Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 - Thorsten Faas Jürgen Maier Michaela Maier Nr. 43/2013
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Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 Thorsten Faas Jürgen Maier Michaela Maier Nr. 43/2013
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ ISSN (Online): 2195-6030 Die Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ dienen der Darstellung vorläufiger Ergebnisse, die in der Regel noch für spätere Veröffentlichungen überarbeitet werden. Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen – auch bei nur auszugsweiser Verwertung. Herausgeber/Editors Mitglieder des Steering Committees des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“: Prof. Dr. Rüdiger Grimm (Fachbereich 4: Informatik) Prof. Dr. Jürgen Maier (Fachbereich 6: Kultur- und Sozialwissenschaften) Prof. Dr. Michaela Maier (Fachbereich 8: Psychologie) Prof. Dr. Ulrich Sarcinelli (Fachbereich 6: Kultur- und Sozialwissenschaften) Prof. Dr. Manfred Schmitt (Fachbereich 8: Psychologie) Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 Thorsten Faas Jürgen Maier Michaela Maier Nr. 43/2013 Kontaktdaten der Verfasser Thorsten Faas Bereich „Empirische Politikforschung“ Institut für Politikwissenschaft Fachbereich 2: Sozialwissenschaften, Medien und Sport Johannes Gutenberg-Universität Mainz Hegelstr. 59 55122 Mainz E-Mail: thorsten.faas@uni-mainz.de Jürgen Maier Abteilung Politikwissenschaft Institut für Sozialwissenschaften Fachbereich 6: Kultur- und Sozialwissenschaften Universität Koblenz-Landau, Campus Landau Kaufhausgasse 9 76829 Landau E-Mail: maierj@uni-landau.de Michaela Maier Abteilung Kommunikationspsychologie und Medienpädagogik Institut für Kommunikationspsychologie, Medienpädagogik und Sprechwissenschaft Fachbereich 8: Psychologie Universität Koblenz-Landau, Campus Landau Fortstr. 7 76829 Landau E-Mail: mmaier@uni-landau.de
Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 Thorsten Faas Jürgen Maier Michaela Maier Zum Dreikampf Am 02. September 2013 wurde der einzige TV-Dreikampf im Bundestagswahlkampf 2013 zwischen den Spitzenkandidaten der drei kleinen im Bundestag vertretenen Parteien, Rainer Brüderle (FDP), Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) und Gregor Gysi (Die Linke), ausge- strahlt. Die rund 60-minütige Diskussionssendung begann um 20:15 Uhr und wurde von der ARD übertragen. Unter Ausschluss von Publikum befragten die zwei Moderatoren Jörg Schönenborn (WDR) und Sigmund Gottlieb (BR) die drei Kandidaten. Vorbemerkung Der Wortlaut der Debatte wird exakt dokumentiert. Die Aussagen der drei Kandidaten sowie der zwei Moderatoren werden in 30-Sekunden-Blöcken eingeteilt. Darüber hinaus werden folgende parasprachliche Besonderheiten der Redebeiträge erfasst:1 (uv) unverständliche Rede ^ parasprachlicher Einschublaut (äh, öh, ömm usw.) - kurze Pause -- längere Pause [ simultanes Sprechen „…“ nachprüfbares wörtliches Zitat ‚…‘ sinngemäßes Zitat 1 Die Erfassung der parasprachlichen Elemente erfolgt unter Anwendung der in Josef Klein (1990): Elefantenrun- den „Drei Tage vor der Wahl“: Die ARD-ZDF-Gemeinschaftssendung 1972-1987, Baden-Baden, Teil II: Texte, S. I, entwickelten Systematik.
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 Transkript Zeit Gysi Brüderle Trittin Moderatoren 00:00:00 AUS DEM OFF: Der TV-Dreikampf live aus dem Kraft- werk in Berlin. Gre- gor Gysi, Rainer Brüderle und Jürgen Trittin stellen sich den Fragen von Sigmund Gottlieb und Jörg Schöne- born. SCHÖNENBORN: Guten Abend, herz- lich Willkommen, schön, dass Sie dabei sind. Gestern das Duell, heute das Rückspiel, der Drei- kampf. Sie haben schon gemerkt, heu- te 00:00:30 ist das die Sendung, bei der es mehr Gesprächspartner als Moderatoren gibt. Hoffentlich eine Sendung mit vielen guten, überzeugen- den Argumenten und keine Zahlen- schlacht. Als wir vor vier Jahren mit dem Dreikampf gestartet sind, waren wir mit- ten in der Wirt- schaftskrise. Heute sind wir in einer Situation in der es weniger Arbeitslose gibt, die Steuerquel- len sprudeln, die Konjunktur brummt. Das macht das Wahlkämpfen vor allem für die Oppo- sition nicht ganz so leicht. GOTTLIEB: Ja, Herr Trittin und die Kanzlerin hat gestern im Duell von 2
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ vier guten Jahren für Deutschland, 00:01:00 die hinter uns lie- gen, gesprochen. Ich weiß, Sie haben sich das Duell im Autoradio angehört, weil Sie unterwegs waren, Sie wissen also, wovon wir re- den. Die wirtschaft- liche Lage ist gut, die Arbeitslosigkeit ist zurückgegangen, warum fällt es ei- gentlich so schwer über den Schatten der Opposition zu springen und zu sagen, hier hat sie ein Stück weit Recht? Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist gut. Die Lage für viele Menschen ist nicht gut. Wir haben acht Millionen Men- schen im Niedrig- lohnsektor. 00:01:30 Wir haben übrigens zum ersten Mal seit zwanzig Jahren einen Anstieg von Treibhausgasen und, obwohl es uns so gut geht, hat es Schwarz-Gelb fertig bekommen in den letzten vier Jahren Hundert Millio, Milli- arden Schulden aufzunehmen. Das ist kein gutes Zei- chen, das ist genau mit der guten Ent- wicklung Schindlu- der zu treiben und deswegen sagen wir, es muss anders werden, wir müssen uns kümmern, um das Klima, wir müs- sen uns kümmern, um mehr Gerechtig- keit und wir müssen, 3
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 statt neuer Schul- den zu machen mehr 00:02:00 Geld für Bildung ausgeben. Herr Gysi, da stelle ich gleich die Frage an den– zweiten Oppositionspolitiker in dieser Runde - Leiharbeit geht zu- rück, die wirtschaft- liche Lage ist gut. Die Menschen sind laut einer Umfrage von Infratest mehr- heitlich mit der Situ- ation im Augenblick zufrieden. Das müsste Sie doch als den prononcierten Vertreter der Schwachen in die- sem Lande fröhlich stimmen. Warum schauen Sie so traurig? Also erstens schaue ich ja in aller Regel 00:02:30 gar nicht traurig. Aber ich mache mir natürlich Sorgen um unser Land. ^ Wir haben den größten Niedriglohnsektor in Europa. Ich bitte Sie, größer als in Zypern, größer als in Griechenland. 25 Prozent der Be- schäftigten arbeiten zu Niedriglöhnen, es kommen ja neben den acht Millionen, die unter sieben Euro verdienen noch mal über sie- ben Millionen in den Minijobs hinzu. ^ Wir haben 25 Prozent prekär Beschäftigte, reden Sie doch mal mit jungen Leuten, die nur noch befris- tete Verträge ken- nen. Oder eben 4
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ Leiharbeiter sind, oder 00:03:00 Aufstockerin oder Aufstocker sind. Aber Sie haben Recht, natürlich gibt es, und ^ Entschul- digung und ^ die Entwicklung nimmt eine ganz schiefe Bahn. Denn das Vermögen kon- zentriert sich immer in wenigeren Hän- den und auf der anderen Seite nimmt die Armut zu und da muss man endlich mal um- steuern und ich sa- ge es klipp und klar, wer soziale Gerech- tigkeit will muss auch Steuergerech- tigkeit herstellen, anders geht’s nicht. SCHÖNENBORN: Herr Brüderle, manchmal gibt’s in der Gesellschaft Situationen, wo sich fast alle einig sind. Die beiden Vorred- ner haben das Thema Niedriglöh- ne angesprochen. Ein allgemeiner Mindestlohn, der für alle Menschen ver- bindlich 00:03:30 im Land gilt, das ist was, was fast jeder in Deutschland für richtig hält, nur die FDP blockiert, stellt sich quer. Zunächst muss man die Fakten klarstel- len. Wir haben fast zwei Millionen neue Arbeitsplätze, wir kamen von fünf Mil- lionen, sind unter drei Millionen. Die Entwürfe von Herrn Steinbrück waren 5
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 250 Milliarden Neu- verschuldung, wir sind 150 Milliarden niedriger. Morgen beraten wir über [Dank sprudelnder einen Haushalt der Steuerquellen. strukturell ausgegli- chen ist. 1000 Milli- arden Export. Man kann natürlich alles schlecht reden, es gibt immer jeman- den, dem es noch besser gehen soll 00:04:00 und man muss auch die richtigen Instru- mente machen. Ein einheitlichen, flä- chendeckenden Mindestlohn über alle Branchen, Re- gionen ist ökono- misch falsch, weil die Ausgaben für Lebenshaltung in München, Stuttgart anders sind als bei mir in der Eifel oder Westerwald. Und in anderen Branchen ist unterschiedliches dabei, deshalb ist das eine Chimäre die vor sich hinge- tragen wird, indem man den Eindruck erweckt damit wä- ren viele Probleme gelöst, die sind nicht gelöst. Wir haben in vielen Sektoren et- wa vier Millionen Menschen tarifver- traglich Mindestlöh- ne 00:04:30 gemacht, da bin ich sehr dafür, aber das sollen Gewerkschaf- ten, Arbeitgeber aushandeln, und nicht politisch der Bundestag die Löh- ne festlegen, das ist nämlich der allge- meine gesetzliche Mindestlohn. Die 6
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ SPD sagt 8,50, da sagt er zehn. Wenn [(uv). die SPD zehn sagt, sagt Gysi 15. Das sind politische Lohn- findung, das kann in einer Marktwirt- schaft nicht gut ge- hen. Aber wir haben doch eine politische Lohnfindung. Wir haben doch bun- desweit ein Exis- tenzminimum, was wir definiert haben und bundesweit wird Geld ausgegeben, um Menschen, die in solchen 00:05:00 prekären Niedrig- lohnsektoren das Geld aufzustocken. Wir war, sagen ja immer man soll mal sparen. Ja, ich bin ziemlich sicher man kann ungefähr vier Milliarden Euro Lohnsubvention für Aufstocker sparen, wenn wir endlich einen gesetzlichen Mindestlohn haben, wenn es nicht mehr so ist, dass die Bä- ckerfachverkäuferin in Weimar am Bahnhof für 3,40 Euro die Stunde Brötchen verkaufen muss, wenn nicht mehr Menschen für vier, fünf Euro Haa- re schneiden müs- sen, dann sparen wir Geld und wir haben einen Zu- stand erreicht, wie er heute übrigens in 00:05:30 [Herr Trittin. Großbritannien, in den Niederlanden und überall völlig normal ist. Das Ar- gument, dass es unterschiedliche 7
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 Lebenserhaltungs- kosten gilt, zählt jeden Fall nicht, weil wir heute schon dieses ausgleichen müssen und zwar einheitlich, durch Aufstocker und ich [Aber Herr Brüderle, würde mir gerne einen großen Teil dieser vier Milliar- SCHÖNENBORN: den sparen. Herr Gysi, dann [(uv). [(uv). Herr Brüderle. Herr Gysi, dann Herr Brüderle [Das sind vier Milli- Sie sehen es ja, arden. dass die, zum Bei- spiel die Friseure es geschafft haben eigenständig einen Mindestlohn zu er- reichen, nicht durch den Gesetzgeber, das haben die selbst gemacht. Und diese ganzen prekä- ren 00:06:00 Lohnverhältnisse [Der niedrigste sind bei Grün-Rot in - der Zeit geschaffen [Der niedrigste Lohn worden. Sie haben in Thüringen. das damals ge- macht und jetzt jammern sie. Das ist nicht ganz glaub- GOTTLIEB: würdig, was die da [Herr Gysi. betreiben. Der niedrigste Lohn bei einem Friseur in Thüringen liegt bei 3,50 Euro. Verges- sen Sie es einfach, Herr Brüderle. Ein gesetzlicher Min- destlohn regelt nicht alle Löhne, sondern er sagt das ist das Minimum was man in Deutschland pro Stunde zu bezahlen hat. Das gibt 21 EU- Länder die das ge- macht haben, nur wir nicht. Und das wird auch höchste 8
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ Zeit, weil wir dieses Existenzminimum benötigen und ich sage Ihnen auch die Aufstocker sind doch eine Zumu- tung, da gibt es 00:06:30 über 400 Tausend die arbeiten Vollzeit und verdienen so wenig, dass sie noch zum Jobcenter gehen und Hartz IV beantragen. Sagen Sie mal, das geht doch nicht, die Wür- de des Menschen verlangt, dass, wenn jemand in Vollzeit arbeitet er auch einen Lohn bekommt, von dem er in Würde leben kann und nicht noch zum Jobcenter ge- schickt werden. [Herr Gysi. Wirklich wahr, das finde ich abenteuer- [Das geschieht lich. ja durch die Ent- wicklung, aber Sie [Ach, durch die können auch nicht. Entwicklung. Entschuldigung. Sie können das ja nicht durch den Gesetz- geber einfach ma- chen, denn manche Jobs fallen dann weg. Wenn die Kehrmaschine billi- ger ist, haben Sie den Job nicht. Mir ist es lieber, wenn einer zwei Drittel 00:07:00 am Arbeitsmarkt direkt verdient, ein Drittel Hilfestellung kriegt, als völlig draußen zu sein. Viele kommen dann [Aber was ist das hoch, das ist der denn für ein Begriff Klebeeffekt, der von Marktwirtschaft. dabei entsteht. So kriegen die Men- schen wieder Arbeit, so haben wir zwei Millionen Menschen 9
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 in Arbeit gebracht. Darf ich Ihnen nur, darf ich ihnen nur sagen, dass wir im letzten 10- Jahres- vergleich sogar 1,4 Millionen Vollzeitar- beitsplätze verloren haben, dass die Statistik so gut, in [Nein. den letzten 10 Jah- ren, das können sie mir glauben. Dass die Statistik so gut aussieht liegt an der vielen prepr prekä- ren Beschäftigun- gen, wobei ich ein- räume, 00:07:30 die ist eingeführt worden durch Agenda 2010 von SPD und Grünen, aber von ihnen eben nicht korrigiert wor- den. Und ^ das geht nicht, wir haben viel zu viel prekäre Be- schäftigung und die müssen wir endlich überwinden, weil darunter leiden die Leute und die ver- stehen es auch SCHÖNENBORN: nicht. Und dann gibt [Herr Gysi, was [Rainer Brüderle, sie es noch was, aber nützt dürfen gleich, sie dazu kommen wir dürfen gleich reagie- noch. ren. Sie haben ja auf ihren Vorschlag verwiesen, man möge das in Tarif- verträgen machen. Ist grade für Friseu- re in Ostdeutsch- [Ja. land passiert. 6,50 Euro sind für je- [Ja. [Ja. manden, der voll arbeitet keine Tau- [In der Entwicklung send Euro im Mo- 8,50. nat. Ist das ausrei- [(uv) 8,50. chend? 00:08:00 Nein, ist noch nicht [Das ändert an der ausreichend, aber Ausbeuterei ja sie gehen ja bis nichts. 8,50 in freiwilliger 10
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ Vereinbarung dabei. Da muss man se- hen, dass viele über diesen Weg in die Arbeit reingekom- men sind. Ja, das ist schön, wenn man [Wo ist dann der mehr hat dabei, Unterschied, wenn aber wenn es damit die auch zu 8,50 die Lösung ist, dass kommen, zu einem sie mehr Menschen gesetzlichen Min- in Arbeit reinkrie- destlohn? gen, dann ist es richtig. Ich bin da- gegen, dass der Staat die Löhne festsetzt. Dann krie- gen sie bei jeder [Wissen Sie Bundestagswahl einen Wettbewerb zwischen den Linksparteien, wer [Ach. am meisten bietet GOTTLIEB: kriegt die meisten [Herr Trittin. Stimmen. Das hat [Da bin ich, da bin doch mit Ökonomie ich übrigens, bin ich nichts zu tun. übrigens bei Brüder- le 00:08:30 Da bin ich auch da- gegen, da muss es [Da bin ich, da bin eine Kommission ich bei Brüderle, das geben, die das vor- würde ich auch an- schlägt. ders machen. Ja, ich auch. Ich möchte das ma- chen wie in Großbri- tannien, wo Arbeit- geber und Gewerk- [Genau. schaften die Höhe [Und Wissenschaft- entsprechend fest- ler. legen und dann die- ses allgemein ver- bindlich erklärt wird. Das einzige Grund, warum wir sagen mindestens 8,50 Euro ist, das dass wir den Staat davor schützen müssen, unentwegt Löhne zu subventionieren. Ich frag mich manch- mal, was eigentlich der Vater, der sozia- len Marktwirtschaft, Ludwig Erhard, 11
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 denken würde, wenn er zusehen würde, 00:09:00 wie bei uns teilweise auf Jobbörsen Ar- beitgeber, nachdem sie den Arbeitneh- mern, den Arbeits- suchenden, einen Job angeboten ha- ben, sagen „Macht doch nichts, dass es 5 Euro sind, hier ist der ALG2 Antrag, ich helfe dir auch, den auszufüllen.“ Das ist tägliche Pra- xis, die Arbeitgeber [Aber Herr Trittin, haben sich daran [Nein, nein, nein, gewöhnt. Wenn [Ja, nein. Arbeitgeber sich Sie machen doch daran gewöhnen, Lohnsubvention zu bekommen, dann ist das nicht Marktwirt- schaft, das ist schlicht und ergrei- fend eine Fehlent- wicklung auf dem Markt, die muss [Aber Sie machen man beenden. doch ihre Rech- nung, Herr Trittin, mit ihrem gesetzli- chen Mindestlohn flächendeckend von 00:09:30 8,50 Euro machen sie doch nicht kon- sequent zu Ende. Sie kennen das Bei- spiel in Frankreich hier haben wir einen ähnlich hohen Min- destlohn, sie wis- sen, was dort mit dem Thema Ju- gendarbeitslosigkeit im Augenblick pas- siert. Wollen sie unsere Jugendli- chen auch in diese Ecke treiben? Die Jugendlichen in Frankreich, wie üb- rigens die Jugendli- chen in Spanien, in Italien, die sind un- 12
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ ter anderem deswe- gen in diesen Län- dern arbeitslos, weil es dort eine veritab- le Wirtschaftskrise gibt, weil dort nie- mand mehr inves- tiert 00:10:00 weil wir in einer Si- tuation sind und das schwappt gerade rüber nach Frank- reich und mittlerwei- le erreicht es auch Deutschland. Fra- gen sie sich mal, warum ein gutes Stahlwerk wie Peine [Ja. mittlerweile darüber diskutiert Kurzarbeit zu haben. Ganz einfach weil es auf dem europäischen Markt im Süden einen massiven [Das ist ja wieder Nachfrageeinbruch Das ist ein anderes Thema. [Warum sagen ei- [Sie machen sich da gentlich die For- zu billig. scher des Früh- jahrsgutachtens, in Frankreich ist dieser Mindestlohn eine Jobbremse. Warum Sehen fast alle Wis- sagen sie das nicht? senschaftler anders Nehmen sie das und wenn sie sich nicht ernst? [Nein, nein. die Entwicklung angucken 00:10:30 [Sie sind gleich wie- In Großbritannien, in der dran Herr Brü- den Niederlanden, derle in Luxemburg, in all [Ich versuche es diesen Ländern ha- [(uv). mal gleich (uv). ben wir dieses und die Wirtschaftskrise, die wir in Frankreich haben, die ist Folge der Eurokrise, der fehlenden Investiti- onen im Süden, weil Frankreich genau in diese Länder expor- tiert hat und mittler- weile erreichen die- se Krisenauswir- kungen auch die 13
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 Bundesrepublik Deutschland. Ich empfehle ihnen ei- nen Blick in die [^ deutsche Stahlin- dustrie, übrigens ein Bereich, der von Mindestlöhnen weit entfernt ist. Die zah- len sehr viel besser. Darf ich bitte ein [Kurz dazu noch, anderes Beispiel Herr Gysi und dann nennen, ein anderes Herr Brüderle, bitte Beispiel nennen. kurz. Herr Brüderle, sie können dann gleich (uv). 00:11:00 In Großbritannien ist der Mindestlohn eingeführt worden und dabei hat sich die Arbeitslosigkeit abgebaut und au- ßerdem: Wir können doch nicht die Prob- leme über die pre- käre Beschäftigung lösen, dann müssen wir eben über Ar- beitszeitverkürzung und andere Dinge nachdenken. Ich bin es leid und ich sage es ihnen auch, es ist so, dass wir eine schiefe Entwicklung nehmen. Das Netto- vermögen, das pri- vate Nettovermö- gen, das jetzt 2012 bei 10 Billionen Eu- ro lag, Davon haben 0,6 Prozent zwei Billionen, das sind 20 Prozent. 00:11:30 Und 50Prozent der Haushalte haben davon 1 Prozent aber 98 hatten sie SCHÖNENBORN: noch 4 Prozent. Die [Verehrter Herr Gysi Entwicklung geht auseinander. Dage- gen müssen sie [Herr Gysi. etwas tun und die [ver Niedriglöhne führen auch zu niedrigen 14
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ Renten, dann haben wir auch noch Al- tersarmut. Wirklich Herr Brüderle, so [Ja. geht es nicht, wir müssen das einfüh- ren [Wenn Sie mal Luft Verehrter Herr Gysi holen, kann ich es Eine Bitte, eine Bit- Ihnen auch erklären. te, die ich vorhin geäußert habe, eine Zahlenschlacht macht Spaß, man kann sich dabei leicht verletzen und [Ich mache das mal das wollen wir nicht. qualitativ. Herr Trittin interpretiert lacht es gerade, wie es ihm passt. 00:12:00 In Frankreich spielt der Mindestlohn keine Rolle, da ist es die externen Fak- toren, da ist der Euro oder sonst was, wie es ihm hineinpasst. In Deutschland ist es wieder umgekehrt, [Nein, nein. da liegt es daran, weil wir den Min- destlohn nicht ha- ben. Es ist einfach ökonomisch falsch. Wenn der Mindest- lohn dazu führt, weil er über dem liegt, was erwirtschaftet werden kann, ver- hindert er Arbeits- platz. Liegt er drüber- dann hat er den Effekt nicht. Es wär ein Zufall, dass man genau den richtigen Punkt er- wischt. Es ist 00:12:30 die Illusion, man flüchtet in planwirt- schaftliche Instru- mente hinein. Es hat wirklich mit der Lohnfindung nichts zu tun. Für mich entscheidend ist, dass die Menschen 15
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 in Arbeit kommen, dass sie Aufstieg haben und die pre- kären Arbeitsver- hältnisse haben sich reduziert wegen der richtigen Politik. Wenn man 2 Millio- nen neue Arbeits- plätze in Deutsch- land geschaffen hat, kann das nicht ver- kehrt sein. Jetzt sollte man das Land nicht schlecht re- [Nä. den, den Fleiß der Menschen nicht schlecht reden, nur GOTTLIEB: [Darf ich eine Frage weil sie die poli [Herr Trittin stellen, Herr Brüder- le, darf ich ihnen [Nur noch eine Fra- eine Frage stellen? ge Herr Gysis, Wissen Sie, wie ganz kurz Herr viele Unternehmer Trittin. für einen flächende- ckenden gesetzli- chen Mindestlohn sind, Ja. 00:13:00 nach einer Studie, 60 Prozent sind der ^Unternehmer dafür [Weiß der Teufel, und Herr Trittin, wen Sie gefragt wissen Sie, was die haben. [Das hat einen ein- vorschlagen? fachen, das hat ei- Die schlagen 8,88 nen einfachen Euro vor, die liegen Grund. über DGB, SPD und [Aber die Frage Herr Grünen. Trittin, warum, wa- [(uv). [(uv). rum trauen Sie die Lösung dieser Fra- ge nicht den Tarif- partnern zu, warum glauben Sie nicht, dass die flexibel und klug genug sind und aus Erfahrung klug geworden, warum [Weil wir muss das alles ge- setzlich geregelt werden? Weil wir diese Er- fahrung seit 2004 gemacht haben, weil z.B. über so genannte Schein- 16
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ gewerkschaften und Ähnlichem 00:13:30 Tarifverträge ge- macht worden sind, die in dieser Grö- ßenordnung sind und wenn man neun Jahre die Erfahrung gemacht hat, dass etwas, was früher die Gewerkschaften selber geglaubt ha- ben, früher war der IG Metall, war die IGBCE gegen einen gesetzlichen Min- destlohn, meine [Die Grünen auch. Gewerkschaft war dafür, aber sie ha- ben die Erfahrung gemacht, dass die- ses nicht geht, dass Ihnen teilweise die ganzen Tarifver- handlungen kaputt gemacht worden sind durch die Pre- karisierung einzel- ner Arbeitsbereiche und deswegen muss es eine Min- destsicherung ge- ben 00:14:00 und diese Mindest- sicherung ist die Grundlage, dass die Tarifparteien über- haupt erst wieder die Freiheit haben zu geregelten Tarif- verhandlungen zu kommen und des- wegen ist ein sol- cher Mindestlohn nichts anderes als [Nur ein Satz zum eine Untergrenze Tariflohn, nur ein (uv) weitet sich die SCHÖNENBORN: Satz zum Tariflohn. [Der Mindestlohn ist Tariffreiheit [Niedrige Löhne, eine Ohrfeige für die ich bitte Sie, Gewerkschaften, meine Herren, eine Ohrfeige für die Arbeitgeber, weil sie Herr Brüderle, unfähig sind, das Herr Gysi selbst zu machen Aber Herr Brüderle, [Realität [Lassen Sie uns, wissen Sie, lassen Sie uns, las- 17
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 Nein, aber dürfen sen Sie uns einfach wir mal sehen, Nein, einen kleinen Schritt eins müssen wir voran gehen sagen, wie viele Doch, Menschen einen Nein Herr Gysi, Tariflohn beziehen das machen wir jetzt nicht mehr, denn da [Ja Siesch, siesch, stimmen Sie mir ja sie sch, völlig zu 00:14:30 Sie sprechen von 34 [Herr Gysi Prozent der Men- schen in den neuen [Lieber Bundesländern be- kommen einen Ta- riflohn, 64 Prozent [Schon wieder eine nicht und im Westen Zahl sind es nur noch 52 Ja – Prozent, das ist ist angekommen doch absurd, mit was soll ich- Tarif kriegen sie das er hört uns beiden ganze gar nicht ge- nicht zu. löst. GOTTLIEB: Herr Schönenborn, Sie müssen dazwi- schen gehen, Herr Gysi hört nicht auf [Das stimmt. Sie. SCHÖNENBORN: Ok. Herr Gysis, Herr Gottlieb hat mich gebeten, weiterzu- machen- kleine Löhne (Gottlieb lacht) führen, ja das ist Konsens sicher- lich und auch nicht lustig, kleine Löhne führen zu kleinen Renten, das wird ein wachsendes Prob- lem in den nächsten Jahren sein, 00:15:00 gestern beim TV- Duell hat Peer Steinbrück ein Prob- lem angesprochen, dass viele Men- schen beschäftigt, nämlich der Ein- druck, dass Pensio- näre, also ehemali- ge Beamte weit besser dastehen als Rentner. In diesem 18
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ Jahr gab es etwa für Bundesbeamte gut zweieinhalb Prozent Erhöhung für Rent- ner im Westen ein Viertel Prozent und Peer Steinbrück hat gefordert, dass künftig die Entwick- lung der Pensionen gekoppelt wird an die Entwicklung der Renten. Da wüssten wir gerne von Ihnen, beginnend Herr Gy- si, was ist Ihre Posi- tion dazu, 00:15:30 richtig bei Herrn Steinbrück oder bei Frau Merkel, die sagt, nein das will ich nicht? Nein, das ist nicht richtig, wir müssen jetzt nicht Pension kürzen, sondern wir müssen die Renten- frage generell lösen und das schaffen wir nur, indem wir wieder zu der alten Formel zurückkeh- ren, das Rentenni- veau erhöhen, die Rente stärker an die Lohnentwicklung k koppeln. Natürlich müssen wir aufge- ben, diese Rente erst ab 67 wieder zu 65 zurückgehen. Die Demografie ist gar nicht wichtig, die Produktivitätsent- wicklung ist ja ent- scheidend und dann müssen wir aller- dings, nachdem wir die alte Formel wie- der eingeführt ha- ben, 00:16:00 drei wichtige Schrit- te gehen: wir müs- sen der nächsten Generation sagen, und das löst das 19
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 Problem, dass alle mit Einkommen in die gesetzliche Ren- tenversicherung einzuzahlen haben, auch Rechtsanwäl- te, auch Bundes- tagsabgeordnete, auch Beamtinnen und Beamte. GOTTLIEB: [Aber Sie haben Nein, ich hab ge- jetzt keine Antwort sagt, Pension würde auf Jörg Schönen- ich nicht kürzen, das borns Frage gege- ist der falsche Weg, ben. aber das, diesen Schritt müssen wir gehen und wenn wir das in der nächsten Generation einfüh- ren, dann die Bei- tragsbemessungs- grenze aufgeben, sodass man von seinem vollen Ein- kommen einen Bei- trag bezahlen muss und für die Spitzen- verdiener den Ren- teneinstieg abfla- chen, dann [(uv). 00:16:30 brauchen wir über Altersarmut nicht mehr zu diskutieren und mit Steuermit- teln können wir end- lich auch eine Min- destrente von 1050 Euro bezahlen, aber Sie kennen ja beide nur Senkung des Rentenniveaus und Kürzung der Rente um zwei Jahre [Wie kommst du Ich halte das für darauf? völlig falsch [Für völlig falsch. Also erst mal, der ^ Steinbrück hat ges- tern einen Flopp gelandet, denn viele sind ja Polizeibeam- te, Justizvollzugs- beamte mit relativ [Die bekommen kleinen Einkommen auch gar nicht hohe Die Pensionen wer- 20
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ Pensionen. den auch steuerlich anders behandelt als bei Renten, da wird nur der Er- tragsanteil steuer- lich erfasst, da gibt’s Betriebsrente in vielen Fällen dazu, das sind so nicht 00:17:00 vergleichbare Posi- tionen, das war meines Erachtens ein Schlag auf die Polizeibeamten in NRW kriegen sie keine Lohnanpas- sung, jetzt kriegen sie auch die Pensi- on herunter gekürzt dabei, das müssen sich die Leute ge- nau ansehen, was sie da vorgeschla- [Sind die hohen gen hat, ich halte es Beamten in NRW, für Unsinn. Was die ausgenommen Kollege Gysi hier sind. vorschlägt, ne Ein- heitsrente, wenn sie‘s alles gleichge- schaltet, so ist ja [Von Einheit, von überall Einheitslohn, Einheit ist doch Einheitsrente, Ein- überhaupt keine heitsmietpreise Rede, also das ist Gulasch, sind ganz unter- was mit Marktwirt- schiedliche Renten. schaft nix zu tun Ach. hat, das ist Plan- wirtschaft, perfekt, das führt in die Irre. Ich glaube, 00:17:30 dass man das Übel an der Wurzel pa- [Eben. cken muss. Die Wurzel ist, dass wir in den vergangenen Jahren eine Loh- entwicklung hatten, die hinter der Pro- duktivität zurückge- blieben ist. Das führt dazu, dass wir heu- te sehr geringe Ren- tensteigerungen haben und das muss anders wer- den, deswegen ha- 21
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 ben wir gesagt, die- se Entwicklung ab- bremsen durch ei- nen gesetzlichen Mindestlohn, des- wegen muss es einen höheren Steuerfreibetrag für alle Beschäftigten geben, also Gering- und Normalverdie- ner 00:18:00 entlasten führt zu höheren Nettolöh- nen und damit das Rentenniveau stabi- lisieren. Es nützt überhaupt nichts, Sch Gering- und Schlechtverdienen- de, Feuerwehrleute, teilweise Menschen, die ja nicht mal mehr wegen der Finanznot der Kommunen leis- tungsgerecht ein- gruppiert werden können, auch noch damit zu bedrohen, ihnen die Pension zu kürzen. Das ist falsch, sondern das [Was Herr Stein- Übel an der Wurzel brück nicht vorge- ist da an der Stelle, schlagen hat, die Vermutung habe Sie haben das auch ich in der Frage, die erwähnt, sondern es hab ich in der Fra- geht um die Frage, ge, die habe ich in ob die Entwicklun- der Frage gen gekoppelt sind 00:18:30 mitgehört, deswe- gen wollte ich das deutlich sagen, ^ ich glaube, dass sie zudem für all dieje- nigen Menschen, die nicht ein volles Arbeitsleben durch- stehen können, weil sie zum Beispiel zwischendurch ar- beitslos sind oder Erziehungszeiten haben, n einfaches Prinzip brauchen. Alle Menschen, die 22
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ 33 Jahre dem Ar- [Mmh. beitsmarkt zur Ver- fügung gestanden haben, müssen eine Garantierente ha- ben, die oberhalb der Grundsicherung geleistet wird und die ohne Bedürftig- keitsprüfung gewit- das ist die wirk- [Die Änderung der samste Vorbeugung Rentenformel war gegen Altersarmut, falsch, das ist genau das, 00:19:00 die Kürzung der was wir vorschla- Rente um zwei Jah- gen. re war falsch. GOTTLIEB: Herr Brüderle, wir haben eine, wenn ich das sagen darf, wir haben eine hal- be Millionen Rent- ner, die neben ihrer Rente Harz IV be- ziehen, jetzt haben wir die Union ge- habt, die sozusagen eine Lebensleis- tungsrente einfüh- ren wollte, die FDP hat gesagt, nein nicht mit uns. Was haben sie eigentlich dagegen, dass Menschen im Alter genug zum Leben haben? Wir gönnen jedem jedes, aber es ging um 10,15 Euro, was Frau von der Leyen vorgeschlagen hat. Der Kernpunkt ist ein anderer man muss den Mecha- nismus kennen. 00:19:30 Die Rente wird nach der Bruttolohnent- wicklung gestaltet, auch deren Erhö- hung und da wir in [Nicht mehr genü- den vergangenen gend. Jahren Minus bei den Löhnen hatten, hätte man an sich die Rente kürzen 23
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 müssen. Das haben wir nicht gemacht im Interesse der Rent- ner. Deshalb sind jetzt so bescheidene Erhöhungen dabei und das Beste ist es, wenn wir die Wirtschaft in Gang halten, sie nicht durch drastische Steuererhöhungen in der Mitte, Mittel- stand, lähmen, dann haben wir weniger Wachstum, die Ent- wicklung muss in Deutschland weiter forciert werden, dass wir voran- kommen, dann kön- nen wir die Renten auch wieder ent- sprechend anpas- sen. Es muss am Schluss irgendwie finanziert werden, 00:20:00 Ich finde es alles [Wir kommen, sympathisch. (uv) Freude für einen Jungbrunnen, nur [Aber wo nehmen wir‘s Kind her? aber Herr Brüderle, wir kommen um die generelle Reform nicht herum. 40 Prozent derjenigen die Einkommen ha- ben sind nicht ab- hängig beschäftigt und zahlen nicht ein und ich sage Ihnen, das können wir uns in der nächsten Ge- neration nicht mehr leisten und das gibt keine Einheitsrente, sondern es führt dazu, weil doch die, [Zwangsversiche- die Beiträge rung wollen Sie ma- Naja alle Arbeit- chen. nehmerinnen und Arbeitnehmer sind zwangsversichert, ja ich bitte Sie, ja na- 24
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ türlich Natürlich, übrigens [Sie wollen ja alle der Sozialstaat reinversichern. Sie muss auch mal zu wollen ja selbst den Selbständigen auch rein und Freiberuflern (uv) und 00:20:30 Freiberuflerinnen kommen. Und im Übrigen, in einem Punkt haben Sie Recht, aber da sind wir am konsequen- testen, sie wollen ja bloß diese Unge- rechtigkeit in der Steuer beseitigen, was die kalte Pro- gression betrifft, wir wollen den gesam- ten Mittelstands- bauch beseitigen, weil ich nicht akzep- tieren kann, dass die Mitte der Gesell- schaft für alles be- zahlt. Der untere Teil geht nicht und der kann es nicht und an den reichen Teil trauen sie sich ja nicht ran oder wollen sie nicht ran. [Herr Gysi. (uv) da sind aber 35 Milliarden dabei, aber das bisschen was man machen könnte, jetzt schon, [Ja, wir wollen 6 Milliar- den bei der kalten Progression, 00:21:00 [aber ich sage damit die Zuschauer Ihnen, der ganze es verstehen. Mittelstandsbauch Ein Euro mehr ver- muss weg. dienen über über- proportionale Steu- [Nein, die Gesell- erbelastung, da ist schaft im Bundesrat, auch in mit den von ihm mitregierten Län- dern alles blockiert worden. Rot-Rot- [Ja und zwar zu- Grün hat im Bun- recht, weil sie desrat die Entlas- tung der Arbeitneh- 25
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 [Ja. merinnen und Ar- GOTTLIEB: beitnehmer bei der [Das habe ich jetzt kalten Progression nicht verstanden. blockiert (uv) haben [Hab ich ehrlich ge- können sagt auch nicht ver- standen, hab ich [Aber wissen Sie, auch nicht verstan- passen sie auf, un- den. sere Einkommens- Das hab ich gar steuer geht nicht so, [Das merkt man. nicht verstanden sondern die hat ja einen Mittelstands- bauch und das heißt, dass die Leh- rerinnen und Lehrer, die Facharbeiterin- nen und Facharbei- ter, die Meisterinnen und Meister, die Polizistinnen 00:21:30 und Polizisten letzt- lich die Gesellschaft bezahlen. Der unte- re Teil kann es nicht und an den Reichen und die Bestverdie- nenden trauen Sie sich ja nicht ran. Und wir wollen die- sen Mittelstands- bauch beseitigen allerdings unter der Bedingung, dass man den Spitzen- steuersatz erhöht, damit wir die glei- chen Einnahmen aus der Lohn- und Einkommenssteuer haben, weil darauf wieder die Kommu- nen angewiesen sind, die sind heute schon pleite. Die wissen heute nicht, wie sie die Kinder- tagesstätte etc. be- zahlen sollen und das ist nicht zu viel verlangt und damit entlasten wir die [Darf ich, darf ich Mitte der Gesell- [Aber Herr Gysi, Ihr vielleicht nochmal schaft und das wird Modell kann man in zu der Frage, auch höchste Zeit Frankreich be- was obachten 26
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ 00:22:00 Die konnten gleich die Rezession mit diesen Maßnahmen [Wieso? mitverkünden. Herr Brüderle, viel- leicht hören Sie, vielleicht hören Sie nochmal die Ant- wort, warum wir der Auffassung gewe- sen sind, dass die von Ihnen vorge- schlagene Beseiti- gung der kalten [Übersetzen Sie Progression keine doch mal kalte Pro- gute Idee war. gression. Erstens, erstens endete sie, endete [Dürfen wir, dürfen sie damit, dass am wir Sie bitten, Herr Ende diejenigen, die Trittin, lieber - jetzt am meisten haben, hört Herr Trittin wie- am stärksten entlas- der auf mich tet wurden GOTTLIEB: Herr Trittin, Herr Schönenborn möch- te Ihnen noch eine präzisierende Frage stellen. SCHÖNENBORN: [Lassen Sie uns das [Ich wollte ja nur Thema ein bisschen erklären, warum ich verschieben. eben gesagt habe, Wir waren ich sei ^ hätte das nicht [Ja. 00:22:30 [Das glaube ich verstanden, was [Das ist ein, das ist Ihnen, dass Sie das Herr ^ Brüderle ge- eine gute Finte und nicht verstanden sagt hat und des- dann selber die Er- haben. wegen wollte ich klärung. erläutern, warum wir uns so verhalten haben, wenn das [Ja möglich ist. [Nein ich find‘s auch eine freundliche Geste von Ihnen. Ich würd nur gern das Thema Steuern, zu denen wir gleich noch kommen wol- len, ein klein biss- [Ja. chen aufschieben, weil wir jetzt so von dem Rententhema, möglicherweise ist 27
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 das ein sehr schwie- riges Thema und deswegen ist die [Nein, nein, nein, Neigung nein. [Nein, ich habe - Ihnen ja eine Ant- Besonders groß, zu wort gegeben. anderen Themen weiterzugehen. Lassen Sie‘s mich noch n bisschen ergänzen, denn wir haben ja nicht nur die Situation, dass durch Gesetzesbe- schluss das Ren- tenniveau 00:23:00 von Jahr zu Jahr etwas geringer wird, sondern wir haben ja auch die Situati- on, dass wir alle aufgefordert sind, privat vorzusorgen. Mit jeder Lebens- versicherungsmittei- lung, die ich be- komme, mit jeder Mitteilung über mei- nen Riestervertrag übrigens auch mit jedem Kontoauszug von meinem Spar- buch, von meinem Tagesgeld sehe ich, dass ich durch die niedrigen Zinsen weniger bekomme, als erwartet, teilwei- se weniger bekom- me, als das Geld entwertet wird. Ich leiste, wenn ich auch nur ein biss- chen Geld auf Seite gelegt habe, jeden Monat einen Beitrag 00:23:30 ja wo zu, zur Euro- rettung? [Alle Sparerinnen Herr Brüderle und Sparer. Die Niedrigzinspoli- tik, Nullzinspolitik führt natürlich dazu, wenn man sie zu lang treibt, dass die Sparbuchbesitzer, die Dummen sind, 1 28
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ Prozent Zins auf‘m Sparbuch, nach Steuern vielleicht [Ja. (GOTTLIEB) 0,6. 1,9Prozent In- [Ja. flation hat man Mi- (SCHÖNENBORN) nus. Lebensversi- [Ja. (GOTTLIEB) cherung reicht die Mindestverzinsung nicht, deshalb muss bei der ECB auch SCHÖNENBORN: ein anderer Kurs [Das ist doch unge- eingeführt werden recht. und deshalb plädier ich dafür, dass wir uns zusammenset- zen und Entschei- dungsgremien än- dern. Es kann nicht sein, dass Malta, die (lacht) kleine Inselrepublik 00:24:00 Genauso Stimmen- gewicht bei der Ent- scheidung hat wie Deutschland, wir haften bei jeder Entscheidung in Europa mindestens mit 27Prozent SCHÖNENBORN: (uv) das muss ge- [Können Sie mir ändert werden [Aber erklären, was das für meine – Also [Aber die Wahrheit, den Zusammen- Herr, Herr Brüderle, hang mit meinen die Wahrheit, die Zinsen, können Sie Wahrheit, die Wahr- mir das erklären? heit bleibt doch Natürlich, wenn man es ändert in einen Kurs und zur Ver- zinsung, die, wie sie normal ist, wieder kommen, kriegen sie auch ganz ande- re Zinsen. Es ver- zehrt die ganze Markwirtschaft, wir GOTTLIEB: kriegen eine Fehl- Ja. steuerung, die Marktwirtschaft funktioniert nur, wenn die Marktprei- se eine Segment, die Knappheitsgrad richtig widerspiegeln und es ist soziale [Aber Schweinerei, weil 29
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 die kleinen (uv) [Aber wir wollen Sie 00:24:30 [Bevor wir, bevor wir denn jetzt in eine große [ja EZB Schelte eintre- ten, weil bisher hab SCHÖNENBORN: ich immer geglaubt, [Übernehmen Sie wir seien der Auf- die Moderation fassung, dass die EZB zu recht unab- [Mmh. hängig ist und ihrer Aufgabe nachgeht. Würd ich doch mal bitte darüber nach- denken, warum die EZB nach wie vor das Zinsniveau so niedrig hält, weil in dem gemeinsamen Währungsraum es eine Reihe von Ländern gibt, denen es dreckig geht, wo 50Prozent der Ju- gendlichen unter 25 60Prozent arbeitslos sind. Die in einer massiven 00:25:00 Rezession sind. ^ Was macht man als Zentralbank in einer Rezession? Man hält die Zinsen nied- rige, damit die auf Bei auf die Beine kommen. Wissen Sie, ein ganz nor- males Verhältnis. Was passiert dann in dem gemeinsa- men Euroraum? Das Geld flieht in den sicheren Hafen Deutschlands, lan- det in Immobilien und deswegen ge- hen hier und bleiben hier die Zinsen un- ten und das ist ge- nau das Problem [Und die Mieten Das heißt, die Be- gehen rauf. hauptung, die Be- hauptung, uns ginge es gut und der Rest Europas sei doof, der ist einfach falsch. Wir 30
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ 00:25:30 müssen diese Krise in Südeuropa über- [Aber winden, damit die EZB nicht mehr ge- zwungen ist, diese Niedrigzinspolitik zu machen und das ist [Darf ich Ihnen was der Kern, wo diese sagen? Regierung dran [Herr Gysi [So schlicht funktio- scheitert, weil sie [Herr Gy niert Ökonomie der Auffassung sind, [Herr Brüderle eine, nicht weil Sie ja der Auf- eine Sekunde. fassung sind, man müsse in Europa sparen bis es quietscht. Und dann GOTTLIEB: sind Schulden grö- [Aber das ist ja nur ßer geworden. ein Teil der Wahr- [So funktioniert es heit. Herr, Herr eben nicht. Trittin [Ganz einfach, Herr Brüderle, Herr Grundkurs Ökono- Trittin, das ist nur mie. ein Teil der Wahr- [Für Sie ja, aber für heit, der andere Teil die Realität nicht. der Wahrheit heißt, dass ein großer Teil junger Menschen in diesem Land sich fragt, wie kann ich eigentlich für mein Alter in 10 -20- 00:26:00 30 Jahren vorsor- gen, wenn ich im Augenblick keinen [Zurecht. Ertrag habe [Richtig Die Politik fordert mich auf, privat vor- [Ja ^ nicht die Politik zusorgen, haben die überhaupt noch ^ wirklich alle im Kopf, wenn sie mir das sagen? werden sie da nicht unglaub- würdig gegenüber unserer jungen Ge- Ich habe Ihnen ja [Herr Gysi ist nicht neration? einen, ich habe für private Vorsorge ihnen ja einen Vor- schlag gemacht, wie wir die gesetzliche Rente so gestalten können, dass es keine Altersarmut gibt. Es sind die FDP und die Union und Andere, die 31
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 immer sagen, pri- vatvorsorgen. Ich halte die Riesterren- te für einen Flopp. Und die sagen, Le- bensversicherung abschließen und das sagen sie mal den prekär 00:26:30 Beschäftigten, die wissen heute nicht, wie sie überhaupt ihren Lebensstan- dard bezahlen sol- len, wovon sollen die denn noch eine Lebensversicherung bezahlen oder eine zusätzlich private Versicherung, aber zum zweiten haben [Oder eine private Sie natürlich Recht. Pflegeversicherung. Alle Besitzer von Sparguthaben auch von Kleinspargutha- ben bezahlen im Augenblick die Eu- rokrise. Sie bezah- len das, indem Sie keine Zinsen be- kommen Ja die Antwort ist, [Das ist der Befund, dass wir die Krise was ist Ihre Ant- ganz anders meis- wort? tern müssten als es die Regierung macht. Die Regie- rung Kann ich Ihnen sa- gen: wir hätten ers- tens für Steuerge- [Wie? rechtigkeit, z.B. wenn wir mal Grie- chenland nehmen, müssen Kataster- amt 00:27:00 machen, Grundstü- cke abfassen, Steuergerechtigkeit einführen. Da gibt’s 2000 Familien, de- nen gehört 80 Pro- zent des Vermö- gens, die bezahlen ja bisher keinen halbe Euro mehr, so 32
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ und dann hätten wir einen binden müs- sen, wie in den USA, die Steuer- pflicht an die Staatsbürgerschaft, wird übrigens auch in Deutschland höchste Zeit, damit die Reichen nicht immer dahin gehen, wo sie am wenigs- ten Steuern bezah- len, man kann das auch binden an die Staatsbürgerschaft, wie in den USA, so und dann hätte man ihnen Kredite geben müssen für den Aufbau der Schiffs- industrie, der Solar- energie und des Tourismus und dann würden Einnahmen fließen. Dann hätten Sie höhere 00:27:30 Steuereinnahmen, könnten alles zu- rückzahlen. Die ha- ben jetzt einen Rückgang der Wirt- schaftsleistung um 24 Prozent. Die Ar- beitslosigkeit bei Jugendlichen liegt bei 64 Prozent. Die ist insgesamt ge- stiegen um 193 Prozent. Das ist der helle Wahnsinn und sie müssen mir mal erklären, Herr Trittin, warum die Grünen jedem Ret- tungsschirm, wo immer klar war, sol- che Bedingungen hängen daran, zu- [Jetzt ist er wieder in gestimmt haben. der Spur. Wissen Sie, der [Also andere Weg, und dann hätten wir auch andere Zinsen und dann müssten [Ok, ich erkläre es auch die Spargut- ihm ja gerne. 33
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 habenbesitzer nicht alles bezahlen wie [Also gegenwärtig Wir können hier keine Münchhau- sentheorie machen. 00:28:00 [Nä. Strukturprobleme löst man nicht, in- dem man sie mit Geld zuschüttet. Wo ist das Kernprob- lem? Griechenland. Sie sind nicht wett- bewerbsfähig, sind nicht in der Lage, das sich zu erarbei- ten, was sie meinen, sich auf der Ausga- benseite sich er- lauben zu können. Das kann man nicht be, übersähen mit [Und Sie ruinieren billigen Krediten Griechenland und [Herr Gysi, meinen, das ist die so kann man das Hilfe? Ich bitte Sie nicht lösen, sondern es müssen Struktur- veränderungen sein, deshalb war‘s rich- tig, was die deut- sche Regierung gemacht hat. Wir sind solidarisch. Wir helfen, aber im Ge- genzug muss der Empfänger der Soli- darität, der Hilfe, das ihm Mögliche tun, seine Struktur- probleme 00:28:30 zu lösen. Wir haben ja die Beispiele: Irland, die voran- kommen, wir sehen auch in Spanien Veränderung, Grie- chenland hat auch ein Stück Verände- rung ist aber noch nicht erdrückend, was dabei ist. Wenn man das aufgibt und sagt, wir drucken das Geld, ihr kriegt es so. Weshalb sol- [Das habe ich gar len die denn noch nicht gesagt. die Initiative haben, 34
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ diese Verände- rungsprozesse um- zusetzen? Schauen sie mal, was der Monti in Italien ver- ändern könnte. Die- se Fortschritte hät- ten wir nicht, wenn wir nicht klar diese Prinzipien umge- setzt haben. Einfach SCHÖNENBORN: nur Geld drucken [Herr Brüderle, und es verteilen löst [Monti heißt jetzt Nachfrage nicht die Struktur- übrigens Letta. [Nachfrage probleme, 00:29:00 da kann man am Detail nicht vorbei- kommen, das ist so, [Aber wir haben ja auch die Probleme, 10 [Ja. [Und sagen Sie Jahre gebraucht bis Harz IV, da wurden [Aber jetzt müssen Sie groß (zu Gysi) Sie uns mal erklä- ren, Herr, Herr Brü- derle, Herr Brüderle, [Nachfrage Herr Brüderle, erklä- ren Sie uns doch [Ich hatte mich zu- mal, warum bei, bei nächst für eine Fra- lauter Sparmaß- ge gemeldet, Herr nahmen, die Sie, Trittin (lacht) diesen Ländern auf- gedrückt haben, wo Sie viele Dinge blo- ckiert haben, z.B. zusätzliche Investi- tionsmittel zur Ver- fügung zu stellen, die Staatsschulden in Spanien, in Grie- chenland immer größer werden? Warum stehen Sie [In Portugal auch. heute 00:29:30 vor der Situation und da können Sie ja heute vor der Wahl nochmal was zu sagen, dass mit Sicherheit nach der Wahl nicht mehr Bürgschaften, son- dern tatsächliche Transfers nach Griechenland flie- ßen, weil ohne In- vestitionen die 35
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 Staatsschulden in Griechenland immer größer werden wer- den und das heißt, das was Sie ver- sprochen haben, man könne durch bloßes Ausgaben- kürzen konsolidie- ren, dass dieses Ziel nicht erreicht wird, stattdessen muss man 00:30:00 Zur Ausgabenkür- zung auch Investiti- onsmittel zur Verfü- gung stellen, ohne [Herr Trittin. Wachstum wird Griechenland nicht aus der Krise kom- men. [Ihre Denke ist fun- [Ne, ich damental falsch. [Nein, ich habe von Sie wollen Euro- Eurobonds über- bonds, Sie wollen haupt nichts gesagt, Einheitszinsen. ich habe überhaupt Sie sind so, sie wol- nichts von Euro- len allen Schulden- bonds gesagt. Ich tilgungsfonds, die habe einfach ge- wir jetzt gemeinsam sagt, man muss die Haftung jetzt investieren, wenn nicht ^ dass wir man aus dem [Hören Sie doch mal Mustopf kommen zu, ich habe Ihnen will. ja auch zugehört, auch wenn es [Müssen Sie aber schwer fällt. doch trotzdem (uv) nichts Falsches über mich behaup- [Die Zuschauerin- ten nen und Zuschauer können Ihnen bei- den nicht folgen. Plenum, das ist doch nichts anderes [Meine Herren, wir als Übernahme der können alle mitei- ganzen Schulden nander oder einer Europas, alleine 00:30:30 damit lösen Sie die Probleme nicht und [Mmh. wenn die nicht die richtigen Weichen- stellungen vorneh- men, Griechenland [Mmh. ist souveräner 36
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ Staat. Wir können [Ja doch nicht vor- schreiben, kein Pro- [Mmh. tektorat Europas, [Nee, Sie welche Entschei- Sie haben, dung zu treffen ist. Das Parlament ist [Sie haben ach frei gewählt. Diese [Sie haben sehr Entscheidung müs- wohl alle, alle Vor- sen die dort treffen. schriften gemacht. Das kann doch nicht in Berlin entschie- den werden, was [Herr Trittin hat nach Griechenland Griechenland ge- macht, was Spanien [Ich habe nach fragt. macht und Ihr Den- Griechenland ge- ken, dass wir das fragt. alles über einen Topf packen, Alt- schuldentilgungs- fonds, das erzähle ich jedes Mal im Plenum dabei, ist einfach vom Denken her falsch. Sie sol- len hier nicht Illusio- nen 00:31:00 wecken, Sie müssen Realitä- ten sehen, auch wenn es Ihnen schwer fällt. [Herr Brüderle. [(uv) der Internatio- Da ist immerhin nale Währungsfond wichtiges und ernst- das gleich sagt wie haftes Thema geht. wir? Herr Trittin, lassen Sie uns einfach die Spielregeln beach- ten und ^ nochmal auf das Thema zu- rückkommen. Wir haben verstanden, Herr Gysi sagt, Ihre Politik ist falsch. Herr Trittin, der glaube ich oft im Bundestag zuge- [Immer, immer, stimmt hat, hat Ihre [hat immer zuge- Politik gerade auch stimmt. kritisiert. Ich frage nochmal Sie, der Sie als Wirtschafts- minister beim ersten Griechenlandpaket im Amt waren und damals mindestens 37
Faas/Maier/Maier: Wortlaut des TV-Dreikampfs zur Bundestagswahl am 22. September 2013 00:31:30 den Eindruck er- weckt haben, mit den 22 Milliarden für die haften ist Schluss, dann kam ein zweites, jetzt wird über ein drittes diskutiert. Wie wol- len Sie den Men- schen vermitteln, dass Sie die Dinge tatsächlich im Griff haben und wie wol- len Sie dem Ein- druck begegnen, den viele Menschen haben, die machen [Herr Schönenborn, ein Paket nach dem nächsten, aber ei- jetzt vorm Wahl- gentlich ist das ein kampf wird das na- Loch, das immer türlich ganz anders wieder neu gestopft diskutiert. Es war werden muss. von vorneherein klar, dass man Ende 2014 überprüft, ob die Maßnahmen, die in Griechenland ergriffen worden, 00:32:00 richtig sind. Keiner glaubte, dass 2014 am Ende Griechen- land alle Probleme gelöst hat. Ob die Mischung von Hilfen aus den europäi- schen Struk- turfonds, Regional- fonds richtig sind, ob Sie greifen, ob die Griechen Ihre Zusagen halten von dem Reformprozess in Griechenland, die Griechen haben‘s weitgehend in der Hand, ob sie weitere Unterstützung erfah- ren oder nicht. Ich weiß heute nicht ^, was in eineinhalb Jahren in Griechen- land geschieht. Es sind nur Hellseher, wenn wir jetzt keine Bundestagswahl in 38
Arbeitspapiere und Dokumentationen des Forschungsschwerpunkts „Kommunikation, Medien und Politik“ zweieinhalb Wo- chen hätten, wär die 00:32:30 Diskussion eine völlig andere, als Herr Schäuble ge- sagt hat, war alle bekannt, dass man [Ja, aber darf ich Ende 2014 prüft, ob Herrn Brüderle eine das Maßnahmenpa- Frage stellen? ket richtig ist, wie man es fortführt, natürlich wird Grie- chenland auch strukturelle, infra- strukturelle Hilfe brauchen in Zukunft, das hat überhaupt nichts zu tun mit dem weiteren Grie- chenlandpaket. Ich bin kein Hellseher, ich hoffe sehr, Grie- chenland hat Fort- schritte im Touris- [Ok. mus gemacht, ha- ben wenigstens einige Reformen [Aber ^ durchgesetzt. Mich ärgert sehr, dass Frau Merkel in der SS Uniform durch Athen getragen wird, 00:33:00 Aber das ist ein Ne- benpunkt, trotzdem setzten wir das fest, wir werden das En- de 14 überprüfen, [Haben wir ja ver- was wir machen, standen, Herr Brü- aber heute, wer das derle heute sagen kann, das ist [Dann kommt die [Herr, Herr, Herr Transferunion Brüderle, ich habe das ist ein Gaukler eine Frage, darf ich [Gut das (uv) [Ich hab Ihre drei eine Frage an Herrn Positionen dazu Brüderle stellen? verstanden, sodass ich denke, wir kön- [Liebe, liebe Herrn [Herr Trittin weiß nen weitergehen Moderatoren, darf alles schon wie im- ich eine Frage an mer ihn stellen? [Herr Gottlieb Wir haften bei alle GOTTLIEB: Darlehen, die nach Gysi noch eine Fra- Irland, Spanien, ge an Portugal, Zypern, SCHÖNENBORN: 39
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