ZAHNÄRZTEBLATT 12 FROHE WEIHNACHTEN UND FÜR 2021 GESUNDHEIT UND ALLES GUTE! - KZV Schleswig-Holstein

 
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ZAHNÄRZTEBLATT 12 FROHE WEIHNACHTEN UND FÜR 2021 GESUNDHEIT UND ALLES GUTE! - KZV Schleswig-Holstein
ZAHNÄRZTEBL AT T
der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und        der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein

12
 2020

                                  Wir wünschen Ihnen,
                                   Ihren Praxisteams
                                   und Ihren Familien
                           FROHE WEIHNACHTEN
                              UND FÜR 2021
                               GESUNDHEIT
                             UND ALLES GUTE!
ZAHNÄRZTEBLATT 12 FROHE WEIHNACHTEN UND FÜR 2021 GESUNDHEIT UND ALLES GUTE! - KZV Schleswig-Holstein
Z A H N Ä R Z T E B L AT T

                                                  INHALT
                                                  EDITORIAL                                                                           3
                                                   KZBV-VERTRETERVERSAMMLUNG                                                          4
                                                   „STRUKTUREN ERHALTEN UND ZUKUNFT GESTALTEN“

                                                   G U TAC H T E N Z U I - M V Z S                                                   10
                                                   RENDITEORIENTIERUNG GEFÄHRDET DAS PATIENTENWOHL

                                                   N AT I O N A L E S G E S U N D H E I T S P O R TA L                               14
                                                   VERLAGE KRITISIEREN KOOPERATION
                                                   VON BMG UND GOOGLE
    Herausgeber:
    Kassenzahnärztliche Vereinigung und
                                                   ZAHL ÄRZTLICHER MVZS UM 11,5 PROZENT GESTIEGEN                                    15
    Zahnärztekammer Schleswig-Holstein
    Redaktion:
                                                   „ M I T B I S S I N S H O H E A LT E R ! “                                        16
    Zahnärztekammer:                               ZAHNÄRZTETAG 2021 ONLINE
    Dr. Claudia Stange (verantw.)                  MIT ATTRAKTIVEM PROGRAMM
    Michael Fischer
    www.zaek-sh.de                                 B U N D E S P R O G R A M M „ A U S B I L D U N G S P L ÄT Z E S I C H E R N “    19
    Kassenzahnärztliche Vereinigung:
                                                   ERWEITERTE FÖRDERMASSNAHMEN
    Peter Oleownik (verantw.)
    Kirsten Behrendt                               FÜR AUSBILDUNGSBETRIEBE
    www.kzv-sh.de
    verantwortlich für diese Ausgabe:              VIDEOKONFERENZ DER KAMMER-DELEGIERTEN                                             20
    Peter Oleownik                                 EINE GELUNGENE PREMIERE
    Verlag:
    Zahnärztekammer Schleswig-Holstein             BERICHT AUS DEM VERSORGUNGSWERK                                                   24
    Westring 496 · 24106 Kiel
    Tel. 0431 260926-13                            FAQ ( T E I L 3 )                                                                 25
    Fax 0431 260926-15                             ARBEITSRECHT IN ZEITEN VON CORONA
    E-Mail: central@zaek-sh.de
    www.zaek-sh.de                                 D I G I TA L E V O LU M E N TO M O G R A P H I E                                  26
    Design / Layout:
                                                   PRÜFUNGEN AN BILDWIEDERGABESYSTEMEN
    Stamp Media GmbH · Kiel
    Agentur für Kommunikation & Design             MEINUNG                                                                           27
    Druck:
                                                   ZWEIERLEI MASS BEI DER EINKOMMENSENTWICKLUNG?
    Schmidt & Klaunig · Kiel
    Druckerei & Verlag seit 1869
                                                   Z U M T O D D E S S Y LT E R Z A H N A R Z T E S
    Bildnachweise:
                                                   DR. HELMUT VON GRABOWIECKI                                                        28
    Titel: Vector Tradition/stock.adobe.com
    Seite 10: ink drop/stock.adobe.com
                                                   UNSER MANN AUF SYLT
    Seite 13: rangizzz/stock.adobe.com
                                                   FORTBILDUNG IM HEINRICH-HAMMER-INSTITUT                                           28
    Seite 14: tippapatt/stock.adobe.com
    Seite 16: Ljupco Smokovski/stock.adobe.com
                                                   BUND DER STEUERZAHLER                                                             30
    Seite 19: contrastwerkstatt/stock.adobe.com
                                                   DAS SCHWARZBUCH 2020/2021:
    Seite 25: VectorMine/stock.adobe.com
    Seite 27: Yingko/stock.adobe.com
                                                   100 BEISPIELE FÜR STEUERVERSCHWENDUNG
    Seite 30: bluedesign/stock.adobe.com
                                                   RUNDSCHREIBEN DER KZV S-H                                                         31
    Namentlich gezeichnete Beiträge geben
                                                   2 8 . S C H L E S W I G - H O L ST E I N I S C H E R Z A H N Ä R Z T E TAG
    nicht unbedingt die Meinung der Heraus-
    geber oder der Redaktion wieder.               „MIT BISS INS HOHE ALTER!“                                                        32
    Das Zahnärzteblatt Schleswig-Holstein
    erscheint 11-mal jährlich; darunter eine
    Doppelausgabe;
    Auflage 3.750; Preis d. Einzelhefts: 4 EUR;
    der Bezugspreis ist in den Körperschafts-
    beiträgen enthalten.
    Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier.

2   Z A H N Ä R Z T E B L AT T 12 | 2020
ZAHNÄRZTEBLATT 12 FROHE WEIHNACHTEN UND FÜR 2021 GESUNDHEIT UND ALLES GUTE! - KZV Schleswig-Holstein
SCHLESWIG-HOLSTEIN

                                                                                                                                          ED I TO R I A L

ALLES GUT
IM NEUEN JAHR?
Dieses Jahr hat die Menschen in            ein umfangreiches Maßnahmenpa-
unserem Land wie auch unsere Zahn-         ket: Dazu zählen die Fortführung der
arztpraxen vor große Herausforderun-       monatlichen Abschlagszahlungen in
gen gestellt. Zehn Monate Pandemie         gewohnter Höhe bis September, der
liegen hinter uns, viele werden noch       Verzicht auf HVM-Belastungen im I.
folgen.                                    und II. Quartal, die Auszahlung der
                                           HVM-Einbehalte bereits im April,

                                                                                    Foto: Thomas Eisenkrätzer (11/2019)
Die Bundesregierung und auch unse-         Ausgleichszahlungen zur Kompen-
re Landesregierung erhielten zumin-        sation von Behandlungsrückgängen
dest in der ersten Jahreshälfte für        und Fallpauschalen zum Ausgleich er-
ihre Maßnahmen breite Zustimmung           schwerter Bedingungen bei der Be-
in der Bevölkerung. Mittlerweile sinkt     handlung im II. Quartal.
die Akzeptanz; viele vermissen lang-
fristige Konzepte zur Pandemiebewäl-       2020 war für die Praxen ein hartes
tigung. Mit Milliardensummen sollen        Jahr: Mit dem Lockdown Mitte März
die wirtschaftlichen Folgen gelindert      kam die Prophylaxe fast völlig zum Er-
werden. Auch die gesetzlichen Kran-        liegen, Termine wurden ausgedünnt
kenkassen stehen vor einem riesigen        und Patientenbehandlungen nur noch
Finanzproblem – die Lösung dafür           risikoorientiert durchgeführt. Unsere                                      und wir gemeinsam Lösungen ent-
wird vertagt.                              Patientinnen und Patienten sowie                                           wickeln – dafür werden wir uns 2021
                                           unsere Praxisteams schützen wir mit                                        einsetzen.
Ihre Kammer und Ihre KZV in Schles-        einem nochmals verstärkten Hygiene-
wig-Holstein handeln besonnen; un-         konzept.                                                                   Zum Jahreswechsel ist an der Zeit inne-
sere Empfehlungen müssen belastbar                                                                                    zuhalten und neue Kraft zu schöpfen.
sein. So bleiben Ihnen Rückforderun-       Die Patienten haben es uns vielfach
gen erspart.                               gedankt, dass unsere Praxen in die-                                        Ihnen, Ihren Teams und Ihren Familien
                                           sen Zeiten offen waren: „Wir fühlen                                        wünschen wir ein frohes Weihnachts-
Was haben wir erreicht?                    uns in diesen schwierigen Zeiten                                           fest und ein erfolgreiches neues Jahr.
Auf Kammerseite waren dies die Ge-         als Risikopatienten in der Praxis si-                                      Bleiben Sie gesund und zuversichtlich!
währung des Kurzarbeitergeldes auch        cher“ oder „Ich hatte schon Angst,
für Zahnarztpraxen und die Hygiene-        dass Sie den Termin absagen, als ich
pauschale in der GOZ. Diese Hygiene-       gestern den Anruf zur Terminerinne-
pauschale prangerte die ARD in der         rung aus Ihrer Praxis bekam“ waren
Sendung Plusminus an und zitiert dazu      Patientenkommentare, die die Kam-
den GKV-Spitzenverband: „ ... sodass       mer erreichten.
durch Corona kein erhöhter Hygiene-                                                                                                    // Dr. Michael Brandt
aufwand anfällt.“ Friseure bekämen         Ihnen, unseren Kolleginnen und Kol-                                              Präsident der Zahnärztekammer
keine solche Pauschale, so erfährt         legen, gilt ein besonderer Dank für                                                           Schleswig-Holstein
man in der Sendung. Richtig, denn          Ihren Einsatz in den Praxen. Die Pa-
sie dürfen ihre Preise frei kalkulieren!   tienten in Schleswig-Holstein waren –
Wir Zahnärzte sind an die Gebühren-        und sind – zu jeder Zeit gut versorgt.
ordnung gebunden. Die Rechtsanwäl-         Bitte geben Sie diesen Dank auch an
te bekommen übrigens nach sieben           Ihre Mitarbeiterinnen weiter.
Jahren eine Erhöhung, wir nach über
30 Jahren immer noch nicht (mehr           Die Situation mancher Kolleginnen                                                          // Dr. Michael Diercks
dazu im Artikel auf S. 27).                und Kollegen wird auch zukünftig                                                      Vorstandsvorsitzender der
                                           schwierig bleiben. Dass sich die poli-                                         Kassenzahnärztlichen Vereinigung
Die KZV sichert seit dem I. Quartal        tisch Verantwortlichen deutlich stär-                                                         Schleswig-Holstein
2020 die Liquidität der Praxen durch       ker unserem Berufsstand zuwenden

                                                                                                                              12 | 2020 Z A H N Ä R Z T E B L AT T   3
ZAHNÄRZTEBLATT 12 FROHE WEIHNACHTEN UND FÜR 2021 GESUNDHEIT UND ALLES GUTE! - KZV Schleswig-Holstein
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG

                           K Z BV-V ER T R E T ER V ER S A M M LU N G

                           „STRUK TUREN ERHALTEN
                           UND ZUKUNFT GESTALTEN“
                           Bereits zum zweiten Mal wurde die Vertreterversammlung der Kassenzahnärzt-            er hervor, dass es dabei auch um die
                           lichen Bundesvereinigung (KZBV) aufgrund der Corona-Pandemie per Video-               Sicherung der vertragszahnärztlichen
                           konferenz abgehalten: Angesichts steigender Infektionszahlen war die geplante         Infrastruktur für die Zukunft geht: So
                           dreitägige Präsenzveranstaltung vom 28. - 30. Oktober in München kurzfristig          stehe zu befürchten, dass einerseits
                           ins Netz verlegt worden. Auch inhaltlich dominierte die Coronakrise naturgemäß        ältere Praxisinhaber in Folge der Pan-
                           die Diskussion. Weitere Themen waren investorenbetriebene Medizinische Ver-           demie früher als geplant aufgäben
                           sorgungszentren (s. S. 10 ff.), die noch ausstehende IT-Sicherheitsrichtlinie und     und andererseits jüngere Zahnärz-
                           ein Konzept zur Erhöhung des Frauenanteils in den vertragszahnärztlichen Gremien.     te vor einer eigenen Niederlassung
                                                                                                                 zurückschreckten. „Wenn die Politik
                           „Strukturen erhalten und Zukunft           der Inanspruchnahme zahnärztlicher         auch nach der Krise auf eine funktio-
                           gestalten!“, brachte der KZBV-Vor-         Leistungen während der zweiten             nierende flächendeckende und wohn-
                           standsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer        Welle der Pandemie forderte Eßer           ortnahe zahnärztliche Versorgung
                           die vordringliche Aufgabe der Kas-         von der Politik einmal mehr Rahmen-        bauen will, darf sie sie jetzt nicht aufs
                           senzahnärztlichen Vereinigungen und        bedingungen ein, die der Zahnärz-          Spiel setzen!“, warnte er.
                           der KZBV während der Coronakrise           teschaft die Bewältigung der Krise
                           auf den Punkt. Primäres Ziel sei es, die   erleichtern. Grundlage dafür war ein       Es sei „höchste Zeit“, die Liquidi-
                           Versorgung aller Patienten bei maxi-       Positionspapier, dass die KZBV im Vor-     tätshilfe durch einen „echten Schutz-
                           malem Infektionsschutz aufrechtzuer-       wege der VV veröffentlicht hatte (s.       schirm“ abzulösen. In Anlehnung an
                           halten. „Auf das zahnärztliche Versor-     Zahnärzteblatt 11/2020, S. 21). „Eine      die Schutzschirmregelung für die
                           gungssystem ist immer und besonders        bloße Liquiditätshilfe mit 100-pro-        Vertragsärzte schlägt die KZBV vor,
                           in Krisenzeiten Verlass“, betonte er.      zentiger Rückzahlungspflicht anstel-       einen „verlässlichen und dauerhaften
                                                                      le eines echten Schutzschirms – das        Mechanismus“ im SGB V zu schaffen,
                           VERZERRUNGSFREIE                           war und ist eine bittere Realität, die     der die Liquidität der KZVen und der
                           FORTSCHREIBUNG DER                         nicht sachgerecht und so auch nicht        Praxen sichert. Unter „angemessener
                           GESAMT VERGÜTUNG                           akzeptabel ist“, sagte Eßer. Mit Ver-      Mithilfe der Krankenkassen“ – und der
                                                                      weis auf „extreme abrupte Einbrüche“       Privaten Krankenversicherung – soll-
                           Vor allem auch mit Blick auf einen         im Leistungsgeschehen insbesonde-          ten Ausgleichszahlungen an Praxen
                           möglichen erneuten Einbruch bei            re in den Monaten April und Mai hob        ermöglicht werden, die besonders
    Fotos: KZBV/Spillner

                           Bereits zum zweiten Mal musste die KZBV-Vertreterversammlung aufgrund der Corona-Pandemie als Videokonferenz stattfinden.

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ZAHNÄRZTEBLATT 12 FROHE WEIHNACHTEN UND FÜR 2021 GESUNDHEIT UND ALLES GUTE! - KZV Schleswig-Holstein
SCHLESWIG-HOLSTEIN

                                                               K Z BV-V ER T R E T ER V ER S A M M LU N G

hart von Leistungsmengenrückgän-
gen betroffen sind, so Eßer weiter.
Dazu verabschiedete die Vertreter-
versammlung einen Antrag, der nicht
nur auf die aktuelle Corona-Pandemie,
sondern auch auf „künftige nationale
Katastrophensituationen“ abzielt.

„Eilbedürftigen Handlungsbedarf“
sieht Eßer bezüglich einer Regelung
zur verzerrungsfreien und bedarfs-
gerechten Fortschreibung der Ge-
samtvergütungen für die Jahre 2021
und 2022. Pandemien seien „nicht
repräsentativ“ und führten zu einer
                                        Vorstand, VV-Vorsitz und Verwaltungsmitarbeiter koordinierten die VV vom Kölner Sitz
„massiven Verzerrung“, erläuterte er.   der KZBV aus.
Deshalb dürfe die krisenbedingte Ab-
nahme des Versorgungsgeschehens
nicht die Grundlage für die prognos-    len Pandemie bewährt, erklärten sie         K Z B V P L A N T E I G E N S TÄ N D I G E
tizierte Leistungsmenge der Folgejah-   und verwiesen als Beispiel auf zeitlich     I T- S I C H E R H E I T S R I C H T L I N I E
re sein. Auch diese Forderung unter-    befristete Sonderregelungen des Ge-
stützten die Delegierten der KZBV-VV.   meinsamen Bundesausschusses.                Über den Stand in Sachen IT-Sicher-
                                                                                    heitsrichtlinie informierte das zu-
Durch weitere Beschlüsse zeigten sie    Um epidemiebedingte Mehraufwen-             ständige KZBV-Vorstandsmitglied
Wege auf, wie die Krisenreaktionsfä-    dungen auszugleichen, forderten die         Dr. Karl-Georg Pochhammer. Zur Er-
higkeit des vertragszahnärztlichen      Delegierten außerdem, eine Zuschlags-       innerung: Das Digitale Versorgung-
Versorgungssystems für die Zukunft      position im BEMA einzuführen: Durch         Gesetz (DVG) verpflichtet die Kassen-
gestärkt werden kann. So forderten      die Corona-Pandemie seien den Pra-          ärztliche und die Kassenzahnärztliche
sie eine Ermächtigungsgrundlage,        xen deutlich höhere Aufwendungen            Bundesvereinigung gemäß § 75b SGB
um der Selbstverwaltung im weiteren     für Hygienemaßnahmen und Schutz-            V, eine „Richtlinie zur IT-Sicherheit in
Verlauf der Pandemie – und künftigen    ausrüstung entstanden. Auch die ge-         der vertragsärztlichen und vertrags-
ähnlichen Situationen – einen größe-    stiegenen Rüst- und Aufklärungszei-         zahnärztlichen Versorgung“ zu ver-
ren Handlungsspielraum zu gewähren.     ten fänden sich nicht in der Bewertung      fassen. Die gemeinsam mit der KBV
Dies habe sich bereits in der aktuel-   der BEMA-Position wieder, führten sie       erarbeitete Richtlinie war im Sommer
                                        zur Begründung an.                          bereits weitgehend fertiggestellt und
                                                                                    befand sich im gesetzlich vorgeschrie-
                                        Bund und Länder sollen nach dem             benen Verfahren der Benehmensher-
                                        Willen der KZBV-Vertreterversamm-           stellung. Die VV der KZBV hatte sich
                                        lung sicherstellen, dass künftig in Kri-    im Juli darauf geeinigt, nach dem Ab-
                                        senfällen eine ausreichende Menge           schluss dieses Verfahrens schriftlich
                                        an persönlicher Schutzausrüstung für        über die Richtlinie abzustimmen. Im
                                        die gesamte vertragszahnärztliche           Zuge dessen hatte die KZBV zusätzlich
                                        Versorgung vorgehalten wird – und           einen Praxis-Guide angekündigt, um
                                        deren Finanzierung gesichert ist.           die Zahnärzte bei der Umsetzung zu
                                        Die Praxen seien nicht für eine Be-         unterstützen (s. Zahnärzteblatt 07/08
                                        schaffung über den „Alltagsbedarf“          2020, S. 10f).
                                        hinaus verantwortlich, verdeutlichten
                                        die Delegierten – ebenso wenig wie          Dann allerdings „kam es anders“: Die
                                        die KZVen und die KZBV. Überdies            weiteren gemeinsamen Arbeiten von
                                        setzten die VV-Mitglieder sich dafür        KZBV und KBV an der Richtlinie seien
                                        ein, die besonderen Leistungen der          aufgrund einer Resolution der KBV-
                                        zahnmedizinischen Fachangestellten          Vertreterversammlung „auf Eis ge-
                                        während der Pandemie durch einen            legt“ worden, so Pochhammer. – Die
Dr. Wolfgang Eßer: „Verzerrungsfreie
                                        „angemessenen“ steuerfinanzierten           VV der KBV hatte ihre Zustimmung
Fortschreibung der Gesamtvergütung“     Bonus „wertzuschätzten“.                    zur IT-Sicherheitsrichtlinie von einer

                                                                                            12 | 2020 Z A H N Ä R Z T E B L AT T     5
ZAHNÄRZTEBLATT 12 FROHE WEIHNACHTEN UND FÜR 2021 GESUNDHEIT UND ALLES GUTE! - KZV Schleswig-Holstein
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG

                             K Z BV-V ER T R E T ER V ER S A M M LU N G
    Foto: Kirsten Behrendt

                             Die schleswig-holsteinischen Delegierten Peter Oleownik, Dr. Michael Diercks und Harald Schrader verfolgten die VV der KZBV ge-
                             meinsam im Hörsaal der KZV (erste Reihe, von links). Mit dabei waren außerdem Vorstandsmitglied Helmut Steinmetz (letzte Reihe)
                             und der Vorsitzende der Vertreterversammlung der KZV S-H Dr. Nils Borchers (mittlere Reihe).

                             ausreichenden Finanzierung der da-         wie möglich zu halten, so Pochham-          cen“ verbunden. Im Zuge des Kran-
                             raus resultierenden Kosten abhängig        mer weiter. Das umfasse sowohl die          kenhauszukunftsgesetzes plane die
                             gemacht und den KBV-Vorstand be-           Initial- als auch die laufenden Be-         Bundesregierung, Investitionen in die
                             auftragt, weitere Gespräche mit dem        triebskosten. „Dafür fordern wir eine       Digitalisierung und die IT-Sicherheit
                             Bundesgesundheitsministerium und           angemessene Refinanzierung“, unter-         von Krankenhäusern „mit Milliarden-
                             dem Bundesamt für Sicherheit in der        strich er. Dem schlossen sich auch die      mitteln“ zu unterstützen. Dies müs-
                             Informationstechnik (BSI) zu führen.       Delegierten der KZBV-VV an: Sie be-         se ebenso auch für den ambulanten
                             Zudem strebt die KBV eine Differen-        zogen sich dabei unter anderem auch         Sektor gelten, verlangte Pochhammer.
                             zierung der Anforderungen je nach          darauf, dass es sich bei den Vorgaben       Diesen Kurs unterstützten die De-
                             Praxisart und -größe an.                   zur IT-Sicherheit immerhin um gesetz-       legierten ebenfalls einstimmig. Eine
                                                                        lich geforderte, zusätzliche Infrastruk-    „Ungleichbehandlung der Sektoren“
                             Pochhammer sieht im Zusammenhang           tur-Maßnahmen handele. Die in der           sei „nicht nachvollziehbar und nicht
                             mit dem Vorgehen der KBV die Gefahr        IT-Sicherheitsrichtlinie beschriebenen      akzeptabel“, befanden sie.
                             einer Ersatzvornahme durch das BMG         Anforderungen müssten „angemes-
                             – und befürchtet, dass in diesem Fall      sen und mit Augenmaß“ festgelegt            TI: „BEL ANGE DER
                             auf Dokumente zurückgegriffen würde,       werden, stellten die Delegierten fest.      Z A H N Ä R Z T E S TÄ R K E R
                             die „zu umfangreich und in der Spra-       Gleichzeitig plädierten sie für eine        BERÜCKSICHTIGEN!“
                             che viel zu technisch geprägt“ seien.      Übergangsfrist, um die in der Richt-
                             Im Interesse der Kollegenschaft wolle      linie geforderten technischen Anpas-
                             man diesen Weg nicht mitgehen, er-         sungen vornehmen zu können.
                             klärte er. Stattdessen habe die KZBV
                             nun damit begonnen, den „Praxis-           Eine direkte Finanzierung habe das
                             Guide“ – den Pochhammer anschaulich        BMG allerdings bereits als „völlig aus-
                             als „Kochbuch“ bezeichnet – zu einer       geschlossen abgelehnt“, schilderte
                             eigenständigen Sicherheits-Richtlinie      Pochhammer: Die entstehenden Kos-
                             zur Vorlage beim BMG und beim BSI          ten seien nur bedingt der IT-Sicher-
                             auszubauen. Dieses Dokument solle          heitsrichtlinie zuzuordnen, sondern
                             „kompakt und verständlich sein“; der       ergäben sich aus den bereits beste-
                             Umfang solle den des heutigen Daten-       henden Anforderungen des Bundes-            Dr. Karl-Georg Pochhammer: „Mangel-
                             schutz- und Datensicherheitsleitfadens     datenschutzgesetzes und der Daten-          hafte Unterstützung durch die gematik“
                             „nicht wesentlich“ übersteigen. Die        schutzgrundverordnung. „Es ist also
                             Vertreterversammlung signalisierte         nicht alles völlig neu, was auf die Zahn-
                             einstimmig ihre Zustimmung für die-        arztpraxen zukommt“, beruhigte er.          Kritik äußerte Pochhammer an der
                             ses Vorgehen.                                                                          Arbeit der gematik. Dabei bemän-
                                                                        Insgesamt sei die Digitalisierung           gelte er insbesondere deren unzurei-
                             Ziel sei es, die finanziellen Belastun-    jedoch mit „erheblichen zeitlichen, fi-     chende Betriebsverantwortung für
                             gen für die Zahnarztpraxen so gering       nanziellen und strukturellen Ressour-       die Telematikinfrastruktur (TI). Als

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SCHLESWIG-HOLSTEIN

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Beispiel führte er die „mangelhafte      wendige Praktikabilität und damit die     Amalgamfüllungen tatsächlich „in der
Unterstützung“ der gematik bei der       Akzeptanz für digitale Neuerungen zu      Versorgung ankommen“. Eine Kenn-
Behebung einer Konnektor-Störung         erreichen.                                zeichnung aller Füllungsmaterialien,
an, von der im Frühjahr und Sommer                                                 wie sie die Krankenkassen gefordert
zahlreiche Arzt- und Zahnarztpraxen      Z ÄPP MIT SONDER AUS -                    hatten, habe der Vorstand dagegen
betroffen waren. In erster Linie müs-    WERTUNG ZUR CORONA-                       abwenden können.
se die Betreibergesellschaft für einen   PA N D E M I E
„störungsfreien und für die Praxen                                                 Zudem wies Hendges auf die Bedeu-
kostenneutralen Betrieb der TI“ sor-                                               tung des Zahnärzte-Praxis-Panels
gen, legte er dar.                                                                 (ZäPP) für die Arbeitsbedingungen in
                                                                                   den Praxen und die vertragszahnärzt-
Erst wenn Arzt- und Zahnarztpraxen                                                 liche Versorgung insgesamt hin. „Nur
die TI und ihre Anwendungen als „vor-                                              mit einer solchen wissenschaftlichen
teilhafte Neuerungen wahrnehmen                                                    Datenbasis lassen sich die Interessen
und die TI nicht mehr ausschließlich                                               der Vertragszahnärzteschaft in Ver-
ein gesetzlich aufgebürdetes Ärgernis                                              handlungen mit den Krankenkassen
darstellt“, könne über weitere Ausbau-                                             optimal vertreten“, warb er für die Teil-
stufen nachgedacht werden. Sorge                                                   nahme. [Anmerkung der Redaktion:
bereitet ihm in diesem Zusammen-                                                   Letzter Abgabetermin für die aktuel-
hang auch, dass Feldtests für neue                                                 le Befragung ist der 31. Januar 2021.]
                                         Martin Hendges: „Videoanwendungen für
Anwendungen immer weiter zurück-         alle Versicherten“                        Eine Sonderauswertung gehe dieses
gefahren werden. Der Erfolg der TI                                                 Mal speziell auf die Situation der Zahn-
werde sich vor Ort in den Arzt- und                                                ärzte während des Lockdowns auf-
Zahnarztpraxen entscheiden, gab          Die Relevanz von Videosprechstun-         grund der Corona-Pandemie ein:
Pochhammer zu bedenken.                  den in der zahnärztlichen Versorgung      Ziel sei ein „realistisches Stimmungs-
                                         stellte Martin Hendges, stellvertreten-   barometer, das die massiven Folgen
Auch die Delegierten appellierten an     der Vorstandsvorsitzender der KZBV,       für den Berufsstand faktenbasiert ab-
die gematik, bei der Wahrnehmung         heraus. Insbesondere vor dem Hinter-      bildet.“
ihrer Betriebsverantwortung für die TI   grund der Corona-Pandemie müsse
die Belange der Zahnarztpraxen stär-     über die Ausdehnung von Videoan-          AG FR AUENFÖRDERUNG
ker zu berücksichtigen und zu einer      wendungen auf die Versorgung aller        L EG T KO NZEP T VO R
„vertrauensvollen Zusammenarbeit mit     Versicherten „nachgedacht“ werden,
den Leistungserbringerorganisatio-       postulierte er. – Während Telekonsile     Mit Blick auf die zukünftige Sicher-
nen“ zurückzukehren. Hintergrund sind    bereits jetzt für alle Versicherten ab-   stellung der vertragszahnärztlichen
die Mehrheitsverhältnisse in der Ge-     rechenbar sind, gilt das im zahnärzt-     Versorgung identifizierte Eßer – un-
sellschafterversammlung, in der das      lichen Bereich für Videosprechstun-       abhängig von der Corona-Pandemie
Bundesgesundheitsministerium mit 51      den und Videofallkonferenzen bisher       – Handlungsbedarf sowohl für die
Prozent vertreten ist. „Die Einführung   nur bei Versicherten, die einem Pfle-     Selbstverwaltung als auch für die Poli-
weiterer Anwendungen der TI kann         gegrad zugeordnet sind, im Rahmen         tik. Aufgabe der Selbstverwaltung sei
nur erfolgreich sein, wenn diese von     von Kooperationsverträgen behan-          es, die Praxisgründungsbereitschaft
den Heilberufsangehörigen als posi-      delt werden oder Eingliederungshilfe      zu fördern, junge Zahnärzte vom Wert
tive Ergänzung im Versorgungsalltag      erhalten.                                 der eigenen Niederlassung zu über-
wahrgenommen und unterstützt wer-                                                  zeugen und sie sowohl vor als auch
den“, heißt es in dem entsprechenden     Der KZBV sei es gelungen, auf Bun-        nach der Niederlassung „als Ratgeber
Antrag weiter. Bisher sei noch keine     desmantelvertragsebene eine Rege-         und Partner“ zu begleiten, beschrieb
Anwendung in den Praxen angekom-         lung bezüglich der Verpflichtung zur      er. Zugleich sei jedoch auch die Poli-
men, die als „tatsächlicher Mehrwert“    Kennzeichnung von Amalgamfül-             tik gefordert: Junge Praxisgründer
erlebt werde und nicht lediglich wei-    lungen herbeizuführen, so Hendges         benötigten vor allem Planungssi-
tere bürokratische Hürden aufbaue        weiter. Dies sei vor allem vor dem        cherheit sowie „verlässliche, stabile
sowie zusätzliche Kosten verursache.     Hintergrund des Nationalen Ak-            und gründungsfreundliche Rahmen-
                                         tionsplans der Bundesregierung zur        bedingungen“. Dazu gehörten der
In einem weiteren Antrag wiesen die      schrittweisen Verringerung der Nut-       Abbau der hohen Bürokratielast und
Delegierten darauf hin, dass ausrei-     zung von Dental-Amalgam von Be-           des steigenden Verwaltungsaufwands:
chende Tests unter Praxisbedingun-       deutung („Phase-Out“). Bisher gebe        „Geradezu kontraproduktiv ist die ex-
gen unabdingbar seien, um die not-       es keine konkreten Zahlen, wie viele      trem abschreckende Sanktionspolitik

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ZAHNÄRZTEBLATT 12 FROHE WEIHNACHTEN UND FÜR 2021 GESUNDHEIT UND ALLES GUTE! - KZV Schleswig-Holstein
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG

    K Z BV-V ER T R E T ER V ER S A M M LU N G

      INFO
                                           i   rung gegründet worden, die nun
                                               gemäß dem Auftrag, den die VV im
                                                                                         wie die Zusammensetzung oder die
                                                                                         Denkweise in bestimmten Gremien
                                               November 2019 in Berlin erteilt hat-      –, ein schwieriger Zugang, fehlende
      Die endgültigen Abstimmungser-           te, ein Gesamtkonzept zur Erhöhung        Ansprechpartner, Inhalte, die an den
      gebnisse zu den Anträgen liegen          des Frauenanteils in der vertragszahn-    Bedürfnissen vorbeigehen, „gefühlte“
      inzwischen vor. Aufgrund des On-         ärztlichen Selbstverwaltung vorstellte.   Nichtbetroffenheit und Desinteresse
      line-Formats waren die Resultate         Dass dafür durchaus Bedarf besteht,       an den standespolitischen Themen.
      zunächst nur vorläufig bekannt           belegt ein Blick auf den Status quo:      Hinzu kämen Gründe, die außerhalb
      gegeben worden und mussten               Nur vier der insgesamt 6o Delegier-       der Standespolitik liegen: Zeitman-
      anhand der unterschriebenen              ten der KZBV sind weiblich; in den        gel, berufliche Konflikte (z. B. Praxis-
      Original-Anträge noch einmal             Vertreterversammlungen der KZVen          gründung, Weiterbildung) oder eine
      ausgezählt werden. Die beschlos-         liegt der Frauenanteil zwischen sieben    schlechte Vereinbarkeit von Beruf und
      senen Anträge können auf der             und 16 Prozent – in der VV der KZV        Familie.
      Homepage der KZBV unter www.             Schleswig-Holstein sind fünf von 30
      kzbv.de eingesehen werden.               Delegierten Frauen. Unter den 44 Mit-     Bei den Überlegungen der AG, wie
                                               gliedern der KZV-Vorstände sind drei      Frauen verstärkt zur Mitarbeit in der
      Dort findet sich außerdem auch           weiblich, im dreiköpfigen KZBV-Vor-       zahnärztlichen Selbstverwaltung be-
      das Konzept der AG Frauenför-            stand ist keine Frau. Zum Vergleich:      wegt werden könnten, kommt der Ver-
      derung.                                  Der Anteil der Frauen unter den Zahn-     besserung der Rahmenbedingungen
                                               ärzten lag im Jahr 2019 bei 44 Prozent    zugunsten einer leichteren Vereinbar-
                                               – mit steigender Tendenz; 66,1 Prozent    keit von Beruf, Familie und Standes-
                                               der Zahnmedizinstudierenden waren         politik eine große Bedeutung zu. Dies
    bei der Digitalisierung“, ergänzte er.     2018 weiblich.                            könne beispielsweise durch eine ver-
    Die VV der KZBV nahm diese Ausfüh-                                                   stärkte Nutzung der Digitalisierung –
    rungen auf und forderte von Politik        Lediglich drei Prozent der jungen Kol-    etwa die Möglichkeit der Teilnahme an
    und Selbstverwaltung „gezielte Maß-        leginnen – und Kollegen – seien in der    Sitzungen per Videokonferenz –, aber
    nahmen“ zur Förderung der Nieder-          Standespolitik aktiv oder hätten dies     auch durch familienfreundliche Sit-
    lassung.                                   vor, berichtete die AG-Vorsitzende        zungszeiten erreicht werden, zeigten
                                               Dr. Ute Maier, die als Vorstandsvorsit-   die AG-Mitglieder auf. Zudem müss-
    Für die Zukunft des zahnärztlichen         zende der KZV Baden-Württemberg           ten die standespolitischen Strukturen,
    Berufsstandes und dessen Freiberuf-        selbst eine der wenigen weiblichen        Themen und Inhalte an den Bedürfnis-
    lichkeit sei es zudem von entschei-        Standespolitiker in einer Spitzenpo-      sen jüngerer Menschen ausgerichtet
    dender Bedeutung, junge Kollegen           sition ist. Mögliche Gründe für die-      werden.
    für ein Engagement in der Selbst-          sen geringen Anteil habe das Institut
    verwaltung zu gewinnen, fuhr Eßer          der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in der      Notwendig sei außerdem eine
    fort: Nur eine Selbstverwaltung, die       Studie „Generation Y“ zusammen-           Selbstverpflichtung der KZVen und
    durch einen „guten Alters- und Ge-         getragen: bestehende Strukturen –         der KZBV, Frauen gezielt anzuspre-
    schlechtermix“ ihrer Mitglieder und
    deren regional ausgewogene Ver-
    teilung gekennzeichnet ist, werde
    „nachhaltig“ den Anspruch vertreten
    können, für den gesamten Berufs-
    stand zu sprechen. Auch vor diesem
    Hintergrund hatte sich die VV der
    KZBV bereits 2019 vorgenommen,
    die Repräsentanz von Frauen in den
    Gremien der KZBV zu fördern und zu
    erhöhen – und zwar im Rahmen ihrer
    eigenen Gestaltungsspielräume. Da-
    mit will sie unter anderem auch die
    Gefahr minimieren, dass die Politik
    dies verpflichtend regelt.

    Im Juni 2019 war auf Initiative der
    KZBV eigens eine AG Frauenförde-

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ZAHNÄRZTEBLATT 12 FROHE WEIHNACHTEN UND FÜR 2021 GESUNDHEIT UND ALLES GUTE! - KZV Schleswig-Holstein
SCHLESWIG-HOLSTEIN

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chen und zu fördern. Die Bildung von      „Wir reden hier im Grunde von einer      bleiben.“ Da ist sicherlich noch eini-
Netzwerken, Mentoringprogramme            Selbstverständlichkeit: der Gleichbe-    ges an Überzeugungsarbeit zu leisten
und eine Förderung des gegensei-          rechtigung von Frauen“, hatte er vor     – auf allen Seiten.
tigen Austauschs sind weitere Be-         der Abstimmung betont. „Ich werbe
standteile des Konzepts. Wichtig ist      dafür, die Frauen in unsere Gremien                          // Kirsten Behrendt
den AG-Mitgliedern außerdem, dass         einzuladen, damit wir überlebensfähig
Frauen künftig anteilsmäßig bei der
Aufstellung von Wahllisten und der
Besetzung von Gremien berück-
sichtigt werden. Das ambitionierte         „VERSAGEN“ DER SELBSTVERWALTUNG
Ziel: die Erhöhung der Repräsentanz        – EINE FRAGE DER DEFINITION
von Frauen in allen Gremien bereits
in der nächsten Legislaturperiode,         Dass die Politik die Zahnärzteschaft    der Verantwortungsebene heraus-
um „gemischte Teams“ zu erhalten –         durch ihre mangelnde Bereitschaft,      nehmen“ und die Politik bezogen –
auch in den Vertreterversammlungen         sie durch einen „echten“ Schutz-        nicht jedoch auf die zahnärztlichen
und Vorständen. Eine „Frauenquote“         schirm zu unterstützen, brüskiert       Organisationen.
lehnt die Mehrheit der AG-Mitglieder       hat, steht außer Frage. Aber handelt
nach eigenen Angaben jedoch ab.            es sich dabei um ein „Versagen der      Zustande gekommen ist Schraders
Man versuche, eine bestimmte An-           Selbstverwaltung“? Ein heikles The-     strittige Aussage vor allem durch
zahl von Frauen auf die Wahllisten         ma – und eine Streitfrage vor allem     unterschiedliche Auffassungen da-
zu bekommen – entschieden werde            dann, wenn zwei unterschiedliche        rüber, ob die Politik nun innerhalb
dann an der Basis, stellte AG-Mitglied     Definitionen aufeinandertreffen.        (FVDZ) oder außerhalb (KZBV) der
Dr. Christine Ehrhard (KZV Rheinland-                                              Selbstverwaltung anzusiedeln sei.
Pfalz) klar.                               Der Bundesvorstand des Freien Ver-      Während der KZBV-Vorstandsvorsit-
                                           bands Deutscher Zahnärzte (FVDZ)        zende Dr. Wolfgang Eßer die größ-
Ein Selbstläufer ist das Konzept indes     war mit seinem im September vor-        ten Chancen für den Berufsstand
nicht: Die Diskussion belegte, dass        gelegten „Fünf-Punkte-Papier“, das      darin sieht, „mit“ der Politik – und
das Thema durchaus auch emotional          sich unter anderem gegen eine           nicht „gegen“ sie zu arbeiten –, steht
besetzt ist. Die Ablehnung einer Quo-      „nicht funktionierende“ Selbstver-      für den FVDZ-Bundesvorsitzenden
te mag dabei eine Rolle spielen, die       waltung richtete, im Berufsstand        fest: „Die Politik hat versagt.“ Und
Sorge, dass sich nicht genug Frauen        zum Teil auf großes Unverständnis       wenn ein „Partner“ im System nicht
zur Verfügung stellen könnten, aber        gestoßen. Der FVDZ-Bundesvorsit-        „funktioniere“, habe das Konse-
auch die Befürchtung, das Geschlecht       zende Harald Schrader, der zugleich     quenzen für die anderen, erläuterte
könne künftig Vorrang vor der Quali-       einer der drei schleswig-holsteini-     er seine Sichtweise. Zugleich bekun-
fikation erhalten. Dass nicht alle Vor-    schen Delegierten in der KZBV-          dete er jedoch seine Bereitschaft,
schläge sofort umgesetzt werden            Vertreterversammlung ist, nutzte        die KZBV-Politik weiterhin „konst-
können, ist dabei auch der AG-Vor-         die Online-VV, um seine Position        ruktiv“ zu begleiten, um die Zukunft
sitzenden Maier klar: Wichtig sei ihr,     klarzustellen: Seine Kritik habe sich   der Zahnärzteschaft gemeinsam zu
Veränderungen anzustoßen und zu            auf die Krankenkassen, die sich „aus    gestalten.
zeigen: „Wir brauchen keine Rege-
lungen von außen“, sagte sie.

Ihr Gesamtkonzept stellte die AG
Frauenförderung gemeinsam mit dem
KZBV-Vorstand zur Abstimmung – wo-
bei die Maßnahmen laut Antrag nicht
nur darauf abzielen, junge Zahnärz-
tinnen, sondern auch ihre männlichen
Kollegen für die vertragszahnärztli-
che Selbstverwaltung zu gewinnen.
Während bei den übrigen Anträgen
große Mehrheiten erzielt wurden, er-
hielt dieses Konzept allerdings nur 39
von 57 abgegebenen Stimmen. Dar-
an änderte auch Eßers Appell nichts:

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     G U TAC H T EN             Z U    I - M V Z S

     RENDITEORIENTIERUNG
     GEFÄHRDET DAS PATIENTENWOHL
     Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) ist inzwischen seit über an-               von 591 „Zahnarztstellen“ in i-MVZs
     derthalb Jahren in Kraft. Durch die Beschränkung der Gründungsbefugnis von                 (Stand 2019) 80 Prozent in einem Ket-
     Krankenhäusern für zahnärztliche Medizinische Versorgungszentren sollte es                 tenverbund. Derzeit stehen hinter den
     den Einstieg von Finanzinvestoren in die zahnmedizinische Versorgung – und                 i-MVZs nach Erkenntnissen der KZBV
     damit eine fortschreitende Kommerzialisierung – eindämmen. Die Kassenzahn-                 12 verschiedene Investoren, wobei es
     ärztliche Bundesvereinigung (KZBV) unterzog die Wirkung der entsprechenden                 sich überwiegend um Private-Equity-
     Regelungen im TSVG zwischenzeitlich einer eingehenden Analyse. Zusätzlich                  Gesellschaften handelt.
     gab sie zwei externe Gutachten in Auftrag, deren Ergebnisse anlässlich der
     Vertreterversammlung der KZBV im Oktober vorgestellt wurden. Beide bestä-                  Wie nun aber ist die Entwicklung und
     tigen: Die Gefahren, die der flächendeckenden, wohnortnahen und qualitativ                 Ausbreitung von – insbesondere in-
     hochwertigen zahnärztlichen Versorgung durch Finanzinvestoren drohen, sind                 vestorenbetriebenen – zahnärztlichen
     durch das TSVG keineswegs gebannt.                                                         Medizinischen Versorgungszentren
                                                                                                versorgungspolitisch und ökonomisch
     ZUM HINTERGRUND:                                Im I. Quartal 2020 gab es laut einer Er-   zu bewerten? Dieser Frage ging das
                                                     hebung der KZBV bereits 1.000 an der       IGES Institut (Berlin) in seinem Gut-
     Im Jahr 2014 existierten lediglich 21           vertragszahnärztlichen Versorgung          achten nach. Hans-Dieter Nolting als
     Medizinische Versorgungszentren,                teilnehmende Medizinische Versor-          einer der Autoren fasste die zentra-
     die als fachübergreifende Einrich-              gungszentren. Darunter befanden sich       len Ergebnisse in einer Videokonfe-
     tungen an der vertragszahnärztlichen            207 von Investoren betriebene MVZs.        renz-Schaltung für die Delegierten
     Versorgung teilnahmen. Durch das                Im IV. Quartal 2015 hatte die KZBV erst    der KZBV-Vertreterversammlung zu-
     GK V-Versorgungsstärkungsgesetz                 11 i-MVZs gezählt, Ende 2019 waren es      sammen.
     ermöglichte der Gesetzgeber ab                  186. Ihre Zahl – wie auch ihr Anteil an
     2015 dann die Bildung arztgruppen-              zahnärztlichen Medizinischen Versor-       KEIN NENNENSWERTER
     gleicher MVZs. Erklärtes Ziel war die           gungszentren – steigt trotz der Rege-      BEITR AG ZUR SICHERUNG
     Verbesserung der Versorgung auf                 lungen im TSVG kontinuierlich. Hinzu       DER VERSORGUNG
     dem Land und in strukturschwachen               kommt: Von Investoren betriebene
     Regionen.                                       MVZs fallen durch eine ausgeprägte         Der Beitrag der investorengeführten
                                                     Kettenbildung auf. So befanden sich        MVZs zu einer flächendeckenden

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SCHLESWIG-HOLSTEIN

                                                                                     G U TAC H T EN         Z U    I - M V Z S

zahnärztlichen Versorgung falle im          eine „wettbewerbsfeindliche Anbie-         Zahnersatz, bei i-MVZs im Vergleich
Vergleich zu Einzelpraxen und Berufs-       terdominanz“ von (i-)-MVZs in Trä-         zu Einzelpraxen stärker „zugunsten
ausübungsgemeinschaften (BAGs)              gerschaft weniger Krankenhäuser in         der wirtschaftlich lukrativeren Neu-
„deutlich“ geringer aus, legte er dar.      einem bestimmten Planungsbereich           versorgungen“ ausfällt. Außerdem
Während Einzelpraxen und BAGs re-           zu verhindern; den Versorgungsan-          seien höhere Festzuschussbeträge
gional in etwa proportional zur Bevöl-      teil, der insgesamt auf die Praxisform     und im Rahmen der als „gleichartige
kerung verteilt seien, konzentrierten       (i)-MVZ in Krankenhausträgerschaft         Leistungen“ erbrachten Neuversor-
sich i-MVZs auf großstädtische Stand-       entfällt, begrenze die TSVG-Rege-          gungen auch höhere GOZ-Honorare
orte mit einer überdurchschnittlich         lung jedoch nicht. Zudem bestehe           abgerechnet worden. – Für „anders-
jungen, einkommensstarken und               weiterhin die Möglichkeit, große           artige Versorgungen“ lagen dem IGES
seltener von Pflegebedürftigkeit be-        Zahnarztketten aufzubauen. Überdies        Institut keine Daten vor.
troffenen Bevölkerung. Diese Regio-         scheine von finanzstarken Investoren
nen wiesen allerdings ohnehin schon         die Gefahr auszugehen, dass nieder-        Sowohl die Ergebnisse zur bevorzug-
eine hohe Versorgungsdichte auf. In         lassungswilligen Zahnärzten die Mög-       ten Ansiedlung von i-MVZs als auch
geringerem Maße, „grundsätzlich“ je-        lichkeit zur Niederlassung erheblich       die Befunde zum Leistungsgesche-
doch in ähnlicher Qualität treffe dies      erschwert wird.                            hen bzw. zum Abrechnungsverhalten
auch auf nicht investorengeführte                                                      stützten die Vermutung, dass sich i-
MVZs zu. Die These, i-MVZs leiste-          „ AU FFÄ L L I G K EI T EN “ I M           MVZs im Vergleich zu Einzelpraxen
ten einen Beitrag zur Sicherung der         A B R E C H N U N G S V E R H A LT E N     und BAGs „stärker am Ziel der Ren-
vertragszahnärztlichen Versorgung                                                      diteoptimierung“ orientierten, resü-
in ländlichen, eher strukturschwa-          Die Analysen des IGES Instituts be-        mierte Nolting.
chen und möglicherweise (zukünftig)         legen zudem, dass i-MVZs sowohl bei
von Unterversorgung bedrohten               konservierend-chirurgischen Leistun-       Zwar beruhten die IGES-Ergebnisse
Regionen, sei „zurückzuweisen“,             gen als auch bei Zahnersatz im Ver-        auf der Analyse einer „derzeit noch
schreiben die IGES-Gutachter – und          gleich zu Einzelpraxen nahezu durch-       relativ kleinen Anzahl von i-MVZs“, so
entkräften damit ein wichtiges Argu-        gängig höhere Umsätze generieren,          das Institut. Inwieweit die damit ver-
ment der Politik.                           zeigte Nolting auf. Diese resultierten     bundenen „methodischen Limitatio-
                                            im konservierend-chirurgischen Be-         nen“ es jedoch rechtfertigten, sich zu-
Auch einen weiteren angeblichen             reich vor allem aus Mengenauswei-          nächst weiter abwartend zu verhalten,
Vorzug von (i-)-MVZs entlarven die          tungen in fast allen Kategorien und        müsse gegen das Risiko abgewogen
Wissenschaftler vom IGES Institut als       bei Zahnersatz aus einer Umsatzaus-        werden, „dass einmal etablierte Ange-
nicht zutreffend: die Möglichkeit einer     weitung bei Neuversorgungen. Eine          botsstrukturen im Allgemeinen nicht
Tätigkeit in Teilzeit und damit einer       Ausnahme bilde die Kategorie Be-           mehr rückgängig zu machen sind“,
im Vergleich zu einer Niederlassung         suche/Zuschläge, also Vergütungs-          geben die Autoren der Analyse zu
besseren Vereinbarkeit von Beruf            positionen, die im Zusammenhang mit        bedenken.
und Familie. Eine Untersuchung des          Hausbesuchen bzw. der Behandlung
Tätigkeitsumfangs abhängig beschäf-         von Versicherten in Einrichtungen und      Vor dem Hintergrund der festgestell-
tigter Zahnärzte in den verschiedenen       Pflegeheimen abgerechnet werden.           ten Auffälligkeiten im Abrechnungs-
Formen der „Leistungserbringung“            Auch Individualprophylaxe und Früh-        verhalten und den daraus resultie-
belege, dass Teilzeit in Einzelpraxen       erkennungsuntersuchungen bei Kin-          renden möglichen Risiken für die
und Berufsausübungsgemeinschaften           dern und Jugendlichen würden durch         Versorgung sollten über das TSVG
ähnlich verbreitet ist wie in zahnärztli-   i-MVZs seltener abgerechnet: Nolting       hinausgehende Maßnahmen „in Be-
chen MVZs – in investorenbetriebenen        führte das darauf zurück, dass Patien-     tracht gezogen werden“, empfiehlt
zahnärztlichen MVZs liege der Anteil        ten dieser Altersgruppen in i-MVZs         das IGES Institut. Die Forderung der
in Teilzeit beschäftigter Zahnärzte da-     deutlich seltener behandelt werden.        KZBV und der Kassenzahnärztlichen
gegen am niedrigsten.                       Auch hier wiesen MVZs in vielen As-        Vereinigungen nach einer verbes-
                                            pekten im Übrigen ähnliche Auffällig-      serten Transparenz bezüglich der
Die Erwartung, dass das TSVG durch          keiten auf wie i-MVZs.                     Eigentümerstrukturen Medizinischer
die Beschränkung der Marktantei-                                                       Versorgungszentren unterstützen die
le einen dämpfenden Effekt auf die          Im Bereich Zahnersatz stellten die         IGES-Gutachter ausdrücklich – unter
Aktivität von Investoren in der zahn-       IGES-Gutachter fest, dass das Ver-         anderem auch, weil erst dadurch wei-
ärztlichen Versorgung hat, erfüllt          hältnis von Neuversorgungen zu             tere Analysen möglich seien.
sich laut IGES-Gutachten nicht: Die         Wiederherstellungen, d.h. einer Re-
Bestimmungen seien zwar geeignet,           paratur von bereits vorhandenem

                                                                                              12 | 2020 Z A H N Ä R Z T E B L AT T   11
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG

                           G U TAC H T EN             Z U    I - M V Z S

                           S O D A N : G E FA H R E N F Ü R PA -           istisch ist; die freiberufliche Tätigkeit   sowie der wirtschaftlich vorteilhaftes-
                           TIENTENWOHL UND VERSOR-                         soll nicht ausschließlich zur Gewinner-     ten Behandlung andererseits“, zeigt
                           G U N G S Q U A L I TÄT                         zielung erfolgen“, beschrieb er. Inves-     er auf. Davon abgesehen bestehe in
                                                                           toren wiesen demgegenüber keinen            MVZs auch ein „systemisch hoher Um-
                           Prof. Dr. Helge Sodan, Lehrstuhlinha-           Bezug zur zahnärztlichen Versorgung         satzdruck“, der bereits eigenständig
                           ber für Staats- und Verwaltungsrecht,           auf und verfolgten „regelmäßig allein       die Gefahr einer maßgeblich an wirt-
                           Öffentliches Wirtschaftsrecht und               Kapitalinteressen“: Das verursache die      schaftlichen Gesichtspunkten ausge-
                           Sozialrecht an der Freien Universität           Gefahr, dass medizinische Entschei-         richteten Behandlung begründe.
                           Berlin, listet in seinem Gutachten,             dungen von Kapitalinteressen beein-
                           dass er den Delegierten der KZBV-               flusst würden.                              Gefahren für die Sicherstellung einer
                           Vertreterversammlung ebenfalls per                                                          flächendeckenden vertragszahnärzt-
                           Liveschaltung vorstellte, akribisch die         Ebenso wie das IGES Institut ver-           lichen Versorgung sieht Sodan allein
                           Gefahren auf, die sich aus der Betei-           weist auch Sodan auf „erhebliche            schon in der Zunahme von i-MVZs
                           ligung von Finanzinvestoren an der              Abweichungen“ im Abrechnungsver-            und der Kettenbildung. Mit der be-
                           vertragszahnärztlichen Versorgung               halten zwischen niedergelassenen            vorzugten Ansiedlung von MVZs in
                           für das Patientenwohl und die Ver-              Zahnärzten in Einzelpraxen oder Be-         einwohner- und einkommensstarken
                           sorgungsqualität ableiten. Grundlage            rufsausübungsgemeinschaften und             Regionen gehe eine Verschiebung der
                           dieser „Gefahrenprognose“ seien Auf-            (i)-MVZs – die seines Erachtens die         Versorgungsdichte in ländlichen und
                           fälligkeiten im Abrechnungsverhalten,           „Befürchtung einer am Maßstab der           städtischen Gebieten einher, konsta-
                           die bisherige Entwicklung von i-MVZs            Renditeoptimierung ausgerichteten           tiert er.
                           in der vertragszahnärztlichen Versor-           Versorgung“ in investorenbetriebe-
                           gung, ihre räumliche Verteilung, die            nen zahnärztlichen MVZs stützen. Die        ABHILFE DURCH
                           Tendenz zur Kettenbildung sowie                 Ausweitung der Leistungen in i-MVZs         T R A N S PA R E N Z U N D
                           Erfahrungen aus dem europäischen                könne langfristig zu einer „überpro-        „EIGNUNGSTESTS“
                           Ausland.                                        portionalen Belastung für die gesetz-
                                                                           liche Krankenversicherung“ führen,          Die gegenwärtigen gesetzlichen
                           Das mit der Erbringung von Leistun-             warnt er.                                   Regelungen für die Gründung, die
                           gen durch Freiberufler verknüpfte be-                                                       Zulassung und den Betrieb eines
                           sondere Vertrauen werde vor allem               Zugleich bestehe die „begründete            MVZs reichten nicht, um den Gefah-
                           durch die Unabhängigkeit der Leis-              Besorgnis“, dass die in MVZs ange-          ren, die der vertragszahnärztlichen
                           tungserbringung vermittelt, stellte             stellten Zahnärzte Versuchen der „mit-      Versorgung durch Finanzinvestoren
                           Sodan heraus. „Ein typisches Merkmal            telbaren Einflussnahme“ ausgesetzt          drohen, zu begegnen, fasste Sodan
                           speziell für den Freien Beruf liegt in          sind. „Durch den Maßstab der Rendite        zusammen. Solange die im TSVG de-
                           der Erwartung und Forderung, dass               bildet sich ein Zielkonflikt zwischen ei-   finierte Höchstversorgungsgrenze
                           die Berufsauffassung eines Freiberuf-           ner Behandlung der Versicherten nach        nicht überschritten werde, könnten
                           lers nicht egoistisch, sondern altru-           der zahnärztlichen Kunst einerseits         Krankenhäuser selbst in überversorg-
                                                                                                                       ten Planungsbereichen MVZs gründen
                                                                                                                       und betreiben – teilweise sogar in „er-
                                                                                                                       heblichem Umfang“. Die Zahlen aus
                                                                                                                       2019 und dem I. Quartal 2020 (s. oben)
                                                                                                                       ließen nicht erkennen, dass die derzeit
                                                                                                                       geltende Rechtslage zu weniger MVZs
                                                                                                                       führe. Auch eine – planungsbereichs-
                                                                                                                       übergreifende – Kettenbildung werde
                                                                                                                       durch das SGB V „in keiner Weise“ aus-
                                                                                                                       geschlossen, da die Bestimmungen an
                                                                                                                       einzelne Planungsbereiche anknüpf-
                                                                                                                       ten, „ohne übergeordnete Zusammen-
                                                                                                                       hänge in den Blick zu nehmen“. Die
     Foto: KZBV/Spillner

                                                                                                                       für die Versorgungsqualität maßgebli-
                                                                                                                       che „investorspezifische Gefahr“ einer
                                                                                                                       renditeorientierten Behandlung finde
                                                                                                                       in den geltenden Vorschriften eben-
                           Prof. Dr. Helge Sodan (oben Mitte) stellte sein Rechtsgutachten per Videoschaltung aus      falls keine Berücksichtigung.
                           Berlin vor.

12                         Z A H N Ä R Z T E B L AT T 12 | 2020
SCHLESWIG-HOLSTEIN

                                                                                    GUTACHTEN ZU I - M V Z S

Abhilfe verspricht sich Sodan vor al-
lem durch die Schaffung von Trans-
parenz. Dazu empfiehlt er den Aufbau
von zahnärztlichen MVZ-Registern
nach dem Vorbild der Zahnarztregis-
ter und eines MVZ-Bundesregisters,
die durch die Kassenzahnärztlichen
Vereinigungen bzw. die KZBV geführt
werden sollten. Diese MVZ-Register
sollten über die im Rahmen des Zu-
lassungsverfahrens bisher vorgeleg-
ten Informationen hinaus Angaben
über die Ebenen hinter den Kranken-
hausträgergesellschaften enthalten
und damit Auskunft über die Betei-        außerdem, die durch das TSVG in das       In Anknüpfung an die beiden Gut-
ligung von Investoren ermöglichen,        SGB V eingeführten Instrumente durch      achten forderte die VV der KZBV,
erläuterte er seinen Vorschlag. Zweck-    Anpassung der Versorgungsanteile          die bestehenden Regelungen für in-
dienlich seien darüber hinaus auch        insbesondere in urbanen Regionen          vestorengetragene MVZs weiterzu-
Angaben darüber, ob der betreffende       und durch Anknüpfung der Höchst-          entwickeln und gesetzliche Schritte
Investor weitere MVZs betreibt oder       versorgungsgrenzen an den Kranken-        einzuleiten, die der Konzentration
verkettet hat.                            hausträger weiterzuentwickeln.            von i-MVZs auf urbane, bereits gut
                                                                                    versorgte Regionen mit überdurch-
Sodans Vorschlag gemäß sollte ein         K ZBV SIEHT SICH DURCH                    schnittlichem Medianeinkommen „zu-
zahnärztliches MVZ-Register außer-        G U TA C H T E N B E S TÄT I G T          verlässig“ entgegenwirken. Außerdem
dem Aussagen über die Eignung von                                                   sprachen die Delegierten sich für die
MVZs für die ordnungsgemäße Aus-          Der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr.         Errichtung eines MVZ-Registers aus
übung der vertragszahnärztlichen          Wolfgang Eßer sieht den Kurs der          und unterstützten einen auf der 93.
Tätigkeit ermöglichen. Eine Nichteig-     KZBV durch die beiden Gutachten           Gesundheitsministerkonferenz am
nung sieht Sodan bei begründeten An-      bestätigt: „Sie zeigen, dass es eben      30. September gefassten Beschluss,
haltspunkten für eine renditeorientier-   doch nicht egal ist, wer versorgt“,       nach dem Träger Medizinischer Ver-
te Ausrichtung der Behandlungen in        kommentierte er. So leisteten i-MVZs      sorgungszentren verpflichtet werden
einem MVZ. Dies wiederum ließe sich       tatsächlich „kaum einen Beitrag“ zur      sollen, auf dem Praxisschild und auf
aus der Abführung erwirtschafteter        Sicherstellung der flächendeckenden       der Homepage Angaben zu den ge-
Gewinne, übermäßigen Renditezielen,       Versorgung. Das IGES-Gutachten lie-       sellschaftsrechtlichen Eigentümer-
die das MVZ oder der Investor geäu-       fere unter anderem „Hinweise“ darauf,     strukturen zu machen. Damit bekräf-
ßert haben sowie aus nachweisbaren        dass i-MVZs sich nicht „nennenswert“      tigten sie zugleich einen im November
Versuchen der Einflussnahme auf an-       an der Versorgung vulnerabler Pati-       2019 gefassten Beschluss: Bereits da-
gestellte Zahnärzte schließen. Zusätz-    entengruppen wie älteren Menschen,        mals hatte die VV der KZBV im Inter-
lich könnten bisherige Erfahrungen        Menschen mit Behinderungen, aber          esse der Patienten verlangt, Transpa-
mit dem Investor, das „Fehlverhalten“     auch Kindern, beteiligen: „Aufsuchen-     renz über die Trägerschaft von MVZs
verketteter MVZs und die anvisierte       de Betreuung und Prävention bei Kin-      zu schaffen.
Dauer der Beteiligung herangezogen        dern sind offensichtlich nicht rentabel
werden, listet Sodan auf. „Je mehr        genug für die Investorenbranche“,                            // Kirsten Behrendt
Anhaltspunkte im Einzelfall für eine      vermutete Eßer.
renditeorientierte Ausrichtung der
Behandlung sprechen, desto sicherer       Dass Deutschland im europäischen
ließe sich die Eignung des Zulassungs-
bewerbers anzweifeln“, schließt er.
                                          Vergleich gut durch die Coronakrise
                                          komme, liege nicht zuletzt auch an         INFO
                                                                                                                            i
                                          der Stärke seines freiberuflichen und
Zusätzlich plädiert Sodan dafür, eine     selbstverwalteten Gesundheitssys-          Die beiden Gutachten stehen auf
räumlich-fachliche Begrenzung der         tems. „Vergewerblichung und Kom-           der Homepage der KZBV unter
Gründungsbefugnis einzuführen –           merzialisierung der Versorgung, so         www.kzbv.de – Politik – Positionen
die KZBV-Vertreterversammlung hat-        wie wir es nach wie vor beim Thema         – Medizinische Versorgungszent-
te dies bereits im November 2018          MVZ sehen, sind der falsche Weg“,          ren zum Download bereit.
in Frankfurt gefordert. Er empfiehlt      verdeutlichte er.

                                                                                          12 | 2020 Z A H N Ä R Z T E B L AT T   13
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG

     N AT I O N A L E S           G E SU N D H EI T S P O R TA L

     VERL AGE KRITISIEREN KOOPER ATION
     VON BMG UND GOOGLE
     Bei Suchanfragen im Internet han-          ten – ein sogenanntes „Knowledge         nutze. Und „Verlässlichkeit“ ist gerade
     deln Nutzer in den meisten Fällen          Panel für Gesundheitsthemen“. Für        im Zusammenhang mit Gesundheits-
     nach dem gleichen Prinzip: Was im          160 Krankheiten inklusive COVID-19       themen angesichts der zahlreichen
     „Ranking“ ganz oben steht, wird am         stehen solche Info-Kästen nach Aus-      Falschinformationen, die im Netz kur-
     häufigsten „geklickt“; kaum jemand         kunft Spahns bereits zur Verfügung.      sieren, ein wichtiges Kriterium. Aller-
     arbeitet sich durch Dutzende von           Durch einen Link innerhalb des Know-     dings stellt sich durchaus die Frage,
     Links oder gar mehrere Seiten. Ein         ledge Panels gelangen Nutzer direkt      wie unabhängig die Berichterstattung
     Algorithmus bestimmt die Rangliste         zum jeweiligen Beitrag im Nationalen     im Nationalen Gesundheitsportal tat-
     der Ergebnisse, und da schnitt das         Gesundheitsportal.                       sächlich ist. Zwar betont Spahn selbst,
     im September gestartete „Nationale                                                  dass die Redaktion des Portals nicht
     Gesundheitsportal“ des Bundesge-           Die erste Kooperation des Bundes-        Teil des Ministeriums sei. Politisch kon-
     sundheitsministeriums (BMG) bisher         gesundheitsministeriums mit Google       trovers diskutierte Themen, wie etwa
     eher schlecht ab. Dennoch hat Bun-         ist dies indes nicht. „Gemeinsam mit     die laut dem Bundesdatenschutzbe-
     desgesundheitsminister Jens Spahn          dem Bundesministerium für Gesund-        auftragten Ulrich Kelber ungeklärten
     nun einen Weg gefunden, das An-            heit haben wir bereits in den vergan-    datenschutzrechtlichen Fragen bei
     gebot bekannter zu machen – durch          genen Monaten zusammengearbeitet,        der elektronischen Patientenakte,
     eine Zusammenarbeit mit Google. Bei        um Menschen jederzeit schnell und        finden sich dort dennoch nicht.
     vielen Verlagen sorgt das für Unmut.       einfach verifizierte Informationen
                                                zum Coronavirus bereitzustellen“,        Google lebt davon, Geld mit Daten zu
     „Die Corona-Pandemie zeigt, wie            verriet Philipp Justus, Vice-President   verdienen. Das steht angeblich jedoch
     wichtig seriöse Gesundheitsinforma-        von Google für Zentral-Europa, auf       in diesem Fall nicht im Vordergrund:
     tionen sind“, hatte Spahn bei der Vor-     der Pressekonferenz anlässlich der       Durch die Kooperation habe man „ver-
     stellung des Portals am 1. September       Vorstellung der neuen Kooperation.       trauenswürdige Infos ganz vorne“,
     erläutert. Unter www.gesund.bund.          „Diese Zusammenarbeit erweitern wir      sagte Justus auf der Pressekonferenz.
     de sollen sich Bürger nach seiner Vor-     nun auf zahlreiche weitere Gesund-       Um den Austausch von Daten gehe es
     stellung „schnell, zentral, verlässlich,   heitsthemen.“                            nicht, bemerkte auch Spahn. Google
     werbefrei und gut verständlich“ über                                                sammle im Rahmen der Kooperation
     Fragen rund um Gesundheit und Pfle-        Sicherlich hat Spahn Recht mit sei-      nicht mehr Daten über die Nutzer als
     ge informieren können. „Wer Gesund-        ner Annahme, dass die Mehrheit der       bei anderen Anfragen auch. Allen-
     heit googelt, soll künftig auf dem Na-     Deutschen Google ohnehin täglich         falls am Rande ließ der Minister dabei
     tionalen Gesundheitsportal landen“,
     sagte er damals – ein ambitioniertes
     Ziel, das schwerlich erreicht werden
     kann, wenn das Portal erst auf einem
     der hinteren Listenplätze auftaucht.

     Nun aber sollen Nutzer, die im Inter-
     net nach Gesundheitsinformationen
     suchen, leichter zum Nationalen Ge-
     sundheitsportal finden. Dazu koope-
     riert das BMG mit dem Internetkon-
     zern Google. Wer jetzt beispielsweise
     „Corona“ in die Suchmaschine eingibt,
     bekommt als „Beste Ergebnisse“ auf
     den ersten beiden Listenplätzen zwar
     nach wie vor Informationen vom Ro-
     bert-Koch-Institut und der Tagesschau
     angezeigt. Direkt daneben befindet
     sich neuerdings jedoch ein Infokas-

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