WISSEN KOMPAKT 2022/23 - MES MANUFACTURING EXECUTION SYSTEMS - IT&Production
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Titelseite_MES Wissen kompakt_2022_WK 23.03.2022 10:02 Seite 1 www.it-production.com Ausgabe 2022/23 Das Indus trie 4. Maga 0 zin WISSEN KOMPAKT 2022/23 MES MANUFACTURING EXECUTION SYSTEMS - MES/MOM-Implementierung - Multisite-Rollout - Maschinenintegration und IIoT - Digitales Produktionsmanagement - Prozessoptimierung und KPI - Künstliche Intelligenz - Low-Code-Tools - Automation und Workflows IN KOOPERATION MIT:
www.gfos.com/mes INDUSTRIE 4.0 IHR SOFTWARE-PARTNER FÜR DIE INDUSTRIE Sind Sie bereit für Industrie 4.0? GFOS bietet das MES zur smarten Steuerung Ihrer Produktion. Der persönliche Austausch ist uns wichtig. gfos.com/ GFOS Messetermine gfos/events
003_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 23.03.2022 09:47 Seite 3 Editorial Bringt Interoperabilität die MES-Praktiker zusammen? Tschüss Wagenburgmentalität V ergleichen Sie im Kopf einmal das BASF-Werk Lud- wigshafen mit der Fertigung eines Maschinenbau- ers. Ähnlich verschieden wirken dort installierte Manu- facturing Execution Systems. Aus diesen Perspektiven heraus haben die MES-Anwender ein teils sehr spezi - fisches Verständnis für diese Software-Gattung MES entwickelt. Zumal es viele weitere Ausprägungen gibt, etwa die ausgefeilten Eigenentwicklungen der Auto- bauer. Um die Unterschiede zwischen den MES-Varian- ten im Detail zu verstehen und gar zu erklären, ist teils interdisziplinäres Fachwissen erforderlich. Einige An - gestellte von MES-Anbietern könnten das zwar tun, ar- gumentieren aber eher im Interesse ihrer Arbeitgeber. Ein offener Austausch über Probleme und ihre mögli- chen Lösungen ist nur im speziellen Umfeld möglich. Im MES-Markt entstand zuweilen der Eindruck, dass eher die Verteidigung von Pfründen als die Suche nach zu- kunftsfähigen Lösungen gefragt war (Anwesende natür- lich ausgenommen). Im extrem erklärungsbedürftigen In Krisen fokussieren Firmen traditionell stärker auf interne Softwaresegment Fabriksoftware haben dann Produkti- Konsolidierung und Optimierung. Tatsächlich sind viele onsunternehmen ohne klare Technologiestrategie als Hersteller derzeit mit MES-Rollouts, -Modernisierungen Leitplanke für Entscheider schnell das Nachsehen. und punktuellen Projekten (oft mit KI) beschäftigt. Daran ist dieses Heft orientiert: Mit Berichten zur Remote- Heute sieht es zum Glück anders aus. Im MES/MOM- Implementierung, zur Gestaltung von MES-Templates, Markt ist sichtlich erfolgskritisch, eigene Angebote für zu den Vorarbeiten für KI-Applikationen und nicht zuletzt die Integration anderer Spezialsysteme zu öffnen. Inter- zur Integration von Kennzahlensystemen, um Maßnah- operabilität ist die Klammer, die sich um die vielen For- men auch korrekt zu bewerten. Wenn viele dieser Auf- schungs-, Praxis- und Transferprojekte schließt. Aus Zä- gaben wirklich technologieoffen gelöst werden, rücken suren wie dem Industrie 4.0-Hype und der Pandemie ist die Praktiker der MES-Domänen vielleicht etwas näher eine Fertigungsindustrie erwachsen, in der Fabriksoft- zusammen, wenn die Problemstellungen der Zukunft zu ware als Spiegel einer volatilen Produktion gesetzt ist. lösen sind. Denn Kooperation ist – mit interoperabler Wie zählt mehr als Ob: Braucht das Werk die Fein- Technik – schließlich der Kern von Industrie 4.0. planung? Soll die Eintaktung als Cloud-Modul getestet werden? Wie könnte der Maschinenbauer das Traceabi- Eine kooperative Lektüre wünscht Ihnen lity-Best Practise aus der Halbleiterbranche umsetzen? Solche Fragen technologieoffen und dabei realistisch diskutieren zu können, ist gerade für Firmen aus dem (echten) Mittelstand eine Bereicherung. Digital reifere Konzerne hingegen setzen so Projekte um, die früher Patrick Prather, Redaktionsleiter mangels Priorität hinten heruntergefallen wären. pprather@it-production.com 3
004_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 10:50 Seite 4 Inhalt Chancen und Risiken einer MES-Implementierung Herausforderung Systemintegration S.6 S.10 Verstehen statt raten Fallstricke und Chancen der Fernimplementierung S.10 Was ist ein MES? Bild: ©Cavan/stock.adobe.com Manufacturing Execution Systeme S.12 Kommunikation verbessern, Anforderungen spezifizieren Produktionsprozesse modellieren mit BPMN und Co. S.14 Module für IIoT, MES und MOM kombinieren MES-Projekte lassen sich aus der Ferne realisie- Composable IT für die Fabrik S.16 ren, wenn alle Beteiligten neue Regeln befolgen. Viele gewonnenen Erkenntnisse für MES-Imple- Tipps für digitales Produktionsmanagement mentierungen dürften die Pandemie überdauern. MES-Funktionalitäten im Fokus S.20 Multisite-Rollout von MES/MOM-Lösungen Wie Großunternehmen MES-Templates entwickeln S.22 Alles im grünen Bereich Regler KI-gestützt parametrieren S.26 S.22 Cloud-Software zur Einplanung Vertikale Integration in der Praxis S.28 Kein Erfolg ohne Akzeptanz Bild: ©Andreas Holz/ATS-Global Werksnahes Change Management S.30 KI-gestützt zu mehr Übersicht Künstliche Intelligenz bei der Prozessoptimierung S.48 Maschinenanbindung vom MES entkoppeln Halbleiterindustrie als digitales Vorbild S.50 Klare Zielvorgaben, offene Kommunikation und ein Exzellenzzentrum helfen Multi-Site-Betreibern, Performance-Tacho für die Produktion Kennzahlen zur Prozessoptimierung einführen S.52 instanziierbare MOM-Templates zu entwickeln, die individuelle Anforderungen berücksichtigen. Individualität als Standard Workflow-basiertes MES S.54 In Eigenregie zum MES Produktionsnahe Low-Code-Ansätze S.55 S.52 Manufacturing Execution Systems passgenau erweitern Anwendungen aus der Rechenwolke S.56 Software passend vorkonfiguriert MES für Bordnetzhersteller S.58 SPS-Programm auf Knopfdruck umstellen Montagelinien im MES abbilden S.60 Bild: Heller Feiner planen mit APS MES-Funktionen für Zerspaner S.61 Änderungen an der Fertigungsorganisation lassen Reale Daten statt Excel-Listen sich genau bewerten, wenn Hersteller passende Digitale Werkzeugverwaltung S.62 Kennzahlen korrekt erfassen. Methoden und Tipps zur Implementierung solcher Systeme. Konnektivität per Raspberry Pi Connected Factory Exchange S.64 4 MES Wissen Kompakt
005_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 10:50 Seite 5 Anbieter und Produkte S.32 GFOS mbH S.2 FELTEN GmbH S.9 Bild: AutomationX GmbH HIR Hoff Industrie Rationalisierung GmbH S.19 AutomationX GmbH S.32 AutomationX GmbH COSMINO AG S.33 GFOS mbH S.34 IGH Infotec AG S.35 IGZ Ingenieurgesellschaft für S.41 logistische Informationssysteme GmbH S.36 Bild: Rockwell Automation GmbH Industrie Informatik GmbH S.37 iTAC Software AG S.38 MES D.A.CH Verband e.V. S.39 Rockwell Automation GmbH PSI Automotive & Industry GmbH S.40 Rockwell Automation GmbH/Rockwell International GmbH S.41 SpiraTec AG S.42 SYNCOS GmbH S.43 S.46 T.CON GmbH & Co. KG S.44 Bild: ©zapp2photo/Fotolia.com Trebing & Himstedt Prozeßautomation GmbH & Co. KG S.45 znt Zentren für Neue Technologien GmbH S.46 znt Zentren für Neue Technologien GmbH 5
006_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:28 Seite 6 MES-Rollout Herausforderung Systemintegration Chancen und Risiken einer MES-Implementierung Bild: ©Nataliya Hora/stock.adobe.com Ab einer gewissen Komplexität kommen Hersteller immer seltener ohne den Betrieb eines Manufacturing Execution Systems aus. Zumal viele Anwender von einem ROI in den ersten sechs Monaten berichten – durch höhere Produktionsraten, kürzer Berichtszeit- räume und weniger Maschinen- und Personalausfälle. P roduzierende Unternehmen liefern immer häufiger maßgeschneiderte Produkte bei sinkenden Losgrö- ßen – und steigendem Aufwand für Umrüstungen. Die am Shop Floor an der richtigen Stelle und in der richtigen Form abzugreifen und anschließend so aufzubereiten, dass sie als Entscheidungsgrundlage dienen können. An- regulatorischen Anforderungen steigen und damit der dererseits müssen der Produktion Daten sowohl bottom- Druck, kosteneffizient und nachhaltig zu produzieren. up als auch top-down in der richtigen Qualität und zum Weiter haben die Krisen der vergangenen Jahre die Be- richtigen Zeitpunkt zur Verfügung gestellt werden. Das deutung verdeutlicht, komplexe und schwankende Pro- MES ist das zentrale Verbindungselement zwischen den duktionsnetzwerke steuern zu können. Manufacturing vorgelagerten Systemen des Enterprise Resource Plan- Execution Systems (MES) dürften in ihren verschiede- ning (ERP) und des Product Lifecycle Management (PLM) nen Ausprägungen daher in Zukunft einen unverzichtba- sowie der nachgelagerten werkseitigen Software, die zur ren Bestandteil der vernetzen Produktion darstellen. Steuerung der Produktion dient. Damit wird das MES zum Kernelement einer effizienten vernetzten Produktion. Datenflüsse sind entscheidend Effekte eines MES In der vernetzten Produktion fallen große Datenmengen an, die es zu erfassen und zum strategischen Vorteil zu Ein MES liefert Daten meist in Echtzeit und isoliert wich- nutzen gilt. Dazu gehört es einerseits, die kritischen Daten tige Informationen. Dadurch verschaffen diese Systeme 6 MES Wissen Kompakt
007_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:28 Seite 7 Das MES an der Schnittstelle zwi- Bild: KPMG in Deutschland, 2022 schen PLM und ERP sowie der Software-Ebene des Shop Floors den Verantwortliche Transparenz über das Werksgesche- schiedenen Strategien vor: Big Bang, Phased Introduc- hen und ermöglichen ihnen eine Steuerung und Optimie- tion und Parallel Systems. Die drei Methoden unterschei- rung der Produktion insgesamt sowie von einzelnen Pro- den sich hinsichtlich ihres Risikos, Zeitaufwands und der zessen. Ergänzend können einige MES durch den Einsatz damit verbundenen Kosten. von Machine-Learning-Algorithmen auch Muster erken- nen, die auf Maschinenstillstände hinweisen, noch bevor Kein Projekt ohne Risiko diese tatsächlich eintreten. Dieser Ansatz heißt meistens Predictive Maintenance und wird oft als Impulsgeber für Da ein flächendeckendes IT-Netzwerk in der Produktion den Weg zur Industrie 4.0 verstanden. eine der Grundvoraussetzungen für ein MES darstellt, fal- len unzureichende Netzwerkinfrastrukturen bei der Sys- Aufwand und Kosten temeinführung schnell auf. Besonders WLAN-Netzwerke einer Einführung sind häufig nicht schnell genug, um den Anforderungen eines MES gerecht zu werden. Weitere Hürden stellen in Ein MES sollte der Agilität einer modernen Fertigung ge- den Implementierungen regelmäßig die individuellen wachsen sein und sie nicht etwa durch starre Strukturen Schnittstellen dar, die für jedes Modul benötigt werden. ausbremsen. Gerade für mittelständische Unternehmen Neben den technischen Risiken legen MES-Einführungen stehen dafür hardware-agnostische und skalierbare immer wieder ein mangelndes Prozessverständnis Cloud-Edge-Lösungen bereit, die sich individuell an die offen. Abteilungen, Arbeitsabläufe und Softwaremodule Anforderungen anpassen lassen. Viele Systeme unter- greifen heute so ineinander, dass zuständige Projektlei- stützen Anwender auch dabei, verschiedene Werke mit- ter unbedingt ein weitreichendes Verständnis über den einander zu verbinden. Je nach Komplexität dauert die Ablauf der Produktionsprozesse mitbringen sollten. Da- Einführung eines MES zwischen 12 und 18 Monaten. In rüber hinaus stellen fehlende Abstimmungen mit dem der Regel sind die Kosten dabei abhängig vom Umfang Betriebsrat und unrealistische Erwartungshaltungen der der Funktionen, der Anzahl der Benutzerinnen und Be- verschiedenen Hierarchie-Ebenen einer Firma oft unter- nutzer, der Komplexität der Einbindung in die beste- schätzte Risiken einer MES-Implementierung dar. hende Systemlandschaft, den individuellen Systeman- passungen und der Anzahl an integrierten Maschinen Zu erzielende Effekte und Anlagen. Die gewählte MES-Einführungsstrategie kann sich ebenfalls auf die Kosten auswirken. Grund- Hersteller nehmen die Risiken eines Rollouts auf sich, sätzlich gehen die MES-Systemintegratoren in drei ver- weil der MES-Betrieb messbare Vorteile verspricht. 7
008_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:28 Seite 8 MES-Rollout Bild: KPMG in Deutschland, 2022 Drei unterschiedliche Strategien bei der Einführung von MES Neben einer effektiveren Anlagenauslastung kann ein MES • 20 Prozent höhere Qualität durch lückenlosere Über- vor allem eine verbesserte Qualitätsverwaltung und -kon- wachung der Wertschöpfung, trolle ermöglichen. Die Systeme können die Wertschöp- • um zehn Prozent reduzierte Herstellungskosten durch fung durch gesteigerte Maschineneffizienz wesentlich er- Transparenz in den verschiedenen Bereichen, höhen, indem sie dazu beitragen, von den Rohstoffen bis • eine um 80 Prozent beschleunigte Entscheidungszeit zu den Fertigerzeugnissen Fehler im Produktionsprozess der Verantwortlichen durch die Verfügbarkeit von In- zu vermeiden. Gleichzeitig wird durch die geschaffene formationen. Transparenz, die automatische Dokumentation und die gesicherte Rückverfolgbarkeit die Einhaltung gesetzlicher Ein Bericht der Manufacturing Enterprise Solutions As- Vorschriften vereinfacht. MES tragen dazu bei, das Risiko sociation (MESA) ergab, dass Anwender von MES-Soft- von Rückrufaktionen und Auseinandersetzungen mit Auf- ware Verbesserungen bei den Gesamtkosten pro Einheit sichtsbehörden bezüglich Produktqualität und -mängeln um 22,5 Prozent und bei der Nettogewinnspanne um zu verringern. Zudem stehen – meist über Dashboards – 19,4 Prozent verzeichnen konnten. Aber auch langjährige viele wichtige Informationen zur Produktion in Echtzeit zur Anwender befassen sich weiter mit ihrer IT-Infrastruktur: Verfügung, anhand derer sich Probleme früh erkennen Innerhalb der nächsten zwei Jahre müssen nach Auffas- und möglchst ausräumen lassen. Die Wirtschaftsprü- sung von KPMG rund die Hälfte der bestehenden MES fungsgesellschaft KPMG rechnen, dass Unternehmen ausgetauscht werden, weil die Kompatibilität mit neue- durch die Umstellung auf ein MES mit folgenden Ergebnis- ren Maschinen mit höherem Automatisierungsgrad in sen rechnen können: absehbarer Zeit nicht mehr gegeben ist. Gerade die Mo- • 15 Prozent höhere Gesamtanlageneffektivität durch dernisierung der MES-Ebene wird also auf Sicht eine kontinuierliche Verbesserung, wichtige Unternehmensaufgabe darstellen. ■ • 30 Prozent höhere Verfügbarkeit durch erweiterte Steuerungsmöglichkeiten, kpmg.de/supply-chain-transformation Autor Kaveh Taghizadeh ist Partner, Consulting, Value Chain Transformation bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. 8 MES Wissen Kompakt
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010_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:26 Seite 10 Systemintegration Fallstricke und Chancen der Fernimplementierung Verstehen statt raten Bild: ©Cavan/stock.adobe.com Lassen sich MES-Projekte aus der Ferne rea- demiebedingt ins Internet verlegt, neben der System- lisieren? Ja, wenn die Herausforderungen umsetzung und -installation. bekannt sind und alle Beteiligten sie aus ihrer Sicht adressieren. Auch nach der Pandemie Austausch ohne Anschauen dürften die gewonnenen Erkenntnisse zu veränderten IT-Implementierungen führen. Die Herausforderung liegt in der Kommunikation. Sie funk- D urch die Einschränkung persönlicher Kontakte grei- fen Unternehmen auf digitale Tools zurück, um mit Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern zu kom- tioniert online anders als im persönlichen Gespräch. Die non-verbale Kommunikation fällt schwer bis aus, wenn etwa eine Videoverbindung abbricht. Es dauert länger, munizieren. Wie gelingt es aber, ein Manufacturing Exe- seine Gegenüber einzuschätzen und zu verstehen, was sie cution System (MES) einzuführen, wenn zwischen den meinen. Es entsteht ein Freiraum für Interpretationen. Die- Partnern nur digitale Kommunikation möglich ist und sen Freiraum gilt es stetig zu schließen, um eine für beide die Remote-Einführung quasi erzwungen wird? Auch Seiten adäquate Lösung zu finden. vor der Pandemie wurde kaum ein MES vollständig off- line eingeführt. So ist die Nutzung einer Private Cloud Bedeutung der Dokumentation zum Austausch von Unternehmensdaten sowie die On- linevergabe von Zugangsberechtigungen und -Zugriffs- Um diesen Interpretationsspielraum zu reduzieren, rechten gang und gäbe. Präsentationen und Workshops kommt der Dokumentation eine gestiegene Bedeutung zur Dokumentation der Anforderungen wurden hinge- zu. Im Anforderungsprofil werden über mehrere Work- gen eher onsite durchgeführt, die Einführungsbetreuung shops hinweg die Einzelheiten etwa zur Maschinenanbin- und Schulungen ebenfalls. Diese Arbeiten wurden pan- dung und Fertigungssteuerung, zur Planung, zum Repor- 10 MES Wissen Kompakt
011_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:26 Seite 11 ting, zur ERP-Schnittstelle oder zur Rückverfolgbarkeit deutlich, wenn der MES-Anwender erste Maschinen an- (Traceability) festgehalten und in einem Lastenheft zu- schließt und die dokumentierte Logik in die Praxis umset- sammengetragen. Der MES-Anbieter konfiguriert darauf- zen muss. Normalerweise stünde ein IT-Systemtechniker hin ein System und bespricht mit dem Anwender die des MES-Anbieters zur Seite, remote nicht. Stattdessen Funktionalitäten und Workflows. Die Ergebnisse fließen überprüft der Techniker online die Offline-Arbeitsschritte ins Pflichtenheft. Um wenig Spielraum für Interpretatio- des Anwenders. Auch das dauert länger. Der größere Zeit- nen zu lassen, wird eine möglichst detaillierte Dokumen- aufwand in den Projektphasen einer Remote-MES-Einfüh- tation angestrebt. Sie stößt jedoch zwangsläufig an Gren- rung schlägt sich einerseits in steigenden Kosten nieder. zen, denn nicht alles kann oder soll dokumentiert werden. Benötigten Firmen für die Einführung in der Vergangenheit Darüber hinaus müssen Online-Workshops zeitlich kürzer bis zu einem Jahr, muss bei einer Remote-Einführung mit gehalten werden. Länger als vier Stunden pro Tag sollten einem zusätzlichen Aufwand von bis zu drei Monaten ge- sie nicht dauern. Außerdem fallen informelle Gespräche rechnet werden – abhängig von der Komplexität des Sys- unter den Teilnehmern weg, etwa in Pausen. Abgesehen tems. Andererseits entfallen Reisetage und -kosten. Die vom Small Talk, der auch dazu dient, sich besser kennen- Projektmitarbeiter sind produktiver, da sie ihre Zeit effizien- zulernen, wird der informelle persönliche Austausch vor ter nutzen. Es gilt also abzuwägen, wie hoch der Remote- allem dazu genutzt, Verständnisfragen zu stellen oder Anteil bei einer MES-Einführung sein kann – getreu dem spezifische Themen anzusprechen, die wiederum für ein Motto: so viel online wie möglich, so viel offline wie nötig. besseres gegenseitiges Verständnis sorgen. Dieses Ver- ständnis muss sich innerhalb der Workshops ausprägen. Mix aus on- und offline Die Folge: Der Zeitaufwand für die Dokumentation steigt. Trotz der geschilderten Unwägbarkeiten einer MES-Instal- Sprachliche Barrieren lation aus der Ferne scheint eine Rückkehr zu den ur- sprünglichen Methoden unwahrscheinlich. In Zukunft Zusammen mit dem MES-Anwender werden im nächsten dürfte sich ein Mix aus Remote- und Onsite-Elementen Schritt aufeinander aufbauende Arbeitspakete für eine suk- als Standard etablieren. Remote-Arbeitsschritte gehen bei zessive Systemeinführung entwickelt. Der Unterschied bei der Systemeinführung einer MES-Software umso schnel- einer Remote-Einführung wird insbesondere durch sprach- ler von der Hand, je tiefgreifender in der Akquisephase liche Barrieren deutlich. Natürlich ist eine Kommunikation des Projekts ein gegenseitiges Verständnis entsteht. Mit auf Englisch möglich, aber remote fehlt die Option, seinem der Zeit wird der Remote-Anteil weiter ansteigen, zumal Gegenüber zu zeigen, was man meint. Anstatt einen Ar- die Digitalisierung in der Kommunikation gerade durch die beitsprozess an einer Maschine zu verdeutlichen, muss er Pandemie einen Schub erfahren hat. Technische Innova- online erklärt werden. Selbst wenn beide Seiten exzellent tionen wie Augmented Reality werden diese Entwicklung Englisch sprechen und verstehen können, braucht es on- weiter beschleunigen, was das Verhältnis zwischen ge- line seine Zeit, bis eine gemeinsame Sprache gefunden stiegenem Zeitaufwands und effizienterer Arbeitszeitnut- wird, denn hier kommunizieren Spezialisten unterschiedli- zung weiter ins Plus verschieben dürfte. ■ cher Domänen miteinander. Diese Barriere wird insbeson- dere bei der gemeinsamen Hardware-Inbetriebnahme www.gbo-datacomp.de Autor Michael Möller ist geschäftsführender Gesellschafter der GBO Datacomp GmbH. 11
012_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:27 Seite 12 Fabriksoftware Manufacturing Execution Systems Was leistet das MES? Dass Manufacturing Execution Systeme (MES) einen großen Beitrag zur mehr Transparenz leisten können, ist vielen Unternehmen sicher bekannt. Doch was genau macht ein MES und was unterschiedet es von anderen Systemen? Das erläutert der folgende Beitrag. Bild: ©BigBlueStudio/stock.adobe.com Welche Aufgaben übernimmt P roduktionsanlagen werden immer komplexer. Vor die- sem Hintergrund müssen auch die Abläufe innerhalb der Anlagen optimiert werden – ein Umstand, der durch ein MES? übergreifende Systeme adressiert werden kann. Durch Um zu verstehen, welche Aufgabe ein MES übernimmt, diese lässt sich die Produktivität von Anlagen leiten und muss zunächst die übergeordnete Firmenstruktur be- ein Überblick über komplexe Abläufe behalten. Diese Auf- trachtet werden. In Produktionsprozessen werden Roh- gabe übernimmt das Manufacturing Execution System stoffe und Ausgangsmaterialien genutzt, um Aufträge zu (kurz MES). Es bildet die zentrale Anlaufstelle, um detail- bearbeiten und Produkte bereitzustellen. Eine Keksfabrik lierte Informationen aus der Fertigung zu erhalten. Seine bekommt so etwa Rohstoffe wie Mehl, pflanzliche Fette Aufgaben sind eng verknüpft mit der Rolle des Enterprise oder Zucker geliefert, die innerhalb des ERP-Systems Ressource Planning (kurz ERP) und es ist ebenso relevant oder im MES gespeichert werden. Gleichzeitig gehen im für eine produktive Auslastung der Anlagenkapazitäten ERP-System auch die Bestellungen für das gewünschte wie für die weitreichende Planung effektiver Ressourcen- Produkt ein – in diesem Beispiel fertig verpackte Kekse. nutzung und die Erfüllung von Aufträgen. Um die Aufträge zu bearbeiten, überprüft das ERP-Sys- 12 MES Wissen Kompakt
013_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:27 Seite 13 tem die verfügbaren Rohstoffe und leitet Produktionsauf- Und ohne MES? träge an das MES weiter. Die Aufträge gehen dabei be- reits heruntergebrochen auf einzelne Chargen – etwa für Wäre im Beispiel der Keksfabrik kein MES vorhanden, den Export in unterschiedliche Absatzmärkte, verbunden würde sich für die Mitarbeiter in der Produktion eine un- mit unterschiedlichen Verpackungen – im MES ein. Das übersichtliche und aufwendige Situation ergeben. Die System leitet dann in Abhängigkeit der Bereiche (Mixen, Aufträge aus dem ERP-System und die über das Scada- Öfen, Verpacken), je nach Verfügbarkeit der einzelnen Ma- System generierten Rezepte und Abläufe würden dann schinen, die Produktion der Kekse ein. Das MES über- möglicherweise schriftlich in der Produktion ankommen blickt alle Teile der Anlage und kann daher auch die Ver- und dementsprechend abgearbeitet werden. Noch vor fügbarkeit der einzelnen Geräte planen. Stehen beispiels- Arbeitsbeginn am Mixer müssten die Beschäftigten weise zur Teigherstellung verschiedene Mixer zur Verfü- Rohstoff-Batches in einem Ordner vermerken und no- gung, kann das MES je nach Auftragslage entscheiden, tieren, in welchem Mixer der Verarbeitungsprozess welche Mixer für welche Aufträge in Frage kommen. stattgefunden hat. Die Aufzeichnungen müssten auch für alle weiteren Produktionsprozesse stattfinden, die Höherer Detailgrad zugleich mit etwaigen Abfällen und Reworks zu ergän- zen wären. Der Nutzen eines MES verdeutlicht sich Als Schaltzentrale steht das MES an manchen Stellen in auch, wenn ein Zulieferer beispielsweise eine Lieferung, Konkurrenz zum ERP-System. Insbesondere hinsichtlich im Beispiel der Keksfabrik etwa Salz, reklamieren würde. der Ausgangsmaterialien und der Rohstoffe können die Die Beschäftigten müssten in diesem Fall händisch verfügbaren Materialien in beiden Systemen vermerkt nachvollziehen, welche der produzierten Kekse mit dem werden. Allerdings ist der Detailgrad beim MES höher. Ein Salz hergestellt wurden. Mit einem Manufacturing Exe- ERP-System wird als übergeordnetes System zur Res- cution System würde dieser Prozess nur wenige Minu- sourcenplanung eingesetzt und findet seinen Einsatz vor- ten in Anspruch nehmen. rangig im E-Commerce-, Human Ressources- und Doku- mentenmanagement. Das MES hingegen ist auf die Be- Was noch kommt dürfnisse der Produktion zugeschnitten. Daraus ergeben sich Vorteile, wenn Informationen aus der Produktion im Als metaphorisches Gehirn digitalisiert ein MES die Pro- MES verarbeitet werden sollen. So können Rohstoffe be- zessabläufe in der Produktion und stellt Informationen reits bei der Lieferung im MES verbucht werden, um pro- bereit. Weiter gedacht, ermöglicht das etwa Augmented duktionsrelevante Schritte zu berücksichtigen. Auch ein- reality (AR)-Anwendungen zum Austausch und zur In- zelne Batches lassen sich zurückverfolgen. Des Weiteren standhaltung von Teilen der Anlage. Zudem werden Ma- sammelt die Software Produktionsdaten und gibt diese nufacturing Execution Systems in Zukunft durch den weiter. Hier ist wiederum ein enger Datenaustausch zwi- Einsatz von Algorithmen intelligenter, wodurch Produk- schen MES, ERP und der Prozessleitebene (z.B. Supervi- tionsprozesse weiter optimiert werden können. ■ sory Control and Data Acquisition, Scada) entscheidend. Die gesammelten Daten helfen dabei, die Produktion zu optimieren und die künftige Planung zu verbessern. www.rockwellautomation.com Autor Uwe Küppers ist Manager Consulting Services bei Kalypso: A Rockwell Automation Company. 13
014_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 10:48 Seite 14 Projektierung Produktionsprozesse modellieren mit BPMN und Co. Kommunikation verbessern, Anforderungen spezifizieren Bei MES-Projekten müssen Fachleute vieler Domänen eng zusammenarbeiten, um zu einer stimmigen Lösung zu gelangen. In grafischen Modellierungssprachen visualisierte Produkti- onsprozesse helfen, den Beteiligten ein besseres Projektverständnis zu vermitteln. PROZESSMODELLIERUNG Zu modellierende Iniale Änderungen Brainstorming zu Prozesse Prozessmodelle implemeneren Prozessschrien idenfizieren erstellen und beobachten Bild: ©photollurg/stock.adobe.com 1 2 3 4 5 6 7 Setup-Phase Ist-Prozesse Soll-Prozesse SME idenfizieren Diskueren und Modelle prüfen und und Team Hinterfragen der Improvement Areas zusammenstellen Prozessschrie definieren Bild: SpiraTec AG Prozessmodellierung M anufacturing Execution Systems bilden Brücken zwischen den am Produktionsprozess beteiligten Unternehmensbereichen. Bei einer MES-Einführung ist sprachen wie Unified Modelling Language (UML) und Business Process Model and Notation (BPMN) bieten sich für solche Aufgaben an. Vor allem im deutsch- daher eine multidisziplinäre Betrachtung ebenso wich- sprachigen Raum werden dafür auch Ereignisgesteu- tig, wie die übergreifende Einbindung der Mitarbeiterin- erte Prozessketten (EPK) verwendet. Als Software zur nen und Mitarbeiter. Das macht es jedoch oft schwie- Modellierung gibt es neben kostenpflichtigen Produk- rig, über die verschiedenen Anwendungsbereiche hin- ten wie Microsoft Visio, dem Signavio Process Mana- weg eine gemeinsame Sprache zu finden. Dabei helfen ger oder Visual Paradigm auch günstige Alternativen. grafische, workflowbasierte Modellierungssprachen, Sogar sehr gute Open-Source-Produkte sind am Markt mit denen sich produktionsnahe Prozesse beschreiben verfügbar, die sich zudem selbst im gewerblichen Um- und dokumentieren lassen. Gängige Modellierungs- feld kostenfrei nutzen lassen. 14 MES Wissen Kompakt
015_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 10:48 Seite 15 Prozesse passend abbilden das MES-Projekt zugleich zum Change-Projekt und erfor- dert umso mehr, die am Produktionsprozess beteiligten Mit den Modellierungswerkzeugen lassen sich selbst Personen einzubinden. Solche Optimierungen an Ge- komplexe Prozesse passend für die jeweiligen Adressa- schäftsprozesse folgen meist keinem Standardprozess, ten abbilden. MES-Planer erhalten so eine Übersicht weswegen MES-Projekte oft gute Gelegenheiten für sol- über die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen che Aufgaben darstellen. Neben der Transparenz in frü- Software-Systemen und Mitarbeiterrollen. Die Domänen- hen Planungsphasen ist die rechtzeitige Definition von experten für die einzelnen Produktionsbereiche können späteren Process Ownern, also den Prozessverantwort- darauf aufbauend hingegen ihre Einzelprozesse mit den lichen, zweckmäßig. Diese sollten den Einführungspro- für sie relevanten Schwerpunkten beschreiben. Die Spe- zess unterstützen, indem sie: zialisten beeinflussen außerdem die Detailtiefe der Mo- dellierung. Zusammengenommen bildet das eine Grund- • die Ist-Prozesse formal beschreiben, lage für das Anforderungsmanagement eines MES-Pro- • die Sollprozesse definieren, gegebenenfalls in Varianten, jektes. Gleichzeitig unterstützen grafische Werkzeuge • Lastenheftvorgaben formulieren, auch agilere Projektierungen, indem sie nachträgliche • die folgenden Pflichtenheftspezifikationen mit den Änderungen an Prozessen vereinfachen. In Ausschrei- Herstellern begleiten, bungsverfahren und bei der Systemauswahl sind Pro- • die Integrationstests und Abnahmen ihrer Prozesse zessmodellierungen ebenfalls nützlich für den Produ- entwerfen und vorbereiten. zenten. Unterstützend zur schriftlichen Spezifikation hel- fen grafische Prozessbeschreibungen dabei, unterneh- Da im Lebenszyklus einer MES-Lösung Prozesse wie- mensfremden Personen ein Verständnis der internen derholt anzupassen und zu verändern sind, gilt es früh Abläufe und Anforderungen zu vermitteln. Hat der ange- Verantwortlichkeiten zu verteilen. Diese Process- dachte MES-Lieferant die Standardprozesse seiner An- Owner-Rolle bleibt nach Projektende erhalten. wendung ebenfalls grafisch beschrieben, lassen sich Anforderungen und Standardsystem schnell auf ihre De- Kommunikation verbessern ckungsgleichheit untersuchen. Aber auch nach der Sys- temeinführung können sich die Modellierungen als nütz- In der Praxis hat sich die Prozessmodellierung vielfach als lich erweisen, etwa bei den Schulungen der Mitarbeiter nützliches Werkzeug erwiesen, die Projektkommunikation oder als Prüfungsgrundlage für KVP-Maßnahmen. zu verbessern und Anforderungen zu spezifizieren. Das senkt die Risiken eines Projektes und hilft bei seiner Ab- In Schritte unterteilen wicklung. Um zu guten Modellierungsergebnissen zu ge- langen, sollten die Verantwortlichen aber auf jeden Fall die Die Modellierung der Prozesse selbst lässt sich in ein- Domänenspezialisten hinzuziehen. So können produzie- zelne Schritte unterteilen. Zunächst werden die Ist-Pro- rende Unternehmen auch langfristig von einer guten Pro- zesse im Betrieb dokumentiert. Auf dieser Basis können zessdokumentation profitieren. ■ die Projektbeteiligten die MES-gestützten Soll-Prozesse entwickeln. Fällt hier größerer Änderungsbedarf auf, wird www.spiratec.com Autoren Nicolas Teska (l.) ist Team and Account Manager Industrial IT Solutions und Frederik Dietrich (r.) ist Projektmanager bei der SpiraTec AG. 15
016_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:40 Seite 16 Industrial Internet of Things Bild: ©Gorodenkoff/stock.adobe.com Module für IIoT, MES und MOM kombinieren Composable IT für die Fabrik Um gesteckte Ziele etwa in Sachen Effizienz, stärke, um flexibel auf Neuerungen in Kunden- und Nachhaltigkeit und Innovationsfähigkeit zu er- Technologiemärkten reagieren zu können. reichen, vernetzen Hersteller zunehmend ihre Produktionen. Das Prinzip der Composability Für alle drei Ziele bietet das industrielle Internet der Dinge soll Firmen dabei helfen, in ihren modularen (IIoT) einen Werkzeugkasten digitaler Technologien, IT-Architekturen das Beste aus MES/MOM, dessen Komplexität mit dem Umfang wächst. Um den IoT und IIoT zu kombinieren. Überblick zu behalten, sollte am Anfang eine Strategie stehen, die auch Technologien und Roadmap benennt. U m wettbewerbsfähig zu bleiben, verfolgen Unterneh- men aktuell drei große Ziele in der Produktion. Composability • An erster Stelle steht höhere Effizienz, um Profitabilität Das Analystenhaus Gartner schlägt als Rahmen für sol- und Wertschöpfung zu sichern, che Initiativen das Management-Konzept der Composa- • immer wichtiger wird zweitens das Thema Nachhaltig- bility vor. ‘Composable Business’ erfordert nach Gartner keit und CO2-Reduktion, um klimafreundlich zu produ- insbesondere drei Bausteine: zieren und politische Vorgaben einzuhalten, • Ein Denken in den Prinzipien von Modularität, Autono- • drittens trainieren Unternehmen ihre Innovations- mie, Orchestrierung und Entdeckergeist, 16 MES Wissen Kompakt
017_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:40 Seite 17 nen, müssen Anwender auf eine Reihe von Kriterien für ihr Technologiegerüst und das gewünschte Deploy- ment-Szenario achten. Zentrale Elemente einer kompo- nierbaren IT-Architektur sind Modularität und Interope- rabilität der Lösungen sowie die Offenheit für freie Da- tenflüsse. Entlang dieses Konzepts lassen sich bei Fer- tigern drei technologische Anforderungen identifizieren, die nachfolgend näher erläutert werden. Maschinen digital anbinden In fast jeder Produktion laufen Maschinen von unter- schiedlichen Herstellern aus unterschiedlichen Jahr- gängen mit unterschiedlichen Steuerungen. Die digitale Anbindung solcher Maschineparks gilt als die zentrale Herausforderung – insbesondere für global fertigende Unternehmen mit internationalen Produktionsnetzwer- ken. Basis jeder weitreichenden IIoT-Strategie ist daher Konnektivität. Die Anbindung der Maschinen erfolgt idealerweise mit Plug-in-Konzepten, die möglichst alle gängigen Protokolle von Maschinenherstellern sowie In- dustriestandards unterstützen sollten. Anbindungswege beziehungsweise unterstützte Protokolle sollten vielfäl- • eine komponierbare Unternehmensarchitektur, um tig sein und von einfachen Anbindungen via 24V-Kabel schnell, agil, führungsstark und widerstandsfähig zu sein über Steuerung-Plugins und Standards wie MTConnect, • komponierbare Technologien als Werkzeuge zur OPC/UA bis zu Cloud-typischen Protokollen wie MQTT Umsetzung. und DNC reichen. Mit einem standardisierten Konzept dauert der Anschluss zum Beispiel von drei Pilot-Ma- Komponierbare Technologie schinen ein bis zwei Tage. Dann kann die weitere Ver- netzung mit Fabriksoftware-Lösungen oder der Pla- Komponierbare Technologien sind für IT-Leiter grundsätz- nungsebene (ERP) via Adapter starten. Für Unterneh- lich nichts Neues, sondern laut Gartner in vertrauten Tech- men mit globalen Fertigungsnetzwerken stellt die Ver- nologien enthalten, von Schnittstellen bis hin zu Software- netzung der Maschinen und Anlagen eine besondere Containern. Gleichwohl braucht dieser Ansatz ein syste- Herausforderung dar. Eine Skalierung der Maschinen- matisches Management, das drei zentrale Effekte erzielen anbindung sollte in diesem Umfeld möglichst standar- soll: Es soll IT-Silostrukturen überwinden, neue Software disiert erfolgen können, um Zeit und Kosten zu sparen. in passender Geschwindigkeit integrieren helfen und Fir- Mit der Zeit und dem Projektfortschritt wachsende men ermöglichen, kleinere Pilotprojekte zu testen, ohne Template-Bibliotheken helfen dabei. die Hauptproduktion zu beeinträchtigen. Daten harmonisieren Modularität und Offenheit Digitalisierung ist ein Werkzeugkasten, mit dem Unterneh- Um aus dem immer größer werdenden Pool an verfüg- men strategische Ziele erreichen können. Entscheidend ist baren Tools und Services für das industrielle IoT die die Generierung und Nutzung von vereinheitlichten Daten. vielversprechenden auswählen und ausrollen zu kön- Oft ist es dafür erforderlich, die Kluft zwischen IT- und OT- 17
018_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:40 Seite 18 Industrial Internet of Things Ebene zu schließen. Operativ bedeutet das: Nach der Ver- Lösungen komponieren netzung der Fabrikanlagen müssen die eingesammelten Maschinen- und Sensorsignale von Software in relevante Im aufkommenden Zeitalter lernender IT-Systeme ste- und nutzbare Informationen umgewandelt werden. Dabei hen produzierende Unternehmen vor der besonderen zielen aktuelle IT-Projekte häufig darauf ab, Vorgänge in Herausforderung, innovative Lösungen wie KI und Co. Echtzeit in allen gewünschten Systemen abbilden zu kön- auf teils exorbitant teuren Bestandsanlagen einzuset- nen. Anhand der Datenflüsse sollen Verschwendungen zen, die noch Jahre ungestört laufen sollen. Unterneh- und Fehler virtuell analysiert und real optimiert werden men benötigen demnach Stabilität in der Produktion können. Von einem digitalen Zwilling der Produktion ist zu sowie Flexibilität in der Auftrags- und Kapazitätspla- sprechen, sobald die Signale aus dem Maschinenpark (Ma- nung. Modular aufgebaute IT-Plattformen vermitteln chine Twin) mit ihren Auftrags- und Eingabedaten zusam- zwischen beiden Bedürfnissen und ermöglichen die menlaufen. In solchen Systemen lassen sich etwa Effi- schrittweise digitale Transformation der Produktions- zienz- und Qualitäts-Analysen anstellen, die Rückverfolg- IT – und unterstützen längerfristig auch die Integration barkeit sicherstellen und eine höhere Ressourceneffizienz in digitale Liefer- und Serviceketten. IT-strategisch wün- anstreben. Neben Echtzeit-Analysen profitieren Hersteller schen viele Unternehmen eine Trennung, welche Daten im besonderen Maße auch von der Auswertung histori- in welchen Systemen gehostet werden. Datensammeln scher Daten. Typischerweise geht es um Fragen wie: und das Steuern der Maschinen wird aktuell häufiger dezentral am Netzwerkrand erledigt, am ‘Edge’, wäh- • In welchem Fertigungsbereich wurde im vergangenen rend ein weiterer Teil der Software in einer Cloud läuft. Monat die höchste Qualität erreicht? Technologisch ist bei diesen Hybrid Cloud-/Edge-Lö- • Welche Anlagen hatten in den letzten sechs Monaten sungen eine Herausforderung, die verschiedenen Ma- den höchsten Energieverbrauch? schinenanbindungen und Maschinensignale zu über- • Welche Maschinen dürften im nächsten Monat einen setzen und als standardisierte Events an übergeord- erhöhten Wartungsbedarf haben? nete Systeme weiterzuleiten. In komponierbaren IT-Ar- chitekturen können die Maschinendaten der Produktion Für gespeicherte Informationen, die auf Knopfdruck zur einheitlichen Datenquelle werden – einer Single zur Verfügung stehen, sorgen sogenannte Data Lakes. Source of Truth. Damit arbeiten alle Rollen im Unter- Diese Datenseen enthalten – vereinfacht ausgedrückt nehmen bei ihren Auswertungen mit derselben Daten- – die digitalen Zwillinge jeder Maschine: eingesam- basis. So wird der Maschinenpark, egal wie alt und he- melte Rohsignale auf Maschinen- und Event-Ebene terogen, zu einem echten Aktivposten auf dem Weg zu (Strom, Hübe, Druck, Gewicht, Verbräuche etc.) sowie den strategischen Unternehmenszielen Effizienz, Nach- semantische Interpretationen der Signale mit Zeit- haltigkeit und Innovationskraft. ■ stempel. Sind Unternehmen in der Lage, Echtzeit-Ana- lysen und historische Analysen effizient und aussage- kräftig durchzuführen, sind sie schon vergleichsweise gut aufgestellt. www.forcam.com Autorin Dr. Andrea Rösinger ist Co-CEO und Chief Technology Officer der Forcam GmbH. 18 MES Wissen Kompakt
Projekt1_Layout 1 15.03.2022 14:07 Seite 1 Wir schlagen Brücken Die Architekten für MES MES-BEBAUUNGSPLÄNE UND -ROADMAPS ©photocase, broetzel HIR unterstützt Industrieunternehmen bei der strategischen Analyse und operativen Gestaltung ihrer Prozesse und IT-Systeme im MES-Umfeld. Bei MES-Auswahl- und Entscheidungsprozessen geniest die HIR einen exzellenten Ruf als spezialisiertes, neutrales Beratungsunternehmen. HIR-Berater übernehmen für einen Kunden die Rolle eines „Architekten“, der für Konzepte und P昀ichtenhe昀e verantwortlich ist, Auswahlprozesse und die Entwicklung von MES-Bebauungsplänen und Roadmaps steuert und in der Realisierungsphase als „Bauleitung“ die Einführung managed oder als Mitglied im Lenkungskreis Risiken, Kosten, Termine und die Qualität überwacht. Namha昀e große Konzerne und mittelständische Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen bestätigen unsere MES-Kompetenz. www.hirgmbh.de kontakt@hirgmbh.de AUSZUG REFERENZEN
020_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:41 Seite 20 Anforderungen MES-Funktionalitäten Tipps für digitales Produktionsmanagement Mit einem Manufacturing Execution System (MES) können mittelständische Fertigungsbetriebe ihre Produktion digi- talisieren und sie so auf komplexere Marktanforderungen ausrichten. Auf welche Funktionalitäten Fertiger achten sollten, zeigt der folgende Beitrag. Bild: ©Gorodenkoff/shutterstock.com M ittelständische Unternehmen sehen sich durch veränderte Märkte und individuellere Kundenan- forderungen oftmals vor Probleme gestellt. Viele Be- vante Prozesse erfasst und analysiert werden. Manufac- turing Execution Systeme (MES) können die Produktion auf operativer Ebene steuern und kontrollieren und das triebe arbeiten mit historisch gewachsenen, individuell Fertigungsmanagement verbessern. Daten an Maschi- programmierten Systemen oder sogar Insellösungen nen und Arbeitsplätzen werden erfasst und ausgewertet ohne Schnittstellen, die entweder gar nicht oder oder in und dienen als Entscheidungsgrundlage. Doch welche geringem Maße miteinander kommunizieren. Auch die Funktionen braucht der Mittelstand? Produktionsplanung erfolgt oft noch manuell. Auftrags- folgen werden nicht per Software festgelegt und auch Betriebsdatenerfassung (BDE) die Verfügbarkeit von Mensch und Maschine nicht si- chergestellt. Fertigungsrückmeldungen auf Papier erfor- Grundstein für die digitale Produktionssteuerung sind dern Nachararbeiten und den Mitarbeitenden liegen die Maschinen- und Betriebsdaten. Liegen diese Daten – Daten für ihre Aufgaben nicht immer vollständig vor. etwa zu Produktionsmengen und -zeiten, Ausschuss, Laufzeiten und Störgründe – vor, kann der Produktions- Ein Tool für Mittelständler status in Echtzeit wiedergegeben und ein Soll-Ist-Ver- gleich gezogen werden. Es entsteht ein virtuelles Ab- Mit Software lassen sich Produktivität und Effektivität bild der Fertigung. Das System zeigt zeitkritische Auf- der Fertigung steigern. Dafür müssen produktionsrele- träge, mögliche Engpässe oder Störungen an, wodurch 20 MES Wissen Kompakt
021_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 09:41 Seite 21 in der Folge beispielsweise die Produktionsreihenfolge melkarte können Ausschuss und Nacharbeit ausge- angepasst werden kann. Die Informationen werden in wertet werden. Arbeitsplatz- und Störstatistiken ermög- Datenbanken abgelegt und sind jederzeit verfügbar. lichen die Analyse betriebswirtschaftlicher Kennzahlen Hinzu kommt, dass eine Mengenrückmeldung an das sowie ungeplanter Stillstände. Produktionsplanungs- und Steuerungssystem Logistik und Lagerführung unterstützt. Mit der Weiterleitung der Modularer Aufbau Daten zu anderen Systemen können Kapazitäten bes- ser im ERP-System abgebildet werden. Modulare MES-Lösungen können schneller implemen- tiert werden. Auch die Investitionskosten werden redu- Schnittstellen ziert. Steigen später die Anforderungen, kann die Lö- sung um weitere Module ergänzt werden. Als Bindeglied zwischen Enterprise Resource Planning und Produktionsebene muss ein MES über Schnittstel- Künstliche Intelligenz len mit anderen Systemen kommunizieren und Daten verschiedener Quellen und Fremdsysteme transferie- Künstliche Intelligenz erkennt und analysiert Muster, ren. So bleibt die Datenbasis aktuell und Eingabe- Regelmäßigkeiten sowie Wirkzusammenhänge. Mit ihr sowie Übertragungsfehler werden vermieden. werden vorausschauende Prognosen möglich – auf Grundlage von Maschinen- und Betriebsdaten. Kommt Rückmeldesystem es zu Abweichungen, wird umgehend eine Meldung versendet, wobei bei Routineprozessen auch autonome Mit Rückmeldesystemen können Mitarbeitende bei Korrekturen möglich sind. der Betriebsdatenerfassung Dialoge führen, etwa zu personenbezogenen An- und Abmeldungen von Auf- Datenbasis erschließen trägen. Alle Auftragsinformationen inklusive hinterleg- ter Dokumente sollten einsehbar und zu verwalten Mit einem Manufacturing Execution System können sein. Sammelmeldungen bei kurzen Vorgabezeiten, Unternehmen die Datenbasis ihrer Fertigung erschlie- Störungserfassung oder die Erfassung von Gemein- ßen. Kennzahlen helfen bei der Kontrolle sowie Steue- kostentätigkeiten erleichtern den Ablauf zusätzlich. rung aller relevanten Prozesse, der Arbeits- und Orga- Ein offlinefähiges Rückmeldesystem erhöht dazu die nisationsschritte. Eine kontinuierliche Berichterstattung Verfügbarkeit. und Unternehmensplanung werden ermöglicht. Durch die daraus resultierende Transparenz entsteht größere Auswertungssystem Flexibilität und die Produktion wird optimiert. ■ Auswertungssysteme stellen den Status Quo der Fer- tigung dar. Ein Soll-Ist-Vergleich deckt Abweichungen bei der Abarbeitung von Aufträgen auf, per Fehlersam- www.gfos.com Autorin Bild: ©Catrin Moritz / GFOS mbH Katharina Röhrig ist Geschäftsführerin der GFOS mbH. 21
022_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 10:02 Seite 22 Systemintegration Wie Großunternehmen MES-Templates entwickeln sätzlichen Startbedingungen, re- levante Randbedingungen und Multisite-Rollout von Hindernisse gewinnen. MES/MOM-Lösungen Startbedingungen: • Dem Top-Down-Modell entspre- Wollen Hersteller mehrere Werke mit einer vergleichbaren chend formuliert das Manage- MOM/MES-Infrastruktur versorgen, steigen die Projektrisiken ment die Anforderungen. deutlich. Klare Zielvorgaben, offene Kommunikation und ein • Die IT-Abteilung verantwortet das Exzellenzzentrum helfen, die Risiken zu bewältigen – und in- Digitalisierungsprogramm. stanziierbare MOM-Templates zu entwickeln, die trotzdem • Die Organisation besteht aus individuelle Anforderungen berücksichtigen. Mitgliedern des Managements und der IT-Abteilung. B ei Reviews zur Strategieentwicklung globaler Digitali- • Der Fokus des Programms liegt auf der Digitalisierung sierungsprogramme stoßen vor allem Unternehmen mit mehreren Geschäftsbereichen, Herstellprozessen und von Geschäftsprozessen auf Managementebene unter Einbeziehung der Shopfloor-Prozesse. Prozesskategorien auf folgendes Szenario: Das Pro- • Die IT strebt die Harmonisierung der IT-Infrastruktur und gramm scheint im Stillstand, insbesondere auf MES-Level IT-Systeme an. 3. Obwohl IT und Management forcieren, die erforderliche • Zwei Standorte setzen das Programm prototypisch um. Organisationsstruktur zu schaffen, externe Beratung und einen international agierenden Systemintegrator hinzuzu- Randbedingungen: ziehen. Obwohl ein Softwarearchitekturkonzept erarbeitet • Das Produktportfolio des Unternehmens bedarf unter- sowie ein Managementsystem mit moderner Technologie schiedliche Prozesskategorien. in Betrieb genommen und im MES-Level 3 mit dessen zugehörigen Komponenten ergänzt wurde. Der Ursprung des Problems lässt sich bei Betrachtung eines Reifegradmodells Bild: ATS-Global / MES/MOM CoC Program, / MESA International / ©Thomas Nowotka, identifizieren, das sich mit aktuellen und zukünfti- gen funktionalen Anforderungen in den Unternehmen aus- einandersetzt. Demnach sollten im ersten Schritt, dem Pa- radigma eines Management-Information-Systems (MIS) folgend, dem Management zeitnah Zustands-, Auslas- tungs- und Auftragsinformationen aus dem MES-Level 2 und 3 dem ERP-System bereitgestellt werden. Reporting bereits schwierig Grundsätzlich lässt sich schon für die Implementie- rung dieses Reportings ein Software Lifecycle Ma- (www.tnce.de) nagement einschließlich eines Rollout- und Supportkon- zepts etablieren. In der Praxis kommen bereits an dieser Stelle Schwierigkeiten zum Vorschein. Erste Erkennt- nisse, wieso erarbeitete Lösungen auf Level 3 instabil wer- den und Verbindungen zum Level 2 eine gewisse Fra- Reifegradmodell mit aktuellen bzw. zukünftigen gilität aufweisen, lassen sich mit Blick auf die grund- funktionalen Anforderungen 22 MES Wissen Kompakt
023_ITP_MES Wissen kompakt_2022.pdf 22.03.2022 10:02 Seite 23 al Die Bewertung dieser Bedingungen legt eine wesentli- Glob ATS- che Grundproblematik offen: Projektteams verlassen Holz/ sich vor allem auf das Managementsystem und Bild: ©Andreas seine Level-3-Module. Zudem wurde der Schritt übersprungen, die Anforderungen zu analysieren, sie in ein Lastenheft zu übertragen und davon Detail- spezifikationen abzuleiten. Stellen etwa die zum Re- view hinzugezogenen externen Systemintegratoren dem Management diese Situation dar, offenbaren sich beim Status quo oft eine Reihe weiterer Projekthürden: • Die Legacy-Systeme auf Level 2 an Level 3 anzubin- den, ist sehr aufwendig. • Das Veränderungsmanagement und Rollout-Konzept CoE – Einbindung von Stakeholdern aus allen Bereichen über mehrere Standorte und Business-Units ist unge- (eigene Darstellung) eignet. An Pilotstandorten entsteht Parallelarbeit. • Daten stehen entgegen den Anforderungen nicht per- • Standorte gleicher Prozesskategorien werden zu Busi- manent online zur Verfügung. Ein Store-Forward fehlt. nessunits zusammengefasst. • Ungeplante Verbindungsabbrüche vom ERP-Level 4 zu • Gegebenenfalls erfolgt ein mehrstufiger Herstellpro- MES-Level 3 sowie zu Level 2 führen zu Anlagenstill- zess über mehrere Prozesskategorien, Logistikpro- ständen. zesse verbinden die Businessunits. • Support gestaltet sich bereits zu Beginn schwierig. • Das Unternehmen betreibt internationale und multikul- • Die Unzufriedenheit der Beteiligten in den Werken be- turelle Standorte. ginnt, das gesamte Programm zu gefährden. • Level-3-Aspekte betreffen auch Legacy-Systeme. • Oft existieren über 100 Legacysysteme bei vielfach Die Zustimmung und Unterstützung des Managements manuellem Produktionsmanagement. als Program Sponsor bleibt ein essenzieller Projektbau- • Für die vielen Anlagen- und Teilanlagen verschiedener stein und auch eine Einbindung der IT-Abteilung obligato- Hersteller existiert kein einheitliches Daten-, Funktions- risch. Die Menschen in den Werken nicht einzubinden, ist und Statusmodell. dem Erfolg eines Digitalisierungsprogramms jedoch eben- • Die Anlagen- und Teilanlangen sind nur zum Teil digi- falls abträglich. Auch Schwachpunkte wie eine fehlende talisiert und der digitale Reifegrad der Standorte unter- Anforderungsanalyse, die in ein Lastenheft und eine de- scheidet sich auf dem Level 2 stark. taillierte Konzeption der Softwarearchitektur mündet, sind unmittelbar zu beheben. Hindernisse und offene Anforderungen: • Die Organisationsstruktur funktioniert nur mangelhaft. Bereit bleiben für Änderungen • Das Vorgehensmodell der Organisation und des MES/MOM-Programms sind nur bedingt geeignet Wichtig ist zudem, bei der Abbildung des Produktionsmo- • Das Programm wird von der IT-Abteilung ausgeführt, dells im Konzept die standortspezifischen und business- Beteiligte aus den Werken wurden nicht eingebunden. unitspezifischen Ausprägungen zu berücksichtigen. Im • Um zu einer homogenen IT-Landschaft zu gelangen, Change Management sollte ebenfalls bedacht werden, wurde das Managementsystem auf ERP-Ebene mit dass sich MES-Anwendungen auf Level 3 funktional künftig dessen Komponenten für das Level 3 versehen, weiterentwickeln dürften. Dabei muss auch den Scada-An- ohne sich mit dem abstrahierenden Kommunikati- wendungen auf dem MES Level 2 Rechnung getragen wer- onsmodell zwischen Produktionsmodell und Level 2 den, die weitere Bereiche und Funktionskategorien betrifft. zu befassen. Nicht zuletzt gilt es internationale Standards wie ISA 88 und 23
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