Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden
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Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden Wirtschaftsentwicklung, Handel, Investitionen und Branchenschwerpunkte Herausgeber: Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen Kaiser-Friedrich-Ring 75 65185 Wiesbaden https://www.wirtschaft.hessen.de
WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN ZWISCHEN HESSEN UND DEN NIEDERLANDEN Wirtschaftsentwicklung, Handel, Investitionen und Branchenschwerpunkte Dr. Claus Bauer Xenia Diehl Prof. Dr. Johannes Harsche Gergana Petkova Dr. Alexander Werner HA-Report 1031 Wiesbaden 2021
IMPRESSUM HERAUSGEBER Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen BEARBEITUNG HA Hessen Agentur GmbH KONTAKT HA Hessen Agentur GmbH Konradinerallee 9 65189 Wiesbaden Tel +49 611 95017-80 /-85 Fax +49 611 95017-8466 info@hessen-agentur.de VERFASSER Dr. Claus Bauer Xenia Diehl Prof. Dr. Johannes Harsche Gergana Petkova Dr. Alexander Werner STAND Juni 2021 BILDNACHWEISE S. 33 © Cam 01_Moneyshot / S. 34 © MVRDV Architects / S. 35 © dglavinova, adobestock stock HINWEISE ZUR VERWENDUNG Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Hessischen Landesregierung herausgege- ben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlbewerbenden oder Wahlhelfenden während eines Wahl- kampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Landtags-, Bundestags- und Kom- munalwahlen. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlkampfveranstaltungen, an Informati- onsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden wer- den könnte. Die genannten Beschränkungen gelten unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl die Druckschrift dem Empfänger oder der Empfängerin zugegangen ist. Den Parteien ist es jedoch gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden. Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Quellenangabe gestattet. Belegexemplar erbeten. DRUCK Hessisches Statistisches Landesamt AUFLAGE 200 BESTELLUNG Download unter https://www.hessen-agentur.de/publikationen
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, die Niederlande sind mit ihren histo- risch gewachsenen und engen Bezie- hungen zu ihren Partnerländern für hessische Unternehmen eine beson- ders attraktive Wirtschaftsregion. Ihre räumliche Nähe, ihre Branchenstruktur und Wachstumsstärke, ihre außeror- dentlich stabilen politischen, rechtli- chen und administrativen Rahmenbedingungen und ihre global ausgerichtete Volkswirt- schaft eröffnen vielfältige Chancen. Umgekehrt ist unser Bundesland Hessen mit seiner zentralen Lage in Europa und seiner exzellenten Infrastruktur ein idealer Standort für niederländische Unternehmen – auch zur Erschließung neuer Märkte. Hessens dynami- sche und wertschöpfungsintensive Wirtschaft bietet vielfältige Anknüpfungspunkte für transnationale Produktionsketten etwa in der Chemie- und Pharmabranche und der Elektroindustrie, flankiert durch Absatzpotenziale auf kaufkräftigen Konsumgütermärkten und Investitionsgütermärkten mit einem hohen technologischen Niveau. Diese Untersuchung illustriert das ganze Spektrum der wirtschaftlichen Entwicklungen und Verflechtungen und verdeutlicht die engen Handelsbeziehungen. Sie gibt einen kompakten Einblick in die aktuellen Entwicklungen in Stadtentwicklung, Wohnungsbau und Architektur – Themen, auf denen die Niederlande immer wieder Maßstäbe setzen. Wir hoffen, dass Sie auf den folgenden Seiten aufschlussreiche Informationen für Ihre wirtschaftlichen Aktivitäten finden. Ich wünsche eine anregende Lektüre. Ihr Tarek Al-Wazir, Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen I
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden Wirtschaftsentwicklung, Handel, Investitionen und Branchenschwerpunkte INHALT 1 HINTERGRUND UND AUFBAU DER STUDIE ........................................................ 1 2 VOLKSWIRTSCHAFTLICHE GRUNDDIMENSIONEN ............................................ 3 2.1 Demographie und Raumstruktur ......................................................................... 3 2.2 Wirtschaftsentwicklung und Wirtschaftsstruktur.................................................. 7 3 HANDELSBEZIEHUNGEN ZWISCHEN DEN NIEDERLANDEN UND HESSEN ... 10 3.1 Export................................................................................................................ 11 3.2 Import ................................................................................................................ 17 4 INVESTITIONSVERFLECHTUNGEN ZWISCHEN DEN NIEDERLANDEN UND HESSEN .......................................................................................................... 23 5 AKTUELLE ENTWICKLUNGEN IN DEN FELDERN STADTENTWICKLUNG, WOHNUNGSBAU UND ARCHITEKTUR IN DEN NIEDERLANDEN ..................... 31 6 RAHMENBEDINGUNGEN UND POTENZIALE DER WIRTSCHAFTS- BEZIEHUNGEN ZWISCHEN HESSEN UND DEN NIEDERLANDEN .................... 38 TABELLENVERZEICHNIS ............................................................................................ 42 ABBILDUNGSVERZEICHNIS ....................................................................................... 43 LITERATUR- UND DATENQUELLENVERZEICHNIS .................................................. 44 KONTAKTADRESSEN .................................................................................................. 45 II
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden 1 Hintergrund und Aufbau der Studie Im Zuge der Internationalisierung sind sich dynamisch gestaltende Außenwirtschaftsbe- ziehungen von zentraler Bedeutung für die hessische Wirtschaft. Die hessische Wirt- schaft ist durch tiefgreifende internationale Verflechtungen – sowohl durch Importe und Exporte als auch über ein- und ausgehende ausländische Direktinvestitionen (FDI) – ge- kennzeichnet. In Hessen tätige internationale Investorinnen und Investoren tragen zum hiesigen Wirtschaftswachstum bei und schaffen zahlreiche Arbeitsplätze. Aufgrund einer leistungsfähigen Infrastruktur, der Internationalität der Wirtschaft und der Weltoffenheit seiner Bürgerinnen und Bürger ist Hessen ein attraktiver Standort für ausländische In- vestitionen. Die räumliche Zentralität und eine äußerst günstige Verkehrsanbindung bil- den eine wesentliche Voraussetzung für die Einbindung hessischer Unternehmen in transnationale Wertschöpfungsketten. Die Hessen Agentur erarbeitet regelmäßig im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen außenwirtschaftliche Analysen, in denen mit- telfristige Entwicklungen im Zusammenhang mit der hessischen Wirtschaft beleuchtet werden. Hierbei geht es sowohl um aktuelle Themen (z. B. Brexit, CETA und TTIP) als auch um ausgewählte Länder und Wirtschaftsräume. Zuletzt wurden Studien zu Äthio- pien, China, Japan, Kenia, Malaysia, Österreich, zur Schweiz und zu Singapur erstellt. 1
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Mit den Niederlanden werden in der vorliegenden Studie wiederum die Wirtschaftsbezie- hungen zu einem europäischen Nachbarland in den Blick genommen. Eine historisch tradierte enge Verbindung zwischen dem Königreich der Niederlande und dem Land Hessen rührt daher, dass wesentliche Wurzeln des Hauses Oranien in Hessen, konkret in Dillenburg, liegen. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung besteht darin, die Band- breite der wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Hessen und den Niederlanden über eine Auswertung von Sekundärstatistiken und qualitativen Recherchen aufzuzeigen. Die Studie, bei deren Erstellung auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen aufschlussrei- chen Informationen für hessische Unternehmen über die Niederlande und solchen für niederländische Unternehmen über Hessen geachtet wurde, erscheint zweisprachig, nämlich in einer englischsprachigen und einer deutschsprachigen Fassung. Im ersten Teil der Studie liegt der Fokus auf den räumlichen, demographischen und ge- samtwirtschaftlichen Grunddimensionen der Niederlande und Hessens. Hieran schließt sich eine Analyse der außenwirtschaftlichen Verflechtungen der beiden Wirtschafts- partner an, wobei insbesondere auf die Handels- und Direktinvestitionsbeziehungen ein- gegangen wird, auch mit Fokus auf Unternehmensaktivitäten, nämlich von niederländi- schen Anbietern in Hessen wie auch hessischen Anbietern in den Niederlanden. Im nächsten Abschnitt wird das Augenmerk auf derzeitige Entwicklungen in den Bereichen Stadtentwicklung, Wohnungsbau und Architektur gelegt. Hierauf folgt als Fazit eine Ein- schätzung über die Potenziale im wirtschaftlichen Austausch zwischen Hessen und den Niederlanden. Den Abschluss bildet eine Zusammenstellung der Kontaktadressen von Institutionen, die sich als Ansprechpersonen im Austausch zwischen den Niederlanden und Hessen engagieren. 2
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden 2 Volkswirtschaftliche Grunddimensionen 2.1 Demographie und Raumstruktur Zum Einstieg werden die beiden Wirtschaftsräume Niederlande und Hessen kompakt porträtiert. Die Niederlande liegen mit einem Staatsgebiet von 41.543 Quadratkilometern, was rund dem Doppelten der Fläche Hessens und knapp 12 % des Bundesgebiets ent- spricht, im Vergleich zu den anderen EU-Staaten in eher mittleren Flächendimensionen. Innerhalb des Landes bestehen ausgeprägte räumliche Unterschiede in puncto Wirt- schaftskraft und Bevölkerungsdichte, was sich in u. a. einer regionalen Konzentration der Bevölkerung und der wirtschaftlichen Aktivitäten im Zentrum und Nordwesten des Lan- des niederschlägt. Die räumliche Lage der Niederlande im Zentrum Westeuropas und an der Nordseeküste begünstigt den Austausch des Landes mit zahlreichen europäischen Ländern wie auch, im Sinne einer Hub-Funktion, zwischen diesen erheblich. Genannt seien insbesondere Belgien, Luxemburg, Deutschland, Frankreich, das Vereinigte Kö- nigreich und Irland. Innerhalb Deutschlands sind die Beziehungen zu Nordrhein-Westfa- len aufgrund der räumlichen Nähe besonders eng, sei es über Handels- und Investiti- onsströme, kulturelle und wissenschaftliche Beziehungen wie auch Wanderungs- und Pendlerbewegungen, gleichwohl steht auch Hessen in einem vielfältigen Austausch mit den Niederlanden. 3
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Was die wirtschaftsräumliche Struktur der Niederlande betrifft, so liegt im nördlichen Lan- desteil (in den Provinzen Groningen, Drenthe und Friesland; vgl. Abbildung 1) der Schwerpunkt der Wirtschaft auf dem Produzierenden Gewerbe mit den Branchen Ener- giewirtschaft, Wassertechnologie, Agribusiness, Life Sciences und Chemieindustrie. In dieser Wirtschaftsregion sind mehr als 400 Niederlassungen internationaler Unterneh- men – genannt seien exemplarisch Procter & Gamble und RWE – lokalisiert. Abbildung 1 Raumstrukturen der Niederlande und Hessens als Zentralregionen in Europa Quelle: Eurostat; Darstellung der Hessen Agentur Der westliche Landesteil (bestehend aus den Provinzen Utrecht, Noord-Nolland und Zuid-Holland) bildet das Dienstleistungszentrum der Niederlande. In der dortigen Agglo- meration Randstad, die u. a. Amsterdam, Den Haag, Leiden, Rotterdam und Utrecht um- fasst und rund acht Mio. Einwohnerinnen und Einwohner zählt (vgl. Brakman et al., 2021), befinden sich seit geraumer Zeit die Zentralen der Banken und Versicherungen wie auch Börsen und Handelshäuser. Zudem konzentriert sich um den Rotterdamer Hafen die Chemie- und Petroindustrie (vgl. GTAI, 2018). 4
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden Im Süden der Niederlande (in den Provinzen Limburg, Noord-Brabant und Zeeland) ist die Wirtschaft stark durch das Verarbeitende Gewerbe geprägt. Wichtige Branchen sind die Elektroindustrie und die Chemieindustrie. Die südlichste Provinz, Limburg, durch wel- che die meisten europäischen Hauptverkehrsverbindungen auf den Transportwegen Straße und Schiene gehen, verfügt über eine sehr gut ausgebaute Infrastruktur. Der östliche Landesteil (umfassend die Provinzen Overijssel und Gelderland), der einen ausgeprägten Schwerpunkt auf Bildung und Forschung in den Bereichen Gesundheit, Nahrungsmittel und Technologien aufweist, profitiert von seiner günstigen räumlichen Lage zwischen den Ballungsräumen Randstad und Rhein/Ruhr. Die dortigen Branchen- schwerpunkte liegen auf der Agrarwirtschaft (insbesondere Ackerbau und Viehzucht) und der fleischverarbeitenden Industrie wie auch der Metallverarbeitung und der Chemie- industrie (vgl. GTAI, 2018). Hessen ist als eines von sechzehn Bundesländern aufgrund seiner räumlichen Zentral- lage und Anbindung prädestiniert für den wirtschaftlichen Austausch mit den Niederlan- den. Die abwechslungsreiche Kulturlandschaft, die durch Mittelgebirgsregionen, Tiefebe- nen und Flusslandschaften geprägt ist, und die attraktiven Städte mit ihrem großen kul- turellen Reichtum machen das Land zudem für die Bürgerinnen und Bürger der Nieder- lande zu einer attraktiven Tourismusdestination. Das wirtschaftliche Zentrum bildet die sich in weiten Teilen mit dem hessischen Regierungsbezirk Darmstadt mit einer Bevöl- kerungszahl von rund vier Millionen räumlich überschneidende Metropolregion Frankfurt RheinMain, in der mit dem Flughafen Frankfurt der größte internationale Flughafen Deutschlands angesiedelt ist. Von Frankfurt aus sind zahlreiche europäische und inter- nationale Märkte in vergleichsweise kurzer Zeit zu erreichen. Amsterdam, Rotterdam und Utrecht sind im Personenverkehr per Bahn günstig angeschlossen. Für den Frachtver- kehr bestehen naturräumlich begünstigte transkontinentale Verkehrskorridore über die Rheinschiene, sowohl auf Bahntrassen als auch über Schifffahrtswege, die den Waren- export der hessischen Wirtschaft über die Häfen Rotterdam und Antwerpen wie auch den Flughafen Amsterdam Schiphol nach Übersee stark begünstigen. Auch in den mittel- und nordhessischen Regionen ballen sich die Bevölkerung und die Wirtschaftsaktivitäten auf die verkehrsräumlich günstig angebundenen städtischen Zentren Kassel, Gießen, Wetz- lar, Marburg und Fulda und deren jeweiliges periurbanes Umland. In den Niederlanden leben derzeit 17,3 Mio. Menschen; zum Vergleich: Die Bevölke- rungszahl von Hessen beträgt 6,3 Mio. (Deutschland: 83,1 Mio.; vgl. Tabelle 1). Mit einer Bevölkerungsdichte von 511 Einwohnerinnen und Einwohnern je Quadratkilometer sind sie eines der am dichtesten besiedelten Länder Europas; dies verdeutlicht sich auch im Vergleich zu Hessen und Deutschland mit entsprechenden Werten von 297 bzw. 237. Die hessische Bevölkerungsdichte liegt bedingt durch die Verdichtung innerhalb der Met- ropolregion FrankfurtRheinMain über dem entsprechenden Bundesdurchschnitt. Der Ur- banisierungsgrad ist in den Niederlanden mit 91,8 % deutlich höher als in Deutschland (77,4 %). 5
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Tabelle 1 Fläche und Bevölkerung in den Niederlanden, Hessen und Deutschland Niederlande Hessen Deutschland Fläche (km²) 2019 41.543 21.116 357.022 Bevölkerung (Mio.) 2019 17,33 6,27 83,13 Bevölkerungsdichte (Einwohnerinnen 511 297 237 und Einwohner je km²) 2019 * Urbanisierungsgrad (v. H.) 2019 91,8 k.A. 77,4 * Bezogen auf die Landfläche Quelle: Weltbank, Hessisches Statistisches Landesamt Die Bevölkerung in den Niederlanden zeichnet sich durch ein im Vergleich zu Hessen und Deutschland geringeres Durchschnittsalter aus. Der Anteil der Alterskohorte unter 15 Jahren an der Gesamtbevölkerung liegt mit 14,9 % über dem Vergleichswert für Hes- sen (13,9 %; vgl. Tabelle 2). Spiegelbildlich hierzu ist der Anteil der Alterskohorte mit 65 und mehr Jahren in den Niederlanden mit 19,6 % niedriger als in Hessen (20,6 %). Tabelle 2 Altersstruktur in den Niederlanden, Hessen und Deutschland Niederlande Hessen Deutschland Durchschnittsalter (Jahre) 42,0 (2019) 43,9 (2019) 44,4 (2018) Anteil der Bevölkerung unter 15 Jahren (%) 2019 14,9 13,9 14,0 Anteil der Bevölkerung mit 15 bis 64 Jahren 64,5 65,5 64,4 (%) 2019 Anteil der Bevölkerung mit 65 und mehr Jahren 19,6 20,6 21,6 (%) 2019 Lebenserwartung bei der Geburt (Frauen) 83,3 (2018) 83,6 (2017/19) 83,4 (2017/19) Lebenserwartung bei der Geburt (Männer) 80,2 (2018) 79,2 (2017/19) 78,6 (2017/18) Quelle: Centraal Bureau vor de Statistiek, Hessisches Statistisches Landesamt, Statistisches Bundesamt, Weltbank 6
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden Es ist davon auszugehen, dass sich die Tatsache, dass die Bevölkerung der Niederlande im europäischen Vergleich eher jung ist, auf deren Konsumverhalten und Einstellungen zu modernen Technologien auswirkt. Auch sind gemäß Erhebungen der OECD aus dem Jahr 2018 Einschätzungen über die soziale Situation in den Niederlanden günstiger als in Deutschland, in puncto etwa Vertrauen zu Mitmenschen, Armutsrisiko, Lebenszufrie- denheit und Anbindung an Mitmenschen (vgl. OECD, 2020 und 2021). Der Aufgeschlos- senheit gegenüber zukunftsorientierten Trends ist sicherlich auch der oben genannte au- ßerordentlich hohe Urbanisierungsgrad förderlich, denn Metropolräume sind gemeinhin durch eine starke Verdichtung von Innovationen gekennzeichnet (vgl. Heineberg, 2002, S. 341). 2.2 Wirtschaftsentwicklung und Wirtschaftsstruktur Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Hessens lag im Jahr 2020 bei (nominal) 281,4 Mrd. Euro, was 8,4 % bzw. 2,5 % der entsprechenden Werte für Deutschland und die gesamte EU entspricht (vgl. Tabelle 3). Gegenüber dem Jahr 2000 ist das BIP Hessens um 86,9 Mrd. Euro und damit um 44,7 % gestiegen, verglichen mit einer Zunahme um 58,0 % im Bun- desgebiet und 69,0 % in der EU. Im Jahr 2009, während der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise, ging die hessische Wirtschaftsleistung um 7,6 % zurück (vgl. Abbil- dung 2). Danach setzte – unterbrochen von einem Rückgang in 2012 – eine langanhal- tende Wachstumsphase ein. Im Jahr 2020 brach die Wirtschaftsleistung infolge der Corona-Pandemie um 5,6 % ein. Abbildung 2 Jährliche Veränderungsrate des BIP (real) in den Niederlanden und Hessen 2000 - 2020 Niederlande Hessen 10% 5% 0% -5% -10% 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Quelle: Eurostat, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder; Darstellung der Hessen Agentur Das hessische BIP je Einwohnerin bzw. Einwohner lag 2020 bei 44.750 Euro und damit 4.662 Euro über dem entsprechenden Wert für Deutschland. Im innereuropäischen Ver- gleich schneidet Hessen hier ebenfalls günstig ab, im Hinblick auf etwa Belgien (38.970 Euro), Frankreich (33.690 Euro) und Österreich (42.110 Euro). 7
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung In Relation zum EU-weiten Mittelwert beläuft sich der hessische Vergleichswert auf 151,0 %. Im Jahr 2000 hatte die Wirtschaftsleistung je Kopf jedoch noch bei 32.349 Euro und somit 176,0 % des EU-Ø gelegen. Tabelle 3 Wirtschaftsleistung in den Niederlanden, Hessen und Deutschland Niederlande Hessen Deutschland Nationales Bruttoinlandsprodukt Wert 2020 (Mrd. Euro) 796,9 281,4 3.332,2 Anteil an der ∑ für EU-27 2020 (%) 6,0 2,1 24,9 Anteil an der ∑ für EU-27 2000 (%) 5,7 2,5 26,8 Relation des Werts in 2020 +76,3 + 44,6 +57,5 zum Wert in 2000 (%) Bruttoinlandsprodukt je Einwohnerin bzw. Einwohner Wert 2020 (Euro) 45.690 44.750 40.088 verglichen mit dem Ø für EU-27 2020 (%) 154,1 151,0 135,2 verglichen mit dem Ø für EU-27 2000 (%) 154,4 176,0 141,4 Relation des Werts in 2020 +60,9 +38,3 +54,3 zum Wert in 2000 (%) Quelle: Eurostat, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder Das niederländische Bruttoinlandsprodukt (BIP) belief sich im Jahr 2020 auf rund 797 Mrd. Euro und somit 6,0 % des BIP der gesamten EU (vgl. Tabelle 3). Gegenüber dem Jahr 2000 hat sich das nominale BIP in den Niederlanden um 76,3 % und somit erheblich stärker als in der gesamten EU erhöht. Die reale Veränderungsrate, d. h. be- reinigt von Inflation und Wechselkurseffekten, schwankte nach der weltweiten Finanz- krise in einer Bandbreite von -1,0 % im Jahr 2012 bis +2,9 % im Jahr 2017; im Jahr 2020 betrug sie, beeinflusst durch das Pandemiegeschehen, -3,8 % (vgl. Abbildung 2). In den Niederlanden hat sich das BIP pro Kopf von 28.380 Euro (≙154,4 % des EU-Ø) im Jahr 2000 auf 45.690 Euro (≙154,1 % des EU-Ø) im Jahr 2020 erhöht; es liegt damit über dem hessischen Wert. 8
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden In den Niederlanden trägt der Sektor Handel, Gaststätten, Hotels in höherem Ausmaß, nämlich zu 15,9 %, zur Bruttowertschöpfung bei als in Hessen (12,8 %). Der Beitrag des Sektors Transport, Lagerei, Kommunikation ist trotz der weltweiten Bedeutung des Rotterdamer Hafens und des Flughafens Amsterdam Schiphol mit 9,7 % niedriger als in Hessen (10,9 %; vgl. Abbildung 3). Dem Sektor Land- und Forstwirtschaft, Fischerei kommt in den Niederlanden mit einem Anteil von 1,8 % eine größere Bedeutung als in Hessen (0,4 %) zu. Hierin spiegelt sich die überproportionale Wettbewerbsstärke des niederländischen Agrarsektors, die auf u. a. eine technologisch-organisatorisch bedingte außerordentliche Produktivität zurück- zuführen ist, wider. Auf das Baugewerbe entfallen in den Niederlanden 5,0 % und in Hes- sen 4,9 % der Bruttowertschöpfung. Abbildung 3 Sektorale Struktur der Bruttowertschöpfung in den Niederlanden und Hessen (Anteile der Wirtschaftszweige in %) 2019 Niederlande Hessen 1,8% 2,7% 0,4% 1,8% Land- und Forstwirtschaft, Fischerei Bergbau und Versorgung 12,3% 17,5% 0,4% 1,8% Verarbeitendes Gewerbe 5,0% 17,5% 4,9% Baugewerbe 52,6% 51,8% 4,9% 51,8% 15,9% Handel, Gaststätten, Hotels 12,8% 12,8% 10,9% Transport, Lagerei, Kommunikation 9,7% 10,9% Sonstige Dienstleistungen (u.a. Finanzsektor, öffentlicher Sektor) Quelle: UN Statistics Division, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder; Berechnungen und Darstellung der Hessen Agentur Die Bedeutung des Sektors Bergbau und Versorgung ist in der niederländischen Wirt- schaft mit 2,7 % höher als in der hessischen Wirtschaft (1,8 %). Demgegenüber trägt das Verarbeitende Gewerbe in den Niederlanden mit 12,3 % mit einem merklich niedrigeren Anteil zur Bruttowertschöpfung bei als in Hessen, wo der betreffende Anteil 17,5 % be- trägt. Im Sektor der Sonstigen Dienstleistungen, der u. a. die Finanzbranche und den öffentlichen Sektor umfasst, wird sowohl in den Niederlanden als auch in Hessen mit 52,6 % bzw. 51,8 % jeweils mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung erzielt, wofür sich die Aktivitäten an den international bedeutsamen Finanzplätzen Frankfurt und Amster- dam als wichtige Ursache ansehen lassen. 9
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung 3 Handelsbeziehungen zwischen den Niederlanden und Hessen Die außenwirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Niederlanden und Hessen bzw. Deutschland sind durch einen regen Austausch gekennzeichnet. So gehören die Nieder- lande zu den Top Ten der bedeutendsten Handelspartner Hessens. Gemessen am ag- gregierten Warenwert für Export und Import sind sie der sechstwichtigste Handelspartner Hessens und der zweitwichtigste Handelspartner Deutschlands. Deutschland ist wiede- rum der mit Abstand wichtigste Handelspartner der Niederlande. Generell sind die Nie- derlande ein stark außenhandelsorientiertes Land, dessen Handelsverflechtungen mit Deutschland außerordentlich eng sind. Wichtig bei der Interpretation der Außenhandelsstatistik der Niederlande ist der sog. „Rotterdam-Effekt“. Der Hafen Rotterdam ist der größte Seehafen Europas und einer der größten weltweit. Dadurch ist Rotterdam (dies gilt auch für die Niederlande insgesamt mit ihren weiteren Seehäfen) eine der wichtigsten Eingangspforten Europas, wenn es um Seehandel geht, sowie ein sehr bedeutender Güterumschlagplatz. D. h., dass sich viele Waren, die über Rotterdam importiert werden, aber eigentlich zum Re-Export in das europäische Binnenland gedacht sind, in der Statistik als Import in die Niederlande und dann als Export niederländischen Ursprungs niederschlagen. Der Anteil der Re-Exporte an der gesamten Warenausfuhr der Niederlande beträgt über 40 %. 10
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden 3.1 Export Wichtigste Exportziele Der Gesamtwert der weltweiten Güterausfuhren der Niederlande im Jahr 2020 belief sich auf 482,9 Mrd. Euro. Der bedeutendste Exportmarkt ist Deutschland, wohin Waren im Wert von 106,4 Mrd. Euro (22 %) geliefert wurden, worin die besonders engen Bezie- hungen zwischen den beiden benachbarten Ländern zum Ausdruck kommen (vgl. Abbil- dung 4). In der Rangliste der wichtigsten Ausfuhrdestinationen folgen das Benelux-Part- nerland Belgien (49,6 Mrd. Euro), Frankreich (37,2 Mrd. Euro), das Vereinigte Königreich (35,1 Mrd. Euro) und die USA (24,3 Mrd. Euro). Als zweitbedeutendstes nichteuropäi- sches Exportziel befindet sich China (14,1 Mrd. Euro) auf Rang neun. Abbildung 4 Wichtigste Exportziele der Niederlande (Exportwert in Mrd. Euro) 2020 Deutschland 106,4 Belgien 49,6 Frankreich 37,2 Vereinigtes Königreich 35,1 USA 24,3 Italien 19,3 Spanien 14,4 Polen 14,2 China, Volksrepublik 14,1 Schweden 9,3 Quelle: UN Comtrade, Darstellung der Hessen Agentur Hessen exportierte im Jahr 2020 Güter im Wert von 2,8 Mrd. Euro in die Niederlande, die damit in der Rangliste der wichtigsten Ausfuhrdestinationen der hessischen Wirt- schaft Platz acht einnehmen (vgl. Abbildung 5). Die mit deutlichem Abstand – auch zu zahlreichen europäischen Volkswirtschaften – wichtigsten Bestimmungsländer hessi- scher Ausfuhren weltweit sind die USA (7,6 Mrd. Euro), vor Frankreich und China (jeweils 4,1 Mrd. Euro). Es folgen dicht dahinter das Vereinigte Königreich (4,0 Mrd. Euro) und Polen (3,9 Mrd. Euro). Für sowohl Hessen als auch die Niederlande sind somit die USA und China die wichtigsten nichteuropäischen Exportziele. 11
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Abbildung 5 Wichtigste Exportziele Hessens (Exportwert in Mrd. Euro) 2020 USA 7,6 Frankreich 4,1 China, Volksrepublik 4,1 Vereinigtes Königreich 4,0 Polen 3,9 Österreich 3,2 Italien 2,9 Niederlande 2,8 Belgien 2,3 Schweiz 2,2 Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt; Darstellung der Hessen Agentur Entwicklung des Exportvolumens Der Wert des niederländischen weltweiten Güterexports hat sich im Vergleich zwischen 2010 und 2020 um 30,0 % erhöht. Für die Ausfuhr nach Deutschland ergibt sich eine Steigerung um 17,8 %. Hiermit einhergehend ist der Anteil Deutschlands am Gesamtex- port der Niederlande von 24,3 % auf 22,0 % gesunken (vgl. Abbildung 6). Für Belgien ermäßigte sich der betreffende Anteil ebenfalls, und zwar von 11,1 % auf 10,3 %. Spie- gelbildlich hierzu sind die entsprechenden Anteile Polens und Chinas von 2,0 % bzw. 1,5 % auf jeweils 2,9 % gestiegen; der Anteil der USA erhöhte sich von 4,6 % auf 5,0 %. Bezüglich der regionalen Struktur der niederländischen Güterexporte ist dies ein Indiz dafür, dass die relative Bedeutung der Nachbarländer zurückgegangen ist, während die- jenige des ostmitteleuropäischen EU-Partners Polens wie auch der USA und Chinas zu- genommen hat. 12
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden Abbildung 6 Weltweiter Export der Niederlande (in Mrd. Euro) und Anteil Deutschlands (in %) 2000 - 2020 Weltweiter Export der Niederlande Anteil Deutschlands in Mrd. Euro 600 515 60% 498 483 500 467 50% 409 430 433 433 419 423 371 372 400 40% 309 300 30% 200 20% 100 10% 0 0% 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Quelle: UN Comtrade, Deutsche Bundesbank (in Bezug auf Wechselkurse); Berechnungen und Darstellung der Hessen Agentur In jüngerer Zeit hat sich die hessische Ausfuhr in die Niederlande schlechter als die Ge- samtausfuhr Hessens entwickelt. Im Vergleich zwischen 2010 und 2020 hat sich der Ge- samtausfuhrwert um 19,4 % gesteigert, wohingegen für die Exportdestination Nieder- lande eine Verringerung um 13,1 % zu verzeichnen ist. Infolgedessen hat sich der Anteil der Niederlande am Gesamtwert der hessischen Ausfuhr von 6,3 % auf 4,6 % reduziert (vgl. Abbildung 7), wobei der kräftige Rückgang der hessischen Exporte gen Niederlande im Jahr 2020 (-30,7 %) im Wesentlichen auf eine Warengruppe zurückzuführen ist – nämlich elektronische Bauelemente. Im Gegensatz zu den Niederlanden haben die Ex- portziele Polen, China und USA an Gewicht gewonnen. Abbildung 7 Weltweiter Exports Hessens (in Mrd. Euro) und Anteil der Niederlande (in %) 2000 - 2020 Weltweiter Export Hessens Anteil der Niederlande in Mrd. Euro 70 63 65 65 14% 58 60 58 61 55 55 57 60 51 51 12% 50 43 10% 40 8% 30 6% 20 4% 10 2% 0 0% 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020* * Vorläufige Angaben Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt; Berechnungen und Darstellung der Hessen Agentur 13
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Aktuell ist für sowohl Hessen als auch die Niederlande ein pandemiebedingter erhebli- cher Rückgang des Exportwerts erkennbar. Insgesamt sind die konjunkturellen Zyklen der Exporte aus Hessen weniger stark ausgeprägt als diejenigen der Exporte aus den Niederlanden, was sich mit unterschiedlichen Güterstrukturen begründen lässt. So sind die Märkte der innerhalb der niederländischen Ausfuhren bedeutsamen Erdöl- und Erd- ölerzeugnisse besonders stark von der weltwirtschaftlichen Konjunkturentwicklung tan- giert. Bedeutende Exportgüter der Niederlande Die sektorale Struktur der niederländischen Wirtschaft schlägt sich im Spektrum der Aus- fuhren des Landes nieder. Gemessen am Anteil am weltweiten Exportwert bilden meh- rere Warengruppen ausgeprägte Schwerpunkte. Im Jahr 2020 lagen in der Rangliste der wichtigsten Exportgüter die Warengruppen Erdöl, Erdölerzeugnisse und verwandte Wa- ren mit 7,1 % sowie Elektrische Maschinen, Apparate und Geräte wie auch Medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse mit jeweils 6,3 % auf den vorderen Plätzen (vgl. Ab- bildung 8). Bei den zwei letztgenannten Warengruppen zeigt sich die hohe internationale Wettbe- werbsfähigkeit der Niederlande im Bereich Medizintechnik, etwa in der Diagnostik mit- hilfe von bildgebenden Verfahren, der digitalisierten Operationstechnik und der teleme- dizinisch unterstützten Patientenbetreuung. Mit 5,1 % und 5,0 % folgen die Warengrup- pen Arbeitsmaschinen für besondere Zwecke bzw. Nachrichtentechnik, Bild- und Tonge- räte. Beispielsweise sind hier die im internationalen Vergleich herausragenden Kompe- tenzen bei den maritimen Technologien zu nennen. Abbildung 8 Die wichtigsten Güter des Exports der Niederlande weltweit und nach Deutschland (jeweils gemessen als Anteil am Exportwert in %) 2020 weltweit Deutschland Erdöl, Erdölerzeugnisse und 7,1% Gemüse und Früchte 5,9% verwandte Waren Elektrische Maschinen, Erdöl, Erdölerzeugnisse und 6,3% 5,5% Apparate, Geräte verwandte Waren Elektrische Maschinen, Medizinische und 5,5% 6,3% Apparate, Geräte pharmazeutische Erzeugnisse Besondere Warenverkehrs- Arbeitsmaschinen für 5,4% 5,1% vorgänge und Waren besondere Zwecke Nachrichtentechnik; Bild- 5,1% Nachrichtentechnik; Bild- und und Tongeräte 5,0% Tongeräte Quelle: UN Comtrade; Berechnungen und Darstellung der Hessen Agentur 14
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden Der Export der Niederlande nach Deutschland weist ähnliche Schwerpunkte auf, bei wie- derum geringen Abständen in puncto Rangfolge bzw. Bedeutung. Mit knapp 5,9 % des Güterausfuhrwerts bilden Gemüse und Früchte die wichtigste Warengruppe, woraus die komparativen Stärken der niederländischen Wirtschaft in der Agrar- und Ernährungswirt- schaft ersichtlich sind. Von besonderer Bedeutung sind ferner die Warengruppen Erdöl, Erdölerzeugnisse und verwandte Waren wie auch elektrische Maschinen, Apparate, Ge- räte mit jeweils 5,5 %. Die Segmente besondere Warenverkehrsvorgänge und Waren sowie Nachrichtentechnik, Bild- und Tongeräte verzeichnen Anteile von 5,4 % bzw. 5,1 %. Für zahlreiche Warengruppen, u. a. Massengüter wie auch Hochtechnologiegüter bzw. leicht verderbliche Ernährungsgüter, bilden die vergleichsweise kurzen Transportdistan- zen zu den Absatzmärkten in Deutschland eine günstige Voraussetzung für den Aus- tausch. Bedeutende Exportgüter Hessens Die Rangliste der wichtigsten Exportgüter im hessischen Außenhandel mit den Nieder- landen wird von der Warengruppe der feinmechanischen und optischen Erzeugnisse an- geführt, auf die im Hinblick auf das Jahr 2020 14,0 % der Exportwerts bzw. 392 Mio. Euro entfallen (vgl. Abbildung 9). Zu rund zwei Dritteln handelt es sich hierbei um optische und fotografische Geräte. Medizinische Geräte sowie Mess-, Steuerungs- und Regeltechnik stellen jeweils ein weiteres Drittel. Im Wert von 334 Mio. Euro (11,9 %) traten elektro- technische Erzeugnisse den Weg von Hessen in die Niederlande an, wobei der Schwer- punkt hier auf dem Segment der Elektrizitätserzeugung und -verteilung liegt. Abbildung 9 Die wichtigsten Güter des Exports Hessens weltweit und in die Niederlande (jeweils gemessen als Anteil am Exportwert in %) 2020 * weltweit Niederlande Feinmechanische und Chemische Erzeugnisse 17,5% 14,0% optische Erzeugnisse Pharmazeutische Elektrotechnische 14,4% 11,9% Erzeugnisse Erzeugnisse Maschinen 10,9% Chemische Erzeugnisse 11,3% Elektrotechnische 10,0% Maschinen 10,9% Erzeugnisse Fahrzeuge, Fahrzeugteile Fahrzeuge, Fahrzeugteile 8,6% 8,1% und -zubehör und -zubehör * Vorläufige Angaben Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt; Berechnungen und Darstellung der Hessen Agentur 15
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Die breite Palette der chemischen Erzeugnisse (Vorerzeugnisse wie Enderzeugnisse), traditionell die hessischen Exportgüter schlechthin, findet sich hinsichtlich des Exports in die Niederlande mit einem Anteil von 11,3 % (317 Mio. Euro) auf dem ungewohnten drit- ten Platz wieder. Und Produkte der heimischen Pharmaindustrie – Nummer zwei des hessischen Exports weltweit – rangieren gar nicht unter den Top Five der hessischen Exporte in das Königreich. In diesem Bereich finden eigene Stärken der Niederlande auch im Rahmen von Handelspartnerschaften ihren Niederschlag. Maschinen wurden für 305 Mio. Euro (10,9 %) in die Niederlande exportiert. Hierzu zäh- len nicht nur Maschinen im engeren Sinne (z. B. Werkzeugmaschinen oder Maschinen für bestimmte Wirtschaftszweige), sondern auch z. B. Armaturen, Lager und Zahnräder. Für 226 Mio. Euro (8,1 %) vermochte die hessische Wirtschaft Fahrzeuge, Fahrzeugteile und -zubehör in den Niederlanden abzusetzen. Jeweils rund 40 % entfallen dabei auf komplette PKW bzw. auf Teile und Zubehör für PKW. Andere Fahrzeuge (z. B. Schienen- fahrzeuge und Fahrräder) stellen den Rest. 16
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden 3.2 Import Wichtigste Lieferländer Die Niederlande haben im Jahr 2020 Waren im Gesamtwert von 422,6 Mrd. Euro impor- tiert. Hiervon entfallen 74,6 Mrd. US-Dollar bzw. 17,7 % auf Deutschland, das mit großem Abstand bedeutendste Lieferland (vgl. Abbildung 10. Es folgen China mit 44,2 Mrd. Euro (9,0 %) und die USA mit 34,3 Mrd. US-Dollar (8,1 %). Deutlich dahinter sind als weitere europäische Länder Frankreich und Italien mit Importwerten von 14,7 Mrd. US-Dollar (3,4 %) bzw. 11,5 Mrd. Euro (2,7 %) platziert. Die Bedeutung Chinas ist für die Einfuhren erheblich größer als für die Ausfuhren. Der Import wie auch der Export werden durch das Zusammenwirken der Verkehrswege über Schiene, Fluss und Straße mit den Knoten- punkten des Rotterdamer Hafens und des Amsterdamer Flughafens Schiphol stark be- günstigt. Abbildung 10 Wichtigste Importländer der Niederlande (Importwert in Mrd. Euro) 2020 Deutschland 74,6 China, Volksrepublik 44,2 USA 34,3 Frankreich 14,7 Italien 11,5 Russische Föderation 9,3 Irland 9,1 Polen 9,0 Norwegen 8,6 Spanien 8,4 Quelle: UN Comtrade; Darstellung der Hessen Agentur 17
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Im Jahr 2020 summierte sich die Einfuhr Hessens aus den Niederlanden auf 5,0 Mrd. Euro, womit diese bei einem Gesamtwert der weltweiten Importe von 101,0 Mrd. Euro das sechstwichtigste hessische Importland darstellen (vgl. Abbildung 11). Für das Bundesgebiet sind sie sogar das zweitwichtigste Lieferland, was vor allem in den inten- siven Wirtschaftsbeziehungen zu Nordrhein-Westfalen begründet liegt. Platz eins in der Rangliste der wichtigsten Bezugsmärkte Hessens belegen die USA mit 11,9 Mrd. Euro, auf Platz zwei befindet sich China mit 10,9 Mrd. Euro, worauf die Schweiz und Frankreich mit 6,7 Mrd. Euro bzw. 6,2 Mrd. Euro folgen. Auf Platz fünf liegt Belgien mit ebenfalls 5,0 Mrd. Euro. Unter den Top Ten der wichtigsten Importländer für die Niederlande und für Hessen ragen wiederum die beiden weltweit bedeutendsten Handelsnationen USA und China hervor. Abbildung 11 Wichtigste Importländer Hessens (Importwert in Mrd. Euro) 2020 USA 11,9 China, Volksrepublik 10,9 Schweiz 6,7 Frankreich 6,2 Belgien 5,0 Niederlande 5,0 Vereinigtes Königreich 4,5 Japan 4,1 Italien 4,1 Russische Föderation 4,0 Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt; Darstellung der Hessen Agentur Entwicklung des Importvolumens Die Importe der Niederlande haben sich im Vergleich zwischen 2010 und 2020 um 27,3 % und somit etwas schwächer als die Exporte vergrößert. Weltweit haben sich die Importe um 33,9 %, ausgeweitet. Die Einfuhren in die Niederlande aus Deutschland ha- ben um 26,6 % zugenommen. Der Anteil der Importe aus Deutschland am Gesamtim- portwert lag in beiden Jahren bei 18 % (vgl. Abbildung 12). 18
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden Der Anteil der Einfuhren aus Belgien hat sich ebenfalls kaum verändert; er betrug jeweils 10 %. Demgegenüber haben sich die Anteile der Importe aus China und Polen jeweils leicht erhöht, und zwar von 9,3 % auf 10,4 % bzw. von 1,4 % auf 2,1 %, derjenige der USA steigerte sich von 7,5 % auf 8,1 %. Hinsichtlich der regionalen Herkunft der nieder- ländischen Importe lässt sich somit festhalten, dass sich im Zehn-Jahres-Vergleich eher geringe Veränderungen bezüglich der wichtigsten Bezugsmärkte vollzogen haben. Abbildung 12 Weltweiter Import der Niederlande (in Mrd. Euro) und Anteil Deutschlands (in %) 2000 - 2020 Weltweiter Import der Niederlande Anteil Deutschlands in Mrd. Euro 600 60% 500 441 460 50% 409 423 365 390 386 383 372 369 400 337 332 40% 274 300 30% 200 20% 100 10% 0 0% 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Quelle: UN Comtrade, Deutsche Bundesbank (in Bezug auf Wechselkurse); Berechnungen und Darstellung der Hessen Agentur Der Wert der weltweiten hessischen Warenimporte hat sich im Vergleich zwischen 2010 und 2020 um 48,8 % gesteigert, während für das Herkunftsland Niederlande eine Ver- ringerung um 8,1 % erfolgt ist. Hierzu korrespondierend ist der Anteil der Niederlande am Gesamtwert des hessischen Imports von 8,0 % auf 4,9 % zurückgegangen (vgl. Ab- bildung 13). Für das Herkunftsland Belgien ist der entsprechende Anteil in etwa gleich- geblieben, nämlich bei rund 5,0 %. Im Vergleich hierzu haben die Anteile der Schweiz und Chinas beachtlich zugenommen, und zwar von 5,1 % auf 6,6 % bzw. 9,6 % auf 10,8 %. Auch für die USA ergibt sich eine Steigerung, nämlich von 9,0 % auf 11,7 %. Im Hinblick auf Hessen lassen sich somit im Vergleich zu den Niederlanden stärker ausge- prägte räumliche Verlagerungen hinsichtlich der Herkunftsmärkte feststellen. Insbeson- dere in Bezug auf die USA und China zeigt sich die Globalisierung des Außenhandels. Der Vergleich mit der Exportseite zeigt, dass sich die Bedeutung der Niederlande als Handelspartner für Hessen als Herkunftsland mit derjenigen als Exportdestination aktuell in etwa die Waage hält. Für das Jahr 2020 steht einem Anteil am Importwert von 4,9 % ein Anteil von 4,6 % für den Export gegenüber. 19
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Abbildung 13 Weltweiter Import Hessens (in Mrd. Euro) und Anteil der Niederlande (in %) 2000 - 2020 Weltweiter Import Hessens Anteil der Niederlande in Mrd. Euro 140 14% 120 100 103 101 12% 94 100 80 83 86 10% 58 68 77 78 79 80 68 8% 60 6% 40 4% 20 2% 0 0% 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020* * Vorläufige Angaben Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt; Berechnungen und Darstellung der Hessen Agentur Bedeutende Importgüter der Niederlande Zwischen den niederländischen Importen aus aller Welt und denjenigen aus Deutschland bestehen merkliche Unterschiede, die insbesondere auf die spezifische Wirtschaftsstruk- tur Deutschlands zurückzuführen sind. Im Jahr 2020 entfielen 8,9 % des weltweiten Im- portgesamtwerts auf die Warengruppe Erdöl-, Erdölerzeugnisse und verwandte Waren (vgl. Abbildung 14). Diesbezüglich wird eine intensive Integration in die Weltwirtschaft deutlich, denn diese Güterkategorie ist auch exportseitig von hoher Bedeutung für die Niederlande, die ein international herausragender Raffineriestandort sind. Der Anteil der Warengruppe Elektrische Maschinen, Apparate, Geräte, die zum Großteil integrierte elektronische Schaltkreise (Prozessoren, Speicher und ähnliche Bauteile) umfasst, be- misst sich auf 8,1 %. Auf den Plätzen drei und vier der Rangliste folgen die Warengrup- pen Nachrichtentechnik, Bild- und Tongeräte mit 6,3 % sowie Büromaschinen und Da- tenverarbeitungsmaschinen mit 5,3 % der niederländischen Importe. Auch den beiden letztgenannten Warengruppen kommt innerhalb der niederländischen Exporte eine über- proportionale Bedeutung zu, was sich wiederum als Indiz für eine intensive Einbindung in transnationale Wertschöpfungsketten interpretieren lässt. Auf dem fünften Platz findet sich die Warengruppe der Straßenfahrzeuge mit ebenfalls rund 5,3 %. 20
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden Abbildung 14 Die wichtigsten Güter des Imports der Niederlande weltweit und aus Deutschland (jeweils gemessen als Anteil am Importwert in %) 2020 weltweit Deutschland Erdöl, Erdölerzeugnisse und 8,9% Straßenfahrzeuge 10,5% verwandte Waren Elektrische Elektrische Maschinen, Maschinen, Apparate, 7,2% 8,1% Apparate, Geräte Geräte Medizinische und Nachrichtentechnik; Bild- und pharmazeutische 5,8% 6,3% Tongeräte Erzeugnisse Büromaschinen und Arbeitsmaschinen für 5,2% Datenverarbeitungs- 5,3% besondere Zwecke maschinen Sonstige Maschinen, 5,1% Straßenfahrzeuge 5,3% Apparate und Geräte Quelle: UN Comtrade; Berechnungen und Darstellung der Hessen Agentur Beim Blick auf den Import von Waren aus Deutschland zeigt sich eine außerordentliche Bedeutung des Automobilsektors, denn 10,5 % des Importwerts entfallen auf die Waren- gruppe Straßenfahrzeuge, die sowohl gefertigte Fahrzeuge als auch Fahrzeugkompo- nenten umfasst. Dies unterstreicht die Reputation der deutschen Automobilindustrie, ins- besondere in den Segmenten der Premium-PKW und der Nutzfahrzeuge. Der Anteil der zweitbedeutendsten Warengruppe – Elektrische Maschinen, Apparate und Geräte – be- läuft sich auf 7,2 %. Auf die Warengruppen Medizinische und Pharmazeutische Erzeug- nisse sowie Arbeitsmaschinen für besondere Zwecke entfallen 5,8 % bzw. 5,2 %. Zur breitangelegten Warengruppe Sonstige Maschinen, Apparate und Geräte (5,1 %) zählen insbesondere Pumpen, Ventile und Getriebe. Bedeutende Importgüter Hessens Die wichtigste Warengruppe der hessischen Importe aus den Niederlanden sind die so- genannten Halbwaren, die 2020 im Wert von 1,4 Mrd. Euro (28,7 %) eingeführt wurden (vgl. Abbildung 15). Halbwaren sind Waren, die zwar einem gewerblichen Bearbeitungs- prozess unterliegen, aber noch verhältnismäßig wenig bearbeitet sind. Im Falle der Im- porte aus den Niederlanden handelt es sich bei den Halbwaren zu 90 % um Mineralöler- zeugnisse. 21
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Mit deutlichem Abstand folgen Erzeugnisse der Ernährungswirtschaft mit 680 Mio. Euro, was einem Anteil von 13,7 % am hessischen Import aus den Niederlanden entspricht. Diese sind damit nach Italien das zweitwichtigste Lieferland Hessens für Nahrungsmittel und Getränke, wobei Fleisch und Fleischwaren sowie Gemüse und sonstige Küchenge- wächse die größten Anteile stellen. Käse ist hingegen von untergeordneter Bedeutung. Chemische Erzeugnisse (553 Mio. Euro bzw. 11,1 %) – mit einem Schwerpunkt auf Kunststoffen – und Pharmazeutische Erzeugnisse (436 Mio. Euro bzw. 8,8 %) nehmen die Ränge drei und vier der bedeutendsten Warengruppen der Importe aus den Nieder- landen ein. Es folgen auf Platz fünf Eisen- und Metallwaren im Wert von 308 Mio. Euro bzw. einem Anteil von 6,2 % am gesamten hessischen Import 2020 aus den Niederlan- den. Abbildung 15 Die wichtigsten Güter des Imports Hessens weltweit und aus den Niederlanden (jeweils gemessen als Anteil am Importwert in %) 2020 * weltweit Niederlande Elektrotechnische Erzeugnisse 14,4% Halbwaren 28,7% Halbwaren 12,3% Ernährungswirtschaft 13,7% Fahrzeuge, Fahrzeugteile und - 10,0% Chemische Erzeugnisse 11,1% zubehör Pharmazeutische Maschinen 9,7% 8,8% Erzeugnisse Pharmazeutische Erzeugnisse 9,1% Eisen- und Metallwaren 6,2% * Vorläufige Angaben Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt; Berechnungen und Darstellung der Hessen Agentur Insgesamt betrachtet unterscheidet sich damit die Struktur der aus den Niederlanden eingeführten Güter erheblich von derjenigen der hessischen Einfuhr weltweit: Drei der fünf wichtigsten Importgütergruppen Hessens – und zwar elektrotechnische Erzeugnisse, Fahrzeuge, Fahrzeugteile und -zubehör sowie Maschinen – befinden sich nicht unter den Top Five Gütern der hessischen Importe aus den Niederlanden. Und auch bei den von Hessen aus aller Welt eingeführten breiten Palette von Halbwaren handelt es sich zu nur einem geringen Anteil um Mineralölerzeugnisse. 22
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden 4 Investitionsverflechtungen zwischen den Niederlanden und Hessen Neben dem Außenhandel zwischen Hessen und den Niederlanden bilden grenzüber- schreitende Investitionen einen weiteren wichtigen Bestandteil der wechselseitigen Wirt- schaftsbeziehungen. Die Motive für Direktinvestitionen (FDI) sind außerordentlich viel- fältig. Sie reichen vom Aufbau von Vertriebseinrichtungen zur Markterschließung über die marktnahe Produktion vor Ort im Ausland und den Kauf ausländischer Unternehmen (z. B., um zu diversifizieren) bis hin zur Gründung von Unternehmen im Ausland zwecks eines einfachen Zugangs zu ausländischen Finanzmärkten – um nur einige Beispiele zu nennen. Speziell für die Niederlande gilt, dass diese ein ausgesprochen beliebter Standort in Eu- ropa für international tätige Konzerne sind. So haben etwa zahlreiche US-amerikanische und asiatische Unternehmen ihre Europazentrale in den Niederlanden errichtet. Die Nie- derlande sind traditionell von großer Bedeutung für die konzerninterne Unternehmensfi- nanzierung. Aber auch für Unternehmen aus Europa sind die Niederlande als Standort offenkundig attraktiv, wie das aktuelle Beispiel Stellantis N.V. zeigt. Die Anfang 2021 aus der Fusion von Groupe PSA und FiatChrysler Automobiles hervorgegangene Automobil- holding – der Mutterkonzern von Opel – hat ihren Sitz in Amsterdam. Aus dieser beson- deren Rolle der Niederlande im globalen Geschäft resultieren für die FDI-Beziehungen zwischen Deutschland bzw. Hessen und den Niederlanden zwei Besonderheiten. 23
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Erstens sind die FDI Deutschlands in den Niederlanden negativ. Zwar hat das Minus im Laufe der letzten Jahre abgenommen – es beläuft sich für das Jahr 2018 jedoch auf immer noch 58,8 Mrd. Euro (vgl. Tabelle 4). Die FDI werden (grob vereinfacht) aus dem Beteiligungskapital unter Berücksichtigung der wechselseitigen Kreditbeziehungen be- rechnet. Der negative Bestand resultiert aus hohen Krediten niederländischer Finanzie- rungsgesellschaften an ihre deutschen Direktinvestoren – buchhalterisch gesprochen übersteigen die Verbindlichkeiten die Forderungen. Die Niederlande sind der einzige Staat in ganz Europa, bei dem dies für die deutschen Direktinvestitionen der Fall ist. 2014 war dies auch für die hessischen FDI in den Niederlanden zutreffend (- 437 Mio. Euro). Nach einem deutlichen Anstieg beläuft sich der FDI-Bestand Hessens in den Niederlan- den mittlerweile auf 8,6 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Anteil von 3,8 % am gesamten Bestand hessischer FDI im Ausland. Tabelle 4 Entwicklung der Direktinvestitionsbeziehungen zwischen Hessen bzw. Deutschland und den Niederlanden 2014 - 2018 FDI in den Niederlanden FDI aus den Niederlanden nach … aus … Land des Kapitalgebers Sitzland der Konzern- in … spitze in … Jahr Deutsch- Hessen Deutsch- Hessen Deutsch- Hessen land land land in Mio. Euro 2014 - 93.530 - 437 93.596 18.738 26.750 8.327 2015 - 84.262 1.465 101.072 20.931 31.103 8.600 2016 - 73.608 7.523 108.803 24.804 32.583 9.242 2017 - 67.224 7.553 107.135 20.617 33.513 8.650 2018 * - 58.826 8.568 113.496 28.092 34.177 9.153 * Vorläufige Angaben Quelle: Deutsche Bundesbank 24
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und den Niederlanden Im Jahr 2018 summierte sich der FDI-Bestand der Niederlande in Deutschland auf 113,5 Mrd. Euro, derjenige in Hessen auf 28,1 Mrd. Euro, womit beide Werte klar höher liegen als noch im Jahr 2014 (93,6 Mrd. Euro bzw. 18,7 Mrd. Euro). Für Hessen kommt dies einem Anteil an allen ausländischen Direktinvestitionen in Hessen zum Jahresende 2018 von 26,9 % gleich, womit die Niederlande – noch vor den USA – der wichtigste Investor in Hessen sind. Aus diesen Angaben über die Niederlande als Kapitalgeberland geht jedoch nicht hervor, ob an einem in den Niederlanden ansässigen Unternehmen, das eine Beteiligung an einem hessischen Unternehmen hält, wiederum ein Unternehmen eines anderen Staates beteiligt ist. Die Rückverfolgung dieser zum Teil außerordentlich komplexen Beteiligungs- pfade bis zur Konzernspitze führt zur Gliederung der FDI nach den Sitzländern der Kon- zernspitzen. Diese ergänzenden Angaben zeigen – und dies ist das zweite Charakteris- tikum der Niederlande – dass der überwiegende Teil der Direktinvestitionen der Nieder- lande in Deutschland bzw. in Hessen dem Ursprung nach gar nicht aus den Niederlanden, sondern aus anderen Staaten stammt – u. a. aus den Vereinigten Staaten, die in den Niederlanden Europazentralen haben. 34,2 Mrd. Euro der ausländischen Direktinvestiti- onen in Deutschland zum Jahresende 2018 sind nach dieser alternativen Darstellung der FDI direkt den Niederlanden zuzuordnen, für Hessen beträgt der Wert 9,2 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Anteil am gesamten ausländischen Direktinvestitionsbestand in Hessen von 8,8 % – und dem dritten Rang für die Niederlande hinter den USA (28,5 %) und Frankreich (11,4 %). FDI-Branchenstruktur Die hessischen Direktinvestitionen weltweit sind durch den Finanzsektor geprägt, d. h. dem Finanzplatz Frankfurt kommt die wesentliche Rolle zu. So entfallen über drei Viertel bzw. 174,3 Mrd. Euro des gesamten hessischen Direktinvestitionsbestands in Höhe von 224,3 Mrd. Euro zum Jahresende 2018 auf den Bereich der Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, während etwa das hessische Verarbeitende Gewerbe für nur 15,4 Mrd. Euro verantwortlich zeichnet (vgl. Tabelle 5). Auch auf Bundesebene spielt der Finanzsektor als Investor eine sehr wichtige Rolle – dessen Anteil fällt mit rund der Hälfte aller deutschen Direktinvestitionen allerdings klar geringer als in Hessen aus. Im Gegenzug wird gut knapp ein Viertel der aktiven Direktinvestitionen Deutschlands der Industrie zugeordnet. 25
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