Kommission für Jugendmedienschutz - Tätigkeitsbericht März 2017 - Februar 2019 - Kommission für Jugendmedienschutz
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Impressum Herausgeber die medienanstalten – ALM GbR Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) Friedrichstraße 60 10117 Berlin Tel.: +49 30 206 46 90 0 Fax: +49 30 206 46 90 99 E-Mail: kjm@die-medienanstalten.de Webseite: www.kjm-online.de Verantwortlich Petra Pfannes Redaktion Lisa Keimburg Copyright © 2019 by die medienanstalten – ALM GbR Umschlag-Design, Illustration, Layoutkonzept und Satz Rosendahl Berlin, Agentur für Markendesign Druck PieReg Druckcenter Berlin GmbH Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Publikation in der Regel das generische Maskulinum verwendet. Die Angaben beziehen sich immer auf Angehörige aller Geschlechter.
Achter Bericht der KJM über die Durchführung der Bestimmungen des Staatsvertrags über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV) gem. § 17 Abs. 3 JMStV Berichtszeitraum: März 2017 bis Februar 2019
Vorwort In den vergangenen zwei Jahren gab es personelle Verände- Bereichen zu realisieren. Kernthemen sind hier die Beteiligung rungen an der Spitze der Kommission für Jugendmedienschutz der KJM im Prozess der Anerkennung von Selbstkontrollein- (KJM). Und doch hatten sowohl meine Amtsvorgängerin richtungen sowie ein institutioneller Informationsaustausch Cornelia Holsten als auch ich stets ein Ziel: einen zeitgemä- zwischen KJM und Bundesamt für Justiz. ßen, effektiven Jugendmedienschutz sicherzustellen. Die KJM Inhaltlich war die KJM im Berichtszeitraum vor allem ist ein plurales Expertengremium, das Bund, Länder und Lan- in ihren traditionellen Tätigkeitsfeldern aktiv. Thematisch desmedienanstalten zusammenbringt. Mit ihrer Expertise relevant waren dabei überwiegend klassische Themen des Ju- und Zusammensetzung ist die KJM daher das ideale Diskus- gendmedienschutzes wie Gewalt, Pornografie und politischer sionsforum für alle Fragen des Jugendmedienschutzes. Hier Extremismus. Neben diesen „Klassikern“ begegneten der KJM spiegeln sich unterschiedliche Erfahrungen wider, Positionen in den letzten zwei Jahren insbesondere im Social Web und im werden moderiert und wichtige Grundrechte abgewogen Bereich Games immer wieder auch neue Phänomene. So hat und dies immer mit dem Ziel, ein gesundes Aufwachsen von das Thema Lootboxen in Onlinespielen das Gremium ebenso Kindern und Jugendlichen in einer digitalen, konvergenten beschäftigt wie das Thema Kinder und Influencer-Marketing. Medienumwelt zu gewährleisten. Neuigkeiten gibt es auch im technischen Jugendmedien- Dieses Leitbild hat uns im Berichtszeitraum durch eine schutz: 2018 hat die KJM zwei Jugendschutzsysteme für ge- Vielzahl an Themen, Fällen und Veranstaltungen geleitet. schlossene Systeme als geeignet beurteilt. Darunter versteht So haben wir zwischenzeitlich auch einige wichtige Erfah- man Jugendschutzlösungen, die speziell für bestimmte Platt- rungswerte im Umgang mit dem neuen Jugendmedien- formen entwickelt wurden. Eine Anerkennung dieser Systeme schutz-Staatsvertrag (JMStV) gesammelt, der 2016 novelliert nach dem JMStV ist seit 2016 möglich, trägt dem Trend zur Ent- wurde. Gerade aus der Praxis ergeben sich vielfältige Erkennt- wicklung proprietärer Systeme Rechnung und ist damit eine nisse, die zu einer weiteren Fortentwicklung des JMStV bei- sinnvolle Ergänzung zum Gedanken eines übergreifenden tragen können. Die anstehende Umsetzung der europäischen Schutzes durch Jugendschutzprogramme. Ziel der KJM ist es, Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) weitere Unternehmen dazu zu ermutigen, diesem Beispiel zu in nationale Gesetzgebung böte hier einen ersten zeitnahen folgen und eigene Jugendschutzprogramme zur Anerkennung Anlass zur Nachjustierung. zu bringen und damit weitere Bausteine für einen wirksamen Mit Interesse verfolgt die KJM zudem die in Aussicht ge- Jugendmedienschutz zu entwickeln. nommene Neuausrichtung des Bundes in Sachen Jugend- Darüber hinaus hat sich die KJM intensiv mit Anbietern schutz. Die geplante Novellierung des Jugendschutzgeset- und weiteren Experten über die Möglichkeiten und Grenzen zes (JuSchG) wird die KJM sicher auch noch im nächsten des Einsatzes von Machine Learning im Jugendmedienschutz Berichtszeitraum begleiten. Dabei gehen wir aufgrund des im ausgetauscht. Erste Tests von jugendschutz.net, dem Kom- Jugend(medien)schutz bestehenden Spannungsfeldes zwi- petenzzentrum für Jugendschutz im Internet von Bund und schen den Gesetzgebungszuständigkeiten von Bund und Län- Ländern, haben bereits erstaunliche Ergebnisse in diesem Feld dern davon aus, dass sich auch die KJM mit ihren Erfahrungen aufgezeigt. Auch hier hoffen wir auf weitere Entwicklungen, und ihrem Know-how in einen dialogisch geführten Gesetz- die den Jugendmedienschutz voranbringen können. gebungsprozess einbringen können wird. Denn in einer kon- Das alles sind nur Ausschnitte der zahlreichen Tätigkeiten vergenten Medienwelt gilt es mehr denn je, gemeinsam nach der KJM in den letzten beiden Jahren. Im vorliegenden Tätig- geeigneten Lösungen zu suchen. keitsbericht finden Sie weitergehende, umfangreiche Informa- Ein weiteres Gesetz, das die Gemüter in Deutschland er- tionen. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre! hitzt hat, war ebenfalls Thema für die KJM: das Netzwerk- durchsetzungsgesetz – kurz NetzDG. Das Gremium begrüßt dabei grundsätzlich die Zielsetzung des Gesetzes, effektiver gegen Hate Speech vorzugehen. Da sich durch das Gesetz aber auch Fragen im Schnittstellenbereich zwischen NetzDG und JMStV aufgetan haben, steht die KJM im Austausch mit dem zuständigen Bundesministerium der Justiz und für Ver- Dr. Wolfgang Kreißig braucherschutz, um gesetzliche Verbesserungen in diesen Vorsitzender der KJM 5
Kooperationen und Vernetzung für den Jugendmedienschutz Die Vernetzung und die Kooperationen der Kommission für Vereinbarung war unter anderem ein Mitarbeiteraustausch Jugendmedienschutz (KJM) voranzutreiben und zu fördern, beschlossen worden. Dieser Austausch wurde im Dezember war eines der Ziele, in denen der Bereich Jugendmedienschutz 2018 mit drei Mitarbeitern der KCSC gestartet, die eine Woche der Gemeinsamen Geschäftsstelle die KJM-Vorsitzenden in bei der Gemeinsamen Geschäftsstelle sowie der Landesan- den letzten beiden Jahren tatkräftig unterstützt hat. Damit stalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) und der möchten wir dazu beitragen, dass die KJM aus ihrer Position Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) hospitier- als staatsfernes, plurales Gremium heraus weiterhin das ten. Wir haben uns sehr gefreut, unseren Kolleginnen und Kol- Netzwerk wichtiger mit dem Jugendmedienschutz befasster legen das deutsche Medienaufsichtssystem sowie die Arbeit Akteure und Institutionen festigt und ausbaut. der KJM näherzubringen und ihnen Einblicke in die Arbeit der Dieses Anliegen haben wir zum einen durch unsere Ver- Landesmedienanstalten zu gewähren. Diese Erfahrung war anstaltungen umgesetzt. So haben wir beispielsweise in einer für beide Seiten sehr wertvoll und soll im Jahr 2019 mit den Kooperationsveranstaltung mit dem Deutschen Kinderhilfs- ersten deutschen Kolleginnen und Kollegen fortgesetzt wer- werk (DKHW) am 27. September 2018 in Berlin einen Fachtag den, die nach Fernost reisen. Darüber hinaus laufen derzeit die zum Thema Kinder und Influencing in sozialen Medien aus- Planungen für eine gemeinsame Veranstaltung von KJM und gerichtet. Die KJM konnte bei dieser Veranstaltung ein Gut- KCSC im Laufe des Jahres 2019. achten zu direkten Kaufappellen an Kinder und Jugendliche Abseits der organisatorischen und fachlichen Herausfor- in sozialen Medien vorstellen, das die Hochschule der Medien derungen war der Berichtszeitraum für mich persönlich von Stuttgart in ihrem Auftrag angefertigt hatte. Da dieses Gut- einer großen Veränderung geprägt: Ich habe zum 1. März 2018 achten ein bislang nur wenig bearbeitetes Thema aufgriff, die Bereichsleitung Jugendmedienschutz in der Gemeinsamen hatte die Veranstaltung eine sehr gute Resonanz sowohl in Geschäftsstelle übernommen. In die neue Aufgabe konnte ich den Medien als auch in der Fachöffentlichkeit. Eine Fortfüh- mich schnell einfinden, da ich bereits seit 2013 Mitarbeiterin rung des Austausches mit dem DKHW und externen Akteuren der Medienanstalten bin und sowohl die Arbeit der Gemein- zu dem Thema ist geplant. samen Geschäftsstelle wie auch der Landesmedienanstalten Eine weitere Kooperation, die 2017 wiederbelebt wur- sehr gut kenne. Ich freue mich über diese anspruchsvolle Posi- de, war die Zusammenarbeit mit der Evangelische Kirche in tion, die mir ermöglicht, in einem Spannungsfeld von vielen Deutschland (EKD). Im Fokus der gemeinsamen Tagung der verschiedenen internen und externen Akteuren gemeinsame Medienarbeit der EKD und der KJM am 22. Juni 2017 in Berlin Vorhaben und Themen voranzubringen und so den Jugend stand der Hass in sozialen Netzwerken sowie die Frage, wel- medienschutz zu stärken. cher persönliche, rechtliche und zivilgesellschaftliche Umgang damit gefunden werden kann. Die Tagung brachte namhafte Journalisten wie Richard Gutjahr und Jan Fleischhauer mit der Medienaufsicht sowie mit Vertretern der Evangelischen Kirche Petra Pfannes und Verbänden, aber auch dem Bundesministerium der Justiz Bereichsleiterin Jugendmedienschutz in der Gemeinsamen und für Verbraucherschutz (BMJV) zusammen. Gemeinsam Geschäftsstelle der Medienanstalten diskutierten sie über eine breite Palette von Fragen, die von ethischen Gesichtspunkten bis hin zu medienrechtlichen Vor- gehensweisen reichten. Somit konnte die KJM ihrem Anspruch gerecht werden, neben der klassischen aufsichtsrechtlichen Tätigkeit auch gesellschaftliche Debatten zu initiieren. In den letzten beiden Jahren konnte sich die KJM nicht nur national, sondern auch international noch besser vernetzen. Eine Kooperation, die schon 2016 mit einem Memorandum of Understanding mit der koreanischen Medienaufsicht Korea Communications Standards Commission (KCSC) geschlos- sen wurde, konnte 2018 mit Leben gefüllt werden. In der 7
Inhalt A Die KJM 1 Aufgaben der KJM 11 2 Organisation und Vernetzung 11 B Anwendungen der Bestimmungen des JMStV 1 Anfragen und Beschwerden 15 1.1 Bearbeitung von Anfragen und Beschwerden über Rundfunksendungen 15 1.2 Bearbeitung von Anfragen und Beschwerden über Telemedien 16 1.3 Bearbeitung allgemeiner Anfragen und Beschwerden 17 2 Prüftätigkeit 17 2.1 Das KJM-Prüfverfahren 17 2.2 Novellierung der Jugendschutzrichtlinien der Landesmedienanstalten 18 2.3 Prüftätigkeit Rundfunk 19 2.4 Prüftätigkeit Telemedien 20 2.5 Bestätigung von Altersbewertungen 26 2.6 Urteile von grundsätzlicher Bedeutung 26 3 Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle 29 3.1 Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen 30 3.2 Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter 31 3.3 FSK.online 32 3.4 USK.online 32 4 Technischer Jugendmedienschutz 33 4.1 Geschlossene Benutzergruppen 34 4.2 Technische Mittel 36 4.3 Jugendschutzprogramme 37 C Engagement der KJM 1 In Kontakt mit Bund und Ländern 39 2 Internationaler Jugendmedienschutz 41 3 Austausch mit Unternehmen und Institutionen 42 4 Kooperationen und Beiräte 43 5 Studien und Gutachten 44
D Für mehr Transparenz und Akzeptanz: Die Öffentlichkeitsarbeit der KJM 1 Pressearbeit 47 2 Publikationen 47 3 Veranstaltungen 48 4 Präsenz auf der Bildungsmesse „didacta“ 50 5 Onlineauftritt 50 E Blick in die Zukunft: Fünf Thesen für einen besseren Jugendmedienschutz 1 Gesetzliche Regulierung muss immer wieder angepasst werden 53 2 Anbieterverantwortung muss ernst genommen werden 53 3 Technischer Jugendmedienschutz muss weitergedacht werden 53 4 Aufsicht muss international und übergreifend zusammenarbeiten 54 5 Verstöße müssen geahndet werden 54 Anlagenverzeichnis 1 KJM-Mitglieder 58 2 Gemeinsame Geschäftsstelle der Medienanstalten 60 3 Prüferinnen und Prüfer der KJM-Prüfgruppen 61 4 Termine der KJM 62
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Die KJM A A Die KJM 1 Aufgaben der KJM Der Vorsitz sowie der erste stellvertretende Vorsitz werden nach § 14 Abs. 3 Satz 7 JMStV i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 GVO-KJM Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) ist für die (Geschäfts- und Verfahrensordnung der KJM) durch die KJM Aufsicht über den privaten Rundfunk und die Telemedien aus den Reihen der Direktorinnen und Direktoren der Lan- zuständig. Als Organ der Landesmedienanstalten überprüft desmedienanstalten gewählt. Weiterhin kann aufgrund der sie die Einhaltung der Bestimmungen des „Staatsvertrags pluralen Besetzung des Gremiums gemäß der GVO-KJM eine über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz zweite Stellvertretung des KJM-Vorsitzes aus den Reihen der in Rundfunk und Telemedien“ (kurz: Jugendmedienschutz- Bund-Länder-Vertreterinnen und -Vertreter gewählt werden. Staatsvertrag, JMStV). In diesem Zusammenhang ist sie für Zu Beginn des Berichtszeitraums hatte Andreas Fischer, die Überprüfung und Bewertung möglicher Verstöße in Rund- Direktor der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM), funk- und Telemedienangeboten zuständig. Sie beschließt den Vorsitz inne (gewählt am 16. Dezember 2016). Stellvertre- entsprechende Maßnahmen, die dann von den Landesme- tende Vorsitzende waren zu diesem Zeitpunkt Renate Pepper, dienanstalten umgesetzt werden. Im Sinne des Modells der damalige Direktorin der medienanstalt rlp, sowie Thomas Krü- „regulierten Selbstregulierung“ obliegt es der KJM zudem, ger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle anzuerkennen. Mit Beginn ihrer 4. Amtsperiode hat sich die KJM neu Weiterhin ist die KJM unter anderem für die Festlegung von konstituiert. Am 5. April 2017 wurde Cornelia Holsten, Direk- Sendezeiten, die Prüfung und Genehmigung einer Verschlüs- torin der Bremischen Landesmedienanstalt (brema), zur neu- selungs- und Vorsperrtechnik, die Festlegung von Kriterien für en Vorsitzenden des Gremiums gewählt. Als stellvertreten- die Anerkennung von Jugendschutzprogrammen und für die de Vorsitzende wurden Renate Pepper und Thomas Krüger Stellungnahme zu Indizierungsanträgen sowie für das eigene jeweils in ihren Ämtern bestätigt. Neu in das Gremium berufen Erstellen von Indizierungsanträgen für Angebote in Teleme- wurden Thomas Fuchs, Direktor der Medienanstalt Hamburg/ dien (Internet) zuständig. Im Berichtszeitraum hat die KJM ein Schleswig-Holstein (MA HSH), sowie Dr. Wolfgang Kreißig, besonderes Augenmerk auf Entwicklungen im technischen der Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden- Jugendmedienschutz gelegt, die sich unter anderem durch Württemberg (LFK). Als stellvertretende Mitglieder wur- die Novellierung des JMStV ergeben haben ( B 4 Technischer den Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Me- Jugendmedienschutz). Darüber hinaus hat die KJM die Jugend- dien NRW, und Bert Lingnau, Medienanstalt Mecklenburg- schutzrichtlinien (JuSchRiL) der Landesmedienanstalten mit Vorpommern (MMV) benannt. dem Ziel überarbeitet, einen modernen Jugendmedienschutz Die Oberste Bundesbehörde und die Obersten Landesju- zu gewährleisten. Aktuell stimmen die nach Landesrecht zu- gendbehörden (OLJB) benannten für die 4. Amtsperiode der ständigen Organe der Landesmedienanstalten über den Ent- KJM ebenfalls einige Mitglieder neu: Birgit Goehlnich, Stän- wurf ab. Mit einem Inkrafttreten der JuSchRiL ist Mitte 2019 dige Vertreterin der Obersten Landesjugendbehörden bei zu rechnen ( B 2.2 Novellierung der Jugendschutzrichtlinien). der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK), und Petra Müller, Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Praxis (FWU), wurden von den OLJB als Mitglieder in das neu 2 Organisation und Vernetzung konstituierte Gremium entsandt. Zu stellvertretenden Mit- Die KJM besteht aus zwölf Sachverständigen: sechs Direk- gliedern benannte die Oberste Bundesbehörde Thomas Salz- torinnen und Direktoren von Landesmedienanstalten, vier mann, stellvertretender Vorsitzender der Bundesprüfstelle für Mitgliedern, die von den für den Jugendschutz zuständigen jugendgefährdende Medien, und Dr. Christian Lüders, Leiter der obersten Landesbehörden benannt, und zwei Mitgliedern, die Abteilung Jugend und Jugendhilfe im Deutschen Jugendinsti- von der für den Jugendschutz zuständigen obersten Bundes- tut e. V. Die OLJB benannten Dr. Elisabeth Clausen-Muradian, behörde benannt werden. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Rechtsanwältin, Henning Fietze, Leiter Medienkompetenz sind sie nicht an Weisungen gebunden. Die Sachverständi- Offener Kanal Schleswig-Holstein AöR, sowie Olaf Schütte, gen der KJM haben jeweils eine Stellvertretung ( Anlage 1 Servicestelle für Kinder- und Jugendschutz Sachsen-Anhalt, Mitglieder der KJM) und tagen in der Regel einmal im Monat als stellvertretende Mitglieder. ( Anlage 4 Termine der KJM). 11
A Die KJM Nachdem Cornelia Holsten ihr Amt zum Ende des Jahres info 2017 niederlegte, um ab 2018 den Vorsitz der Direktorenkon- Themenverantwortung der KJM-Mitglieder ferenz der Landesmedienanstalten (DLM) sowie der Kommis- sion für Zulassung und Aufsicht (ZAK) zu übernehmen, wurde Austausch BPjM/KJM • Martina Hannak (BPjM) Dr. Wolfgang Kreißig in der KJM-Sitzung am 6. Dezember 2017 in Berlin zum Vorsitzenden des Gremiums ab 1. Januar 2018 Games gewählt. Renate Pepper und Thomas Krüger wurden jeweils • Petra Müller (Institut für Film und Bild) erneut als stellvertretende Vorsitzende in ihren Ämtern be- stätigt. Das Amt des 1. stellvertretenden KJM-Vorsitzes wurde jugendschutz.net mit der Verabschiedung von Renate Pepper in ihren Ruhestand • N. N. vakant und am 30. Mai 2018 mit der Wahl von Dr. Marc Jan Eu- Kriterien mann, Direktor der medienanstalt rlp, neu besetzt. Die Amts- • Birgit Goehlnich (FSK) zeit des Vorsitzenden und seiner Stellvertretungen endet mit • Frauke Wiegmann (JIZ) der 4. Amtsperiode der KJM im März 2022. Als zuarbeitende Stellen für die sachverständigen KJM- Neue Trends und Phänomene Mitglieder, die ihr Amt neben ihrer hauptamtlichen Tätigkeit • Dr. Marc Jan Eumann ausüben, sind die Gemeinsame Geschäftsstelle der Medien- (medienanstalt rlp, stv. KJM-Vorsitzender) • Jochen Fasco (TLM) anstalten (GGS) sowie jugendschutz.net gesetzlich verankert. Die GGS unterstützt die KJM vor allem im Bereich der Prüf- Politische Kommunikation & Strategie verfahren organisierend sowie koordinierend und übernimmt • Dr. Wolfgang Kreißig (LFK, KJM-Vorsitzender) darüber hinaus die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für das • Thomas Krüger (bpb, 2. stv. KJM-Vorsitzender) Gremium. Zudem arbeitet sie dem Vorsitzenden im Bereich der Indizierungen zu ( Anlage 2 Gemeinsame Geschäftsstelle Selbstkontrolleinrichtungen • N. N. der Medienanstalten). jugendschutz.net ist organisatorisch an die KJM angebunden und unterstützt sie bei der Telemedien- Soziale Netzwerke / Internationale Entwicklungen aufsicht. • Thomas Fuchs (MA HSH) Die einzelnen KJM-Mitglieder übernehmen für das Gre- mium Verantwortung für verschiedene Themenfelder grund- Technischer Jugendmedienschutz sätzlicher Bedeutung. Sie bearbeiten diese Themen mit Rück- • Dr. Wolfgang Kreißig (LFK, KJM-Vorsitzender) griff auf Arbeitsgruppen, die sich aus KJM-Mitgliedern sowie Verfahren Stand Februar 2019 Expertinnen und Experten der Landesmedienanstalten und • Bereichsleitung Jugendmedienschutz (GGS) angebundener Organisationen zusammensetzen. Die jeweils themenverantwortlichen KJM-Mitglieder fungieren als Berich- Werbung gemäß § 6 JMStV terstattende und bringen die Ergebnisse der Arbeitsgruppen • Martin Heine (Medienanstalt Sachsen-Anhalt) in die Diskussionen der KJM ein. Zur Vorbereitung der Entscheidungen der KJM setzt der Vor- Zur Weiterentwicklung und Beförderung der gemeinsa- sitzende gemäß der Geschäftsordnung Prüfgruppen ein. Die men Spruchpraxis bewährten sich auch im aktuellen Berichts- Prüfgruppen bereiten die Prüffälle auf und geben Entschei- zeitraum die KJM-Prüfer-Workshops unter Federführung der dungsempfehlungen ab ( Anlage 3 Prüferinnen und Prüfer Prüfgruppensitzungsleitung ( Anlage 3 Prüferinnen und Prü- der KJM-Prüfgruppen). Als Grundlage für die Entscheidungs- fer der KJM-Prüfgruppen). Am 20. Juni 2017 standen in Hamburg empfehlungen übermitteln die zuständige Landesmedienan- die Themen (Schein-)Realitäten im Internet und Reality-Mix stalt oder jugendschutz.net den Prüfgruppen eine Dokumen- im Fernsehen sowie Rechtsradikale und rechts-populistische tation des Angebots zusammen mit einer Vorbewertung. Der Web-Angebote unterhalb der Unzulässigkeitsschwelle im Fo- Prüfausschuss entscheidet auf Grundlage der Entscheidungs- kus des Workshops. Ein weiterer Workshop am 20. Juni 2018 empfehlung der Prüfgruppe anstelle der KJM, wenn jedes Mit- in Ludwigshafen widmete sich aktuellen Entwicklungen, Be- glied des Prüfausschusses ausdrücklich dieser Empfehlung wertungskriterien und Anwendungsproblemen bei entwick- zugestimmt hat. Wird keine Einstimmigkeit im Prüfausschuss lungsbeeinträchtigenden Medienangeboten mit Blick auf erreicht, wird die Entscheidung durch alle KJM-Mitglieder ge- 3- bis 12-jährige Kinder. Die Workshops bieten den Prüferinnen troffen ( B 2.1 Das KJM-Prüfverfahren). 12
Die KJM A Abb. 1 Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) Oberste Bundesbehörde Oberste Landesbehörden Landesmedienanstalten für den Jugendschutz für den Jugendschutz 6 Direktoren 2 Mitglieder 4 Mitglieder Entsendung Entsendung Entsendung KJM Organisatorische 12 Sachverständige Zusammenarbeit Anbindung Zentrale Aufsichtsstelle für den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde im privaten Rundfunk und in den jugendschutz.net Telemedien in Deutschland BPjM Anerkennung FSM, FSF, FSK.online, USK.online und Prüfern stets auch die Gelegenheit, sich zu Beispielen aus Selbstkontrolle: Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF), der KJM-Prüfpraxis, insbesondere über exemplarische TV- und Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM), Internetangebote, auszutauschen. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (für FSK.online) Weiterhin setzte die Prüfgruppensitzungsleitung im Be- und Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (für USK.online). richtszeitraum die Reihe der Jugendschutzreferententreffen Abseits dieser unter dem Dach der KJM vernetzten Insti- fort. Die Fachreferenten für Jugendmedienschutz der Lan- tutionen steht die KJM zur Förderung eines besseren Jugend- desmedienanstalten besprachen jeweils im Anschluss an die medienschutzes beispielsweise im Austausch mit Prüferworkshops am 21. Juni 2017 sowie am 21. Juni 2018 ver- • Anbietern von Rundfunk und Telemedien sowie ihren Ver- schiedene Aspekte der Prüfpraxis sowie organisatorische Ein- bänden, zelfragen. • Organen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, Um gerade im Bereich Telemedien eine Vernetzung der ver- • Eltern- und Erziehungsverbänden, schiedenen Institutionen zu schaffen, sieht der JMStV neben • Einrichtungen aus Wissenschaft und Forschung, der organisatorischen Anbindung von jugendschutz.net eine • globalen Unternehmen, enge Zusammenarbeit zwischen der KJM und der Bundesprüf- • Jugend- und Kinderschutzeinrichtungen, stelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) vor. Die BPjM • Universitäten/Medienakademien, holt vor einer Entscheidung über Indizierungsanträge für Te- • Vertretern der Politik, lemedien die Stellungnahme der KJM ein. Diese Stellungnah- • Vertretern der Kirchen, me muss die BPjM bei ihrer Entscheidung für oder gegen eine • Vertretern der Gerichte, der Staatsanwaltschaften und der Indizierung maßgeblich berücksichtigen. Die KJM kann bei Strafverfolgungsbehörden. der BPjM auch selbst Anträge auf Indizierung von Telemedien stellen. Darüber hinaus besteht im Bereich Telemedien – wie auch im Bereich Rundfunk – ein regelmäßiger Austausch mit den von der KJM anerkannten Einrichtungen der Freiwilligen 13
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Anwendungen der Bestimmungen des JMStV B B Anwendungen der Bestimmungen des JMStV 1 Anfragen und Beschwerden Die meisten Bürger nutzen für die Beschwerden das On- line-Kontaktformular auf der KJM-Webseite. Beschwerde- Die Prüftätigkeit ist eine der wichtigsten Aufgaben der KJM. führer sind überwiegend engagierte Bürgerinnen und Bürger. Darunter fallen einerseits die Bearbeitung von Anfragen und Doch auch unterschiedliche Einrichtungen und Behörden Beschwerden und andererseits die konkrete Prüfung von Ein- wie Ministerien, Jugendschutzorganisationen und Bürgerver- zelfällen. Die Zahl der regelmäßig eingehenden Anfragen und bände wenden sich mit der Bitte an die KJM, konkrete Rund- Beschwerden zu Rundfunk- und Telemedien-Angeboten sowie funkangebote zu prüfen. Die an die einzelnen Landesmedien- zu allgemeinen Themen zeigt, dass die KJM als Ansprech- anstalten direkt gerichteten Beschwerden und Anfragen sind partnerin für den Jugendmedienschutz fest verankert ist. hier nicht erfasst, sofern sie nicht auch an den Bereich Jugend- Zwischen März 2017 und Februar 2019 befasste sich die KJM medienschutz der Gemeinsamen Geschäftsstelle der Medien- mit 1.106 Anfragen und Beschwerden, die alle einzeln beant- anstalten (GGS) gesendet wurden. wortet wurden. Somit lässt sich im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum (7. Tätigkeitsbericht: 1.247 Anfragen und Be- info schwerden) ein leichter Rückgang verzeichnen, der besonders die Beschwerden über Rundfunk-Angebote betrifft ( B 1.2 Hintergrund: Bearbeitung von Beschwerden Bearbeitung von Anfragen und Beschwerden über Rundfunk- Bürgerbeschwerden bilden ein wichtiges und kons- sendungen). truktives Element in der Programmaufsicht der KJM und der Landesmedienanstalten. Der Bereich Jugend- medienschutz in der Gemeinsamen Geschäftsstelle 1.1 B earbeitung von Anfragen und der Medienanstalten (GGS) bearbeitet sie in mehreren Schritten: Zunächst erhält der Beschwerdeführer eine Beschwerden über Rundfunk Eingangsbestätigung und gegebenenfalls eine Abgabe- nachricht über die Weiterleitung an die jeweils zustän- sendungen dige Landesmedienanstalt. Denn für die Vorabprüfung von Rundfunkangeboten ist immer diejenige Landesme- Beschwerden über Rundfunksendungen dienanstalt zuständig, bei der der betroffene Rundfunk- Die praktische Aufsichtstätigkeit der KJM wird aus zwei Quel- veranstalter lizenziert ist. Besteht ein Anfangsverdacht len gespeist: zum einen aus der Programmbeobachtung der auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Jugend- medienschutz-Staatsvertrag (JMStV), wird der Fall in das Landesmedienanstalten ( B 2 Prüftätigkeit) und zum ande- Prüfverfahren der KJM eingespeist. Nach Abschluss des ren aus den kritischen Hinweisen zu diversen Rundfunkange- Verfahrens informiert die Landesmedienanstalt den Be- boten aus den Reihen der Zuschauer und Zuhörer. Im aktuel- schwerdeführer über das Ergebnis des Prüfverfahrens. len Berichtszeitraum erreichten die KJM 109 Beschwerden zu unterschiedlichen Rundfunksendungen. Thematischer Schwerpunkt der Beschwerden waren in Abb. 2 diesem Berichtszeitraum Programmtrailer für Sendungen mit einer Altersfreigabe ab 16 oder ab 18 Jahre, die erst nach 22 Uhr Beschwerden Rundfunk seit 2007 oder 23 Uhr ausgestrahlt werden dürfen. Die entsprechenden Programmhinweise wurden jedoch bereits im Tagesprogramm 1.200 ausgestrahlt, was bei den Beschwerdeführern auf Unverständ- 1.000 nis stieß. Sie kritisierten Sexual- und Gewaltdarstellungen, die aus ihrer Sicht entwicklungsbeeinträchtigend für Kinder und 800 Jugendliche sein könnten. Ein zusätzlicher Schwerpunkt der Beschwerden lag wie bereits im vorangegangenen Berichts- 600 zeitraum auf Werbung für Verhütungsmittel und Erotikartikel, die im Tagesprogramm ausgestrahlt wurde. Weiterhin wiesen 400 die Beschwerdeführer auf Sendungen hin, die Kinder und Jugendliche ängstigen, sozialethisch desorientieren oder zu 200 selbstgefährdendem Handeln verleiten könnten. 0 2007 – 09 2009 – 11 2011 – 13 2013 – 15 2015 – 17 2017 – 19 15
B Anwendungen der Bestimmungen des JMStV Anfragen zu Rundfunksendungen Bei Beschwerden gegen ein bereits im Prüfverfahren der Im Zeitraum März 2017 bis Februar 2019 gingen 15 Anfragen zu KJM geprüftes oder durch die Bundesprüfstelle für jugendge- Rundfunksendungen im Bereich Jugendmedienschutz in der fährdende Medien (BPjM) indiziertes Angebot wurde die Be- GGS ein. Diese bezogen sich auf die rechtlichen Rahmenbe- wertung dem Beschwerdeführer mitgeteilt. Die im Berichts- dingungen in Bezug auf die Ausstrahlung von Werbespots für zeitraum eingegangenen Beschwerden richteten sich auch in Erotikartikel im Tagesprogramm, über die sich im vorliegenden diesem Berichtszeitraum hauptsächlich gegen erotische und Berichtszeitraum erneut zahlreiche Bürgerinnen und Bürger pornografische Internetangebote. Des Weiteren beschwerten konkret beschwerten, sowie auf technische Jugendschutz sich viele Bürgerinnen und Bürger über problematische Inhal- optionen wie beispielsweise Vorsperren. te in sozialen Netzwerken oder auf Videoplattformen. Grund für die Beschwerden waren neben sexualisierten Inhalten vor allem Gewaltdarstellungen und Hassrede sowie der Aufruf zu 1.2 B earbeitung von Anfragen und Hass und Gewalt ( B 2.4.2 Problemfelder). Auch zu Online- spielen und Spieleplattformen gingen nach wie vor Beschwer- Beschwerden über Telemedien den ein. Da es sich bei Onlinespielen häufig um ausländische Angebote handelt, die frei zugänglich sind und zum Teil kos- Beschwerden zu Telemedienangeboten tenlos zur Verfügung stehen, beschreitet die KJM in diesen Die KJM bearbeitete im aktuellen Berichtszeitraum 829 Be- Fällen meistens den Weg über die Stellung eines Indizierungs- schwerden zu Telemedienangeboten. Alle Beschwerden, die antrags, um gegen das Angebot vorgehen zu können. im Bereich Jugendmedienschutz der GGS eingehen, werden zunächst zur weiteren Veranlassung an jugendschutz.net und Abb. 3 die jeweils zuständige Landesmedienanstalt weitergeleitet sowie eine Abgabenachricht an den Beschwerdeführer ver- Beschwerden Telemedien seit 2007 sandt. Sofern kein Anfangsverdacht vorlag, erhielten die Be- 1.000 schwerdeführer in der Antwort durch jugendschutz.net oder die zuständige Landesmedienanstalt eine Einschätzung des 800 betreffenden Internetangebots anhand der „Kriterien für die Aufsicht im Rundfunk und in den Telemedien“. Bei Beschwer- 600 den gegen Internetangebote von Anbietern mit Sitz im Aus- land wurde beim KJM-Vorsitzenden geprüft, ob die Voraus- 400 setzungen zur Stellung eines Antrags auf Indizierung bei der BPjM gegeben waren. 200 info 0 2007 – 09 2009 – 11 2011 – 13 2013 – 15 2015 – 17 2017 – 19 Welche Konsequenzen hat eine Telemedien- Beschwerde? Anfragen zu Telemedienangeboten Nach der Eingangsbestätigung erfolgt die Weiterlei- Im aktuellen Berichtszeitraum gingen 102 schriftliche und te- tung an jugendschutz.net und die zuständige Landes- lefonische Anfragen zum Bereich Telemedien bei der KJM ein. medienanstalt zur inhaltlichen Überprüfung. Ergibt die Überprüfung einen Verdacht auf einen Verstoß gegen Diese Anzahl hat sich im Vergleich zum vorherigen Berichts- die Bestimmungen des JMStV und ändert der Anbieter zeitraum mehr als verdoppelt. Thema der meisten Anfragen nach Hinweis von jugendschutz.net dies nicht, wird der war wieder der technische Jugendmedienschutz. Zahlreiche betreffende Inhalt dokumentiert und eine Vorlage für Eltern und Pädagogen erkundigten sich nach technischen die KJM erstellt. Der Beschwerdeführer wird über die Möglichkeiten, Kinder und Jugendliche bei ihrer Internetnut- Prüfpraxis der KJM und das weitere Verfahren bezüglich zung mit Zeitbudget-Programmen oder Filtersystemen zu des möglicherweise problematischen Internetangebots schützen. Auch Seitenbetreiber wandten sich weiterhin an die informiert (→ Kapitel B 2.1 Das KJM-Prüfverfahren). KJM, um sich nach Möglichkeiten der rechtskonformen Ge- staltung ihrer Internetangebote mit technischen Hilfsmitteln zu erkundigen. Darüber hinaus erhielt die KJM zahlreiche An- fragen hinsichtlich der rechtlichen Bedingungen für den On- linehandel mit Spielen sowie zu Altersverifikationssystemen. 16
Anwendungen der Bestimmungen des JMStV B 1.3 B earbeitung allgemeiner Anfragen 2 Prüftätigkeit und Beschwerden Die Prüfung und Beurteilung von Rundfunk- und Teleme- dienangeboten ist Kernaufgabe der KJM. Dabei ist sie gemäß Von März 2017 bis Februar 2019 gingen 51 allgemeine Be- Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) zuständig für die schwerden und (überwiegend) Anfragen im Bereich Jugend- Aufsicht über den privaten Rundfunk und Telemedienanbie- medienschutz in der GGS ein. Bei den allgemeinen Anfragen ter mit Sitz in Deutschland. Im Folgenden werden der Ablauf und Beschwerden handelte es sich um Fragen zur Tätigkeit der eines Verfahrens sowie Neuerungen in den Prüfkriterien der KJM oder zu anderen Themen rund um den Jugendmedien- KJM erläutert, bevor die konkrete Prüftätigkeit in den Berei- schutz, die nicht eindeutig den Themen Rundfunk und Teleme- chen Rundfunk und Telemedien im Berichtszeitraum darge- dien zuzuordnen sind. Die allgemeinen Anfragen im aktuellen legt wird. Berichtszeitraum stammten zum Großteil von interessierten Privatpersonen, Wissenschaftlern und öffentlichen Einrichtun- gen. Sie bezogen sich überwiegend auf das deutsche System des Jugendmedienschutzes im Allgemeinen oder die Rolle der 2.1 Das KJM-Prüfverfahren KJM im Speziellen und auf das Thema Kindeswohl im weiteren Die Abläufe der Aufsichtsverfahren in den Bereichen Teleme- Sinne. Darüber hinaus erhielt die KJM Anfragen für Veranstal- dien und Rundfunk sind sich sehr ähnlich. Bei den Telemedien tungen oder Kooperationen, zum Thema Medienkompetenz übernimmt in der Regel jugendschutz.net die Vorprüfung pro- sowie nach Informationsmaterial oder Positionen des Gre- blematischer Angebote ( A 2 Organisation und Vernetzung). miums. Allgemeine Anfragen oder Beschwerden, die nicht in Bei der Annahme von Verstößen tritt jugendschutz.net oder die Zuständigkeit der KJM fallen, leitet der Bereich Jugendme- auch die zuständige Landesmedienanstalt an deutsche An- dienschutz der GGS an die jeweils zuständige Stelle weiter und bieter heran und macht sie auf mögliche Verstöße aufmerk- informiert den Beschwerdeführer darüber. sam, um auf eine freiwillige Änderung hinzuwirken. Im Bereich Rundfunk erfolgt die Vorabprüfung der Prüffälle ausschließlich durch die zuständige Landesmedienanstalt. Bei einem An- fangsverdacht bereitet sie den Fall für eine KJM-Prüfgruppe vor. Abb. 4 Abschnitte des KJM-Prüfverfahrens Anhörung/Abgabe an Überwachung/Um- Beobachtung/Vorabprüfung Beurteilung Entscheidung die Staatsanwaltschaft setzung und Vollzug Rundfunk Telemedium zuständige jugendschutz.net/ KJM-Prüfgruppe zuständige Landesmedienanstalt KJM-Prüfausschuss/ zuständige Landesmedienanstalt Landesmedien- zuständige Landes- KJM anstalt medienanstalt 17
B Anwendungen der Bestimmungen des JMStV info 2.2 N ovellierung der Jugendschutz- Telemedien-Vorarbeit von jugendschutz.net richtlinien der Landesmedien Anders als die Rundfunkanbieter mit ihren professio- nell geschulten Jugendschutzbeauftragten kennen viele anstalten Telemedienanbieter die gesetzlichen Regelungen nur unzureichend. Gleichzeitig ist es wichtig, dass für Kin- Im Rahmen des 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist der und Jugendliche problematische Angebote, die vor am 1. Oktober 2016 der novellierte Jugendmedienschutz- allem im Internet rund um die Uhr abrufbar sind, so Staatsvertrag mit Auswirkungen auf die Arbeitsweise der KJM schnell wie möglich rechtskonform umgestaltet werden. in Kraft getreten. In Vorarbeit für die KJM trat jugendschutz.net in den Die auf gesetzlicher Grundlage (§§ 15 Abs. 2 sowie 8 Abs. Kalenderjahren 2017 und 2018 deshalb nach eigenen An- 1 und 9 Abs. 1 JMStV) erlassenen gemeinsamen Richtlinien der gaben in 1.535 Fällen an deutsche Telemedienanbieter Landesmedienanstalten zur Gewährleistung des Schutzes der heran, die mit ihren Angeboten gegen die Bestimmun- gen des JMStV verstießen. Dadurch konnte in 81 % der Menschenwürde und des Jugendschutzes (Jugendschutzricht- Fälle die jugendmedienschutzkonforme Anpassung von linien – JuSchRiL) enthalten Konkretisierungen dieser staats- Inhalten erreicht werden. 64 Fälle mussten aufgrund vertraglichen Regelungen. Als Auslegungsgrundsätze tragen von Nichtabhilfe oder besonders schweren Verstößen an sie in der Prüfpraxis zu einer einheitlichen Rechtsanwendung die KJM weitergeleitet werden. Diese Fälle hat die KJM in und länderübergreifenden Spruchpraxis bei. Daher bedarf ihr Prüfverfahren eingespeist. es einer fortlaufenden Prüfung und Aktualisierung. Die KJM hat die Jugendschutzrichtlinien der Landesmedienanstalten in der aktuell geltenden Fassung aus dem Jahr 2005 im vor- Sowohl in Telemedien- als auch in Rundfunkfällen befasst liegenden Berichtszeitraum redaktionell und inhaltlich mit sich in der Regel zunächst eine Prüfgruppe der KJM mit dem dem Ziel überarbeitet, einen modernen Jugendmedienschutz entsprechenden Angebot und spricht eine Empfehlung für zu gewährleisten. Der Entwurf wurde von der AG „Jugend- oder gegen die Feststellung eines Verstoßes gegen den JMStV schutzrichtlinien“, deren Federführung bei der Bayerischen aus (Entscheidungsempfehlung für die zuständige Landes Landeszentrale für neue Medien (BLM) liegt, unter Einbezug medienanstalt). In strafrechtlich relevanten Fällen gibt die der AG „Technischer Jugendmedienschutz“ (Federführung: Landesmedienanstalt den Prüffall an die zuständige Staatsan- Landesanstalt für Medien NRW) und der AG „Werbung gemäß waltschaft ab. Sofern ein Angebot vorab einer anerkannten § 6 JMStV“ (Federführung: Medienanstalt Sachsen-Anhalt) er- Freiwilligen Selbstkontrolle vorgelegt und von dieser bewertet arbeitet. wurde, überprüft die Prüfgruppe, ob eine Überschreitung der Die Gremienvorsitzenden haben den Entwurf der rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums vorliegt. überarbeiteten Jugendschutzrichtlinien in der von der KJM Für den Bereich Telemedien gilt: Sollte der Anbieter Mit- beschlo ssenen Fassung vom 11. Oktober 2017 im Rahmen glied in einer anerkannten Freiwilligen Selbstkontrolle sein, so der 4. Sitzung der Gremienvorsitzendenkonferenz am wendet sich die KJM mit dem behaupteten Verstoß (mit Aus- 14. November 2017 zustimmend zur Kenntnis genommen. nahme von Verstößen gegen § 4 Abs. 1 JMStV – unzulässige Die Abstimmung der Landesmedienanstalten ist in der 290. Angebote) zunächst an die Selbstkontrolleinrichtung. Sofern Sitzung der Direktorenkonferenz am 23. Januar 2018 erfolgt. die Empfehlung der Prüfgruppe von der Stellungnahme der Anschließend wurde den anerkannten Einrichtungen der Frei- anerkannten Selbstkontrolleinrichtung abweicht, wird der willigen Selbstkontrolle, den in der ARD zusammengeschlos- Prüffall zur Prüfung der Überschreitung des Beurteilungsspiel- senen Landesrundfunkanstalten und dem ZDF im Rahmen der raums erneut in einer KJM-Prüfgruppe behandelt. Benehmensherstellung nach § 15 Abs. 2 S. 2 JMStV die Gele- In allen anderen Fällen, in denen bis auf Weiteres von ei- genheit gegeben, zur novellierten Fassung der Jugendschutz- nem Verstoß ausgegangen wird, hört die zuständige Landes- richtlinien Stellung zu nehmen. ARD und ZDF beurteilten den medienanstalt den Rundfunk- oder Telemedienanbieter im Entwurf insgesamt als sehr gelungen und äußerten keine wei- Verwaltungs- und/oder Ordnungswidrigkeitenverfahren an. teren Anmerkungen. Die anerkannten Einrichtungen der Frei- Der Prüffall wird dann von einem KJM-Prüfausschuss oder willigen Selbstkontrolle haben Vorschläge zur Überarbeitung dem KJM-Plenum abschließend entschieden. Anschließend der Jugendschutzrichtlinien übermittelt, aus denen sich je- obliegt die Umsetzung der Maßnahmen wieder der zuständi- doch aus Sicht der KJM und der Gesamtkonferenz (Beschlüsse gen Landesmedienanstalt: Sie erlässt Verwaltungs- und/oder vom 7. November 2018 bzw. 14. November 2018) kein weiterer Bußgeldbescheide und begleitet das weitere Verfahren. Der Änderungsbedarf am Entwurf der Jugendschutzrichtlinien er- Anbieter hat schließlich die Möglichkeit, eine gerichtliche Klä- geben hat. rung herbeizuführen. 18
Anwendungen der Bestimmungen des JMStV B Aktuell stimmen die nach Landesrecht zuständigen Or- Abb. 5 gane der Landesmedienanstalten über den Entwurf ab. Mit Rundfunkprüffälle nach Genres im Berichtszeitraum einem Inkrafttreten der JuSchRiL ist Mitte 2019 zu rechnen. 2.3 Prüftätigkeit Rundfunk Die Landesmedienanstalten beobachten kontinuierlich die von ihnen lizenzierten Hörfunk- und Fernsehsender. Neben der laufenden Programmbeobachtung gehen bei den Landes- medienanstalten auch Zuschauerbeschwerden ein. info Spielfilm (39) Show (2) Entwicklungsbeeinträchtigung Der Begriff der Entwicklungsbeeinträchtigung umfasst Serie (23) Zeichendtrick (2) sowohl Hemmungen als auch Störungen der Entwick- Trailer (14) Musikvideo (2) lung sowie Schädigungen von Kindern und Jugendli- Werbung (7) Sonstige (4) chen. In der individuellen Dimension sind insbesondere Beeinträchtigungen durch Ängstigungen, andere psy- chische Destabilisierungen sowie die Übernahme von 2.3.2 Problemfelder Verhaltensmustern, die zu körperlichen oder seelischen Verletzungen führen können, zu beachten. In der sozia- So vielfältig die Beschwerden zu Rundfunkangeboten sind, len Dimension ist es erforderlich, sich in die Gesellschaft die an die KJM gerichtet werden, so eindeutig ist der Schwer- mit ihrer Werteordnung insgesamt einfügen zu können. punkt, der sich durch die Prüftätigkeit herauskristallisiert: Der überwiegende Teil der Fälle, in denen die KJM im Berichtszeit- raum einen Verstoß festgestellt hat, wurde von der KJM als ängstigend für bestimmte Altersgruppen eingestuft. 2.3.1 Aufsichtsfälle Rundfunk Formatübergreifend konnten diese Inhalte in Spielfilmen, Serien, Doku-Soaps/Reality-Formaten, Comicserien oder auch Von März 2017 bis Februar 2019 hat sich die KJM mit 95 Rund- Trailern festgestellt werden. Bei ängstigenden Inhalten wird funkprüffällen befasst. In 82 Fällen hat die KJM im Berichts- befürchtet, dass Kinder und/oder Jugendliche emotional über- zeitraum Entscheidungen getroffen. 64 dieser Entscheidungen fordert und in ihrer Entwicklung zu einer eigenverantwortli- betrafen Angebote, in denen Verstöße gegen die Bestimmun- chen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt gen des JMStV festgestellt worden sind. Dabei handelte es sich werden. in allen Fällen um entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte. In In einigen Fällen wurden beispielsweise sehr realistische all diesen Fällen entschied die KJM, ob und welche aufsichts- blutige Szenen in Nahaufnahme gezeigt, sodass bei ausge- rechtlichen Maßnahmen (Verwaltungs- und/oder Ordnungs- spielten Inszenierungen eine nachhaltige Ängstigung be- widrigkeitenverfahren) ergriffen werden. stimmter Altersgruppen nicht ausgeschlossen werden konnte. In 13 weiteren Fällen, die im Berichtszeitraum neu in das Das detaillierte Zeigen von Gewaltakten, Qualen von Opfern, Prüfverfahren eingespeist wurden, hat die KJM noch keine vielen emotional belastenden Szenen ohne ausreichende Ent- Entscheidung getroffen. In all diesen Fällen haben jedoch lastung oder Aufklärung der Geschehnisse ist für bestimm- KJM-Prüfgruppen bereits Verstöße gegen die Bestimmungen te Altersgruppen nur schwer zu verkraften. Realistische und des JMStV festgestellt und der KJM aufsichtsrechtliche Maß- lebensnahe Situationen (z. B. Beziehungskontext zwischen nahmen empfohlen. Eltern und Kindern) wirken zusätzlich erschwerend. Die Bandbreite der von der KJM geprüften Angebote war Insbesondere Kinder unter 12 Jahren neigen noch über- auch in diesem Berichtszeitraum groß. Vor allem Spielfilme wiegend zu einer episodischen Wahrnehmung von Filmhand- wurden auf potenzielle Verstöße gegen die Bestimmungen lungen. Daher können schockierende Bilder die Gesamtwahr- des JMStV geprüft. Auch Serien standen im Fokus der Prüftä- nehmung einer Sendung negativ prägen und sie über die tigkeit, ebenso wie Trailer und Werbung. Rezeptionssituation hinaus übermäßig belasten. Dies wird noch verstärkt, wenn bereits die vorausgehende Handlung unter dem Aspekt der Ängstigung nicht unproblematisch war. 19
B Anwendungen der Bestimmungen des JMStV Die KJM stufte derartige Inhalte daher als entwicklungs- In 68 weiteren Fällen, die im Berichtszeitraum neu in das beeinträchtigend für bestimmte Altersgruppen ein und Prüfverfahren eingespeist wurden, hat die KJM noch kei- beschloss die entsprechenden Maßnahmen. ne Entscheidung getroffen. In 60 dieser Fälle haben jedoch KJM-Prüfgruppen bereits Verstöße gegen die Bestimmungen des JMStV festgestellt und der KJM aufsichtsrechtliche Maß- 2.4 Prüftätigkeit Telemedien nahmen empfohlen. Die einzelnen Landesmedienanstalten sind für Anbieter von Telemedien, die im jeweiligen Bundesland ansässig sind, info zuständig. Sie gehen Beschwerden aus der Bevölkerung Pornografie nach und übermitteln diese ggf. auch an jugendschutz.net Der Begriff der Pornografie ist nicht legal definiert. „Als ( Abb. 4: Abschnitte des KJM-Prüfverfahrens). pornografisch ist eine Darstellung anzusehen, wenn sie unter Ausklammerung aller sonstigen menschlichen Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise 2.4.1 Aufsichtsfälle Telemedien in den Vordergrund rückt und ihre Gesamttendenz aus- schließlich oder überwiegend auf das lüsterne Interesse Von März 2017 bis Februar 2019 hat sich die KJM mit 230 Prüf- des Betrachters an sexuellen Dingen abzielt“ (vgl. BGH fällen im Bereich der Telemedien befasst. In 162 Fällen hat die St 23, 40 [44 ff.], 37, 55 [60]). Unterschieden wird zwi- KJM im Berichtszeitraum Entscheidungen getroffen. 152 dieser schen sogenannter „harter“ Pornografie (Kinder-, Tier- Entscheidungen betrafen Angebote, in denen (in der Regel und Gewaltpornografie) und sogenannter „einfacher“ mehrere) Verstöße gegen die Bestimmungen des JMStV fest- Pornografie. gestellt worden sind. Dabei handelte es sich in den meisten Fällen um entwicklungsbeeinträchtigende oder pornografi- sche Inhalte oder um Angebote aus dem Bereich des politi- 2.4.2 Problemfelder schen Extremismus. In all diesen Fällen entschied die KJM, ob und welche aufsichtsrechtlichen Maßnahmen (Verwaltungs- Neben dem wie üblich großen Teil an Prüffällen pornogra und/oder Ordnungswidrigkeitenverfahren) ergriffen werden. fischen Inhalts war auch in diesem Berichtszeitraum wieder ein hoher Anteil an Prüffällen im Bereich Hass und Hetze zu Abb. 6 verzeichnen. Darüber hinaus hat sich die KJM intensiv mit Spielelementen wie Lootboxen in Onlinespielen beschäftigt. Telemedienverstöße im Berichtszeitraum Hass und Hetze Wie bereits im vorangegangenen Berichtszeitraum war auch im vorliegenden Berichtszeitraum eine deutliche Zunahme an Prüffällen im Bereich des politischen Extremismus zu ver- zeichnen. Dazu zählen insbesondere Inhalte die rechtsextrem, volksverhetzend, diskriminierend sind und/oder den Holocaust leugnen. Ein Großteil der Fälle betraf Äußerungen in sozialen Netzwerken, auf Video-Plattformen, persönlichen Websites oder Blogs, mit denen gegen Flüchtlinge gehetzt wurde oder die diskriminierenden Inhalts waren. Dabei sind jeweils die Fehlender Jugendschutzbeauftragter (137) Volksverhetzung (20) Nutzer, die Profile oder Kommentare erstellen, vorrangig für die Entwicklungsbeeinträchtigung (86) Holocaustleugnung (17) von ihnen selbst veröffentlichten Inhalte verantwortlich. Einfache Pornografie (67) Verletzung der Menschenwürde (14) Da zahlreiche Äußerungen gleichzeitig einen Straftatbe- Zugänglichmachen indizierter Zugänglichmachen indizierter stand darstellten, mussten die jeweiligen Ordnungswidrig- Angebote, Listenteil B oder D Angebote, Listenteil A oder C (10) keitsverfahren durch die zuständigen Landesmedienanstalten Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (22) Sonstige (7) an die Staatsanwaltschaft abgegeben und somit einem Straf- verfahren zugänglich gemacht werden. 20
Anwendungen der Bestimmungen des JMStV B Lootboxen In Videos wird gegen Asyl- und Hilfesuchende gehetzt; Fotos, Das Thema Online-Games und Werbung in Online-Games ist die Menschen auf der Flucht zeigen, werden mit menschen- für die KJM aus jugendmedienschutzrechtlicher Sicht hoch re- verachtenden Aussagen untertitelt; in Kommentarspalten levant, da Games einen wichtigen Teil der Lebenswirklichkeit werden Menschen mit Migrationshintergrund diffamiert und von Kindern und Jugendlichen darstellen. Anlass für eine kon- diskriminiert; auf Weblogs findet eine Verharmlosung oder krete Stellungnahme dazu war eine Anfrage des Bayerischen Leugnung der Vernichtungspolitik des NS-Regimes statt; es Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Inte- wird Angst geschürt und vor „Überfremdung“ und einem An- gration vom 2. Januar 2018 sowie ein sich in Presseanfragen stieg der Kriminalität „gewarnt“ ... Allein diese Aufzählung äußerndes gestiegenes öffentliches Interesse am Thema. lässt erahnen, in welchem Ausmaß und in welch unterschied- Bei Lootboxen handelt es sich um virtuelle Schatzkisten, licher Ausprägung und Intensität rechte Ideologien verbreitet deren spielunterstützende Inhalte oder spielwerte Vorteile werden. während des Spielverlaufs käuflich erworben werden können. Mit ihrer Schwerpunktanalyse verfolgten die Landesme- Dabei erlangt der Spieler erst nach dem Erwerb der Lootbox dienanstalten das Ziel, Verstöße gegen den JMStV zu identi- Kenntnis von deren konkretem Inhalt. Jugendmedienschutz- fizieren. Dabei standen insbesondere rechtsextreme, kriegs- rechtlich relevant sind diese Elemente demnach in erster Linie verherrlichende und diskriminierende Inhalte in den sozialen unter dem Aspekt der unzulässigen Werbung. So ist es unzu- Medien im Vordergrund. Im Zuge der Recherche wurden in lässig, Lootboxen oder sonstige über In-Game-Käufe erhält- den Medien aktive rechtsextreme Akteure regional lokalisiert liche Spielinhalte mit direkten Kaufappellen an Kinder und und weitere Erkenntnisse zu Vernetzungen unterschiedlicher Jugendliche zu bewerben. Außerdem darf die Werbung nicht Gruppen sowie zur unterschiedlichen Ausgestaltung der ent- die Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausnutzen sprechenden Angebote erlangt. oder sie irreführen. Beispielsweise wäre es denkbar, dass die Unerfahrenheit Durchführung und Methoden von Kindern in kindaffinen Apps ausgenutzt wird, indem ent- Die KJM und die DLM beschlossen in ihren jeweiligen Sit- sprechende Werbeelemente so gestaltet sind, dass für den zungen im März 2017 die Durchführung der Untersuchung. Kauf relevante Informationen (z. B. Kaufbedingungen) in den Koordiniert wurde die Schwerpunktuntersuchung von der Hintergrund treten. Weiterhin wäre die Werbung unzulässig, Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH). Die wenn sie Minderjährigen einen unrealistischen Zusammen- organisatorisch an die Landesmedienanstalten angegliederte hang zwischen Einkauf und Spielvorteilen vermittelt. Stelle jugendschutz.net unterstützte bei der Fallgenerierung Ob die In-Game-Werbung für Lootboxen die Grenze des ( Infokasten „Unterstützung durch jugendschutz.net“). Zulässigen überschreitet, hängt von der Art und Weise der präsentierten Lootboxen sowie der angesprochenen Zielgrup- info pe ab und ist folglich einzelfallabhängig. Unterstützung durch jugendschutz.net • Einstiegsadressen 2.4.3 T elemedienrecherche der Landesmedienanstalten • Landesdossiers zu rechtsextremen Angeboten zu rechtsextremen Web-Angeboten im lokalen und • im jugendschutz.net-Monitoring befindliche deut- regionalen Raum sche Angebote mit Regionalbezug • von jugendschutz.net beim Monitoring genutzte Vom 29. Mai bis 11. Juni 2017 wurde erstmals eine bundesweit Keywords abgestimmte Telemedienauswertung der Landesmedienan- • Tipps für die Recherche auf Social-Media-Plattformen stalten durchgeführt. Beteiligt waren alle 14 Häuser der Me- dienanstalten. Ende Mai begann der Recherche- und Prüfzeitraum für die Hintergrund und Ziel 14 Landesmedienanstalten. Dabei wählten die Häuser unter- Medien, deren Inhalte dem rechtsextremen Spektrum zuzu- schiedliche Methoden, um relevante Angebote zu identifizie- ordnen sind, nehmen im Hinblick auf die Gefährdungslage ren. Es wurden beispielsweise Institutionen und Akteure aus von Kindern und Jugendlichen eine zunehmend bedeutsame dem Bereich der Extremismus- und Präventionsarbeit kontak- Rolle ein. Das Internet bietet Rechtsextremisten eine Plattform, tiert sowie Veröffentlichungen der Verfassungsschutzbehör- auf der sie oftmals auch versteckt hinter Verschwörungstheo- den als Recherchegrundlage genutzt. Zudem wurden ein- rien oder Falschmeldungen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus schlägige Seiten über Verlinkungen auf relevanten Angeboten und Antisemitismus öffentlich zugänglich kommunizieren: ermittelt. 21
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