Berufsbildende Schulen in Österreich - Eine Informationsbroschüre der Sektion Berufsbildung
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Berufsbildende Schulen in Österreich Eine Informationsbroschüre der Sektion Berufsbildung (Berufsbildendes Schulwesen, Erwachsenenbildung und Schulsport) Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur Wien, Jänner 2011
Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort 5 01 Das österreichische Bildungssystem 7 02 Die berufsbildenden Schulen Österreichs 11 03 Berufsschulen 17 04 Technische, gewerbliche und kunstgewerbliche Schulen 21 05 Kaufmännische Schulen 25 06 Humanberufliche Schulen 29 Schulen für wirtschaftliche Berufe Schulen für Tourismus Schulen für Mode und Bekleidungstechnik und für künstlerische Gestaltung Schulen für Sozialberufe 07 Höhere land- und forstwirtschaftliche Schulen 33 08 Abschlüsse und Qualifikationen 35 09 Bildungsstandards in der Berufsbildung 39 Lernergebnis- und kompetenzorientierte Lehrpläne in der Berufsbildung 10 QualitätsInitiative BerufsBildung – QIBB 41 11 Going International 43 12 Informationstechnologien im berufsbildenden Schulwesen 49 13 Entrepreneurship und Übungsfirmen 53 14 Aus-, Fort- und Weiterbildung für Lehrer/innen 57 an berufsbildenden Schulen 15 Erwachsenenbildung 61 16 Bewegung und Sport 65 17 Glossar 69
Vorwort Die Tradition der berufsbildenden Schulen in Österreich reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Seither wurde höchst erfolgreich am kontinuierlichen Ausbau und an der Weiterentwicklung der schulischen beruflichen Bildung gearbeitet. Das österreichische Schulsystem und die vielfältigen Angebote, speziell im berufsbildenden Bereich, ermöglichen unseren Schülerinnen und Schülern eine hochwertige, qualitäts- orientierte und in ganz Europa anerkannte Ausbildung. Jugendliche legen damit die Basis für einen erfolgreichen Start ins berufliche Leben und ver- fügen auch international über gute Karrierechancen. Mehr als 80 Prozent der österreichischen Schülerinnen und Schüler lernen in einer beruflichen Erstausbildung. Das beweist die Attraktivität der berufsbildenden Schulen und der Lehrlings- ausbildung in Österreich. In der vorliegenden Broschüre werden die einzelnen Schultypen innerhalb des berufsbildenden Schulsystems dargestellt, innovative, zukunftsorientierte Bildungsthemen sowie die berufliche Weiterentwicklung, das lebenslange Lernen in der Erwachsenenbildung angesprochen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Sektion Berufsbildung im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur leisten mit hohem Engagement konsequente Arbeit für die Weiterentwicklung und Internationalisierung der berufsbildenden Schulen. Sie sind sich der Verantwortung bewusst, gemeinsam mit allen am Schulprozess Beteiligten die hohe Qualität der berufsbildenden Schulen sicher zu stellen. Dr. Claudia Schmied Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur
01 Das österreichische Bildungssystem (Vereinfachte Darstellung) Seite 7
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur BUNDESMINISTERIN Dr. Claudia Schmied Büro der Frau Bundesministerin Generalsekretär Internationale Angelegenheiten Stabstelle Südosteuropa Interne Revision Bereich Informationstechnologie; Bildungsstatistik; Gender Präsidialsektion Organisationsangelegenheiten der Zentralstelle Budget Raum Öffentlichkeitsarbeit Approbation von Unterrichtsmitteln Zentrale Förderkoordination Sektion I Allgemein bildendes Schulwesen Qualitätsentwicklung und –sicherung Pädagogische Hochschulen Sektion II Berufsbildendes Schulwesen Erwachsenenbildung Schulsport Sektion III Personal- und Schulmanagement Recht und Legistik Sektion IV Kultur Sektion V Kunstangelegenheiten Seite 8
SEKTION II Berufsbildendes Schulwesen, Erwachsenenbildung, Schulsport Sektionschef Mag. Theodor Siegl ● Grundsatzfragen der beruflichen Bildung ● nationale und internationale bildungspolitische Strategien ● Planungs- und Ausstattungsangelegenheiten ● Gender Mainstreaming ● Kosten- und Leistungsrechnung ● Bildungsstandards ● QIBB ● ESF-Koordination Abteilung 21: Berufsschulen ● Berufsschulen (duale Bildung) – Pädagogische Angelegenheiten ● Berufsreifeprüfung (gemeinsam mit Abteilung 25) [S] Abteilung 22: Technische und (kunst)-gewerbliche Schulen ● Technische, gewerbliche und kunstgewerbliche mittlere und höhere Lehranstalten ● Technisch-gewerbliche Zentrallehranstalten ● Versuchsanstalten Abteilung 23: Kaufmännische Schulen und Bildungsberatung ● Kaufmännische mittlere und höhere Schulen ● Wirtschaftspädagogik und Entrepreneurship [S] ● ACT – die Servicestelle österreichischer Übungsfirmen [S] ● Öffentlichkeitsarbeit [S] ● Aus- und Weiterbildung für Bildungsberater/innen und Bildungsberatung [S] Abteilung 24: Humanberufliche Schulen, Höhere land- und forstwirtschaftliche Schulen ● Mittlere und höhere Schulen für wirtschaftliche Berufe, Tourismus, Mode, Höhere Schulen für künstlerische Gestaltung ● Höhere land- und forstwirtschaftliche Schulen ● Schulen für Sozialberufe und Sozialbetreuungsberufe ● Allgemeine Sprachausbildung [S] Abteilung 25: Erwachsenenbildung ● Erwachsenenbildung ● Nachholen von Bildungsabschlüssen ● Berufsreifeprüfung (gemeinsam mit Abteilung 21) [S] ● Bundesinstitut für Erwachsenenbildung Seite 9
Abteilung 26: Lehrer/innenaus-, -fort- und weiterbildung für berufsbildende Schulen, Daten der Berufsbildung [S] ● Koordination der Fort- und Weiterbildungsprogramme der Pädagogischen Hochschulen ● Lehrer/innenaus-, fort- und –weiterbildung ● Statistik und Datenanalyse ● Schulleiter/innenausbildung Abteilung 27: Nationale Umsetzung der internationalen Berufsbildungspolitik [S] ● Nationale Umsetzung der Europäischen Berufsbildungspolitik ● Europass, Leonardo Da Vinci, Cedefop ● Bildungsstandards in der Berufsbildung ● Kompetenzorientiertes Unterrichten ● Gewerbeordnung für BMHS, Berufsausbildungsgesetz ● Nationaler Qualifikationsrahmen (NQR) ● ESF Maßnahmen Abteilung 28: Schulentwicklung, Schulen für Berufstätige, IT-Angelegenheiten [S] ● Informationstechnologien für berufsbildende Schulen ● Schulentwicklung, Schulprogramme und Qualitätssicherung ● Bildungsangebot für Berufstätige ● ARQA-VET ● Naturwissenschaften in der Berufsbildung ● Bildungsplanung, Ökonomie und Systemmonitoring Abteilung 29: Bewegung und Sport; Schulwettkämpfe, Sportstättenbau, Bundesschullandheime ● Bewegungs- und Sporterziehung ● Schulwettkämpfe ● Sportstättenbau ● Bundessportakademien; Bundesschullandheime __________________________________ [S] = für den Sektionsbereich, abteilungsübergreifend Seite 10
02 Die berufsbildenden Schulen Österreichs Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) Die Sektion Berufsbildendes Schulwesen, Erwachsenenbildung und Schulsport im BMUKK (Sektion Berufsbildung) Die Sektion Berufsbildung nimmt für die berufsbildenden Schulen jene Aufgaben der Schulverwaltung wahr, die aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen in die Zuständigkeit des BMUKK fallen. Die Vollziehung der Gesetze erfolgt in den Schulbehörden des Bundes auf der Ebene der Bundesländer, in den Landes- schulräten/Stadtschulrat für Wien. Die Sektion Berufsbildung ist für folgende Bereiche der schulischen Ausbildung (Sekundarstufe II) zuständig: Pädagogische und berufsfachliche Angelegenheiten (z.B. Lehrplanentwicklung), Lehrerfort- und –weiterbildung, Standortfragen und Ausstattung. Schul- entwicklung und Bildungsforschung, Internationale Kooperationen u.v.m. Auch die Erwachsenenbildung und der Schulsport/sportliche Angelegenheiten für den Bereich des BMUKK sind Teil dieser Sektion. Die berufsbildenden Schulen vermitteln neben einer fundierten Allgemeinbildung eine berufliche Erst- ausbildung mit unterschiedlicher Dauer und unterschiedlichen Niveaus ab der 9. Schulstufe. Zu den berufsbildenden Schulen gehören die Eine Vielzahl ● Berufsschulen von Ausbildungs- ● Technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Schulen möglichkeiten ● Kaufmännischen Schulen ● Schulen für wirtschaftliche Berufe ● Tourismusschulen ● Schulen für Mode- und Bekleidungstechnik und für künstlerische Gestaltung ● Schulen für Sozialberufe ● Höheren land- und forstwirtschaftlichen Schulen ● Bundessportakademien ● Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik und für Sozialpädagogik einschließlich Sonderformen und Schulversuche. Sie können mit Ausnahme der Berufsschulen (schulischer Ausbildungsteil des dualen Systems) in verschiedenen Formen mit unterschiedlicher Dauer (1-5 Jahre) geführt werden: Berufsbildende mittlere Schulen (BMS): ● 3 bzw. 4 Jahre: Vollzeitschule ab der 9. Schulstufe; abgeschlossene berufliche Erstausbildung ● 1 bzw. 2 Jahre: Vollzeitschule ab der 9. Schulstufe; berufliche Vorbildung Berufsbildende höhere Schule (BHS): ● 5 Jahre: Vollzeitschule ab der 9. Schulstufe; abgeschlossene berufliche Erst- ausbildung Aufbaulehrgang: ● 3 Jahre: Vollzeitschule ab der 9. Schulstufe nach Abschluss einer BMS Kolleg: ● 4 Semester: Vollzeitschule nach der Reifeprüfung (Bildungsziel der BHS) Schulen für Berufstätige: ● 4-8 Semester: oben genannten Schularten in Form einer Abendschule Seite 11
Ein Wechsel zwischen einzelnen Arten der berufsbildenden Schulen bei gleichem Lehrplan ist möglich, bei verschiedenem Lehrplan sind Prüfungen (in bestimmten Unterrichtsgegenständen) notwendig. Bildungswege zu den berufsbildenden Schulen Nach dem Besuch der Volksschule (1.-4. Schulstufe) können die Schüler/innen die Sekundarstufe I (5.-8. Schulstufe) entweder an der Hauptschule, an einer AHS - Unterstufe oder in der Neuen Mittelschule absolvieren. Die Aufnahme in die berufsbildenden Schulen (Sekundarstufe II) ist mit dem positiven Abschluss der 8. Schulstufe möglich. Weitere Eingangsvoraussetzungen sind – je nach Vorbildung und angestrebter Schulart – bisherige schulische Leistungen in bestimmten Unterrichtsgegen- ständen bzw. eine Aufnahmeprüfung. Mehr als 80 % der österreichischen Jugendlichen mit 14 Jahren entscheiden sich für eine Ausbildung an den berufs- bildenden Schulen. Die berufliche Erstausbildung Bildung steht neben der Vermittlung von Allgemeinbildung im Mittelpunkt der berufsbil- für die Zukunft denden Schulen, für deren Absolvent/innen sich – je nach Ausbildungshöhe – der direkte Berufseinstieg bzw. verschiedene Formen von Weiterbildungsmöglich- keiten eröffnen. Chancen Die BMS und BHS verzeichnen seit drei Jahrzehnten einen kontinuierlichen für das Leben Schüler/innenzuwachs, was nicht zuletzt auf das ausgewogene Bildungsangebot aus Allgemeinbildung, Fachtheorie und Fachpraxis (mit Praktikum, je nach Schul- art verpflichtend oder freiwillig) bzw. auf eine Vielzahl an spezifischen Ausbil- dungsmöglichkeiten und Ausbildungsschwerpunkten mit unterschiedlicher Dauer zurückzuführen ist. EU-Anerkennung Besonders gefragt sind seit Beginn der 90er Jahre die BHS mit dem Abschluss der für BHS Reife- und Diplomprüfung, die mit dem Erwerb von beruflichen Qualifikationen, dem allgemeinen Hochschulzugang und der Anerkennung dieser Ausbildungs- gänge auf europäischer Ebene ein hohes Ausbildungsniveau darstellen. Die Berufsreifeprüfung Berufsreifeprüfung Mit der Einführung der Berufsreifeprüfung (1997) wurde die Durchlässigkeit des für Erwachsene Bildungssystems weiter erhöht. Die Berufsreifeprüfung ermöglicht Absolvent/innen des dualen Systems (Lehr- abschlussprüfung), von mindestens 3-jährigen berufsbildenden mittleren Schulen, von Gesundheits- und Krankenpflegeschulen, von Schulen für den medizinisch- technischen Fachdienst sowie für Personen mit Facharbeiterprüfung gemäß Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz, Personen mit Befähigungs- prüfung gemäß Gewerbeordnung den allgemeinen Hochschulzugang, führt aber zu keinen Berufsberechtigungen. Die Berufsreifeprüfung ist eine Externistenprü- fung, d.h. es ist kein Schulbesuch vorgeschrieben. Berufsmatura: Seit Herbst 2008 wird die Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung parallel zur Lehre mit Reifeprüfung Lehre angeboten und in dieser Form auch voll gefördert (= Berufsmatura: Lehre mit Reifeprüfung). Diese wird von allgemeinbildend interessierten Lehrlingen in Anspruch genommen und kann bereits mit dem 19. Lebensjahr zu einer Hoch- schulreife und Berufsausbildung führen. Vorbereitungslehrgänge werden in von BMUKK anerkannten Erwachsenen- bildungsinstitutionen (z.B. BFI, WIFI, Volkshochschulen) und in manchen berufs- bildenden Schulen angeboten. In zertifizierten EB-Institutionen können in bis zu 3 Fachbereichen auch Prüfungen abgenommen werden. Ähnliche Vorbereitungslehrgänge, die an Erwachsenenbildungsinstitutionen oder von Vereinen organisiert werden, können die Lehrlinge kostenfrei in Anspruch nehmen. Externistenprüfung Grundsätzlich können Prüfungen der BMS und BHS bzw. der Schulen für Berufs- tätige als Externistenprüfungen abgelegt werden. Dies gilt auch für die Reife- und Diplomprüfung sowie für die Abschlussprüfung an BMS. Seite 12
An den Schulen für Berufstätige – also ca. 80 Standorten in Österreich – wurde Modularisierung an mit der Novelle zum Schulorganisationsgesetz für Berufstätige im Juli 2010 eine Schulen für Berufstätige konsequente Einteilung der Unterrichtsgegenstände in Module umgesetzt. Als „Modul“ wird der Lehrstoff eines Gegenstandes in einem Semester bezeichnet; dies erleichtert den berufstätigen Studierenden das Weiterkommen an den Schulen und ermöglicht erwachsenengerechte Bildungswege. Auch bei der Anerkennung von nicht formal erworbenem Wissen und der andragogischen Betreuung wurden Fortschritte durch das neue Gesetz erzielt. Damit wird es auch möglich, Berufstätigenformen, Aufbaulehrgänge und Kollegs für Berufstätige zu einer modularisierten Form zusammen zu nehmen. Rechtliche Rahmenbedingungen Die grundlegenden Schulgesetze umfassen das Schulorganisationsgesetz (SchOG) und das Schulunterrichtsgesetz (SchUG) und können nach einem Begut- achtungsverfahren mit einfacher Mehrheit im Parlament geändert werden. Die Lehrpläne der verschiedenen Schularten werden durch Verordnung des BMUKK festgelegt. Kosten – Finanzierung Der Besuch von berufsbildenden Schulen ist – mit Ausnahme von Privatschulen – kostenlos. Dies gilt auch für Kollegs und für die Schulen für Berufstätige. Kosten- beiträge sind für Schulbücher und Schulfahrt sowie Arbeitsmittel zu leisten. Weitere Kosten können durch die Teilnahme an Schulveranstaltungen oder die Unterbringung in einem Internat entstehen (Beihilfen sind möglich). Die Kosten für die Schulausstattung und –erhaltung trägt bei öffentlichen BMS und BHS der Bund, bei Berufsschulen und land- und forstwirtschaftlichen Fach- schulen (zuständig für diese Fachschulen sind die Länder) das Land. Die Kosten für Lehrer/innen an Bundesschulen als auch für jene an Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht werden vom Bund getragen; bei Berufsschullehrer/innen sowie Lehrer/innen an land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen erfolgt eine Kostenteilung zwischen Bund und Land. Die Schulaufsicht In der Sekundarstufe II liegt die Schulaufsicht in der Zuständigkeit des Landes- Koordination, Beratung schulrates/Stadtschulrates für Wien, wo sie von Landesschulinspektor/innen und Konfliktlösung ausgeübt wird, die jeweils für eine bestimmte Schulart zuständig sind. Die Höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten und einige Schulen im technisch-gewerblichen Bereich unterstehen direkt dem BMUKK (Zentral- lehranstalten). Mitwirkung anderer Ministerien Bestimmte Ausbildungsbereiche fallen in die Kompetenz von anderen Ministerien, wie dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (u.a. Ausbildung im Lehrbetrieb, Akkreditierung von beruflichen Qualifikationen), dem Bundesministerium für Gesundheit (u.a. Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege) und dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Die Sozialpartner Das System der österreichischen Wirtschafts- und Soziapartner beruht auf der freiwilligen Zusammenarbeit der gesetzlichen Interessenverbände der Arbeit- geber (Wirtschaftskammer Österreich), der Arbeitnehmer (Bundesarbeiter- kammer) und der Landwirtschaft (Präsidentenkonferenz der Landwirtschafts- kammern) und der freiwilligen Interessenverbände (Vereinigung Österreichischer Industrieller und der Österreichische Gewerkschaftsbund) sowohl untereinander als auch mit Vertretern der Regierung. Seite 13
Im schulischen Bereich erfolgt die Mitwirkung der Sozialpartner bei Gesetzen und Verordnungen (z.B. bei neuen Lehrplänen). Zusammenarbeit mit der Wirtschaft Praxisrelevante Für alle Beteiligten im Bereich der berufsbildenden Schulen spielt die Wirtschaft Ausbildung als Partner eine große Rolle. So werden Lehrpläne oder Ausbildungsschwerpunkte den Anforderungen der Wirtschaft angepasst, in Betrieben Lehrlinge fachgemäß ausgebildet oder Praktika absolviert. In gemeinsamen Projekten zwischen Schulen und Wirtschaft, z.B. Diplomprojekte oder Projekte im Rahmen der Übungsfirmen- arbeit, werden Ergebnisse von Forschung und Entwicklung praxisrelevant umge- setzt. Fast alle Lehrer/innen der fachbezogenen und praxisrelevanten Unterrichts- gegenstände verfügen über praktische Erfahrung in der Wirtschaft. Bildungsberatung Beratung und an BMS und BHS erfolgt durch speziell ausgebildete Lehrer/innen, die für Orientierung Informationen, Orientierung, Entscheidungsvorbereitung, Vermittlung von Hilfe und individuelle Beratung den Schüler/innen zur Verfügung stehen. Je nach Schüler/innenzahl sind pro Schule dafür ein bis drei Lehrkräfte vorgesehen. Die Bildungsberater/innen arbeiten mit den Zubringerschulen, den Schüler- berater/innen der Hauptschule und AHS-Unterstufe und Neuen Mittelschule sowie anderen Beratungsinstitutionen für die Abschlussklassen (Arbeitsmarktservice, Hochschülerschaft der Universitäten etc.) zusammen. Gutes Zeugnis für Österreichs Schulen Jährliches Das jährliche Bildungsmonitoring ist eine breit angelegte Studie, in der 2.000 Bildungsmonitoring Personen aus ganz Österreich zum Schul- und Bildungswesen befragt werden (seit 1993). Die Bewertung erfolgt nach dem österreichischen Schulnotensystem: Sehr Gut (1) = beste Note; Nicht genügend (5) = schlechteste Note, negativ. (IFES Schulmonitoring 2009. Repräsentative Bevölkerungsbefragung) Die Imagewerte der einzelnen Schulformen haben sich in den letzten Jahren tendenziell verbessert bzw. kaum verändert, knapp 60 % der befragten Personen beurteilen das gesamtösterreichische Bildungssystem mit Sehr Gut (1) oder Gut (2). Berufsbildende Im Gesamtvergleich der Einschätzung der einzelnen Schularten schneiden die BHS, Höhere Schulen gemeinsam mit Fachhochschulen, mit der Benotung (Mittelwert) 2,1 am besten ab. In der Mittelwert-Skala – 2,0 bis 2,8 – liegen auch die Berufsschulen und die BMS in der Bewertung der Bevölkerung mit jeweils 2,3 sehr gut. Seite 14
Eckdaten: ● Entwicklung der Schüler/innenzahlen: 160.000 150.000 149.806 132.613 140.256 140.000 130.000 137.534 120.000 123.676 110.000 100.000 BS 99.057 BMS 90.000 BHS 77.788 AHS 80.000 65.481 70.000 54.863 59.571 60.000 58.802 50.000 51.712 40.000 30.000 1990/1991 2000/2001 2009/2010 ● Verteilung aller Schüler/innen in der 10. Schulstufe: AHS AHS 20% 20% BS 38% BHS 26% BMS BBS 16% 80% ● Verteilung der Reifeprüfungen: AHS BHS 40% 60% Abkürzungen: AHS = AHS-Oberstufe BS = Berufsschule BMS = Berufsbildende mittlere Schule BHS = Berufsbildende höhere Schule BBS = Berufsbildende Schulen Seite 15
● Standorte der berufsbildenden Schulen (2010): Berufsschulen: 160 Berufsbildende mittlere Schulen: 500 Berufsbildende höhere Schulen: 300 Lehrpläne: 490 Lehrer/innen: 27.000 ● Bildungsstand der Jugendlichen (2009): Anteil der Personen im Alter von 20 bis 24 Jahren mit weiterführendem Bildungsabschluss (Sekundarab- schluss II, ISCED 3A/B oder höher), bezogen auf die Gesamtbevölkerung derselben Altersgruppe: Österreich: 86 % EU 27: 79 % ● Frühzeitige Schulabgänger/innen (2009): Haben keinen Schulabschluss der Sekundarstufe II erreicht und befinden sich aktuell nicht in Ausbildung: Österreich: 8,7 % EU 27: 14,9% ● Jugendarbeitslosenquote (15-24 Jahre; 2009): Österreich: 10,0 % EU 27: 19,6% ● Teilnahme Erwachsener am lebenslangen Lernen (2008): Österreich: 13,2 % EU 27: 9,5% ● Anzahl der Veranstaltungen und Teilnahmen der KEBÖ (2009): Kurzveranstaltungen (1 - 4 UE) Kurse Gesamt Sonderveranstaltungen Veranstaltungen 75.716 131.406 207.122 19.337 Teilnahmen 1.213.922 1.691.966 2.905.888 1.449.172 ● Österreichisches Notensystem: Sehr Gut (1) – beste Note Gut (2) Befriedigend (3) Genügend (4) Nicht Genügend (5) – negative Note ● Unterricht Dauer: eines Schuljahres: September bis Juni (ca. 40 Wochen) einer Unterrichtsstunde: 45 / 50 Minuten Unterricht in der Woche (BMS und BHS): 30-38 Stunden Unterricht in der Woche (BS, lehrgangsmäßig): 42-45 Stunden Abkürzungen: Quellen: BS = Berufsschule Statistik Austria, Europäische BMS = Berufsbildende mittlere Schule Kommission, WKÖ, AMS BHS = Berufsbildende höhere Schule Forschungsnetzwerk, BMUKK KEBÖ = Konferenz der Erwachsenenbildung Österreich Seite 16
03 Berufsschulen Jugendliche, die einen Lehrvertrag mit einem Lehrberechtigten (Betrieb) ab- Duales System geschlossen haben, sind verpflichtet, die Berufsschule zu besuchen. Diese Art der Berufsausbildung wird als duales Berufsausbildungssystem (duales System) bezeichnet, da die Bildungsaufgaben auf zwei Träger verteilt sind: Betrieb und Berufsschule. Für die Ausbildungsordnung im Betrieb ist das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend zuständig, für pädagogische Belange der Berufs- schule das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur. Die Finanzierung der betrieblichen Ausbildung erfolgt durch das ausbildende Unternehmen, für die Kosten der Berufsschule kommt die öffentliche Hand auf. Hier gibt es eine Kostenteilung zwischen dem Bund und den Ländern. Für die Errichtung und Ausstattung von Berufsschulen sind die Länder zuständig. Die Finanzierung der Lehrenden an Berufsschulen wird zu 50% vom Bund und zu 50% von den Ländern getragen. Berufsbereiche Die Berufsschulen umfassen so viele Schuljahre, wie es der Dauer des Lehr- Über 220 Lehrberufe verhältnisses entspricht. Je nach Lehrberuf beträgt die Zeit der Ausbildung 2 bis 4 Jahre, in der Regel jedoch 3 Jahre. Zurzeit gibt es über 220 anerkannte Lehr- berufe, die folgende Lehrberufsgruppen umfassen: ● Bauwesen ● Büro, Verwaltung, Organisation ● Chemie ● Druck, Foto, Grafik, Papierverarbeitung ● Elektrotechnik, Elektronik ● Gastronomie ● Gesundheit und Körperpflege ● Handel ● Holz, Glas, Ton ● Informations- und Kommunikationstechnologien ● Lebens- und Genussmittel ● Metalltechnik und Maschinenbau ● Textil, Mode, Leder ● Tiere und Pflanzen ● Transport und Lager Bedingt durch anhaltende Strukturveränderungen von Wirtschaft und Gesellschaft sind auch Lehrberufe einem ständigen Wandel unterworfen. Vor allem auf dem Dienstleistungssektor ist eine dynamische Entwicklung von neuen Lehrberufen feststellbar. Nach Beendigung der Lehrzeit kann die Lehrabschlussprüfung abgelegt werden. Lehrabschlussprüfung Hierbei wird festgestellt, ob sich der Lehrling die im Lehrberuf erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse angeeignet hat und in der Lage ist, die dem Lehr- beruf eigentümlichen Tätigkeiten selbst fachgerecht auszuführen. Die Lehr- abschlussprüfung gliedert sich in eine praktische und eine theoretische Prüfung und besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Hat der Jugendliche das Unterrichtsziel der letzten Klasse der Berufsschule erreicht, so besteht die Prüfung nur aus dem Praxisteil. Im Zuge der Lehrabschlussprüfung eines vierjährigen Lehrberufes besteht die Möglichkeit, eine freiwillige, zusätzliche Fachprüfung abzulegen. Für Lehrlinge, die diese freiwillige Fachprüfung positiv ablegen bedeutet dies, dass die Teil- prüfung Fachbereich im Rahmen der Berufsreifeprüfung entfällt. Seite 17
Weiterbildungs- Nach erfolgreich abgelegter Lehrabschlussprüfung ergeben sich für die möglichkeiten Absolvent/innen u.a. folgende Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung: Ablegung der Meisterprüfung für ein Handwerk, wobei Prüfungsteile entfallen; Ablegung einer – bzw. Zulassung, falls als Zugangsvoraussetzung eine einschlägige berufliche Erstausbildung verlangt wird, zu einer – Befähigungsnachweisprüfung für ein sonstiges reglementiertes Gewerbe; Zugang zur weiterführenden Bildung über Berufsreifeprüfung bzw. Studienberechtigungsprüfung als Voraussetzung für ein Studium an Universitäten, Fachhochschulen, Kollegs und Pädagogischen Hoch- schulen. Ein Lehrplan mit Rahmencharakter Allgemeine Der Lehrplan der Berufsschule ist ein Lehrplan mit Rahmencharakter, der Unter- Bestimmungen richtsziele, Inhalte und Verfahren für die Planung und Realisierung von Lern- prozessen angibt. Er ermöglicht die eigenständige und verantwortliche Unter- richtsarbeit der Lehrer/innen innerhalb des vorgegebenen Umfangs. Die Landesschulräte bzw. der Stadtschulrat für Wien haben im vorgesehenen Rahmen durch zusätzliche Lehrplanbestimmungen das Stundenausmaß und den Lehrstoff der einzelnen Unterrichtsgegenstände auf die einzelnen Schulstufen aufzuteilen, soweit dies nicht bereits durch die Lehrpläne erfolgt. Der Lehrplan jedes Unterrichtsgegenstandes umfasst: ● Bildungs- und Lehraufgabe, welche angibt, zu welchen Lernergebnissen, zu welchen Kompetenzen und Fertigkeiten die Schüler/innen geführt und über welches Wissen sie verfügen sollen. ● Lehrstoff, welcher den Umfang der Unterrichtsinhalte festlegt. ● Didaktische Grundsätze als Handlungsanweisungen für die Lehrer/innen. Bildungsziele Förderung der Die Berufsschule hat die Aufgabe, in einem berufsbegleitenden fachlich ein- Allgemeinbildung schlägigen Unterricht die grundlegenden theoretischen Kenntnisse zu vermitteln, und der betrieblichen die betriebliche Ausbildung zu fördern und zu ergänzen sowie die Allgemein- Ausbildung bildung zu erweitern. Die Bildungsarbeit in der Berufsschule berücksichtigt die durch die betriebliche Lehre bewirkte enge Verbindung mit der Berufswelt. Ausgehend von der Erleb- niswelt werden Berufsschüler/innen zur selbstständigen Aneignung von Kenntnissen, Fertigkeiten und Einstellungen befähigt und zur Weiterbildung angeregt. Unterrichtsziele Damit die Schüler/innen die Kenntnisse und Fertigkeiten in verschiedenen Situationen anwenden können, wird eine fächerübergreifende Aufbereitung des Lehrstoffes forciert. Insbesondere in den höheren Klassen werden durch Projekt- unterricht die Zusammenhänge der einzelnen Stoffgebiete und Unterrichtsgegen- stände verständlich gemacht. Im Sinne einer ganzheitlichen Bildung wird im Berufsschulunterricht großer Wert auf die Persönlichkeitsbildung gelegt, wobei der Vertiefung und Zunahme der Sozialkompetenzen wie Offenheit, Teamfähigkeit und Konfliktfähigkeit, der Förderung der Kommunikationsfähigkeit sowie der Stärkung der Selbstkompe- tenzen wie Selbsteinschätzung, Selbstvertrauen und Belastbarkeit eine besondere Bedeutung zukommt. Zur Zielerreichung kommen problem- und prozessorientier- te Lehrverfahren, Gruppenunterricht, Partnerarbeit und andere Sozialformen des Unterrichts sowie Präsentationen, Diskussionen etc. zum Einsatz. Bildungsinhalte Im Sinne dieser Aufgabe hat der Lehrplan als Pflichtgegenstände Deutsch und Kommunikation, Berufsbezogene Fremdsprache, Politische Bildung, betriebs- wirtschaftliche und die für den betreffenden Lehrberuf erforderlichen theoreti- schen und praktischen Unterrichtsgegenstände (sowie Religion in den Bundes- ländern Tirol und Vorarlberg) vorzusehen. Seite 18
Als Freigegenstände sind Lebende Fremdsprache, Deutsch sowie Religion (ausgenommen in Tirol und Vorarlberg), als unverbindliche Übungen Bewegung und Sport möglich. Der Unterricht in der Berufsschule kann in folgenden Organisationsformen Organisation der geführt werden: Unterrichtszeit ● ganzjährig: d.h. mindestens an einem vollen Schultag oder mindestens zwei halben Schultagen in der Woche ● lehrgangsmäßig: d.h. mindestens 8 Wochen hindurch ● saisonmäßig: d.h. auf eine bestimmte Jahreszeit geblockt Die Vielfalt der Organisationsformen geht auf die Abstimmung zwischen Wirtschaft und Schulverantwortlichen zurück und berücksichtigt den Bedarf der einzelnen Branchen bzw. Regionen. Lehrer/innen an Berufsschulen In der Berufsschule unterscheidet man Lehrer/innen der Fachgruppe (FG) I, II und Wie wird man Lehrer/in III. Lehrer/innen der FG I und II haben eine Lehrverpflichtung von 23 Wochen- an einer Berufsschule? stunden und halten den allgemein bildenden und betriebswirtschaftlichen Unterricht (FG I) bzw. den fachtheoretischen Unterricht (FG II) ab. Die Ausbildung für Berufsschullehrer/innen erfolgt seit Oktober 2007 an Pädagogischen Hoch- schulen, folgende Zugangvoraussetzungen sind zu erfüllen: a) für die Fachgruppe I und die Fachgruppe II die erfolgreiche Ablegung der Reife- und Diplomprüfung einer einschlägigen berufsbildenden höheren Schule oder die erfolgreiche Ablegung einer Reifeprüfung oder einer Berufs- reifeprüfung und eine einschlägige Ausbildung; b) für die Fachgruppe III (fachpraktische Unterrichtsgegenstände) die erfolgreiche Ablegung einer einschlägigen Meisterprüfung oder eine gleich- wertige einschlägige Befähigung sowie die allgemeine Universitätsreife und c) in allen Fällen die Zurücklegung einer mindestens dreijährigen einschlägigen Berufspraxis. Die allgemeine Universitätsreife (d.h. z.B. Reifeprüfung, Berufsreifeprüfung oder Studienberechtigungsprüfung) ist für ordentliche Studierende bis zum Erlangen von 120 ECTS-Credits nachzuweisen. Das 1. und 2. Semester sowie das 5. und 6. Semester sind berufsbegleitend, das 3. und 4. Semester als Vollstudium zu absolvieren. Die Ausbildung wird mit dem akademischen Grad „Bachelor of Education“ (BEd) abgeschlossen. Die Diensthoheit der Lehrer/innen an Berufsschulen haben die Länder, die die angehenden Pädagog/innen vorerst als Vertragslehrer/innen einstellen. Charakteristik der Dualen Ausbildung Das System der österreichischen Lehrlingsausbildung ist ein besonders praxis- Ausbildung an orientiertes Ausbildungsmodell, dem in Österreich durchgehend ein bedeutender zwei Lernorten Stellenwert beigemessen wird. Durch die große Bandbreite an Qualifikationsmöglichkeiten – von der Teil- qualifizierung bis hin zu High-Tech-Berufen und Berufsreifeprüfung eröffnet die Lehrlingsausbildung alle Qualifikationschancen, die der österreichische Ausbil- dungsmarkt bietet. Ob mit oder ohne Reifeprüfung, die duale Ausbildung ist flexibel an die unterschiedlichen Begabungen und Bedürfnisse angepasst. Seite 19
Jugendliche, die mit einer Reifeprüfung eine Lehre beginnen, erhalten eine Verkürzung der Lehrzeit und haben nach erfolgreichem Abschluss der Lehr- abschlussprüfung gute Jobchancen. Jugendliche, die eine Lehre erfolgreich abschließen, sind von der Wirtschaft nachgefragte Fachkräfte und nehmen einen beachtlich hohen Anteil an Selbstständigen in der Gründerstatistik ein. Zudem wurde der Weg in die Selbstständigkeit durch die Validierung der während der Ausbildung erworbenen fachlichen Qualifikationen, die den Entfall von Prüfungs- teilen im Rahmen der Meisterprüfung bewirkt, erleichtert. Die Lehrlingsausbildung bietet aber auch Jugendlichen mit sozialen, begabungs- mäßigen oder körperlichen Benachteiligungen eine geeignete Ausbildungsschiene zur Ausschöpfung ihres Potentials an beruflichen Fähigkeiten, da ganz gezielt auf die individuellen Bedürfnisse eingegangen wird und dadurch ein wesentlicher Impuls für die Integration dieses Personenkreises in das Berufsleben gesetzt werden kann. Integrative Berufsausbildung Chancen für alle Ziel der integrativen Berufsausbildung ist es, für Jugendliche mit sozialen, begabungsmäßigen oder körperlichen Benachteiligungen eine geeignete Ausbil- dungsschiene auf der Ebene der Lehrlingsausbildung zur Ausschöpfung ihres Potentials an beruflichen Fähigkeiten zu schaffen. Die integrative Berufsausbil- dung wird sowohl als eine Lehrausbildung mit einer verlängerten Lehrzeit als auch als eine Berufsausbildung, die Teilqualifikation vermitteln angeboten, um jenen Personen einen Eintritt in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, bei denen die Erreichung eines Lehrabschlusses nicht möglich ist. Durch die Möglichkeit einer maßgeschneiderten Ausbildung kann sowohl im Betrieb, in besonderen selbst- ständigen Ausbildungseinrichtungen als auch an Berufsschulen ganz gezielt auf die individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten, auf die individuellen Bedürfnisse eingegangen werden. Kooperation Berufsschule / Wirtschaft Best practice Die lernortübergreifende und partnerschaftliche Zusammenarbeit aller an der Berufsausbildung Beteiligten ist einer der wesentlichen Faktoren für den Erfolg des dualen Systems. Eine moderne Berufsausbildung erfordert eine enge Verbindung von Theorie und Praxis, von schulischem Unterricht und betrieblicher Praxis. Große Handelsketten aber auch Industriebetriebe nutzen zunehmend die Potentiale, die in der Lehrlingsausbildung stecken, und entwickeln in Kooperation mit den Berufsschulen komplementäre Bildungsmodelle, die auf ihren Fachkräfte- nachwuchs zugeschnitten sind. Diese vertieften Kontakte und Kooperationen zwischen Wirtschaft und Berufsschule sind wichtige Impulsgeber zur Weiteren- twicklung und Qualitätssicherung der Lehre. Förderprogramm: Berufsmatura – Lehre und Reifeprüfung Perspektiven eröffnen, Mit dem Förderprogramm „Berufsmatura: Lehre mit Reifeprüfung“, das im Herbst Potenziale nutzen 2008 gestartet wurde, sollen Perspektiven eröffnet und Potenziale genutzt durch Verbesserung werden. Lehrlinge mit einem Lehr- oder Ausbildungsvertrag erhalten die Möglich- der Durchlässigkeit keit, sich bereits während der Lehrzeit in entgeltfreien Kursangeboten auf die Berufsreifeprüfung vorzubereiten, wobei bereits 3 Teilprüfungen vor der Lehr- abschlussprüfung absolviert werden können. Die Kosten für die Vorbereitungs- maßnahmen werden seitens des Bundes getragen. Die Organisation der Maß- nahme erfolgt über Trägerorganisationen in den Bundesländern. Seite 20
04 Technische, gewerbliche und kunstgewerbliche Schulen Bildungsangebote Die technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen mittleren und höheren Berufliche Schulen sehen primär Bildungsangebote für die berufliche Erstausbildung vor. Zu Erstausbildung diesen gehören: • die 5-jährigen höheren Lehranstalten (HTL), die die 9. bis 13. Schulstufe umfassen, vom Beginn weg in die Theorie und Praxis des jeweiligen Fach- gebiets einführen und im letzten Jahr postsekundäre Lehr- und Lernformen aufweisen; die höheren Lehranstalten werden mit einer Reife- und Diplomprüfung abgeschlossen; • die 4-jährigen Fachschulen (9. bis 12. Schulstufe), die mit einer Abschluss- prüfung abgeschlossen werden und über Aufbaulehrgänge, die Studien- berechtigungsprüfung oder die Berufsreifeprüfung an den postsekundären Sektor angeschlossen sind; • die 2-jährigen Aufbaulehrgänge, die die Absolventen/innen aus fach- einschlägigen Fachschulen zum Bildungsziel der entsprechenden 5-jährigen höheren Lehranstalten führen; bei 3-jährigen Fachschulen ist vor Eintritt in den Aufbaulehrgang ein so genannter Vorbereitungslehrgang zu ab- solvieren; • die (postsekundären) 4-semestrigen Kollegs (13. bis 14. Schulstufe), die die Universitäts-/ Hochschulreife voraussetzen und mit einer Diplomprüfung abgeschlossen werden. Neben der beruflichen Erstausbildung gibt es auch ein differenziertes Weiter- Weiterbildungs- bildungsangebot für Berufstätige. Dazu gehören: angebote • die 8-semestrigen höheren Lehranstalten für Berufstätige, die zum selben Bildungsziel führen wie die entsprechenden 5-jährigen höheren Lehr- anstalten und in modularer Form aufgebaut sind. Personen mit ab- geschlossener Lehre beginnen im 1. Semester, Absolventen/innen von Fach- schulen oder Werkmeisterschulen steigen in das dritte Semester ein; • die 6-semestrigen Kollegs für Berufstätige („Abendkollegs“), die in den letzten vier Semestern mit den entsprechenden Semestern der höheren Lehranstalt für Berufstätige übereinstimmen, wie die 4-semestrigen Kollegs eine Universitäts-/Hochschulreife voraussetzen und mit einer Diplomprü- fung abgeschlossen werden; • die 7-semestrigen Fachschulen für Berufstätige, die mit einer Abschluss- prüfung abgeschlossen werden und über Aufbaulehrgänge, die Studien- berechtigungsprüfung oder die Berufsreifeprüfung an den postsekundären Sektor angeschlossen sind; • die Werkmeister-, Bauhandwerker- und Meisterschulen, die mit einer Ab- schlussprüfung abgeschlossen werden und der beruflichen Höher- qualifizierung dienen. Autonome Gestaltungsfreiräume Die Schulautonomie ermöglicht durch Dezentralisierung die Schaffung von Gestaltungsspielräumen - auf Schulebene vor allem bei der Bildungsvermittlung, auf Landesebene vor allem bei der Ressourcenbewirtschaftung. Bei der Bildungsvermittlung erlaubt die Schulautonomie das Eingehen auf regionale Bedürfnisse und die Schärfung des Schulprofils (Lehrplanautonomie). Die Lehrplanautonomie ermöglicht sowohl die Wahl zwischen den lehrplan- Lehrplanautonomie mäßig vorgesehenen Ausbildungsschwerpunkten als auch die Entwicklung schul- autonomer Schwerpunktsetzungen. Darüber hinaus können die Schulen alterna- tive Pflichtgegenstandsbereiche entwickeln, die es den Schüler/innen ermöglicht, ihre Schullaufbahn nach individuellen Begabungen und Interessen zu gestalten. Zusätzlich können schulautonom freiwillige Bildungsangebote (z.B. Freigegen- stände) festgelegt werden, um z.B. für die Praxis wichtige Zusatzqualifikationen zu erwerben. Seite 21
Fachrichtungen Differenziertes Die technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Schulen umfassen in ihrem Bildungsangebot Bildungsangebot mehr als 20 Fachrichtungen, die die Spezialisierungen in den verschiedenen Technologiefeldern ermöglichen. Alle wesentlichen Sektoren von Industrie und Gewerbe sind durch entsprechende aktuelle Bildungsangebote abgedeckt. Diese umfassen u.a. die folgenden Fachrichtungen: Bautechnik, Innenraumgestaltung und Holztechnik, Elektrotechnik, Elektronik und Technische Informatik, Biomedizin- und Gesundheitstechnik, Informatik, Informa- tionstechnologie, Gebäudetechnik Maschinenbau, Mechatronik, Kunststofftechnik, Werkstofftechnik, Medientechnik und Medienmanagement, Chemie & Chemie- ingenieurwesen, Lebensmitteltechnologie, Wirtschaftsingenieurwesen, Betriebs- management, Kunst und Design. Spezialisierungen innerhalb einer Fachrichtung sind durch Ausbildungsschwer- punkte oder schulautonome Schwerpunktsetzungen möglich. Bildungsziele Fachtheoretische und Die technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Schulen vermitteln fachpraktische Bildung hochwertige Fach- und Methodenkompetenz für weiterführende Studien und das für die eigenständige Weiterbildung erforderliche vertiefte allgemeine und konzeptuelle Wissen sowie spezialisierte, zur Berufsausübung erforderliche Kenntnisse und Fertigkeiten. Allgemeine und soziale Neben der fachlichen Bildung findet auch die Weiterentwicklung jener allge- Qualifikationen meinen, personalen und sozialen Qualifikationen starke Beachtung, welche die Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen/innen sicherstellt und diese befähigen, durch Selbststudium oder Studium an weiterführenden Bildungsinstitutionen erfolgreich am Prozess des lebenslangen Lernens teilzunehmen. Entrepreneurship Die technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Schulen betrachten es als ein zentrales Ziel, unternehmerisches, innovatives Denken und Handeln auf der Grundlage von fundierten betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Kompetenzen zu vermitteln. Im Besonderen dienen • die technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Fachschulen dem Erwerb jenes fachlichen grundlegenden Wissens und Könnens, das unmittelbar zur Ausübung eines Berufs auf gewerblichem, technischem oder kunstgewerblichem Gebiet befähigt und der Erweiterung und Vertiefung der erworbenen Allgemeinbildung. ● die höheren technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Lehranstalten dem Erwerb höherer allgemeiner und fachlicher Bildung, die zur Ausübung eines höheren Berufs auf technischem, gewerblichem oder kunstgewerb- lichem Gebiet in der industriellen oder gewerblichen Wirtschaft befähigt und zur Universitäts-/ Hochschulreife führt. Bildungsinhalte Gemeinsame Um den allgemeinen Bildungszielen entsprechen zu können, gibt es in allen Lehr- Lehrplanarchitektur plänen eine – der Art des Bildungsangebots und der Fachrichtung angepasste – gemeinsame Lehrplanarchitektur. Diese umfasst die Bereiche der allgemeinen Bildung, der fachtheoretischen Bildung und der fachpraktischen Bildung. Naturwissenschaftliche Kenntnisse und IT-Kompetenzen werden grundlegend und auch berufsorientiert entsprechend den Erfordernissen des Fachgebietes ver- mittelt. Unter Bedachtnahme auf die mit den Lehrplänen verbundenen gewerbli- chen Berechtigungen werden die rechtlichen, betriebswirtschaftlichen und unter- nehmerischen Kompetenzen in adäquatem Umfang vermittelt. Praxisnähe und Praxisnähe und Aktualität sind für alle Unterrichtsgegenstände geltende Grund- Aktualität sätze. Neben den Werkstätten, den Konstruktionsübungen und den Übungen in den verschiedenen Laboratorien sind Pflichtpraktika und die mit Unternehmen durchgeführten Projekte und Diplomarbeiten weitere Elemente der fachlichen Ausbildung. Seite 22
Pflichtpraktika sind in den 5-jährigen höheren Lehranstalten im Ausmaß von Pflichtpraktika 8 Wochen vorgesehen; die Pflichtpraktika in den Fachschulen umfassen im Allgemeinen 4 Wochen; in den Fachschulen mit Betriebspraktikum ist zusätzlich im letzten Schuljahr ein Praktikum im Ausmaß von 12 Wochen vorgesehen. Abschlüsse Abschlussprüfung Die technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Fachschulen und die Fachschulen für Berufstätige schließen mit einer Abschlussprüfung ab und führen zu beruflichen Qualifikationen, die zur unmittelbaren Ausübung von einschlägigen beruflichen Tätigkeiten befähigen und den Zugang zu reglementierten Berufen eröffnen. Die Abschlussprüfung berechtigt ferner – bei den 3-jährigen Fachschulen nach Absolvierung eines Vorbereitungslehrganges – zum Eintritt in einen fachverwandten Aufbaulehrgang oder in das dritte Semester der höhern Lehranstalt für Berufstätige. Abschlussprüfungen sind auch an den Meister-, Werkmeister- und Bauhand- werkerschulen vorgesehen. Reife- und Diplomprüfung Die höheren Lehranstalten und die höheren Lehranstalten für Berufstätige schließen mit einer Doppelqualifikation ab: Die Reife- und Diplomprüfung eröff- net den Zugang zum Universitäts-/Hochschulbereich sowie zur unmittelbaren Ausübung von gehobenen Berufen auf technischem, gewerblichem oder kunst- gewerblichem Gebiet in der industriellen und gewerblichen Wirtschaft. Ein zentraler Teil der Reife- und Diplomprüfung ist die Diplomarbeit, in der ein Thema aus dem Fachbereich umfassend und eigenständig zu bearbeiten ist. Diplomarbeit: Diese werden im letzten Jahrgang unter Betreuung erfahrener Lehrkräfte durch- Zusammenarbeit mit geführt. Viele davon werden in Kooperation mit der Wirtschaft durchgeführt. der Wirtschaft Dabei werden nicht nur wichtige fachliche Erfahrungen an realen Projekten gesammelt, sondern vielfach bereits die ersten Brückenschläge für spätere Berufseinstiege gelegt. Diplomprüfung Die Kollegs schließen mit der Diplomprüfung ab. Da die Studierenden an den Kollegs bereits die Universitäts-/Hochschulreife erworben haben, umfasst die Diplomprüfung die fachlichen Teilprüfungen der Reife- und Diplomprüfung, im Besonderen die Diplomarbeit. Zertifikate Der praxisorientierte, kompetenzbasierte Unterricht führt durch den Erwerb Zertifikat berufsrelevanter Zertifikate auch zu Zusatzqualifikationen für Schüler/innen. Qualitätssicherung Zertifikatskurse werden im Bereich der Fremdsprachen (z.B. First Certificate of English oder Business English Certificate), im Bereich der Informatik (z.B. ECDL; CISCO- bzw. Microsoft-Netzwerktechnik), im Bereich der Wirtschaft (z.B. SAP, EBCL) und der Qualitätssicherung angeboten. Anerkennung facheinschlägiger Kenntnisse Für ein Studium an Fachhochschulen und Universitäten können die fachein- Anerkennung im schlägigen Kompetenzen der Absolventen und Absolventinnen technischer, Tertiärsektor gewerblicher und kunstgewerblicher höherer Schulen individuell angerechnet werden. Dies kann zu einer Verkürzung der Studiendauer führen. Auf EU-Ebene wird dem hohen Bildungsniveau der HTL wie schon in den bisherigen Diplomanerkennungsrichtlinien nunmehr auch in der mit 20. Oktober 2005 in Kraft getretenen Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen Rechnung getragen. Seite 23
Standesbezeichnung „Ingenieur/Ingenieurin“ Mit Fachpraxis zum Die Absolventen und Absolventinnen der höheren technischen Lehranstalten Ingenieurtitel können nach einer mindestens dreijährigen fachbezogenen Praxis die Verleihung der Standesbezeichnung „Ingenieur/Ingenieurin“ beim Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend beantragen. Voraussetzung für die Verleihung der Standesbezeichnung „Ingenieur/ Ingenieurin“ ist, dass die höhere technische Lehranstalt bzw. die jeweilige Fach- richtung in der Ingenieurverordnung (gemäß § 3 des Ingenieurgesetzes 2006) angeführt und die Fachbezogenheit der Praxis gegeben ist. Qualität In Verantwortung gegenüber den Stakeholdern haben die technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Lehranstalten das Qualitätsmanagement- system QIBB implementiert, welches auf modernen und anerkannten Grundsätzen des Qualitätsmanagements aufbaut und sich am europäischen Qualitätsrahmen CQAF (Common Quality Assurance Framework) orientiert (QIBB, www.qibb.at). Eckpunkte von QIBB sind mittel- und kurzfristige Planungen auf der Grundlage von Schul- und Arbeitsprogrammen, Evaluierungen, Qualitätsberichte sowie die Vereinbarung von Entwicklungs- und Umsetzungszielen im Rahmen von Management- und Performance Reviews. QIBB ist nicht nur auf die Schulebene beschränkt, sondern schließt auch die Landesebene (Schulaufsicht) und die Bundesebene (Sektion Berufsbildung im BMUKK) ein. Damit wird sichergestellt, dass auch Prozesse, die mehrere organisatorische Ebenen betreffen, im Qualitäts- management erfasst sind. Leitbild QIBB des technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Schulbereichs baut auf dem gemeinsamen, österreichweit gültigen HTL-Leitbild auf, das an den Schulen standortspezifisch ergänzt werden kann. Das Leitbild enthält die Kern- botschaften zu den laufenden Bildungsprozessen, die in den sieben Qualitäts- feldern „Bildungsauftrag“, „Innovative Bildungsangebote“, „Praxisbezug“, „Qualität“, „Lern- und Arbeitsumgebung“, „Personal“ und „Internationalität“ dar- gestellt werden. Die Kernbotschaften lauten in Kurzform: Die technischen, gewerblichen und kunstgewerblichen Schulen Österreichs ... • bieten ihren Schülerinnen und Schülern eine fundierte technische oder gewerbliche Berufsausbildung und eine umfassende Allgemein- und Persön- lichkeitsbildung; • sehen ihre Kernkompetenz in der Entwicklung von innovativen Bildungsange- boten auf allen Gebieten der Technik; • sichern ihr Markenzeichen „Praxisbezug der Ausbildung“ durch die Ver- bindung von theoretischer und fachpraktischer Ausbildung, durch die Praxis- erfahrung der Lehrenden und durch intensive Kooperation mit der Wirtschaft; • fühlen sich in ihrer Bildungsarbeit höchsten Ansprüchen an Qualität und ihrer ständigen Weiterentwicklung verpflichtet; • bieten ihren Schülerinnen und Schülern Unterstützung und Förderung in einer motivierenden Lern- und Arbeitsumgebung; • betrachten die Fähigkeiten, die Erfahrung und das Engagement der Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter als wesentliche Grundlagen für die erfolgreiche Um- setzung ihres Bildungsauftrages; ● leisten ihre Bildungsarbeit mit einem starken internationalen Bezug und führen zu Mobilität, Weltoffenheit und interkulturellem Verständnis. Seite 24
05 Kaufmännische Schulen Handelsakademien, Handelsschulen, Kollegs, Aufbaulehrgänge, Schulen für Berufstätige Struktur der kaufmännischen Ausbildung in der Sekundarstufe II Die kaufmännischen mittleren und höheren Schulen werden in Österreich Kaufmännische insgesamt an 121 Standorten geführt und sind durch eine relativ starke Ein- Berufsausbildung heitlichkeit im Kernbereich der Ausbildung gekennzeichnet. Sie verstehen sich als Kompetenzzentren der Wirtschaft mit den Ausbildungssäulen Betriebswirt- Kompetenzorientierung schaft, Fremdsprachen, Allgemeinbildung, Informations- und Kommunikations- Entrepreneurship technologien sowie Schlüsselqualifikationen und schließen praxisnahe Unter- Education richtsformen und die Vermittlung von Werthaltungen und Verantwortungsbe- wusstsein ein. Diese Kompetenzen sind für alle Lebensbereiche (privat wie beruflich) nützlich. Die Handelsakademie (HAK), die mit einer Reife- und Diplomprüfung nach 5- Handelsakademie jährigem Schulbesuch abschließt, vermittelt in integrierter Form umfassende Allgemeinbildung und höhere kaufmännische Bildung. Eine betriebswirt- schaftlich berufsbezogene Differenzierung erfolgt durch verschiedene Ausbil- dungsschwerpunkte und Fachrichtungen ab dem 3. Jahrgang, welche eine vertiefende Spezialisierung anbieten (Ausbildungsschwerpunkt 6-8 Jahres- wochenstunden, Fachrichtung 9-16 Jahreswochenstunden). In diesen Ausbil- dungsschwerpunkten und Fachrichtungen wird entsprechend den regionalen Erfordernissen und beruflichen Interessen der Schüler/innen eine kaufmännische Spezialausbildung angeboten. Die Handelsschule (HAS) vermittelt ebenso wie die Handelsakademie in Handelsschule integrierter Form Allgemeinbildung und kaufmännische Bildung. Sie wird nach 3- jährigem Schulbesuch mit einer Abschlussprüfung beendet. Für Absolvent/innen der Handelsschule wird ein Aufbaulehrgang angeboten, der Sonderformen der zur Reife- und Diplomprüfung führt. kaufmännischen Schulen Für Absolvent/innen einer Reifeprüfung an einer allgemein bildenden höheren Schule bzw. einer Reife- und Diplomprüfung einer nicht kaufmännischen berufsbildenden Schule ist im Sinne einer postsekundären Zusatzausbildung die Absolvierung eines kaufmännischen Kollegs mit dem Abschluss einer Diplom- prüfung möglich. Das Kolleg und die Handelsakademie werden auch als Schulformen für Berufstätige geführt; einige Standorte bieten diese Schulform auch als Fern- schulen für Berufstätige an, wobei der Unterricht teilweise an der Schule (Sozial- phase) angeboten und ein Teil des Lehrstoffes von den Studierenden eigen- ständig (Fernphase) erarbeitet wird. Spezialformen der Handelsakademie sind die Handelsakademie und das Kolleg Schulversuche für Wirtschaftsinformatik (Digital Business), in diesem wird eine sehr tief- greifende Spezialisierung im IKT-Bereich kombiniert mit der anerkannten wirtschaftlichen Ausbildung der Handelsakademie angeboten. Ausbildungsschwerpunkte, Fachrichtungen und Fachbereiche Im Rahmen der Ausbildung an Handelsakademien bzw. an deren Sonderformen Ausbildungsschwer- werden vertiefende Spezialausbildungen in Form von Ausbildungsschwer- punkte punkten und Fachrichtungen angeboten, die von den Schulen autonom ausge- wählt bzw. selbst geschaffen werden können, z.B. Fachrichtungen ● Informationsmanagement und Informationstechnologie ● Internationale Wirtschaft mit Fremdsprache(n) und Kultur ● Entrepreneurship und Management ● Logistikmanagement und Speditionswirtschaft ● Controlling und Accounting Seite 25
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