Bedarf und Bedürfnis(se) - Enrichment Steinmarder "Erik" - Das Vereinsmagazin der Auffangstation für Reptilien, München e.V - Auffangstation ...
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Das Vereinsmagazin der Auffangstation für Reptilien, München e.V. Enrichment Bedürfnisse von Tieren in Menschenobhut Bedarf und Bedürfnis(se) Enrichment Steinmarder „Erik“ Ausgabe 02/2018
Liebe Freunde und Mitglieder, Zum Anfang November kam das lange ersehnte liebe Förderer der Auffangstation, Schreiben der Regierung von Oberbayern, das uns den Inhaltsübersicht sogenannten vorzeitigen Maßnahmebeginn erlaubt. S. 5 Dafür stehen wir – die Leitlinie der Auffangstation S. 22–23 Vermittlungstiere – Schlangen Die Mitgliederversammlung ist über die Bühne und Das bedeutet, wir können jetzt wirklich aktiv werden S. 6–8 Bedarf und Bedürfnis(se) S. 24–27 Sicherheit und Tierschutz für Gifttiere der Jahresbericht für 2017 ist verschickt und online und mit der Gemeinde Neufahrn in konkrete Verhand- S. 8–10 Vergesellschaftung von Reptilien S. 28–29 Pro Auffangstation – Schüler der Internationalen verfügbar lungen treten wegen des Grundstückes, können die S. 11 Bedürfnishierarchie im Freileben eines Wildtieres Schule Starnberg engagieren sich S. 11 Bedürfnishierarchie eines Wildtieres in Menschenobhut S. 30–31 Jammern auf hohem Niveau? Mir ist klar, dass ich bei der Mitgliederversammlung notwendigen Gutachten erstellen lassen, die für eine S. 12–18 Enrichment S. 32 Mit lebendigem Glanz in den Augen sehr deutlich angesprochen habe, wie schwierig es Erschließung des Grundstückes und die Planung eines S. 19–21 Steinmarder „Erik“ S. 33 Frank Mutschmann – ein Nachruf ist, die nötigen Gelder für den tagtäglichen Betrieb Neubaus notwendig sind und es ist ein positives Sig- der Station und die laufenden Kosten zusammenzu- nal, dass der Förderantrag für diese Kosten und Maß- bringen und noch mehr, das dringend benötigte Geld nahmen auf einem guten Weg ist. Es kann losgehen! für den Neubau, an dem der Verein ja bekanntlich mit Sobald das Grundstück erworben ist, kann endlich vorragenden Ruf und leistet sehr gute Arbeit, was für en Umweltminister (Freie Wähler), Herrn MdL Thors- zehn Prozent Eigenanteil an der Finanzierung betei- die dringend nötige gemeinnützige GmbH gegründet unsere Begriffe ein Garant dafür sein kann, dass man ten Glauber beschert, der Herrn Minister Dr. Marcel ligt ist und nach bayerischem Förderrecht sein muss. werden, die uns mehr Handlungsspielraum und mehr uns Gehör schenken und uns ggf. helfen wird. Hier Huber ablöst. Es war mir dabei ein persönliches Anliegen und da- Rechtssicherheit und geringere persönliche Haftung werden wir auch in Zukunft und in noch größerem Wir wünschen Herrn Dr. Huber in seinem neuen her sehr wichtig, Euch allen kein mit rosa Wölkchen gewähren wird. Hierüber sind wir alle sehr froh. Maß auf die Unterstützung unseres politischen Be- Wirkungsfeld alles Gute und danken ihm herzlich gezeichnetes Bild zu malen, sondern Euch an den Sobald die ersten Gelder genehmigt sind, kann ein raters, Herrn Oliver Neumann, zählen dürfen, wie er für die intensive Unterstützung, die er der Station Ängsten, Nöten und Sorgen des Vorstandes und des Planungsbüro beauftragt werden, das die nötigen uns anbot. Er hat langjährige Fundraising-Erfahrung immer gewährt hat und hoffen, er wird uns auch Personals der Station teilhaben zu lassen. Es geht hier Planungsschritte koordinieren kann und dann kann im gemeinnützigen Bereich und unterstützt diverse, in Zukunft weiter unterstützen und wir werden al- natürlich nicht darum, gelobt und auf die Schultern die Ausschreibung erfolgen, die hoffentlich rasch ein teils große karitative und wichtige humanitäre und les tun, um den guten Kontakt zu ihm nicht abrei- geklopft zu bekommen, sondern darzulegen, wie un- Architekturbüro finden lässt, das die ersten Detailpla- soziale Projekte. Lieber Oliver, hierfür kann ich, kön- ßen zu lassen. Selbstredend gratulieren wir seinem endlich schwierig es ist, so hohe Summen zu erwirt- nungen vornehmen kann. Erst wenn diese vorliegen, nen wir alle, Dir nicht genug danken. Nachfolger, Herrn Minister Glauber von Herzen zu schaften und zusammenzusammeln. kann die Baukostenförderung beim Freistaat beantragt Als Unterstützung für Herrn Neumann im Fundraising seinem Amt und freuen uns auf eine gute und kons- Ihr hattet dabei gute Ideen, viele interessante Ge- werden, die uns der Ministerratsbeschluss zusichert. konnten wir zwei engagierte junge Menschen, Frau truktive Zusammenarbeit mit ihm. In diesem Zu- danken, von denen sehr viele jedoch bereits ge- Für die erste Förderphase können wir den Eigenan- Susanne Pusch, Biologin und Herrn Marcus Wiesner sammenhang hoffen wir natürlich, dass er uns bald dacht und versucht worden sind. Dennoch danken teil in Höhe von 10% aufbringen und haben daher gewinnen, die wir herzlich im Team begrüßen möch- einmal besucht, um uns und unsere Arbeit kennen- wir Euch allen von ganzem Herzen für jeden Vor- etwas mehr Luft gewonnen, die restliche Summe ten. Sie werden sich ehrenamtlich für uns einbringen. zulernen. Wir werden ihn zeitnah einladen, uns zu schlag und jede Idee auf diesem Wege noch einmal aufzutreiben, die wir einbringen müssen. Wir wer- Die Landtagswahlen in Bayern haben uns einen neu- besuchen. ganz herzlich. den zudem die Chance erhalten, Eigenleistung, also Leider wird dies alleine nicht so ohne Weiteres aus- freiwillige Arbeit beim Bau und insbesondere bei reichen, deswegen bitten wir jeden von Euch, sprecht der Gestaltung von Flächen und Gehegen als Eigen- mit Freunden, Verwandten, Kollegen und Arbeitge- anteil angerechnet zu bekommen. Das reduziert die Impressum bern, mit Kunden und wer immer noch behilflich sein monetäre Not etwas. Dennoch werden wir Firmen- Redaktion der Ausgabe 01/2018: könnte. Wir brauchen dringend Euren Support, Eure sponsoren, Großspender und Kooperationspartner Herausgeber: Auffangstation für Reptilien, München e.V. Petra Taint, Sabine Öfner, Thomas Türbl, Dr. Markus Baur Stimme, Euer Engagement zusätzlich zu demjenigen wie Stiftungen suchen und gewinnen müssen. Kaulbachstr. 37, 80539 München Tel.: 089 21805030 Grafik und Layout: unserer Mitarbeiter und unseres Vorstandes. Hier habe ich wenig Bedenken, denn die Auffangsta- Fax: 089 218016570 Matthias Korff Trotzdem gibt es viel Positives zu vermerken. tion genießt nicht zu Unrecht europaweit einen her- Mail: info@reptilienauffangstation.de Druck: Vorsitzender des Vereins: safer-print GbR; www.safer-print.de Dr. Markus Baur Copyright für Texte & Bilder: Vereinsregister München 17494; Soweit nicht anders angegeben sind alle Materialien © Auffang- Aboservice Unser Verein ist vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt, station für Reptilien, München e.V.; jedwede Nutzung und/oder Spenden an uns sind steuerlich absetzbar. 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Die neue Landtagszusammensetzung nach den Wah- unserem Haus zum Standard gehört, verringern wol- Dafür stehen wir – die Leit- • Neben der Biologie, Ökologie, Verhaltenskunde, len bescherte uns auch menschliche Verluste. So trat len und müssen. linie der Auffangstation Tiermedizin und Tiergartenbiologie sowie den gel- Frau MdL Susanne Biedefeld nicht mehr an und Herr Wenn man über Standards spricht, zu denen bei uns tenden Rechtsvorschriften erkennt die Auffang- MdL Herbert Wöhrlein schied aus dem Landtag in- das Enrichment und die Verhaltensgerechtigkeit der Die Auffangstation bietet satzungsgemäß hilfebe- station ausdrücklich die Fähigkeit der Tiere an, folge des Stimmverlustes der SPD aus. Beiden waren Haltung gehören, so macht es auch Sinn, den Stan- dürftigen exotischen Tieren nach aktuellem Wissens- Empfindungen zu haben und teils zu sehr hohen wir – unabhängig von jedem Parteibuch – eng ver- dard für uns und unsere Arbeit zu formulieren. Dies stand die bestmögliche Unterbringung und Versor- sozialen und kognitiven Leistungen befähigt zu bunden und beide haben uns geholfen, wo immer sie haben wir getan und eine Leitlinie verfasst, die die gung, soll jedoch nicht primär und ausschließlich den sein. es vermochten. Für uns ist ein Landtagsmandat kein Werte der Auffangstation skizziert. Diese spiegelt Zweck verfolgen, Tiere unterzubringen und ggf. zu • Im Kontext des Tierschutzes sieht sich die Auffang- Kriterium, ob man Menschen schätzt oder als Freun- wider, was wir über Jahre und gemeinsam mit Prof. vermitteln, sondern soll helfen, ethische Grundüber- station als Förderin des Wissens und der Wissens- de betrachtet und so werden wir ihnen weiterhin Hoffmann entwickelt und gelebt haben und was uns zeugungen und Wissen zu vermitteln und verfügbar vermittlung um die Tiere, ihr Verhalten und ihre eng und freundschaftlich verbunden bleiben. Beiden als Richtschnur dient. zu machen und engagiert sich neben dem Tierschutz biologischen Bedürfnisse und kooperiert interes- möchten wir an dieser Stelle ebenfalls ein herzliches Es hat lange gedauert, aber der Feinschliff an der auch in Bereichen des Artenschutzes, des Vollzuges sen- und verbandsunabhängig ausschließlich im „Vergelt‘s Gott!“ zurufen. neuen, noch nicht ganz fertigen Giftschlangenanlage von Tier- und Artenschutzrecht und der Ökologie, will Sinne der Tiere sowohl mit Tier-, Natur- und Ar- Seit dem Erscheinen des letzten Heftes hat sich vieles neigt sich dergestalt seinem Ende zu, dass wir zum Biodiversität fördern und Menschen das Verständnis tenschutzverbänden sowie Personen und Vereini- ereignet. So kamen einige Beschlagnahmungen he- Jahreswechsel, spätestens im ersten Quartal 2019, für die Tiere und die biologischen Zusammenhänge gungen, ebenso wie mit Zoos. rein, von denen die mit der Schwarzen Mamba uns mit den Giftschlangen nach Riem umziehen können. vermitteln • Die Auffangstation beteiligt sich an einer kontinu- natürlich vor enorme Herausforderungen gestellt hat Auch hierüber finden Sie einen Aufsatz im Heft. • Wissen schützt Tiere – nicht Emotionalität oder ierlichen Verbesserung der Lebensbedingungen und stellt und uns Anlass gab, ihr einen eigenen Arti- Es wird voraussichtlich zu Weihnachten ein drittes, Ideologie. für in menschlicher Obhut gehaltene exotische kel im Journal zu widmen. also zusätzliches Heft des Journals geben, worüber • Tierschutz kann nie ohne Humanität und Men- Tiere durch Publikationen, Dissertationen, die Nach wie vor bereitet uns die Verordnung der EU wir alle uns sehr freuen. Es wird ein Themenheft sein, schenfreundlichkeit erfolgreich umgesetzt wer- Mitarbeit in Arbeitsgruppen und Verbänden so- zu invasiven Arten und das daraus resultierende ba- das ich Ihnen jetzt schon wärmstens ans Herz legen den. Diesem Grundsatz folgt die Station voll- wie durch Medienpräsenz und politisches Engage- bylonische Chaos erhebliche Probleme, Sorgen und möchte. Es wird sich mit Naturschutz befassen und umfänglich. ment und Expertisen/Gutachten. den einen oder anderen Adrenalinschub. So nah- über Moore, Heiden und vom Menschen geschaffene • Aufklärung und eine hilfreich gereichte Hand sol- • Für die Unterbringung und Haltung der Tiere in men wir einen Nasenbären und ein Muntjak, einen karge Flächen als Orte der Biodiversität berichten. len zur Verbesserung der Tierhaltung dienen. der Obhut der Station wird eine best practice un- Zwerghirsch, bei uns auf. Beide sind nicht mit einem In diesem Sinne möchten wir Ihnen allen für das ver- • Wir sind nicht gegen die fachlich korrekte und ver- ter Inklusion aktueller Erkenntnisse aus Biologie, Managementplan in Deutschland versehen, sodass gehende Jahr danken und Ihnen frohe und besinnli- antwortungsvolle Haltung von Tieren, auch nicht Verhaltenskunde, Tiergartenbiologie und Verhal- unklar ist, wie illegal wir gehandelt haben. Aus die- che Weihnachten und einen gesunden Jahreswechsel von Tieren wild lebender Arten in Privathand, son- tensanreicherung (Enrichment) angestrebt und sem Grund wurde ein Antrag formuliert, der uns eine wünschen. Bleiben Sie gesund und bleiben Sie und dern sehen in dieser, neben der Haltung in wissen- umgesetzt werden, die Tiere sollen so naturnah, Sondererlaubnis, weiter unseren Job machen zu kön- aktiv gewogen. Wir sehen uns bei der feierlichen Er- schaftlich geführten Einrichtungen ein hohes und wie möglich gehalten werden. Hier ist eine perma- nen, erbringen soll. Bisher jedoch haben wir hierzu öffnung der Gifttierräume in Riem. wertvolles Potential für den Artenschutz und die nente behördliche Überwachung und Kooperation noch keine Antwort erhalten, werden dies jedoch Biodiversität durch sinnvolle Erhaltungszucht. mit Behörden und Ministerien sowie Tierschutzor- mit Nachdruck weiter verfolgen, ebenso, wie wir im Herzlichst, Ihr Team der • Verbote oder Positivlisten lehnen wir grundsätz- ganisationen vorhanden und dezidiert erwünscht. Tierschutzbeirat und im Verbund mit dem Tierschutz- Reptilienauffangstation lich ab und stehen ihnen kritisch gegenüber, sehen • Die Auffangstation fordert fachkundige Speziali- bund weiterhin die Stimme für betroffene Tiere er- jedoch die Haltung einiger Arten, z. B. vieler Affen, sierungen in Einrichtungen des Tierschutzes und heben werden. Es muss hier eine Regelung und eine in Privathand durchaus skeptisch. will mit ihrem Engagement und in Kooperation mit tierschutzgerechte Lösung gefunden und notfalls er- • Die in § 2 Tierschutzgesetz geforderte Sach- bzw. diesen dafür mit Sorge tragen, dass spezialisierte stritten werden. Fachkunde des Tierhalters steht für uns an ers- Einrichtungen flächendeckend für die Schaffung Ein weiter Teil dieses Hefts ist dieses Mal den Säuge- ter Stelle und wir fordern Fachkunde für jedwede geeigneter, tierschutzkonformer Unterbringungs- tieren gewidmet. Das hat natürlich Gründe. So er- Tierhaltung. möglichkeiten auch für schwierig zu haltende Tier- hielten wir einen Marder aus einer Beschlagnahme. • Hinsichtlich ihrer physischen und psychischen Be- gruppen entstehen können. Das arme Tier weist Verhaltensstörungen auf, die wir dürfnisse kann es keinen Unterschied oder keine insbesondere durch Behavioral Enrichment, das in unterschiedliche Bewertung geben zwischen do- mestizierten und wild lebenden Tieren: Sie müs- sen immer im Vordergrund stehen. Auch Sympa- thie kann hier kein Kriterium sein. Ein Tier ist ein Tier, ohne Ansehen seiner Eigenschaften oder sei- ner potentiellen Gefährlichkeit. 4 5
Bedarf und Bedürfnis(se) von Selbstaufbau und Selbsterhaltung erfüllt sein gung, Sozialpartnern, Beschäftigung etc.). Wohlbe- arten sowie ihr Bedürfnis nach Beschäftigung müs- müssen (Def.). finden setzt physische Intaktheit (Schmerzfreiheit, sen hierbei Beachtung finden. Hier befinden wir uns in einem Bereich, der Bedarfs- Gesundheit [ergänzt nach HACKBARTH & LÜCKERT, Im Handlungsbereitschaftsmodell nach BECKER- Bedarf, Bedarfsdeckung und Schadensvermeidung deckung auf mannigfaltige Weise gewährleisten 2002]), physiologische Ausgewogenheit, Zufrieden- CARUS et al. (1972) muss bei Verhaltensweisen und Zum Verständnis dieser Zusammenhänge tragen das kann. heit (ergänzt nach HACKBARTH & LÜCKERT, 2002) Bedarfen/Bedürfnissen von Tieren, insbesondere Bedarfsdeckungs- und Schadensvermeidungskon- Anhand der genannten Beispiele kann verdeutlicht und die Möglichkeit, die Verhaltensbedürfnisse aus- von Wildtieren, unterschieden werden zwischen dem zept von TSCHANZ (1982), sowie das Handlungsbe- werden, dass ggf. Gastrolithen, sofern ihnen Bedeu- zuleben, also die Erfüllung sozialer und ethologischer Generieren von Handlungsbereitschaft beim Tier reitschaftsmodell von BUCHHOLTZ (1993) grundle- tung bei der Verdauung und mechanischen Aufbe- Bedürfnisse und normales Verhalten (HACKBARTH & durch äußere und innere Faktoren (autonome Erre- gend bei. reitung von Futter zukommt, oder sie als Quelle für LÜCKERT, 2002), voraus. Als Maß können daher Mor- gung). Diese sind nach den Ausführungen von HART- So beinhaltet das Bedarfsdeckungs- und Schadens- Mineralien dienen, durch bereits mechanisch aufbe- phologie, Physiologie und das Verhalten herangezo- MANN et al. (2016) aus Sicht des Tierschutzes als vermeidungskonzept den Grundsatz der deutschen reitetes, strukturarmes Futter oder aber Mineralstoff- gen werden. besonders relevant einzustufen. Hierbei erfährt die Tierschutzgesetzgebung, dass Tieren eine tierge- supplemente ersetzt werden können. In Anbetracht Leiden stellen das Gegenteil des oben definierten (innere) Handlungsbereitschaft, eine Verhaltenswei- rechte Haltung durch den Menschen garantiert der Tatsache, dass Krokodilhaltungen in der Regel Wohlbefindens dar und müssen keinesfalls auf rein se oder Handlung auszuführen, bereits dadurch eine werden muss. Um eine solche tiergerechte Tierhal- eher selten erhebliche Wassertiefen und großräu- physischer Basis betrachtet werden, sondern können Steigerung, dass Zeit seit dem letzten Ausführen die- tung, also den Bedürfnissen und dem Verhalten der mige Wasserkörper zum Schwimmen bereitstellen ebenso psychischer Natur sein. Um die Tatsache des ser Handlung verstrichen ist. Ist sie erfolgreich aus- Tiere dahingehend genügende Form der Haltung können, kann aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Leidens im Sinne des TSchG anzusprechen, bedarf es geführt, kommt es zu einer negativen Rückkopplung und Pflege, zu gewährleisten, sind den Tieren ver- Funktion von Gastrolithen verzichtet werden, da sie nicht mehrerer Formen des Leids, um Leiden hervor- und die Bereitschaft für diese Handlung sinkt, der haltensgerechte Nahrung, Pflege und Unterbrin- in menschlicher Obhut nicht mehr notwendig sind. zurufen. Hierunter fallen beim Tier vor allen Dingen Schwellenwert erhöht sich wieder. Im umgekehrten gung zu bieten. Verhaltensgerechtigkeit beinhaltet Mineralstoffdefizite können durch Ganzkörperfütte- anhaltende – oder sich wiederholende – Zustän- Fall sinkt der Schwellenwert eines Tieres gegenüber hierbei, dass alle Verhaltensweisen eines wild le- rung, Zugabe von Kalziumpräparaten, Vitamin-Mi- de der Angst, jedoch auch von unphysiologischen einer bestimmten Handlung stark ab, wenn sie nicht benden Individuums, also sein angeborenes Ver- neralstoffgemischen oder die Verfütterung von aus- Stresssituationen. ausgeführt wird bzw. werden kann. Hier wird von haltensrepertoire oder anders ausgedrückt sein ge- gewogenem Pelletfutter verhindert werden. Daher Nach HACKBARTH & LÜCKERT (2002) muss eine Tier- einer Schwellenwerterniedrigung gesprochen. Dabei samtes Ethogramm, ausgelebt werden kann. Tiere kommt dem Vorhandensein von UV B-Licht in der haltungseinrichtung, also ein Gehege, ein Stall, ein kann es zu Fehlverhalten kommen wie z. B. der Aus- sind – im Gegensatz zu unbelebter Substanz – zu artifiziellen Beleuchtung keine wirkliche biologische Käfig oder ein anderweitiges Behältnis zur Haltung lösung der Verhaltensweise ohne äußeren Reiz oder Selbstaufbau, Selbsterhaltung und Fortpflanzung Bedeutung mehr zu. Dennoch kann Bedarfsdeckung von Tieren mindestens mit Mindestliegeflächen, Ein- zu Ersatzhandlungen, im schlimmsten Fall zu Verhal- fähig, wofür Voraussetzungen gegeben, Stoffe und dadurch erreicht werden – und mit ihr die diesbezüg- richtungen zum Absatz von Harn und Kot sowie aus- tensstörungen oder Stereotypien. Reize vorhanden sein müssen. Hieraus ergibt sich liche Schadensvermeidung –, dass der Mensch ande- reichenden Fressflächen ausgestattet sein. Hier kann Daher muss von einem angeborenen, in den natür- ein (zwingender) Bedarf an diese Stoffen und Rei- re, adäquate Quellen verfügbar macht oder im Ma- ergänzend und in Anlehnung an die Beschreibun- lichen Verhaltensweisen und im Verhaltensrepertoire zen. Ein Tier kann einen bestimmten Zustand nur nagement entsprechende Modifikationen vornimmt. gen HEDIGERS (1961) hinsichtlich der Haltung von begründeten Bedürfnis ausgegangen werden, dessen dann erreichen, wenn bestimmt Voraussetzungen NICHT-Nutztieren ergänzt werden, dass Haltungsein- Erfüllung ggf. maßgeblich zum Wohlbefinden der Tie- Das Bedürfnis hierfür erfüllt und gegeben sind. Bedarf entsteht richtungen Einrichtungen und Ausstattungen auf- re beitragen könnte. bei einem Lebewesen aus der Notwendigkeit, ei- Bedürfnis ist das mit dem Wahrnehmen eines Man- weisen müssen, die es dem gehaltenen Tier erlauben, Im Sinne einer modernen Tierhaltung auf Basis arti- nen Zustand zu erreichen, in dem die Vorausset- gels verbundene Gefühl (Def.) sein Lebensumfeld als Territorium, das neben Liege-, fiziell bereitgestellter Lebensräume bei Erfüllung der zungen für Selbstaufbau und Selbsterhaltung er- Im Tierschutz wurde mittlerweile das behavioristi- Fress- und Defäkationsstellen auch Wechsel, also art- Vorgaben der §§ 1 & 2 TSchG kommt der Beachtung füllt sind (Def.). sche Denken überwunden und Begriffe wie Wohl- gemäße und verhaltensgerechte Bewegungsmög- dieser, sich nur aus den Kommentaren zum Tier- Durch Bedarfsdeckung gelingt dem Lebewesen befinden, Leiden, Angst und Bedürfnis, die allesamt lichkeiten, Rückzugsmöglichkeiten und Ruheplätze schutzgesetz erschließenden Parameter, eine neue Selbstaufbau und Selbsterhaltung. Daneben müssen dem emotionalen Bereich zuzuordnen sind, wurden sowie Einrichtungen zum Ausleben von Territorial- und immer wichtiger werdende Bedeutung zu. Dies durch die vorhandenen Fähigkeiten eines Lebewe- nicht nur etabliert, sondern stellen integrale Parame- und Komfortverhalten beinhaltet, zu erfahren. Hier- ist umso relevanter, da die Terraristik, so sie auf fun- sens schädigende Einflüsse vermieden werden, die ter dar, die zur Bewertung tierschutzrelevanter The- bei kommt für die Haltung von Tieren in Menschen- dierter Tierhalter-Sachkunde basiert, bereits imstan- neben der Bedarfsdeckung Selbstaufbau und Selbst- menkomplexe herangezogen werden. obhut den Definitionen von HEDIGER hinsichtlich des de ist – weit mehr, als dies in vielen anderen Teilberei- erhaltung gewährleisten. Bedarfsdeckung und Scha- Territoriums eines Tieres, der Individualdistanzen chen der Heimtierhaltung der Fall ist – die Vorgaben Begrifflichkeiten densvermeidung werden als grundlegende Funk- von Tieren und insbesondere der Bedeutung des der genannten Rechtsgrundlagen annähernd vollum- tionen des Verhaltens angesehen, welche es dem Der in § 1 Tierschutzgesetz (TSchG) eingeführte Be- Territoriums zur Bedarfsdeckung und Schadensver- fänglich und auf guter Terrarientechnik und Know- Individuum erlauben, sich erfolgreich mit sich selbst griff des Wohlbefindens wird generell definiert meidung sowie dem Sicherheitsbedürfnis der Tiere how basierend zu erfüllen. und der Umwelt auseinanderzusetzen. Bedarfsde- (SAMBRAUS & STEIGER, 1997) als Freiheit von nega- eine enorme Bedeutung zu. Auch arttypische Verhal- Bedarfsdeckung und Schadensvermeidung alleine ckung ist der Vorgang, bei dem das Lebewesen en- tiven Empfindungen und dem Fehlen von stärkeren tensweisen, wie Balz-, Brut- und Fluchtverhalten, die können jedoch nur bedingt als ausreichend betrach- dogene Bedingungen erzeugt, die für das Gelingen Bedürfnissen (z. B. nach Nahrung, Wasser, Bewe- Anpassungs- und Lernfähigkeit der gehaltenen Tier- tet werden, wird der Terminus des Wohlbefindens 6 7
von in Menschenobhut gehaltenen Tieren, ebenso terischen Gründen) wählt der Mensch aus, welche In- sind nicht bekannt. Dennoch können einzelne Arten genügend Fläche und Struktur verfügbar ist, um weib- wie die Verhaltensgerechtigkeit, zusätzlich zu diesen dividuen gemeinsam in einem Gehege oder Behälter echte Paarbindungen über Jahre aufweisen (z. B. ei- lichen Tieren zu ermöglichen, sich ausreichend vom sinnvoll gewichtet. leben sollen. nige australische Großskinke) und zeitweise gemein- Männchen fernzuhalten um fehlende Paarungsbereit- Literatur: Bei der Vergesellschaftung können grundsätzlich zwei sam mit ihren Nachkommen leben (Skinke in Einzel- schaft zu signalisieren. Hierbei werden häufig Verhal- BECKER-CARUS, CH., BUCHHOLTZ, CH., ETIENNE, Formen unterschieden werden, die einer differen- fällen). Brutpflege ist bei Krokodilen einerseits als tensweisen beobachtet, die mit erheblichen Schmer- A.FRANCK, D., MEDION, J., SCHÖNE, H., SEVENSTER, zierten Betrachtung bedürfen: innerartliche und zwi- Bewachung des Geleges, andererseits durch Vertei- zen, Leiden und Schäden einhergehen. Die Männchen P.STAMM, A., TSCHANZ, B.: Motivation, Handlungs- schenartliche/speziesübergreifende Vergesellschaf- digung der Jungtiere über Wochen bekannt (hier ins- verlieren hierbei durch Reizschwellenerniedrigung bereitschaft, Trieb; Z. Tierpsychol. 30, pp. 321-326. tung (z. B. mit nicht verwandten Reptilienarten in besondere durch akustische Signale und hormonelle und dauerhaft wirkende „Schlüsselreize“ ihr rituali- BUCHHOLTZ, CHR.: Das Handlungsbereitschaftsmo- Schauterrarien, die Lebensgemeinschaften abbilden Reaktionen beim Muttertier gesteuert). siertes Balz- und Paarungsverhalten und verhalten dell – einonzept zur Beurteilung und Bewertung von sollen, Wirbellosen oder Vögeln, Fischen etc.). sich zunehmend aggressiv den Weibchen gegenüber. Verhaltensstörungen; In: BUCHHOLTZ et al.: Leiden Probleme der innerartlichen Vergesellschaftung uns Verhaltensstörungen bei Tieren; Birkhäuser, Das Gemeinschaftsbedürfnis der überwiegend meis- treten häufig in der Begrenzung in menschlicher Ob- Bei der artübergreifenden Vergesellschaftung kön- Basel, Boston, Berlin. ten Reptilien ist nicht vergleichbar mit dem wirklich hut auf. Zwar kann ein gut ausgestattetes und struk- nen vorteilhafte und positive Synergien erreicht, aber HACKBARTH, H. & LÜCKERT, A.: Tierschutzrecht; sozial lebender Arten wie vielen Säugetieren oder Vö- turiertes Terrarium oder Gehege für ein Individuum auch gravierende Probleme verursacht werden. Jehle, 2002. geln. In Ermangelung ausgeprägter Brutpflege und el- als Territorium völlig ausreichend sein, wenn Be- Im Rahmen der Darstellung von Lebensraumaus- HARTMANN, S., BLAHA, T., KUNZMANN, P., terlicher Fürsorge bei den allermeisten Arten erfolgt darfsdeckung gewährleistet ist, jedoch kann es durch schnitten können, ebenso im Privathaushalt wie in RICHTER, T.: Tierhaltungsverbote: Begründungen – bei den Reptilien keine Prägung auf Artgenossen oder mangelnde Rückzugsmöglichkeiten zu erheblichen den Zoos, Tiere verschiedener Arten vergesellschaf- Konsequenzen – Alternativen; DVG-Fachgruppe Elterntiere. Daher können Reptilien derzeit nicht zu kommunikativen Problemen unter den zusammen- tet werden. „Tierschutz“; Tagungsband. Exotenhaltung in privater den sozial lebenden Tierarten im eigentlichen Sinn lebenden Tieren kommen. Rivalisierende Tiere kom- Um hier sinnvoll agieren zu können, sollten die Tiere Hand – Tierschutzrelevanz und/oder Sachverstand?; gezählt werden und das Bedürfnis nach sozialer Ge- munizieren durch Körperhaltung, Gebärden und ritu- vergleichbare Ansprüche an die Gestaltung des Ter- DVD Service GmbH, 2016; pp. 86–95. meinschaft ist als eher gering anzusprechen. Hier ste- alisierte aggressive Handlungen untereinander und rariums haben und aus demselben oder zumindest HEDIGER, H.: Tierpsychologie im Zoo und im Zirkus, hen eher Ansammlungen von Tieren an geeigneten nur selten kommen echte, auf Beschädigung aus- sehr ähnlichen Biotopen stammen. Es genügt keines- Basel, 1961. Orten wie Sonnenplätzen oder Überwinterungsplät- gerichtete aggressive Interaktionen zustande, wenn falls, Tropentiere, ohne Rücksicht auf deren Lebens- LORENZ, K.: Vergleichende Verhaltensforschung; zen (Aggregation), um diese ggf. gemeinsam nutzen sich unterlegene Tiere eindeutig für den „Sieger“ er- räume gemeinsam zu halten, denn wird z. B. eine Art Springer Verlag; Berlin, New York, 1978. zu können, im Vordergrund. Fast alle Reptilien leben kennbar durch Flucht entziehen und dessen Territo- aus überwiegend trockenen Steppengebieten mit SAMBRAUS, H. & STEIGER,A.: Das Buch vom Tier- primär solitär und beanspruchen Territorien (territo- rium verlassen können. In Menschenobhut kann dies einer aus dem tropischen Regenwald stammenden schutz; Stuttgart, 1997. riale Lebensweise). Häufig beinhalten Territorien do- durch die Gehege-Begrenzung unterbunden sein. Der Art vergesellschaftet, so ist dies einer „Vergesellschaf- TSCHANZ, B.: Erkennen und Beurteilen von Verhal- minanter Männchen überlappende oder mosaikartig Reiz zur Revierverteidigung für das dominante Tier tung von Kamelen mit Eisbären“ zu vergleichen, die tensstörungen mit Bezugnahme auf das Bedarfskon- in diesen befindliche kleinere Territorien weiblicher bleibt somit bestehen und ernsthafte Kämpfe, bis hin nicht gut gehen kann. zept; In: BUCHHOLTZ, C. et al.: Leiden und Verhal- Tiere oder z. Z. in Randbereichen unterlegener männ- zur gravierenden Verstümmlung, neben lange andau- Andererseits können z. B. Vögel mit Reptilien, sofern tensstörungen bei Tieren; Birkhäuser, Basel, Boston, licher Individuen. ernden Stresssituationen für alle beteiligten Individu- sie sich nicht gegenseitig als Nahrung sehen, verge- Berlin, 1982. Territorien werden durch olfaktorische (geruchliche) en, sind die Folge (häufig gesehen bei Leguanen, Aga- sellschaftet werden, z. B. Zwergwachteln mit Dorn- und teilweise optische und akustische Signale (Duft- men, Geckos, Schildkröten). Bei zu kleinen, ggf. nicht schwanz-Agamen oder Webervögel mit Sporn- oder Vergesellschaftung von Reptilien drüsen z. B. an den Femoralporen, hervorgehobene optisch strukturierten Gehegen und Behältern (z. B. Pantherschildkröten. Hier können, wenn die Arten Plätze für Dominanzverhalten, „Brüllen“ bei Kroko- auf Krokodilfarmen) können auch dominante Tiere gut gewählt sind und ihnen jeweils hinsichtlich ihrer Unter Vergesellschaftung versteht man das Zusam- dilen u. v. m.) abgegrenzt. Bei einigen Arten erfolgt keine Territorien etablieren. Alle Individuen sind stark arteigenen Bedürfnisse vollumfänglich Rechnung ge- menleben von Tieren in menschlicher Obhut. auch Patrouillieren, also Abgehen des Territoriums gestresst (Bedarfsdeckung und Schadensvermeidung tragen werden kann, Kombinationen – analog zu Zoo- Hier spielt der Mensch eine zentrale Rolle, da einer- und sehr häufig vehemente Verteidigung desselben sind nicht gewährleistet) und es etabliert sich ein so- haltungen – über Gattungs-, Familien oder Ordnungs- seits durch die Umfriedung, Einzäunung oder das Vor- ritualisiert durch Imponiergehabe bis hin zu teils hef- genannter Crowding-Effekt mit scheinbar „friedlicher schranken hinweg realisiert werden. handensein eines Terrariums als geschlossene Einheit tigen Auseinandersetzungen von Kontrahenten. Koexistenz“. Diese ist auf Dauer weder tierschutz- Daraus kann, analog zur Vergesellschaftung von z. B. den Tieren die Möglichkeit, sich durch Abwandern Viele Arten etablieren einen Harem weiblicher Tiere oder verhaltensgerecht, noch ohne gesundheitliche Krokodilen mit klein bleibenden Fischen, ein positiver oder Flucht einer unerwünschten oder unangeneh- im eigenen Territorium (z. B. Krokodile, Grüne Legua- und „psychische“ Schäden bei den betroffenen Tie- Effekt, Behavioral Enrichment, generiert werden. men Situation zu entziehen (oder Unterlegenheit und ne). Meist bilden sich im lockeren Zusammenleben ren aufrechtzuerhalten und sollte vermieden bzw. Problematisch ist die Vergesellschaftung einerseits Paarungsunwilligkeit zu demonstrieren und zu kom- Hierarchien heraus, die jedoch selten bis nicht stabil, behoben werden. dann anzusehen und sollte zwingend unterbleiben, munizieren) unterbunden ist. sondern dynamisch sind. Analog hierzu können Zuchtgruppen betrachtet wer- wenn klimatische und mikroklimatische Ansprüche Im Rahmen der Gruppenzusammenstellung (sei es Soziale Interaktionen, wie gegenseitige Pflege oder den, wenn diese permanent mit den Männchen ge- der Tierarten nicht übereinstimmen oder die Habita- aus räumlichen, rein anthropozentrischen oder züch- Ritualhandlungen zur Festigung von „Bindungen“ meinsam in einer Anlage gehalten werden und nicht te und Biotope sich nicht stark ähneln oder gleichen 8 9
oder aneinandergrenzen bzw. ineinander übergehen. soziale Vögel und Säugetiere, vereinsamen und unter mehrerer Tiere enden können, wenn z. B. zwei Tiere 1) Freiheit von Hunger, Durst und Fehlernährung Ebenso muss als problematisch betrachtet werden, dem Mangel an Sozialpartnern leiden. an einem Beutetier fressen und das Partnertier mit 2) Freiheit von Unbehagen wenn sich die Tierarten bezüglich ihrer Biotopnut- Im Umkehrschluss sind Vergesellschaftungen nur dann verschlingen. 3) Freiheit von Schmerz, Verletzung und Krankheit zung sehr entgegenstehen, Licht- und Temperatur- sinnvoll und ohne Probleme umsetzbar, wenn die Ge- Sollen Reptilien vergesellschaftet werden die sich un- 4) Freiheit von Angst und Leiden bedürfnisse sich widersprechen, die Gestaltung des hege und Terrarien für Gruppen sehr großzügig be- bekannt sind, so sind hier alle Vorsichtsmaßnahmen 5) Freiheit zum Ausleben von normalem Verhalten Geheges nur für eine Art, die andere jedoch nicht messen und gut strukturiert sind, sodass sich die Tiere anzuwenden, die Auseinandersetzungen verhindern ausreichend vorgenommen werden kann. Auch kön- optisch aus dem Wege gehen und eigene Territorien können. Die Gewöhnung sollte phasenweise und un- nen sich Arten erheblich stören, die sich gegenseitig beanspruchen können. Hier ist es unverzichtbar, dass ter Beobachtung erfolgen, das Einbringen von zusätz- behindern oder um Ressourcen in nicht zu vernach- jedem Tier immer alle Ressourcen ungestört verfüg- lichen Ausweich- und Fluchtmöglichkeiten ist vorzuse- >ĂŶŐĞǁĞŝůĞ lässigendem und nicht ausgleichbarem Maß kon- bar sind, d. h. es müssen mehrere Sonnenplätze, Eiab- hen und ggf. kann ein Trenngitter gute Dienste leisten. ƵŶĚĚĂƐ&ĞŚůĞŶ ǀŽŶƵĨŐĂďĞŶ kurrieren, sich einander als Beute oder Bedrohung lagemöglichkeiten, Verstecke, Ruheplätze, Ausstiege ďĞĚŝŶŐĞŶĞŝŶŬƌĂŶŬ wahrnehmen oder in ihren natürlichen Lebensge- aus Wasserbecken, Trink- und Badegelegenheiten und ŵĂĐŚĞŶĚĞƐZĞŝnjͲ ǀĂŬƵƵŵŝŶ'ĞĨĂŶŐĞŶƐĐŚĂŌ wohnheiten beeinträchtigen (z. B. Tag- und Nachtak- klimatisch angemessenen Zonen vorhanden sein. Hier ŐŐƌĞƐƐŝŽŶ tivität, störungsempfindliche und bewegungsaktive sollte die Anzahl der Individuen X als Richtschnur die- Bedürfnishierarchie im ^ƚĞƌĞŽƚLJƉŝĞ Arten, grabende Lebens- und Ernährungsweise und nen und jede Ressource in einer Häufigkeit von X + 1 Freileben eines Wildtieres sĞƌŚĂůƚĞŶƐƐƚƂƌƵŶŐ ĂŶƟƐŽnjŝĂůĞƐsĞƌŚĂůƚĞŶ solche, die etablierte Strukturen konservativ nutzen). vorhanden sein. Bei ganzjähriger Gruppenhaltung >ĞŝĚĞŶ Geringfügige Konkurrenz und seltene, jedoch posi- sollen ausreichend viele Separationsmöglichkeiten Grundsätzlich beinhaltet das Bestreben eines Lebe- ^ŽnjŝĂůͲƵŶĚ;dĞƌƌŝƚŽƌŝĂůǀĞƌŚĂůƚĞŶͿ tive Erregungszustände und geringfügige Störungen bei vollumfänglicher Bedarfsdeckung pro Individuum wesens immer die sogenannte Bedarfsdeckung, also ĂŶŐĞǁĞŝůĞ ŵƵƐƐĚƵƌĐŚĚĞŶ len-Gruppen aus verschiedenen Arten betroffen. geren Sinn zu erwarten. Jedoch sind auch hier Kon- DĞŶƐĐŚĞŶĂƵƐŐĞŐůŝĐŚĞŶ Es ist für das Gros der Echsen und Schildkröten anzu- kurrenzsituationen um Ressourcen zu vermeiden und ƵŶĚĚƵƌĐŚƵĨŐĂďĞŶ ĞƌƐĞƚnjƚǁĞƌĚĞŶ raten, die Geschlechter nicht ganzjährig gemeinsam ausreichende Verstecke, Klettermöglichkeiten etc. für Bedürfnishierarchie eines zu pflegen und in Gruppen, die sozialen Stress er- jedes Tier vorzusehen. Wildtieres in Menschenobhut EZ/,DEd kennen lassen, die Individuen getrennt voneinander Allerdings besteht hier, sind die Tiere nicht möglichst zu pflegen und ggf. einzeln zu halten. Sind hier die gleich groß, die Gefahr, dass es zu Kannibalismus Tierwohl, also diejenigen Lebensumstände, die es ^ŽnjŝĂůͲƵŶĚ;dĞƌƌŝƚŽƌŝĂůǀĞƌŚĂůƚĞŶͿ Behälter ausreichend groß und gut strukturiert und kommen kann und kleinere Tiere gefressen werden. einem Tier erlauben, sich seiner Art und seinen Be-
Enrichment keinesfalls gesundheitsschädlich sind), die eine Aus- wahl erlauben. Darüber hinaus spielt die Aufberei- tung und Präsentation des Futters eine wichtige Rol- Was ist Enrichment? le. Je mehr die Darreichungsform zur Aktivität anregt Unter Enrichment versteht man einen dynamischen und das Erlangen des Futters mit aktiver Bewegung, Prozess, um die Umgebung eines Tieres im Rahmen Kraftaufwand und Aktivität, ggf. dem Ablaufen ver- seines Verhaltens und seiner Ökologie zu bereichern schiedener natürlicher Bewegungs- und Handlungs- und aufzuwerten. Veränderungen an der Umgebung weisen verbunden ist, umso besser. Je länger der oder dem Lebensumfeld werden mit der Zielsetzung Nahrungserwerb durch Suche, Sammeln, Erarbeiten ausgeführt, die Verhaltensweisen des Tieres zu för- dauert, desto erfolgreicher war das Enrichment. dern (und zu vermehren), dadurch dass ihm verhal- (Theoretisch käme eine sechste Variante ins Spiel: tensgerechte Wahlmöglichkeiten zur Verfügung ste- vermeintliche, vorübergehende „Gefahren“ – ana- hen und arteigene Verhaltensweise ausgelöst und log zu den Feindvermeidungs-Situationen im Freile- durch gezielte Anreize zum Vorschein gebracht und ben – als Enrichment und Auslöser von Flucht- und somit das Wohlbefinden der Tiere und der Tierschutz Abwehr-Verhalten: Hier kann z. B. der Geruch eines gestärkt werden. (In Anlehnung an die Behavioral Fressfeindes ins Gehege eingebracht werden oder Scientific Advisory Group, 1999) z. B. eine Greifvogel-Attrappe am Terrarium vorbei oder über das Terrarium hinweg bewegt werden. Grundsätzlich können fünf Formen des Der Prädator- oder Bedrohungsreiz darf hier nicht Enrichments unterschieden werden: bestehen bleiben, weswegen z. B. stundenlang am Soziales Enrichment: Bei den meisten, weil nicht so- Terrarium beobachtende Hauskatzen nicht als Enrich- zialen Reptilien, eher schwierig zur Anwendung zu Aoki, unser Japan-Makaken-Männchen ist ein Drauf- Hier geht Köpfchen vor Kraft. Zuweilen scheint Aoki mentfaktor geeignet sind). bringen. Interaktionen mit dem Pfleger können hier gänger, der sich gerne in Pose wirft und relativ pragma- frustriert, wenn es nicht auf Anhieb klappt und er Die genannten Bereiche können sich überschneiden teils ebenfalls als solches dienen, wobei beachtet tisch und oft handgreiflich seine Enrichment-Aufgaben nachdenken muss, aber am Ende klappt auch das. oder ineinander übergehen, wobei eine Art des En- werden muss, dass Handlingmaßnahmen ebenso wie „erledigt“. Hier haben ihm die Pfleger eine Heuschre- richments gleichzeitig mehrere Bereiche abdecken Streicheln oder das Herumtragen weit eher als Stress cke, die er als schmackhaften Leckerbissen sieht, in kann. Enrichment soll immer artspezifisch sein und zu bezeichnen sind. einem Rohr mit Holzwolle versteckt. Es gilt also, ganz sich an den natürlichen Verhaltensweisen der ge- Kognitives oder geistiges Enrichment: grundsätzlich weihnachtlich, den Leckerbissen auszupacken pflegten Tiere orientieren und anlehnen. Daher soll- Aufgabenstellungen, überwindbare Schwierigkeiten ten Enrichment-Maßnahmen immer wieder evaluiert und Hindernisse, die das Tier geistig also kognitiv for- und auf ihre Eignung hin überprüft werden. Nehmen dern und es ggf. zum Finden von Lösungsstrategien die Tiere die Anreicherung an, wie reagieren sie dar- bringen können (Problemlösungen). auf, sind Modifikationen angebracht? Enrichment des physischen Lebensraumes: Diese Analog zu den Zoos sollte in einer zeitgemäßen Tier- erlauben den Tieren die dreidimensionale Nutzung haltung auch durch Enrichment auf ein oder mehrere ihres Lebensumfeldes (siehe Ausstattung), schaffen Ziele hingearbeitet werden: Wahlmöglichkeiten und regen die Tiere, ggf. in Kom- Steigerung von Aktivität, wie z. B. Erkundungs-, Jagd- bination mit Futterenrichment, dazu an, aktiv Nah- oder Beuteerwerbsverhalten, aber auch die Ver- rungserwerb zu betreiben und hierfür Anstrengun- meidung bzw. Beendigung oder Verringerung unge- gen aufwenden zu müssen. wünschter problematischer Verhaltensweisen bzw. Enrichment über Stimulation der Sinnesorgane: das deren Häufigkeit, wie z. B. stressassoziiertes Abgehen Anbieten von temporären zusätzlichen Reizen für der Scheiben, Reiben der Schnauzen, Flucht- oder die Sinnesorgane (optisch, taktil, akustisch, olfak- fehlgeleitetes Erkundungsverhalten. Diese deuten torisch, geschmacklich) bzw. Kombinationen dieser auf mangelndes Wohlbefinden hin. Anreize. Environmental Enrichment hat eine Vielzahl positiver Futterenrichment: Dies bedeutet ein Angebot ver- Folgen für das Wohlbefinden, die Aktivität, die Aus- schiedener Futtermittel (natürlich nur solcher, die Wer will denn die Gemüsebeilage, wenn es doch nach geglichenheit und die Gesundheit für in menschlicher im natürlichen Nahrungsspektrum vorkommen und Wie passt der ganze Arm wohl um die Kurve? Grashüpfer duftet? Obhut gehaltene Tiere, die quantifizierbar, also mess- 12 13
bar und belegbar sind. Neben der Tatsache, dass En- richment zur neuronalen und kognitiven Entwicklung positiv beitragen kann, steigern ggf. gelangweilte, in- aktive Tiere ihr Aktivitätslevel, Stress wird reduziert und die Immunkompetenz steigt. Im Kontext einer sogenannten Bedürfnishierar- chie bei Tieren in menschlicher Obhut können viele Verhaltensweisen mit dem Selbstaufbau und der Selbsterhaltung, also Bedarfsdeckung und Schadensvermeidung in Zusammenhang gebracht werden, die insbesondere mit dem Nahrungser- werb verbunden sind. Hierdurch werden Tiere im Freileben gezwungen, z. B. körperliche, aber auch kognitive Hochleistungen zu erbringen. Im Terra- rium werden die Tiere mit Nahrung versorgt und brauchen in der Regel keine natürlichen Feinde zu fürchten. Der Zwang zu den genannten Aktivitäten Aber auch da sind schmackhafte Happen dabei, die fällt weitestgehend weg. Futtermobiles sind spannend für unsere Affen, denn Man sieht Alison förmlich an, wie schwer sie sich bei einem Kraft geben für weitere Anstrengungen. Andere Aspekte aus dem genannten Kontext, wie das sie müssen einerseits auf dem Ast balancieren und der Auswahl des Futters tut. Thermoregulationsverhalten, das neben dem Aufsu- das ständig schwingende Mobile manipulieren und chen ausreichend warmer Sonnenplätze auch die Ab- das Futter regelrecht einfangen. kühlung und das Vermeiden von Überhitzung in m. o. w. regelmäßig wiederkehrenden Zyklen beinhaltet, ist hier ebenfalls zu betrachten, wechseln sich mit Nah- rungserwerb, Verteidigung und Territorialverhalten, Ruhen und ggf. Fortpflanzungsverhalten ab und sind mit Bewegung und Aktivität verbunden. Sie entfallen teilweise in Menschenobhut und spielen sich auf ge- ringerem Raum ab. So steigt das ungenutzte Zeitbud- get eines Tiere an, die Notwendigkeit zur Aktivität (die im Freileben keineswegs immer auf Freiwilligkeit beruht und „Freude an der Bewegung“ oder einem arteigenen Bewegungsbedürfnis entspringt, sondern oft durch die Lebensumstände erzwungen ist). Hie- raus ergibt sich teilweise die Tatsache, dass verfüg- barer Raum im Terrarium oder Gehege gar nicht ge- nutzt wird, weil die Tiere zu niedrige Aktivitätslevel erreichen. Daher müssen die haltungsbedingten Not- wendigkeiten, die im Freileben an Aktivität gekoppelt sind, ausgeglichen werden. Gitter sind zwar optisch nicht schön und im Zoo auch Die sogenannte physische Integrität, also die Gesund- nicht mehr zeitgemäß, jedoch dienen sie den Tieren zur heit und Unversehrtheit eines Tieres, ist durch Fütte- Erschließung der dritten Dimension und werden gerne rung, Pflege und Gehegeausstattung sowie tierärzt- zum Klettern und als Absprungfläche genutzt. Es eignet liche Maßnahmen und Prophylaxe anstrengungsfrei Neben der Anstrengung, die die Tiere für das Futter Nicht zwangsläufig ist ein Leckerbissen sofort verfüg- sich jedoch auch bestens zur Verhaltensbereicherung, für die Tiere zu erreichen. Die „Fünf Freiheiten“ von aufwenden müssen, spielt der Zeitfaktor eine wichti- bar, wenn er gepflückt worden ist, sondern muss zu- denn beim Angeln des von außen aufgehängten Fut- Hunger und Durst, von Unbehagen durch adäquate ge Rolle. Futter muss erarbeitet werden und die Nah- dem ausgepackt werden. ters ist Geschicklichkeit und Erfindungsgabe gefragt. Umgebung, von Schmerzen, Verletzungen und Krank- rungsaufnahme pro Mahlzeit dauert deutlich länger. 14 15
heiten durch rasche Hilfe von Halter und Tierarzt so- gleichen gilt. wie durch Einengung und Verhaltenshemmnisse (z.B. Im Sinne einer Bedürfnishierarchie nimmt dieser As- Bewegungsfreiheit, Lebensraum, Ausstattung[en] pekt in Abhängigkeit von den genannten Bereichen und ggf. Artgenossen) sowie das Freisein von Angst einen immensen und bedeutenden Stellenwert ein. und Leiden (durch auf wissenschaftlicher Erkennt- Ergänzt man hier sinnvoll durch Enrichment, werden nis basierende adäquate Haltungsbedingungen und die psychischen Bedürfnisse im Sinne von Wohlbefin- sachkundigen Umgang mit den Tieren) sind gewähr- den befriedigt. leistet. Daher sollen Terrarien und Gehege, analog zu ande- Reproduktion i. S. der Arterhaltung als elementares ren gehaltenen Tieren, durch Enrichment angerei- Bedürfnis von Lebewesen sowie die Sicherheit i. S. chert werden, um den Tieren Anreize zu geben, eine der Feind- und/oder Schadensvermeidung sind eben- Vielzahl von Verhaltensweisen, u. a. durch die Mög- falls durch die Haltung in menschlicher Obhut und lichkeit zur Wahl, auszuleben und hervorzubringen. Pflege weitestgehend abgedeckt. Dies ermöglicht es ihnen, weitaus besser und kom- Die hierzu notwendige Aktivität seitens des Tie- petenter durch natürliche Verhaltensweisen – im res – durch fehlenden Druck durch Ressourcen, Man- Rahmen ihrer biologischen Möglichkeiten – auf Um- gel, Konkurrenz, Feinde und Umwelt – ist minimal, weltbedingungen und -reize zu reagieren, also sich der Zeitaufwand, verglichen mit dem Freileben eben- anzupassen, wodurch Leiden (z. B. Stress) verringert Die Trauben hängen viel zu hoch … Aber als Affe ist falls. oder verhindert werden kann. Es hat sich gezeigt dass ein Seil der Weg zum Glück und Alison erklimmt es, Daher verbleibt eine ungenutzte, den Großteil des dadurch die Stressreaktionen von Tieren teils erheb- um ans Futter zu gelangen. Lebens ausmachende, Zeitspanne und ein enormes lich rascher durch Verhaltensweisen reduziert wer- Männchen machen für ein Stück Karotte oder Lauch- Potential zur Aktivität ungenutzt übrig, das es auszu- den. Sogenanntes antisoziales oder übersteigertes zwiebeln … Enrichment bedeutet auch für die Tierpfleger und Eh- Hier wippt und kippt alles, man muss klettern, balan- Abreißen und dann auspacken – für einen oder zwei Das Bambusgestell im Hintergrund und die aufge- renamtlichen tagtäglich neue, abgewandelte Ideen cieren, planen und am Ende stehen bleiben, um die Mehlwürmer … hängte Tonne bieten beste Möglichkeiten, wippend zu haben und selbst klettern zu müssen, um sie um- wackeligen Gestelle zu erklimmen und die wegschau- und balancierend durch das kleine Loch in der Ton- zusetzen: eine Stunde und mehr Aufwand, um den kelnden Leckereien zu fangen. Aoki liebt das sehr und ne auch kleinste Leckerbissen zu ergattern. Hier kann Tieren eine halbe Stunde Spaß zu generieren – aber genießt es. gepuhlt und geschüttelt werden. es lohnt sich zweifelsfrei. 16 17
eine große Rolle. Dies alleine jedoch genügt nicht, Steinmarder „Erik“ Erik unser Steinmarder (Martes foina) kam nach sondern muss durch ein an Aktivität gebundenes An- einer behördlichen Beschlagnahme zu uns. gebot an vielseitiger Nahrung in sinnvoller Aufberei- Verhaltensstörungen sind die Folge von Langeweile tung (weiträumig verteilt, zu erklettern, bewegt und und Unterbeschäftigung bei intelligenten Tieren, die Das Tier wurde über ca. sieben Jahre in einem lei- somit zu erjagen, nur mit überwindbaren mit Hinder- dann einen Anlass (z. B. die Fütterung) so uminter- der viel zu kleinen, dunklen Gehege ohne jede Be- nissen zu erreichen, nicht maulgerecht zerteilt, somit pretieren, dass sie ihn als Auslöser für irrationales, schäftigungsmöglichkeit gehalten und hat diverse aktivitätsaufwendig aufzunehmen u. v. m.) ergänzt oft „verrückt“ wirkendes, stereotypes Verhalten Verhaltensstörungen entwickelt. So dreht er sich werden. nutzen. Bei Erik ist dies das Jagen nach dem eigenen oft schreiend im Kreis und versucht, seinen eige- Kleine Veränderungen im Terrarium wie das Einbrin- Schwanz und das Kampfgeschrei konkurrierender nen Schwanz zu fangen und zu beißen. Leider ist gen von Bodengründen, natürlichen Materialien wie Marder. Eriks Frustrations-Toleranzgrenze ebenfalls sehr Moos, Laub, Zweigen, Rinden, Pflanzen (die zerstört Erik wurde als Baby gefunden und mit der Flasche niedrig und er regt sich sehr leicht auf wenn etwas oder gefressen werden können) bieten neue Reize. aufgezogen, besitzt also eine relativ enge Bindung anders ist, als er es gewohnt ist oder wenn er Ge- Hier werden die Sinne der Tiere und ihr Erkundungs- an den Menschen, ist also fehlgeprägt und zahm. Essen macht Arbeit … wünschtes nicht rasch erreicht. verhalten angesprochen. Dazu können z. B. in Terra- Werden jedoch bei der Aufzucht Fehler gemacht, rien eingebrachte Tierhaare, Federn, Haut artgleicher wie der enge Körperkontakt zu den Zieheltern oder (vermeintliche Sozial-, Sexualpartner oder Kontra- die Haltung im Haus und als „Haustier“, so kommt henten) oder artfremder Reptilien, nach Beute rie- es zur Fehlprägung und das Tier kann nicht mehr Dies ist notwendig, um seine Verhaltensstörungen chende Materialien, verlassene Vogelnester u. v. m. ausgewildert werden. In der Konsequenz muss ein zu reduzieren und ihm ein lebenswertes Leben gute Dienste leisten. Weiterhin spielen Umweltreize solches Tier, das weder mit Artgenossen umzuge- bieten zu können. wie wechselnde Tageslichtlänge, moderate Tempe- hen gelernt hat, noch für sich selbst in der Natur In Wald und Flur gelten Steinmarder als „Raubzeug“, raturschwankungen, Wetterphänomene (z B. Gewit- sorgen kann, lebenslang gepflegt werden. Viele Er- denen man nicht ganz zu Unrecht nachsagt, sie wür- ter) und allen voran Licht, auch UV-A und UV-B-Licht satzeltern können dies nicht und die Tiere landen in den kleine, oft seltene Tiere, wie Singvögel, Rebhüh- (UV-A-Licht wird von vielen Reptilien gesehen), eine Käfigen und ungeeigneten Gehegen. Dort leiden sie ner u. v. m. bejagen. Daher sind Marder, ähnlich wie große Rolle. teilweise ganz erheblich und oft ein Leben lang. Des- Fuchs, Waschbär und Marderhund von Jägern nicht Enrichment durch die genannten Reize von einge- wegen gehört die Aufzucht verwaister junger Wild- allzu gerne gesehen und werden stark bejagt. brachten Materialien und Gerüchen ist ein ab und tiere in die Hände erfahrener Menschen und eine Auch im Haus und im Garten können sie laute Stö- zu auftretendes, neues, jedoch kurzfristiges Element. Auswilderung muss fachkundig und richtig durchge- renfriede, wahre Poltergeister und Räuber sein, die Bleiben die Reize in den Gehegen oder werden im- führt werden, sonst ist das Unterfangen zum Schei- auch vor der Kirschernte des Gartenbesitzers nicht … und dann geht das Zeug auch noch so schlecht ab! mer und regelmäßig wiederholt, verlieren sie ihren tern verdammt. zurückschrecken oder in Kaninchen- und Hühner- Sinn und ihre positive Wirkung, sie werden in die Marder sind Raubtiere, die jagen und ihre Beute su- ställen wahre Blutbäder anrichten können. Verhalten kann so unterbleiben, da die Reizschwelle alltäglich wahrgenommene Umwelt als permanente chen, erschnüffeln und überwältigen können müs- Auch dem Autofahrer ist der Marder unangenehm nicht drastisch durch Langweile erniedrigt ist, dem Ausstattung integriert. Abwechslung und der seltene sen. Deswegen erhält Erik nicht nur Spielzeuge und und oft verhasst, denn Marder lieben Gummi und Sicherheitsbedürfnis der Tiere wird so vermehrt Reiz, als neu wahrzunehmender neuer Faktor spielen Futterbälle, sondern auch ganze tote Futtertiere. warme Motorräume von Autos. Nicht selten wer- Rechnung getragen, da sie sich entziehen können hier eine wichtige Rolle. und auch kommunikative Probleme (z. B. bei der Balz In gut ausgestatteten Gehegen für Reptilien kann und oder territorialen Aggressionen) können erheblich darf zusätzlich eingebrachtes Enrichment eine unre- reduziert werden. Hierdurch werden zudem negative gelmäßige, eher seltene Bereicherung sein. Kreativi- Folgen länger andauernder, hoher Stresshormonle- tät, Verhaltenskenntnisse, gute Beobachtung der Tie- vel wie Reproduktionsstörungen, Immunsuppression re und die o. g. kritische Beurteilung angewendeter und Organschäden reduziert. Maßnahmen und der gezeigten Reaktionen der Tiere Neben einem großzügigen Flächen- und Rauman- durch den Tierhalter sind hier weit wichtiger als die gebot spielt die Ausgestaltung und Ausstattung der Masse an Enrichment. Gehege mit Wahlmöglichkeiten (Temperatur- und Feuchtigkeitsgradienten, verschiedenen Untergrün- den, Klettermöglichkeiten, Barrieren, Sichtschutz, Verstecken, Aussichtsplätzen, erhöhten Liegemög- lichkeiten – siehe dort) zur Lebensraumbereicherung 18 19
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