarche Seeland sagen ne Tiernutzung vorstellen. von Herzen DANKE! Wir schon! Danke, Urs, für diesen spannenden Einblick. Euer Hof ist erste Erfahrungen mit dem biologi- sige Mittel bis zur nächsten Ernte ein unglaubliches Beispiel dafür, schen Futteranbau haben wir auch haben. Die einzigen Einnahmen sind wie die Landwirtschaft umdenken gesammelt. gegenwärtig jene aus der Direktver- kann. Ein Blick in die Augen der Was die Ackerkulturen angeht, marktung, also aus dem Verkauf von Tiere auf eurem Hof und in euren testen wir dieses Jahr eine neue Form Polenta-Mais und Linsen. Alltag zeigt klar, dass dies möglich des Linsenanbaus, tüfteln an einer ist und welch wunderbare Chance neuen Polentafarbe und sammeln Urs, du bist in der Schweiz Pionier dies für die Tiere, uns Menschen, erste Erfahrungen im Haferanbau. als Bauer, der die früheren Nutztie das Klima und die Natur ist. Echt Auch will ich weitere Versuche mit re des Hofes weiterhin hält, ohne toll! ■ Ein- und Untersaaten (Mischkulturen) sie jedoch weiter zu nutzen. Als wir machen. Wir wollen den Verkauf un- uns vor zwei Jahren kennenlern serer Produkte weiter ausbauen und ten, waren deine Gedanken ganz eventuell neue Möglichkeiten der neu. Heute gibt es verschiedene Direktvermarktung ausprobieren. Bauern, die sich eine solche Um Online gibt es unsere Sachen ja be- stellung überlegen. Was würdest reits, und der Hofladen steht auch. du ihnen raten, was sind deine Er kenntnisse? Das Wichtigste ist aus meiner Sicht, «Das erste Jahr finanziell dass man bereits einen Hof bewirt- zu meistern, ist die grösste schaftet. Wenn man alles Futter und Herausforderung.» Stroh zukaufen muss, wird es finan- ziell wohl schwierig. Auch sollte eine Was sind die Herausforderungen in Umstellung schrittweise vollzogen diesem ersten Jahr als Betriebsleiter? werden. Es ist wichtig, genau zu Die grösste Herausforderung ist es, überlegen, wo und wie Einnahmen dieses erste Hofjahr finanziell zu generiert werden. Vor allem gilt es meistern. Denn obwohl schon Aus- abzuschätzen, welche Einnahmen gaben für Versicherungen, Saatgut, ohne Tiernutzung wegfallen und wo Reparaturen u.a. getätigt werden Kosten eingespart werden können müssen, haben wir erst im Sommer/ (z.B. Fütterung). Herbst die ersten Einnahmen aus Ein Hof eignet sich meist nicht für Die Tiere der Tierarche Seeland, dem Verkauf der Ernte aus unseren alle Tiere, und bauliche Anpassun- den Online-Shop und Infos zum Kulturen. Dazu kommt, dass wir auch gen für verschiedene Tiere werden Biohof Hübeli finden Sie unter: Geld in den Stallumbau gesteckt ha- schnell teuer. Darum sollte man ge- ben. Sobald die Ernte verkauft wer- nau schauen, für welche Tiere der www.huebeli-kallnach.ch den kann, sollten wir genügend flüs- Hof geeignet ist. ProTier 1/ 19 7
Das erlaubt die Schweiz (noch): Lebendig geschreddert! Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK) fordert, das Schreddern von lebenden Küken in der Schweiz zu verbieten. Eine entsprechende Motion wurde am 31. Januar im Nationalrat eingereicht. Von Martina Futterlieb D ie Tierschutzverordnung er- laubt das Homogenisieren le- bender Küken – mit anderen Worten deren Schreddern. Ist die Ge- schwindigkeit der Messer schlecht eingestellt, kommt es vor, dass Kü- ken lediglich die Füsse abgeschnit- ten werden, sie das Schreddern aber überleben. Artikel 1 des Tierschutzgesetzes lautet: «Zweck dieses Gesetzes ist es, die Würde und das Wohlerge- hen des Tieres zu schützen.» Es liegt nahe, dass das Schreddern eines lebenden Tieres nicht im Einklang mit diesem Artikel steht. Foto: zvg «Einziger Tötungsgrund: Das Geschlecht ist entscheidend. Es ist ein Männchen.» heute nur noch kleinere Betriebe die frisch geschlüpften Legeküken Die einfachste Lösung Auch ethisch gesehen kann man schreddern. Die beiden grössten würde eigentlich auf sich fragen, ob es akzeptabel ist, ein Brütereien der Schweiz, die über 90 Küken einzig aus dem Grund zu tö- Prozent aller Legeküken produzieren, der Hand liegen: ten, dass es ein Männchen aus einer töten die männlichen Küken mit Koh- Weniger Eier essen – Legehennenlinie ist. Der Trend, Ras- lendioxid. oder gar keine. sen nur für das Eierlegen oder nur Ein Schredderverbot würde al- für die Fleischproduktion zu züchten, so nicht grundsätzlich zu einer tier- macht aus dem Tier einen simplen freundlicheren Legehennenzucht Bei der einen wird nach acht bis Produktionsgegenstand und führt zu führen. neun Tagen dem Ei über ein winzi- Absurditäten wie dem Schreddern ges Loch in der Schale Flüssigkeit lebender männlicher Küken, was Lösungen werden gesucht entnommen, anhand deren sich das dem Intellekt des Menschen nicht An einem Lösungsansatz wird ge- Geschlecht bestimmen lässt. Glei- würdig ist. arbeitet: Die In-ovo-Geschlechtsbe- ches wäre über Ultraviolettstrahlung Grundsätzlich ist dieser politi- stimmung soll die Geflügelhaltung bereits ab dem vierten Tag der Brut sche Vorstoss ein Grund zur Freude. revolutionieren. In Deutschland sind möglich. Beide Methoden sind aber Es gilt allerdings anzumerken, dass zwei Methoden entwickelt worden. noch nicht praxisreif. ■ Besuchen Sie ProTier auf Facebook! Teilen Sie unsere Beiträge mit Ihren Freunden & Bekannten! www.facebook.com/Stiftung.ProTier 8 ProTier 1/ 19
«Keine Wildtiere im Zirkus!» – Circus Royal hat es nicht verstanden! Die Ankündigung des Circus Royal, in sein Programm 2019 wieder Löwen aufzunehmen, war keine Überraschung. Im Gegenteil, sie zeigte deutlich auf, dass nur eine gesetzliche Regelung diesem Zustand ein Ende setzen wird. Seit 2004 führt der Circus Knie freiwillig, aus Platzmangel, keine Grossraubkatzen mehr mit. Aber es gibt sie immer, die Unbelehrbaren! Von Barbara Kerkmeer M ehr als 70’000 Menschen unterschrieben die von Pro- Tier, Tier im Recht und Vier Pfoten initiierte Petition «Keine Wild- tiere im Zirkus!». Die Petition wur- de im März 2018 in Bern überreicht, und wir gehen davon aus, dass diese Stimmen ernst genommen werden. Im Mai 2018 reichte die grüne Po- litikerin Irene Kälin ausserdem eine Motion ein, dass der Bundesrat eine Foto © Viva Colores Schweiz Liste mit Wildtieren führen solle, die nicht in den Zirkus gehören. Auch die- se Motion ist hängig, und der Bun- desrat beruft sich einmal mehr auf das sogenannt strenge Tierschutzge- setz in der Schweiz – und natürlich passierte, was passieren musste. Sehnsüchtiger Blick in die Freiheit. Drei Löwinnen im Programm Dazu gehören keine Zirkusnummern wird laut Stefan Kinfermann, Spre- 2019 des Circus Royal und Kunststücke. Er hält fest, dass cher BLV (Bundesamt für Lebensmit- Der Nationalzirkus Knie verzichtet Löwen das Bedürfnis nach Platz und telsicherheit und Veterinärwesen), zum Wohl der Tiere seit 2004 auf de- sozialem Austausch haben, das im bis Mitte 2019 evaluiert. Dabei werde ren Mit- und Vorführen. Aber «frei- Zirkus nicht befriedigt werden kann. auch ermittelt, ob weitere Massnah- willig» und «im Sinne der Tiere» ist (Quelle: NZZ-Artikel «Löwen zurück men notwendig sind. offenbar nicht jedermanns Sache, in die Manege», 20. Februar 2019) Diese Bemühungen sind durch- deshalb ist eine gesetzliche Rege- aus positiv, allerdings sollte mittler- lung unumgänglich. Was lange währt, wird gut? weile jedem klar sein, dass Wildtiere, Mit der Begründung, dass die In 28 europäischen Ländern ist die die lärm- und lichtempfindlich sind, Saison im Sinne und Andenken des Wildtierhaltung im Zirkus geregelt. den Kontakt zum Menschen scheu- letzten Sommers verstorbenen Peter In vielen Fällen durch ein Verbot, in en, revierabhängig sind, soziale und Gasser geplant werde, führt der Cir- anderen durch Beschränkungen. Nur familiäre Bedürfnisse haben und cus Royal 2019 wieder drei Löwinnen die Schweiz tut sich mit Regelungen nicht für die Gefangenschaft geeig- mit. Dem nicht genug, ist eines der dieser Art sehr schwer, was wir ab- net sind, nicht in den Zirkus gehö- Tiere weiss. Diese Farbe beruht auf solut nicht verstehen! ren. einem Gendefekt. Wenn sogar ein Circus Knie auf Der Wildtierexperte Steven Seet Raubkatzen-Nummern verzichtet Geduld und Hartnäckigkeit vom Leibniz-Institut für Zoo- und und seit 2016 die Elefanten zu Hau- Wir bleiben dran, denn immer mehr Wildtierforschung in Berlin beurteilt se lässt, muss doch klar sein, dass Menschen wird bewusst, dass Tie- das Mitführen von Wildtieren im Zir- Wildtiere nicht in den Zirkus gehö- re weder zu unserem Nutzen noch kus sehr kritisch. Er bestätigt, dass ren. zu unserer Unterhaltung auf diesem diese Tiere, auch wenn sie schon Der Bundesrat verweist immer Planeten leben. Sie bevölkern die lange in Menschenhand leben, von wieder auf die geltende Rechtslage. Erde viel länger als unsere Spezies der genetischen Prägung her ein Anscheinend wurden 2015 strengere und werden wohl noch hier sein, Wildtier bleiben und auch entspre- Vorschriften für die Haltung solcher wenn es den Menschen längst nicht chend behandelt werden sollten. Wildtiere erlassen. Ihre Umsetzung mehr gibt. ■ ProTier 1/ 19 9
| S ER IE T IER U ND R E C H T Fehlender Lebensschutz im Tierschutzrecht Obwohl der Tod als bedeutendste Schädigung eines Lebewesens betrachtet werden kann, schützt das Schweizer Recht das Leben von Tieren nicht. Der Grund hierfür liegt in den vielfältigen menschlichen Nutzungsansprüchen. Immerhin stellt die Tierschutzgesetzgebung aber relativ strenge Vorgaben zur Tiertötung auf. Gieri Bolliger / Michelle Richner Tier im Recht (TIR) G esellschaftlich wie auch recht- lich wird das Töten von Tieren hierzulande in unzähligen Be- reichen toleriert: Alleine im Rahmen der Schlachtung oder der Schädlings- bekämpfung werden jährlich Millio- nen Tiere getötet. Hunderttausende sterben zudem für Tierversuche, auf der Jagd und in der Fischerei. Regelmässig vorgenommen wer- den Tötungen auch bei der Tierseu- chenbekämpfung oder für die soge- nannte Markt- oder Bestandesregu- lierung (etwa bei Überpopulationen). So werden in der Schweiz beispiels- weise jährlich rund zwei Millionen Foto: zvg männliche Küken an ihrem ersten Lebenstag vergast oder geschred- dert, weil sie für die Legehennen- Schäden und Ängste zu erfolgen. Konsequenzen. Aus ethischer Sicht ist zucht aus wirtschaftlichen Gründen Zentral ist dabei, dass die Tiere vor die generelle Zulässigkeit der Tötung nicht in Frage kommen. ihrer Tötung betäubt werden. von Tieren jedoch äusserst fragwür- Explizit untersagt sind das qual- dig. Darüber hinaus steht sie dem für volle oder mutwillige Töten von das Tierschutzrecht fundamentalen «Gesellschaftlich und rechtlich Tieren und das Durchführen von Prinzip des Tierwürdeschutzes ent- wird Töten toleriert – Kämpfen, bei denen sie – unabhän- gegen. millionenfach.» gig davon, ob schmerzlos oder nicht Das Tierschutzgesetz definiert den – getötet werden. Neben der Tötung Begriff der Tierwürde als «Eigenwert Da ein genereller Verzicht auf ohne vorherige Schmerzausschal- des Tieres, der im Umgang mit ihm derartige Tötungen gesellschaftlich tung sind daher beispielsweise auch zu achten ist». Besitzt das Tier an sich zurzeit (noch) kaum konsensfähig ist, das Schiessen auf zahme oder gefan- einen rechtlich anerkannten Wert, schützt die Schweizer Tierschutzge- gen gehaltene Tiere (Taubenschies- ist nicht ersichtlich, weshalb dieses setzgebung ausdrücklich nur das sen etc.), das Töten aus purer Freude Gut – also die Existenz des Tieres – Wohlergehen und die Würde von oder Veranstaltungen wie Hunde-, nicht geschützt werden soll. Die Ver- Tieren. Deren Tötung gilt nach all- Hahnen- oder Stierkämpfe verboten. ankerung eines grundsätzlichen Le- gemeiner Rechtsauffassung als prin- bensschutzes für Tiere (wie ihn etwa zipiell zulässig. Immerhin bestehen Deutschland oder Österreich bereits «Ein grundsätzlicher Lebensschutz aber relativ strenge Anforderungen: kennen) wäre daher auch im Schwei- für Tiere wäre auch in der Wann immer ein Tier getötet wird, zer Recht dringend geboten. ■ Schweiz dringend nötig.» muss dies schonend geschehen. Nach den Grundsätzen des Tier- schutzrechts hat die Tötungshand- Solange eine Tötung fachgerecht Tier im Recht (TIR) lung deshalb unter Vermeidung jeg- und nicht mutwillig durchgeführt www.tierimrecht.org licher unnötiger Schmerzen, Leiden, wird, hat dies keine strafrechtlichen 10 ProTier 1/ 19
Nach elf Jahren an der Kette PRO endlich frei hilft! «Kettenhunde» ist ein uraltes, sehr trauriges Thema. Jeder Tierbesitzer weiss, dass es sich lohnt, sich gut um sein Tier zu kümmern. Es nützt nicht nur dem Tier, sondern auch dem eigenen Geldbeutel. Das Schicksal an der Kette Das sind wir ihm schuldig Tag und Nacht liegt der arme Hund an Ein solcher Anblick zerreisst einem seiner Kette. Im Sommer brennt die das Herz, und als wir die Chance Sonne gnadenlos auf die Hütte, und er hatten, so einem Hund zu helfen, ta- hat keine Möglichkeit, sich irgendwo ten wir dies ohne langes Überlegen. zu verkriechen. Einen Platz im kühlen Nach elf Jahren an der Kette darf er Schatten kann er nicht erreichen, da nun endlich in Freiheit leben und hat die Kette nicht bis dorthin reicht. Sein eine warme Ecke zum Schlafen. Er Futter ist kalt, und frisches Wasser be- darf nun endlich lernen, stubenrein kommt er nicht täglich, da er ja das von zu sein. Auch mit anderen Hunden gestern noch nicht ausgetrunken hat. spielen zu können, ist für ihn neu. Doch die schlimmste Zeit für den Wir haben ihm zur Begrüssung Kettenhund ist der Winter. Die Hütte sein erstes eigenes Spielzeug ge- ist zugig, und Nässe und Kälte krie- schenkt, und dank unseren Patinnen chen unerbittlich hinein. Ein ordent- und Paten konnten wir ihn medi liches und trockenes Plätzchen fehlt. zinisch versorgen und ihm ein Zu- Foto: zvg Vergebens klagt und bittet er, dass hause in Freiheit und Sicherheit ge- man ihn einmal – nur für wenige ben. Stunden – freilasse. Streicheleinheiten statt Kette. ■ Danke, dass Sie mit Ihrer Tierliebe solche Wunder möglich machen! Tierliebe in Ewigkeit Tierschutzprojekte sind Herzensangelegenheiten und machen Wunder für Tiere möglich. Möchten Sie Tieren auch über Ihr irdisches Leben hinaus helfen? Dann denken Sie bitte bei der Erstellung Ihres Testaments an ProTier – Stiftung für Tierschutz und Ethik. Noch immer erfahren viele Tiere unsägliches Leid. Mit Ihrem Vermächtnis bekommen sie Hilfe und erhalten ein Zuhause in Sicherheit. Für eine Beratung kontaktieren Sie uns unter: Monika Wasenegger, Geschäftsführerin ProTier, Telefon 044 201 25 03 oder monika.wasenegger@protier.ch PRO ProTier 1/ 19 11
h ri ft z ä h lt ! Ih re U n te rs c Helfen ist einfach: Unterschriften sammeln für die Initiative «Eine Schweiz ohne Massentierhaltung» «Massentierhaltung», ein Begriff, der ganz selbstverständlich benutzt wird, als wäre es das Normalste der Welt, Tiere in Massen zu halten und sie in Fabriken einzusperren. Der Mensch hat sich in seiner Gewinnsucht dermassen verloren, dass ihm kaum noch auffällt, wie zynisch die Begriffe im Zusammen- hang mit sogenannten Nutztieren geworden sind. Es geht nur um Profit! Welchen Preis die Tiere und letztlich auch die Konsumenten dafür bezahlen, ist unerheblich, Hauptsache, für den Produzenten geht die Rechnung auf. Damit muss Schluss sein, den Tieren, den Menschen und der Umwelt zuliebe. Von Barbara Kerkmeer Mit dieser Initiative können wir E s ist noch gar nicht so lange her, dass Bauernbetriebe die Liefe- ein Zeichen setzen! ranten tierischer Nahrungsmit- Tierprodukte werden gegessen und massenhaft hergestellt, weil der tel waren. Mensch und Tier lebten Konsument dies so will. Sehr oft ist es auch bei Tierprodukten der zusammen, waren aufeinander an- Preis, der über den Kauf entscheidet, obwohl hinlänglich bekannt ist, gewiesen, und damit gute Produkte dass die Preisdifferenz von den Tieren bezahlt wird. produziert werden konnten, bemühte sich der Bauer um das Wohlergehen Entscheiden wir uns für eine Schweiz ohne Massentierhaltung, geben seiner Tiere. wir dem Tierprodukt seinen angestammten Wert zurück und ermögli- Nach dem Krieg wuchs die Zahl chen den Bauern ein Leben mit anständiger Tierhaltung. der Menschen stetig, mehr Men- schen verdienten besser, und da- «Bitte helfen Sie mit und schicken Sie uns mit stiegen auch die Ansprüche an einen Bogen mit Unterschriften: Für die Tiere!» die Nahrungsmittel. War es früher Helfen Sie mit, die für das Zustandekommen der Initiative nötigen Usanz, einmal in der Woche, meist am Sonntag, Fleisch zu essen, wur- 100‘000 Unterschriften zu sammeln. Auf der folgenden Seite finden Sie einen Unterschriftenbogen. Füllen Sie diesen mit Unter- de im Laufe der Zeit auf wöchentlich schriften von Stimmberechtigten aus der genannten politischen mehrfachen und schliesslich täg- Gemeinde und schicken Sie ihn uns zu. lichen Fleischkonsum umgestellt. Die Selbstverständlichkeit, mit der Vielen Dank für Ihre aktive Mithilfe – die Tiere brauchen Sie! Tierprodukte konsumiert wurden, wuchs. Woher sie in diesen Mengen kamen, interessierte die wenigsten. Diese Praxis wird bis heute weiter- Eine Initiative zum Wohle geführt. Dies, obwohl viele Konsu- von uns allen menten sagen, dass ihnen das Tier- Die Massentierhaltung ist aber nicht «Früher ass man Fleisch wohl wichtig ist, und sie wissen nur ein Problem der Tierhaltung, die nur am Sonntag.» wollen, wie die Tiere, bevor sie zu absolut unethisch ist, sondern sie Produkten verarbeitet werden, ge- treibt auch die Klimaerwärmung vor Die Entstehung der lebt haben. an, verschärft den Welthunger, die Tierfabriken Wasserknappheit, verursacht Antibio- Die Raumverhältnisse in den Ställen tikaresistenzen bei Mensch und Tier «Den Preis dafür wurden immer enger, und schliess- und verletzt letztlich den Verfassungs- zahlen die Tiere.» lich stellte man auf Fabriken um. grundsatz des Tierschutzes. Schweine und Hühner wurden in trostlose, enge, dunkle und stinken- Oft zeigt sich aber beim Zah- «Bis Dezember 2019: de Fabrikhallen gepfercht. Auf ihre lungswillen, dass viele es doch nicht 100’000 Unterschriften.» Bedürfnisse wurde keine Rücksicht so genau wissen wollen und nicht mehr genommen, denn der enor- bereit sind, einen entsprechend me Bedarf an tierischen Produkten höheren Preis zu bezahlen. Auf die Die Initiative «Keine Massentier- musste zu möglichst geringen Kos- Idee, einfach weniger zu konsumie- haltung in der Schweiz» (Massentier- ten abgedeckt werden. ren, kommen die wenigsten. haltungsinitiative), die am 12. Juni 12 ProTier 1/ 19
2018 lanciert wurde, möchte dem ein Ende setzen. Bereits haben sich zahl- reiche Organisationen und Einzel- personen aus den verschiedensten Bereichen den Forderungen der Ur- heberinnen und Urheber der Initiative angeschlossen. Bis Dezember 2019 müssen 100’000 Unterschriften ge- sammelt werden, damit die Initiative zustande kommt. Klimatische Gründe gegen die Massentierhaltung Die Entwicklungen in der «Nutz»tier- haltung in den letzten ca. 60 Jahren ist fatal. Sie schadet Tier, Mensch und Umwelt, und es ist höchste Zeit, Massentierhaltung ist Tierquälerei. Fotos © Klaus Petrus diesen Zuständen einen Riegel vor- zuschieben. Verkehrs. Damit die schlimmsten Massnahme zur Reduktion der land- Die Welternährungsorganisation Auswirkungen der Klimaerwärmung wirtschaftlichen Treibhausgasemis- der UNO (Food and Agriculture Or- verhindert werden können, müssen sionen ist. ganization, FAO) schätzt den Anteil diese Emissionen bis 2050 um die Die industrialisierte Tierhaltung im der Massentierhaltung an den welt- Hälfte reduziert werden. ETH-For- Namen der Effizienz und der Kosten- weiten Treibhausgasemissionen auf scher haben für die Schweiz er- einsparung schadet nicht nur dem 14,5 %. Dies entspricht ungefähr den mittelt, dass die Verkleinerung der Klima, sondern trägt auch einen we- Gesamtemissionen des weltweiten Tierbestände die wirkungsvollste sentlichen Teil zu den Welthunger ✃ Eidgenössische Volksinitiative: «Keine Massentierhaltung in der Schweiz (Massentierhaltungsinitiative)» Im Bundesblatt veröffentlicht am 12.06.2018 Die unterzeichneten stimmberechtigten Schweizer Bürgerinnen und Bürger stellen hiermit gestützt auf Art. 34, 136, 139 und 194 der Bundesverfassung und nach dem Bundesgesetz vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte, Art. 68ff., folgendes Begehren: Die Bundesverfassung [1] wird wie folgt geändert: 4 Er erlässt Vorschriften über die Einfuhr von Tieren und tierischen Erzeugnissen 3 Ist die Ausführungsgesetzgebung zu Artikel 80a nach dessen Annahme nicht innert Art. 80a Landwirtschaftliche Tierhaltung zu Ernährungszwecken, die diesem Artikel Rechnung tragen. drei Jahren in Kraft getreten, so erlässt der Bundesrat Ausführungsbestimmungen vorübergehend auf dem Verordnungsweg. 1 Der Bund schützt die Würde des Tieres in der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt geändert: Die Tierwürde umfasst den Anspruch, nicht in Massentierhaltung zu leben. Art. 197 Ziff. 12 [2] 2 Massentierhaltung bezeichnet die industrielle Tierhaltung zur möglichst effizien 12. Übergangsbestimmungen zu Art. 80a (Landwirtschaftliche Tierhaltung) ten Gewinnung tierischer Erzeugnisse, bei der das Tierwohl systematisch verletzt 1 Die Ausführungsbestimmungen zur landwirtschaftlichen Tierhaltung gemäss Arti [1] SR 101 wird. kel 80a können Übergangsfristen von maximal 25 Jahren vorsehen. [2] Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmungen wird nach der Volks- 3 Der Bund legt Kriterien insbesondere für eine tierfreundliche Unterbringung und 2 Die Ausführungsgesetzgebung muss bezüglich Würde des Tiers Anforderungen abstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt. Pflege, den Zugang ins Freie, die Schlachtung und die maximale Gruppengrösse je Stall fest. festlegen, die mindestens den Anforderungen der Bio-Suisse-Richtlinien 2018 [3] [3] Richtlinien der Bio Suisse für die Erzeugung, Verarbeitung und den Handel von entsprechen. Knospe-Produkten, Fassung vom 1. Januar 2018, abrufbar unter www.bio-suisse.ch. Auf dieser Liste können nur Stimmberechtigte unterzeichnen, die in der genannten politischen Gemeinde in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt sind. Bürgerinnen und Bürger, die das Begehren unterstützen, mögen es handschriftlich unter- zeichnen. Wer bei einer Unterschriftensammlung besticht oder sich bestechen lässt oder wer das Ergebnis einer Unterschriftensammlung für eine Volksinitiative fälscht, macht sich strafbar nach Art. 281 beziehungsweise nach Art. 282 des Strafgesetzbuches. Kanton: PLZ: Politische Gemeinde: Nr. Name / Vornamen Geburtsdatum Wohnadresse Eigenhändige Unterschrift Kontrolle (eigenhändig und möglichst in Blockschrift) (Tag / Monat / Jahr) (Strasse und Hausnummer) (leer lassen) 1. 2. 3. Ablauf der Sammelfrist: 12.12.2019 Das Initiativkomitee, bestehend aus nachstehenden Urheberinnen und Urhebern, ist berechtigt, diese Volksinitiative mit absoluter Mehrheit der noch stimmberechtigten Mitglieder zurückzuziehen: Gabrielle Brunner, 4052, Basel, Luftmattstrasse 32; Noëmi Erig, 8004, Zürich, Hohlstrasse 204; Marcela Frei, 9205, Waldkirch, Ronwil 257; Bastien Girod, Nationalrat, 8041, Zürich, Maneggplatz 18; Nadja Graber, 4052, Basel, Engelgasse 65; Thomas Gröbly, 5400, Baden, Burghaldenstrasse 5; Sarah Heiligtag, 8132, Hinteregg, Güetlistrasse 45; Verena Hofer, 8309, Nürensdorf, Breitenloostrasse 6; Philipp Hoppen, 3007, Bern, Sulgenrain 22; Hansueli Huber, 8479, Altikon, Büelhüsli 1; Pablo Labhardt, 8052, Zürich, Felsenrainstrasse 82; Ivo Mändli, 8032, Zürich, Sempacherstrasse 33; Adrian Marmy, 4057, Basel, Oetlingerstrasse 47; Céline Müller, 6004, Luzern, Fluhmattstrasse 52; Raphael Neuburger, 8006, Zürich, Huttenstrasse 22; Kim Rösner, 8037, Zürich, Breitenstein strasse 82a ; Philipp Ryf, 8057, Zürich, Schaffhauserstrasse 133; Valentin Salzgeber, 4058, Basel, Grenzacherstrasse 82; Meret Schneider, 8610 Uster, Brunnenstrasse 1; Mike Stadelmann, 8037, Zürich, Breitensteinstrasse 82a; Katerina Stoykova, 8004, Zürich, Baslerstrasse 2; Fabien Truffer, 1800, Vevey, Rue du Jura 2; Reto Walther, 8050, Zürich, Tramstrasse 26; Vera Weber, 3011, Bern, Gerberngasse 5; Yasmine Wenk, 8716, Schmerikon, Mühlegraben 5; Markus Wild, 4495, Zeglingen, Wenslingerstrasse 7 Die unterzeichnete Amtsperson bescheinigt hiermit, dass obenstehende (Anzahl) Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Volksinitiative in eidgenössischen Angelegen- Amtsstempel: heiten stimmberechtigt sind und ihre politischen Rechte in der erwähnten Gemeinde ausüben. Ort: Eigenhändige Unterschrift: Datum: Amtliche Eigenschaft: Die Liste ist vollständig oder teilweise ausgefüllt zurückzusenden an das Initiativkomitee: Massentierhaltungsinitiative, Postfach 5534, 8050 Zürich, das für die Stimmrechtsbescheinigung besorgt sein wird. Weitere Unterschriftenlisten können bestellt werden unter info@sentience.ch. SNP19001_unterschriftenbogen_a5_einzelkarte_de_fr_it.indd 2 07.01.19 13:10
Wenn diese Stoffe also direkt an die entsprechende Bedürfnisse haben, Alle gemeinsam können Menschen gingen und nicht ressour- die es in jedem Fall zu beachten gilt. cenineffizient zunächst an Tiere ver- Für die Herstellung vonTierproduk- wir es schaffen, das von der füttert würden, sähe die Ernährungs- ten gelten Tiere wie Kühe, Schweine Massentierhaltung verur situation der Weltbevölkerung ganz und Hühner als Hauptlieferanten. Sie sachte Tierleid zu beenden. anders aus. alle werden in Massentierhaltung Für die Tiere, uns Menschen gehalten. und die Umwelt. Industrialisierte Tierhaltung (Massentierhaltung) und «Kühe, Schweine und Tierleid Hühner müssen in Tiere sind empfindungsfähige Lebe- Massentierhaltung leben.» problemen bei. Rund 90 % der welt- wesen, das heisst, sie können leiden weiten Sojaernte werden zu Soja- und haben ein grosses Interesse dar mehl verarbeitet und in der Massen- an, dies zu vermeiden. Für Kühe zum Beispiel heisst das, tierhaltung verfüttert. Auch rund dass sie in Anbindehaltung aushar- 50 % der weltweiten Getreideernte ren müssen, ihnen ihre Kälber gleich «Ein wesentlicher Teil dienen der Fütterung von Tieren in nach der Geburt entrissen werden des Welthungers.» Intensivhaltung. und sie keine Möglichkeit haben, ih- re natürlichen sozialen Bedürfnisse Bei der Industrialisierung der auszuleben. «Emissionen aus der Massen Tierhaltung ging es um Effizienz, we- Ja, die Werbung vermittelt dau- tierhaltung entsprechen denen niger Platzbedarf, mehr Tiere, Kosten- ernd das Bild von glücklichen Kühen des weltweiten Verkehrs.» einsparungen usw. Die Bedürfnisse auf der Wiese. Das Gesetz verlangt, und die Leidensfähigkeit der Tiere dass die Tiere 90 von 365 Tagen Soja und Getreide sind wichtige wurden nicht in Betracht gezogen. draussen verbringen müssen. Ob Nährstoff- und Eiweisslieferanten. Heute wissen wir, dass Tiere ihrer Art dies allerdings auf der Weide oder Bitte frankieren MASSEN- TIERHALTUNGS- INITIATIVE Die Massentierhaltung treibt die Klima ProTier – Stiftung für erwärmung voran, verschärft Welthunger und Tierschutz und Ethik Wasserknappheit, verursacht Antibiotika Alfred-Escher-Strasse 17 resistenzen und verletzt den Verfassungsgrund 8002 Zürich satz des Tierschutzes. Die Massentierhaltungs initiative soll dem ein Ende setzen. Weitere Unterschriftenbogen können bestellt werden unter www.massentierhaltung.ch Spendenkonto: PC 614999486 IBAN: CH68 0900 0000 6149 9948 6 14 ProTier 1/ 19 SNP19001_unterschriftenbogen_a5_einzelkarte_de_fr_it.indd 1 07.01.19 13:10
Tieren, die Strukturen sind klar ge- regelt, und ein Hahn sorgt für den Schutz und das Wohl der Hennen. In Fabrikhallen werden zum Beispiel Legehühner zu Tausenden gehalten. Schon als Küken kommen sie nach dem Schlüpfen in die Hallen, ohne den Schutz des Mutterhuhns, ohne Brüder, denn die werden gleich nach dem Schlüpfen getötet. Sie wachsen auf und legen wäh- rend eines Jahres rund 300 Eier (von der Natur sind 20 vorgesehen). Nach einem Jahr Legen werden sie in der Regel ausgestallt (getötet), da sie in die Mauser kommen und deswegen Erfahrungsaustausch. für einige Zeit keine Eier legen. Auch nicht besser ergeht es den im betonierten Auslauf passiert, ist Hühner und Schweine werden sogenannten Masthühnern. «Dank» nicht geregelt. zu Tausenden in Fabriken gehalten. moderner Zuchtmethoden nehmen Sogenannte Laufställe gewäh- Für die Haltung von Schweinen gibt sie innert kürzester Zeit stark, aber ren den Kühen mehr Bewegungs- es keine gesetzliche Einstreupflicht, ungleichmässig zu. Vor allem die freiheit. Richtig, allerdings müssen auch der Auslauf im Freien ist nicht Brust soll Muskeln aufbauen; dies die Tiere dann nicht mehr zwingend geregelt. Aus diesem Grund vegetie- zwingt die von Natur aus aktiven Tie- auf die Weide gelassen werden. Ein ren die Schweine oft auf Betonböden re, die meiste Zeit des Tages ruhend Grossteil der Laufställe ist so konzi- in ihren eigenen Exkrementen, ohne zu verbringen – die Beine tragen den piert, dass die Köpfe von Kühen mit Tageslicht und ohne Beschäftigungs- Körper einfach nicht. Hörnern nicht durch die Fressgitter möglichkeit, vor sich hin. Dies führt Darum ist uns diese Bitte so wich- passen. Also werden die Hornansätze zu Apathie und Verhaltensstörun- tig. Helfen Sie mit und schicken Sie ausgebrannt, die schmerzhaften Fol- gen. einen Bogen mit Unterschriften zu- gen für die Tiere wurden erst kürzlich In der Natur leben Hühner in rück. Die Zeit ist in der Schweiz reif wissenschaftlich bewiesen. Gruppen von wenigen Dutzend für diese Initiative! ■ BU C H T IP P | Eine Hommage – die Seele der Rinder Schon früh entwickelte Werner Lampert eine Passion für Das perfekte Zusammenspiel von ausdrucksstarker Rinder. Immer wieder zog es ihn auf die Weide zu die- Fotografie und tiefgründigen, mitunter poetischen Tex- sen würdevollen, sanften Tieren mit ihrer beruhigenden ten rundet das über 480 Seiten umfassende Werk ab. Wirkung. Spannende Fakten, historische Informationen und unter- haltsame Anekdoten zu den einzelnen Arten sowie zur Dieser opulente Bildband versucht, die Seele der Rinder Beziehung zwischen Mensch und Tier ermöglichen einen in atemberaubenden Fotografien sichtbar zu machen besonderen Einblick in die Lebenswelt der Kühe. und das besondere Band zwischen Mensch und Kuh zu erklären, das in den Zeiten der Massentierhaltung ge- DIE KUH – EINE HOMMAGE fährdet ist. Werner Lampert Rund um den Globus haben Lampert und sein Team 480 Seiten, 230 Farbfotografien ausgewählter Fotografen die schönsten, seltensten und Hardcover ursprünglichsten Rinder aufgespürt und in ihrer natür- CHF 66.80 lichen, nicht minder spektakulären Umgebung fotogra- (empfohlener Verkaufspreis) fisch festgehalten. Die dabei entstandenen Bilder zeugen ISBN 978-3-96171-178-9 auf jeder Seite des Buches von der tief empfundenen erschienen bei teNeues Empathie und dem Respekt für die Tiere. im Februar 2019 ProTier 1/ 19 15 0
| S ER IE T IERG E S U ND HE I T Massentierhaltung aus der Sicht eines Tierarztes Automatisierung, Hochleistungszucht und intensive Tierhaltung – auch in der Schweiz. Von Dr. Josef Föhn In den Betrieben werden Zutritts- Statistisch gesehen sind solche beschränkungen zur Verhinderung Fälle in der Schweiz selten geworden. M assentierhaltung entstand des Einschleppens von Krankheitser- Die Professionalisierung der Land- vor einigen Jahrzehnten. regern und die konsequente Desinfek- wirtschaft, die stetige Anpassung der Das Streben der Menschen tion von Stiefeln sowie Kleiderwech- Gesetzgebung sowie eine intensive nach möglichst kostengünstiger Pro- sel vor dem Eintritt in die Stallungen amtliche Kontrolltätigkeit in den Be- duktion von Nahrungsmitteln tieri- durchgesetzt. Reihenimpfungen ma- trieben haben zu einer starken Ver- schen Ursprungs hat in den letzten chen die Nutztiere widerstandsfähig besserung der Nutzierhaltung in der Jahrzehnten zu vielen verschiedenen gegen bedrohliche Viren und Bakte- Schweiz geführt. Massnahmen geführt, die auf das Le- rien. Selbstverständlich sind eine der Nach wie vor sind die Bilder aus ben unserer Nutztiere einen grossen Leistung angepasste Fütterung, das gesetzeskonformen Schweine- oder Einfluss haben. So wurde die Automa- Stallklima und die tiergerechte Auf- Hühnerhaltungen für die meisten tisierung der Tierhaltung eingeführt stallung ganz entscheidend für die Verbraucher erschütternd, doch (Melk-, Fütterungs-, Entmistungsanla- Gesundheit und die Widerstandskraft die betreffenden Betriebe bewegen gen), die Hochleistungszucht vorange- von intensiv gehaltenen Nutztieren. sich immer noch innerhalb der ge- trieben (höhere Milchleistung, höhere setzlich erlaubten Zone. Obwohl die Mastleistung innert kürzerer Zeit) und Antibiotika kommen regelmässig Sensibilisierung der Bevölkerung für die Bodenbewirtschaftung und Pflan- zum Einsatz die Belange der artgerechten Tier- zenproduktion intensiviert. Gerade Jungtiere, die aus vielen ver- haltung immer grösser wird, lassen Ganz entscheidend für die Produk- schiedenen Betrieben zusammenge- sich möglichst kostengünstige Nah- tion günstiger Lebensmittel ist jedoch kauft werden, vertragen den Trans- rungsmittel mit wirklich «artgerech- die intensive Tierhaltung – auch Mas- portstress und die Vergesellschaftung ter» Tierhaltung leider schlecht ver- sentierhaltung. Dies bedeutet die Hal- mit Artgenossen aus anderen Ställen einbaren. tung einer grossen Anzahl von Nutz- oft schlecht. In der Folge erkranken Als Tierarzt wünsche ich mir, tieren auf relativ engem Raum zu sie regelmässig an Atemwegs- oder dass auch die Heimtierhaltung, bei möglichst geringen Kosten. Aus tier- Darminfekten, die häufig mit Antibio der zwar Tiere weniger in «Massen» ärztlicher Sicht ist klar, dass diese Hal- tika unter Kontrolle gebracht werden gehalten werden, aber Tierleid trotz- tungsart eine besondere Herausforde- müssen. Werden Antibiotika jedoch dem auch vorkommt, vermehrt Kon- rung für das Gesundheitsmanagement zu oft und unkritisch eingesetzt, führt trollen unterzogen würde. ■ in den betroffenen Betrieben darstellt. dies zur Ausbildung von antibio tikaresistenten Keimen, welche die Porträt Die Gefahr von Krankheiten ist gross menschliche Gesundheit gefährden Bei einer grossen Anzahl Tiere auf bzw. die Bekämpfung von Infektionen engem Raum ist die Gefahr der Ein- erschweren oder verunmöglichen, so- schleppung von Krankheitserregern genannten multiresistenten Keimen. sehr gross. Wenn immer möglich ver- sucht man mit epidemiologischen, Kostengünstige Produkte beinhalten hygienischen und sanitarischen Mass- keine artgerechte Tierhaltung nahmen, der Entstehung und Ausbrei- Jeder Konsument kennt wohl die Foto: zvg tung von Infektionen vorzubeugen. schrecklichen Bilder aus schlecht ge- Staatliche Aufgabe ist die Bekämp- führten Intensivhaltungen. Aus jahr- fung von Tierseuchen wie beispiels- zehntelanger Erfahrung als Gross- Dr. Josef Föhn (55 J.) ist seit über weise der Maul- und Klauenseuche bei tierpraktiker weiss ich allerdings, 20 Jahren als Tierarzt in Klein Paarhufern. Dies beinhaltet die regel- dass man auch eine kleine Anzahl andelfingen im Zürcher Weinland mässige Überwachung der Seuchen- von Kühen oder Schweinen schlecht tätig. ProTier unterstützt ihn und lage, die Kontrolle des Tierverkehrs halten kann. Dies ist für jedes Tier, seine bäuerliche Kundschaft finan- und Massnahmen beim Ausbruch von ob es in einem Familienbetrieb oder ziell bei Katzenkastrationen. Tierseuchen (Einschränkung des Tier- in einer industriellen Produktion auf- www.wyland-vets.ch verkehrs, Keulung usw.). wächst, qualvoll und erschütternd. 16 ProTier 1/ 19
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