PRIVATISIERUNG KOMMUNALER WOHNUNGEN - DSTGB DOKUMENTATION NO 70

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PRIVATISIERUNG KOMMUNALER WOHNUNGEN - DSTGB DOKUMENTATION NO 70
DStGB
DOKUMENTATION NO 70

                                     Privatisierung
                                     kommunaler
                                     Wohnungen

                                     Hintergründe, Risiken
                                     und Möglichkeiten
                                Deutscher Städte-
                                und Gemeindebund

                                Deutscher Städte-
                                und Gemeindebund
                                www.dstgb.de

 Verlagsbeilage „Stadt und Gemeinde INTERAKTIV“ Ausgabe 7-8/2007
                                                                   a1
PRIVATISIERUNG KOMMUNALER WOHNUNGEN - DSTGB DOKUMENTATION NO 70
Herausgeber                            Autoren
Deutscher Städte- und Gemeindebund     Beigeordneter Norbert Portz
Marienstraße 6 · 12207 Berlin          Rechtsreferendarin Claudia Lüdtke
Tel. 030 77307-0 · Fax 030 77307-200   Rechtsreferendarin Agneta Krüger
dstgb@dstgb.de
PRIVATISIERUNG KOMMUNALER WOHNUNGEN - DSTGB DOKUMENTATION NO 70
Inhaltsverzeichnis

Vorwort                                                                          2
A. Privatisierung von Wohnungen in Deutschland – Hintergründe und Ausblick        3
   I.   Die aktuelle Lage des deutschen Wohnungsmarktes                          3
        1. Wohnungen im kommunalen Eigentum                                      3
        2. Insgesamt zunehmender Leerstand                                       4
        3. Leerstand beinhaltet nicht automatisch Wohnraumangebot                5
   II. Investitionsgründe für Investoren                                          5
       1. Über 600 000 Wohnungen seit 1998 an Investoren veräußert                5
       2. Die Gründe der Investoren im Einzelnen                                  5
       3. Ziele bzw. Strategien der Investoren                                    5
   III. Gründe der Kommunen zur Privatisierung von Wohnungen                     6

B. Erfahrungen mit dem Verkauf kommunaler Wohnungen                               7
   I.   Bisher erfolgte Veränderungen im kommunalen Wohnungsbestand              7
        1. Spektakuläre Wohnungsprivatisierungen seit 2000                       7
        2. Befürchtungen der Mieter – „Schwarzseherei“ oder begründete Ängste?   8
   II. Konkrete Beispiele                                                        9
   III. Ausblick                                                                 10

C. Risiken einer Privatisierung kommunaler Wohnungen                             11
   I.   Kommunaler Wohnungsbestand: Grundpfeiler sozialer Stadtentwicklung       11
   II. Risiken berücksichtigen                                                   11

D. Kommunale Aufgabenverantwortung                                               12
   I.   Kommunen: Wesentliche Akteure für eine sozialgerechte
        Wohnungs- und Stadtentwicklung                                           12
   II. Kommunale „Prüfpunkte“ vor geplanter Privatisierung                       13

E. Überlegungen vor dem Verkauf                                                  14
   I.   Politische und sozialgerechte Begleitung einer Privatisierung            14
   II. Möglichkeiten vertraglicher Gestaltung beim Verkauf                       15
   III. Kommunalrechtliche Vorgaben beim Verkauf                                 15
   IV. Kooperationsvereinbarungen                                                15
   V. Vertragliche Absicherung der Mieterbelange                                 16
   VI. Besonderheiten bei kleineren Kommunen                                     16

F. Handlungsalternativen für die Kommune                                         16
   I.   Übernahme des kommunalen Wohnungsbestandes
        durch genossenschaftlichen Verein                                        16
   II. (Neu-)Gründung einer Genossenschaft                                       17
   III. Verkauf an ein Unternehmen mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung           19
   IV. Verkauf von Teilbeständen                                                 19

G. Fazit                                                                         19
PRIVATISIERUNG KOMMUNALER WOHNUNGEN - DSTGB DOKUMENTATION NO 70
Vorwort
                                Die Privatisierung öffentlicher und insbesondere kommunaler Wohnungen ist
                                ein zunehmend aktuelles Thema. Dabei stehen zwar die größeren und spekta-
                                kulären Abschlüsse einiger Großstädte (Beispiel: Dresden) im Vordergrund der
                                Diskussion. Jedoch sind viele andere deutsche Kommunen ebenfalls von dem
                                Thema betroffen. Auch Klein- und Mittelstädte planen nach einer aktuelleren
                                Umfrage der Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers („Kommuna-
                                le Wohnungsbestände: Ein Auslaufmodell?“, Umfrage unter 204 deutschen
       Dr. Gerd Landsberg       Städten und Gemeinden, Oktober 2006) die Privatisierung ihres kommunalen
      Geschäftsführendes        Wohnungsbestandes.
     Präsidialmitglied des      Hintergrund ist die nach wie vor angespannte kommunale Finanzsituation:
                    DStGB       Den Gewerbesteuereinnahmen von 28,3 Milliarden Euro im Jahre 2006 standen
                                Ausgaben der Kommunen für soziale Leistungen im gleichen Jahr von 36,6 Milli-
                                arden Euro gegenüber (Quelle: Kassenstatistik 1. - 4. Quartal 2006, ohne Stadt-
                                staaten).
         Bei der Privatisierung kommunaler Wohnungsbestände handelt es sich um ein höchst sensibles
         Thema. Dies zeigt sich insbesondere an vielfältigen Bürgerprotesten, die sich in letzter Zeit hierzu
         formiert haben. So hat sich im Herbst 2006 in Freiburg, wo die Frage eines Verkaufs kommunaler
         Wohnungen Thema eines Bürgerentscheids war, die Mehrzahl der Bürger gegen den Verkauf ent-
         schieden. Bürgerinitiativen machen unter anderem geltend, dass Investoren für den schnellen Profit
         Wohnungen kaufen, die Miete erhöhen bzw. Verträge kündigen oder die Immobilie rasch wieder
         verkaufen. Aus kommunaler Sicht ist zudem zu berücksichtigen, dass ein Wohnungsbestand im
         Eigentum der Gemeinde Grundpfeiler für eine soziale Stadtentwicklungspolitik ist. Ein Verkauf birgt
         daher durchaus Risiken in sich.
         Der Deutsche Städte und Gemeindebund will mit der vorliegenden Dokumentation ein Stück Trans-
         parenz in das komplexe Thema kommunaler Privatisierungen im Wohnungsbereich bringen und
         generelle Leitlinien sowie Hilfestellungen aufzeigen. Angesichts der Vielschichtigkeit der Problematik
         erhebt die Dokumentation jedoch weder einen Anspruch auf vollständige Darstellung des Für und
         Wider, noch ist es deren Ziel, die jeweils im Einzelfall zu treffende Entscheidung in den Kommunen
         vor Ort zu ersetzen.

         Berlin, im Juli 2007

         Dr. Gerd Landsberg

2   www.dstgb.de                                                                  Privatisierung kommunaler Wohnungen   7-8/2007
PRIVATISIERUNG KOMMUNALER WOHNUNGEN - DSTGB DOKUMENTATION NO 70
A. Privatisierung von Wohnungen in
   Deutschland – Hintergründe und Ausblick

I. Die aktuelle Lage des deutschen                                       Insgesamt stellte die öffentliche Hand Ende des
Wohnungsmarktes                                                          Jahres 1998 rund ein Drittel (33,1 %) der Eigentümer.
                                                                         Bis Mitte 2006 ist der Anteil um 6,4 Prozentpunkte
1. Wohnungen im kommunalen Eigentum                                      auf 26,7 Prozent gesunken. Der Anteil kommunaler
Der deutsche Wohnungsmarkt umfasst in etwa                               Wohnungen am Bestand der Eigentümer ist von
39,6 Millionen Wohneinheiten. Der Anteil der Selbst-                     28,0 Prozent im Jahre 1998 um 3,6 Prozentpunkte auf
nutzer liegt bei rund 40 Prozent. Der Großteil der                       24,4 Prozent zurückgegangen. (Quelle: Studie „Verän-
Bevölkerung wohnt jedoch zur Miete. Rund 38 Prozent                      derungen der Anbieterstruktur im deutschen Woh-
der Wohnungen werden von privaten Vermietern                             nungsmarkt und wohnungspolitische Implikationen“,
angeboten (hiervon auch erfasst: Eigentümer, deren                       Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Miet-Wohneinheiten von professionell-gewerblichen                        im Auftrag des Bundesbauministeriums, Heft 124,
Eigentümern verwaltet werden). Ca. 22 Prozent der                        Schriftenreihe Forschungen, Bonn 2007, S. 26, 27.)
Wohnungen werden von professionell-gewerblichen
                                                                         Die Relation zwischen Einwohnerzahl und zur
Eigentümern vermietet. Die letzte Gruppe lässt sich
                                                                         Verfügung stehenden Wohnungen im kommunalen
aufteilen in private und professionell-gewerbliche
                                                                         Wohnungsbestand ist dabei relativ stabil: Kleinstäd-
Eigentümer (privatwirtschaftliche Wohnungsunter-
                                                                         te (5 000 bis unter 20 000 Einwohner) und kleinere
nehmen, Banken, Fonds etc.), die öffentliche Hand
                                                                         Mittelstädte (20 000 bis unter 50 000 Einwohner)
(Kommunale Eigentümer, Bund/Land) und in sonstige
                                                                         verfügen prozentual an ihren Einwohnern gemessen
professionell-gewerbliche Eigentümer wie Genossen-
                                                                         über kommunale Wohnungen in einer ähnlichen
schaften, Kirchen etc.
                                                                         Größenordnung wie größere Mittelstädte (50 000 bis
                                                     Professionell-
                                                                         unter 100 000 Einwohner) und Großstädte (100 000
                                                     gewerbliche
                                                                         Einwohner und mehr). (Quelle: „Kommunale Woh-
Private                                              Eigentümer
                                                                         nungsbestände: Ein Auslaufmodell?“, Pricewater-
Vermieter
                                      22 %                               houseCoopers, Oktober 2006.)

                  38 %                                                       Durchschnittliche Anzahl der kommunalen Wohnungen im Bestand
                                                                             Kleinstädte        Kleine                   Große                    Großstädte
                                                                                                Mittelstädte             Mittelstädte
                                   40 %
                                                                             600                1 298                    2 512                    21 337
                                                                         Quelle: „Kommunale Wohnungsbestände: Ein Auslaufmodell?“, PricewaterhouseCoopers,
                                                                         Oktober 2006
                                                  Selbstnutzer

Professionell-gewerbliche                    Professionell-gewerbliche
Eigentümer 2006                              Eigentümer 1998

                     27 %                                             27 %                Öffentliche Hand

     46 %                                            40 %                                 Private
                                                                                          Sonstige
                                                                                           (Genossenschaften,
                   27 %                                          33 %                      Kirche etc.)

Die Daten sind der Studie des BBR „Veränderung der Anbieterstruktur im deutschen Wohnungs-
markt und wohnungspolitische Implikationen“, Schriftenreihe Forschungen, Heft 124, Bonn 2007,
S. 26 f. entnommen.

7-8/2007    Privatisierung kommunaler Wohnungen
                                                                                                                                  www.dstgb.de                 3
PRIVATISIERUNG KOMMUNALER WOHNUNGEN - DSTGB DOKUMENTATION NO 70
2. Insgesamt zunehmender Leerstand
                                                                                                    Prozentualer Leerstand nach Gemeindegröße
           Insbesondere in vielen Gemeinden der neuen Länder
                                                                                                    50
           stellt der Leerstand der im kommunalen Eigentum
           stehenden Wohnungen ein Problem dar. Die Leer-                                           40               Klein-
           standsquote bei kommunalen Wohnungen beläuft                                                              städte
                                                                                                    30
           sich in Deutschland insgesamt auf durchschnittlich
           5,9 Prozent, wobei zwischen den neuen und den alten                                      20                                    Mittel-               Groß-
           Bundesländern signifikante Unterschiede zu ver-                                                                                städte
                                                                                                    10                                                          städte
           zeichnen sind (Die Zahlen zu den Leerstandsquoten
           sind der von PricewaterhouseCoopers im Oktober                                            0
                                                                                                                                 Leerstand von mehr als 5 %
           2006 veröffentlichten Studie: „Kommunale Woh-
                                                                                                    Quelle: „Kommunale Wohnungsbestände: Ein Auslaufmodell?“,
           nungsbestände: Ein Auslaufmodell?“ entnommen.                                            PricewaterhouseCoopers, Oktober 2006
           Die angegebenen Zahlen beziehen sich auf die im
           Rahmen der Studie befragten Kommunen. Vgl. zu den                                        Primäre Gründe des Leerstands sind eine schlechte
           Leerstandsquoten S. 11, 12.). Während der Leerstand                                      Arbeitsmarktsituation sowie Wirtschaftsprobleme in
           bei den kommunalen Wohnungen im Westen bei                                               einer Kommune oder einer Region. Diese führen regel-
           durchschnittlich 3,8 Prozent liegt, erreicht der Osten                                   mäßig zu einem verstärkten Wegzug der Bevölkerung.
           mit im Durchschnitt 13 Prozent einen Spitzenwert.                                        Als weiterer Grund für den Leerstand wird von den
           In den neuen Bundesländern verzeichnen 58 Prozent                                        Kommunen überdurchschnittlich häufig die mangel-
           der befragten Kommunen dabei einen Leerstand von                                         hafte Wohnqualität der kommunalen Wohnungen
           mehr als 11 Prozent.                                                                     angegeben, die insbesondere auf der Sanierungsbe-
                                                                                                    dürftigkeit, der schlechten Ausstattung oder auch der
Prozentualer Leerstand kommunaler Wohnungen                                                         schlechten Lage der Immobilien beruht.
nach neuen und alten Ländern
                                                                                                    Diese Entwicklung ist indes nicht nur auf den kom-
60
                                               Alte Länder                                         munalen Wohnungsbestand beschränkt, sondern
50
                                               Neue Länder                                         betrifft den gesamten deutschen Wohnungsmarkt.
                                                                                                    Die derzeitige Leerstandsentwicklung wird sich in den
40
                                                                                                    nächsten Jahren wahrscheinlich auch bundesweit
30                                                                                                  fortsetzen. Insbesondere in den neuen Bundesländern
                                                                                                    ist nach der Wohnungsprognose des Bundesamtes
20
                                                                                                    für Bauen und Raumordnung (BBR) zu erwarten, dass
10                                                                                                  bis zum Jahre 2020 doppelt so viele Wohnungen leer
                                                                                                    stehen werden wie heute.
 0
             Leerstand           Leerstand            Leerstand          Leerstand >
                0%                 1-5%                6 - 10 %              11 %
Quelle: „Kommunale Wohnungsbestände: Ein Auslaufmodell?“, PricewaterhouseCoopers,
Oktober 2006                                                                                        Abschätzung des Leerstandsrisikos nach Regionen
                                                                  Abschätzung des Leerstandsrisikos im vermieteten           Wohnungs-
                                                                  Geschosswohnungsbestand bis 2020                           leerstand in
           Signifikante Unterschiede im                                                                                      Mehrfami-
                                                                                                                             lienhäusern
           Hinblick auf die Leerstandsquo-                                                                                   2005
           te bestehen auch im Vergleich
           zwischen Klein- und Großstäd-
           ten. Ein problematisches Leer-
           standsniveau ist insbesondere
           in Kleinstädten zu verzeichnen.
           Fast 50 Prozent der Kleinstäd-
           te haben einen Leerstand von
           mehr als 5 Prozent aufzuweisen.
           Die Anzahl der leerstehenden
           Objekte sinkt jedoch mit der
           Größe der Kommunen, so dass
           in Großstädten nur noch in
           21 Prozent aller Kommunen ein
           Leerstand in der Größenord-
           nung von mehr als 5 Prozent zu
           beobachten ist.
                                                                Quelle: Bundesamt für Bauen und Raumordnung, BBR-Wohnungsmarktprognose 2020

4          www.dstgb.de                                                                                                      Privatisierung kommunaler Wohnungen         7-8/2007
3. Leerstand beinhaltet nicht automatisch
                                                                                                                  Wertsteigerung deutscher Wohnimmobilien 1995 - 2004
                 Wohnraumangebot
                                                                                                                  250
                 Nicht angebracht ist es jedoch, voreilige Schlussfolge-
                 rungen aus den aktuellen und den zukünftigen Leer-                                           200
                                                                                                                                                                               200 %
                 standsquoten zu ziehen. Der Leerstand von Wohnun-
                                                                                                                  150

                                                                                                        Prozent
                 gen bedeutet nämlich keineswegs automatisch ein
                 überdurchschnittliches Wohnraumangebot. Vielmehr                                                 100
                 ist die Qualität der leerstehenden Wohnungen häufig                                                                          89 %
                                                                                                                  50                                             79 %
                 so schlecht, dass es sich dabei zum Teil um nicht mehr                                                         6%
                 marktfähigen Wohnraum handelt. So könnte selbst                                                   0
                                                                                                                             Deutsche       Deutsche              US             UK
                 in den Gegenden mit hohen Leerstandsquoten nach                                                          Wohnimmobilien     Aktien          Wohnimmobilien Wohnimmobilien
                 der Einschätzung von Wulff Aengelvelt, Geschäftsfüh-                                    Quelle: Institut für Wohnen und Umwelt, Darmstadt
                 rer des Düsseldorfer Maklerhauses Aengelvelt, bald
                 ein Mangel an marktfähigem Wohnraum herrschen.                                                   dene Unterbewertung der Wohnungen: Während
                 Grund ist, dass etwa 50 Prozent der leerstehenden                                                in anderen europäischen Ländern die Preise für
                 Wohnungen so genannte „Marktleichen“ sind, die                                                   Wohneigentum teilweise sogar mit zweistelligen
                 sich nicht wieder vermieten lassen. Im Zusammen-                                                 Steigerungsraten stark gestiegen sind, sind die
                 hang mit der Tatsache, dass die Zahl der – immer                                                 Preise in Deutschland in den letzten Jahren oftmals
                 kleiner werdenden – Privathaushalte bis 2025 steigen                                             nicht nur konstant geblieben, sondern zum Teil
                 wird, wird man die Wohnraumsituation also auch in                                                sogar gesunken.
                 den Gegenden mit hohen Leerstandsquoten keines-                                          Im Gegensatz dazu steht die leicht aufwärts ge-
                 falls als automatisch entspannt bezeichnen können.                                        richtete Entwicklung der Mieten.

                 45
                                                                                                                                          Die Chance, angesichts der
                                                                                                                                           im europaweiten Vergleich
                 40
                                                                                                                                           geringen Eigentumsquote in
                  35
                                                                                                                                           Deutschland für selbst ge-
                 30
                                                                                                                                           nutztes Eigentum (ca. 40 %)
Mio. Haushalte

                 25
                                                                                                                                           „Nochmieter“ zu Eigentü-
                 20
                                                                                                                                           mern zu machen und hier-
                  15                 bis 65 Jahre                                                                                         durch Gewinne zu erzielen.
                 10                  ab 65 Jahre
                                                                                                                                          Das Risiko-Rendite-Verhältnis
                   5
                                                                                                                                           ist trotz vereinzelter Leer-
                  0
                        1990    1995     2000     2005    2010       2015   2020   2025   2030   2035     2040          2045   2050        stände niedrig, weil sich das
                 Quelle: Institut für Wohnen und Umwelt, Darmstadt                                                                         Mietausfallrisiko nicht auf
                                                                                                                                           nur ein Objekt, sondern auf
                 II. Investitionsgründe für Investoren                                                                                     viele Einheiten verteilt.
                                                                                                          Die Erwartung einer hohen Rendite durch den so
                 1. Über 600 000 Wohnungen seit 1998 an Investoren
                                                                                                           genannten Leverage-Effekt (Hebeleffekt): Teilweise
                 veräußert
                                                                                                           werden bis zu 80 Prozent der Investitionssumme
                 Insbesondere ausländische Investoren sind trotz der auf-
                                                                                                           bei Wohnungskäufen durch Darlehen finanziert,
                 gezeigten Probleme am deutschen Immobilienmarkt ver-
                                                                                                           die zurzeit mit verhältnismäßig niedrigen Zinsen
                 stärkt interessiert. So sind seit 1998 aus dem Bestand des
                                                                                                           abgeschlossen werden können. Gleichzeitig sind
                 Bundes, der Kommunen und der Wohnungsunternehmen
                                                                                                           die aus der Vermietung oder dem Verkauf erzielten
                 über 600 000 Wohnungen an ausländische Investoren
                                                                                                           Gewinne höher als der Darlehenszinssatz. Die Ren-
                 veräußert worden. (Quelle: Studie BBR, Heft 124, Schriften-
                                                                                                           dite auf das eingesetzte Eigenkapital erhöht sich so
                 reihe Forschungen, Bonn 2007, S. 26). Insbesondere Woh-
                                                                                                           automatisch mit steigendem Fremdkapitaleinsatz,
                 nungen, die von einheimischen Immobilienfirmen häufig
                                                                                                           also beim Verkauf von Wohnungen, sei es an frü-
                 wegen ihrer Lage in unbeliebten Wohngegenden, ihrer
                                                                                                           here Mieter oder an andere Investoren. So konnten
                 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahre-Architektur und ihrer
                                                                                                           große Investoren, die vor drei bis vier Jahren nach
                 Sanierungsbedürftigkeit „verschmäht“ werden, erfreuen
                                                                                                           Deutschland kamen, beim späteren Verkauf bis zu
                 sich bei ausländischen Investoren großer Beliebtheit.
                                                                                                           20 Prozent Rendite erzielen.
                 Dafür gibt es verschiedene Gründe:
                 2. Die Gründe der Investoren im Einzelnen:                                              3. Ziele bzw. Strategien der Investoren
                  Die im internationalen Vergleich niedrigen Immobi-                                    Private Finanzinvestoren verfolgen hinsichtlich der
                    lienpreise in Deutschland und eine hiermit verbun-                                   Renditeerzielung und der geplanten Bewirtschaf-

                 7-8/2007         Privatisierung kommunaler Wohnungen
                                                                                                                                                                   www.dstgb.de              5
tungsdauer der Bestände darüber hinaus kein einheit-
    liches Vorgehen. Anhand der Untersuchung bisheriger
    Transaktionen zeigt sich bei den Käufern eine große
    Vielfalt und Flexibilität bei den verfolgten Strategien
    und den geplanten Investitionszeiträumen, so dass
    sich auch hinsichtlich der Folgen der Transaktionen
    kein einheitliches Muster ergibt. Die Auswirkungen
    sind von Verkaufsfall zu Verkaufsfall sehr unter-
    schiedlich.
    Alle Käufer großer Portfolios verfolgen die Strategie
    der Einzelprivatisierung, sofern sie über geeignete Be-
    stände verfügen. Dabei richtet sich die Privatisierung
    jeweils nur auf Teilbestände, da keines der Portfolios
    vollständig privatisierungsfähige Bestände umfasst.
    Der Umfang der für die Privatisierung vorgesehenen
    Teilbestände und die Intensität des Vertriebs diver-
    giert je nach Käufer erheblich. Tendenziell zeichnet
    sich folgende Hierarchie und Reihenfolge der Verwer-
    tungs- bzw. Renditesteigerungsmöglichkeiten ab:
    Verkauf von Wohnungen, Vermietungs- und Mie-
    tenmanagement, Umfinanzierung der Unterneh-
    menskredite, Reduzierung der Bestandsinvestitionen,
    Rationalisierung der Bewirtschaftung und Einsparung
    von Personalkosten (Quelle: Studie BBR, Heft 124,
    Schriftenreihe Forschungen, Bonn 2007, S. 68, 74, 115).

    III. Gründe der Kommunen zur
    Privatisierung von Wohnungen
    Für die Städte und Gemeinden stehen häufig bei der
    Frage eines Verkaufs kommunaler Wohnungen fis-
    kalische Überlegungen im Vordergrund. Die trotz der
    gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen insbesondere
    angesichts der Soziallasten nach wie vor schlechte
    Haushaltslage vieler Kommunen rückt auch einen
    Verkauf des Wohnungsbestandes vermehrt in das
    kommunale Blickfeld. Mit dem Erhalt des Kaufpreises
    eröffnet sich die Möglichkeit, den Haushalt kurzfris-
    tig zu sanieren und an liquide Mittel zu gelangen. So

6   www.dstgb.de                                              Privatisierung kommunaler Wohnungen   7-8/2007
geht die Zinslast zurück und eröffnet der Kommune           – den Sanierungsbedarf des kommunalen Wohnungs-
dadurch die Gelegenheit, in andere (Zukunfts-)Berei-        bestandes als Hauptgrund für den Verkauf („Kom-
che (Schule, Bildung, Infrastruktur etc.) zu investieren.   munale Wohnungsbestände: Ein Auslaufmodell?“,
Daneben haben die Bestände der öffentlichen Hand            PricewaterhouseCoopers, Oktober 2006). Denn viele
einen Bedeutungs- und Funktionswandel erfahren.             Kommunen können schon aus finanziellen Gründen
Neben der traditionell besonderen Bedeutung in der          eine Sanierung der Immobilien eigenverantwortlich
Versorgung von sozial Schwächeren bzw. von Haus-            nicht durchführen. Hinzu kommt, dass die zum Teil
halten mit Zugangsproblemen zum Wohnungsmarkt               hohe Leerstandsquote für die Kommunen eine Sanie-
(so genannte „Problemmieter“, das heißt Mietschuld-         rung oftmals als „sinnlos“ erscheinen lässt. Daher ist
ner, Süchtige, Mieter mit auffälligem Verhalten)            gerade in den ostdeutschen Kommunen die Auflösung
bestand die generelle Funktion eines kommunalen             des Sanierungsstaus das mit Abstand vordringlichste
Wohnungsbestands in der Versorgung breiter Schich-          Ziel bei den Verkäufen. Allerdings dürfte durchaus zwi-
ten mit ausreichendem und bezahlbarem Wohnraum.             schen den beiden Faktoren Leerstand und Sanierungs-
Auf oftmals entspannten Wohnungsmärkten können              bedürftigkeit eine gewisse Wechselwirkung bestehen
sich inzwischen jedoch weitaus mehr Haushalte als           und der Leerstand durch eine Sanierung der Immobili-
früher versorgen, auch wenn die Versorgung von so-          en zumindest teilweise reduziert werden können.
zialen Problemgruppen nach wie vor eine Rolle spielt.       Neben den beiden dominierenden Motiven des Aus-
(Studie BBR, Heft 124, Schriftenreihe Forschungen,          gleichs von Haushaltsdefiziten und der Sanierungs-
Bonn 2007, S. 46.)                                          bedürftigkeit der Immobilie spielen auch die Kon-
Am Beispiel Dresden zeigt sich sehr deutlich, was der       zentration der Kommune auf ihre Kernaufgaben und
Verkauf kommunaler Liegenschaften im Hinblick auf           geplante Investitionen in die „kommunale Zukunft“
eine mögliche Haushaltssanierung bedeuten kann.             bei Privatisierungsüberlegungen eine Rolle.
Die städtische Wohnungsbaugesellschaft (WOBA                Die Pricewaterhouse-Studie hat auch gezeigt, dass im
Dresden GmbH) verkaufte nach einem Beschluss des            süddeutschen Raum im Gegensatz zum gesamtdeut-
Stadtrates vom 9. März 2006 immerhin 48 600 Wohn-           schen Umfrage-Ergebnis die Durchführung von Infra-
einheiten an die US-amerikanische Firma Fortress für        strukturmaßnahmen im Bildungs- und Schulbereich
einen Kaufpreis von 1,750 Milliarden Euro. Die Stadt        ein häufiges Verkaufsmotiv zu sein scheint. Während
Dresden konnte ihre Schulden auf diese Art mit einem        im gesamtdeutschen Schnitt nur 14 Prozent aller
einzigen Verkauf auf Null reduzieren.                       befragten Kommunen die Durchführung solcher Infra-
Neben dem Motiv der Haushaltssanierung nennen               strukturmaßnahmen als Verkaufsziel angaben, lag die
viele – insbesondere die ostdeutschen Kommunen              Quote im süddeutschen Raum bei etwa 30 Prozent.

B. Erfahrungen mit dem Verkauf
   kommunaler Wohnungen
I. Bisher erfolgte Veränderungen                            Reduzierung des kommunalen Wohnungsbestandes
im kommunalen Wohnungsbestand                               nach Lage (Ost und West)
                                                            60
Wie dargestellt haben Bund, Kommunen und öffent-
liche Unternehmen seit 1998 über 600 000 Woh-               50
nungen aus ihrem Bestand verkauft. Diese Zahl wirkt
                                                            40
zunächst immens. Tatsächlich jedoch ist das Ausmaß
der Bestandsreduzierungen sehr unterschiedlich und          30
variiert abhängig von der Lage und Größe der jeweili-
                                                            20
gen Kommune.
1. Spektakuläre Wohnungsprivatisierungen seit 2000          10
Deutliche Unterschiede zeigen sich auch abhängig
                                                             0
von der Größe der jeweiligen Kommune: Während in                             Keine            Unwesent-         Reduzierung        Wesentliche
                                                                         Reduzierung /            liche          um bis zu        Reduzierung
den Klein- und Mittelstädten der kommunale Woh-                           Aufstockung        Reduzierung          50 % des        über 50 % des
nungsbestand durchschnittlich durch Privatisierun-                                             (1 - 10 %)        Bestandes         Bestandes

gen nur um 15 Prozent reduziert wurde, reduzierten           Gesamt            47                33                  14                 5
die Großstädte ihren Wohnungsbestand bisher um               West              52                28                  13                 7
                                                             Ost               32                51                  15                 2
etwa ein Viertel des Bestandes.
                                                            Quelle: PricewaterhouseCoopers, : „Kommunale Wohnungsbestände: Ein Auslaufmodell?“,
                                                            Oktober 2006, S. 7.

7-8/2007    Privatisierung kommunaler Wohnungen
                                                                                                                      www.dstgb.de                7
Die bisher erfolgten Veränderungen des kommu-           an vielfältigen Bürgerprotesten, die sich in letzter
         nalen Wohnungsbestandes sind also bei weitem            Zeit zu diesem Thema formiert haben. Dies war zum
         nicht so gravierend wie in der Allgemeinheit häufig     Beispiel jüngst in Freiburg der Fall, wo die Frage nach
         angenommen wird. Dennoch standen – und stehen           dem Verkauf kommunaler Wohnungen Thema eines
         – einige große Abschlüsse und Verkäufe öffentlicher     Bürgerentscheids war, der mit sehr eindeutiger Mehr-
         Wohnungen im Lichte der Öffentlichkeit, die auch die    heit gegen den Verkauf entschieden wurde (Badische
         Diskussion um die Privatisierung des kommunalen         Zeitung vom Montag, 13. November 2006).
         Wohnungsbestandes gefördert haben.
                                                                 Auch angesichts des geplanten Verkaufs der LEG Woh-
    Die großen Abschlüsse seit 2000 (Beispiele):                 nungen in NRW hat sich bereits eine Volksinitiative
     Dezember 2000: Eisenbahnerwohnungen (Bund), Käufer:        formiert (vgl. www.volksinitiative-leg.de). In den Städ-
      Deutsche Annington, 64 000 Wohneinheiten                   ten Heidenheim und jüngst im Mai 2007 in Greifs-
     Juli 2002: Gera (Gewo), Käufer: Deutsche Kreditbank        wald scheiterten entsprechende Bürgerentscheide, da
      (DKB) Immobilien, 10 000 Wohneinheiten                     die Verkaufsgegner die erforderliche Stimmzahl nicht
                                                                 erreichen konnten.
     September 2003: Kiel (BIG Heimbau), Käufer: Deutsche
      Annington, 10 000 Wohneinheiten                            Sobald ein geplanter Verkauf kommunaler Wohnim-
     Mai 2004: Berlin (GSW), Käufer: Cerberus, 66 000 Wohn-     mobilien ansteht, fürchten insbesondere die Mie-
      einheiten                                                  ter um ihre sozialen Sicherungen und Rechte und
     Juli 2004: Gagfah (Eigentümer BfA), Käufer: Fortress,      erwarten nicht tragbare Mieterhöhungen oder sogar
      82 000 Wohnungen                                           Kündigungen. Ängste und Unsicherheiten, die im
     Dezember 2004: Wilhelmshaven (Jade-Wohnungsbau-            Zusammenhang mit den Änderungen im Bereich der
      gesellschaft), Käufer: Cerberus, Wohneinheiten: 7 500      sozialen Sicherungssysteme oder mit der aktuellen
     Mai 2005: Essen: Viterra Deutschbau, Käufer:               Arbeitsmarktsituation bereits vorhanden sind, errei-
      Deutsche Annington, 150 000 Wohneinheiten                  chen damit zunehmend auch den Bereich des Woh-
                                                                 nens. Insbesondere ältere Menschen, die häufig schon
     Juli 2005: Nileg Immobilien Holding (Eigentümer
                                                                 mit dem Entstehen des sozialen Wohnungsbaus nach
      NordLB), Käufer: Fortress, 30 000 Wohneinheiten
                                                                 dem Krieg ihre jetzigen Wohnungen bezogen haben,
     März 2006: Städtische Wohnungsbaugesellschaft
                                                                 fürchten um ihre Wohnung und damit auch um ihre
      Dresden, Käufer Fortress, 48 000 Wohneinheiten.
                                                                 Heimat. Gerade für sie ist ein Umzug kaum noch
         Weitere große Verkäufe stehen an. So sollen von der     zumutbar.
         nordrhein-westfälischen LEG (Landesentwicklungsge-      Diese sicherlich verständlichen Befürchtungen sind
         sellschaft) 107 000 Wohnungen verkauft werden, der      jedoch nicht – wie tatsächlich gemachte Erfahrungen
         Käufer steht noch nicht fest.                           belegen – grundsätzlich und in jedem Fall begründet:
         Dabei erfolgt der Verkauf kommunaler Wohnungsbe-
         stände in den überwiegenden Fällen an den Meist-        Eine im Jahre 2005 vom Institut für Wohnen und
         bietenden oder aufgrund von eingeholten Wertgut-        Umwelt in Darmstadt durchgeführte Untersuchung
         achten. Jedoch macht eine signifikante Anzahl von       über die Auswirkungen der Privatisierung öffentli-
         Kommunen zusätzlich den Verkauf von vertraglichen       cher Wohnungsunternehmen konnte die im Zusam-
         Auflagen, wie zum Beispiel der Begrenzung von Miet-     menhang mit dem Verkauf an private Investoren
         erhöhungen, dem Verzicht auf Luxusmodernisierun-        geäußerten Bedenken jedenfalls so nicht bestäti-
         gen oder der Beschränkung von Wohnungsverkäufen,        gen: (Sauter, Heinz, unter Mitarbeit von R. Guder, V.
         abhängig. Im Ergebnis wurde der Verkauf nur selten      Oelbermann, V. Stercz, „Auswirkungen des Wegfalls
         per öffentlicher Ausschreibung durchgeführt, zumal      von Sozialbindungen und des Verkaufs öffentlicher
         der Verkauf von Wohnungen im eigentlichen Sinne         Wohnungsbestände auf die Wohnungsversorgung
         ja gerade das Gegenteil einer Beschaffung auf dem       unterstützungsbedürftiger Haushalt.“ Teilabschluss-
         Markt ist. (PricewaterhouseCoopers: „Kommunale          bericht im Rahmen des vom Bundesministerium der
         Wohnungsbestände: Ein Auslaufmodell?“, Oktober          Finanzen geförderten Forschungsverbundes „Woh-
         2006).                                                  nungslosigkeit und Hilfen in Wohnungsnotfällen“,
                                                                 herausgegeben vom Institut für Wohnen und Umwelt
                                                                 in Darmstadt, 2005).
         2. Befürchtungen der Mieter – „Schwarzseherei“
         oder begründete Ängste?                                 An der Studie nahmen sechs westdeutsche Städte
         Die Privatisierung des kommunalen Wohnungsbe-           verschiedener Größenordnungen teil:
         standes ist ein hochsensibler Vorgang, der gespaltene   Kiel, Wilhelmshaven, Frankfurt a. M., Mainz, Darm-
         Meinungen hervorruft. Dies zeigt sich insbesondere      stadt und Backnang:

8        www.dstgb.de                                                              Privatisierung kommunaler Wohnungen   7-8/2007
Das Ergebnis der – nicht repräsentativen – Studie
 Im Hinblick auf die Bewohnerstruktur nach der
                                                            kann jedoch nicht ohne weiteres auf die Gesamtsi-
  erfolgten Privatisierung hat die Untersuchung keine
                                                            tuation beim Verkauf kommunaler Liegenschaften
  Anhaltspunkte für eine Verdrängung einkommens-
                                                            übertragen werden. Zum einen ist der Trend zur
  schwacher Mieter geliefert. Die Bewohnerstruktur
                                                            Privatisierung noch verhältnismäßig jung, so dass
  blieb auch unter Berücksichtigung der nach der
                                                            es nicht möglich ist, die langfristige Strategie der
  Privatisierung eingezogenen Haushalte etwa gleich
                                                            privaten Erwerber zu beurteilen. Zum anderen bezieht
  und umfasste weiterhin auch einkommensschwache
                                                            sich die Studie teilweise auf Kommunen, in denen sich
  Haushalte. Knapp 54 Prozent der nach der Privatisie-
                                                            der Wohnungsmarkt erheblich entspannt hat, so dass
  rung eingezogenen Haushalte gehörten zur Gruppe
                                                            den privaten Wohnungsunternehmen vergleichswei-
  der Minderverdienenden mit einem Haushaltsnet-
                                                            se wenig Raum für Mieterhöhungen zur Verfügung
  toeinkommen von 20 Prozent oder mehr unter der
                                                            steht.
  Berechtigungsgrenze des sozialen Wohnungsbaus
  (§ 9 WoFG).                                               Dass die Folgen für die Bestände und die Wohnun-
                                                            gen bislang begrenzt geblieben sind (meist gab es
 Unter den nach der erfolgten Privatisierung einge-        nur punktuelle Modernisierungen, keine Luxusmo-
  zogenen Haushalten befanden sich durchaus sozial          dernisierungen und relativ geringe Erhöhungen der
  benachteiligte Haushalte, wie Arbeitslose, Sozialhilfe-   Mieten), liegt jedoch nicht an Selbstbeschränkungen
  empfänger und ausländische Familien mit Kindern.          des Käufers, sondern an den Rahmenbedingungen
  Insofern gehört es durchaus zur Strategie der priva-      wie etwa beim Verkauf eingegangener vertraglicher
  ten Käufer, Haushalte mit niedrigen bzw. Transferein-     Auflagen und einem entspannten Wohnungsmarkt.
  kommen nicht grundsätzlich bei der Vermietung von         Dieses zeigt die Studie des BBR „Veränderungen der
  Wohnungen auszuschließen, da auch diese Nachfra-          Anbieterstruktur im deutschen Wohnungsmarkt und
  ger insbesondere auf entspannten Märkten willkom-         wohnungspolitische Implikationen“ deutlich auf.
  men sind, um die in der Masse mittleren Standard          Ändern sich diese Rahmenbedingungen, so ist davon
  aufweisenden Wohnungen in ausreichendem Maß               auszugehen, dass ein Strategiewechsel erfolgt, wel-
  vermieten zu können. Dies gilt jedoch ersichtlich         cher zu spürbaren Auswirkungen für die Bewohner
  nicht für „Problemmieter“. Als solche bekannte Woh-       und die Bestände führen kann. Die Studie geht daher
  nungssuchende – so hat die Untersuchung des BBR           davon aus, dass sich das „Gesicht“ der privaten Groß-
  gezeigt – werden bei privaten Käufern bei der erneu-      investoren, wie es sich zum derzeitigen Zeitpunkt
  ten Vermietung überwiegend ausgeschlossen (Studie         darstellt, noch etwas wandeln wird.
  BBR, Heft 124, Schriftenreihe Forschungen, Bonn 2007,
  S. 80).
                                                            II. Konkrete Beispiele
 Auch signifikante Mieterhöhungen haben seit der
  Privatisierung in den an der Untersuchung teilneh-        Die folgenden Beispiele sind Einzelfälle, die ohne
                                                            Anspruch auf Vollständigkeit sowie Überprüfung aus
  menden Kommunen nicht stattgefunden.
                                                            Medieninformationen entnommen worden sind, um
 Die Befragung der Haushalte nach möglichen Weg-           die möglichen Folgen einer Privatisierung in positiver
  zugsabsichten nach der Privatisierung erbrachte keine     und in negativer Hinsicht exemplarisch aufzuzeigen.
  Hinweise für eine Zunahme der Wegzugsbereit-              Dabei ist zu berücksichtigen, dass die dargestellten
  schaft.                                                   Folgen in dieser oder ähnlicher Form in jeder Kommu-
 Auch im Hinblick auf Modernisierungs- und Instand-        ne, unabhängig von der Größe und der geografischen
  setzungsinvestitionen zeichneten sich keine ne-           Lage, auftreten können.
  gativen Erfahrungen mit den neuen, privaten
                                                              Beispiel Berlin: Dort verkaufte eine städtische
  Wohnungseigentümern ab. Im Gegenteil: Moderni-
                                                               Wohnungsgesellschaft zwischen 2000 und 2002
  sierungsaktivitäten wurden nach der Privatisierung
                                                               mehrere Tausend Wohnungen an den Investor
  häufiger durchgeführt als vorher. Häufigste Maß-
                                                               Fonds IV „WVB Wohnpark“, eine Tochterfirma der
  nahmen waren hierbei der Einbau neuer Fenster,
                                                               US-Gesellschaft Lonestar. Der private Erwerber
  die Modernisierung von Bad und Heizung, sowie die
                                                               nahm sich der Sanierung der Wohnungen an und
  Erneuerung der Fußböden.
                                                               gestaltete diese nach den Wünschen der Mieter
 Die Zufriedenheit der Mieter scheint demnach, zu-            und in einem Zeitraum von etwa 18 Monaten.
  mindest in den an der Untersuchung teilnehmenden             Auch der äußeren Gestaltung des Wohnblocks
  Kommunen, durch die Privatisierung nicht gelitten zu         wurde sich angenommen: Gärten und Parks wur-
  haben. Die große Mehrheit der befragten Haushalte            den angelegt und sogar ein Golfplatz steht den
  war mit ihrer Wohnung zufrieden oder sehr zufrieden.         Mietern jetzt zur Verfügung. Der private Investor

  7-8/2007   Privatisierung kommunaler Wohnungen
                                                                                                  www.dstgb.de       9
Rendite-Rechnung nicht mehr aufgeht. Je weniger
     schaffte es, durch mieterfreundliche Maßnahmen, wie
                                                                   entspannt der Wohnungsmarkt jedoch ist, desto
     zum Beispiel der Veranstaltung von Mieterpartys, Grilla-
                                                                   größer ist die Gefahr, dass sich der Verkauf kommu-
     benden und Kinderfesten, den Leerstand in fünf Jahren
                                                                   naler Wohnungen negativ für die Mieter und damit
     von 18 Prozent auf sechs Prozent zu reduzieren.
                                                                   dauerhaft auch für die Kommune auswirkt.
     Alle Mieter können auf eine Mieterzeitung, einen Inter-
     netauftritt und einen 24-Stunden-Hausmeister-Service
     ihres Vermieters zurückgreifen. Im Mai 2006 mündeten          III. Ausblick
     die bisherigen Aktivitäten der Lonestar-Tochter WVB
                                                                   Nach einem zukünftig geplanten Verkauf gefragt, ant-
     jedoch in einen Verkauf an die französische Groupe
                                                                   wortete jede zweite Kommune positiv: 48 Prozent der
     Financière Centuria. (Quelle: Welt am Sonntag vom
                                                                   2004 im Rahmen der PricewaterhouseCoopers-Studie
     17. Dezember 2006).
                                                                   befragten Kommunen planen eine Bestandsverände-
  Doch kann nicht aus allen Privatisierungen ein solches          rung ihrer Liegenschaften.
   Fazit gezogen werden. Im Dezember 2004 erwarb der               Dabei ist das Planungsverhalten jedoch stark ab-
   US-amerikanische Investor Cerberus von der Jade-Woh-            hängig von der Größe der Kommune. Am wenigsten
   nungsbaugesellschaft ein 7 500 Wohneinheiten um-                scheinen die Veränderungsabsichten in den Groß-
   fassendes Immobilienpaket in Wilhelmshaven. Seitdem             städten zu bestehen. Hier planen nur 35 Prozent der
   wechselte das Immobilienpaket noch zweimal den                  befragten Städte einen Verkauf. Anders in den Mit-
   Eigentümer. Der aktuelle Erwerber, die luxemburgisch-           tel- und Kleinstädten: Während in den Kleinstädten
   australische Firma Babcock und Brown, verhält sich nicht        44 Prozent der befragten Städte auf die Frage nach
   anders als seine Vorgänger: Die Immobilien wurden               einer geplanten Veränderung und Veräußerung des
   nicht saniert, dennoch sollen die Mieten erhöht werden.         Wohnungsbestandes positiv antworteten, waren es in
   Die Verwaltung der Wohnungen lässt die Mieter weit-             den Mittelstädten sogar 54 Prozent.
   gehend im Stich. Zeitweise flohen die Mieter regelrecht
                                                                   Auch zwischen den alten und den neuen Bundeslän-
   aus dem Wohnblock, so schlecht war der Zustand der
                                                                   dern bestehen Unterschiede. Während in den alten
   Wohnungen. (Quelle: „Gutes oder böses Geld?“, Focus
                                                                   Bundesländern nur 44 Prozent der befragten Kom-
   32/2006, Immobilienteil, S. 121 ff.)
                                                                   munen Bestandsveränderungen anstreben, sind es in
  Ähnlich sieht es in Essen aus: Dort hat die Deutsche            den neuen Bundesländern 62 Prozent. Die regionalen
   Annington ein großes, 150 000 Wohneinheiten umfas-              Unterschiede im Hinblick auf die Verkaufsabsichten
   sendes Immobilienpaket von der Viterra Deutschbau               sind erheblich.
   übernommen. Die deutsche Annington hat sich seither             In Süddeutschland und den dortigen „Hochpreis-
   bei den Mietern wenig beliebt gemacht. Gegen die er-            regionen“ besteht wegen der äußerst geringen Leer-
   hebliche Sanierungsbedürftigkeit wird nichts unternom-          standsquote und der großen Wohnraumnachfrage ein
   men. Dennoch stehen Mieterhöhungen an, mit denen                äußerst geringes Interesse am Verkauf kommunaler
   der britische Investor die Mieter gegen sich aufbringt.         Liegenschaften. Dies gilt natürlich insbesondere in der
   Die Bewohnerstruktur verschlechtert sich zusehends,             Region München sowie allen anderen Regionen, in
   weil der neue Eigentümer keinen Einfluss auf die                denen der Wohnungsmarkt stark angespannt ist. So
   Struktur nimmt. Es droht eine Ghettoisierung aufgrund           äußerte sich die Stadt München jüngst dahingehend,
   des hohen und weiterhin steigenden Migrantenanteils,            dass sie stadteigene Wohnungen nicht zu verkaufen
   dem die deutsche Annington weitgehend gleichgültig              beabsichtige. Diese Aussage ist umso glaubwürdiger,
   gegenüber zu stehen scheint. (Quelle: Deutschlandfunk,
                                                                   als dass München in diesem Jahr sogar Wohnungen von
   Sendung vom 13. Dezember 2006).
                                                                   der US-Firma Fortress zurückgekauft hat, weil die Stadt
                                                                   zur langfristigen Planung Sozialwohnungen benötigt.
         So ließen sich noch sowohl für die Positiv- als auch
         für die Negativpolitik der privaten Investoren zahlrei-   Im Gegensatz dazu stehen Kommunen in den neuen
         che Beispiele aufzählen. Abhängig ist die tatsächliche    Bundesländern. Hier sind – vom hohen Leerstand und
         Ausgestaltung der Privatisierung immer auch von der       dem beträchtlichen Sanierungsbedarf beeinflusst
         aktuellen wohnungspolitischen Lage der jeweiligen         – die Verkaufsabsichten um ein Vielfaches höher als in
         Kommune. Bei einem entspannten Wohnungsmarkt              den alten Bundesländern.
         wie etwa in Dresden mit einem Leerstand von ca.           Obwohl nach dem im März 2007 beschlossenen
         40 000 Wohneinheiten bleibt den Investoren weni-          Gesetz zu Real Estate Investment Trusts (REITs) Inves-
         ger Raum für Fehlverhalten: Denn nicht sanierte und       titionen in „Bestandsmietwohnimmobilien“ ausge-
         teure Wohnungen wird niemand bei gleichzeitig vor-        schlossen sind – die REITs dürfen aber in Wohnungen
         handenem Leerstand an anderer Stelle mit qualitativ       investieren, die nach dem 31. Dezember 2006 erbaut
         guten Wohnungen mieten, so dass dann auch die             worden sind – hat der deutsche Wohnungsmarkt

10       www.dstgb.de                                                               Privatisierung kommunaler Wohnungen   7-8/2007
noch erhebliches Potenzial auch für Investoren in sich.      im Landkreis Rügen den Verkauf sämtlicher kommu-
So soll auch weiter investiert werden: Das US-ame-           naler Wohnungen, das heißt von 350 Mieteinheiten
rikanische Unternehmen Fortress sieht in seinen für          (Quelle: Rüganer-Online-Anzeiger, 23. Oktober 2006).
sieben Milliarden Euro erworbenen 160 000 Wohnun-            Die Kreisstadt Heidenheim plant den Verkauf städ-
gen in Deutschland noch erhebliches Gewinnpotenzi-           tischer Anteile an der Grundstücks- und Baugesell-
al und plant in nächster Zukunft einen Börsengang.           schaft Heidenheim (ein Bürgerentscheid der Gegner
Auch für die deutsche Annington ist noch nicht               scheiterte am Quorum) (Quelle: Fachzeitschrift Alter-
Schluss mit den Investitionen in den deutschen               native Kommunalpolitik vom 19. März 2007).
Immobilienmarkt: Das britische Unternehmen plant,            Im Jahre 2006 wurde das öffentlich-rechtliche
noch einmal zehn Milliarden Euro in den deutschen            Unternehmen des Kreises Pinneberg (81 %) und von
Wohnungsmarkt zu investieren und sieht einen Bör-            sieben Gemeinden (19 %) mit 2 223 Wohnungen an
sengang ebenfalls als Option.                                die Genossenschaft Neue GeWoGe verkauft. Die
                                                             Kreisstadt Rendsburg verkaufte 2005 ihr Unterneh-
Nach der Studie des BBR „Veränderungen der Anbie-
                                                             men mit 1 364 Wohnungen. Weiterhin haben im Jahre
terstruktur im deutschen Wohnungsmarkt und woh-
                                                             2003 die Stadt Braunschweig mit den Landkreisen
nungspolitische Implikationen“ gibt es jedoch einen
                                                             Wolfenbüttel, Peine und Helmstedt einen Unterneh-
Trend zum Erwerb von kleineren Wohnungspaketen.
                                                             mensverkauf mit 1 661 Wohnungen vollzogen (Quelle:
Denn viele der größeren Finanzinvestoren verfolgen
                                                             Studie BBR, Heft 124, Schriftenreihe Forschungen,
das Ziel, das bereits aufgebaute Portfolio durch weite-
                                                             Bonn 2007, S. 36 f.).
re Zukäufe zu vergrößern. Dabei wird auch auf kleinere
Bestände zurückgegriffen, zumal die Zahl der angebo-         Zu beachten ist dabei, dass bei der Nachfrage sehr
tenen großen Wohnungspakete inzwischen begrenzt              großer Portfolios aufgrund des begrenzten Ange-
ist. Zudem finden dadurch zunehmend auch kleinere            botes keine allzu speziellen Anforderungen an die
deutsche und ausländische Investoren Interesse.              Bestände gestellt werden. Folge ist, dass durchaus
                                                             in Kauf genommen wird, wenn gewisse Teile der
Auch Wiederverkäufe, das heißt, die Wohnungen
                                                             gekauften Bestände Verwertungsrestriktionen (zum
wurden bereits zuvor ein- oder mehrmals verkauft,
                                                             Beispiel Sozialbindungen, Vertragspflichten) oder
weisen zwar eine steigende Tendenz auf, spielen
                                                             Qualitätsdefizite aufweisen, die anschließend im
insgesamt aber (noch) keine sehr große Rolle (Quelle:        Rahmen von Portfoliobereinigungen gegebenenfalls
BBR, Heft 124, Schriftenreihe Forschungen, Bonn 2007,        weiterverkauft werden. Käufer kleinerer Portfolios
S. 16 f.). Bei den kleineren Portfolios wird eine stabile    stellen dagegen spezielle Anforderungen an die
Renditeerzielung durch Bestandsentwicklungs- und             Bestände, insbesondere an die Qualität des Mikro-
Erweiterungsstrategien des kontinuierlichen Cash             standorts. Vollständig sanierungsbedürftige Bestän-
Flow, verbunden mit Leerstandreduzierung und                 de werden gezielt nur durch eher kleine deutsche
internen Kostenabbau angestrebt, so Michael Zahn,            oder kontinentaleuropäische Investoren und im
Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft Gehag               Überschaubaren Umfang erworben. Wesentliches
GmbH Berlin (Quelle: „Verdeckte Schätze“, FAZ vom            Ausschlusskriterium für alle Käufergruppen ist eine
13. April 2007, S. 86).                                      generell fehlende Entwicklungsperspektive (Quelle:
Damit wird der Markt auch durchaus für kleinere              Studie BBR, Heft 124, Schriftenreihe Forschungen,
Kommunen „attraktiv“. So plant die Gemeinde Sellin           Bonn 2007, S. 50.).

C. Risiken einer Privatisierung kommunaler Wohnungen
I. Kommunaler Wohnungsbestand: Grund-                        II. Risiken berücksichtigen
pfeiler sozialer Stadtentwicklung                            Folgende – durchaus vorkommende – Risiken sollten
Angesichts der wichtigen sozialen und städtebauli-           daher vor einem eventuellen Verkauf auf jeden Fall
chen Zielsetzungen, die mit einem eigenen kommu-             von den Kommunen bedacht werden:
nalen Wohnungsbestand verfolgt werden sollen und
                                                             Investoren fühlen sich an bloße Absprachen, die vorher
müssen, birgt der Verkauf an private Investoren für
                                                              zwischen Mietern und Kommune getroffen wurden,
Städte und Gemeinden immer ein erhebliches Risiko.
                                                              nicht notwendigerweise gebunden.
Das Vorgehen der Investoren nach dem Erwerb der
                                                             Investoren sanieren die Wohnungen nicht oder
Immobilien ist für die verkaufende Kommune insbe-
                                                              nur oberflächlich, was längerfristig zu einer grundle-
sondere ohne den Einbau vertraglicher Sicherungen
                                                              genden Verschlechterung der Gebäudesubstanz führt.
nur schwer kalkulierbar.

7-8/2007    Privatisierung kommunaler Wohnungen
                                                                                                    www.dstgb.de       11
 Investoren erhöhen die Mieten, auch ohne voran-         auf zehn Jahre). Je höher zudem die Mobilität
        gegangene Verbesserung der Mietimmobilie.               der Mieterinnen und Mieter ist, desto schneller
                                                                fällt die Mehrzahl der Mietverhältnisse aus den
       Eine Privatisierung kann unter Umständen zu
                                                                Regelungen heraus.
        einer Verdrängung einkommensschwacher
        Mieter führen, weil die Investoren die einkom-          Die Zahl der gebundenen Sozialmietwohnungen
        mensschwachen Haushalte als nicht mietfähig              wird in den kommenden Jahren in Deutschland
        („Problemmieter“) klassifizieren.                        spürbar zurückgehen. Laut Angaben des GdW
                                                                 von 2,5 Millionen im Jahr 2005 um 44 Prozent auf
       Private Investoren nehmen keine Rücksicht auf
                                                                 1,4 Millionen im Jahr 2010 (vgl. GdW-Jahrespres-
        eine städtebaupolitisch erwünschte (ausgewoge-
                                                                 sekonferenz vom 9.6.2005, www.gdw.de). Dieser
        ne und gemischte) Bewohnerstruktur. Durch den
                                                                 Wegfall der Preisbindung birgt längerfristig das
        Wegfall der kommunalen Einflussmöglichkeiten
                                                                 Risiko, dass sich in den veräußerten Beständen
        kann dies im schlimmsten Fall zu einer Ghettoi-
                                                                 stärkere Auswirkungen als bisher ergeben (Mie-
        sierung bestimmter Orts- und Stadtviertel führen
                                                                 ten, Fluktuation, Verdrängung).
        (Verlust von Einflussmöglichkeiten der Kommune).
       Die Investoren sind an kommunalen Zielsetzun-
                                                              Die genannten Risiken sind nur beispielhaft darge-
        gen (Beachtung sozialer und stadtentwicklungs-
                                                              stellt. Auch soll die Aufzählung keinesfalls aussagen,
        spezifischer Belange) im Zusammenhang mit
                                                              dass private Investoren stets und grundsätzlich zu sol-
        städtischem Wohnraum nicht interessiert bzw.
                                                              chen Verfahrensweisen neigen. Dennoch beinhalten
        fühlen sich hieran nicht gebunden. Die Gewähr-
                                                              die aufgezeigten Risiken durchaus gemachte Erfah-
        leistung sozialer Belange kann daher gerade im
                                                              rungen, die Kommunen bei einer eventuellen Privati-
        Hinblick auf eine angestrebte Gewinnerzielung
                                                              sierungsentscheidung stets berücksichtigten sollten.
        nachrangig sein.
                                                              Dabei sind die Gewichtung und die Wahrscheinlich-
       Investoren verkaufen die Immobilien weiter.
                                                              keit der genannten Risiken natürlich stark abhängig
        Dabei fehlt eine Berücksichtigung der Mieterbe-
                                                              vom Wohnungsmarkt in der jeweiligen Kommune
        lange, weil das bloße Renditestreben überwiegt
                                                              und insbesondere von der Qualität und Seriosität
        („Heuschrecken“-Manieren).
                                                              des jeweiligen (privaten) Wohnungsunternehmens.
       Insbesondere bei auf den kurzfristigen Handel         Dort, wo der Wohnungsmarkt entspannt ist, ist für
        ausgerichteten und bei kleineren Käufern besteht      die Investoren in der Regel kein Raum für signifikante
        die Gefahr, dass einzelne Käufer in wirtschaftliche   Mieterhöhungen, weil sie dadurch die Mieter ver-
        Not geraten und künftig anders agieren (zum           drängen und sich dann auch die Rendite vermindert.
        Beispiel mit extremen Bewirtschaftungs- und Ver-      Dies sieht jedoch in den Städten und Gemeinden, in
        wertungsstrategien wie Einzelprivatisierung mit       denen bezahlbarer Wohnraum knapp ist, entspre-
        Drückermethoden, völlige Vernachlässigung von         chend anders aus. In den Städten und Gemeinden
        Beständen, konsequente Belegung mit Transfer-         mit angespannter wohnungspolitischer Lage, ein
        geldempfängern) oder Insolvenzlösungen drohen.        Beispiel hierfür sind die Regionen München, Stuttgart
       Werden privatrechtliche Verpflichtungen, die die      und Frankfurt, aber auch die „Rheinschiene“, birgt ein
        Käufer bezogen auf die Mietentwicklung und den        etwaiger Ausverkauf kommunaler Wohnungen daher
        Kündigungsschutz (Sozialchartas) binden, einge-       ein erhebliches Risiko für einkommensschwache
        gangen, bieten diese keinen langfristigen Schutz:     Haushalte und damit auch für die Aufgabenerfüllung
        Regelmäßig sind Sozialchartas befristet (meist        der Kommune im Hinblick auf städtebauliche und
                                                              soziale Zielsetzungen.

     D. Kommunale Aufgabenverantwortung
     I. Kommunen: Wesentliche Akteure für                     pragmatische Motive wie die „Abschaffung“ hoher
     eine sozialgerechte Wohnungs- und Stadt-                 Leerstandsquoten oder einen ansonsten nicht zu
     entwicklung                                              bewältigenden Sanierungsbedarf gehen. Die Kom-
                                                              munen müssen sich im Rahmen ihrer Entscheidung
     Bei der Frage eines geplanten Verkaufs kommuna-          vielmehr genau im Einzelnen über ihre wohnungs-
     ler Wohnungen darf es daher jedenfalls nicht nur         und stadtentwicklungspolitischen Aufgaben klar
     um eine schnelle Haushaltssanierung oder um rein         sein.

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Zur Vermeidung
                                                          Kommunale Wohnungsunternehmen sind Part-
  der Bildung von Problemquartieren beziehungs-           ner der Kommunen bei der zur Daseinsvorsorge
   weise von „Ghettoisierung“                              gehörenden sozialen Wohnraumversorgung. Dies
  von Obdachlosigkeit stark einkommensschwa-              gilt vor allem für einkommensschwache und sonst
   cher Mieter                                             benachteiligte Haushalte, weil diese Mieterklientel
                                                           von privaten Wohnraumanbietern unter Umständen
  der Abwanderung der Bevölkerung
                                                           abgelehnt wird. Wesentlich ist ein preismäßig ak-
  sowie demografisch begründeter Probleme, wie            zeptabler Mietspiegel, um ein Mindestkontingent an
   zum Beispiel fehlenden Angeboten für senioren-          bezahlbaren, aber dennoch bewohnbaren Wohnun-
   gerechtes Wohnen                                        gen zur Verfügung stellen zu können.
  zu hoher langfristiger Folgekosten, wie zum            Die kommunalen Wohnungsunternehmen können
   Beispiel der Belastung des Sozialetats durch            mit ihrer Preispolitik eine Mietpreisdämpfung be-
   Mietsteigerungen oder Kosten für den Ersatz bzw.        wirken und dadurch nicht nur bedürftigen Mieter-
   Einkauf von Leistungen des verkauften Unterneh-         haushalten helfen, sondern auch im Bereich von
   mens (Verlust der Sozial-/Stadtrendite)                 Wohngeld, Sozialhilfe und Unterkunftskosten für
                                                           die Bezieher von Arbeitslosengeld II die öffentlichen
müssen Städte und Gemeinden daher stets die Kern-          Haushalte entlasten.
aufgaben ihrer kommunalen Wohnungsunternehmen
                                                          Die kommunalen Wohnungsunternehmen sind Part-
bedenken.
                                                           ner der Kommunen bei der Stabilisierung gefährdeter
Kommunale Wohnungsunternehmen sind wesentli-               Wohnquartiere. Diese müssen mit Hilfe konkreter
che Akteure im Rahmen der wohnungs- und stadt-             Maßnahmen in Form von sozialen Hilfestellungen,
entwicklungspolitischen Aufgaben einer Gemeinde.           Beratungsangeboten und anderer kommunaler Maß-
Sie ermöglichen den Kommunen die Verwirklichung            nahmen stabilisiert werden.
ihrer stadtentwicklungspolitischer Ziele. Dies bedeu-
                                                          Einer „Ghettoisierung“ bestimmter Wohnquartiere
tet freilich nicht, dass ein Verkauf der kommunalen
                                                           kann durch kommunale Einflussnahme auf die Mie-
Wohnungsbestände zwangsläufig dazu führt, dass
                                                           terstruktur vorgebeugt werden.
die städtebaulichen und sozialen Zielsetzungen
nicht mehr erfüllt werden können. Jedoch sind im          Durch qualitative Verbesserung der kommunalen
Hinblick auf die grundsätzlich kommunalen woh-             Wohnungen kann unerwünschten städtebaulichen
nungspolitischen Aufgaben stets die mittel- und            Entwicklungen – wie zum Beispiel dem Leerfallen von
langfristigen Folgen eines Verkaufs zu bedenken und        Wohngebieten- vorgebeugt werden.
mögliche Alternativen zur Komplettveräußerung zu          Kommunale Wohnungsunternehmen sind Träger
prüfen.                                                    von Neubau und Bestandsmaßnahmen im öffentlich
                                                           geförderten Wohnungsbau.
                                                          Die kommunalen Wohnungsunternehmen können
                                                           gute Beispiele für die notwendige Anpassung an die
                                                           demografische Veränderung praktizieren und damit
II. Kommunale „Prüfpunkte“ vor geplanter                   den kommunalen Wohnungsmarkt im Hinblick auf
Privatisierung                                             zum Beispiel altergerechtes Wohnen positiv beein-
Dabei lassen sich keine allgemeinen Regeln aufstel-        flussen.
len, in welchem Umfang Kommunen den Zugang                Daneben gewinnt die Schaffung von familiengerech-
zu eigenen Wohnungsbeständen erhalten müssen.              tem Wohnraum und damit einhergehender famili-
Es gibt allerdings einige Gesichtspunkte, die in den       enpolitischer Angebote auch für die kommunalen
Abwägungsprozess vor einem geplanten Verkauf ein-          Wohnungsunternehmen vermehrt an Bedeutung.
fließen sollten (so etwa Dr. Franz-Georg Rips, Bundes-    Die kommunalen Wohnungsunternehmen können
direktor Deutscher Mieterbund e.V. Berlin, vhw Forum       bezahlbare Räume für Kleinbetriebe zur Verfügung
Wohneigentum Heft 6, Dezember 2006, S. 357 ff.).           stellen. Die Bezahlbarkeit von Gewerberaum ist eine
Denn kurzfristig und vordergründig entschiedene            wichtige Voraussetzung für die Stärkung des Wirt-
Schnellverkäufe sind nicht mehr rückgängig zu ma-          schaftsstandorts einer Kommune.
chen und können für Kommune und Bewohner einen
                                                          Die kommunalen Wohnungsunternehmen sind
nicht wieder gutzumachenden Schaden verursachen.
                                                           schließlich Eigentümer von Grundstücken, die den
Kommunale Prüfpunkte bei einem in Frage stehenden
                                                           Städten bei der Zukunftsgestaltung wichtige Dienste
„Ob“ einer Privatisierung sollten daher insbesondere
                                                           leisten können.
sein:

7-8/2007   Privatisierung kommunaler Wohnungen
                                                                                               www.dstgb.de        13
Natürlich hängt die Gewichtung der einzelnen            der Fall ist, vonnöten, Lösungen zu finden, um der
        Aufgaben stark von der jeweiligen Wohnungsmarkt-        Gefahr eines völligen Leerfallens von Wohngebieten
        situation in der Kommune ab. In Kommunen mit            zu begegnen.
        angespannter Wohnsituation, wie dies insbesondere       Es empfiehlt sich daher immer zu prüfen, wie sich
        bei süddeutschen Kommunen der Fall ist, wird es von     die Möglichkeit bei einem Nichtverkauf darstellt und
        erheblicher Bedeutung sein, vorhandenen Wohn-           im Falle eines Nichtverkaufs dennoch Strategien der
        raum zu sanieren, neuen Wohnraum zu schaffen, den       Verbesserung der Einnahmesituation durch die Kom-
        Mietspiegel sozial angemessen zu halten und dabei       mune zu verfolgen (Maßnahmen zur Steigerung der
        auch einkommensschwachen Mietern Wohnraum               Rendite des kommunalen Wohnungsunternehmens
        zur Verfügung zu stellen. Im Gegensatz dazu ist es      wie zum Beispiel Erhöhung der (Energie-)Effizienz,
        insbesondere bei Kommunen mit hohen Abwande-            sozialverträgliche Nutzung von Mieterhöhungsspiel-
        rungsquoten, wie dies in den neuen Bundesländern        räumen, gegebenenfalls Einzelprivatisierung etc.).

        E. Überlegungen vor dem Verkauf
        Erfährt die Öffentlichkeit von einem geplanten
                                                                 3. Bedenken der Zielstrategie potenzieller Erwerber
        Verkauf, führt dieses in der Regel zu erheblichen
        Protesten in der Mieterschaft, die sich verunsichert        plant der potenzielle Erwerber lang- oder nur
        fühlt und von den Investoren oftmals nur Negatives           kurzfristig mit der Immobilie?
        erwartet. Häufig ist Folge, dass, wie zum Beispiel          Sieht er seine Hauptaufgabe in der
        in Freiburg, ein Bürgerbegehren den Ratsbeschluss            Optimierung des Wohnungsbestandes oder
        bezüglich eines geplanten Verkaufs ersetzt bzw. die          steht der Gedanke der Mobilisierung zum
        Stadtvertreter wie in Schwerin im Jahre 2007 den             Zwecke des Weiterverkaufs im Vordergrund?
        Forderungen eines Bürgerbündnisses gegen den             4. Lässt sich der potenzielle Erwerber auf die ver-
        Verkauf städtischer Wohnungen beigetreten sind.             tragliche Vereinbarung bestimmter Auflagen ein?
        Für die Kommune, die sich mit dem Gedanken trägt,
        ihre Wohnungsbestände zu verkaufen, ist es daher in
        jedem Fall erforderlich, sich mit dieser Entscheidung   I. Politische und sozialgerechte Begleitung
        vorher eingehend auseinander zu setzen und im Rah-      einer Privatisierung
        men eines beabsichtigten Verkaufs die Bürger und die    Sind die unter D. II. genannten Prüfungspunkte
        Politik mit deren Bedenken frühzeitig und umfassend     ausreichend berücksichtigt worden und konnte bei
        zu jedem Zeitpunkt einzubinden.                         einem dennoch beabsichtigten Verkauf ein geeigne-
                                                                ter Erwerber gefunden werden, so ist es von großer
 1. Bedenken der zukünftigen Entwicklung sowohl                 Bedeutung, den Verkaufsprozess so zu gestalten, dass
    im Hinblick auf                                             möglichst alle von dem Verkauf Betroffenen ausrei-
      die nähere Umgebung der zu verkaufenden                  chend beteiligt werden. Dies beinhaltet insbesondere
       Wohnimmobilie
        Leerstand zu befürchten?                                1. Frühe Beteiligung der Mieter, ständiger Kontakt
        negative Veränderung der Mieterstruktur zu be-             und Information auch während der Verkaufs-
         fürchten?                                                  verhandlungen

      die städtebaulichen Ziele                                 2. Frühe Beteiligung des Stadtrates
        Sind Verdrängungseffekte durch den Verkauf der          3. Transparenz und Offenheit des Verkaufs-
         Wohnungen an einen privaten Investor zu befürch-           verfahrens
         ten? Welche Auswirkung kann der Verkauf auf den         4. Darlegung der bereits getätigten Vorüber-
         kommunalen Mietwohnungsmarkt haben?                        legungen für die Öffentlichkeit
        Bildung von Problemquartieren zu befürchten?                Was sind die Vorteile eines Verkaufs?
        Muss eine Abwanderung von der Kommune be-                   Wurde sich mit den möglichen Nachteilen
         fürchtet werden?                                             auseinandergesetzt?
      die Gewährleistung sozialer Belange                           Warum ist der ausgewählte Erwerber der
        steht in der Kommune genug Wohnraum auch für                 richtige?
         einkommensschwache Haushalte zur Verfügung?                 Wie wird der Erwerber in Zukunft vorgehen?
 2. Zeitliche Flexibilität, um in Ruhe einen                     5. Beruhigung der Mieter durch Zusicherung der
    geeigneten Bewerber aussuchen zu können                         Aufnahme sozialer Auflagen in den Kaufvertrag

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