ZAHNÄRZTEBLATT 12 FROHE WEIHNACHTEN UND FÜR 2021 GESUNDHEIT UND ALLES GUTE! - KZV Schleswig-Holstein
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ZAHNÄRZTEBL AT T der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein 12 2020 Wir wünschen Ihnen, Ihren Praxisteams und Ihren Familien FROHE WEIHNACHTEN UND FÜR 2021 GESUNDHEIT UND ALLES GUTE!
Z A H N Ä R Z T E B L AT T INHALT EDITORIAL 3 KZBV-VERTRETERVERSAMMLUNG 4 „STRUKTUREN ERHALTEN UND ZUKUNFT GESTALTEN“ G U TAC H T E N Z U I - M V Z S 10 RENDITEORIENTIERUNG GEFÄHRDET DAS PATIENTENWOHL N AT I O N A L E S G E S U N D H E I T S P O R TA L 14 VERLAGE KRITISIEREN KOOPERATION VON BMG UND GOOGLE Herausgeber: Kassenzahnärztliche Vereinigung und ZAHL ÄRZTLICHER MVZS UM 11,5 PROZENT GESTIEGEN 15 Zahnärztekammer Schleswig-Holstein Redaktion: „ M I T B I S S I N S H O H E A LT E R ! “ 16 Zahnärztekammer: ZAHNÄRZTETAG 2021 ONLINE Dr. Claudia Stange (verantw.) MIT ATTRAKTIVEM PROGRAMM Michael Fischer www.zaek-sh.de B U N D E S P R O G R A M M „ A U S B I L D U N G S P L ÄT Z E S I C H E R N “ 19 Kassenzahnärztliche Vereinigung: ERWEITERTE FÖRDERMASSNAHMEN Peter Oleownik (verantw.) Kirsten Behrendt FÜR AUSBILDUNGSBETRIEBE www.kzv-sh.de verantwortlich für diese Ausgabe: VIDEOKONFERENZ DER KAMMER-DELEGIERTEN 20 Peter Oleownik EINE GELUNGENE PREMIERE Verlag: Zahnärztekammer Schleswig-Holstein BERICHT AUS DEM VERSORGUNGSWERK 24 Westring 496 · 24106 Kiel Tel. 0431 260926-13 FAQ ( T E I L 3 ) 25 Fax 0431 260926-15 ARBEITSRECHT IN ZEITEN VON CORONA E-Mail: central@zaek-sh.de www.zaek-sh.de D I G I TA L E V O LU M E N TO M O G R A P H I E 26 Design / Layout: PRÜFUNGEN AN BILDWIEDERGABESYSTEMEN Stamp Media GmbH · Kiel Agentur für Kommunikation & Design MEINUNG 27 Druck: ZWEIERLEI MASS BEI DER EINKOMMENSENTWICKLUNG? Schmidt & Klaunig · Kiel Druckerei & Verlag seit 1869 Z U M T O D D E S S Y LT E R Z A H N A R Z T E S Bildnachweise: DR. HELMUT VON GRABOWIECKI 28 Titel: Vector Tradition/stock.adobe.com Seite 10: ink drop/stock.adobe.com UNSER MANN AUF SYLT Seite 13: rangizzz/stock.adobe.com FORTBILDUNG IM HEINRICH-HAMMER-INSTITUT 28 Seite 14: tippapatt/stock.adobe.com Seite 16: Ljupco Smokovski/stock.adobe.com BUND DER STEUERZAHLER 30 Seite 19: contrastwerkstatt/stock.adobe.com DAS SCHWARZBUCH 2020/2021: Seite 25: VectorMine/stock.adobe.com Seite 27: Yingko/stock.adobe.com 100 BEISPIELE FÜR STEUERVERSCHWENDUNG Seite 30: bluedesign/stock.adobe.com RUNDSCHREIBEN DER KZV S-H 31 Namentlich gezeichnete Beiträge geben 2 8 . S C H L E S W I G - H O L ST E I N I S C H E R Z A H N Ä R Z T E TAG nicht unbedingt die Meinung der Heraus- geber oder der Redaktion wieder. „MIT BISS INS HOHE ALTER!“ 32 Das Zahnärzteblatt Schleswig-Holstein erscheint 11-mal jährlich; darunter eine Doppelausgabe; Auflage 3.750; Preis d. Einzelhefts: 4 EUR; der Bezugspreis ist in den Körperschafts- beiträgen enthalten. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier. 2 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 12 | 2020
SCHLESWIG-HOLSTEIN ED I TO R I A L ALLES GUT IM NEUEN JAHR? Dieses Jahr hat die Menschen in ein umfangreiches Maßnahmenpa- unserem Land wie auch unsere Zahn- ket: Dazu zählen die Fortführung der arztpraxen vor große Herausforderun- monatlichen Abschlagszahlungen in gen gestellt. Zehn Monate Pandemie gewohnter Höhe bis September, der liegen hinter uns, viele werden noch Verzicht auf HVM-Belastungen im I. folgen. und II. Quartal, die Auszahlung der HVM-Einbehalte bereits im April, Foto: Thomas Eisenkrätzer (11/2019) Die Bundesregierung und auch unse- Ausgleichszahlungen zur Kompen- re Landesregierung erhielten zumin- sation von Behandlungsrückgängen dest in der ersten Jahreshälfte für und Fallpauschalen zum Ausgleich er- ihre Maßnahmen breite Zustimmung schwerter Bedingungen bei der Be- in der Bevölkerung. Mittlerweile sinkt handlung im II. Quartal. die Akzeptanz; viele vermissen lang- fristige Konzepte zur Pandemiebewäl- 2020 war für die Praxen ein hartes tigung. Mit Milliardensummen sollen Jahr: Mit dem Lockdown Mitte März die wirtschaftlichen Folgen gelindert kam die Prophylaxe fast völlig zum Er- werden. Auch die gesetzlichen Kran- liegen, Termine wurden ausgedünnt kenkassen stehen vor einem riesigen und Patientenbehandlungen nur noch Finanzproblem – die Lösung dafür risikoorientiert durchgeführt. Unsere und wir gemeinsam Lösungen ent- wird vertagt. Patientinnen und Patienten sowie wickeln – dafür werden wir uns 2021 unsere Praxisteams schützen wir mit einsetzen. Ihre Kammer und Ihre KZV in Schles- einem nochmals verstärkten Hygiene- wig-Holstein handeln besonnen; un- konzept. Zum Jahreswechsel ist an der Zeit inne- sere Empfehlungen müssen belastbar zuhalten und neue Kraft zu schöpfen. sein. So bleiben Ihnen Rückforderun- Die Patienten haben es uns vielfach gen erspart. gedankt, dass unsere Praxen in die- Ihnen, Ihren Teams und Ihren Familien sen Zeiten offen waren: „Wir fühlen wünschen wir ein frohes Weihnachts- Was haben wir erreicht? uns in diesen schwierigen Zeiten fest und ein erfolgreiches neues Jahr. Auf Kammerseite waren dies die Ge- als Risikopatienten in der Praxis si- Bleiben Sie gesund und zuversichtlich! währung des Kurzarbeitergeldes auch cher“ oder „Ich hatte schon Angst, für Zahnarztpraxen und die Hygiene- dass Sie den Termin absagen, als ich pauschale in der GOZ. Diese Hygiene- gestern den Anruf zur Terminerinne- pauschale prangerte die ARD in der rung aus Ihrer Praxis bekam“ waren Sendung Plusminus an und zitiert dazu Patientenkommentare, die die Kam- den GKV-Spitzenverband: „ ... sodass mer erreichten. durch Corona kein erhöhter Hygiene- // Dr. Michael Brandt aufwand anfällt.“ Friseure bekämen Ihnen, unseren Kolleginnen und Kol- Präsident der Zahnärztekammer keine solche Pauschale, so erfährt legen, gilt ein besonderer Dank für Schleswig-Holstein man in der Sendung. Richtig, denn Ihren Einsatz in den Praxen. Die Pa- sie dürfen ihre Preise frei kalkulieren! tienten in Schleswig-Holstein waren – Wir Zahnärzte sind an die Gebühren- und sind – zu jeder Zeit gut versorgt. ordnung gebunden. Die Rechtsanwäl- Bitte geben Sie diesen Dank auch an te bekommen übrigens nach sieben Ihre Mitarbeiterinnen weiter. Jahren eine Erhöhung, wir nach über 30 Jahren immer noch nicht (mehr Die Situation mancher Kolleginnen // Dr. Michael Diercks dazu im Artikel auf S. 27). und Kollegen wird auch zukünftig Vorstandsvorsitzender der schwierig bleiben. Dass sich die poli- Kassenzahnärztlichen Vereinigung Die KZV sichert seit dem I. Quartal tisch Verantwortlichen deutlich stär- Schleswig-Holstein 2020 die Liquidität der Praxen durch ker unserem Berufsstand zuwenden 12 | 2020 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 3
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG K Z BV-V ER T R E T ER V ER S A M M LU N G „STRUK TUREN ERHALTEN UND ZUKUNFT GESTALTEN“ Bereits zum zweiten Mal wurde die Vertreterversammlung der Kassenzahnärzt- er hervor, dass es dabei auch um die lichen Bundesvereinigung (KZBV) aufgrund der Corona-Pandemie per Video- Sicherung der vertragszahnärztlichen konferenz abgehalten: Angesichts steigender Infektionszahlen war die geplante Infrastruktur für die Zukunft geht: So dreitägige Präsenzveranstaltung vom 28. - 30. Oktober in München kurzfristig stehe zu befürchten, dass einerseits ins Netz verlegt worden. Auch inhaltlich dominierte die Coronakrise naturgemäß ältere Praxisinhaber in Folge der Pan- die Diskussion. Weitere Themen waren investorenbetriebene Medizinische Ver- demie früher als geplant aufgäben sorgungszentren (s. S. 10 ff.), die noch ausstehende IT-Sicherheitsrichtlinie und und andererseits jüngere Zahnärz- ein Konzept zur Erhöhung des Frauenanteils in den vertragszahnärztlichen Gremien. te vor einer eigenen Niederlassung zurückschreckten. „Wenn die Politik „Strukturen erhalten und Zukunft der Inanspruchnahme zahnärztlicher auch nach der Krise auf eine funktio- gestalten!“, brachte der KZBV-Vor- Leistungen während der zweiten nierende flächendeckende und wohn- standsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer Welle der Pandemie forderte Eßer ortnahe zahnärztliche Versorgung die vordringliche Aufgabe der Kas- von der Politik einmal mehr Rahmen- bauen will, darf sie sie jetzt nicht aufs senzahnärztlichen Vereinigungen und bedingungen ein, die der Zahnärz- Spiel setzen!“, warnte er. der KZBV während der Coronakrise teschaft die Bewältigung der Krise auf den Punkt. Primäres Ziel sei es, die erleichtern. Grundlage dafür war ein Es sei „höchste Zeit“, die Liquidi- Versorgung aller Patienten bei maxi- Positionspapier, dass die KZBV im Vor- tätshilfe durch einen „echten Schutz- malem Infektionsschutz aufrechtzuer- wege der VV veröffentlicht hatte (s. schirm“ abzulösen. In Anlehnung an halten. „Auf das zahnärztliche Versor- Zahnärzteblatt 11/2020, S. 21). „Eine die Schutzschirmregelung für die gungssystem ist immer und besonders bloße Liquiditätshilfe mit 100-pro- Vertragsärzte schlägt die KZBV vor, in Krisenzeiten Verlass“, betonte er. zentiger Rückzahlungspflicht anstel- einen „verlässlichen und dauerhaften le eines echten Schutzschirms – das Mechanismus“ im SGB V zu schaffen, VERZERRUNGSFREIE war und ist eine bittere Realität, die der die Liquidität der KZVen und der FORTSCHREIBUNG DER nicht sachgerecht und so auch nicht Praxen sichert. Unter „angemessener GESAMT VERGÜTUNG akzeptabel ist“, sagte Eßer. Mit Ver- Mithilfe der Krankenkassen“ – und der weis auf „extreme abrupte Einbrüche“ Privaten Krankenversicherung – soll- Vor allem auch mit Blick auf einen im Leistungsgeschehen insbesonde- ten Ausgleichszahlungen an Praxen möglichen erneuten Einbruch bei re in den Monaten April und Mai hob ermöglicht werden, die besonders Fotos: KZBV/Spillner Bereits zum zweiten Mal musste die KZBV-Vertreterversammlung aufgrund der Corona-Pandemie als Videokonferenz stattfinden. 4 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 12 | 2020
SCHLESWIG-HOLSTEIN K Z BV-V ER T R E T ER V ER S A M M LU N G hart von Leistungsmengenrückgän- gen betroffen sind, so Eßer weiter. Dazu verabschiedete die Vertreter- versammlung einen Antrag, der nicht nur auf die aktuelle Corona-Pandemie, sondern auch auf „künftige nationale Katastrophensituationen“ abzielt. „Eilbedürftigen Handlungsbedarf“ sieht Eßer bezüglich einer Regelung zur verzerrungsfreien und bedarfs- gerechten Fortschreibung der Ge- samtvergütungen für die Jahre 2021 und 2022. Pandemien seien „nicht repräsentativ“ und führten zu einer Vorstand, VV-Vorsitz und Verwaltungsmitarbeiter koordinierten die VV vom Kölner Sitz „massiven Verzerrung“, erläuterte er. der KZBV aus. Deshalb dürfe die krisenbedingte Ab- nahme des Versorgungsgeschehens nicht die Grundlage für die prognos- len Pandemie bewährt, erklärten sie K Z B V P L A N T E I G E N S TÄ N D I G E tizierte Leistungsmenge der Folgejah- und verwiesen als Beispiel auf zeitlich I T- S I C H E R H E I T S R I C H T L I N I E re sein. Auch diese Forderung unter- befristete Sonderregelungen des Ge- stützten die Delegierten der KZBV-VV. meinsamen Bundesausschusses. Über den Stand in Sachen IT-Sicher- heitsrichtlinie informierte das zu- Durch weitere Beschlüsse zeigten sie Um epidemiebedingte Mehraufwen- ständige KZBV-Vorstandsmitglied Wege auf, wie die Krisenreaktionsfä- dungen auszugleichen, forderten die Dr. Karl-Georg Pochhammer. Zur Er- higkeit des vertragszahnärztlichen Delegierten außerdem, eine Zuschlags- innerung: Das Digitale Versorgung- Versorgungssystems für die Zukunft position im BEMA einzuführen: Durch Gesetz (DVG) verpflichtet die Kassen- gestärkt werden kann. So forderten die Corona-Pandemie seien den Pra- ärztliche und die Kassenzahnärztliche sie eine Ermächtigungsgrundlage, xen deutlich höhere Aufwendungen Bundesvereinigung gemäß § 75b SGB um der Selbstverwaltung im weiteren für Hygienemaßnahmen und Schutz- V, eine „Richtlinie zur IT-Sicherheit in Verlauf der Pandemie – und künftigen ausrüstung entstanden. Auch die ge- der vertragsärztlichen und vertrags- ähnlichen Situationen – einen größe- stiegenen Rüst- und Aufklärungszei- zahnärztlichen Versorgung“ zu ver- ren Handlungsspielraum zu gewähren. ten fänden sich nicht in der Bewertung fassen. Die gemeinsam mit der KBV Dies habe sich bereits in der aktuel- der BEMA-Position wieder, führten sie erarbeitete Richtlinie war im Sommer zur Begründung an. bereits weitgehend fertiggestellt und befand sich im gesetzlich vorgeschrie- Bund und Länder sollen nach dem benen Verfahren der Benehmensher- Willen der KZBV-Vertreterversamm- stellung. Die VV der KZBV hatte sich lung sicherstellen, dass künftig in Kri- im Juli darauf geeinigt, nach dem Ab- senfällen eine ausreichende Menge schluss dieses Verfahrens schriftlich an persönlicher Schutzausrüstung für über die Richtlinie abzustimmen. Im die gesamte vertragszahnärztliche Zuge dessen hatte die KZBV zusätzlich Versorgung vorgehalten wird – und einen Praxis-Guide angekündigt, um deren Finanzierung gesichert ist. die Zahnärzte bei der Umsetzung zu Die Praxen seien nicht für eine Be- unterstützen (s. Zahnärzteblatt 07/08 schaffung über den „Alltagsbedarf“ 2020, S. 10f). hinaus verantwortlich, verdeutlichten die Delegierten – ebenso wenig wie Dann allerdings „kam es anders“: Die die KZVen und die KZBV. Überdies weiteren gemeinsamen Arbeiten von setzten die VV-Mitglieder sich dafür KZBV und KBV an der Richtlinie seien ein, die besonderen Leistungen der aufgrund einer Resolution der KBV- zahnmedizinischen Fachangestellten Vertreterversammlung „auf Eis ge- während der Pandemie durch einen legt“ worden, so Pochhammer. – Die Dr. Wolfgang Eßer: „Verzerrungsfreie „angemessenen“ steuerfinanzierten VV der KBV hatte ihre Zustimmung Fortschreibung der Gesamtvergütung“ Bonus „wertzuschätzten“. zur IT-Sicherheitsrichtlinie von einer 12 | 2020 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 5
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG K Z BV-V ER T R E T ER V ER S A M M LU N G Foto: Kirsten Behrendt Die schleswig-holsteinischen Delegierten Peter Oleownik, Dr. Michael Diercks und Harald Schrader verfolgten die VV der KZBV ge- meinsam im Hörsaal der KZV (erste Reihe, von links). Mit dabei waren außerdem Vorstandsmitglied Helmut Steinmetz (letzte Reihe) und der Vorsitzende der Vertreterversammlung der KZV S-H Dr. Nils Borchers (mittlere Reihe). ausreichenden Finanzierung der da- wie möglich zu halten, so Pochham- cen“ verbunden. Im Zuge des Kran- raus resultierenden Kosten abhängig mer weiter. Das umfasse sowohl die kenhauszukunftsgesetzes plane die gemacht und den KBV-Vorstand be- Initial- als auch die laufenden Be- Bundesregierung, Investitionen in die auftragt, weitere Gespräche mit dem triebskosten. „Dafür fordern wir eine Digitalisierung und die IT-Sicherheit Bundesgesundheitsministerium und angemessene Refinanzierung“, unter- von Krankenhäusern „mit Milliarden- dem Bundesamt für Sicherheit in der strich er. Dem schlossen sich auch die mitteln“ zu unterstützen. Dies müs- Informationstechnik (BSI) zu führen. Delegierten der KZBV-VV an: Sie be- se ebenso auch für den ambulanten Zudem strebt die KBV eine Differen- zogen sich dabei unter anderem auch Sektor gelten, verlangte Pochhammer. zierung der Anforderungen je nach darauf, dass es sich bei den Vorgaben Diesen Kurs unterstützten die De- Praxisart und -größe an. zur IT-Sicherheit immerhin um gesetz- legierten ebenfalls einstimmig. Eine lich geforderte, zusätzliche Infrastruk- „Ungleichbehandlung der Sektoren“ Pochhammer sieht im Zusammenhang tur-Maßnahmen handele. Die in der sei „nicht nachvollziehbar und nicht mit dem Vorgehen der KBV die Gefahr IT-Sicherheitsrichtlinie beschriebenen akzeptabel“, befanden sie. einer Ersatzvornahme durch das BMG Anforderungen müssten „angemes- – und befürchtet, dass in diesem Fall sen und mit Augenmaß“ festgelegt TI: „BEL ANGE DER auf Dokumente zurückgegriffen würde, werden, stellten die Delegierten fest. Z A H N Ä R Z T E S TÄ R K E R die „zu umfangreich und in der Spra- Gleichzeitig plädierten sie für eine BERÜCKSICHTIGEN!“ che viel zu technisch geprägt“ seien. Übergangsfrist, um die in der Richt- Im Interesse der Kollegenschaft wolle linie geforderten technischen Anpas- man diesen Weg nicht mitgehen, er- sungen vornehmen zu können. klärte er. Stattdessen habe die KZBV nun damit begonnen, den „Praxis- Eine direkte Finanzierung habe das Guide“ – den Pochhammer anschaulich BMG allerdings bereits als „völlig aus- als „Kochbuch“ bezeichnet – zu einer geschlossen abgelehnt“, schilderte eigenständigen Sicherheits-Richtlinie Pochhammer: Die entstehenden Kos- zur Vorlage beim BMG und beim BSI ten seien nur bedingt der IT-Sicher- auszubauen. Dieses Dokument solle heitsrichtlinie zuzuordnen, sondern „kompakt und verständlich sein“; der ergäben sich aus den bereits beste- Umfang solle den des heutigen Daten- henden Anforderungen des Bundes- Dr. Karl-Georg Pochhammer: „Mangel- schutz- und Datensicherheitsleitfadens datenschutzgesetzes und der Daten- hafte Unterstützung durch die gematik“ „nicht wesentlich“ übersteigen. Die schutzgrundverordnung. „Es ist also Vertreterversammlung signalisierte nicht alles völlig neu, was auf die Zahn- einstimmig ihre Zustimmung für die- arztpraxen zukommt“, beruhigte er. Kritik äußerte Pochhammer an der ses Vorgehen. Arbeit der gematik. Dabei bemän- Insgesamt sei die Digitalisierung gelte er insbesondere deren unzurei- Ziel sei es, die finanziellen Belastun- jedoch mit „erheblichen zeitlichen, fi- chende Betriebsverantwortung für gen für die Zahnarztpraxen so gering nanziellen und strukturellen Ressour- die Telematikinfrastruktur (TI). Als 6 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 12 | 2020
SCHLESWIG-HOLSTEIN K Z BV-V ER T R E T ER V ER S A M M LU N G Beispiel führte er die „mangelhafte wendige Praktikabilität und damit die Amalgamfüllungen tatsächlich „in der Unterstützung“ der gematik bei der Akzeptanz für digitale Neuerungen zu Versorgung ankommen“. Eine Kenn- Behebung einer Konnektor-Störung erreichen. zeichnung aller Füllungsmaterialien, an, von der im Frühjahr und Sommer wie sie die Krankenkassen gefordert zahlreiche Arzt- und Zahnarztpraxen Z ÄPP MIT SONDER AUS - hatten, habe der Vorstand dagegen betroffen waren. In erster Linie müs- WERTUNG ZUR CORONA- abwenden können. se die Betreibergesellschaft für einen PA N D E M I E „störungsfreien und für die Praxen Zudem wies Hendges auf die Bedeu- kostenneutralen Betrieb der TI“ sor- tung des Zahnärzte-Praxis-Panels gen, legte er dar. (ZäPP) für die Arbeitsbedingungen in den Praxen und die vertragszahnärzt- Erst wenn Arzt- und Zahnarztpraxen liche Versorgung insgesamt hin. „Nur die TI und ihre Anwendungen als „vor- mit einer solchen wissenschaftlichen teilhafte Neuerungen wahrnehmen Datenbasis lassen sich die Interessen und die TI nicht mehr ausschließlich der Vertragszahnärzteschaft in Ver- ein gesetzlich aufgebürdetes Ärgernis handlungen mit den Krankenkassen darstellt“, könne über weitere Ausbau- optimal vertreten“, warb er für die Teil- stufen nachgedacht werden. Sorge nahme. [Anmerkung der Redaktion: bereitet ihm in diesem Zusammen- Letzter Abgabetermin für die aktuel- hang auch, dass Feldtests für neue le Befragung ist der 31. Januar 2021.] Martin Hendges: „Videoanwendungen für Anwendungen immer weiter zurück- alle Versicherten“ Eine Sonderauswertung gehe dieses gefahren werden. Der Erfolg der TI Mal speziell auf die Situation der Zahn- werde sich vor Ort in den Arzt- und ärzte während des Lockdowns auf- Zahnarztpraxen entscheiden, gab Die Relevanz von Videosprechstun- grund der Corona-Pandemie ein: Pochhammer zu bedenken. den in der zahnärztlichen Versorgung Ziel sei ein „realistisches Stimmungs- stellte Martin Hendges, stellvertreten- barometer, das die massiven Folgen Auch die Delegierten appellierten an der Vorstandsvorsitzender der KZBV, für den Berufsstand faktenbasiert ab- die gematik, bei der Wahrnehmung heraus. Insbesondere vor dem Hinter- bildet.“ ihrer Betriebsverantwortung für die TI grund der Corona-Pandemie müsse die Belange der Zahnarztpraxen stär- über die Ausdehnung von Videoan- AG FR AUENFÖRDERUNG ker zu berücksichtigen und zu einer wendungen auf die Versorgung aller L EG T KO NZEP T VO R „vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Versicherten „nachgedacht“ werden, den Leistungserbringerorganisatio- postulierte er. – Während Telekonsile Mit Blick auf die zukünftige Sicher- nen“ zurückzukehren. Hintergrund sind bereits jetzt für alle Versicherten ab- stellung der vertragszahnärztlichen die Mehrheitsverhältnisse in der Ge- rechenbar sind, gilt das im zahnärzt- Versorgung identifizierte Eßer – un- sellschafterversammlung, in der das lichen Bereich für Videosprechstun- abhängig von der Corona-Pandemie Bundesgesundheitsministerium mit 51 den und Videofallkonferenzen bisher – Handlungsbedarf sowohl für die Prozent vertreten ist. „Die Einführung nur bei Versicherten, die einem Pfle- Selbstverwaltung als auch für die Poli- weiterer Anwendungen der TI kann gegrad zugeordnet sind, im Rahmen tik. Aufgabe der Selbstverwaltung sei nur erfolgreich sein, wenn diese von von Kooperationsverträgen behan- es, die Praxisgründungsbereitschaft den Heilberufsangehörigen als posi- delt werden oder Eingliederungshilfe zu fördern, junge Zahnärzte vom Wert tive Ergänzung im Versorgungsalltag erhalten. der eigenen Niederlassung zu über- wahrgenommen und unterstützt wer- zeugen und sie sowohl vor als auch den“, heißt es in dem entsprechenden Der KZBV sei es gelungen, auf Bun- nach der Niederlassung „als Ratgeber Antrag weiter. Bisher sei noch keine desmantelvertragsebene eine Rege- und Partner“ zu begleiten, beschrieb Anwendung in den Praxen angekom- lung bezüglich der Verpflichtung zur er. Zugleich sei jedoch auch die Poli- men, die als „tatsächlicher Mehrwert“ Kennzeichnung von Amalgamfül- tik gefordert: Junge Praxisgründer erlebt werde und nicht lediglich wei- lungen herbeizuführen, so Hendges benötigten vor allem Planungssi- tere bürokratische Hürden aufbaue weiter. Dies sei vor allem vor dem cherheit sowie „verlässliche, stabile sowie zusätzliche Kosten verursache. Hintergrund des Nationalen Ak- und gründungsfreundliche Rahmen- tionsplans der Bundesregierung zur bedingungen“. Dazu gehörten der In einem weiteren Antrag wiesen die schrittweisen Verringerung der Nut- Abbau der hohen Bürokratielast und Delegierten darauf hin, dass ausrei- zung von Dental-Amalgam von Be- des steigenden Verwaltungsaufwands: chende Tests unter Praxisbedingun- deutung („Phase-Out“). Bisher gebe „Geradezu kontraproduktiv ist die ex- gen unabdingbar seien, um die not- es keine konkreten Zahlen, wie viele trem abschreckende Sanktionspolitik 12 | 2020 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 7
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG K Z BV-V ER T R E T ER V ER S A M M LU N G INFO i rung gegründet worden, die nun gemäß dem Auftrag, den die VV im wie die Zusammensetzung oder die Denkweise in bestimmten Gremien November 2019 in Berlin erteilt hat- –, ein schwieriger Zugang, fehlende Die endgültigen Abstimmungser- te, ein Gesamtkonzept zur Erhöhung Ansprechpartner, Inhalte, die an den gebnisse zu den Anträgen liegen des Frauenanteils in der vertragszahn- Bedürfnissen vorbeigehen, „gefühlte“ inzwischen vor. Aufgrund des On- ärztlichen Selbstverwaltung vorstellte. Nichtbetroffenheit und Desinteresse line-Formats waren die Resultate Dass dafür durchaus Bedarf besteht, an den standespolitischen Themen. zunächst nur vorläufig bekannt belegt ein Blick auf den Status quo: Hinzu kämen Gründe, die außerhalb gegeben worden und mussten Nur vier der insgesamt 6o Delegier- der Standespolitik liegen: Zeitman- anhand der unterschriebenen ten der KZBV sind weiblich; in den gel, berufliche Konflikte (z. B. Praxis- Original-Anträge noch einmal Vertreterversammlungen der KZVen gründung, Weiterbildung) oder eine ausgezählt werden. Die beschlos- liegt der Frauenanteil zwischen sieben schlechte Vereinbarkeit von Beruf und senen Anträge können auf der und 16 Prozent – in der VV der KZV Familie. Homepage der KZBV unter www. Schleswig-Holstein sind fünf von 30 kzbv.de eingesehen werden. Delegierten Frauen. Unter den 44 Mit- Bei den Überlegungen der AG, wie gliedern der KZV-Vorstände sind drei Frauen verstärkt zur Mitarbeit in der Dort findet sich außerdem auch weiblich, im dreiköpfigen KZBV-Vor- zahnärztlichen Selbstverwaltung be- das Konzept der AG Frauenför- stand ist keine Frau. Zum Vergleich: wegt werden könnten, kommt der Ver- derung. Der Anteil der Frauen unter den Zahn- besserung der Rahmenbedingungen ärzten lag im Jahr 2019 bei 44 Prozent zugunsten einer leichteren Vereinbar- – mit steigender Tendenz; 66,1 Prozent keit von Beruf, Familie und Standes- der Zahnmedizinstudierenden waren politik eine große Bedeutung zu. Dies bei der Digitalisierung“, ergänzte er. 2018 weiblich. könne beispielsweise durch eine ver- Die VV der KZBV nahm diese Ausfüh- stärkte Nutzung der Digitalisierung – rungen auf und forderte von Politik Lediglich drei Prozent der jungen Kol- etwa die Möglichkeit der Teilnahme an und Selbstverwaltung „gezielte Maß- leginnen – und Kollegen – seien in der Sitzungen per Videokonferenz –, aber nahmen“ zur Förderung der Nieder- Standespolitik aktiv oder hätten dies auch durch familienfreundliche Sit- lassung. vor, berichtete die AG-Vorsitzende zungszeiten erreicht werden, zeigten Dr. Ute Maier, die als Vorstandsvorsit- die AG-Mitglieder auf. Zudem müss- Für die Zukunft des zahnärztlichen zende der KZV Baden-Württemberg ten die standespolitischen Strukturen, Berufsstandes und dessen Freiberuf- selbst eine der wenigen weiblichen Themen und Inhalte an den Bedürfnis- lichkeit sei es zudem von entschei- Standespolitiker in einer Spitzenpo- sen jüngerer Menschen ausgerichtet dender Bedeutung, junge Kollegen sition ist. Mögliche Gründe für die- werden. für ein Engagement in der Selbst- sen geringen Anteil habe das Institut verwaltung zu gewinnen, fuhr Eßer der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in der Notwendig sei außerdem eine fort: Nur eine Selbstverwaltung, die Studie „Generation Y“ zusammen- Selbstverpflichtung der KZVen und durch einen „guten Alters- und Ge- getragen: bestehende Strukturen – der KZBV, Frauen gezielt anzuspre- schlechtermix“ ihrer Mitglieder und deren regional ausgewogene Ver- teilung gekennzeichnet ist, werde „nachhaltig“ den Anspruch vertreten können, für den gesamten Berufs- stand zu sprechen. Auch vor diesem Hintergrund hatte sich die VV der KZBV bereits 2019 vorgenommen, die Repräsentanz von Frauen in den Gremien der KZBV zu fördern und zu erhöhen – und zwar im Rahmen ihrer eigenen Gestaltungsspielräume. Da- mit will sie unter anderem auch die Gefahr minimieren, dass die Politik dies verpflichtend regelt. Im Juni 2019 war auf Initiative der KZBV eigens eine AG Frauenförde- 8 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 12 | 2020
SCHLESWIG-HOLSTEIN K Z BV-V ER T R E T ER V ER S A M M LU N G chen und zu fördern. Die Bildung von „Wir reden hier im Grunde von einer bleiben.“ Da ist sicherlich noch eini- Netzwerken, Mentoringprogramme Selbstverständlichkeit: der Gleichbe- ges an Überzeugungsarbeit zu leisten und eine Förderung des gegensei- rechtigung von Frauen“, hatte er vor – auf allen Seiten. tigen Austauschs sind weitere Be- der Abstimmung betont. „Ich werbe standteile des Konzepts. Wichtig ist dafür, die Frauen in unsere Gremien // Kirsten Behrendt den AG-Mitgliedern außerdem, dass einzuladen, damit wir überlebensfähig Frauen künftig anteilsmäßig bei der Aufstellung von Wahllisten und der Besetzung von Gremien berück- sichtigt werden. Das ambitionierte „VERSAGEN“ DER SELBSTVERWALTUNG Ziel: die Erhöhung der Repräsentanz – EINE FRAGE DER DEFINITION von Frauen in allen Gremien bereits in der nächsten Legislaturperiode, Dass die Politik die Zahnärzteschaft der Verantwortungsebene heraus- um „gemischte Teams“ zu erhalten – durch ihre mangelnde Bereitschaft, nehmen“ und die Politik bezogen – auch in den Vertreterversammlungen sie durch einen „echten“ Schutz- nicht jedoch auf die zahnärztlichen und Vorständen. Eine „Frauenquote“ schirm zu unterstützen, brüskiert Organisationen. lehnt die Mehrheit der AG-Mitglieder hat, steht außer Frage. Aber handelt nach eigenen Angaben jedoch ab. es sich dabei um ein „Versagen der Zustande gekommen ist Schraders Man versuche, eine bestimmte An- Selbstverwaltung“? Ein heikles The- strittige Aussage vor allem durch zahl von Frauen auf die Wahllisten ma – und eine Streitfrage vor allem unterschiedliche Auffassungen da- zu bekommen – entschieden werde dann, wenn zwei unterschiedliche rüber, ob die Politik nun innerhalb dann an der Basis, stellte AG-Mitglied Definitionen aufeinandertreffen. (FVDZ) oder außerhalb (KZBV) der Dr. Christine Ehrhard (KZV Rheinland- Selbstverwaltung anzusiedeln sei. Pfalz) klar. Der Bundesvorstand des Freien Ver- Während der KZBV-Vorstandsvorsit- bands Deutscher Zahnärzte (FVDZ) zende Dr. Wolfgang Eßer die größ- Ein Selbstläufer ist das Konzept indes war mit seinem im September vor- ten Chancen für den Berufsstand nicht: Die Diskussion belegte, dass gelegten „Fünf-Punkte-Papier“, das darin sieht, „mit“ der Politik – und das Thema durchaus auch emotional sich unter anderem gegen eine nicht „gegen“ sie zu arbeiten –, steht besetzt ist. Die Ablehnung einer Quo- „nicht funktionierende“ Selbstver- für den FVDZ-Bundesvorsitzenden te mag dabei eine Rolle spielen, die waltung richtete, im Berufsstand fest: „Die Politik hat versagt.“ Und Sorge, dass sich nicht genug Frauen zum Teil auf großes Unverständnis wenn ein „Partner“ im System nicht zur Verfügung stellen könnten, aber gestoßen. Der FVDZ-Bundesvorsit- „funktioniere“, habe das Konse- auch die Befürchtung, das Geschlecht zende Harald Schrader, der zugleich quenzen für die anderen, erläuterte könne künftig Vorrang vor der Quali- einer der drei schleswig-holsteini- er seine Sichtweise. Zugleich bekun- fikation erhalten. Dass nicht alle Vor- schen Delegierten in der KZBV- dete er jedoch seine Bereitschaft, schläge sofort umgesetzt werden Vertreterversammlung ist, nutzte die KZBV-Politik weiterhin „konst- können, ist dabei auch der AG-Vor- die Online-VV, um seine Position ruktiv“ zu begleiten, um die Zukunft sitzenden Maier klar: Wichtig sei ihr, klarzustellen: Seine Kritik habe sich der Zahnärzteschaft gemeinsam zu Veränderungen anzustoßen und zu auf die Krankenkassen, die sich „aus gestalten. zeigen: „Wir brauchen keine Rege- lungen von außen“, sagte sie. Ihr Gesamtkonzept stellte die AG Frauenförderung gemeinsam mit dem KZBV-Vorstand zur Abstimmung – wo- bei die Maßnahmen laut Antrag nicht nur darauf abzielen, junge Zahnärz- tinnen, sondern auch ihre männlichen Kollegen für die vertragszahnärztli- che Selbstverwaltung zu gewinnen. Während bei den übrigen Anträgen große Mehrheiten erzielt wurden, er- hielt dieses Konzept allerdings nur 39 von 57 abgegebenen Stimmen. Dar- an änderte auch Eßers Appell nichts: 12 | 2020 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 9
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG G U TAC H T EN Z U I - M V Z S RENDITEORIENTIERUNG GEFÄHRDET DAS PATIENTENWOHL Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) ist inzwischen seit über an- von 591 „Zahnarztstellen“ in i-MVZs derthalb Jahren in Kraft. Durch die Beschränkung der Gründungsbefugnis von (Stand 2019) 80 Prozent in einem Ket- Krankenhäusern für zahnärztliche Medizinische Versorgungszentren sollte es tenverbund. Derzeit stehen hinter den den Einstieg von Finanzinvestoren in die zahnmedizinische Versorgung – und i-MVZs nach Erkenntnissen der KZBV damit eine fortschreitende Kommerzialisierung – eindämmen. Die Kassenzahn- 12 verschiedene Investoren, wobei es ärztliche Bundesvereinigung (KZBV) unterzog die Wirkung der entsprechenden sich überwiegend um Private-Equity- Regelungen im TSVG zwischenzeitlich einer eingehenden Analyse. Zusätzlich Gesellschaften handelt. gab sie zwei externe Gutachten in Auftrag, deren Ergebnisse anlässlich der Vertreterversammlung der KZBV im Oktober vorgestellt wurden. Beide bestä- Wie nun aber ist die Entwicklung und tigen: Die Gefahren, die der flächendeckenden, wohnortnahen und qualitativ Ausbreitung von – insbesondere in- hochwertigen zahnärztlichen Versorgung durch Finanzinvestoren drohen, sind vestorenbetriebenen – zahnärztlichen durch das TSVG keineswegs gebannt. Medizinischen Versorgungszentren versorgungspolitisch und ökonomisch ZUM HINTERGRUND: Im I. Quartal 2020 gab es laut einer Er- zu bewerten? Dieser Frage ging das hebung der KZBV bereits 1.000 an der IGES Institut (Berlin) in seinem Gut- Im Jahr 2014 existierten lediglich 21 vertragszahnärztlichen Versorgung achten nach. Hans-Dieter Nolting als Medizinische Versorgungszentren, teilnehmende Medizinische Versor- einer der Autoren fasste die zentra- die als fachübergreifende Einrich- gungszentren. Darunter befanden sich len Ergebnisse in einer Videokonfe- tungen an der vertragszahnärztlichen 207 von Investoren betriebene MVZs. renz-Schaltung für die Delegierten Versorgung teilnahmen. Durch das Im IV. Quartal 2015 hatte die KZBV erst der KZBV-Vertreterversammlung zu- GK V-Versorgungsstärkungsgesetz 11 i-MVZs gezählt, Ende 2019 waren es sammen. ermöglichte der Gesetzgeber ab 186. Ihre Zahl – wie auch ihr Anteil an 2015 dann die Bildung arztgruppen- zahnärztlichen Medizinischen Versor- KEIN NENNENSWERTER gleicher MVZs. Erklärtes Ziel war die gungszentren – steigt trotz der Rege- BEITR AG ZUR SICHERUNG Verbesserung der Versorgung auf lungen im TSVG kontinuierlich. Hinzu DER VERSORGUNG dem Land und in strukturschwachen kommt: Von Investoren betriebene Regionen. MVZs fallen durch eine ausgeprägte Der Beitrag der investorengeführten Kettenbildung auf. So befanden sich MVZs zu einer flächendeckenden 10 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 12 | 2020
SCHLESWIG-HOLSTEIN G U TAC H T EN Z U I - M V Z S zahnärztlichen Versorgung falle im eine „wettbewerbsfeindliche Anbie- Zahnersatz, bei i-MVZs im Vergleich Vergleich zu Einzelpraxen und Berufs- terdominanz“ von (i-)-MVZs in Trä- zu Einzelpraxen stärker „zugunsten ausübungsgemeinschaften (BAGs) gerschaft weniger Krankenhäuser in der wirtschaftlich lukrativeren Neu- „deutlich“ geringer aus, legte er dar. einem bestimmten Planungsbereich versorgungen“ ausfällt. Außerdem Während Einzelpraxen und BAGs re- zu verhindern; den Versorgungsan- seien höhere Festzuschussbeträge gional in etwa proportional zur Bevöl- teil, der insgesamt auf die Praxisform und im Rahmen der als „gleichartige kerung verteilt seien, konzentrierten (i)-MVZ in Krankenhausträgerschaft Leistungen“ erbrachten Neuversor- sich i-MVZs auf großstädtische Stand- entfällt, begrenze die TSVG-Rege- gungen auch höhere GOZ-Honorare orte mit einer überdurchschnittlich lung jedoch nicht. Zudem bestehe abgerechnet worden. – Für „anders- jungen, einkommensstarken und weiterhin die Möglichkeit, große artige Versorgungen“ lagen dem IGES seltener von Pflegebedürftigkeit be- Zahnarztketten aufzubauen. Überdies Institut keine Daten vor. troffenen Bevölkerung. Diese Regio- scheine von finanzstarken Investoren nen wiesen allerdings ohnehin schon die Gefahr auszugehen, dass nieder- Sowohl die Ergebnisse zur bevorzug- eine hohe Versorgungsdichte auf. In lassungswilligen Zahnärzten die Mög- ten Ansiedlung von i-MVZs als auch geringerem Maße, „grundsätzlich“ je- lichkeit zur Niederlassung erheblich die Befunde zum Leistungsgesche- doch in ähnlicher Qualität treffe dies erschwert wird. hen bzw. zum Abrechnungsverhalten auch auf nicht investorengeführte stützten die Vermutung, dass sich i- MVZs zu. Die These, i-MVZs leiste- „ AU FFÄ L L I G K EI T EN “ I M MVZs im Vergleich zu Einzelpraxen ten einen Beitrag zur Sicherung der A B R E C H N U N G S V E R H A LT E N und BAGs „stärker am Ziel der Ren- vertragszahnärztlichen Versorgung diteoptimierung“ orientierten, resü- in ländlichen, eher strukturschwa- Die Analysen des IGES Instituts be- mierte Nolting. chen und möglicherweise (zukünftig) legen zudem, dass i-MVZs sowohl bei von Unterversorgung bedrohten konservierend-chirurgischen Leistun- Zwar beruhten die IGES-Ergebnisse Regionen, sei „zurückzuweisen“, gen als auch bei Zahnersatz im Ver- auf der Analyse einer „derzeit noch schreiben die IGES-Gutachter – und gleich zu Einzelpraxen nahezu durch- relativ kleinen Anzahl von i-MVZs“, so entkräften damit ein wichtiges Argu- gängig höhere Umsätze generieren, das Institut. Inwieweit die damit ver- ment der Politik. zeigte Nolting auf. Diese resultierten bundenen „methodischen Limitatio- im konservierend-chirurgischen Be- nen“ es jedoch rechtfertigten, sich zu- Auch einen weiteren angeblichen reich vor allem aus Mengenauswei- nächst weiter abwartend zu verhalten, Vorzug von (i-)-MVZs entlarven die tungen in fast allen Kategorien und müsse gegen das Risiko abgewogen Wissenschaftler vom IGES Institut als bei Zahnersatz aus einer Umsatzaus- werden, „dass einmal etablierte Ange- nicht zutreffend: die Möglichkeit einer weitung bei Neuversorgungen. Eine botsstrukturen im Allgemeinen nicht Tätigkeit in Teilzeit und damit einer Ausnahme bilde die Kategorie Be- mehr rückgängig zu machen sind“, im Vergleich zu einer Niederlassung suche/Zuschläge, also Vergütungs- geben die Autoren der Analyse zu besseren Vereinbarkeit von Beruf positionen, die im Zusammenhang mit bedenken. und Familie. Eine Untersuchung des Hausbesuchen bzw. der Behandlung Tätigkeitsumfangs abhängig beschäf- von Versicherten in Einrichtungen und Vor dem Hintergrund der festgestell- tigter Zahnärzte in den verschiedenen Pflegeheimen abgerechnet werden. ten Auffälligkeiten im Abrechnungs- Formen der „Leistungserbringung“ Auch Individualprophylaxe und Früh- verhalten und den daraus resultie- belege, dass Teilzeit in Einzelpraxen erkennungsuntersuchungen bei Kin- renden möglichen Risiken für die und Berufsausübungsgemeinschaften dern und Jugendlichen würden durch Versorgung sollten über das TSVG ähnlich verbreitet ist wie in zahnärztli- i-MVZs seltener abgerechnet: Nolting hinausgehende Maßnahmen „in Be- chen MVZs – in investorenbetriebenen führte das darauf zurück, dass Patien- tracht gezogen werden“, empfiehlt zahnärztlichen MVZs liege der Anteil ten dieser Altersgruppen in i-MVZs das IGES Institut. Die Forderung der in Teilzeit beschäftigter Zahnärzte da- deutlich seltener behandelt werden. KZBV und der Kassenzahnärztlichen gegen am niedrigsten. Auch hier wiesen MVZs in vielen As- Vereinigungen nach einer verbes- pekten im Übrigen ähnliche Auffällig- serten Transparenz bezüglich der Die Erwartung, dass das TSVG durch keiten auf wie i-MVZs. Eigentümerstrukturen Medizinischer die Beschränkung der Marktantei- Versorgungszentren unterstützen die le einen dämpfenden Effekt auf die Im Bereich Zahnersatz stellten die IGES-Gutachter ausdrücklich – unter Aktivität von Investoren in der zahn- IGES-Gutachter fest, dass das Ver- anderem auch, weil erst dadurch wei- ärztlichen Versorgung hat, erfüllt hältnis von Neuversorgungen zu tere Analysen möglich seien. sich laut IGES-Gutachten nicht: Die Wiederherstellungen, d.h. einer Re- Bestimmungen seien zwar geeignet, paratur von bereits vorhandenem 12 | 2020 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 11
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG G U TAC H T EN Z U I - M V Z S S O D A N : G E FA H R E N F Ü R PA - istisch ist; die freiberufliche Tätigkeit sowie der wirtschaftlich vorteilhaftes- TIENTENWOHL UND VERSOR- soll nicht ausschließlich zur Gewinner- ten Behandlung andererseits“, zeigt G U N G S Q U A L I TÄT zielung erfolgen“, beschrieb er. Inves- er auf. Davon abgesehen bestehe in toren wiesen demgegenüber keinen MVZs auch ein „systemisch hoher Um- Prof. Dr. Helge Sodan, Lehrstuhlinha- Bezug zur zahnärztlichen Versorgung satzdruck“, der bereits eigenständig ber für Staats- und Verwaltungsrecht, auf und verfolgten „regelmäßig allein die Gefahr einer maßgeblich an wirt- Öffentliches Wirtschaftsrecht und Kapitalinteressen“: Das verursache die schaftlichen Gesichtspunkten ausge- Sozialrecht an der Freien Universität Gefahr, dass medizinische Entschei- richteten Behandlung begründe. Berlin, listet in seinem Gutachten, dungen von Kapitalinteressen beein- dass er den Delegierten der KZBV- flusst würden. Gefahren für die Sicherstellung einer Vertreterversammlung ebenfalls per flächendeckenden vertragszahnärzt- Liveschaltung vorstellte, akribisch die Ebenso wie das IGES Institut ver- lichen Versorgung sieht Sodan allein Gefahren auf, die sich aus der Betei- weist auch Sodan auf „erhebliche schon in der Zunahme von i-MVZs ligung von Finanzinvestoren an der Abweichungen“ im Abrechnungsver- und der Kettenbildung. Mit der be- vertragszahnärztlichen Versorgung halten zwischen niedergelassenen vorzugten Ansiedlung von MVZs in für das Patientenwohl und die Ver- Zahnärzten in Einzelpraxen oder Be- einwohner- und einkommensstarken sorgungsqualität ableiten. Grundlage rufsausübungsgemeinschaften und Regionen gehe eine Verschiebung der dieser „Gefahrenprognose“ seien Auf- (i)-MVZs – die seines Erachtens die Versorgungsdichte in ländlichen und fälligkeiten im Abrechnungsverhalten, „Befürchtung einer am Maßstab der städtischen Gebieten einher, konsta- die bisherige Entwicklung von i-MVZs Renditeoptimierung ausgerichteten tiert er. in der vertragszahnärztlichen Versor- Versorgung“ in investorenbetriebe- gung, ihre räumliche Verteilung, die nen zahnärztlichen MVZs stützen. Die ABHILFE DURCH Tendenz zur Kettenbildung sowie Ausweitung der Leistungen in i-MVZs T R A N S PA R E N Z U N D Erfahrungen aus dem europäischen könne langfristig zu einer „überpro- „EIGNUNGSTESTS“ Ausland. portionalen Belastung für die gesetz- liche Krankenversicherung“ führen, Die gegenwärtigen gesetzlichen Das mit der Erbringung von Leistun- warnt er. Regelungen für die Gründung, die gen durch Freiberufler verknüpfte be- Zulassung und den Betrieb eines sondere Vertrauen werde vor allem Zugleich bestehe die „begründete MVZs reichten nicht, um den Gefah- durch die Unabhängigkeit der Leis- Besorgnis“, dass die in MVZs ange- ren, die der vertragszahnärztlichen tungserbringung vermittelt, stellte stellten Zahnärzte Versuchen der „mit- Versorgung durch Finanzinvestoren Sodan heraus. „Ein typisches Merkmal telbaren Einflussnahme“ ausgesetzt drohen, zu begegnen, fasste Sodan speziell für den Freien Beruf liegt in sind. „Durch den Maßstab der Rendite zusammen. Solange die im TSVG de- der Erwartung und Forderung, dass bildet sich ein Zielkonflikt zwischen ei- finierte Höchstversorgungsgrenze die Berufsauffassung eines Freiberuf- ner Behandlung der Versicherten nach nicht überschritten werde, könnten lers nicht egoistisch, sondern altru- der zahnärztlichen Kunst einerseits Krankenhäuser selbst in überversorg- ten Planungsbereichen MVZs gründen und betreiben – teilweise sogar in „er- heblichem Umfang“. Die Zahlen aus 2019 und dem I. Quartal 2020 (s. oben) ließen nicht erkennen, dass die derzeit geltende Rechtslage zu weniger MVZs führe. Auch eine – planungsbereichs- übergreifende – Kettenbildung werde durch das SGB V „in keiner Weise“ aus- geschlossen, da die Bestimmungen an einzelne Planungsbereiche anknüpf- ten, „ohne übergeordnete Zusammen- hänge in den Blick zu nehmen“. Die Foto: KZBV/Spillner für die Versorgungsqualität maßgebli- che „investorspezifische Gefahr“ einer renditeorientierten Behandlung finde in den geltenden Vorschriften eben- Prof. Dr. Helge Sodan (oben Mitte) stellte sein Rechtsgutachten per Videoschaltung aus falls keine Berücksichtigung. Berlin vor. 12 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 12 | 2020
SCHLESWIG-HOLSTEIN GUTACHTEN ZU I - M V Z S Abhilfe verspricht sich Sodan vor al- lem durch die Schaffung von Trans- parenz. Dazu empfiehlt er den Aufbau von zahnärztlichen MVZ-Registern nach dem Vorbild der Zahnarztregis- ter und eines MVZ-Bundesregisters, die durch die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen bzw. die KZBV geführt werden sollten. Diese MVZ-Register sollten über die im Rahmen des Zu- lassungsverfahrens bisher vorgeleg- ten Informationen hinaus Angaben über die Ebenen hinter den Kranken- hausträgergesellschaften enthalten und damit Auskunft über die Betei- außerdem, die durch das TSVG in das In Anknüpfung an die beiden Gut- ligung von Investoren ermöglichen, SGB V eingeführten Instrumente durch achten forderte die VV der KZBV, erläuterte er seinen Vorschlag. Zweck- Anpassung der Versorgungsanteile die bestehenden Regelungen für in- dienlich seien darüber hinaus auch insbesondere in urbanen Regionen vestorengetragene MVZs weiterzu- Angaben darüber, ob der betreffende und durch Anknüpfung der Höchst- entwickeln und gesetzliche Schritte Investor weitere MVZs betreibt oder versorgungsgrenzen an den Kranken- einzuleiten, die der Konzentration verkettet hat. hausträger weiterzuentwickeln. von i-MVZs auf urbane, bereits gut versorgte Regionen mit überdurch- Sodans Vorschlag gemäß sollte ein K ZBV SIEHT SICH DURCH schnittlichem Medianeinkommen „zu- zahnärztliches MVZ-Register außer- G U TA C H T E N B E S TÄT I G T verlässig“ entgegenwirken. Außerdem dem Aussagen über die Eignung von sprachen die Delegierten sich für die MVZs für die ordnungsgemäße Aus- Der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Errichtung eines MVZ-Registers aus übung der vertragszahnärztlichen Wolfgang Eßer sieht den Kurs der und unterstützten einen auf der 93. Tätigkeit ermöglichen. Eine Nichteig- KZBV durch die beiden Gutachten Gesundheitsministerkonferenz am nung sieht Sodan bei begründeten An- bestätigt: „Sie zeigen, dass es eben 30. September gefassten Beschluss, haltspunkten für eine renditeorientier- doch nicht egal ist, wer versorgt“, nach dem Träger Medizinischer Ver- te Ausrichtung der Behandlungen in kommentierte er. So leisteten i-MVZs sorgungszentren verpflichtet werden einem MVZ. Dies wiederum ließe sich tatsächlich „kaum einen Beitrag“ zur sollen, auf dem Praxisschild und auf aus der Abführung erwirtschafteter Sicherstellung der flächendeckenden der Homepage Angaben zu den ge- Gewinne, übermäßigen Renditezielen, Versorgung. Das IGES-Gutachten lie- sellschaftsrechtlichen Eigentümer- die das MVZ oder der Investor geäu- fere unter anderem „Hinweise“ darauf, strukturen zu machen. Damit bekräf- ßert haben sowie aus nachweisbaren dass i-MVZs sich nicht „nennenswert“ tigten sie zugleich einen im November Versuchen der Einflussnahme auf an- an der Versorgung vulnerabler Pati- 2019 gefassten Beschluss: Bereits da- gestellte Zahnärzte schließen. Zusätz- entengruppen wie älteren Menschen, mals hatte die VV der KZBV im Inter- lich könnten bisherige Erfahrungen Menschen mit Behinderungen, aber esse der Patienten verlangt, Transpa- mit dem Investor, das „Fehlverhalten“ auch Kindern, beteiligen: „Aufsuchen- renz über die Trägerschaft von MVZs verketteter MVZs und die anvisierte de Betreuung und Prävention bei Kin- zu schaffen. Dauer der Beteiligung herangezogen dern sind offensichtlich nicht rentabel werden, listet Sodan auf. „Je mehr genug für die Investorenbranche“, // Kirsten Behrendt Anhaltspunkte im Einzelfall für eine vermutete Eßer. renditeorientierte Ausrichtung der Behandlung sprechen, desto sicherer Dass Deutschland im europäischen ließe sich die Eignung des Zulassungs- bewerbers anzweifeln“, schließt er. Vergleich gut durch die Coronakrise komme, liege nicht zuletzt auch an INFO i der Stärke seines freiberuflichen und Zusätzlich plädiert Sodan dafür, eine selbstverwalteten Gesundheitssys- Die beiden Gutachten stehen auf räumlich-fachliche Begrenzung der tems. „Vergewerblichung und Kom- der Homepage der KZBV unter Gründungsbefugnis einzuführen – merzialisierung der Versorgung, so www.kzbv.de – Politik – Positionen die KZBV-Vertreterversammlung hat- wie wir es nach wie vor beim Thema – Medizinische Versorgungszent- te dies bereits im November 2018 MVZ sehen, sind der falsche Weg“, ren zum Download bereit. in Frankfurt gefordert. Er empfiehlt verdeutlichte er. 12 | 2020 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 13
K ASSENZ AHNÄRZTLICHE VEREINIGUNG N AT I O N A L E S G E SU N D H EI T S P O R TA L VERL AGE KRITISIEREN KOOPER ATION VON BMG UND GOOGLE Bei Suchanfragen im Internet han- ten – ein sogenanntes „Knowledge nutze. Und „Verlässlichkeit“ ist gerade deln Nutzer in den meisten Fällen Panel für Gesundheitsthemen“. Für im Zusammenhang mit Gesundheits- nach dem gleichen Prinzip: Was im 160 Krankheiten inklusive COVID-19 themen angesichts der zahlreichen „Ranking“ ganz oben steht, wird am stehen solche Info-Kästen nach Aus- Falschinformationen, die im Netz kur- häufigsten „geklickt“; kaum jemand kunft Spahns bereits zur Verfügung. sieren, ein wichtiges Kriterium. Aller- arbeitet sich durch Dutzende von Durch einen Link innerhalb des Know- dings stellt sich durchaus die Frage, Links oder gar mehrere Seiten. Ein ledge Panels gelangen Nutzer direkt wie unabhängig die Berichterstattung Algorithmus bestimmt die Rangliste zum jeweiligen Beitrag im Nationalen im Nationalen Gesundheitsportal tat- der Ergebnisse, und da schnitt das Gesundheitsportal. sächlich ist. Zwar betont Spahn selbst, im September gestartete „Nationale dass die Redaktion des Portals nicht Gesundheitsportal“ des Bundesge- Die erste Kooperation des Bundes- Teil des Ministeriums sei. Politisch kon- sundheitsministeriums (BMG) bisher gesundheitsministeriums mit Google trovers diskutierte Themen, wie etwa eher schlecht ab. Dennoch hat Bun- ist dies indes nicht. „Gemeinsam mit die laut dem Bundesdatenschutzbe- desgesundheitsminister Jens Spahn dem Bundesministerium für Gesund- auftragten Ulrich Kelber ungeklärten nun einen Weg gefunden, das An- heit haben wir bereits in den vergan- datenschutzrechtlichen Fragen bei gebot bekannter zu machen – durch genen Monaten zusammengearbeitet, der elektronischen Patientenakte, eine Zusammenarbeit mit Google. Bei um Menschen jederzeit schnell und finden sich dort dennoch nicht. vielen Verlagen sorgt das für Unmut. einfach verifizierte Informationen zum Coronavirus bereitzustellen“, Google lebt davon, Geld mit Daten zu „Die Corona-Pandemie zeigt, wie verriet Philipp Justus, Vice-President verdienen. Das steht angeblich jedoch wichtig seriöse Gesundheitsinforma- von Google für Zentral-Europa, auf in diesem Fall nicht im Vordergrund: tionen sind“, hatte Spahn bei der Vor- der Pressekonferenz anlässlich der Durch die Kooperation habe man „ver- stellung des Portals am 1. September Vorstellung der neuen Kooperation. trauenswürdige Infos ganz vorne“, erläutert. Unter www.gesund.bund. „Diese Zusammenarbeit erweitern wir sagte Justus auf der Pressekonferenz. de sollen sich Bürger nach seiner Vor- nun auf zahlreiche weitere Gesund- Um den Austausch von Daten gehe es stellung „schnell, zentral, verlässlich, heitsthemen.“ nicht, bemerkte auch Spahn. Google werbefrei und gut verständlich“ über sammle im Rahmen der Kooperation Fragen rund um Gesundheit und Pfle- Sicherlich hat Spahn Recht mit sei- nicht mehr Daten über die Nutzer als ge informieren können. „Wer Gesund- ner Annahme, dass die Mehrheit der bei anderen Anfragen auch. Allen- heit googelt, soll künftig auf dem Na- Deutschen Google ohnehin täglich falls am Rande ließ der Minister dabei tionalen Gesundheitsportal landen“, sagte er damals – ein ambitioniertes Ziel, das schwerlich erreicht werden kann, wenn das Portal erst auf einem der hinteren Listenplätze auftaucht. Nun aber sollen Nutzer, die im Inter- net nach Gesundheitsinformationen suchen, leichter zum Nationalen Ge- sundheitsportal finden. Dazu koope- riert das BMG mit dem Internetkon- zern Google. Wer jetzt beispielsweise „Corona“ in die Suchmaschine eingibt, bekommt als „Beste Ergebnisse“ auf den ersten beiden Listenplätzen zwar nach wie vor Informationen vom Ro- bert-Koch-Institut und der Tagesschau angezeigt. Direkt daneben befindet sich neuerdings jedoch ein Infokas- 14 Z A H N Ä R Z T E B L AT T 12 | 2020
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