WOHNEN IN DEUTSCHLAND - DIFFEREN-ZIERTE SITUATION UND PERSPEKTIVEN

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WOHNEN IN DEUTSCHLAND - DIFFEREN-ZIERTE SITUATION UND PERSPEKTIVEN
Global Markets Real Estate
WOHNEN IN DEUTSCHLAND – DIFFEREN-
ZIERTE SITUATION UND PERSPEKTIVEN

                  
WOHNEN IN DEUTSCHLAND - DIFFEREN-ZIERTE SITUATION UND PERSPEKTIVEN
Redaktionsschluss: 15. August 2014

                   Verantwortlich für den Inhalt: Deutsche Hypothekenbank

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        Andreas Pohl · phone + 49 511 3045-310 · email: andreas.pohl@deutsche-hypo.de

Prof. Dr. Günter Vornholz · phone + 49 511 3045-640 · email: guenter.vornholz@deutsche-hypo.de
                                  (V. i. S. d. P.; Markt-Analyse)

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WOHNEN IN DEUTSCHLAND - DIFFEREN-ZIERTE SITUATION UND PERSPEKTIVEN
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Gliederung
Management Summary                                                                        4

1.    Wohnungsmärkte in Deutschland                                                       5

2.    Demografische Effekte auf den Wohnungsmärkten                                      10

3.    Leerstand und Knappheit – zwei Aspekte der deutschen Wohnungsmärkte                15
3.1   Zuzugsregionen mit Wohnungsknappheit                                               15
3.2   Fortzugsgebiete mit Wohnungsleerstand                                              17

4.    Mietpreisbremse und Knappungsgrenze – des Kaisers neue Kleider?                    19

5.    Investmentmarkt Wohnungsimmobilien                                                 20

                                                                                          3
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Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Management Summary

Kein Immobilienmarkt emotionalisiert die           nicht profitieren. Schon heuten haben Woh-
Menschen mehr als der Wohnungsmarkt.               nungseigentümer teilweise Schwierigkeiten,
Wohnen ist ein Grundbedürfnis der Men-             ihre Wohnungen zu verkaufen bzw. können
schen und so werden Nachrichten über               dies nur mit deutlichen Preiszugeständnissen
„Wohnungsnot“ und „unbezahlbare Mieten“            tun. Der langfristige Bevölkerungsrückgang
schnell zu großen Schlagzeilen. Die Situation      wird sich besonders in den Fortzugsregio-
stellt sich aber wesentlich differenzierter dar.   nen zeigen, so dass zu erwarten ist, dass sich
                                                   diese Trends hier auch in Zukunft fortsetzen
Der deutsche Wohnungsmarkt kann grob               werden.
in drei verschiedene Teilmärkte mit unter-
schiedlicher Situation und Perspektiven un-        Die Emotionen der Menschen bezüglich des
terteilt werden. Zum einen gibt es den Markt       Wohnungsmarktes haben natürlich auch die
mit Wohnungsknappheiten und steigenden             Politik erreicht. Angesichts der Wohnungs-
Mieten und Preisen, zum anderen die Fort-          knappheit und gestiegener Mieten und Preise
zugsgebiete. Drittens gibt es Regionen, in de-     in den Metropolen versucht sie Lösungen an-
nen die Rahmenbedingungen sich nicht we-           zubieten, die in Deutschland insbesondere
sentlich verändert haben und dies auch nicht       in der Mietpreisbremse und der Kappungs-
tun werden, so dass die Wohnungsmärkte             grenze bestehen. Wie immer bei politischen
sich in einem längerfristigen Gleichgewicht        Themen werden diese stark kontrovers dis-
befinden; von daher werden diese Regionen          kutiert; selbst wenn noch keine abschließen-
in dieser Studie nicht weiter analysiert.          den Gesetze vorliegen, werden schon sehr
                                                   kritische Kommentare geschrieben. Bei der-
Insbesondere in den deutschen Großstädten          artig kurzfristig wirkenden Maßnahmen ist
und auch den Universitätsstädten gibt es seit      es natürlich berechtigt, nach den langfris-
einigen Jahren Wohnungsknappheiten. So             tigen Wirkungen (z. B. Dis-Incentives für
sind als Folge seit ungefähr der Mitte des         Wohnungsinvestitionen) zu fragen. Zudem
letzten Jahrzehnts die Mieten und Preise           sollten die bereits heute erkennbaren Reak-
deutlich angestiegen. Dies liegt an funda-         tionen auf den Wohnungsmärkten beachtet
mentalen Faktoren: Aufgrund von Zuwan-             werden. Aufgrund von Substitutionseffek-
derungen der Bildungsmigranten und Men-            ten (sich verlagernde Nachfrage und starker
schen aus dem Ausland sowie des Anstiegs           Anstieg der Wohnungsfertigstellungen) hat
der Haushaltseinkommen ist die Nachfrage           sich die Situation auf einzelnen Wohnungs-
deutlich angestiegen. Die Fertigstellungen         märkten teilweise bereits entschärft.
von neuen Wohnungen waren hingegen lange
Jahre rückläufig, so dass die Mieten deut-         Bei den Wohnungsinvestments hat es in den
lich anstiegen. Die niedrigen Zinsen und die       vergangenen Jahren einen sehr dynamischen
Flucht ins Betongold haben zu noch stärkeren       Markt gegeben. Viele der Investoren aus dem
Preiszuwächsen geführt. Der Peak scheint           abgelaufenen Jahrzehnt versuchen heute,
aber schon heute überschritten worden zu           ihre Wohnungsbestände wieder zu verkau-
sein, da auf der einen Seite viele Nachfrager      fen. Die Preisentwicklung wurde dabei ins-
nicht mehr bereit sind, die hohen Preise bzw.      besondere von der Flucht in das Betongold
die Preiserhöhungen zu bezahlen, und auf           positiv beeinflusst.
der anderen Seite mehr Wohnungen fertig-
gestellt worden sind.

Die andere Gruppe sind die Fortzugsregio-
nen, bei denen aufgrund vor allem der demo-
grafischen Entwicklung die Mieten und
Preise stagnieren bzw. zurückgehen. Auch
von der Euro-Krise und der damit verbunde-
nen Mehrnachfrage konnten diese Regionen

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Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

1. Wohnungsmärkte                                            Der Großteil dieses Wohnungsbestandes
                                                             befand sich dabei in Gebäuden mit mehr als
   in Deutschland                                            zwei Wohnungen (vgl. Schaubild 1). In die-
                                                             ser Kategorie konnte mit 7,7 v. H. auch der
In der aktuellen Debatte um die Situa-                       höchste Zuwachs verzeichnet werden.
tion auf den deutschen Wohnungsmärkten
spielt auf der einen Seite der Begriff „Woh-                 Das klassische Einfamilienhaus kommt auf
nungsnot“ eine große Rolle. Aufgrund der                     einen Anteil von 30 v. H. am gesamten Woh-
hohen Sensibilität der Versorgung der Be-                    nungsbestand und konnte damit gegenüber
völkerung mit bezahlbarem Wohnraum hat                       dem Vorjahr seinen Anteil um einen Pro-
die große Koalition auch Regulierungen                       zentpunkt steigern. Rückläufig entwickelt
für die Mietwohnungsmärkte in den Koa-                       hat sich demgegenüber die Zahl der Woh-
litionsvertrag mit aufgenommen. Auf der                      nungen in Gebäuden mit zwei Wohnungen,
anderen Seite gibt es zahlreiche Regionen                    welche um 8,3 v. H. gesunken ist.
mit hohen Leerständen. Die vorliegende
Studie zu den deutschen Wohnungsmärk-                        Dieser Wohnungsbestand verteilt sich auf
ten untersucht die Ursachen dieser Pola-                     unterschiedliche Eigentümergruppen (vgl.
risierung, die Erfolgsaussichten der beab-                   Schaubild 2). Der mit 42,4 v. H. größte Anteil
sichtigten Marktregulierungen durch die                      der Wohnungen wird von selbstnutzenden
Politik und geht abschließend auf die Ent-                   Eigentümern gehalten. Wird der Bestand
wicklung des Wohnimmobilien-Investment-                      der Wohnungen der privaten Kleinvermieter
marktes ein.                                                 hinzugerechnet, ergibt sich ein Anteil von
                                                             beachtlichen 79,7 v. H.
Deutschland verfügt grundsätzlich über ei-
nen qualitativ gut entwickelten Bestand an                   Die gewerblichen Anbieter der deutschen
Wohnungen. Insgesamt macht dieser nach                       Wohnungswirtschaft verfügen über 8,4 Mio.
den Daten der volkswirtschaftlichen Ge-                      Wohnungen und damit 20,3 v. H. des Ge-
samtrechnung im vergangenen Jahr 48,4 v. H.                  samtbestandes. Unter diesen sind die pri-
am gesamten Anlagevermögen der deutschen                     vaten Wohnungsunternehmen die größten
Volkswirtschaft aus.                                         Bestandhalter, gefolgt von öffentlichen Woh-
                                                             nungsunternehmen und Genossenschaften.
In der Summe standen zum 31. 12. 2011 nach
der Zensus-Erhebung des Statistischen Bun-                   Die gestiegene Zahl der Selbstnutzer von
desamtes insgesamt 41,3 Mio. Wohnungen                       Wohnimmobilien hat auch zu einer leich-
zur Verfügung, was gegenüber dem Vor-                        ten Erhöhung der Wohneigentumsquote
jahr eine Zunahme von 0,4 v. H. bedeutet.                    geführt. Betrug diese im Jahr 2010 noch

Der Wohnungsbestand in Deutschland 2011
                                                                        Bestand: 41,3 Mio. Wohnungen

                                                               12,3 Mio. Wohnungen
                                                                      30 %

                               22,5 Mio. Wohnungen
                                     54,3 %
                                                                  6,6 Mio. Wohnungen
                                                                         16 %

 Wohnungen in Gebäuden mit 1 Wohnung
 Wohnungen in Gebäuden mit 2 Wohnungen
                                                                                                      Schaubild 1
 Wohnungen in Gebäuden mit 3 und mehr Wohnungen                                               Quelle: Zensus 2011

                                                                                                                    5
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Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Der Wohnungsmarkt in Deutschland
                                           Wohnungsbestand
                                             41,3 Mio. Einheiten

    Gewerbliche Anbieter                   Private Kleinvermieter                     Selbstnutzer
      8,4 Mio. Einheiten                     15,4 Mio. Einheiten                    17,5 Mio. Einheiten

    Genossen-                Öffentliche                              Private                 Sonstige
     schaften                Wohnungs-                              Wohnungs-
                            unternehmen                            unternehmen
     2,2 Mio.                  2,7 Mio.                              3,2 Mio.                  0,3 Mio.
     Einheiten                 Einheiten                             Einheiten                 Einheiten

                                                                                                     Schaubild 2
Stand 2011                                                                                   Quelle: Zensus 2011

45,7 v. H. stieg sie bis 2011 auf 45,9 v. H. an.          Wohingegen bei den zehn Kreisen mit den
In der regionalen Perspektive zeigt sich, dass            niedrigsten Eigentumsquoten neun in den
die zehn Kreise mit den höchsten Eigen-                   östlichen Bundesländern liegen, der zehnte
tumsquoten alle in den westlichen Bundes-                 ist der Stadtbereich Berlins. Dies bestätigt die
ländern liegen (vgl. Schaubild 3).                        Beobachtung, dass nach wie vor die Wohn-

Wohneigentumsquote in Deutschland 2011

                                                               in v. H.

                                                                                                     Schaubild 3
                                                                                             Quelle: Zensus 2011

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Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

eigentumsquote im Westen Deutschlands                                               insbesondere der private Konsum noch keine
höher als im Osten ist und hier im Zuge der                                         Schwäche zeigt und die Anlageinvestitionen
Entwicklung der Quote keine starke An-                                              ebenfalls deutlich zunehmen werden, wenn
näherung stattgefunden hat.                                                         auch nicht ganz mit der Zuwachsrate des ak-
                                                                                    tuellen Jahres. Mittelfristig kann von einem
Im europäischen Vergleich liegt die Wohn-                                           durchschnittlichen Wirtschaftswachstum
eigentumsquote in Deutschland ebenfalls                                             von 1,7 v. H. pro Jahr ausgegangen werden,
noch immer im unteren Bereich und weit un-                                          wobei die privaten Konsumausgaben mit
ter dem Durchschnittswert von ca. 60 v. H.                                          knapp 1 v. H. zulegen und die Bauinvesti-
Eine Ursache hierfür ist der in Deutschland                                         tionen um 1,5 v. H. pro Jahr wachsen wer-
verfügbare hohe Bestand an qualitativ guten                                         den. Auch in der mittleren Frist wird die
Mietwohnungen. Zudem ist in Deutschland                                             gesamtwirtschaftliche Entwicklung damit
die „Eigentumsmobilität“ deutlich gerin-                                            ein stützender Faktor für die Wohnimmo-
ger als bei den europäischen Nachbarn, da                                           bilienmärkte sein.
eine Entscheidung für Wohneigentum noch
immer als Lebensentscheidung angesehen                                              Die derzeitig gute Entwicklung der privaten
wird.                                                                               Konsumausgaben wird durch den Anstieg
                                                                                    der verfügbaren Einkommen der Haushal-
Das zu beobachtende Wachstum des Woh-                                               te gestützt. Für 2014 erwarten wir hier eine
nungsbestandes wird durch eine hierfür                                              Zunahme von 1,3 v. H. und für 2015 von
insgesamt positive Entwicklung der gesamt-                                          1,6 v. H. Die Einkommensentwicklung ist
wirtschaftlichen Rahmendaten gestützt.                                              damit auch ein die Nachfrage nach Wohnun-
Derzeit befindet sich die deutsche Volks-                                           gen fördernder Faktor. Gleiches gilt für die
wirtschaft in einem binnenwirtschaftlich                                            Situation am Arbeitsmarkt, welche durch
getragenen Aufschwung (vgl. Tabelle 1). Im                                          eine weiter leicht sinkende Arbeitslosenquo-
ersten Quartal 2014 wurde dieser zudem                                              te charakterisiert ist. Die Zahl der Erwerbs-
durch eine verstärkte Investitionstätigkeit                                         tätigen nahm beispielsweise im Mai 2014
gestützt, so dass das Bruttoinlandsprodukt                                          um 0,9 v. H. im Vergleich zum selben Mo-
um 0,8 v. H. gegenüber dem Vorquartal zu-                                           nat des Vorjahres zu. Gegenüber dem Vor-
nehmen konnte. Ein Teil dieses ungewöhn-                                            monat stieg die Zahl der Erwerbstätigen um
lich hohen Anstiegs erklärt sich durch die                                          123 000 Personen. Wir gehen davon aus, dass
milde Witterung, welche insbesondere eine                                           sich die insgesamt positive Tendenz mittel-
hohe Bautätigkeit ermöglichte. Diese allein                                         fristig fortsetzen und zu geringerer Arbeits-
erklärt etwa die Hälfte des beobachteten                                            losigkeit bei zunehmender Beschäftigung
Wirtschaftswachstums.                                                               führen wird.

Für das Sommerhalbjahr wird die Ent-                                                Ein diese Entwicklung weiter fördernder
wicklung an Dynamik verlieren, insgesamt                                            Faktor ist außerdem die Niedrigzinspolitik
können aber für das Jahr 2014 2,0 v. H.                                             der Europäischen Zentralbank in Verbin-
Wirtschaftswachstum erwartet werden, da                                             dung mit der enormen Ausdehnung der im

    Veränderung in v. H.                                           2012          2013        2014 1        2015 1   2016 1         2017 1       2018 1

    Reales Bruttoinlandsprodukt                                      0,7           0,4          2,0          2,5      1,7             1,6           1,5

    Verf. Einkommen, real 2                                          0,7           0,5          1,3          1,6      1,6             1,1           1,0

    Privater Konsum                                                  0,8           0,9          1,2          1,6      1,2             0,7           0,6

    Bauinvestitionen                                                – 1,4        – 0,2          4,5          2,0      1,2             1,0           0,7

    Arbeitslosenquote                           in v. H.             6,5           6,6          6,4          6,4      6,3             6,1           5,9

    Verbraucherpreise                                                2,1           1,6          1,0          1,7      1,9             2,1           1,9

    Zinsen 3                                    in v. H.             3,3           3,0          3,1          3,3      3,7             4,0           5,0
Tabelle 1: Indikatoren der Wirtschaftsentwicklung                                                                            Quelle: Stat. Bundesamt, FERI
1   Prognosewerte; 2 der priv. Hauhalte; 3 Zinsen für Wohnungsbaukredite an private Haushalte (10 Jahre)

                                                                                                                                                             7
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Umlauf befindlichen Geldmenge. Dies hat                                     tigstellungen, der in den Folgejahren deut-
in Deutschland zu keinen Inflationsproble-                                  lich an Dynamik gewinnen konnte und 2013
men geführt, so dass der expansive Effekt                                   ein Wachstum von 7,2 v. H. erreichte. Dieser
der Geldpolitik voll zum Tragen kommt. In                                   Anstieg ist nicht mehr so deutlich wie in den
der Folge sind auch die Finanzierungskon-                                   beiden Jahren zuvor (2011: 14,6 v. H.; 2012:
ditionen für Wohnimmobilien entsprechend                                    9,5 v. H.), bestätigt aber den aufwärts gerich-
günstig, was durch die abnehmenden Zinsen                                   teten Trend.
bei Wohnungsbaukrediten belegt wird.
                                                                            Getragen wurde die Entwicklung bei den
Als Risikofaktor für die gesamtwirtschaft-                                  Fertigstellungen insbesondere von den west-
liche Entwicklung in Deutschland ist die                                    lichen Bundesländern. Hier stieg die Zahl
uneinheitliche wirtschaftliche Lage in der                                  der fertiggestellten Wohnungen 2013 um
Eurozone zu sehen. Gerade in den süd-                                       gut 12 200 Wohnungen an, was einem
europäischen Ländern ist die Kreditvergabe,                                 Zuwachs von 7,2 v. H. entspricht. Zwar stie-
trotz der Maßnahmen der Europäischen                                        gen die Fertigstellungszahlen in Ostdeutsch-
Zentralbank, rückläufig, wodurch auch die                                   land mit der gleichen Rate, aufgrund des
wirtschaftliche Entwicklung stagniert. Zu-                                  niedrigen Fertigstellungsniveaus wird dies
dem lassen hier vielerorts die Konsolidie-                                  aber bereits mit gut 2000 neuen Wohnungen
rungsbemühungen nach, so dass die dann                                      erreicht.
wieder steigende Staatsverschuldung zu ei-
nem Problem werden kann.                                                    Von den neu fertiggestellten Wohnungen
                                                                            befanden sich mit 47,1 v. H. die meisten
Die insgesamt gute gesamtwirtschaftliche                                    in traditionellen Einfamilienhäusern (vgl.
Entwicklung in Deutschland zeigt sich auch                                  Schaubild 4). 43,5 v. H. waren in Gebäuden
in den Fertigstellungszahlen neuer Wohnun-                                  mit drei und mehr Wohnungen. Bei diesem
gen (vgl. Schaubild 3). Diese erreichten im                                 Gebäudetyp sind auch mit 11 v. H. gegen-
Jahr 2009 mit knapp 160 000 Wohnungen ei-                                   über dem Vorjahr die höchsten Zuwächse zu
nen Tiefstand. Seit 1997 waren die Fertigstel-                              verzeichnen.
lungszahlen kontinuierlich zurückgegangen,
lediglich kurzfristig unterbrochen durch                                    Die Zahl der Wohnungen in Einfamilien-
Vorzieheffekte aufgrund des Wegfalls der                                    häusern konnte demgegenüber nur um be-
Eigenheimzulage (2004) und der Erhöhung                                     scheidene 1,2 v. H. zulegen und lag damit
der Mehrwertsteuer (2006).                                                  unter der Zuwachsrate der Wohnungen in
                                                                            Zweifamilienhäusern. Deren Anteil blieb mit
Im Jahr 2010 zeigte sich dann mit knapp                                     9,3 v. H. aber deutlich unter denen der ande-
2 v. H. bereits ein leichter Anstieg der Fer-                               ren Gebäudetypen. Wohnungen in Einfami-

Fertigstellungen Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden 1995–2012
600 000

500 000

400 000

300 000

200 000

100 000

     0
          1995         1997            1999         2001             2003        2005           2007   2009    2011            2013
                                                                                                                           Schaubild 4
             Fertigstellungen gesamt          Fertigstellungen Ost          Fertigstellungen West             Quelle: Stat. Bundesamt

8
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Fertigstellungen Wohnungen – nach Gebäudeart 1995–2013
350 000

300 000

250 000

200 000

150 000

100 000

 50 000

      0
          1995         1997             1999      2001          2003       2005         2007   2009    2011            2013
                                                                                                                   Schaubild 5
              Mehr als zwei Wohnungen          Zwei Wohnungen          Eine Wohnung                   Quelle: Stat. Bundesamt

lienhäusern sind absolut gesehen mit 85 332                            Die Wohnungsbauleistungen im Bestand
am häufigsten unter den Fertigstellungen des                           sind ebenfalls gestiegen, weisen aber eine
Jahres 2013.                                                           deutlich geringere Wachstumsdynamik auf.
                                                                       Sie konnten 2012 noch um 2,7 v. H. zulegen,
Die zunehmenden Wohnungsfertigstellun-                                 nach 4,2 v. H. im Jahr 2011 und 6,2 v. H. im
gen schlagen sich auch im Anteil des Neu-                              Jahr 2010. Lediglich im Jahr 2009 gingen die
baus am Wohnungsbauvolumen in Deutsch-                                 Leistungen im Bestand um 0,4 v. H. zurück.
land nieder (vgl. Schaubild 5). Dieser betrug                          Die Wohnungsbauleistungen im Bestand
2012 wieder 26 v. H., nachdem in den Jahren                            machten 2012 insgesamt 74 v. H. an den ge-
2008 bis 2010 ein Tiefstand von 22 v. H. zu                            samten Wohnungsbauleistungen aus. Von
beobachten war. Im Jahr 2006 lag dieser                                besonderer Bedeutung hierfür sind auch
Wert noch bei 34 v. H., Mitte der neunziger                            energetische Sanierungen, auf welche im
Jahre sogar bei ca. 50 v. H. Die aktuellen Zu-                         selben Jahr knapp 30 v. H. entfielen, obwohl
wächse beim Neubauvolumen gehen dabei                                  die Ausgaben hierfür 2012 absolut gesun-
zu einem Großteil auf das Wachstum des                                 ken sind. Gerade vor dem Hintergrund des
Geschosswohnungsbaus zurück, welches                                   Megatrends „Nachhaltigkeit“ erwarten wir
2011 über 30 v. H. betrug, gegenüber 20 v. H.                          für die kommenden Jahre wieder Steigerun-
Steigerung beim Eigenheimbau.                                          gen in diesem Bereich.

Wohnungsbauvolumen in Deutschland 2006–2012
      in Mrd. €                                                                                             in jew. Preisen
180

160

140

120

100

 80

 60

 40

 20

  0
            2006                                  2008                                2010                      2012
                                                                                                                 Schaubild 6
          Insgesamt           Bestand          Neubau                                                         Quelle: BMVBS

                                                                                                                                 9
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Entwicklung der Baukosten in Deutschland 2000–2011
       in jew. Preisen
1500

1400

1300

1200

1100

1000
         2000      2001      2002         2003   2004    2005         2006    2007   2008   2009   2010   2011       2012       2013
                                                                                                                              Schaubild 7
            Ein- und Zweifamilienhäuser          Mehrfamilienhäuser                                              Quelle: Stat. Bundesamt

Bereits seit 2005 steigen die Baukosten in                                   2. Demografische Effekte
Deutschland kontinuierlich an. Im Jahr 2013
betrug deren Zuwachs bei den Ein- und                                           auf den Wohnungsmärkten
Zweifamilienhäusern 2,9 v. H. und bei den
Mehrfamilienhäusern 3,2 v. H., womit sich                                    Die Haushalte sind die Träger der Nachfrage
beide in etwa gleich entwickeln.                                             nach Wohnungen, somit bestimmt ihre Zahl
                                                                             auch die Menge der in einer Region benötig-
Seit 2011 liegen die Quadratmeterpreise bei                                  ten Wohnungen. Die Entwicklung der Zahl
beiden Immobilientypen auf nahezu glei-                                      der Haushalte wird dabei kurz- bis mittel-
chem Niveau, bis dahin konnte der Quadrat-                                   fristig von Veränderungen der Wohn- und
meter Wohnraum in Mehrfamilienhäusern                                        Lebensgewohnheiten der Bevölkerung so-
tendenziell günstiger bereitgestellt werden.                                 wie deren Wanderungsverhalten beeinflusst.
Von den gestiegenen Baukosten geht dabei                                     Langfristig wird sie durch die natürliche Be-
kaum eine Belastung für die Wohnungsfer-                                     völkerungsentwicklung determiniert.
tigstellungen aus, da sie einerseits gerade in
den Zentren und Metropolregionen auf ein                                     Im Rahmen der Haushaltsvorausberech-
entsprechendes Nachfragevolumen stoßen.                                      nung unterstellt das Statistische Bundesamt
Andererseits weisen neu errichtete Wohnun-                                   die beiden Prognoseszenarien „Trend“ und
gen höhere, insbesondere energetische Stan-                                  „Status quo“. Beim Szenario „Trend“ wird
dards auf, so dass die höhere Qualität auch                                  davon ausgegangen, dass sich der Trend zu
einen höheren Preis rechtfertigt, ohne die                                   kleineren Haushalten weiter fortsetzt, wäh-
Nachfrage zu belasten.                                                       rend bei „Status quo“ unterstellt wird, dass
                                                                             die Zahl der Personen je Haushalt über die
                                                                             Zeit konstant bleibt. Von 2009 bis 2013 sank
                                                                             die Zahl der Personen je Haushalt von durch-
                                                                             schnittlich 2,1 auf 2,0 Personen. Durch die
                                                                             in Zukunft zunehmende Zahl von Senioren-
                                                                             haushalten – die geburtenstarken Jahrgän-
                                                                             ge werden das Rentenalter erreichen – die
                                                                             tendenziell Ein- bis Zweipersonenhaushalte
                                                                             sind und die weitere Zunahme von Partner-
                                                                             schaften mit separater Haushaltsführung
                                                                             finden wir unsere Einschätzung bestätigt,
                                                                             dass das Szenario „Trend“ die wahrschein-
                                                                             lichere Entwicklung abbildet (vgl. Schau-
                                                                             bild 8).

10
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Die Veränderung der Zahl der Haushalte in Deutschland 2006–2030
                                                                                                                            in v.H.
  6
                                                       4,5                                                 4,7
  4
                   2,1
  2

  0
                                                                 −0,4
                                                                                                                    −0,9
–2
                            −2,4
–4

–6

–8

–10
                                                                             −10,1
–12
                                                                                       −12,3
–14
                  Deutschland                       alte Flächenländer           neue Länder              Stadtstaaten
                                                                                                                          Schaubild 8
         Trend           Status quo                                                                          Quelle: Stat. Bundesamt

Bis 2030 wird die Zahl der Haushalte in den                              Schaubild 9). Danach wirkt sich die demo-
alten Flächenländern und den Stadtstaa-                                  grafische Entwicklung auf die Zahl der
ten um 4,5 v. H. sowie 4,7 v. H. zunehmen.                               Haushalte aus und lässt diese ebenfalls ab-
Die neuen Länder werden demgegenüber                                     nehmen. In den letzten fünf Jahren des Pro-
10,1 v. H. der Haushalte verlieren. Für Ge-                              gnosezeitraums beträgt dieser Rückgang
samtdeutschland bedeutet dies eine Zunah-                                0,3 v. H. Ab 2025 reicht die weiter sinkende
me der Zahl der Haushalte von 2,1 v. H. im                               Anzahl der durchschnittlichen Personen je
Zeitraum von 2009 bis 2030. Dabei werden                                 Haushalt dann nicht mehr aus, um den de-
die Ein- und Zweipersonenhaushalte im Pro-                               mografischen Effekt der sinkenden Bevölke-
gnosezeitraum zahlenmäßig um 11,9 v. H.                                  rungszahl auffangen zu können.
zunehmen, wohingegen die der Drei- und
Mehrpersonenhaushalte um 26 v. H. sinken                                 Alle unterstellten Szenarien der 12. Ko-
wird.                                                                    ordinierten Bevölkerungsvorausberechnung
                                                                         des Statistischen Bundesamtes zeigen den
Bis 2025 wird die Zahl der Haushalte in                                  langfristig bestimmenden Trend der abneh-
Deutschland noch kontinuierlich bis auf                                  menden Zahl der in Deutschland lebenden
41,1 Mio. steigen, was einer Zunahme von                                 Menschen (vgl. Schaubild 10). Laut der Zen-
2,4 v. H. zum Jahr 2009 entspricht (vgl.                                 sus-Erhebung des Statistischen Bundesam-

Zahl der Haushalte und durchschnittliche Haushaltsgröße 2009–2030
         in 1000                                                                                      in Personen/Haushalt
42 000                                                                                                                          2,10

                                                                                                                                2,05
41 500
                                                                                                                                2,00

41 000                                                                                                                          1,95

                                                                                                                                1,90
40 500
                                                                                                                                1,85

40 000                                                                                                                          1,80
         2009                      2013                      2017         2021                 2025              2029
                                                                                                                          Schaubild 9
                Haushalte             durchschnittliche Haushaltsgröße                                       Quelle: Stat. Bundesamt

                                                                                                                                    11
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 2010–2060
12. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung
         in 1000 Personen
85 000

80 000

75 000

70 000

65 000

60 000
         2010          2015          2020            2025         2030          2035          2040          2045          2050      2055           2060
                                                                                                                                            Schaubild 10
                „optimistische“ Variante            mittlere Variante           „pessimistische“ Variante                        Quelle: Stat. Bundesamt

tes aus dem Jahr 2011 übertrifft der tatsäch-                                      Gruppe aufgrund der gestiegenen Lebens-
liche Rückgang der Bevölkerungszahl sogar                                          erwartung relativ stabil. Da die nachrücken-
die pessimistische Prognosevariante. Zum                                           den jüngeren Jahrgänge aber immer kleinere
31. 12. 2011 lebten demnach 1 Mio. Men-                                            Kohorten sind, wird der Anteil der „Alten“
schen weniger in Deutschland als erwartet,                                         deutlich zunehmen, bis er 2060 beachtliche
was einer Differenz von 1,2 v. H. zum Prog-                                        36,1 v. H. erreicht.
nosewert entspricht.
                                                                                   Diese Verschiebung der Altersstruktur ist
Für die Entwicklung der Zahl der Haushalte                                         für die Nachfrage nach Wohnimmobilien ein
von besonderer Bedeutung ist die Verände-                                          grundsätzlich stützender Faktor. Einerseits
rung der Altersstruktur der deutschen Be-                                          führen die sinkende Altersterblichkeit und
völkerung, welche ebenfalls Teil des demo-                                         die steigende Lebenserwartung – bei Män-
grafischen Wandels ist (vgl. Schaubild 11).                                        nern stärker als bei den Frauen – zu mehr
Das Erreichen der Altersgrenze von 65 Jah-                                         Ein- und Zweipersonen-Haushalten, was die
ren durch die geburtenstarken Jahrgänge                                            Entwicklung der Zahl der Haushalte positiv
zeigt sich in der erkennbaren Dynamik des                                          beeinflusst. Andererseits steigt im Lebens-
Wachstums dieser Personengruppe bis zum                                            verlauf die Größe der genutzten Wohnungen
Jahr 2040. In der Folge bleibt die Zahl dieser                                     (Lebenszykluseffekt), ohne dass sie im Alter

Zahl der Personen in unterschiedlichen Altersgruppen
mittlere Variante (2 – W1)
         in 1000 Personen
55 000

45 000

35 000

25 000

15 000

 5 000
                   2008                      2020                   2030                    2040                   2050                  2060
                                                                                                                                            Schaubild 11
                unter 20 Jahre             20–65 Jahre          über 65 Jahre                                                    Quelle: Stat. Bundesamt

12
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

wieder sinkt (Remanenzeffekt). Zudem steigt    und 13,0 v. H. die höchsten Rückgänge bei
die Größe der Wohnungen mit wachsendem         den Haushaltszahlen aufweisen. Hamburg
Wohlstand zwischen den einzelnen aufein-       mit 10,0 v. H. sowie Baden-Württemberg
anderfolgenden Generationen (Kohorten-         und Bayern mit jeweils 7,0 v. H. die höchsten
effekt), so dass die Wohnflächennachfrage      Zuwächse aufweisen.
auf hohem Niveau verbleibt.
                                               Ein detaillierteres Bild ergibt sich bei der Be-
Für Deutschland ist getragen von der de-       trachtung der Wanderungssalden je 10 000
mografischen Entwicklung mittelfristig         Einwohner auf Ebene der Kreise (vgl. Schau-
ein weiterer Anstieg der Nachfrage nach        bild 12). Die kräftigsten Wanderungsüber-
Wohnungen und damit Wohnimmobilien             schüsse zeigten sich in Münster (+407,9),
zu erwarten. Kleinere Wohnungen werden         Darmstadt (+304,2) und Freiburg (+198,5).
bedingt durch die sinkende Haushaltsgrö-       Gemeinsam ist allen drei Städten der Status
ße von der jüngeren Bevölkerung vermehrt       eines Universitätsstandortes, die überdurch-
nachgefragt werden. Die Nachfrage der          schnittlich von der Bildungsmigration (dem
wachsenden älteren Bevölkerungsgruppe          Zuzug jüngerer Personen) profitieren.
bleibt gleichzeitig auf hohem Niveau.
                                               Die höchsten Wanderungsverluste wei-
Diese Entwicklung wird sich allerdings auf     sen demgegenüber die Landkreise Stendal
der regionalen Ebene deutlich differenziert    (– 86,2), Freudenstadt (– 79,9) und Spree-
zeigen. Neben den hiervon profitierenden       Neiße (– 79,5) auf. Alle drei gehören zum
Regionen wird es gleichzeitig auch solche      ländlichen Raum, die Landkreise Stendal und
mit starken Nachfragerückgängen geben.         Spree-Neiße liegen darüber hinaus im von
Dies zeigt schon ein Blick auf die Verän-      Abwanderungen besonders betroffenen Ost-
derungen in den Bundesländern. Sachsen-        deutschland. In vielen Kreisen zeigt sich aber
Anhalt und Thüringen werden mit 15,0 v. H.     auch eine stabile Wanderungskonstellation.

Wanderungssalden je 10 000 Einwohner 2011

                                                                                         Schaubild 12
                                                                              Quelle: Stat. Bundesamt

                                                                                                    13
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Umlandwanderungen und überregionale Wanderungen 1997 und 2007
                     Wachstumsregionen                                 Schrumpfungsregionen

                                                                                                                            Schaubild 13
Zahlen = Wanderungssaldo je Tsd. Einwohner von /aus ...        Kernstadt       Umland         überregional       Quelle: Stat. Bundesamt

Die Wachstumsregionen profitieren vor al-                            Generell werden die Bevölkerungszahlen in
lem von überregionalen Zuzügen, wohinge-                             Ballungszentren und Großstädten auch wei-
gen hier die Abwanderung in das Umland im                            terhin wachsen. Schaubild 14 stellt die regio-
Vergleich zum Jahr 1997 deutlich gesunken                            nale Verteilung der Bevölkerung in den fünf
ist (vgl. Schaubild 13). In der Folge drehte                         verschiedenen Raumtypen dar.
sich die Entwicklung und der Wanderungs-
saldo von – 4 Personen auf 1000 Einwohner                            Die drei zum ländlichen Raum zählenden
im Jahr 1997 stieg auf +6 Personen im Jahr                           Regionstypen haben von 2008 bis 2011 be-
2007.                                                                reits durchschnittlich knapp 1,0 v. H. an
                                                                     Bevölkerung verloren. Mit 1,3 v. H. wuchs
Ein anderes Bild zeigt sich in den Schrump-                          die Bevölkerung der Ballungszentren am
fungsregionen. Hier findet vor allem eine                            deutlichsten. Wir erwarten, dass sich dieses
überregionale Abwanderung statt, Zuzüge                              Entwicklungsmuster mittelfristig fortsetzen
erfolgen per Saldo aus dem Umland. Im Jahr                           wird, da sich keine Anzeichen für eine Um-
1997 erfolgte hier die Abwanderung noch                              kehr dieses Trends zeigen.
primär in das Umland der Städte, worauf
70 v. H. der gesamten Abwanderungen ent-                             Für die Nachfrage auf den Wohnungsmärk-
fielen.                                                              ten in Deutschland ergeben sich damit drei

Bevölkerungsentwicklung nach Regionstypen
       in Mio.
25,0
                                                                                                                           2008 = 100

                                                                                         I       Ballungsräume                  101,3
20,0                                                                                    II       Städte mit ländlichem
                                                                                                 Umfeld                         100,4

                                                                                        III      Dicht besiedelter
15,0                                                                                             ländlicher Raum                 99,9

                                                                                        IV       Relativ gering besiedelter
                                                                                                 ländlicher Raum                 99,2
10,0
                                                                                        V        sehr gering besiedelter
                                                                                                 ländlicher Raum                 98,4

 5,0

 0,0
                 I              II        III             IV               V
                                                                                                                            Schaubild 14
         2008            2011                                                                                    Quelle: Stat. Bundesamt

14
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

regionale Entwicklungsmuster. Zunächst                              versorgen. Dies gilt auch für die Kreise mit
einmal Regionen, in welchen die Märkte                              einer stagnierenden Bevölkerungsentwick-
sich stabil entwickeln, da sie sich in einem                        lung. Ein anderes Bild zeigen die Zuzugs-
langfristigen Gleichgewicht befinden. Sie                           regionen. Hier nimmt die Bevölkerung sogar
verfügen über eine gute wirtschaftliche Ba-                         dynamischer zu als die Zahl der Haushalte,
sis und haben zentralörtliche Versorgungs-                          und die Veränderung des Wohnungsbestan-
einrichtung in gut erreichbarer Entfernung.                         des reicht nicht aus, um die steigende Zahl
Anders zeigt sich dagegen die Entwicklung                           der Haushalte mit Wohnungen zu versorgen.
in Zuzugs- und Fortzugsgebieten.                                    Die Folge ist ein Nachfrageüberhang, der
                                                                    sich wegen des Trends zu kleineren Haushal-
                                                                    ten aufgrund des deutlichen Bevölkerungs-
                                                                    anstiegs noch vergrößern wird. In den von
                                                                    Abwanderung betroffenen Kreisen sinkt da-
                                                                    gegen die Bevölkerungs- und Haushaltszahl
                                                                    bei noch zunehmendem Wohnungsbestand
3. Leerstand und Knappheit –                                        durch den Bau von Ein- und Zweifamilien-
   zwei Aspekte der deut-                                           häusern. Hier kommt es daher zu einem An-
                                                                    gebotsüberhang. Im Folgenden sollen diese
   schen Wohnungsmärkte                                             beiden Konstellationen näher betrachtet
                                                                    werden.
Der deutsche Wohnungsmarkt zeigt sich ins-
gesamt recht robust. Die Mieten stiegen in
den vergangenen Jahren beispielsweise laut
Statistischem Bundesamt durchschnittlich                            3.1 Zuzugsregionen mit Wohnungs-
nur um gut 1,0 v. H. In der Summe relativie-                            knappheit
ren sich die regional sehr unterschiedlichen
Marktentwicklungen, weshalb diese regio-                            Bedingt durch die demografische und ge-
nal differenziert untersucht werden müssen.                         stützt von der gesamtwirtschaftlichen Ent-
                                                                    wicklung ist die Nachfrage nach Wohnungen
Ein Vergleich der Haushalts- und Bevölke-                           in den Zuzugsgebieten deutlich gestiegen.
rungszahl mit dem vorhandenen Wohnungs-                             Zuzugsgebiete sind wirtschaftlich starke
bestand bestätigt dies (vgl. Schaubild 13).                         urbane Zentren, in welchen sich auch Bil-
Für Deutschland insgesamt reicht die Verän-                         dungseinrichtungen wie Universitäten oder
derung des Wohnungsbestandes aus, um die                            Fachhochschulen befinden. Diese profitieren
trotz sinkender Bevölkerungszahl steigende                          zum einen von der Bildungsmigration, zum
Anzahl der Haushalte mit Wohnungen zu                               anderen bieten sie der jüngeren Bevölkerung

Wanderungssalden und Wohnungsbestandsveränderung
        Anzahl in 1000
 1000

  800

  600

  400

  200

    0

–200

–400

–600

–800
                Zuwanderung                    Stagnation                   Abwanderung        Deutschland
–1000
          Einwohner        Haushalte       Wohnungsbestand

        Zuwanderungs- (167 Kreise), Stagnations- (118) und Abwanderungskreise (118)                         Schaubild 15
        Indikator: Wanderungssaldo 2009–2011                                                     Quelle: Stat. Bundesamt

                                                                                                                       15
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

                          Marktmiete Q1 2008               Marktmiete Q1 2013         Änderung zum Vorquartal         Änderung 5 Jahre
                             in EUR/m2                        in EUR/m2                       in v. H.                    in v. H.

 Berlin                              5,7                              6,8                            4,2                        19,3

 Hamburg                             7,8                              9,3                            2,4                        19,2

 München                           11,1                              12,7                            4,6                        14,4

 Frankfurt a. M.                     9,0                             10,2                            3,4                        13,3

 Köln                                8,2                              9,0                            2,9                         9,8
Tabelle 2: Neuvertragsmietentwicklung in den fünf größten deutschen Städten                                                  Quelle: Immonet.de

Arbeitsplätze sowie städtisches Flair. Die                                    Entsprechend niedrig sind in den Zuzugs-
älteren Bevölkerungsgruppen präferieren                                       regionen in der Folge die Leerstandsquoten
diese Zentren, da sie zudem auch wichtige                                     (vgl. auch Schaubild 17). Von den in Tabelle 3
Versorgungseinrichtungen im Nahbereich                                        aufgeführten Städten weisen auf Basis der
vorhalten. Auch wird die hier bereits lebende                                 Zensus-Daten 2011 Hamburg mit 1,5 v. H.
Bevölkerung im Alter nicht wegziehen, im                                      und München mit 2,1 v. H. die niedrigsten
Gegenteil, die Zahl der „Stadtrückkehrer“                                     Leerstandsquoten auf. Wohnungsleerstän-
wird hier zunehmen. Besonders profitieren                                     de von unter 2 v. H. sind nach Angaben des
werden hiervon Westdeutschland und gene-                                      Statistischen Bundesamtes problematisch, da
rell Städte mit mehr als 500 000 Einwohnern.                                  Leerstände um die 2 v. H. notwendig sind,
In diesen Regionen ist mittelfristig von ei-                                  damit Umzüge insgesamt reibungslos statt-
nem weiteren deutlichen Anstieg der Nach-                                     finden können.
frage nach Wohnungen auszugehen.

Zwar sind auch die Fertigstellungen neuer                                                                            in v. H.
Wohnungen gestiegen (vgl. Schaubild 4), das                                    Berlin                                  3,5
Volumen reicht hier aber nicht aus, um den
                                                                               Hamburg                                 1,5
Bedarf zu decken. Als Folge zeigt sich eine
                                                                               München                                 2,1
dynamische Entwicklung bei Mieten und
Preisen für Wohnungen. Am deutlichsten                                         Frankfurt a. M.                         2,6
schlägt sich die angespannte Marktkonstel-                                     Köln                                    2,4
lation bei Neuvertragsmieten nieder, deren                                    Tabelle 3: Wohnungsleerstände in den
Entwicklung in Tabelle 2 für die fünf größ-                                   fünf größten deutschen Städten            Quelle: Stat. Bundesamt

ten Städte Deutschlands dargestellt ist.

Auf der einen Seite weist München das                                         Die höchste Leerstandsquote unter Deutsch-
höchste Niveau bei den Neuvertragsmie-                                        lands fünf größten Städten wurde demgegen-
ten auf, gefolgt von Frankfurt a. M. Berlin                                   über in Berlin mit 3,5 v. H. festgestellt. Dieser
weist demgegenüber das niedrigste Niveau                                      Wert liegt aber immer noch einen Prozent-
auf. Auf der anderen Seite sind in Berlin die                                 punkt unter dem Bundesdurchschnitt von
Neuvertragsmieten in den vergangenen fünf                                     4,5 v. H.
Jahren mit 19,3 v. H. am deutlichsten gestie-
gen, dicht gefolgt von Hamburg mit einem                                      Aktuell zeigen sich im Markt bereits An-
Zuwachs von 19,2 v. H.                                                        passungsreaktionen der Marktteilnehmer.
                                                                              Auf der Angebotsseite stiegen die Fertigstel-
München weist zudem die höchsten Preise                                       lungen (vgl. Schaubild 4). Auf der anderen
für Wohnimmobilien auf. So sind beispiels-                                    Seite weichen Nachfrager wegen der hohen
weise Eigentumswohnungen hier mit durch-                                      Mieten und Preise in den Kernstädten in das
schnittlich 5197 EUR/m 2 am teuersten. In                                     Umland aus oder verdrängen Einheimische
der Periode zwischen 2008 und 2013 legten                                     aus den Städten. Nach Daten des Empirica-
die Preise hier um 51,3 v. H. zu. Im Vergleich                                Instituts zeigt sich dies darin, dass Miet- und
betrug dieser Anstieg in Hamburg 27,6 v. H.                                   Kaufpreise derzeit in den Landkreisen stär-
und in Frankfurt a. M. 24,1 v. H.                                             ker steigen als in den kreisfreien Städten. Bei

16
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Eigentumswohnungen konnte im zweiten                                                          3.2 Fortzugsgebiete mit Wohnungs-
Quartal des laufenden Jahres in den Land-                                                         leerstand
kreisen ein Preisanstieg von 1,7 v. H. im Ver-
gleich zum Vorquartal festgestellt werden,                                                    Eine grundlegend andere Situation zeigt sich
wohingegen der Anstieg in den kreisfreien                                                     in den von den Fortzügen betroffenen Re-
Städten mit 1,5 v. H. geringer ausfiel. Die An-                                               gionen. Diese liegen in Ostdeutschland, im
gebotsmieten stiegen im gleichen Zeitraum                                                     ländlichen Raum, aber auch in altindustriel-
ebenfalls in den Landkreisen um 0,1 v. H.                                                     len Gebieten Westdeutschlands. Hier wird
stärker als in den kreisfreien Städten.                                                       die Zahl der Haushalte weiter zurückgehen,
                                                                                              so dass die Nachfrage nach Wohnungen wei-
Damit scheint der Peak der Preisentwick-                                                      ter sinken wird.
lung vorerst vorbei zu sein. Eine Blasen-
bildung sehen wir in diesen Regionen eher                                                     In diesen Regionen herrscht ein deutlicher
nicht, wenngleich es Stellenweise zu Über-                                                    Angebotsüberhang an Wohnungen, so dass
treibungen gekommen ist. Vielmehr haben                                                       die Mietentwicklung stagniert oder gar rück-
sich Fundamentaldaten der Wohnungsmärk-                                                       läufig ist. So sind beispielsweise in Mülheim
te geändert, worauf diese entsprechend re-                                                    an der Ruhr die Mieten im ersten Quartal
agiert haben. Steigende Fertigstellungen bei                                                  2014 im Vergleich zum ersten Quartal 2009
Anpassungsreaktionen der Nachfrageseite                                                       um 16,9 v. H. gesunken; bei einem gleichzei-
werden den Miet- und Preisanstieg dämpfen.                                                    tigen Bevölkerungsrückgang von 1,5 v. H.
Problematisch bleibt die Lage in den Zuzugs-                                                  In Gelsenkirchen betrug der Bevölkerungs-
regionen allerdings für gering verdienende                                                    rückgang 2,7 v. H., die Mieten stiegen um ge-
Haushalte – auch wenn da die Mietsteige-                                                      ringe 1,8 v. H. im Betrachtungszeitraum.
rungen nicht so hoch ausgefallen sind, da
Mietnachlässe diese erst zeitverzögert über                                                   Die fehlende Nachfrage in den Schrump-
Umzugsketten erreichen. Hier erscheint ein                                                    fungsregionen dämpft auch die Entwicklung
Eingreifen durch die Politik sinnvoll, ob die                                                 der Preise für Wohnimmobilien. Damit geht
diskutierte „Mietpreisbremse“ allerdings das                                                  die Schere zwischen der Entwicklung der
richtige Instrument hierfür ist, sollte kritisch                                              Preise in den Zuzugs- und den Fortzugs-
hinterfragt werden (vgl. Kap. 4).                                                             regionen weiter auseinander (vgl. Schaubild
                                                                                              16).

                                                                                              Während in den Wachstumsregionen die
                                                                                              Preise im ersten Quartal um 1,6 v. H. anzo-
                                                                                              gen, stiegen sie in den Schrumpfungsgebie-
                                                                                              ten nur um 1,2 v. H. Das Preisniveau hat dort

Immobilienpreisindex nach Regionstypen
120

110

100

 90
      I   II III IV   I   II III IV   I   II III IV   I   II III IV   I   II III IV   I   II III IV   I   II III IV   I   II III IV   I   II III IV   I   II III IV   I   II III IV
          2004            2005            2006            2007            2008            2009            2010            2011            2012            2013            2014
                                                                                                                                                                    Schaubild 16
           Wachstumsregionen                     Schrumpfungsregionen                     Stagnationsregionen                                             Quelle: Empirica Institut

                                                                                                                                                                                      17
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

den Wert von 2004 noch nicht wieder er-         die Leerstandsquote insgesamt um 0,9 v. H.
reicht, zumal diese Regionen in besonderem      zu senken. Hierbei wurden nicht mehr
Maße von der Finanz- und Wirtschaftskrise       nachgefragte Bestände geplant zurückge-
betroffen waren.                                baut. Ziel des Programms ist es, den städte-
                                                baulichen Funktionsverlust der Städte zu
Entsprechend problematisch zeigt sich in der    bekämpfen und die von sozialer Erosion
Folge die Entwicklung der Leerstandsquo-        betroffenen Stadtteile zu stabilisieren. Zu-
ten (vgl. Schaubild 17). Die zehn Kreise mit    dem sollen die Voraussetzungen geschaffen
den höchsten Leerstandsquoten liegen aus-       werden, die städtebaulich wertvollen, aber
nahmslos in Ostdeutschland. Am stärksten        durch hohe Leerstände gekennzeichneten
von Leerständen betroffen ist hier Dessau-      innerstädtischen Altbaubestände wieder
Roßlau mit Leerständen von beachtlichen         nutzen zu können und insgesamt die Iden-
14,0 v. H.                                      tifikation der Bürgerinnen und Bürger mit
                                                ihrer Stadt zu stärken. Ein ähnlich struktu-
Mit Leipzig, Schwerin Chemnitz und Gera         riertes Programm scheint auch geeignet, die
befinden sich weitere ostdeutsche Städte in     Situation auf den Wohnungsmärkten in den
dieser Gruppe. Unter den westdeutschen          Fortzugsgebieten zu stabilisieren. Aufgrund
Kreisen weist Pirmasens mit knapp 10,0 v. H.    der demografischen Entwicklung wird die
den höchsten Wert auf. Aber auch Hagen          Nachfrage nach Wohnungen hier weiter ab-
(7,0 v. H.), Gelsenkirchen (6,6 v. H.) oder     nehmen, so dass für ein Marktgleichgewicht
Bremerhaven (6,5 v. H.) verfügen über über-     auch weniger Wohnungen ausreichen.
durchschnittlich hohe Leerstandsquoten.

In Ostdeutschland ist es im Rahmen des
Programms „Stadtumbau Ost“ gelungen,

Wohnungsleerstände in Deutschland 2011

                                                      in v. H.

                                                                                           Schaubild 17
                                                                           Quelle: Stat. Bundesamt 2014

18
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

4. Mietpreisbremse und                           Gut handelt, haben die Wohnungsmärkte
                                                 eine hohe gesellschaftliche Bedeutung, so
   Kappungsgrenze –                              dass die Diskussion z. T. sehr emotional ge-
   des Kaisers neue Kleider?                     führt wird.

                                                 Abseits der emotionalen Ebene zeigen sich
Um die Preisentwicklung auf den Vermie-          einige wesentliche Mängel am vorliegenden
tungsmärkten in den Wachstumsregionen            Entwurf der Bundesregierung. Zunächst
zu dämpfen, haben sich die Koalitionspart-       müssten einheitliche Standards zur Ermitt-
ner im Koalitionsvertrag darauf verständigt,     lung der ortsüblichen Vergleichsmiete be-
eine Mietpreisbremse einzuführen. Diese          stimmt werden. Hier haben sich im Laufe
sieht vor, dass bei Wiedervermietungen von       der Zeit verschiedene Systeme herausge-
Bestandswohnungen die zulässige Miete            bildet, einen Wert zu ermitteln. In einigen
maximal 10 v. H. (statt bisher 15 v. H.) über    Kommunen wird diese Vergleichsmiete auch
der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf.    gar nicht berechnet. Ohne eine einheitliche
Gelten soll diese Regelung in von den Bun-       Regelung werden die ohnehin schon nicht
desländern zu bestimmenden Gebieten mit          transparenten Märkte weiter an Vergleich-
einem angespannten Wohnungsmarkt und             barkeit verlieren und damit die Unsicherheit
die Geltungsdauer soll auf fünf Jahre be-        der Marktteilnehmer erhöhen.
grenzt sein. Damit keine negativen Effekte
für Investitionen in neue Wohnungen ent-         Des Weiteren muss eindeutig bestimmt wer-
stehen, sind Neubauten und umfassend mo-         den, welche Kriterien einen angespannten
dernisierte Wohnung von dieser Regelung          Wohnungsmarkt definieren. Hier sind ver-
bei der Erstvermietung ausgenommen. Ak-          schiedenste Indikatoren denkbar, einen the-
tuell sollen nach Bundesjustizminister Hei-      oretisch fundierten Grenzwert gibt es aller-
ko Maas im Gegensatz zum ursprünglichen          dings nicht. Ebenfalls zu klären ist die Frage,
Entwurf Neubauten von der Mietpreisbrem-         wie reagiert werden soll, wenn sich der ange-
se befreit werden. Daneben sollen die Mak-       spannte Wohnungsmarkt schon vor Ablauf
lerkosten im Sinne des Bestellerprinzips von     der fünfjährigen Geltungsdauer beruhigt
den Anbietern getragen werden, die zumeist       und damit eine Marktregulierung eigentlich
einen Makler beauftragen.                        nicht mehr notwendig wäre.

Zusätzlich zur Einführung der Mietpreis-         Die Ausnahmeregelung für Neubauten
bremse wurde bereits die Kappungsgrenze          und umfassend modernisierte Wohnungen,
verändert, welche es bereits seit längerem       durch welche die Investitionen in Wohnun-
gibt. Die Kappungsgrenze schränkt das            gen geschützt werden sollen, bedarf eben-
Mieterhöhungsrecht der Vermieter ein, wenn       falls einer genauen Definition, was unter
diese ihre Miete auf das ortsübliche Niveau      „umfassend modernisiert“ zu verstehen ist.
anheben wollen. Grundsätzlich darf die           Reicht hier die Badsanierung oder müssen
Mieterhöhung in diesem Fall 20,0 v. H. in drei   weitere, auch den energetischen Standard
Jahren nicht überschreiten. In Gebieten, wo      einer Wohnung verbessernde Maßnahmen
„die ausreichende Versorgung der Bevölke-        durchgeführt werden? Die Beschränkung
rung mit Mietwohnungen zu angemessenen           der Ausnahme auf die Erstvermietung birgt
Bedingungen in einer Gemeinde oder einem         zudem für den Vermieter u. U. das Problem,
Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist“     dass der Erstmieter nicht lange bleibt und bei
(§ 558 Abs. 3 Satz 2 BGB), reduziert sich der    der Wiedervermietung dann die Mietpreis-
Mieterhöhungsspielraum auf 15 v. H.              bremse greift.

Mit Hilfe dieser Regelungen hofft die Bun-       Schließlich müsste bei Einführung der Miet-
desregierung, gerade gering verdienende          preisbremse nach der Festlegung eindeutiger
Haushalte in den Wachstumsregionen vor           Kriterien deren Einhaltung auch überprüft
als zu hoch empfundenen Mieten zu schüt-         werden. In Summe bedeutet dies einen nicht
zen. Da es sich bei der Wohnung um ein le-       unerheblichen Aufwand, den voraussichtlich
bensnotwendiges und nicht substituierbares       die Kommunen zu tragen haben werden.

                                                                                             19
Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Ein weiterer Aspekt ist die Beobachtung,         len Finanzinvestoren getätigt. Andere pri-
dass die Märkte schon heute Anpassungs-          vate Marktteilnehmer verfolgen aktiv eine
reaktionen zeigen. Die Nachfrage weicht in       Wachstumsstrategie und bauen ihre Port-
Umlandgemeinden aus, was die dort stei-          folios aus. Bei den Kommunen ist dagegen
genden Mieten belegen, und die Fertigstel-       seit 2008 eine Zurückhaltung bei den Ver-
lungszahlen sorgen für eine Erhöhung des         käufen zu beobachten. Der Verkauf kommu-
Wohnungsangebotes, so dass Miet- und             naler Wohnungsbestände ist fast vollständig
Preissteigerungen zuletzt niedriger aus-         zum Erliegen gekommen. Aufgrund von an-
gefallen sind. Vor diesem Hintergrund ist        gespannten regionalen Wohnungsmärkten
es fraglich, ob eine derartig weitreichende      besitzen einige Kommunen wieder Interesse
Marktregulierung in dieser Form überhaupt        an einer Vergrößerung ihrer kommunalen
notwendig ist. Eine Förderung des Angebo-        Wohnungsbestände.
tes und die direkte temporäre Unterstützung
der betroffenen Haushalte wären aus unserer      Der deutsche Investmentmarkt für Wohn-
Sicht geeignetere Maßnahmen, um das Ziel         immobilien war im ersten Halbjahr des
des Schutzes sozial schwacher Haushalte in       laufenden Jahres weiterhin durch ein hohes
den Wachstumsregionen zu erreichen.              Nachfrageniveau charakterisiert. Insgesamt
                                                 summierte sich der Wert der Transaktio-
                                                 nen nach Angaben von Jones Lang LaSalle
                                                 auf 6,8 Mrd. EUR, was einem Zuwachs von
                                                 18,0 v. H. gegenüber dem ersten Halbjahr des
                                                 Vorjahres entspricht. Dabei fiel das zweite
                                                 Quartal mit Umsätzen von 1,7 Mrd. EUR
                                                 deutlich schwächer aus als das erste Quartal
5. Investmentmarkt                               mit 5,1 Mrd. EUR.
   Wohnimmobilien
                                                 Getragen wird die Nachfrage hauptsächlich
Nachdem infolge der Wirtschafts- und Fi-         von deutschen institutionellen Investoren,
nanzmarktkrise insbesondere in den Jahren        die insgesamt einen Anteil von 75,0 v. H. an
2009 und 2010 eine geringe Investitionstätig-    den Transaktionen ausmachen. Diese sehen
keit auf dem deutschen Transaktionsmarkt         inländische Wohnimmobilien weiterhin als
zu verzeichnen war, ist seit 2011 ein deut-      attraktive Alternative zu anderen Anlagefor-
licher Anstieg zu beobachten. Das Trans-         men. Auf der Verkäuferseite finden sich zu-
aktionsvolumen im Jahr 2013 reicht an die        meist Private-Equity-Unternehmen, die mit
Werte der Boomjahre 2006 und 2007 heran.         1,7 Mrd. EUR Volumen im ersten Halbjahr
Im Jahr 2012 wurden insgesamt 34 Verkäufe        den größten Anteil der Verkäufe ausmach-
größerer Wohnungsbestände ab 800 Einhei-         ten.
ten mit rund 190 000 gehandelten Wohnun-
gen registriert. Im darauffolgenden Jahr ist     Das Transaktionsgeschehen hat sich dabei
mit 49 Transaktionen und rund 300 000 ver-       deutlich auf B-Standorte verlagert. Unter
kauften Wohnungen ein weiterer Zuwachs           den Top-Fünf-Standorten war mit Berlin nur
der Marktaktivitäten zu beobachten. Wäh-         einer der A-Kategorie. Im selben Zeitraum
rend im Dreijahreszeitraum zwischen 2009         des Vorjahres waren hier mit Berlin, Mün-
und 2011 lediglich eine Großtransaktion ab       chen und Düsseldorf noch drei A-Standorte
10 000 Wohnungen erfasst wurde, waren es         vertreten. Das mangelnde Angebot in den
2012 und 2013 insgesamt 13 Großverkäufe.         Top-Standorten und die in der Folge stei-
                                                 genden Preise führen zu einer Abwanderung
Nachdem Finanzinvestoren durch die Fi-           der Investoren in B- und C-Standorte. Wei-
nanzkrise unfreiwillig zu vorübergehenden        ter gut nachgefragt sind Projektentwicklun-
Bestandshaltern wurden, nutzten diese das        gen in den Innenstädten der deutschen Bal-
günstige Umfeld der vergangenen Jahre,           lungszentren in Form von Forward Deals,
um aus ihren Wohnungsinvestments aus-            um auf diese Weise Bestände in den sich gut
zusteigen. Der Großteil der Verkäufe von         entwickelnden innerstädtischen Arealen zu
Wohnungsportfolios wird von internationa-        erhalten.

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Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Insgesamt ist für das laufende Jahr eine wei-
terhin gute Entwicklung des Investment-
marktes für Wohnimmobilien zu erwarten,
wobei die Transaktionen nicht mehr das
Vorjahresniveau erreichen, die 10,0-Mrd.-
EUR-Marke aber übertreffen werden. Damit
wird das Transaktionsvolumen etwa auf dem
Niveau des Jahres 2012 liegen. Die Phase des
seit 2010 wachsenden Transaktionsvolumens
ist damit zunächst beendet. Portfolioberei-
nigungen und Diversifizierungen werden in
den Vordergrund treten, die großen Mega-
deals der vergangenen Jahre in dieser Häu-
fung nicht mehr zu beobachten sein.

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Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

Übersicht der bisher erschienenen Studien:
          Juni 2001   Die Finanzierung von Fußballstadien
     November 2002    Krankenhausmarkt im Umbruch (Teil I)
        Januar 2004   Krankenhausmarkt im Umbruch (Teil II)
                      – Handlungsoptionen für die Zukunft
         März 2005    Immobilienmärkte – Einflussfaktoren und Perspektiven
       August 2005    Real Estate Investment Trusts
     Dezember 2005    Housing Bubble USA – Crash or Soft Landing?
         März 2006    Logistikimmobilien – eine neue Chance
                      für den Gewerbeimmobilienmarkt?
     September 2006   Liquiditätsschwemme auf deutschen Immobilienmärkten
                      Liquidity hurricane in Germany’s property markets
         April 2007   Abenteuerland Asien?
        August 2007   Herausforderungen für Einzelhandelsimmobilien
         März 2008    Zukunft der Wohnimmobilien und der
                      Wohnungsunternehmen in Deutschland
        August 2008   Entwicklungstrends für Hotelimmobilien in Deutschland
         April 2009   Demographische Herausforderungen für die Immobilienmärkte
        August 2009   Einzelhandelsimmobilien – Trends auf der Angebotsseite
         März 2010    Büroimmobilienmarkt der Zukunft
        August 2010   Immobilien-Investmentmarkt: Nach dem Boom ist vor dem
                      Boom
         März 2011    Logistikimmobilien – Cluster mit differenzierten
                      Entwicklungspotenzialen
        August 2011   Neue Trends im deutschen Einzelhandel
         März 2012    Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft
        August 2012   Perspektiven der Wohnungsmärkte in Deutschland
         März 2013    Immobilien-Investmentmärkte in Deutschland
        August 2013   Perspektiven der Einzelhandelsimmobilienmärkte in Deutschland
         April 2014   Megatrends der Immobilienmärkte in Deutschland

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Wohnen in Deutschland – differenzierte Situation und Perspektiven

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(„Deutsche Hypo“) und richtet sich aus-          zur Verfügung stehen. Ausgehend von den
schließlich an Empfänger innerhalb der Bun-      bekannten und unbekannten Risiken, die
desrepublik Deutschland.                         dem Geschäft der Deutsche Hypo anhaften
                                                 sowie Unsicherheiten und anderen Faktoren,
Diese Studie dient allein Informations-          können die zukünftigen Resultate, Wertent-
zwecken und stellt insbesondere kein An-         wicklungen und Ergebnisse abweichen, die
gebot und keine Aufforderung zur Abgabe          aus solchen zukunfts- oder vergangenheits-
eines solchen Angebotes zum Kauf, Verkauf        gerichteten Aussagen hergeleitet wurden.
oder zur Zeichnung irgendeines Anlagetitels      Daher soll in solche zukunfts- oder vergan-
oder einer Finanzdienstleistung dar.             genheitsgerichteten Aussagen kein uneinge-
                                                 schränktes Vertrauen gesetzt werden.
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die im Ganzen oder in Teilen um einen Ver-       Die Weitergabe dieser Studie an Dritte sowie
kaufsprospekt oder einen sonstigen anderen       die Erstellung von Kopien, ein Nachdruck
Börsenprospekt. Insofern stellen die in die-     oder sonstige Reproduktion des Inhalts oder
ser Studie enthaltenen Informationen ledig-      von Teilen dieser Studie ist nur mit vorheri-
lich eine Übersicht dar und dienen nicht als     ger schriftlicher Genehmigung der Deutsche
Grundlage einer möglichen Kauf- oder Ver-        Hypo zulässig.
kaufsentscheidung eines Investors. Vielmehr
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digen Verkaufs- bzw. Börsenprospekte liest.      kann in manchen Rechtsordnungen unzu-
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