"WIR MACHEN NICHTS, DAS MACHEN WIR ABER GUT." - 30 Jahre Wege Weierbühl - Drahtesel Liebefeld

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"WIR MACHEN NICHTS, DAS MACHEN WIR ABER GUT." - 30 Jahre Wege Weierbühl - Drahtesel Liebefeld
Zeitung für Mutanfälle
                                    Stiftung Sinnovativ

                                         Herbst 2019

                                          30RE
                                        JAH
                                          iftun
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                                          Sin

«WIR MACHEN NICHTS, DAS MACHEN WIR ABER GUT.»
30 Jahre Wege Weierbühl

FRAU MEIER IM ELEMENT
Engagiert für Velafrica
"WIR MACHEN NICHTS, DAS MACHEN WIR ABER GUT." - 30 Jahre Wege Weierbühl - Drahtesel Liebefeld
INHALT
SOLIDARITÄT                                             Wie alles begann
                                                    3   30 Jahre Stiftung Sinnovativ – 30 Jahre Wege Weierbühl –
Liebe Leserinnen und Leser                              25 Jahre Drahtesel & Velafrica

Vor 30 Jahren wurde die Stiftung für Berner
Obdachlose gegründet, die Vorläuferin der heu­      5   «Wir machen nichts, das machen wir aber gut.»
                                                        30 Jahre Wege Weierbühl
tigen Stiftung Sinnovativ. Im selben Jahr be­
gann auch die Geschichte der Wege Weierbühl.
Organisch daraus gewachsen sind vor 25 Jah­         6   Wie eine kleine Familie
                                                        Ein früherer Bewohner der Wege Weierbühl erzählt
ren der Drahtesel und Velafrica. Es ist Jubilä­
umsjahr. Doch was genau feiern wir?
«Menschen stärken» lautet die Grundidee von
                                                    7   Wohnraum gesucht
                                                        Aufruf an alle Liegenschafts- und Wohnungsbesitzenden
Sinnovativ. Mit diesem Antrieb sind in den
letzten 30 Jahren immer wieder neue Unter­
nehmen und Programme entstanden. Manche
                                                    8   Frau Meier im Element
                                                        Engagiert für Velafrica
schlossen sich zusammen, benannten sich um,
wurden selbstständig oder lösten sich auf.
Ohne den Gumpesel hätte diese Zeitung nicht
                                                    9   Im Berufsleben angekommen
                                                        Nach der Lehre im Drahtesel
ihren Namen und ohne das Pico Bollo gäbe es
heute keinen Dreigänger. Es ist aber nicht nur
die gemeinsame Historie, die alle diese Projekte
                                                   10   Kurz und Quer
                                                        Neues aus dem Drahtesel
und die beteiligten Menschen verbindet. Es ist
auch die Solidarität. Die Solidarität zwischen
und mit Menschen, die sich gegenseitig stärken
                                                   11   Einblicke in den Suchtalltag
                                                        DRUFFÄ. Aus dem Leben eines Berner Drogensüchtigen
und aufbauen. Ehemalige Bewohnende der
Wege Weierbühl oder Menschen, die ein Pro­
gramm zur Arbeitsintegration beim Drahtesel
besucht haben, sind Teil des Teams geworden.
Sie geben ihre Erfahrungen und ihr Wissen
weiter. In der Idee Sinnovativ hat es Platz für
alle Menschen.
Was gibt es also zu feiern in einer Zeit, in der
die Solidarität in unserer Gesellschaft einen      IMPRESSUM
geringen Stellenwert hat? In der Seenotrettung
ein Verbrechen ist und Stellensuchende zum         gump! Zeitung für Mutanfälle        Mitarbeitende dieser Ausgabe:
Kostenfaktor schrumpfen? Wir wollen die Ge­        Nr. 32, Herbst 2019                 Björn Fischer (Velotipp), Splint Leist
schichten all jener Menschen feiern, die in den    gump@sinnovativ.ch                  (Fotos Titelseite), Jonathan Liechti,
letzten 30 Jahren ein Teil der Idee Sinnovativ                                         Dominik Unternährer, Orlando Willi,
darstellen. Und mit unserer Arbeit leben wir       Herausgeberin:                      Sabine Zaugg
den Gedanken der Solidarität täglich weiter.       Stiftung Sinnovativ
                                                   Waldeggstrasse 27, 3097 Liebefeld   Redaktion und Inserate:
                                                   031 979 70 70 | www.sinnovativ.ch   Team Kommunikation,
                                                                                       Stiftung Sinnovativ
                                                   Auflage:
Verena Flück                                       7500 Exemplare, erscheint zweimal   Layout & Druck:
Präsidentin Stiftung Sinnovativ                    jährlich                            Schürch, Druck und Medien, Huttwil
"WIR MACHEN NICHTS, DAS MACHEN WIR ABER GUT." - 30 Jahre Wege Weierbühl - Drahtesel Liebefeld
30 Jahre Stiftung Sinnovativ – 30 Jahre Wege Weierbühl – 25 Jahre Drahtesel & Velafrica

WIE ALLES BEGANN
Waldsterben, Jugendbewegung, offene Drogenszene und Obdachlosigkeit. Das sind
die Themen, die in den 1980er Jahren viele Menschen umtreiben. In diesem Umfeld
liegen die Wurzeln der heutigen Stiftung Sinnovativ. Sie wird dieses Jahr 30-jährig.

        50 Personen nehmen täglich                  Die neue Stiftung für Berner                            Velafrica exportiert das
        am Mittagstisch der Aktion                  Wohn- und Arbeitsprojekte wird                          200  000ste Velo und ist in
1988    Bettwärme teil.                      1998   gegründet.                                   2018       sechs Ländern präsent.

           1990       Vier Personen betreuen                   2014             Neuer Name Stiftung Sinnovativ. Unter diesem
                      die WG mit fünf Zimmern                                   Dach arbeiten bei Drahtesel, Wege Weierbühl und
                      am Weierbühlweg in Köniz.                                 Velafrica 112 Angestellte, 22 Lernende und jährlich
                                                                                sind 850 Teilnehmende im Einsatz.

1988 bis 1991                                 ren. Die Zahl der Arbeitsplätze in der        Schub. Der Gump- und Drahtesel ist im-
                                              Verarbeitung von alten Velos wächst.          mer wieder mit Kürzungen des Kantons
An der Urne wird ein grosses Bauprojekt       Die Spielzeug-Recycling-Werkstatt Gump­       konfrontiert. Das Spielzeugrecycling
der katholischen Kirche wuchtig ver-          esel mit dem Verkaufsladen Pico Bollo         wird 2011 eingestellt.
worfen, nachdem sich die bewegte              werden aufgebaut. Der Name der Trä-
­Berner Jugend vehement dagegen ge-           gerschaft wird den neuen Tätigkeiten          2012 bis heute
 wehrt hat. So entsteht im geretteten         angepasst zu Stiftung für Berner Wohn-
 Prairie-Gebäude, das zur Dreifaltigkeits-    und Arbeitsprojekte.                          Die Exportkurve von Velafrica, so der
 pfarrei gehört, ein offenes Haus für                                                       heutige Name, steigt steil an. Das
 innovative kirchliche Gassenarbeit. Ob-      1999 bis 2005                                 100 000ste Velo wird 2012 exportiert,
 dachlose bekommen für einen Fünfliber                                                      2018 folgt das 200 000ste. Im Liebefeld
 ein warmes Essen. Mit der Aktion Bett-       Die Stiftung kann das Haus der Wege           startet die erste Exportwerkstatt für
 wärme startet der Prairie-Verein die ers-    von den Sozialwerken von Pfarrer Ernst        Menschen mit Fluchthintergrund. In
 te provisorische Notschlafstelle in Bern.    Sieber abkaufen. Der Drahtesel expor-         Afrika entstehen Velozentren, die Aus-
 Die Aktion Bettwärme zieht vom einen         tiert das 10 000ste Velo zu Partnern nach     bildung in Velomechanik anbieten und
 Provisorium ins nächste. Die enga­gier­      Afrika und braucht mehr Platz. Es folgt       in den Werkstätten Jobs schaffen. Der
 ten Menschen dahinter wollen aber            der Umzug an den heutigen Standort an         Drahtesel setzt vermehrt auf Aus­bildung:
 ­etwas Bleibendes. Sie haben die Vision,     die Waldeggstrasse im Liebefeld.              Vor- und Schnupperlehren, praktische
  Menschen in seelischer und psychischer      Die Wege Weierbühl verstärkt ihre Ar­-        Grund- und Ausbildungen mit eidgenös-
  Not vorübergehend ein Zuhause zu bie-       beit in der Wohnbegleitung. Die beiden        sischen Berufsattest und Fähigkeitszeug-
  ten. Mit der Erfahrung und finanziel-       Unter­nehmen im Bereich Arbeitsintegra­       nis. Daneben schafft er Dienstleistungen
  len Unterstützung der Sozialwerke von       tion fusionieren zu Gump- und Draht­          für das breite Publikum: Der Dreigänger
  Pfarrer Ernst Sieber aus Zürich entsteht    esel. Die Trägerschaft passt sich dem         löst das Pico Bollo als Laden, Restaurant
  die Stiftung für Berner Obdachlose. Die     breiteren Angebot an und wird zur Stif-       und Kulturort im Liebefeld ab. Hinzu
  Liegenschaft der heutigen Wege Weier-       tung für soziale Innovation.                  kommen der Veloladen mit einem mo-
  bühl in Köniz kann gekauft werden.                                                        bilen Servicebus, die Produktion von
  Das Drama im Berner Kocherpark mit          2006 bis 2011                                 Metallobjekten auf Mass und ein Team
  einer der grössten offenen Drogenszene                                                    für Gartenbau und Handwerk.
  Europas führte in der Wege Weierbühl        Der Kanton Bern verändert das Angebot
  zu einer Neupositionierung. Der Fokus       für Erwerbslose. Über die Hälfte der Plät-
  wird von der Obdachlosigkeit auf die        ze beim Drahtesel werden abgebaut,            SINNVOLLES
  professionelle Betreuung von Menschen
  mit Suchtproblemen gelegt.
                                              neue Leistungsverträge ­vergibt der Kan-
                                              ton in W
                                                     ­ ettbewerbsverfahren. Neu bietet
                                                                                            UNTERSTÜTZEN
                                              der Drahtesel auch Abklärungsprogram-         Die Stiftung Sinnovativ möchte auch
1994 bis 1998                                 me, Bewerbungscoaching sowie Unter-           in Zukunft innovative, soziale Projekte
                                              stützung vor der Aussteuerung an.             ermöglichen. Unterstützen Sie uns mit
In der Wege Weierbühl entsteht die Idee       Der Export der Velos nach Afrika ist ge-      einer Spende.
für ein Angebot von geschützten und           fährdet. Mehrere Auszeichnungen hel-          Spendenkonto: PC 31-813277-3
betreuten Arbeitsplätzen. Rund ums            fen, das Projekt in der ganzen Schweiz        Stiftung Sinnovativ / 3007 Bern
Velorecycling wird der Drahtesel gebo-        bekannt zu machen und geben ihm               IBAN: CH28 0900 0000 3181 3277 3

                                                                  3
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                                                                                                                                     Stefan Geissbühler

                                                                                         Unabhängige Vorsorgeberatung
                                                                                                                                     Holzikofenweg 22, Postfach 6058
                                                                                                                                     3001 Bern
                                                                                                                                     Telefon 031 378 10 25
                                                                                                                                     unabhaengig@vorsorgen.ch
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                                   Bahnhofstrasse 9
                                       4950 Huttwil
                              Telefon 062 959 80 70
                            info@schuerch-druck.ch                                       Buchhaltung
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                                                                                         Brunnmattstrasse 47
                                                                                                                                   für Selbständige, Kleinbetriebe
                                                                                         Postfach 331
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                                                                                         Telefon 031 371 43 42
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adorn                         Ulrich Hadorn
                      Generalagentur Bern-Stadt
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                      Ulrich Hadorn               8
n                                30118 Bern
                                                                                                                                                                       Bild: Tomas Wüthrich

                      Bubenbergplatz
                                                                         160411RS02GA

                                                                                                                    160411RS02GA

0 23 20               3011 Bern T 031 320 23 20
dt@mobiliar.ch
                                                          160411RS02GA

                      T 031 320 23 20
          mobiliar.chbern-stadt@mobiliar.ch
          mobiliar.ch            bern-stadt@mobiliar.ch

                                                                                        SPENDEN SIE IHR VELO
                                                                                        Es hat Besseres verdient
                                                                                        als Ihren Keller.
                                                                                        velafrica.ch PC 30-7391-3
"WIR MACHEN NICHTS, DAS MACHEN WIR ABER GUT." - 30 Jahre Wege Weierbühl - Drahtesel Liebefeld
30 Jahre Wege Weierbühl

«WIR MACHEN NICHTS,
DAS MACHEN WIR ABER GUT.»
Das Credo der Wege Weierbühl: Der Mensch steht im Zentrum. Was bedeutet das im All-
tag der Wege? Wie überträgt sich diese Philosophie auf die Arbeit des Wege-Teams?
Davon berichtet Barendjan van Harskamp. Er leitet die Wege Weierbühl seit neun J­ ahren.

Text: Sabine Zaugg Foto: Splint Leist

Weierbühlweg 4, 3098 Köniz. Eine ge-
wöhnliche Adresse. Ein unscheinbares
Haus mit blauen Fensterläden, einem
Garten mit Teich, Blumen und Gemüse.
Umgeben von ähnlichen Liegenschaften
mit noch schöneren Blumenrabatten
und noch etwas grösserem Gemüse in
den Beeten.
Seit 30 Jahren befindet sich am Weier-
bühlweg 4 mit der Wege Weierbühl eine
Institution, die erwachsenen Frauen und
Männern mit Suchtproblemen oder in
anderen Notlagen ein betreutes und be-
gleitetes Wohnen anbietet. Eines der zehn
Zimmer ist für diese Menschen ein Zu-
hause für einige Monate oder gar für Jah-
re. Wer in der Wege wohnt, muss nicht
abstinent sein. «Bei uns haben die Be-
wohnerinnen und Bewohner das Recht,
drogenabhängig zu sein. Aber sie haben
die Pflicht, nicht im Haus zu konsumie-
ren. Bei Bedarf erhalten sie Ersatzdrogen
bei anerkannten ambulanten Suchtbe-
handlungsstellen», sagt Barendjan van
Harskamp, Leiter der Wege Weierbühl.
Dieser Ansatz ist ziemlich einmalig in
der Landschaft von Institutionen für        Team und einige Bewohner der Wege Weierbühl: Seit 30 Jahren eine anerkannte Adresse für
suchtkranke Menschen. «Uns interes-         suchtkranke Menschen.
siert die Funktion der Sucht. Für was
steht sie? Das hat oft mit tragischen Ge-   Wege Weierbühl bedeutet, formuliert              Kreislauf bewusst stoppen. «Unser Cre-
schichten zu tun, die ein Mensch nur        der Unternehmensleiter so: «Wir neh-             do lautet darum: Wir machen nichts,
mit Suchtmitteln erträgt. Aber auch mit     men die Menschen an, wie sie sind. Wir           das machen wir aber gut.» Ein Satz, den
einverleibten Rollen und tief veranker-     lassen sie in Ruhe, halten Probleme aus          der Wege-­Leiter an jedem Bewerbungs-
ten Verhaltensmustern. Wenn sich je-        und würdigen ihr Leiden. Wenn Sie Hil-           gespräch und an jeder Team-Retraite
mand als Versager der Familie sieht, darf   fe wollen, sind wir für sie da. Dieser An-       betont.
es ihm nicht gut gehen. Heroin hilft        satz ist oft heilsamer, als wenn über die        Zum Menschenbild der Wege gehört
dann, diese Diskrepanz, diesen Lebens-      Köpfe hinweg bestimmt wird, was gut              auch, dass ein suchtkranker Mensch
schmerz auszuhalten.»                       für sie ist.» Dass über Suchtkranke ver-         nicht am fehlenden Willen scheitert,
                                            fügt und entschieden wird, dass sie diese        sondern vielmehr am Können. «Wer
Probleme aushalten, Leiden würdigen         Therapie und ­jenen Entzug machen sol-           nicht schwimmen kann, kann auch
                                            len, das haben d   ­ iese Menschen meist         nicht ins Wasser springen. Zu anerken-
Der Mensch steht im Zentrum. Dieser         schon mehrfach erlebt. Kaum aber sind            nen, dass man etwas nicht kann, ist
Wert war den Gründerinnen und Grün-         sie nicht mehr im geschützten Rahmen             schmerzhaft. Mit Können meinen wir
dern der heutigen Stiftung Sinnovativ       der Institution, fallen sie in alte Muster       einfache, alltägliche Sachen wie telefo-
vor 30 Jahren wichtig und er zieht sich     zurück. Alles fängt von vorne an. Und            nieren, Briefpost erledigen. Aber auch
bis heute als roter Faden durch alle Un-    irgendwann landen sie vielleicht in der          schwierigeres wie Abmachungen ein-
ternehmen hindurch. Was das für die         Wege Weierbühl. Hier will man diesen             halten und Konflikte klären.»

                                                                 5
"WIR MACHEN NICHTS, DAS MACHEN WIR ABER GUT." - 30 Jahre Wege Weierbühl - Drahtesel Liebefeld
Ein früherer Bewohner der Wege Weierbühl erzählt

WIE EINE KLEINE FAMILIE
Sebastian Burren kommt für das Interview direkt von der Arbeit. Im Sommer ist er
als Maler auf dem Bau, im Winter als Pflegehelfer in Heimen oder Spitälern tätig.
Dieser Mix passt für ihn im Moment gut. Vor sechs Jahren hat er für knapp ein Jahr
in der Wege Weierbühl gelebt.

Interview und Foto: Sabine Zaugg

                                                                                                Wenn du mal einen Fehler machst,
                                                                                                stehst du nicht gleich auf der Strasse.
                                                                                                Ausser du bist massiv gewalttätig. Das ist
                                                                                                auch richtig so.
                                                                                                Ich war ein typischer Neuzeitdrögeler.
                                                                                                Ich habe Kokain konsumiert, aber im-
                                                                                                mer gearbeitet und mehr oder weniger
                                                                                                funktioniert. Mein Leben war ein stän-
                                                                                                diges On – Off. Es ist ein Wunder, dass
                                                                                                ich das überlebt habe. Als gelernter
                                                                                                Maurer habe ich mehrere Jahre auf dem
                                                                                                Bau ­gearbeitet. Irgendwann habe ich ge-
                                                                                                merkt, dass das nichts mehr für mich ist.
                                                                                                In der RS hatte ich eine Ausbildung zum
                                                                                                Pflegehelfer absolviert. Hier wollte ich
                                                                                                fortfahren. Ich habe drei Jahre auf der
                                                                                                Demenzabteilung eines Alterszentrums
                                                                                                gearbeitet. Dann habe ich die Ausbil-
                                                                                                dung zur Fachperson Gesundheit ange-
                                                                                                fangen. Nach einem Jahr hatte ich eine
                                                                                                Erschöpfungsdepression und musste die
                                                                                                Ausbildung abbrechen. Ich steckte in
                                                                                                einer Beziehung mit vielen Problemen.
                                                                                                Einmal mehr. Ich habe so eine Ader.
                                                                                                Heute geht es mir gut. Aber glücklich
                                                                                                bin ich nicht. Ich bin mit mir noch nicht
                                                                                                zufrieden. Ich möchte aktiver sein. Ich
                                                                                                bin jetzt 36 Jahre alt. Eigentlich möchte
                                                                                                ich eine Familie haben. Ein Hobby habe
                                                                                                ich nicht. Das ist auch so ein Thema.
                                                                                                Eine Zeitlang habe ich wie wild ge-
Sebastian Burren: im Sommer Maler, im Winter Pfleger. Der ehemalige Bewohner ist der Wege       strickt. Ich habe meine Familie mit Hals-
immer noch sehr verbunden.                                                                      tüchern eingedeckt.
                                                                                                Ich wohne total auf dem Land im Eltern-
«Ich habe verschiedene stationäre Lang-          etwas ändern. Die Wege habe ich im             haus in der Wohnung, wo einst meine
zeit-Entzüge gemacht. Man nimmt dir              ­Internet gefunden. Ich war nicht sicher,      Grossmutter lebte. Die Stadt tut mir
das Suchtmittel weg und in der ge-                ob ich da reinpasse. Aber der Ansatz hat      nicht gut. Und wenn ich arbeite, ist es
schützten Umgebung funktionierst du.              mir zugesagt. Die totale Abstinenz ist        gut, wenn ich mich am Abend aufs Land
Die Probleme sind aber nicht wirklich             nicht jedem gegeben. Die Wege-Philo­          zurückziehen kann.
gelöst. Gängige Therapien schrauben so            sophie ist gut. Man ist, wie man ist. Wenn    Die Wege hat mich auch betreut, als ich
stark in deinem Kopf herum, dass du am            man Hilfe braucht, kann man sie abho-         bereits ausgezogen war. Unentgeltlich.
Schluss noch viel weniger weisst, wer du          len. Es ging mir damals nicht gut, ich hat-   Das Team ist sensationell. Die Mischung
bist. Wenn du dann wieder draussen                te schwerste Depressionen. Während            ist perfekt und es kommt sehr viel Er-
bist, fällst du früher oder später in alte        meiner Wege-Zeit habe ich eine Therapie       fahrung zusammen. Die Wege ist auch
Muster zurück. So war es bei mir.                 bei einem Psychiater angefangen.              heute mein Anker. Sie ist für mich wie
2013 habe ich nach einer Therapie mit             In der Wege steht der Mensch im Vor-          eine kleine Familie. Ich gehe ab und zu
Kollegen zusammen gewohnt. Aber das               dergrund. Man erhält auch Spielraum           auf Besuch. Kürzlich habe ich sie im Som-
hat überhaupt nicht gepasst. Es hat mich          für Fehler. Die Regeln mit den gelben         merlager am Neuenburgersee besucht.
runtergezogen und ich wusste, ich muss            und roten Karten haben mir geholfen.          Die Wege hat mir das Leben gerettet.»

                                                                       6
"WIR MACHEN NICHTS, DAS MACHEN WIR ABER GUT." - 30 Jahre Wege Weierbühl - Drahtesel Liebefeld
Vermieten oder verkaufen Sie der Wege
Weierbühl eine günstige Wohnung oder
eine Liegenschaft mit kleinen Einheiten
und lindern sie die Wohnungsnot.

                                                                                          MIT GELD HELFEN
                                                                                          Haben Sie keine Liegenschaft und keine
                                                                                          Wohnung und möchten trotzdem hel­
                                                                                          fen? Unterstützen Sie die Wege Weier­
                                                                                          bühl mit einer Geldspende. Kleinere
                                                                                          und grössere Spenden helfen, die drin­
                                                                                          gend nötige Infrastruktur für sozialge­
                                                                                          rechtes Wohnen auszubauen.
                                                                                          Herzlichen Dank für diese Investition
                                                                                          zur Linderung der Wohnungsnot von
                                                                                          Menschen mit schwierigen Lebens­
                                                                                          geschichten.

Aufruf an alle Liegenschafts- und Wohnungsbesitzenden                                     Spendenkonto Stiftung Sinnovativ
                                                                                          Wege Weierbühl, 3098 Köniz,

WOHNRAUM GESUCHT
                                                                                          Konto-Nr. 30-31017-4,
                                                                                          IBAN CH88 0900 0000 3003 1017 4

Bewohnerinnen und Bewohner der Wege Weierbühl suchen oft über Jahre günstige
Wohnungen, die sie mieten können. Ein beinahe aussichts­loses Unterfangen. Darum
wird die Wege selber aktiv und sucht als solvente und seriöse Partnerin Wohnraum bei
Liegenschaftsverwaltungen und Privaten.

Text und Foto: Sabine Zaugg

Einige Bewohnerinnen und Bewohner           Aufruf an Private und Liegenschafts-       Die Wege Weierbühl bietet
der Wege wären in der Lage, in eine ei-     verwaltungen
gene Wohnung zu ziehen. Sie brauchen                                                   – Professionelles Gegenüber bei
die Infrastruktur mit der engen Betreu-     An Anfragen für freie Plätze mangelt es       Vermietung und Verkauf,
ung nicht mehr und sehnen sich nach         in der Wege Weierbühl seit langer Zeit     – wöchentlicher Besuch vor Ort,
eigenen vier Wänden. Aber sie finden        nicht. Wöchentlich heisst es am Telefon    – sorgfältiger Umgang mit der
keine passenden Wohnungen. Ihre             mehrmals: Leider nein. Darum wird die         Liegenschaft,
Lebensgeschichten mit Drogenkonsum          Wege selber aktiv und macht sich auf die   – finanzielle Sicherheit und
und Obdachlosigkeit, psychischen und        Suche nach passenden Liegenschaften           Langfristigkeit,
physischen Krankheiten sind für die         und Immobilien. Sie sucht Private und      – 30 Jahre Erfahrung als anerkannte
Wohnungssuche höchst hinderlich.            Liegenschaftsverwaltungen, die ihr Woh­       Institution mit kantonaler Heim­
«Unsere Bewohnerinnen und Bewoh-            nungen zur Miete oder zum Verkauf zur         bewilligung,
ner finden in der Regel keine Stelle im     Verfügung stellen.                         – die Möglichkeit für ein soziales
ersten Arbeitsmarkt. Sie können keine                                                     Engagement für ein sinn­volles und
Programme zur Arbeitsintegration ab-        Die Wege Weierbühl sucht                      dringend notwendiges Projekt.
solvieren. Sie sind aber auch nicht Fälle
für die IV, da diese ihre Sucht nicht ab-   –L  iegenschaften mit kleinen             Möchten Sie Ihre Liegenschaft in
deckt. Sie fallen darum durch alle Ma-         Wohn­einheiten,                         solvente Hände legen und gleich­
schen des sozialen Netzes», sagt Barend-    –W  ohnungen für Einzelpersonen,          zeitig ein sinnvolles und dringend
jan van Harskamp, Leiter der Wege              die nach SKOS-Richtlinien finanzier-    notwendiges Projekt unterstützen?
Weierbühl. «Da diese Menschen keine            bar sind, also unter 1000 Franken
Wohnung finden, belegen sie in der             im Monat kosten,                        Nehmen Sie Kontakt auf mit
Wege Plätze, die andere dringender nö-      – in Bern und Umgebung mit                Barendjan van Harskamp, Leiter
tig hätten. Es ist ein Teufelskreis.»          ÖV-Anschluss.                           Wege Weierbühl: 031 971 80 00

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"WIR MACHEN NICHTS, DAS MACHEN WIR ABER GUT." - 30 Jahre Wege Weierbühl - Drahtesel Liebefeld
Engagiert für Velafrica

FRAU MEIER IM ELEMENT
Seit ihr Enkel Julian die Exportwerkstatt gezeigt hat, engagiert sich Ursula Meier für
Velafrica. Im September verkauft sie am Märit am Jegenstorfer Dorffest Kunsthandwerk
und ermöglicht mit dem Erlös Velomobilität und Ausbildungsprogramme in Afrika.

Text und Foto: Dominik Unternährer

Drei Tage dauert das Dorffest in Jegens­              Für einen guten Zweck
torf. Vereine, Gewerbe und Institutio-
nen wie die Feuerwehr sind beteiligt,                 Auch Ursula Meier hofft auf gute Ge-             VIELSEITIGES
Konzerte und Satire, ein grosses Risotto­             schäfte, bis am Abend möchte sie einen
essen und «dr schnällscht Jegenstorfer»               Grossteil der aufwendig hergestellten            ENGAGEMENT
stehen unter anderem auf dem Pro-
gramm. SVP, SP, FDP, EVP und CVP ha-
                                                      Objekte verkauft haben. Den Erlös von
                                                      über 200 Franken spendet sie Velafrica –
                                                                                                       MÖGLICH
ben die Pfrundschüür gemeinsam zum                    nicht zum ersten Mal. Neben dem gros­            Rund 150 Personen leisten jährlich über
Haus der Parteien mit Raclette-Stube                  sen Tisch steht ein kleines Tischchen mit        2500 Stunden ehrenamtliche Arbeit für
umfunktioniert, gegenüber verkauft der                Velafrica-Zeitungen und Postkarten. Be-          Velafrica. Sie helfen beim Veloflicken
Turnverein Bratwürste. Programmhö-                    sonders gut gefallen ihr die kleinen Flyer       in der Exportwerkstatt, organisieren
hepunkt am Samstag: Der traditionelle                 im Visitenkartenformat: «Sie sind sehr           Sammelanlässe, betreuen den Velafrica­
­Märit. Zwischen Iffwil- und Zuzwil­                  praktisch und zeigen eindrückliche Bil-          Stand an Velomessen, führen eine Spen­
 strasse sind über 40 Stände aufgebaut.               der. In diesem handlichen Format neh-            denaktion durch oder sind kreativ tätig,
 Kunsthandwerk, Schmuck, Flohmarkt-                   men viele Interessierte einen mit.»              wie Ursula Meier.
 artikel und allerlei Gaumenfreuden                   Bereits als kleines Mädchen hat Ursula
 werden feilgeboten.                                  Meier an Märkten und im Quartier Ge-             Unter #engagement4velafrica berichten
 Mittendrin: Ursula Meier. Ihr Angebot                genstände verkauft: «Am Anfang zum               wir auf Facebook, YouTube und Insta­
 umfasst selbst gefertigte Keramik- und               Beispiel Briefmarken, damals beliebte            gram über Menschen, die sich für Velaf­
 Strickarbeiten sowie Grusskarten aus so-             Sammelobjekte.» Seit einigen Jahren              rica engagieren. Folgen Sie uns.
 zialen Werkstätten. Für die Schalen und              berücksichtigt sie mit dem Erlös aus dem
 Vasen, die kleinen Zwerge, die Kinder-               Kunsthandwerksverkauf karitative Or-
 pullover und Decken erntet sie von                   ganisationen. Vor Velafrica zum Beispiel
 den Passanten viel Anerkennung:                      HEKS, das Schweizerische Arbeiterhilfs-
 «Sehr schöne Sachen, Frau Meier.                     werk oder Biovision. «Hilfswerke, bei         Beeindruckt von der Exportwerkstatt
 Gute Geschäfte wünsche ich Ihnen!»                   denen ich sicher bin, dass das Geld gut
 Man kennt sich.                                      investiert wird.»                             Velafrica kennt Ursula Meier von ihrem
                                                                                                    Enkel Julian, der in der Exportwerkstatt
                                                                                                    Liebefeld seinen Zivildienst absolvierte
                                                                                                    und Grosi Ursula damals durch die
                                                                                                    Räumlichkeiten führte. «Das hat mich
                                                                                                    beeindruckt», berichtet sie. Seither hat
                                                                                                    sie mehrere Velosammlungen initiiert,
                                                                                                    zum Beispiel mit dem ortsansässigen
                                                                                                    Forum Jegenstorf. Künftig möchte sie
                                                                                                    aber kürzertreten. Sie denkt nicht, dass
                                                                                                    sie beim nächsten Märit am Dorffest, das
                                                                                                    nur alle vier Jahre stattfindet, nochmals
                                                                                                    einen Stand betreibt. «Bald werde ich
                                                                                                    88 Jahre alt und das alles wird mir doch
                                                                                                    langsam etwas zu streng.» Sie möchte
                                                                                                    etwas mehr zur Ruhe kommen und Zeit
                                                                                                    mit ihren Enkel- und Urenkelkindern
                                                                                                    verbringen. Recht hat sie. 

                                                                                                    Möchten Sie sich auch engagieren?
                                                                                                    Melden Sie sich bei Freiwilligenkoordi-
                                                                                                    natorin Eva Mangl: 031 979 70 50 oder
Ursula Meier engagiert sich seit vielen Jahren für Velafrica. Am Märit in Jegenstorf verkauft sie   eva.mangl@velafrica.ch
Kunsthandwerk und spendet den Erlös.

                                                                             8
"WIR MACHEN NICHTS, DAS MACHEN WIR ABER GUT." - 30 Jahre Wege Weierbühl - Drahtesel Liebefeld
Hier fühlt er sich wohl:
Rui da Silva im BackOffice
der Berner Kantonalbank.

Nach der Lehre im Drahtesel

IM BERUFSLEBEN ANGEKOMMEN
Im Juli hat Rui da Silva seine zweijährige Ausbildung zum Praktiker Büroarbeiten PrA
nach INSOS erfolgreich abgeschlossen. Sie war eine gute Vorbereitung auf seine heutige
Tätigkeit bei der Berner Kantonalbank. Die Lehrangebote des Drahtesels helfen mit
individuellen Lösungen und enger Begleitung, Lehrabschlüsse zu ermöglichen.
Text und Foto: Dominik Unternährer

Rui lächelt viel an diesem sonnigen         kiermaschine ist Rui häufig beschäftigt.     jetzt mal seinen Weg und ich meinen.»
Donnerstagmorgen, an dem er mir über        «Ich verpacke Briefe und mache sie be-       In der Freizeit treibt Rui viel Sport.
seinen neuen Lebensabschnitt erzählt        reit für den Versand», erzählt er. Arbei-    Seine Leidenschaft ist Fussball. Zweimal
und mich – alle Arbeitskolleginnen und      ten, die er von seiner Zeit beim Drahte-     wöchentlich trainiert er beim Portugal
-kollegen freundlich grüssend – durch       sel kennt.                                   Futebol Clube in Köniz, daneben be-
die Gänge der Berner Kantonalbank           Die BEKB hat er im Rahmen eines              sucht er das Fitnesscenter in Ostermun-
(BEKB) führt. Seit August ist er hier an-   mehrmonatigen Praktikums kennen­             digen. «Und den Drahtesel besuchst du
gestellt, fünf Mal die Woche fährt er       gelernt. Für die Jugendlichen, die im        auch mal wieder?», frage ich. «Klar, da
mit dem 10er-Bus von seinem Wohnort         Drahtesel eine Lehre absolvieren, bieten     schaue ich immer gerne vorbei.» 
­Ostermundigen quer durch die Stadt         diese Einsätze wertvolle Einblicke in
 nach Liebefeld. Ich habe den Eindruck,     die Arbeitswelt. «In meinem Praktikum
 dass Rui von seinem Team herzlich emp-
 fangen wurde. «Das stimmt», bestätigt
                                            habe ich gelernt, Verantwortung zu tra-
                                            gen», erzählt Rui, «und der Einstieg            VORLEHREN
 er, «ich fühle mich sehr wohl hier.»       nach der Ausbildung ist mir so natürlich
                                            auch leichter gefallen.»                        Beim Drahtesel können bis Ende Januar
Zuständig für die interne Post              Die Ausbildungsplätze des Drahtesels ste-       2020 Vorlehren in den Bereichen Admi­
                                            hen Menschen offen, die aufgrund ihrer          nistration, Küche, Hauswirtschaft, Res­
Im Dienstleistungszentrum des kanto-        momentanen Lebenssituation einge-               tauration, Metallbau, Velowerkstatt und
nalen Geldinstitutes arbeitet er im Be-     schränkte Chancen haben, eine Ausbil-           Verkauf gestartet werden. Jederzeit
reich Versand- und Archivlogistik in ei-    dung im ersten Arbeitsmarkt zu finden.          möglich sind nach Absprache individu­
nem Team von sieben Personen. «Rui          Der Drahtesel unterstützt die Jugendli-         elle Schnuppereinsätze, ebenso Rund­
stellt den internen Kurierdienst sicher.    chen, eine Anschlusslösung nach der             gänge mit Klassen. Melden Sie sich bei
Er verteilt die Post in die verschiedenen   Lehre zu finden. Bei Rui ist das gelungen.      Interesse bei Tobias Abbühl:
Abteilungen und Stockwerke», erklärt        Seinen Zwillingsbruder Sergio, der wie          031 979 70 81 oder sbi@drahtesel.ch
Maximilian Raho, der das Team leitet.       er im Drahtesel gelernt hat, sieht Rui
Auch an der Kuvertier- und an der Fran-     nun seltener. «Das ist schon ok. Er geht

                                                                9
"WIR MACHEN NICHTS, DAS MACHEN WIR ABER GUT." - 30 Jahre Wege Weierbühl - Drahtesel Liebefeld
Neues aus dem Drahtesel

KURZ UND QUER
                                            Machen Sie Ihren Garten
                                            wintertauglich

                                            Vor einem Jahr wurde im Drahtesel die
                                            Abteilung Gartenbau und Handwerk
                                            geschaffen. Fachpersonen vom Drahte-
                                            sel erledigen Aufträge zusammen mit
                                            Menschen, die den Anschluss an den
                                            ersten Arbeitsmarkt verloren oder noch
                                            nicht wiedergefunden haben. Ein unter-
                                            stützendes Umfeld und reale Aufträge           Velo-Checks und Reperaturen
                                            wirken dabei motivierend. Die neue
                                            Dienstleistung stösst auf grosses Inter-       für Firmen, Vereine, Schulen.
                                            esse. «Unser Ziel ist es, auf nächstes
       Die Blumeninseln                     Jahr eine Lehrstelle zu schaffen», sagt
                                            Leiter Matthias Schärer. Auch im Gar-          Mobiler Veloservice für Gruppen
     als Zwischennutzung                    tenbau bleibt der Drahtesel seinen Wur-
     auf dem Viererfeld in                  zeln treu: Erlauben es Auftrag und Dis-        Seit Anfang Jahr bietet der Drahtesel-
                                            tanz, fährt das Team mit Velo und              Veloladen einen mobilen Veloservice
       Bern sind beliebt.                   Anhänger vor.                                  an. Dieser ist nicht nur für Einzelperso-
                                            Wächst Ihnen Ihr Garten über den Kopf          nen, sondern auch für Gruppen buch-
                                            und brauchen Sie Unterstützung? Der            bar. Im Grossraum Bern besuchen wir
Blumenpflückinseln Viererfeld               Drahtesel macht ihn fit für den Winter.        Firmen, Vereine, Schulen und Organi-
                                            Nutzen Sie den Herbst und bereiten Sie         sationen für Velo-Checks, Reparaturen
Dieses Jahr blühen auf dem Viererfeld       Ihre Bäume, Büsche und Pflanzen auf            und andere Dienstleitungen mit unse-
neben dem Spielplatz Studerstein in         die kalte Jahreszeit vor. Kontaktieren         rem Servicebus. Das Angebot gilt so-
Bern zwei Blumeninseln. Der Drahtesel       Sie uns für ein detailliertes Angebot un-      wohl für normale Velos wie auch für
hat das Projekt als Zwischen­nutzung mit    serer Dienstleistungen.                       E-Bikes.
der Stadt Bern lanciert. Wer vorbei
kommt, kann ein­en Strauss binden oder      Matthias Schärer, 079 956 61 40                Möchten Sie im Grossraum Bern den
essbare Blüten p­ flücken. Zusammen mit     garten-handwerk@drahtesel.ch­­                 Servicebus buchen?
dem Verein Quartier3012 wurde zudem         drahtesel.ch/Garten-Handwerk                   Dann melden Sie sich bei Splint Leist,
ein Freiluftwohnzimmer gebaut. Das                                                         Velo­mechaniker mobile Werkstatt:
Gemeinschafts­  projekt ermöglicht Be-                                                     079 550 58 76, servicebus@drahtesel.ch
gegnungen, belebt das Quartier, erfreut
Menschen und ­Bienen und es leistet
einen Beitrag an die Biodiversität in der
Stadt. Die ganzjährigen Arbeiten auf
dem Blumenfeld sind niederschwellig
und eignen sich bestens für das Integra-
tionsprojekt im Bereich Garten und
Handwerk des ­Drahtesels. Die beiden
Leiter des Bereichs betreuen das Projekt
mit Programmteilnehmenden. Dabei
prüfen sie, welche Arbeiten einer Per-
son liegen.
Die Erfahrungen der ersten Saison sind
äusserst positiv. Die Blumeninseln stos-
sen im Quartier auf Anklang und wer-
den rege besucht. Bald wird das Stück
Land für das nächste Jahr vorbereitet
und mit mehrjährigen Stauden und
Zwiebelpflanzen ergänzt. Freut euch! Die
nächste Blumensaison kommt bald.

Interesse geweckt? Folgen Sie uns auf
instagram.com/blumeninsel_viererfeld.
blumeninsel@drahtesel.ch                    Auch das Garten- und Handwerk-Team ist wenn möglich mit dem Velo unterwegs.

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DRUFFÄ. Aus dem Leben eines Berner Drogensüchtigen

EINBLICKE IN DEN SUCHTALLTAG
Vier Jahre hat Jonathan Liechti den Wege-Bewohner Peter «Pit» Reichen mit der Kamera
begleitet. Im Porträtband «DRUFFÄ.» ergänzen die Bilder die Geschichten aus dem Sucht­
alltag, die Pit seinem Bruder Roland, Literaturpreisträger des Kantons Bern, erzählt hat.
Buch und Ausstellung im Dreigänger geben Einblick in das Leben eines Drogenabhängigen.

Interview: Dominik Unternährer Foto: Jonathan Liechti

Jonathan, wie bist du auf die Idee
gekommen, den Alltag eines Wege-­
Bewohners fotografisch zu doku­
mentieren?
Im Rahmen meines Fotodesign-Studi-
ums an der Schule für Gestaltung Bern
bekamen wir die Aufgabe, ein Langzeit-
projekt zu starten. Ich wollte ein sozia-
les Thema behandeln und hatte die Idee,
die Arbeit von Velafrica zu begleiten.
Dabei stellte sich jedoch schnell heraus,
dass eine Reportage über Velafrica auf-
grund dafür notwendiger Reisen nach
Afrika als Langzeitprojekt ungeeignet
ist. Über den Drahtesel kam ich dann
zur Wege Weierbühl und dessen Leiter
­Barendjan van Harskamp. Barendjan war
 offen für mein Anliegen und meinte, Pit
 könnte sich für dieses Projekt eignen. Und   Pit mit seiner Mutter im Azzuro beim Mittagessen.
 der war sofort motiviert, mitzumachen.
                                              vier Jahre aus Pits Leben umfassen. Auch
Mit «DRUFFÄ.» entstand ein eindrück-          deswegen wollten wir nicht, dass die Bil-
liches Buch. Deine Bilder ergänzen            der direkt danebenstehen, auch wenn sie               AUSSTELLUNG
die Geschichten von Pit, geschrieben          thematisch häufig passen.
von dessen Bruder Roland. Wie ist             In der nun gewählten Darstellungsform                 IM DREIGÄNGER
die Zusammenarbeit entstanden?                folgen die Bilder einem eigenen Erzähl-
Als ich begonnen hatte, Pit in seinem         strang. Bewusst wurden dabei Span-                                           In Wort und Bild
                                                                                                  DRUFFÄ.

Alltag zu begleiten, kam ich sehr schnell     nungspunkte gesetzt. Eine Serie von Bil-                                     gibt der Porträt­
mit seiner Familie in Kontakt. Nicht nur      dern, die Glücksmomente zeigt, wird                                          band ­«DRUFFÄ.»
mit seinen Eltern in Spiez, sondern auch      beispielsweise von Fotografien aufge-                                        Einblick in das
                                                                                                                           Aus dem Leben eines Berner Drogensüchtigen

mit seinem Bruder Roland. Unabhängig          brochen, welche die Suchtkrankheit be-                                       Leben des We­
von meiner Arbeit hatte dieser damit          tonen und umgekehrt. Mit Megan Adé                                           ge-Bewohners
begonnen, Erzählungen seines Bruders          hatten wir glücklicherweise eine sehr                                        Peter Reichen.
in kurzen Texten festzuhalten. Nach Ab-       motivierte und innovative Grafikerin                                         Er begleitet ihn
schluss meines Studiums entstand die          dabei. Sie verstand es, die Bilder und                                       zur kontrollier­
Idee, Texte und Bilder als Porträtband        Texte in eine spannende Beziehung zu                                         ten Drogenab­
herauszugeben.                                setzen. In der jetzigen Form verleihen                gabe, zeigt ihn bei der Arbeit, auf Be­
                                              sie sich gegenseitig mehr Tiefe.                      such bei seinen Eltern, am Grab seiner
Die Geschichten und die Fotos folgen                                                                Freundin und auf der Gasse, auf der
im Buch als Blöcke aufeinander, Be-           Wen möchtet ihr mit dem Porträtband                   Suche nach einem Briefli Weissem ...
                                                                                                    ­
­­­züge werden nur durch nummerische          erreichen?                                            Das Buch ist im Münsterverlag erschie­
Verweise hergestellt. War es wichtig          Wir verstehen das Buch als Einladung                  nen und unter anderem im Dreigänger
für euch, dass Bilder und Texte je für        zur Auseinandersetzung mit der Sucht-                 erhältlich. Bis Weihnachten sind dort
sich alleine stehen?                          thematik, die aus dem öffentlichen                    Fotografien aus dem Band ausgestellt.
Ja und nein. Der Aufbau des Buches hat        Leben heute ja weitestgehend ver-
sich erst zum Schluss so ergeben. Ein         schwunden ist. Zwar haben viele eine                  Fotografie: Jonathan Liechti
                                                                                                    Text: Peter und Roland Reichen
Grund für die gewählte Darstellungsform       Meinung dazu, aber nur die wenigsten                  Gestaltung: Megan Adé
ist die Tatsache, dass die Texte zeitlich     eine Ahnung. Insofern richtet sich das
mehr als die fotografisch doku­mentierten     Buch an die breite Öffentlichkeit. 

                                                                   11
KONZERTE
                                                   IM
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Die Unternehmen und Projekte:

                                                   2. November: Bubi eifach
                                                   Der Berner Mundartmusiker rocken
                                                   über die Endlichkeit und eine Welt, die
                                                   sich zu schnell dreht. bubieifach.ch
                                                   Eintritt Fr. 25.–, Vorverkauf dreigaenger.ch
                                                                                                  WELCHER LICHT-
www.wege-weierbuehl.ch
                                                                                                  TYP BIN ICH?
                                                   16. November: Earl Grey & The Teacups
                                                   Konzert mit Rock-, Soul- und Off-Beat-­        Es wird Herbst, es wird dunkler.
                                                   Covers. earlgrey.ch                            Welches Licht passt zu Ihnen?

                                                                                                  Batterielicht-Typ 1
www.drahtesel.ch                                   Öffnungszeiten Dreigänger:                     Sie fahren hauptsächlich in der Stadt
                                                   Mo – Fr, 9 – 17 Uhr                            mit Strassenbeleuchtung. Licht brau­
                                                   Do bis 21 Uhr Abendverkauf und Bar             chen Sie primär, um gesehen zu wer­
                                                                                                  den und ein Nabendynamo wäre an
                                                   Möchten Sie das Lokal mieten?                  Ihrem Velo störend. Ein Fall für eine
                                                   dreigaenger.ch, info@dreigaenger.ch,           kleine Batterielampe vorne und hin­
www.dreigänger.ch                                  031 979 70 70                                  ten. Diese gibt es in vielen Farben und
                                                                                                  Formen ab ca. Fr. 10.–.

                                                                                                  Batterielicht-Typ 2
                                                                                                  Sie fahren auch Strecken ohne Be­
                                                                                                  leuchtung, vielleicht auf einem Renn­
www.velafrica.ch
                                                                                                  velo oder MTB. Ein Nabendynamo
                                                                                                  kommt darum nicht in Frage. Sie be­
                                                                                                  nötigen einen Scheinwerfer, mit dem
                                                                                                  Sie gesehen werden und selber auch
                                                                                                  etwas sehen. Ein Fall für einen leis­
                                                                                                  tungsfähigen Scheinwerfer mit Akku,
                                                                                                  zu haben ab ca. Fr. 40.–.
www.kommbuero.ch

                                                                                                  Dynamo-Typ 1
                                                                                                  Ihr Velo hat einen Mitlaufdynamo,
                                                                                                  der am Pneu anliegt und Sie sind da­
                                                                                                  mit zufrieden. Sie brauchen nicht viel
                                                                                                  Licht und die erhöhte Reibung stört

    GUTSCHEIN                                                                                     Sie nicht. Dafür fährt das Licht immer
                                                                                                  mit und Sie müssen sich um fast
                                                                                                  nichts kümmern.
    GRATIS-KAFFEE IM DREIGÄNGER
    Restaurant des Drahtesels                      Pop-up im Dreigänger. Wenn das Drei­           Dynamo-Typ 2
    regional, saisonal, bio                        gänger-Team Feierabend hat, übernimmt          Das Licht sollte immer dabei sein,
    einlösbar bis Ende 2019                       die Crew vom «Wagen zum Glück». Im             aber Sie möchten sich nicht darum
                                                   Sommer mit ihrem Wagen in Worblaufen           kümmern, ob die Batterie voll oder
                                                   an der Aare anzutreffen, schwingen sie ab      der Akku geladen ist. Sie brauchen
                                                   22. Oktober von Dienstag bis Samstag           einen Scheinwerfer, mit dem Sie auch
                                                   jeweils von 17 bis 24 Uhr die Kochlöffel       etwas sehen. Eine Lichtanlage mit
                                                   im Dreigänger. Sie kreieren ­    leckere       Nabendynamo ist genau das Richtige.
                                                   Bio-Menüs zu einem bestimmten Thema            Diese Lösung ist die teuerste und kos­
                                                   und servieren diese mit dem passenden          tet ca. Fr. 250.–.
                                                   Sound. Sonntags gibt es Brunch von 10
                                                   bis 14 Uhr.                                    Für Licht und alles rund ums Velo:
                              Waldeggstrasse 27    Das Team vom Wagen zum Glück enga-             Draht­esel Veloladen
                                 3097 Liebefeld    giert sich seit 2015 für Menschen mit          Di – Fr, 13 – 18 Uhr
                               Mo – Fr 9 –17 Uhr   Fluchthintergrund in der beruflichen In-
                                                   tegration. wagenzumglueck.ch
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