Forstbericht 2020 Bericht über den Zustand und die Entwicklung der städtischen Wälder - Rathaus Rostock
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Impressum Herausgeberin: Hanse- und Universitätsstadt Rostock, Presse- und Informationsstelle Redaktion: Stadtforstamt Telefon 0381 381-8900, Fax -8922 Mail forstamt@rostock.de Fotos: Stadtforstamt außer Abb. 43, 65 (Dr. J. Kalbe) und 67 (T. Eisenack) Grafiken: Stadtforstamt Seite 2
Inhalt Vorwort......................................................................................................................................................... 3 1 Waldzustand .................................................................................................................................... 6 1.1 Waldflächen ..................................................................................................................................... 6 1.2 Baumartenverteilung .................................................................................................................... 6 1.3 Waldfunktionen ............................................................................................................................... 7 2 Waldschäden ................................................................................................................................... 8 3 Waldbewirtschaftung.................................................................................................................. 10 3.1 Grundsätze ..................................................................................................................................... 10 3.2 Zertifizierung .................................................................................................................................. 11 3.3 Waldbau ...........................................................................................................................................12 3.4 Forstnutzung.................................................................................................................................. 14 3.5 Forstschutz ..................................................................................................................................... 18 3.6 Naturschutz.................................................................................................................................... 22 3.7 RuheForst ....................................................................................................................................... 29 3.8 Tourismus....................................................................................................................................... 29 3.9 Öffentlichkeitsarbeit/Forstpolitik ........................................................................................... 33 3.10 Jagd .................................................................................................................................................. 36 4 Forstverwaltung ........................................................................................................................... 40 4.1 Struktur, Personal und Entwicklung ........................................................................................ 40 4.2 Finanzielle Bedingungen ............................................................................................................ 40 4.3 Räumliche und technische Ausstattung ................................................................................. 41 4.4 Weiterbildung und Arbeitssicherheit ...................................................................................... 42 5. Forstplanung und Forsteinrichtung ........................................................................................ 44 5.1 Grundlagen .................................................................................................................................... 44 5.2 Waldflächen ................................................................................................................................... 45 5.3 Holzvorrat....................................................................................................................................... 45 5.4 Baumarten ..................................................................................................................................... 46 5.5 Alter ................................................................................................................................................. 46 5.6 sonstige Untersuchungen – Förderprojekt Waldklimafonds ............................................ 46 6 Anlagen ........................................................................................................................................... 49 Übersichtskarte Stadtforstamt (Stand: 2019), Foto Waldbereisung Vorjahr, Exkursions- führer zur aktuellen Waldbereisung (Revier Torfbrücke), Presseartikel Seite 5
1. Waldzustand – 5.351 Hektar Holzbodenfläche (baum bestandene Fläche) 1.1 Waldflächen – 688 Hektar Nichtholzböden (Moore, Die Hansestadt Rostock ist mit ihrem Wald- Wiesen, Schilfgebiete, Waldwege). besitz in und um die Rostocker Heide einer der fünf größten kommunalen Waldeigentü- Die Rostocker Heide östlich der Hansestadt mer Deutschlands. Rostock erwarb dieses nimmt den größten Teil des Rostocker Wal- Waldgebiet am 25.03.1252 und besitzt damit des ein. Weitere Waldflächen liegen im in- mehr Waldfläche als z. B. Lübeck, Hamburg, nerstädtischen Bereich und im Landkreis Freiburg oder München. Wald dieser Größen- Rostock (vgl. Karte im Anhang). 1.2. Baumartenverteilung Nach der noch gültigen Forsteinrichtung von 2009 sind 48 % der Waldflächen mit Nadel- baumarten und 52 % mit Laubbaumarten bewachsen (Angaben für die Hauptschicht, ohne Unterstand und Verjüngung), die ersten Daten der neuen Forsteinrichtung zeigen ein Verhältnis von 45 % Nadelholz und 55 % Laubholz (noch nicht endgültig). Abb. 1: Gedenkstein für Oberforstmeister Ch. Bencard (1918–1952 in der Bei der Altersstruktur überwiegen die Wald- Heide verantwortlich) bestände bis zum Alter 80. Im Vergleich zu ordnung wird in allen vergleichbaren Fällen durch eigene städtische Forstverwaltungen bewirtschaftet. Dies ist Ausdruck eines sach- gerechten Verständnisses für die Bedeutung des Waldes und seiner Bewirtschaftung als unverzichtbare „Umweltdienstleistung“ und gleichfalls Ausdruck kommunaler Selbstver- waltung und Verantwortung. Flächenzugänge aus Erstaufforstungen oder Übernahme von Waldflächen und Flächenabgänge durch Nut- zungsartenänderung oder geänderte Bewirt- schaftungszuständigkeiten können die Ge- samtfläche und das Verhältnis von Holzbo- den zu Nichtholzboden verändern. In den Abb. 2: Baumartenverteilung Jahren nach Abschluss der letzten Forstein- richtung 2010 ist die städtische Waldfläche durch solche Veränderungen deutlich ge- 1998 und 209 hat sich der Anteil der über 80- wachsen. Die genauen Flächen werden in der jährigen Bestände von 28 % über 34 % auf aktuell laufenden Forsteinrichtung abge- jetzt rd. 40 % erhöht. Im Rostocker Stadtwald stimmt und im Planungsteil festgeschrieben. geht die Tendenz eindeutig zu älteren und stärkeren Bäumen, die bessere ökonomische Das Stadtforstamt Rostock bewirtschaftet z. und ökologische Parameter aufweisen. Zt. eine Gesamtfläche von 6.039 Hektar Knapp ein Fünftel aller Bäume sind älter als Waldfläche nach § 2 Abs. 2 LWaldG, diese 120 Jahre. unterteilt sich aktuell in Der aktuell ermittelte gesamte Holzvorrat des Stadtwaldes beträgt rund 1,64 Millionen Seite 6
Vorratsfestmeter. Die höchsten Holzvorräte Wald in Großstadtnähe dient vorrangig der erreicht die Kiefer vor der Buche und dem Erholung. Dieser Aspekt hat im Jahr 2020 sonstigen Laubholz (Erle, Birke) – letzteres durch die Beschränkungen der Corona- ist vor allem durch die hohen Flächenanteile Pandemie noch eine besondere Bedeutung dieser Baumarten bedingt. Danach folgen erhalten. Für Tausende Menschen war es Fichte und Eiche. Die flächenbezogenen Wer- möglich, trotz oder gerade wegen te ergeben einen mittleren Holzvorrat über „Lockdown & Co.“ Entspannung, Ruhe und alle Baumarten von rund 338 Vorratsfestme- Ausgleich in der Rostocker Heide zu finden. tern je Hektar Holzbodenfläche (alle Werte Dafür steht allen Besuchern in dieser weit- aus forstlicher Kontrollstichprobe). 1.3 Waldfunktionen In der heutigen Zeit hat der Rostocker Kom- munalwald viele Funktionen auf einmal zu erfüllen. Neben gesetzlich fixierten Ansprü- chen an Wald sind die Ansprüche an Wald und die daraus resultierenden Waldfunktio- nen wesentlich durch die Ziele des Eigentü- mers und damit durch die Rostocker Bürger selbst geprägt. Die hohe Wertschätzung für den kommunalen Wald zeigt sich in dem Abb. 4: Alter Laubwald mit Biotop- und Totholzbäumen beständig guten Engagement von Politik und Bürgern gegenüber den Anforderungen an Schutz, Nutzung und Entwicklung ihres läufigen Landschaft ein gut ausgebautes „eigenen“ Waldes und die damit verbunde- Netz von Rad- und Wanderwegen (insgesamt nen Beschäftigten. Wenn heute in Landes- 87 km Hauptwege) zur Verfügung. Die vielfäl- und Bundespolitik über die Honorierung der tigen Wegeverbindungen durch die Ökosystemleistungen des Waldes diskutiert Rostocker Heide erschließen auf naturver- wird, hat die Hanse- und Universitätsstadt trägliche Weise eine der schönsten Land- Rostock dieses seit Jahrzehnten nicht bereits schaften direkt an der deutschen Ostseeküs- realisiert- nicht nur geredet, sondern Inte- te. Die einzigartige Kombination von Wald resse der eigene Einwohner und Gäste ge- und Meer kann nicht nur zu Fuß oder per handelt. Waldbewirtschaftung ist seit Grün- Fahrrad, sondern auf den ausgewiesenen dung des Stadtforstamtes im Jahr 1992 aner- Reit- und Fahrwegen (insgesamt rd. 60 km) kannte Umweltdienstleistung. auch per Pferd oder Kutsche immer wieder neu erkundet und erlebt werden. Abb. 3: Strand und Wald am Rosenort Abb. 5: Wald als Rohstofflieferant, Kohlenstoffspeicher und Erholungsraum Seite 7
Der Stadtwald hat darüber hinaus wegen Mit den Kenntnissen über die Standortfakto- seiner Bedeutung für die Umwelt Schutz- ren der Flächen (Nährstoffreichtum, Boden- funktionen zu erfüllen, insbesondere für die feuchtigkeit) und die Standortansprüche der dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaus- einzelnen Baumarten (Lichtbedarf u. ä.) för- haltes, für Klima und Boden, für den Wasser- dert naturnahe Forstwirtschaft diese vielfäl- haushalt und die Reinhaltung der Luft. In tigen Wirkungen der Wälder. Für den Bereich Zeiten des sich verstärkenden Klimawandels der Rostocker Heide werden standortgerech- ist vor allem die Speicherung von Kohlen- te, stabile und langlebige Mischbestände stoff in Wäldern und in Holzprodukten eine angestrebt, die gerade bei der unmittelbaren der größten Klimaschutzleistungen, die mit Randlage zur Ostsee für die Betriebssicher- nachhaltiger Forstwirtschaft auch in der heit und Funktionsvielfalt von großer Bedeu- Rostocker Heide umgesetzt werden. Die heu- tung sind. Im Hinblick auf die sich stetig ver- te vorhandenen Holzvorräte im Stadtwald ändernden Umweltbedingungen ist eine binden schätzungsweise 1,8 Millionen Ton- Strategie der Risikostreuung und die damit nen CO₂. verbundenen Vielfalt in Baumarten und Strukturen wesentliches Ziel kommunaler Darüber hinaus belegen die hier ausgewie- Waldbewirtschaftung. sen Schutzgebiete die überregionale Bedeu- tung des Rostocker Stadtwaldes – dominie- In den hansestädtischen Wäldern wird rend ist dabei das 3.500 Hektar große FFH grundsätzlich von einer Funktionsvielfalt auf (Flora-Fauna-Habitat)-Gebiet, das zu europä- der gesamten Fläche ausgegangen. Dies be- ischen Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ ge- deutet die z. B. die gleichzeitige Nutzung hört. Nach nationalem Recht sind darüber einer Waldfläche als Rohstofflieferant und hinaus noch vier Naturschutzgebiete im als Erholungsraum, wobei bestimmten Funk- Stadtwald und die gesamte Rostocker Heide tionen der Vorrang eingeräumt werden kann. als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Die daraus resultierenden Pflegemaßnah- men im Küstenschutzwald oder in Natur- Gleichzeitig wird der kommunale Wald als schutzgebieten unterscheiden sich deutlich nachhaltiger Rohstofflieferant genutzt, da von denen auf Umwandlungsflächen oder sich Schutz und Nutzung keineswegs aus- den Aufwendungen im Erholungswald oder schließen. Die Nutzung von Holz als nach- von den gänzlich unbewirtschafteten Wald- wachsendem Rohstoff ist ökologisch ohne flächen. Die unterschiedlichen Bewirtschaf- Alternative, bietet Arbeitsplätze im Wald, im tungsschwerpunkte sind in der Forsteinrich- Holzhandel und Holztransport sowie in der tungsplanung mit Waldbehandlungsgruppen verarbeitenden Industrie und erbringt Ein- festgeschrieben. nahmen zugunsten der Hansestadt. Mit Holz- nutzung werden notwendige Pflegemaßnah- Diese enge Verbindung des Nutz-, Schutz- men in der Rostocker Heide ausgeführt und und Erholungswertes der Rostocker Heide ein Wertzuwachs der Bestände gesichert. Die macht die außerordentlich starke Sozialbin- Substitution fossiler Rohstoffe durch Ver- dung des kommunalen Waldeigentums deut- wendung von Holz und die zusätzliche Spei- lich, wie sie in kaum einem anderen Bereich cherung von Kohlenstoff in möglichst langle- zu finden ist. bigen Holzprodukten leistet zudem einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz. In den Rostocker Wäldern werden planmäßig jährlich, je nach Marktlage und dem mögli- 2. Waldschäden chem Hiebssatz, zwischen 10.000 bis 16.000 Festmeter Holz eingeschlagen und verkauft. Für den Rostocker Waldbesitz wurde 2019 Diese nachhaltig mögliche Menge wird durch keine spezielle Erhebung der aktuellen Schadereignisse (Orkane, Hochwasser) zeit- Waldschäden vorgenommen. Die Ergebnisse weise überschritten und muss im zehnjähri- der Waldzustandserhebung des Landes von gen Forsteinrichtungszeitraum ausgeglichen 2020 (https://www.regierung-mv.de/Landes- werden. regierung/lm/Service/Publikationen/) wer- den für den Rostocker Waldbesitz übernom- men und regional bei Bedarf ergänzt. Seite 8
Der Anteil völlig gesunder Bäume liegt bei Standorten waren deutliche Vitalitätsverlus- ca. 20 %, der Anteil deutlicher Schäden te (Welke, Braunfärbungen, Verlichtung der schwankt um 25 %. Dazwischen liegt die Mas- Oberkrone) und teilweise absterbende Bäu- se der verbleibenden Bäume. Im Vergleich me gut erkennbar (Buche, Hainbuche, Eiche). mit den Daten der Waldzustandserhebung des Landes M-V hat sich 2020 nur wenig Die generelle Entwicklung der Witterungsbe- grundsätzlich geändert. Dies betrifft vor al- dingungen führt zu einer hohen Prädispositi- lem die Baumart Kiefer, die in der Rostocker on der Bestände für weitere Schadfaktoren, Heide deutlich bessere Werte als im Landes- die vor allem durch holz- und rindenbrüten- durchschnitt aufweist. de Insekten ausgenutzt wird. Hauptverursa- Bei der Beurteilung der Ergebnisse des Waldzustandes müssen vor allem die klima- tischen Bedingungen und die langfristigen Auswirkungen von Witterungsextremen be- rücksichtigt werden. Dazu zählt im Stadt- forstamt 2020 der äußerst milde Winter, der bereits im Januar Temperaturen von ca. 15 °C erreichte. Diese Entwicklung begünstigte besonders das Auftreten der Sitkafichten- Röhrenlaus, die im weiteren Jahresverlauf für enorm starken Befall in der Rostocker Heide sorgte. Hochwasser- und Sturmereig- nisse (z. B. März und Oktober 2020) bleiben im normalen Rahmen. Abb. 7: Schäden an Eiche und Buche Die Nachwirkungen der extremen Dürrejahre 2018 und 2019 wurde im Jahr 2020 nur wenig cher sind neben der Sitkafichten-Röhrenlaus kompensiert. Da die Wasserspeicher des vor allem die Borkenkäferarten Buchdrucker Waldbodens während des Winters nicht aus- und Kupferstecher, die auch 2020 zum Teil reichend befüllt wurden, führten fehlende mit bis zu drei Käfergenerationen permanent Niederschläge und hohe Temperaturen im verstärkt Neubefall auslösen. Hier sind vor Verlauf des Jahres 2020 zu einer gleichblei- allem Fichte und Kiefer betroffen. bend hohen Belastung. Die Austrocknung der Abb. 6: Befall mit Sitkafichten-Röhrenlaus Abb. 8: Vitale Küstentanne vor absterbender Sitkafichte – Alternativen im Klimawandel Waldböden war vielerorts derart fortge- Bei den Eichen kommen neben den Witte- schritten, dass selbst tiefer wurzelnde Bäu- rungsextremen noch die fortschreitenden me unter Trockenstress gerieten. An expo- Schäden durch das Eichensterben hinzu. Hier nierten Waldrändern und auf trockenen handelt es sich um eine Komplexkrankheit, Seite 9
die durch mehrere Faktoren ausgelöst wird, Eigentümerin, der Hansestadt Rostock, ge- die in unterschiedlicher Zusammensetzung prägt. Die daraus resultierenden Vorgaben gleichzeitig oder nacheinander auftreten. werden durch das Stadtforstamt über natur- Dabei kann zwischen möglichen prädispo- nahe und gleichzeitig multifunktionale Wald- nierenden Faktoren (z. B. klimatische Ver- bewirtschaftung umgesetzt. Sie ermöglichen hältnisse, Grundwasserstände) und mögli- nachhaltig Schutz und Nutzung des städti- chen Schaden auslösenden Faktoren schen Waldes im Sinne einer Umweltdienst- (Insektenfraß, strenge Fröste) unterschieden leistung für die Rostocker Bürger und ihre werden. Nach erfolgter Vorschädigung kön- Gäste. nen sekundäre Einflussfaktoren, wie z. B. Eichenprachtkäfer die Schädigungen be- Die erforderlichen Ziele und Vorgaben sind schleunigen und zum Absterben der Eichen in verschiedenen Grundlagen festgehalten. führen. Dazu gehören die Beschlüsse der Rostocker Bürgerschaft (Bildung eines eigenen Stadt- Die Baumarten mit den deutlichsten Schä- forstamtes, FSC-Zertifizierung, Umweltquali- den sind Eichen (über ein Drittel aller Bäume tätszielkonzept, Bodenschutzkonzept etc.) weisen deutliche Schäden auf), gefolgt von und die notwendigen Fachplanungen (z. B. Buche, Fichte und sonstigem Laubholz (bes. Forsteinrichtung, Standortserkundung, Wald- Esche). Die geringsten Schäden treten bei biotopkartierung, FFH-Managementplan). sonstigem Nadelholz (Douglasie, Tannen, Das Ziel kommunaler Waldbewirtschaftung Lärchen) auf. Diese Baumarten belegen im ist daher nachfolgend definiert. Landesdurchschnitt mit fast 45 % den Spit- zenplatz bei den gesunden Bäumen. Die Erhaltung, Vermehrung, Entwicklung und Wahl von künftig möglichen Baumarten für Pflege multifunktionaler, arten- und struk- die Wiederbewaldung oder die Stabilisierung turreicher sowie möglichst naturnaher der Waldbestände muss sich neben den ein- Waldökosysteme: heimischen Arten auch an bisher nicht favo- risierten Baumarten orientieren, die mit kli- – flächendeckend gleichrangige Waldfunktio- matischen Veränderungen besser umgehen nen, nur in Ausnahmefällen eine Wichtung können. Dazu zählen u. a. Esskastanie, Küs- mit gezielter Vorgehensweise zu Gunsten tentanne, Weißtanne oder auch Douglasie). einer Funktion; Die zügige Wiederbewaldung der in den Vor- – möglichst naturnaher, baumarten- und jahren entstandenen Freiflächen und der strukturreicher sowie klimastabilen Wald- stark aufgelichteten Bestände ist vor allem lebensraum mit typischen Tier- und Pflan- im Sinne der Stabilität des verbliebenen zenarten und deren abiotischen Grundla- Waldes notwendig und wurde auch 2020 gen; fortgesetzt. – nachhaltige Erzeugung des nachwachsen- Weitere Angaben zu den übrigen auf den den Rohstoffes Holz in möglichst großer Wald wirkenden biotischen und abiotischen Sortimentsvielfalt und Nutzung unter Be- Schadfaktoren (Käfer und Pilze bzw. Feuer achtung ökonomischen Prinzipien; oder Witterungsextreme) finden sich im Ka- pitel Forstschutz. – Waldbewirtschaftung unter Ausnutzung möglichst vieler biologischen Rationalisie- rungsmöglichkeiten so natur- und men- schenschonend wie möglich. 3. Waldbewirtschaftung Die Grundsätze für die Umsetzung nachhalti- 3. 1 Grundsätze ger, naturnaher Waldbewirtschaftung gelten für die gesamte Waldfläche und beinhalten Die Art, die Intensität und die Ziele der kom- u. a.: munalen Waldbewirtschaftung werden durch gesetzliche Rahmenbedingungen und durch – Fortführung Waldumbau, Erhöhung Risi- die Zielstellungen und Möglichkeiten der kostreuung und Klimastabilität; Seite 10
– Anpassung an natürliche Differenzierungs- für Holzprodukte und Waldbewirtschaftung prozesse; dar, das auf der Einhaltung von zehn inter- national verbindlichen Prinzipien und Krite- – hohe Zieldurchmesser und lange Umtriebs- rien beruht. zeiten, geeignete Nutzungsstrategie; Das Stadtforstamt Rostock ist auch im Jahr – Beibehaltung Waldbehandlungsgruppen 2020 nach dem FSC-Standard zertifiziert. und jeweils differenzierte Bewirtschaftung; Die Prinzipien und Kriterien des FSC- – Umsetzung FSC-Standard; Deutschland ergänzen die gesetzlichen Best- immungen und fördern die ständige Weiter- – Anteil bewirtschaftungsfreier Flächen bei- entwicklung der Waldwirtschaft zu Umwelt- behalten; verantwortlichkeit, Sozialverträglichkeit und wirtschaftlicher Tragfähigkeit. Ein wichtiges – Erschließungskonzept auf Mehrfachfunkti- Merkmal ist der Interessenausgleich zwi- on optimieren; schen Ökologie, sozialen Belangen (z. B. Er- holung, Arbeitsbedingungen) und wirtschaft- – standortgerechte Baumartenwahl, Förde- lichen Ansprüchen, dem sich die Hanse- und rung Alt- und Totholz; Universitätsstadt Rostock nicht nur auf loka- ler Ebene, sondern auch im Rahmen des – keine Kahlschläge zur Waldverjüngung, Klima-Bündnis Allianza del Clima verpflichtet kein Einsatz von Pestiziden oder Dünger; fühlt. – kein flächiges Befahren der Waldböden; – tragbare Wilddichte. Für einzelne Waldbehandlungsgruppen (vgl. 1.3) werden über diese Grundsätze hinaus weitere konkrete Vorgaben definiert und eingehalten. 3.2 Zertifizierung Die Ziele der fachlichen Planung entspre- Abb. 10: FSC-Kontrolle 2020 im Revier Torfbrücke chen dem Zertifizierungsstandard des Forest Stewardship Council® (FSC®). Diese Zertifi- zierung stellt ein weltweit gültiges Gütesiegel Das Zertifikat wird nach einer neutralen Be- urteilung und Kontrolle der jeweiligen Wald- bewirtschaftung vergeben (jeweils fünfjähri- ger Zertifizierungszeitraum). Im Jahr 2020 erfolgte durch die Schweizer „Ecocert IMO GmbH das mittlerweile fünfte Re-Audit nach der erstmaligen Zertifizierung im Jahr 2000. Auch dieses Audit führte zur erneuten Verga- be des FSC-Zertifikates an das Stadtforstamt. In den vergangenen zwanzig Jahren hat das Stadtforstamt erfolgreich die vielfältigen und strengen FSC-Anforderungen erfüllt, unab- hängig von personellen oder auch finanziel- len Engpässen. Es hat damit nachhaltig ge- zeigt, dass kommunale Waldbewirtschaftung Abb. 9: FSC-Siegel Seite 11
vorbildlichen Umgang mit jahrhundertealtem schädigter Bäume) beträgt 207 Hektar und städtischem Eigentum auch unter wechseln- hat nach dem Extremwert des Vorjahres (343 den Anforderungen garantiert. Damit hat ha) wieder einen deutlich geringeren Wert sich die Hansestadt Rostock – unter ganz erreicht. Im Unterschied zum Vorjahr ist we- anderen Rahmenbedingungen – auch her- gen der schlechten Holzmarktlage nur das vorragend im Vergleich mit anderen einzigar- unbedingt nötige Schadholz auf weniger tigen Naturräumen positioniert, die im Land Schadflächen aufgearbeitet worden. Mit 21 Mecklenburg-Vorpommern u.a. mit seinen Nationalparken existieren. Kiefer Fichte Buche 40000 Zertifizierung bedeutet dauerhaft hohe Qua- Eiche Sonst. LH Sonst. NH lität der Arbeit des Stadtforstamtes als Teil 35000 der Stadtverwaltung. Mit dem FSC-Zertifikat 30000 erfolgt nicht nur eine freiwillige externe 25000 Überprüfung der fachlichen Ziele und der Stück entsprechenden Umsetzung, sondern wird 20000 auch größtmögliche Transparenz und öffent- 15000 liche Beteiligung erreicht. Die Akzeptanz 10000 kommunaler Waldbewirtschaftung als aktive Daseinsvorsorge für die Bürger wird deutlich 5000 gestärkt. Weitere den praktischen Forstbe- 0 trieb bestimmende Resultate der FSC- 2009/10 2011/12 2013/14 2015/16 2017/18 2019/20 Zertifizierung finden sich in den waldbauli- Abb. 12: Pflanzperioden und gepflanzte Hauptbaumarten chen Ergebnissen und in der Forstnutzung wieder (vgl. Kap. 3.3 und 3.4). 3.3 Waldbau Hier werden die wesentlichen Pflegearbeiten zusammengefasst, die im laufenden Jahr zum Erreichen der Bewirtschaftungsziele ausge- führt wurden (Stand 31.12.2020). Der Anteil an Bestandespflege umfasst die planmäßigen Durchforstungen zur Stabilisierung und Pfle- ge der jeweiligen Waldbestände. Mit 111 Hek- tar liegt er ungefähr bei den Vorjahreswerten (125 ha). Der Anteil der Sanitärhiebe (u. a. Abb. 13: Sukzession vom Laubholz vor abgängiger Fichte Aufarbeiten durch Witterung, Käfer o. ä. ge- Abb. 11: ausgewählte Waldbaudaten 2014 bis 2019 Abb. 14: natürliche Waldverjüngung nach Kalamität Seite 12
fm/ ha ist der flächenbezogene Wert dabei Bei Walderneuerungsarbeiten soll zunächst genauso hoch wie im Vorjahr. die natürliche Verjüngung initiiert werden. Ist dies nicht möglich, werden bei allen Weitere Details der Jungbestands- und der Pflanzungen ca. 10% der Fläche nicht be- Bestandespflege, bei denen Holznutzungen pflanzt (Förderung natürlicher Sukzession) realisiert werden, sind unter Kap. 3.4 erläu- und nur die notwendigsten Pflanzenzahlen tert. verwendet. Auf den durch Schadereignisse entstande- nen Umwandlungsflächen wird zuerst auf natürliche Sukzession gesetzt und erst da- nach werden die verbleibenden Lücken mit z.B. Eiche ergänzt. Zur Wiederbewaldung von Schadflächen nach z.B. Witterungsextremen werden aber künftig auch auf größerer Flä- che Pflanzungen notwendig sein. 2020 wur- den bei den Hauptbaumarten vor allem Ei- che, Erle, Linde, Buche und Hainbuche als Wiederaufforstung oder Stabilisierung ge- pflanzt; bei Erstaufforstungen kamen noch Birke und Lärche hinzu. Abb. 15: Verjüngung Buche und Kiefer im Küstenschutzwald Zur Förderung seltener Baum- und Strauch- arten im Forstamt wurden seit Jahren vor allem in den Neuaufforstungen, aber auch bei Wiederaufforstungsflächen zusätzlich weitere Gehölze gepflanzt – seit 2003 insge- samt rund 60.000 Stück von siebenundzwan- zig verschiedenen Arten. In den Jahren 2017/18 waren dies 11 Arten mit insgesamt 11.800 Bäumen und in den Jahren 2019/20 wurden 16 verschiedene Arten mit insgesamt 13.600 Bäumen gepflanzt. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Arten wie Holunder, Eberesche, Hartriegel, Schlehe, Hasel und Weissdorn sowie Linde, die allein mit rd. 1800 Stück vertreten ist. Abb. 16: Eichen-Buchenbestand im Schnatermann Neben Unternehmerleistungen und eigene Waldarbeitern wurden Pflanzungen auch 16000 25 Bäume versch. Arten 14000 20 12000 Anzahl Bäume 10000 Anzahl Arten 15 8000 10 6000 4000 5 2000 0 0 2007/08 2009/10 2011/12 2013/14 2015/16 2017/18 2019/20 Abb. 17: Adlerfarn als typisches Kulturhindernis- Pflanzung notwendig Abb. 18: Pflanzperioden und gepflanzte Begleitgehölze Seite 13
vom Bergwaldprojekt und über die Pflanzak- Planungszeitraum von 2009 bis 2018, redu- tion „Bürger für Bäume ausgeführt. ziert um die Festlegung der (nutzungsfreien) Referenzflächen. Die jährlich nutzbare Holz- Die im Stadtforstamt zur Waldverjüngung menge wird vom möglichen Absatz, der sehr verwendeten Baumarten entsprechen den unterschiedlich ausfallen kann und von den standörtlichen Gegebenheiten. An den gerin- im Jahresverlauf stark schwankenden Nut- gen Aufforstungsflächen kann man ablesen, zungsmöglichkeiten der Waldflächen einge- dass natürliche Sukzession und Vorwaldsta- schränkt. Es ergeben sich unterschiedlich dien, wie in der Forsteinrichtung vorgegeben, hohe Nutzungen der einzelnen Baumarten. ausgenutzt werden. Lediglich Pflanzungen von Eiche und weiterem Laubholz sind stär- ker vertreten. Bei Neuaufforstungen werden standortsabhängig eher Pionierbaumarten wie Birke und Ahorn, aber auch Eichen für die Hauptbaumarten verwendet. Die Bevorzugung der natürlichen Verjüngung wird auch unter Berücksichtigung verstärkter Schadflächen durch Klimawandel so bleiben und zu geringen Aufforstungsflächen und Pflanzenzahlen führen. Ausnahme bilden die Wiederbewaldung extremer (großer) Schad- flächen und die Neuaufforstungen. In den letzten zehn Jahren (seit 2011) sind jährlich Abb. 19: Baumartenverteilung der Nutzung 2020 (vgl. dazu auch Baumarten- 26.700 Bäume der Haupt- und Nebenbaum- verteilung im Kap. 1) arten gepflanzt worden, davon über die Hälf- te Laubhölzer. Buchen und Eichen stellen Die dominierenden Holznutzungen aus der davon ca. ein Drittel. Dazu kommt ein Vielfa- Forsteinrichtung liegen vor allem bei Fichte, ches an Bäumen, die aus natürlicher Verjün- Kiefer und Lärche, mit naturschutzfachlichen gung erwachsen – ungefähr das Zehnfache Einschränkungen auch bei Buche und Eiche. der gepflanzten Bäume. Jedes Jahr kommen Bei der Erle sind die Holzmengen nutzungs- so mindestens eine viertel Million neuer technisch wegen der Nassstandorte kaum Bäume hinzu, wobei auch bei ungestörter oder gar nicht zu realisieren. Entwicklung nicht jeder dieser Bäume ein hohes Alter erreichen kann. Bezogen auf die Zu Jahresbeginn 2020 war der Nadelholz- Fläche sind in den letzten zehn Jahren 83 % markt noch immer zweigeteilt -einerseits mit Laubholz bepflanzt worden. immer noch sehr viel Kalamitätsholz aus den mitteldeutschen Schadgebieten, die die Bei der Kultur- und Jungwuchspflege wird Holzmärkte überfluten und somit die Preise generell auf chemische Mittel verzichtet und deutlich drücken, anderseits eine geringe auf manuelle Verfahren (Heppe, Freischnei- Nachfrage nach frischem Holz, welche auf der etc.) zurückgegriffen. Die Pflege erfolgt Grund gebundener Aufarbeitungskapazitäten nur dort, wo Eingriffe zum Erreichen des Ziel- in den Kalamitätsschlägen kaum erfüllt wer- waldes unbedingt notwendig sind. den kann. Auf Grund der durch Kalamitäts- holz gesättigten Märkte lässt sich auch Kie- fernsägeholz nur schwer absetzen. 3.4 Forstnutzung Frisches, gesundes Buchen- und Eichen- stammholz ist gesucht und lässt sich gut Etwa 3,3 Erntefestmeter können pro Jahr und vermarkten, so lange die Exportbedingungen Hektar Holzbodenfläche genutzt werden. stabil bleiben. Schwieriger gestaltet sich der Diese Menge ergibt sich aus dem festgeleg- Holzeinschlag, da Aufarbeitungskapazitäten ten Nachhalthiebssatz der Forsteinrichtung zumeist mit den Käferholzschlägen beschäf- (vgl. Kap. Forstplanung und Forsteinrichtung) tigt sind. und bezieht sich auf deren zehnjährigen Seite 14
des Holzangebotes bis zum Erreichen einer angemessenen Preislage angebracht. Im Laubholz besteht dagegen gute Nachfrage und in Verbindung mit pfleglichen Holzbrin- ge-Verfahren (Pferd und Raupen-Forwarder) konnten über 2100 fm Laubholz, bodenscho- nend geerntet und erneut auch Weichlaub- holz-Bestände (Birke, Erle) durchforstet wer- den. Im Herbst 2020 wurde auch endlich der Durchbruch bei der Seilkran-Holzbringung geschafft. Erste sehr erfolgversprechende Versuche mit einer neuentwickelten Laufkat- ze für Flachlandbedingungen im Revier Torf- Abb. 20: Buchen- Stammholz brücke könnten die Rückung auf grundwas- serbeeinflussten Standorten revolutionieren. Der Wirtschaftseinbruch im Holzgewerbe durch den Corona-Lockdown war nur von kurzer Dauer. Bereits im Mai 2020 konnten die Verluste durch eine deutliche Belebung im Baugewerbe, insbesondere die DIY- Märkte, wieder aufgeholt werden. Für die Laubholzsäger, die wesentlich mehr von den Exportmärkten abhängig sind, ist die Lage deutlich angespannter. Der innereuropäi- sche und insbesondere der chinesische Wa- rentransport ist fast zum Erliegen gekom- men. Deutlich erhöhte Frachtraten und be- hinderter Warenverkehr erschweren die Situ- ation zusätzlich. Wegen des hohen Nadel- kalamitätsholzanfalls standen die Industrie- Abb. 21: Seilkran beim Holzrücken holzmärkte weiterhin stark unter Druck. F/K- Qualitäten ließen sich nicht oder nur schwer absetzen und decken kaum die Einschlags- Trotz Vermeidung von unnötigen Frischholz- kosten; unwesentlich besser war die Lage bei einschlägen im Nadelholz, insbesondere in N-Qualitäten. Trotzdem wurde der Holzmarkt der Kiefer, sind im gesamten Jahr 2020 9.612 erneut mit Käferholz aus den Hauptschadge- Festmeter geerntet worden, wobei der bieten Mitteldeutschlands überschwemmt, Schadholzanteil mit fast 6.700 fm bei knapp sodass die Kurzholzsortimente preislich im 70 % lag. Das sind, der Marktlage geschuldet, zweiten Halbjahr nochmals um 5 bis 10 Pro- ca. 2.200 fm weniger als im Vorjahr. zent nachgaben bzw. Nadel-Palettenholz nicht mehr zu verkaufen war. Nur durch lang- jährig gute Geschäftsbeziehungen konnten im letzten Quartal noch Verträge geschlos- sen werden, was für die Aufarbeitung der Sitkafichten Kalamitätsbestände äußerst wichtig war. Erst gegen Ende 2020 konnten leicht erhöhte Preise für Holz aus Frischein- schlag durchgesetzt werden. Jedoch ist die Schere zwischen den seit den letzten Jahren drastisch gesunkenen Rundholzpreisen für Waldbesitzer und den deutlich besseren Schnittholz- und Sägerestholzpreisen zu Gunsten der Nadelholz-Sägewerke nach wie vor groß. Hier ist eine weitere Zurückhaltung Abb. 22: Hiebssatz und Nutzungsmenge Seite 15
Kiefer, Fichte und Lärche ergeben zusammen 2020 konnten erneut nach 2018 und 2019 78 % der Nutzungsmenge (Vorjahr 70 %) und Rückepferde im Stadtforstamt eingesetzt konnten als Langholz und Langholzabschnit- werden. Insgesamt bewegten die Pferde te (LAS) bzw. als Industrieholz vermarktet rund 1.515 fm Holz (im Vorjahr 1.345 fm) an werden: Kiefern- und Fichtenstammholz an die Rückegassen (12 % der Rückeleistungen) einen regionalen Säger in Franzburg, die Der Einsatz von Rückepferden bringt in ge- LAS-Sortimente beider Baumarten nach Wis- eigneten Beständen Vorteile für Bodenschutz mar an den regionalen Großsäger Ilim Timb- (u. a. weitere Gassenabstände möglich), er- er. Buche, Eiche und Esche ließen sich im setzt aber nur teilweise die maschinelle Ar- Stammholzbereich gut absetzen und mach- beit – stapeln von Holz ist mit Pferd nicht ten mit dem weiteren Laubholz (Birke, Erle) möglich. Der Einsatz von Pferden wird wegen 22 % des Holzeinschlages aus (Vorjahr 30 %). der o. g. Vorteile in den Folgejahren weiter- geführt, auch wenn aktuell das Pferd mehr 2020 wurden 62 % des Holzeinschlags von als doppelt so hohe Kosten je fm im Ver- Harvestern abgewickelt. Diese voll mechani- gleich zum Forwarder verursacht. sierte Holzernte stellt vor allem Industrie- holz-Sortimente und Sägeabschnitte (LAS) im Nadelholz bereit. Übersteigen die Gassenab- stände die Kranreichweite der Maschine, muss motormanuell durch Waldarbeiter des Unternehmers „zugefällt“ werden. Um die angestrebten waldbaulichen Ziele zu errei- chen und die Schadholzmengen zu bewälti- gen, sind der Wertholz-Einschlag und die Aufarbeitung von Stammholz durch eigene Waldarbeiter unverzichtbar. 2020 wurden 38 % der Holzmenge von den Waldarbeitern des Stadtforstamtes gefällt bzw. aufgearbeitet. Bedingt durch die Aufarbeitungsverfahren Abb. 24: Rückepferde in der Rostocker Heide und die Sortimentsstruktur (Abschnitte, Schichtholz) wurden 71 % der Rückleistungen durch Unternehmer erledigt (nach Harvester bzw. nach externem Einschlag und Vorlie- fern). Die eigene Forstamtstechnik erledigte 17 % dieser Leistungen (sämtliches Stamm- holz und das Vorliefern von Kurzholz) und war bei Verkehrssicherungsarbeiten sowie Grabeninstandhaltungen im Einsatz. Abb. 25: Raupenforwarder im Einsatz Nach wie vor werden rund 95% des Holzein- schlages von FSC-zertifizierten Kunden ge- kauft. Dies sind vor allem die Großabnehmer im Holz-Cluster Wismar (Egger, Ilim Timber) sowie Kronoply, Heidegesellschaft, DSHwood Abb. 23: Spezialtechnik des Stadtforstamt bei seilunterstützten Verkehrssi- und Pfeiffer-Holz. Das FSC-Label bewirkt cherungsarbeiten jedoch keine besseren Vermarktungspreise. Seite 16
Nicht FSC-zertifizierte Abnehmer sind vor wurf) in den Baumarten Fichte und Sitkafich- allem regionale Verarbeiter. te, die die gesamte Holzmenge der Kahlhie- be stellten. Die Kahlhiebe sind die letztlich Bei der ersten Submission von Wertholz am nötige Reaktion auf die nach mehreren Dür- 23.01.2020 beteiligte sich das städtische rejahren erfolgten massiven Absterbeer- Forstamt mit 28,11 fm Eichen-Wertholz scheinungen in bei Fichte und Sitkafichte. (stärkster Einzelstamm 6,96 fm) und erzielte Die Schadholzmenge hat sich 2020 im Ver- mit 18.768 € wieder ein gutes Ergebnis. Im gleich zum Vorjahr dabei mehr als verdrei- Durchschnitt erlöste die Eiche 668 €/fm. facht und die Schadfläche hat sich mehr als Generell sind diese Preise im Freihandver- verdoppelt (vgl. 3.5 Fostschutz). kauf nicht zu erzielen. Vor allem durch die hohe Einsatzbereitschaft und das enorme Engagement der für Holz- vermarktung Zuständigen sowie aller Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter des Stadtforst- amtes konnte der Holzeinschlag zügig und in hoher Qualität abgewickelt werden. Nach wie vor ist es in Folge der allgemeinen Marktlage sehr schwierig, akzeptable Bedingungen für den Absatz von Holz zu erreichen, aber dies erfordert auch unterschiedliche Sortimente und terminierte Liefermöglichkeiten. Solche Marktvorteile lassen sich jedoch nur nutzen, wenn die gewünschten Sortimente kurzfristig und flexibel bereitgestellt werden können. Dies setzt einen ausgewogenen Mix aus eige- Abb. 26: Verladung des Wertholzes – an den Grenzen der Technik ner Technik und gutem Personal sowie Fremdleistung voraus. Die bodenschonende Waldbewirtschaftung nach den Zielen des Stadtforstamtes und den Zertifizierungsstandards des FSC ist bei allen Nutzungen berücksichtigt worden. Neben der klassischen Holznutzung ergeben auch sogenannte Nebennutzungen (Brenn holz, Weihnachtsbäume, Schmuckreisig) Er- träge. Von den Revierförstern wurden etwa 200 Selbstwerber vorzugsweise an Wochen- enden im Wald eingewiesen, um ca. 900 rm Brennholz zu erwerben und aufzuarbeiten Abb. 27: Wertholz: Mengen und Erlöse 2020 (Vorjahr: 245 Selbstwerber, 1.000 rm). Rund 2.000 Kunden kauften ihren Weihnachts- baum in der Rostocker Heide. Der Holzeinschlag (Holzmenge) wurde 2020 zu 27 % aus Durchforstungen (Vorjahr: 30 %), Lehrgänge für private Selbstwerber im Um- zu 46 % aus Sanitärhieben (Einschlag ge- gang mit der Motorsäge fanden wegen der schädigter Bäume, Vorjahr 61 %) und zu 4 % Corona-Beschränkungen nicht statt. Im über Zielstärkennutzung (Vorjahr: 4 %) er- Stadtforstamt darf in Selbstwerbung nur bracht. Aus Kahlschlägen kamen 23 % des liegendes Holz mit entsprechendem Befähi- Einschlages von elf Flächen mit insgesamt gungsnachweis aufgearbeitet werden. Die 9,95 ha (Vorjahr: fünf Flächen und 4,53 ha). Bäume werden für eine höhere Arbeitssi- Die Flächengrößen lagen zwischen 0,20 und cherheit ausschließlich durch eigene Waldar- 2,20 ha. Ursache waren in jedem Fall flächige beiter gefällt. Bestandesschäden (Bruch, Käferbefall, Wind- Seite 17
3.5 Forstschutz wesentlichen Leistungen mussten mit eige- nen Kräften erbracht werden. Die Frequen- Dieses Aufgabengebiet ist im Stadtforstamt tierung des Waldes war trotz der im Frühjahr nach wie vor geprägt durch illegale mensch- und ab Herbst ausbleibenden Touristen den- liche Beeinflussung des Waldgebietes, wie z. noch sehr stark durch die einheimische Be- B. Müllablagerungen, Campieren, Fahren mit völkerung gegeben. Im Sommer kamen ne- Kraftfahrzeugen. ben den üblichen Touristenströmen noch diejenigen dazu, die sonst im Ausland ihren Müllablagerungen in den Waldgebieten sind Urlaub verbracht hätten. Dies führt zu deutli- eine ständige Herausforderung. Rad- und chen Mehrbelastungen gerade in der Haupt- Wanderwege, Parkplätze und Schutzhütten saison. müssen nicht nur in der Saison (April- September) mehrmals wöchentlich gesäu- Im Jahr 2020 fielen mit angepasster Arbeits- bert werden, sondern seit Jahren zunehmend organisation (Containergrößen, Leerungstur- auch in der Nebensaison. Neben „normalem“ nus; Zwischenlagerung etc.) Container- und Müll wie Verpackungen, Büchsen, Flaschen Sonderabfallgebühren von rund 5.400 € an- müssen seit einigen Jahren verstärkt Sonder- weniger als im Vorjahr (8.500 €). Der für das abfälle (Farben, Batterien), Haushalts- und Müllsammeln in den Revieren erforderliche Elektrogeräte, Sperrmüll und Altreifen ent- Personal- und Technikeinsatz des Forstam- sorgt werden. Auch Schrott muss immer wie- tes erfordert insgesamt ca. 16.000 € und bin- der abgefahren werden, wobei dessen Ent- det erhebliche Kapazitäten, die für andere sorgung meist durch die Erlöse gedeckt wer- Aufgaben nicht zur Verfügung stehen. den kann. Auch 2020 kam es vereinzelt wieder zu Van- Zunehmend sind auch in den Ortsrandlagen dalismus an Beschilderungen, Informations- und innerstädtischen Waldteilen die illega- tafeln u. ä. Der Umfang solcher Beschädi- len Ablagerungen von Grünschnitt im Wald. gungen nimmt zwar nur punktuell, dennoch Die akkurat gepflegten Hecken um die Wohn- muss beschädigte touristische Infrastruktur grundstücke stehen im krassen Gegensatz zu immer öfter ersatzlos eingezogen werden. dem dann im öffentlichen Wald abgelagerten Schnittgut. Auch hier ist nur durch besser Der Strandbereich in den Revieren Torfbrü- personelle Ausstattung und konsequente cke und Hinrichshagen bildet nach wie vor Ahndung Abhilfe möglich. einen Forstschutzschwerpunkt – immer wie- Abb. 28: Ablagerung von Grünschnitt im Wald Abb. 29: Die akkurat gestutzte Hecke direkt daneben… Bedingt durch die Regelungen und Ein- der verstärkt mit illegale Nutzungen im Wald schränkungen im Zusammenhang mit der und am Strand. Die permanenten Kontrollen Corona-Pandemie waren keine größeren haben dies auch 2020 bisher weitgehend Aktionen wie Müllsammlungen etc. unter unterbunden, müssen aber weiter fortgesetzt Mitwirkung von Freiwilligen möglich. Die werden, um den Belangen von Natur- und Seite 18
Landschaftsschutz gerecht zu werden. Dies See/Hütelmoor“, bei dem sie durch das erfordert eine bessere personelle Ausstat- Forstamt entsprechend fotografiert wurden. tung. 2020 sind dazu die ersten gemeinsa- Binnen weniger Tage konnten die Beteiligten men Kontrollen mit Polizei und Kommuna- dank intensiver Mithilfe der Ostsee-Zeitung lem Ordnungsdienst (KOD) umgesetzt wor- und weiterer betroffener Strandbesucher den. Die Neufassung der Strandsatzung war ausfindig gemacht werden bzw. stellen sich erst in der Erarbeitung, bildet aber künftig selbst. Die verhängten Bußgelder bewegen eine wesentliche Rechtsgrundlage für den sich in empfindlicher Höhe und werden auch Strandbereich der Rostocker Heide. künftig abschreckend wirken. Zugenommen haben das (immer illegale) Bei allen weiteren Verfahren zur Ahndung Zelten oder Campieren im Strandbereich/ von Ordnungswidrigkeiten ist dringend Küstenschutzwald sowie illegale Übernach- Handlungsbedarf bei z. B. Einführung der tungen mit Wohnmobilen auf den Waldpark- Halterhaftung auch für nichtöffentliche Wege plätzen. Hier hat sich der gemeinsame Ein- (Wald) notwendig. Gleiches gilt für die im satz mit der Polizei und dem KOD vor Ort und Waldgebiet angetroffenen Kfz, bei denen bei der Berichterstattung in den Medien gut kein Fahrer, sondern nur das Kennzeichen bewährt. Der intensive Personaleinsatz feststellbar ist. (Forstpersonal, Bundesfreiwilligendienst), punktuelle Amtshilfe durch die Polizei und Leider werden auch Reiter immer wieder die konsequente Umsetzung der gesetzli- abseits der Reitwege angetroffen – trotz gu- chen Bestimmungen (LSG-Verordnung, Wald- ter Zusammenarbeit mit den ansässigen gesetz) bzw. der verhängten Auflagen sind Vereinen und Höfen gibt es einzelne Reiter, nach wie vor erforderlich, um die Schäden in die Wege teilweise vorsätzlich verlassen. Die den sensiblen Strand- und Waldbereichen zu Beibehaltung der aktuellen Reitwegerege- minimieren. lung im Landeswaldgesetz ist als grundle- gende Voraussetzung für das Reiten im Wald Das illegale Befahren der Waldgebiete mit unverzichtbar. Kraftfahrzeugen konnte weiter auf einem geringen Niveau gehalten, aber erneut nicht In den Saisonmonaten (Ostern bis Ende Sep- ausgeschlossen werden. Größere Probleme tember) 2020 waren permanent rund 50 % bereiten nach wie vor die sog. „Quads“, die des forstlichen Außendienstes mit Ord- Wald und Küstenbereich als geländegängige nungsaufgaben in Schwerpunktgebieten be- Abb. 30: Feuer im LSG an der Waldkante Abb. 31: Wettfahrt im Naturschutzgebiet – das wurde richtig teuer Kleinfahrzeuge illegal befahren und deren schäftigt, ohne dass Aufgaben in anderen Verfolgung bzw. Feststellung zwar nur schwer Waldteilen wegfallen konnten. Auf Grund der möglich, aber dennoch realisierbar ist. Im damit verbundenen Präsenz auf der Fläche, März 2020 lieferten sich zwei dieser Fahrzeu- den möglichen schnellen und flexiblen Reak- ge ein Rennen am Strand im NSG „Heiliger tionen auf Störungen und der effektiven Seite 19
Kontrollorganisation kommt der Waldbereich Es zeigte sich, dass der ursprüngliche Verur- mit relativ wenigen Anzeigen von Ordnungs- sacher den rechtswidrigen Zulauf wieder widrigkeiten im Vergleich zum gesamten reaktiviert hatte und die Abwässer weiterhin Stadtgebiet aus. Allerdings werden die Kon- einleitete. Die Einleitung geschah vorsätzlich trolltätigkeiten durch die permanente Aufga- entgegen der Verfügung der unteren Wasser- benverdichtung beim Forstpersonal zuneh- behörde des LK LRO. mend eingeschränkt. Die Anzahl der OWI- Anzeigen hat sich im Vergleich zum Vorjahr Der gesamte Vorgang wurde entsprechend deutlich erhöht. In der Rostocker Heide kon- den gesetzlichen Vorschriften zur Anzeige zentrierten sich die Anzeigen vor allem auf gebracht und liegt aktuell bei der Staatsan- illegales Zelten am Strand und illegales Be- waltschaft Rostock. fahren. Generell wird aber zuerst immer eine deeskalierende Herangehensweise favori- siert, die schon ein Entstehen von illegalen Handlungen verhindert. Abb. 33: Verkehrssicherungsmaßnahme – Fällung unumgänglich Aufwendungen für Verkehrssicherungsarbei- ten haben 2020 etwa 900 Waldarbeiterstun- Abb. 32: Abwassereinleitung im Windelbrinksbach den beansprucht, zuzüglich des Kontrollauf- wands der Revierförster. Dies ist ein leichter Ende Juli 2020 wurde durch das Stadtforst- Rückgang gegenüber dem Vorjahr (1.200 amt eine starke Gewässerverschmutzung im Stunden), der aber durch vermehrten Einsatz Bereich des Reviers Schnatermann festge- externer Unternehmen aufgefangen werden stellt. Betroffen war mit dem Windelbrinks- musste. Durch labilen Gesundheitszustand bach ein naturnahes Fleißgewässer, welches der Bäume kommt es immer wieder beson- sich als geschütztes Biotop im LSG und im ders bei den stadtinneren Flächen zu Gefähr- FFH.-Gebiet befindet. Die zahlreichen Unter- dungen, die umgehend abgearbeitet werden. suchungen der folgenden Tage in Abstim- mung mit den Unteren Wasserbehörden der Hanse- und Universitätsstadt Rostock und des Landkreises Rostock ergaben, dass es sich nicht um eine Havarie sondern um eine vorsätzliche Einleitung von ungeklärten Ab- wässern handelte. Anfang August war der Verursacher ermittelt, die Einleitung unter- sagt und der Rückbau der Leitung durch die untere Wasserbehörde des LK Rostock gefor- dert. Das geschah noch am selben Tag unter deren Beaufsichtigung. Am 10.August 2020 wurden durch das Stadt- forstamt erneut Veränderungen am Gewäs- Abb. 34: Verkehrssicherung an der L22 nach Graal-Müritz ser des Windelbrinksbach wahrgenommen. Seite 20
Hierfür angemietete Spezialtechnik (LKW- und anderer biotischer Schädlinge (Fichten- Hubbühnen unterschiedlicher Auslegerhöhe) borkenkäferarten Buchdrucker und Kupfer- kostete 2020 ca. 10.000 € (Vorjahr 11.000 €). stecher, Kiefern-Prachtkäfer, Sitkafichten- Die Nutzung dieser Technik durch eigenes Bastkäfer). Die Frühjahrsschadgemeinschaft Fachpersonal erlaubt eine effektive Aufga- bei Eiche (Frostspanner, Eichenwickler etc.) benerledigung. Externe Spezialisten werden trat wenig auffälliger in Erscheinung. herangezogen, wenn die Arbeiten aufgrund fehlender spezieller Qualifizierungen (Seil- klettertechnik) oder wegen Personalmangels nicht erledigt werden können. Dafür sind, speziell in den stadtinneren Flächen des Reviers Hinrichshagen 2020 ca. 62.0000 € aufgewendet worden. Die Werte des Vorjah- res lagen bei lediglich 4.000 € (damals we- gen fehlender Unternehmerkapazität, nicht wegen den weiter vorhandenen Problembäu- men). Abb. 36: Borkenkäferbefall In älteren Sitkafichten- und Fichtenbestän- den treten daher weiter Vitalitätsverluste auf, die in Kombination mit verschiedenen Borkenkäfern zu notwendigem Abtrieb gan- zer Bestände führen. Auch der extreme Be- fall mit der Sitkafichten-Röhrenlaus bringt die Bestände an Ihre Grenzen, so dass es zu chronischem Sterben ganzer Bestandesteile und größerer Flächen kommt. Zügige Aufar- Abb. 35: Schadbild durch Sitkafichten-Röhrenlaus am Ostseeküstenradweg beitung und Abfuhr befallener und fängi- scher Holzsortimente hält den Borkenkäfer- Bei abiotischen Schadfaktoren sind vor al- befall in vertretbarem Rahmen. Eine Borken- lem die Witterungsbedingungen zu beachten. käferbekämpfung mit Pflanzenschutzmitteln Nach den sehr trockenen Jahren 2018 und ist im Stadtforstamt dennoch derzeit weder 2019 begann das Jahr 2020 recht feucht, im sinnvoll noch gewollt. Februar gingen fast 84 l/m² zu Boden, was etwa 225 % des normalen Niederschlags aus- macht. Ab März wurde es dann aber deutlich Menge 2019 Menge 2020 Fläche 2019 Fläche 2020 trockener, so dass im gesamten Frühjahr nur 180,0 6000 ca. 54 % des mittleren Niederschlags gemes- 160,0 5000 sen wurden. Das erschwert zu Beginn der 140,0 Vegetationsperiode nicht nur die Aufforstun- 120,0 4000 Holzmenge in fm Fläche in Hektar gen erheblich, sondern auch schwächt die 100,0 3000 Waldbestände weiter und erhöht die Anfäl- 80,0 ligkeit für Schädlinge macht. Ab Juni pegel- 60,0 2000 ten sich die Niederschläge dann für das rest- 40,0 1000 liche Jahr fast auf Normalwerte ein. Bei den 20,0 0,0 0 Temperaturen ist 2020 der äußerst milde Winter, der bereits im Januar Temperaturen von ca. 15 °C erreichte zu berücksichtigen. Diese Entwicklung begünstigte besonders Abb. 37: baumartenbezogene Sanitärhiebe nach Menge und Fläche Ver- das Auftreten der Sitkafichten-Röhrenlaus gleich 2019 und 2020 Seite 21
Sanitärhiebe mussten 2020 auf 207 ha eigenen regelmäßigen Erhebungen in ihrer (Vorjahr: 342 ha) mit insgesamt 4.431 Festme- Entwicklung begleitet (Schälschadensinven- tern (Vorjahr 7.1582 fm) als Reaktion auf den turen). Für das Jahr 2012 wurde ein Verbiss- aktuellen Schadzustand geführt werden. Die prozent von 17 % ermittelt und die Werte der aus demselben Grund entstandenen Kahlflä- Kontrollstichprobe 2019 zeigen einen aktuel- chen als notwendige Reaktion auf die nach len Wert von 15 %. Der Durchschnittswert mehreren Dürrejahren erfolgten massiven über die erfassten Jahre 2005–2019 liegt jetzt Absterbeerscheinungen in Fichte und Sit- bei ca. 25 %. Da Rückschlüsse auf das aktuel- kafichte haben eine Fläche von 9,95 Hektar le Verbissrisiko immer im Zusammenhang (Vorjahr 4,53 ha) und übertreffen bei der mit den Vorjahren gezogen werden sollten, Holzmenge mit 2.244 fm die Vorjahresmenge wird die Wilddichte im Stadtforstamt immer um 250 % (vgl. 3.4 Forstnutzung). noch als überhöht eingeschätzt. 2016 wurden in jedem Revier die notwendigen Weisergat- ter eingerichtet (insgesamt 12) und die ent- sprechende Vegetation aufgenommen. Die Folgeerhebung läuft 2021 und über eigene Auswertungen in den kommenden Jahren. Die genannten Erhebungen liefern konkrete Empfehlungen zur Jagdstrategie des Stadt- forstamtes, zur Vermeidung von Wildschäden und auch zur Verbesserung der Lebensräume des Wildes. Die weitere Reduzierung der Wildschäden durch angepasste Wildbewirt- schaftung und entsprechenden Abschuss ist eine der Hauptaufgaben bei der Umsetzung Abb. 38: Schälschäden an Tanne der Forsteinrichtung und der FSC-Zertifizie- rung. Die Abschussplanung und Abschussre- alisierung 2020/21 berücksichtigt diese As- Im Gegensatz zum Vorjahr ist überwiegend pekte ebenso wie die Jagdstrategie des die Fichte von den Sanitärhieben betroffen Forstamtes (Regiejagd, Begehscheine, Wil- (79 %). Die Baumart Kiefer ist nur noch mit druhezonen etc.). Ausführlich wird die Prob- 600 fm (13 %) an den gesamten Sanitärhie- lematik unter 3.7 – Jagd – dargestellt. ben beteiligt. Die Fichte kommt mit 3.500 fm auf eine deutlich größere Menge – bedingt Weitere Forstschutzmaßnahmen sind ergän- durch die Borkenkäferschäden. Die Buche zend anzuwenden, aber allein aus Kosten- hält aktuell 4 % der Menge der Sanitärhiebe- gründen nicht dominierend zu sehen. Dazu hier bleiben wie bei der Eiche abgestorbene gehören Zaunbau und Wildverbissschutzmit- Bäume in der Regel als Alt- und Totholz im tel (vgl. 3.2 – Waldbau). Beides kann nur zeit- Bestand. Insgesamt hat sich die Menge der weise Alternative sein, die vor allem durch Sanitärhiebe im Vergleich zu 2019 fast hal- konsequente Wildbestandsreduzierung ab- biert (4.431 fm zu 7.200 fm), Dagegen sind die zulösen ist. Kahlhiebe explodiert (2.243 zu 638 fm). Ins- gesamt stieg der Anteil Schadholz am ge- Trotz der extrem trockenen Witterung kam es samten Holzeinschlag von 66 % (2019) auf 2020 zu keinem Waldbrand. Gute Prävention aktuell 70 %. und aktive Öffentlichkeitsarbeit sind eine der Ursachen dafür. Wildschäden entstehen vor allem durch Ver- biss und Schälung. Die Verbissschäden konzentrieren sich vor 3.6 Naturschutz allem auf das Laubholz, Schälschäden sind besonders bei Fichte und teilweise Kiefer Seit Februar 1996 nimmt das Stadtforstamt sowie Laubholz anzutreffen. Beide Bereiche neben der forstlichen Bewirtschaftung des werden als Schwerpunkte betrachtet und mit Kommunalwaldes auch die Aufgaben als Seite 22
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