BDFaktuell RUBRIK - Bund Deutscher Forstleute
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Ausgabe 6 • 2020 61. Jahrgang ISSN-Nr. 0945-6538 Zeitschrift für Forstleute, Forstpolitik und Wald RUBRIK BDFaktuell Waldschutz Waldnaturschutz BDFaktuell 6 2020 1
INHALT Ausgabe 6 • 2020 61. Jahrgang ISSN-Nr. 0945-6538 Zeitschrift für Forstleute, Forstpolitik und Wald RUBRIK Titelthema Waldschutz: Rußrindenkrankheit an BAh 4 BDFaktuell Wald 2020 – quo vadis? 7 Forschungsschwerpunkte an der NW-FVA 8 Neue Abteilung Waldnaturschutz 10 Studieren zu Zeiten von Corona? 12 Aus den Ländern Wald und Forstwirtschaft systemrelevant 13 Forst-Trainees bei BaySF 15 Saufänge in Bayern genehmigt 17 BDF Brandenburg für Einheitsforstamt 18 Rolf Wagner 80 Jahre 21 Waldschutz Waldnaturschutz Die Zeit des Nichtwissens 22 BDFaktuell 6 2020 1 Verbandsarbeit und Corona 24 Lars Neumeyer, Anwärter im Forstamt Nienburg, begutachtet einen Landwirtschaftskammer Niedersachsen: abgestorbenen Bergahorn, Folge des Befalls mit der Rußrindenkrank- Personalratswahlen ein Erfolg für den BDF 26 heit Cryptosoma corticale, die durch die Klimaextreme der letzten Jahre begünstigt wurde. Foto von Uwe Niedergesäss Kommentar: Waldsterben in NRW 27 Grußwort von Jochen Raschdorf 29 Osterhasen im Saarforst 30 Unglaubliches aus Sachsen 31 Coronahilfe für den Wald 32 Bundesforst: Mix aus Jugend und Erfahrung 33 Personelles Freud und Leid 34 IMPRESSUM Herausgeber: Bund Deutscher Forstleute (BDF), Geschäftsstelle, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin, Telefon (0 30) 65 700 102, Telefax (0 30) 65 700 104, Info@bdf-online.de – Fachgewerkschaft für Forst- beamte und -beschäftigte im dbb beamtenbund und tarifunion Verantwortlicher Chefredakteur: Armin Ristau, Silberborner Straße 1, 37586 Dassel, Telefon (0 55 64) 91122 (p), bdf.aktuell@t-online.de Gesamtherstellung und Vertrieb: Wilke Mediengruppe GmbH, Hamm, ISSN-Nr.: 0945-6538 Bestellanschrift, Anzeigen: Wilke Mediengruppe GmbH, Oberallener Weg 1, 59069 Hamm, Telefon (0 23 85) 4 62 90-0, Telefax (0 23 85) 7 78 49 89, anzeigen@wilke-mediengruppe.de Bezugsbedingungen: BDF AKTUELL erscheint monatlich. Bezugspreis monatlich 2,95 € zuzüglich Porto + Verpackung, für BDF-Mitglieder im Beitrag eingeschlossen. Erscheinungsweise: zum 1. jedes Monats. Redaktionsschluss: am Spruch 1. des Vormonats bei der Redaktion. Bestellungen sind an den Verlag zu richten. Landesredakteure: Marlene Schmitt (BaWü), Robert Nörr (By), Uwe Honke (Br), Dr. Manfred Johann (He), Anton Schabl (MV), Henning Ibold (Nds.), Ute Messerschmidt (NRW), Thomas Bublitz (RLP), Philipp Klapper (Saar), Wanda Kramer (SN), Astrid Eichler (SN-A), Christian Rosenow (Sch-H), Jens Düring (Th), Kathrin des Monats Müller-Rees (Bundesforst) Bildnachweise: Uwe Niedergesäss (Titel- seite, S. 4, 5), Forstamt Remscheid (S. 7); Böckmann (S. 8), Dr. Jan Evers (S. 9), Peter Meyer (S. 10, 11), Jörg Ullrich (S. 12), BDF Bayern (S. 13, 14, 16), Dr. Gero Hütte-von Essen (S. 21), A. Ristau (S. 22), Jörg Neun Zehntel unseres Glücks beruhen allein auf Jahrmärker (S. 24), BDF Niedersachsen (S. 26), Ute Messerschmidt (S. 27 oben, S. 28), Moritz Volkmann (S. 27 unten), Michael Weber (S. der Gesundheit. 30), Wanda Kramer (S. 31), ThüringenForst – Dr. Horst Sproßmann (S. 32), KMR (S. 33), colourbox.de (S. 36) Arthur Schopenhauer Das Kennwort für den geschützten Internetzugang lautet im Juni: feder Benutzername: bdf 2 BDFaktuell 6 2020
EDITORIAL Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn der Vegetationsperiode hat das Bundes- den gesellschaftlichen Anforderungen an den Wald landwirtschaftsministerium die neuesten Zahlen zuwenden werden. Ohne Anschlussfähigkeit von zur Waldkrise veröffentlicht: Aktuell sind 245.000 forstlichen Konzepten an die gesellschaftlichen Hektar Waldbestände durch Kalamitäten der ver- Megatrends wird eine Rechtfertigung naturverträg- gangenen zwei Jahre fast völlig zerstört worden. licher Waldwirtschaft zukünftig kaum gelingen. Ein Das ist fast exakt die Zahl, die der BDF schon im notwendiger und begrüßenswerter Schritt war des- Herbst 2019 prognostiziert hat, und diese Fläche ist halb auch die Einrichtung einer Abteilung Waldna- mehr als ein Drittel größer als die Gesamtwaldflä- turschutz in der NW-FVA. Die Forstwirtschaft muss che Schleswig-Holsteins. Das sind erschreckende ihr Profil und ihre Kompetenz im Bereich des Wald- Größenordnungen! Und die Sorgen sind beim Blick naturschutzes weiter deutlich schärfen. Die thema- in den Regenmessbecher im April und Mai nicht tischen Schwerpunkte sind richtig gesetzt. Für die kleiner geworden. Beste Startbedingungen für die offenen Fragen in diesen Themenfeldern brauchen Borkenkäfer in den vorgeschädigten Fichtenbe- wir möglichst schnell praxistaugliche Antworten. ständen. Aber auch viele Laubbaumarten sind durch Dürre geschwächt und neuartige Schaderre- Die Wissenschaft ist naturgemäß stark mit der Leh- ger gefährdet. Einige Rotbuchen in meinem Revier, re verbunden. Diese wird auch an den forstlichen die Ende August ihre noch grünen Blätter abgewor- Hochschulen und Bildungszentren wegen der Ein- fen haben, sind in diesem Frühjahr leider nicht schränkungen durch die Corona-Pandemie vor gro- mehr ausgetrieben. ße Herausforderungen gestellt. Das trifft ebenfalls für die Referendariate, Anwärterdienste, Trainees Eine weitere Schadholzwelle wird den bereits am und Berufsausbildungen zu. Allen, die hier für die Boden liegenden Holzmarkt weiter stark belasten. qualitätsvolle Ausbildung des forstlichen Nach- Mehr als 80 % der Forstbetriebe verzeichnen eine wuchses Verantwortung tragen und kreative Lösun- schlechte Geschäftslage. Über alle Waldbesitzarten gen entwickelt haben, sei an dieser Stelle ausdrück- hinweg muss daher die Hilfe verstetigt werden. lich gedankt! 왎 Denn es geht schon lange nicht mehr nur um ein- zelbetriebliche ökonomische Folgen, sondern um Horrido! schwerwiegende ökologische Auswirkungen und die Grundfeste der Daseinsvorsorge. Das hat auch der Wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik der Bundesregierung in seiner Stel- Ihr lungnahme zur Waldstrategie 2050 festgestellt. Es Ulrich Dohle sei zu befürchten, dass Lasten des Waldschutzes, der Wiederaufforstung, des Waldumbaus und der Verkehrssicherung sowie das Bereitstellen von Ökosystemleistungen zukünftig nicht mehr ge- stemmt werden können. Entsprechende Förderins- trumente müssen daher dringend etabliert werden. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass wissenschaft- liche Einrichtungen wie die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt sich zukünftig verstärkt BDFaktuell 6 2020 3
Rußrindenkrankheit an Bergahorn Praxiserfahrungen aus der Revierförsterei Memsen, Niedersachsen Verschiedene Stadien Durch die Trockenheit und Hitze der letzten beiden Nordamerika. Im Jahr 2006 wurde dieser erstmals der Rußrindenkrankheit: Jahre 2018 und 2019 sind nicht nur bekannte Schad- in Deutschland nachgewiesen. Mittlerweile ist die zunächst Nekrosen und erreger in größerem Umfang aufgetreten. Auch die Rußrindenkrankheit über das gesamte Bundesge- erste erkennbare Risse in der Rinde, dann abge- Ausbreitung bisher wenig in Erscheinung getrete- biet und in mehreren Staaten Europas verbreitet. platzte Rindenbereiche ner Pilzerkrankungen, wie der Rußrindenkrankheit mit mattschwarzen (Cryptosoma corticale), wurde durch die extremen Der am stärksten betroffene Forstort der Försterei Sporenlagern und Witterungsverhältnisse der beiden vergangenen Memsen, Nds. Forstamt Nienburg, ist ungefähr schließlich flächige Sporenlager am abge- Jahre begünstigt. Der Erreger der Rußrindenkrank- 57 Hektar groß und überwiegend von Eichen- storbenen Bergahorn heit Cryptosoma corticale stammt ursprünglich aus beständen geprägt. Ahorn-(Eschen-)Bestände 4 BDFaktuell 6 2020
WALDSCHUTZ Erfahrungen und Umgang Die Bergahorn-Bestände nahmen eine Fläche von insgesamt 16 Hektar ein, von denen ca. 12 Hektar unterschiedlich intensiv befallen waren. Das Ausmaß des Befalls war in jüngeren und schwächeren Bestän- den größer als in älteren und stärkeren Beständen. Die Entwicklung der Rußrindenkrankheit begann be- reits 2017/2018 und verstärkte sich seitdem. Die Bestände wurden bereits in anfänglichem Krankheitsstadium aus- und nur die erkennbar be- fallenen angezeichnet. Befallszeichen Die ersten Anzeichen, dass die Rußrindenkrankheit ausgebrochen ist, können im Sommer an Welkeer- scheinungen der Krone und am beginnenden Abster- ben von Ästen erkannt werden. Außerdem können bereits dunkle Verfärbungen und Risse in der Rinde auftreten, die sehr unscheinbar sind. Sobald man an diesen Stellen mit einem Reißhaken die Rinde und das Kambium entfernt, kann eine anfängliche Braun- färbung des Splintes zum Vorschein kommen. Im weiteren Krankheitsverlauf können auch Schleim- flussflecken auftreten. Die Entwicklung der Rußrin- denkrankheit breitet sich von der Krone abwärts aus. Wenn im gesamten Stammbereich die Rinde abge- platzt ist und die mattschwarzen Sporenlager offen lie- gen, ist der Baum meist abgestorben. Das Splintholz verfärbt sich durch den Pilz bräunlich bis grünbläulich. Stabilität In der unmittelbaren Folge befallen Weißfäulepilze das Holz und bewirken eine rasante Verschlechte- rung der Stabilität. Das bedeutet für Bereiche mit erhöhter Verkehrssicherungspflicht, die betroffe- nen Bäume unverzüglich zu beseitigen. Dieser Verlauf ist auch in der Waldschutzinformation nehmen ca. 1/3 der Fläche ein. Dieser Forstort liegt 10/2018 und der entsprechenden Ergänzung der in der ehemaligen Weser-Aue. Die Standorte sind Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt größtenteils stark stauend und grundwasserbeein- (NW-FVA, Abteilung Waldschutz) beschrieben. Au- flusst und das Bodensubstrat ist überwiegend durch ßerdem existiert eine Musterbetriebsanweisung der sandige bis tonige Lehme gekennzeichnet. Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG). Es wird für Deutschland davon ausgegangen, dass der Erreger C. corticale bereits flä- chendeckend letal vorhanden ist und bei warmer und trockener Witterung zum Ausbruch kommen kann. BDFaktuell 6 2020 5
Behandlung Das Fällen der größtenteils schon weißfaulen Bäume Da der Umgang mit der Krankheit unklar war und verlief unerwartet unproblematisch, da mit der Ge- andere Kalamitäten größere Aufmerksamkeit er- fahr abbrechender Kronen gerechnet worden war. forderten, wurde diese Fläche hintangestellt. Dem- zufolge vergrößerte sich der Schaden in diesen Be- Insgesamt wurden ca. 1050 Kubikmeter (88 m³ je ständen sehr stark. Letztlich fiel die Entscheidung, Hektar) geerntet und aufgearbeitet. Einige wenige die betroffenen Bestände vollständig zu ernten. Ei- starke und gesunde Bergahorne wurden weiterhin nerseits sollte dies aus Gründen der Flächenbegeh- in der Fläche belassen. Die Sortierung wurde strikt barkeit für eine Folgekultur geschehen, anderer- nach (äußerlich erkennbar) erkrankten und nicht seits bot sich die Möglichkeit, noch nicht befallenes, erkrankten vorgenommen. So war es möglich, eine stärkeres Holz zu ernten. Da der Standort für den geringe Menge Abschnitte (1 %) an einen Schreiner Bergahorn offensichtlich in solchen Extremjahren und ebenfalls nicht erkranktes, schwächeres Holz nicht genügend pflanzenverfügbares Wasser bereit- an einen Brennholz-Kunden (22 %) zu verkaufen. hält, ist davon auszugehen, dass der Bergahorn mit- Darüber hinaus ist das Kronenholz für Energiehack- telfristig aus diesem Forstort in jedem Fall ver- holz vorgesehen und macht ca. 64 % der Sortimen- schwindet. te aus, wobei diese Mengenschätzung ein sehr grober Schätzwert ist. Ebenfalls ausgehalten wurde Im Vorfeld der endgültigen Entscheidung und Pla- Industrieholz für die Zellstoffgewinnung (Anteil ca. nung wurde die NW-FVA beratend hinzugezogen. 13 %). Alle Käufer wurden vom Forstamt Nienburg Außerdem soll in einem kleinen, vollständig unbe- über die Situation informiert und aufgeklärt. Au- handelt gelassenen Bestand die Ausbreitung der ßerdem wurden sie darauf hingewiesen, das Holz Rußrindenkrankheit ab Frühjahr 2020 untersucht innerhalb kürzester Zeit abzufahren und zu verwer- werden. ten. Die energetische und stoffliche Nutzung ist nach Einschätzung von Wald und Holz NRW in Arbeitsschutz entrindetem Zustand unbedenklich. Bei der Abfuhr des Energiehackholzes und des Industrieholzes Aus Arbeitsschutzgründen wurde auf eine motor- sollte vorsorglich die Ladung abgedeckt werden, manuelle Ernte verzichtet und vollständig mit Har- um Sporenflug zu verhindern. vester und Forwarder gearbeitet. Auf Empfehlung der NW-FVA soll der Maschineneinsatz zusätzlich In anderen Bergahorn-Beständen auf weniger bei feuchtem und möglichst windstillem Wetter schweren Standorten des Reviers Memsen kann durchgeführt werden. Darüber hinaus gab es An- man anfängliche schwarze Nekrosen am Stamm weisung an die Maschinenführer, die Kabine zu je- erkennen. Möglicherweise ist die Rußrindenkrank- der Zeit geschlossen zu halten und die Lüftung heit bereits auch in diesen Beständen letal vorhan- nicht auf Außenluft zu schalten. So sollte ein Kon- den, aufgrund deutlich mehr pflanzenverfügbaren takt mit den Sporen verhindert werden. Die Sporen Wassers aber noch nicht zum Ausbruch gekom- oder auch Konidien können unter Umständen zu men. Das sollte jedoch kein Grund für einen „vor- allergischen Reaktionen unterschiedlichen Aus- sorglichen“ Einschlag gesunder Bäume sein, da maßes führen. Ebenfalls möglich sind entzündli- sich der Bergahorn auf geeigneten Standorten von che Veränderungen der Lungenbläschen. Auch hier der Rußrindenkrankheit durchaus erholen kann. gibt es Hinweise in den Waldschutzinformationen Die Fragestellung für die Zukunft ist, ob auch schon der NW-FVA und auch des Landesbetriebes Wald die kleinen anfänglichen Nekrosen eine umfang- und Holz NRW (Waldschutz-Infomeldung Nr. reichere Holzentwertung durch Verfärbungen her- 2/2020). Das Julius-Kühn-Institut schätzt das Er- vorrufen. 왎 krankungsrisiko als gering ein. Gefährdet seien le- diglich Personen, die berufsbedingt ständig den Lars Neumeyer Sporen ausgesetzt sind bzw. bei denen Vorerkran- Forstinspektor-Anwärter am kungen der Lunge bestehen. Niedersächsischen Forstamt Nienburg Besuchen Sie uns auch im Internet unter www.bdf-online.de 6 BDFaktuell 6 2020
WALDSCHUTZ Wald 2020 – quo vadis? Der Kölner Kabarettist Jürgen Becker, bekannt aus den WDR-Mitternachtsspitzen, würde vielleicht so anfangen: „Jetz stelle mer uns doch erst mal janz doof un fraren, wat wolle mer eijentlich fürne Wald bei uns han?“ Forstfachlich frei übersetzt könnte das auch heißen: Welche Anforderungen an den Wald von heute und morgen stellen eigentlich Forstleute, Waldbesit- zende, Politik und Gesellschaft? Dieser Wald sollte wohl am besten: gesund, gemischt, stabil, ertragreich, zuwachs- stark, schön, immer wieder selbstverjüngend, ab- wechslungsreich, mit dicken Bäumen, auch mit Totholz, aber auch mit reichlich (zahlreichen und artenreichen) jungen Bäumchen, geeigneter Le- bensraum für seltene Tiere und Pflanzen, Filter und Spender für saubere Luft und bestes Wasser u. v. m. sein, vielfältige Erholungsangebote liefern und ver- tragen. Und wie sieht der Wald von heute tatsächlich vieler- orts aus? Einfach nur beklagenswert, großflächig kahl ge- Selbst kalkulierte Worst-Case-Szenarien zumindest Die Wälder im Stadt- schlagen, abgestorben oder sicher bald absterbend, für NRW mussten für das Jahr 2019 zwischenzeitlich forstamt Remscheid auf dem Weg zum vielfach schlecht gepflegt, (zu) häufig nur aus einer anhand der vorliegenden Ist-Kalamitätsmengen gemischten Dauerwald Baumart bestehend, da meist multipel verbissen um mehr als 100 % nach oben korrigiert werden. und langfristig entmischt, übernutzt, monoton, ge- Bislang haben diese Anfragen gefühlt nur zu voll- fährdet usw. mundigen Ankündigungen, aber zu keinen fakti- Ja, das sind sicher die krassesten Formen und Bei- schen Hilfen für meinen Forstbetrieb geführt. spiele und es gibt durchaus auch andere, Hoffnung machende Beispiele. Wie viele hundert Millionen Euro wurden uns Forst- leuten im vergangenen Jahr noch mal zugesagt? Nach unzähligen seit dem Jahre 2018 stattgefunde- nen Waldgipfeln, Waldpakten, Task-Forces auf Bun- Von der aktuellen Corona-Pandemie konnten und des- und Landesebenen etc. frage ich mich heute, sollten wir eines lernen: im April 2020, was mir als Leiter und uns als urban geprägtem Stadtforstamt mit Privatwaldbetreuung Politik und Gesellschaft hören in Krisenzeiten auf das bislang alles eigentlich tatsächlich gebracht hat. Aussagen von Wissenschaftlern. Tun sie das seit 2018 eigentlich auch ausreichend im Zusammen- Wie viel (unbürokratische) Hilfe ist bislang tatsäch- hang mit den katastrophalen Waldschäden? lich bei uns angekommen? Im Ergebnis stelle ich resignierend fest, dass etwa Hier sähe ich unsere forstliche Verbandslandschaft genauso viel heiße Luft produziert wurde, wie der- jedenfalls viel mehr in der Pflicht, genau das einzu- zeit durch unsere geplagten und abermals trocke- fordern, um endlich eine nachhaltige Waldwende nen Wälder gepustet wird. einzuleiten und den Schalter umzulegen. Die quälenden und laufenden Abfragen zur Ermitt- Millionen und Milliarden für Aufforstungen nur mit lung von Festmetern und Schadflächen an Verbände anderen Baumarten werden unsere Probleme nicht und Forstbehörden sind doch spätestens in 14 Tagen, wirklich lösen, wenn neben den notwendigen kli- wenn diese Zahlen auf Bundesländer- oder Bun- matischen Vorausetzungen nicht auch passende desebene zusammengetragen und ausgewertet wur- rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen wer- den, wieder veraltet und daher keineswegs valide. den. Es sei denn für die eigentlich notwendigen BDFaktuell 6 2020 7
(und bilanziell überfälligen) außerplanmäßigen Ab- Bekanntlich eignen sich dauerwaldartige und ge- schreibungen auf die Anlagebilanzen der öffentli- mischte Waldstrukturen dafür eigentlich am bes- chen und privaten Forstbetriebe. Aber darüber wird ten. Warum machen wir es dann nicht auch und eben besser nicht gesprochen. setzen dies zumindest für die uns anvertrauten öf- fentlichen Wälder um und schaffen die dafür erfor- Auch wird über Waldbrandprävention und deren derlichen Rahmenbedingungen für diesen Wald- unbedingt verbesserungswürdige technische Aus- umbau? stattung nur dann gesprochen, wenn es, wie im Ap- ril in NRW (Waldbrände in Gummersbach, Olpe, Von der Corona-Pandemie könnten wir auch lernen: Niederkrüchten) mehrfach zu beklagen, vielleicht Alles kann und muss in Krisenzeiten infrage gestellt schon zu spät ist. werden dürfen – warum nicht auch in der aktuellen Waldkrise? Wir benötigen endlich eine immer wieder gefor- derte neue Wald- und Jagdgesetzgebung und ein Packen wir es endlich an, die Zeiten dafür werden längst überfälliges, tatsächlich waldfreundliches nie besser werden. 왎 Umdenken auch in den Köpfen vieler Forstleute, Waldbesitzender und Verbandsfunktionäre. Markus Wolff Leiter des Stadtforstamtes Remscheid und Wäre das Narrativ unseres forstlichen Tuns nicht Vorstandsvorsitzender der viel anschlussfähiger und in einer zunehmend (na- Waldgenossenschaft Remscheid eG turentfremdeten) kritischen Gesellschaft akzep- tiert, wenn wir als Hauptziel unserer Waldbewirt- schaftung ausgeben würden: Wir wollen Wald-Ökosystemdienstleistungen nachhaltig und optimal erfüllen – also die best- mögliche, sicherste und dauerhafteste Verbindung von Ökonomie, Ökologie und Sozialem. Forschungsschwerpunkte an der NW-FVA Die Herausforderungen des „globalen Wandels“, wie z. B. weltweite Waldvernichtung, Weltbevölke- rungswachstum, Rohstoffverknappung und nicht zuletzt der Klimawandel, haben mittel- und unmit- telbare Auswirkungen auf unsere Ökosysteme. Vor allem der Wald steht hier wegen der klimagünsti- gen Wirkungen im besonderen Fokus. Somit erge- ben sich auch für die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) neue Herausforderun- gen, um Antworten auf die Fragen der forstlichen Praxis, aber auch der Gesellschaft zu finden. Klimawandel Natürlich sind Klimaschutz und -anpassung priori- Dr. Thomas Böckmann täre Forschungsschwerpunkte. Hier geht es vor ist seit 1. April Direktor allem um die Erforschung der klimabedingten Ver- der Nordwestdeutschen änderungen und Risiken für den Wald (Bodenwas- Forstlichen Versuchs- anstalt ser- und Kohlenstoffhaushalt, Durchwurzelung, Trockenstress, Grundwasserneubildung, Nährstoff- 8 BDFaktuell 6 2020
WALDNATURSCHUTZ entzug, Kalkung, Standort-Leistungsbezug u. a.), um daraus dann Szenarien und Optionen für eine klimaangepasste Waldentwicklung bzw. einen standortsabhängigen Waldschutz zu erstellen. Nicht zuletzt geht es vor allem auch um die Identi- fikation von klimaangepassten Baumarten. Die wirtschaftliche Situation aller Betriebe in der Urproduktion ändert sich erheblich mit dem Kli- mawandel. Die Entwicklung eines Risikomanage- ments unter Berücksichtigung der Erhaltung der Standortspotenziale, der Verbesserung der beste- henden Monitoringsysteme für Boden und Wald(-Schäden) und der Entwicklung von internet- basierten Modellen zur Risikoabschätzung steht dabei im Fokus der Forschung. Auch soll der Siche- rung der Rohholzversorgung durch effizientere Rohholzverwertung, mittelfristige Bedarfsanalysen der Energie- und Holzsparte sowie angepasste Auf- kommensprognosen und Bereitstellung von leis- tungsstarkem, klimabezogenem Vermehrungsgut Beachtung geschenkt werden. Ein weiterer Schwerpunkt der Forschung ist die Si- cherung der Biodiversität, über die in einem weite- ren Beitrag aus der NW-FVA anlässlich der Grün- dung der Abteilung Waldnaturschutz berichtet wird. NW-FVA aufgrund der letzten Extremsommer Erholung im Wald Die zukünftige Steuerung der Betriebe muss sich 2018/19 weiter zugespitzt. Noch nie wurden in ei- (hier an der Werra) ist gerade in Zeiten von den verändernden Rahmenbedingungen anpassen. nem Frühjahr derart hohe Anzahlen bereits vor- Corona sehr gefragt Neben der Dynamisierung der Standortserfassung handener, überwinterter Borkenkäfer erwartet. sind die Weiterentwicklung der Inventur- und Pla- Riesige Käfermengen treffen auf vom Wasserman- nungsmethoden, die Anpassung der Waldschutz- gel nur wenig erholte Fichtenbestände; gleich zu konzepte, die Sicherung der Nährstoffnachhaltig- Beginn der Käfersaison muss mit umfangreichem keit und die Entwicklung von Qualitätsstandards in frischem Stehendbefall gerechnet werden. der biologischen Produktion (u. a. in der Pflege, Verjüngung und Nutzung) wichtige Ansätze, um die Nicht nur in den stark geschädigten Regionen sind Betriebe für den Klimawandel zu rüsten. Forstbetriebe dabei, erhebliche Mittel in die neue Waldgeneration zu investieren. Aufgrund der wei- Gesellschaftliche Anforderungen ter wachsenden Schadflächen kommen große Her- ausforderungen auf den Kulturschutz zu. Neben Gesellschaftliche Anforderungen an den Wald ha- Trockenstress treten hohe Mäusedichten und ben sich wirksam verändert und bedürfen einer nä- schnell wachsende Rüsselkäferpopulationen zu- heren, wissenschaftlichen Betrachtung. Die Forst- nehmend in Erscheinung. Komplexere und wach- wirtschaft muss sich vermehrt einer sende Waldschutzprobleme erfordern noch tiefer ethisch-moralischen Rechtfertigung der nachhalti- gehendes Wissen der Waldbewirtschafter zu Fragen gen Holznutzung unterziehen. Die bisherige Öf- des integrierten Waldschutzes, der Risikoschwel- fentlichkeitsarbeit und die Umweltbildung schei- lenwerte und effektiver Bekämpfungsmaßnahmen. nen nur noch teilweise zu greifen. Daher gilt es, Aber auch aktuelle und schon bekannte Komplex- Leitlinien und Konzepte zu entwickeln, die die ge- krankheiten mit hohem Schadenspotenzial (Maikä- sellschaftlichen Megatrends zur Stärkung der eige- fer, ESP, Diplodia, Rußkrankheit, Wurzelschwamm nen Positionierung nutzen und der Sicherung einer u. a.) müssen weiter erforscht werden. Auch hier nachhaltigen, naturnahen Forstwirtschaft dienen. wird die NW-FVA mit Hilfestellungen und Beratun- gen zukünftig gefordert sein. 왎 Waldschutz und Verjüngung Dr. Thomas Böckmann Die derzeit größte Herausforderung ist die Borken- käferkalamität. Die Gefährdungslage durch Bor- kenkäfer hat sich auch in den 4 Trägerländern der BDFaktuell 6 2020 9
Neue Abteilung Waldnaturschutz che von Wäldern mit natürlicher Entwicklung in den vier Trägerländern der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA), Niedersach- sen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Hol- stein, Rechnung. In einem großen Teil dieser Na- turwaldgebiete wird die Abteilung Waldnaturschutz zukünftig für Monitoring und Forschung zuständig sein. Sie baut damit auf der Arbeit des bisherigen Sachgebiets Waldnaturschutz/Naturwaldforschung auf. Die neue Abteilung wird durch Dr. Peter Meyer ge- leitet und in die beiden Sachgebiete Naturwaldfor- schung sowie Arten- und Biotopschutz unterglie- dert. Um die umfangreichen neuen Aufgaben wahrnehmen zu können, sollen in naher Zukunft sechs neue Stellen für Felderhebungen und wissen- schaftliche Mitarbeit eingerichtet werden. Der Naturwald Limker Strang im Solling im Die am 1. April gegründete Abteilung Waldnatur- Sachgebiet Naturwaldforschung schutz der Nordwestdeutschen Forstlichen Ver- Jahr 2018 suchsanstalt leitet Dr. Peter Meyer. Für Dokumentation, Monitoring und Forschung in den Naturwaldreservaten sowie in zahlreichen wei- Klimawandel, Stoffeinträge, Senkung des Grund- teren Wäldern mit natürlicher Entwicklung ist das wasserspiegels, neuartige Baumkrankheiten und Sachgebiet Naturwaldforschung zuständig. Bei der Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbe- langfristigen Untersuchung der natürlichen Wald- dingungen – die Unsicherheiten für die Forstwirt- entwicklung werden die folgenden thematischen schaft haben erheblich zugenommen. Auch die Schwerpunkte verfolgt: vergangenen beiden Trockenjahre und die diesjäh- 왎 Walddynamik nach Störungen wie Insektenbefall rige Frühjahrstrockenheit führen uns die Brisanz und Witterungsextremen (z. B. Stürmen, Trocken- der Umweltveränderungen deutlich vor Augen. heit) Gleichzeitig gehören Erhaltung und Wiederherstel- 왎 Entwicklung der biologischen Vielfalt, auch im lung der biologischen Vielfalt zu den wichtigsten Vergleich zur forstlichen Bewirtschaftung Voraussetzungen für die nachhaltige Nutzung un- 왎 Entwicklung der Baumartenzusammensetzung serer Wälder. 왎 Dynamik der horizontalen und vertikalen Struk- tur einschließlich Alt- und Totholz Lösungen für die Harmonisierung naturschutzfach- 왎 natürliche Verjüngung licher und forstwirtschaftlicher Zielsetzungen sind daher mehr denn je gefragt. Solche Lösungen müs- Darüber hinaus dokumentiert das Sachgebiet den sen langfristig ausgerichtet sein und die unter- Stand der Wälder mit natürlicher Entwicklung in den schiedlichen Waldfunktionen berücksichtigen. Sie Trägerländern der NW-FVA (NWE-Informationspor- sind oftmals komplex und bedürfen einer substan- tal, https://www.nw-fva.de/index.php?id=678), leistet ziellen wissenschaftlichen Grundlage. Beratung in methodischen Fragen der Naturwaldfor- schung und bereitet die Forschungsergebnisse für die Abteilung Waldnaturschutz forstliche und naturschutzfachliche Praxis auf (s. https://www.nw-fva.de/NwInfo/ und https:// gegründet www.nw-fva.de/index.php?id=679). An praxisnahen und wissenschaftlich fundierten Naturschutzkonzepten arbeitet das Team der am Sachgebiet Arten- und 1. April 2020 neu gegründeten Abteilung Waldna- turschutz. Die Gründung der Abteilung trägt sowohl Biotopschutz dem allgemeinen Bedeutungszuwachs von Natur- Das Sachgebiet Arten- und Biotopschutz erarbeitet schutzfragen im Wald als auch der gestiegenen Flä- praxisorientierte Konzepte für Schutz, Pflege und 10 BDFaktuell 6 2020
WALDNATURSCHUTZ Regeneration der großen Vielfalt von Arten und Le- bensräumen in unseren Wäldern. Im Zentrum der Betrachtung stehen dabei natürliche und naturna- he Waldlebensgemeinschaften sowie durch traditi- onelle, heute selten gewordene Waldnutzungsfor- men entstandene Biotope. Für deren Entwicklung sind neben den standörtlichen Bedingungen und dem Ausbreitungspotenzial der Arten auch die Landnutzungs- und Landschaftsgeschichte von we- sentlicher Bedeutung. Die Renaturierung von Wald- mooren oder Konzepte für die Wiederaufnahme historischer Waldnutzungsformen unter heutigen Rahmenbedingungen sind typische Beispiele. Dr. Peter Meyer leitet die am 1. April Weitere Schwerpunkte bilden Verfahren für Moni- gegründete Abteilung Waldnaturschutz der toring und Wirkungskontrolle im Waldnaturschutz Nordwestdeutschen sowie die Weiterentwicklung von Indikatorensyste- Forstlichen Versuchs- men für die biologische Vielfalt (z. B. Waldarten-, anstalt Naturnähe- oder Störungszeigerlisten). 왎 Eckpunkte zur Waldstrategie 2050 Wie bereits berichtet, hat die Bundesregierung im Outsourcing der vergangenen Jahrzehnte ist an Koalitionsvertrag vereinbart, die Waldstrategie Grenzen gestoßen bzw. hat diese vielfach offenbar 2020 fortzuschreiben. Der angedachte Zeithorizont schon überschritten. Der WBW fordert, dass es kei- soll sich bis zum Jahr 2050 erstrecken. Die neue ne Zwei- oder gar Dreiklassengesellschaft in der Waldstrategie wird zurzeit in der Forstabteilung des Waldarbeit geben darf, bei der Regiearbeiter ange- Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) ent- messene oder hohe soziale Standards genießen, worfen. Dabei werden die Verbände verschiedener während Arbeiten mit hoher Unfall- und Gesund- waldrelevanter Interessengruppen eingebunden. heitsgefährdung und geringer Arbeitsplatzsicherheit Im Frühjahr 2021 soll die neue Waldstrategie vom auf Forstunternehmen und temporär beschäftigte Bundeskabinett verabschiedet werden. Subunternehmer verlagert werden. Der WBW warnt außerdem davor, dass das zu erwartende zeitgleiche Nun hat auch der Wissenschaftliche Beirat für Ausscheiden des Personals der geburtenstarken Waldpolitik (WBW) beim BMEL eine Stellungnahme Jahrgänge zu einem deutlichen Verlust an Erfah- „Eckpunkte der Waldstrategie 2050“ abgegeben. rungswissen führen wird. Das gilt vor allem für Re- Auf 75 Seiten äußert er sich ausführlich zu 10 ver- vierleitungstätigkeiten, die zum Teil stark auf loka- schiedenen Handlungsfeldern. Für uns als Berufs- lem Erfahrungswissen basieren. Ein dringender verband und Forstgewerkschaft ist das Kapitel 3 Handlungsbedarf sei daher bei der Verjüngung aller „ Arbeit, Technologie und Digitalisierung“ von be- Berufsgruppen geboten. sonderer Bedeutung. Letztere hat in der alten Waldstrategie 2020 noch überhaupt keine Rolle ge- Das alles sind Forderungen, denen sich der BDF spielt. sicher uneingeschränkt anschließen kann. Der WBW beschreibt deutlich die Herausforderun- Die gesamte lesenswerte Stellungnahme des WBW gen der demografischen Entwicklung für die Forst- finden Sie unter www.bdf-online.de/service/ branche. Der Bedarf an qualifizierten Forstwirten bdf-aktuell. könne bei Forstunternehmern im Inland häufig nicht mehr gedeckt werden. Insgesamt werden nach Über den weiteren Werdegang bei der Fortschrei- seiner Einschätzung die Aufgaben und Beschäfti- bung der Waldstrategie 2050 werden wir in BDF ak- gungsverhältnisse auf allen Ebenen der Forstberufe tuell noch ausführlich berichten. 왎 vielfältiger und komplexer. Die Beschäftigungsver- hältnisse bei forstlichen Dienstleistungsunterneh- UD men seien darüber hinaus zum Teil unklar. Das BDFaktuell 6 2020 11
Studieren zu Zeiten von Corona? tal angebotenen Skripten und PowerPoint-Präsen- tationen kamen sogar die alten Bücher wieder zu ihrem Recht. Manch einer hat sogar seine Vorle- sung als Film aufgenommen oder zu seiner Präsen- tation eine Tonspur besprochen ... Aber einige Lehrformen lassen sich nicht digitali- sieren. In Übungen kommt es darauf an, Erfahrun- gen mit eigenen Sinnen zu sammeln, Praktika ver- mitteln komplexe Einsichten, Exkursionen ohne Digitale Vorlesung von Prof. Herzog unter Wald ergeben kaum einen Sinn. Hier kommt es Beachtung des „Social darauf an, die Regeln auszuschöpfen, ohne sie zu Distancing” verletzen. Unter Beachtung der Abstandsregeln dürfen z. B. nur noch halb so viele Studierende ins Zugegeben, auch die Universitäten waren nicht Labor gelassen werden. Das heißt aber, dass die vorbereitet auf eine solche Situation. gleiche Übung nicht wie bisher siebenmal, sondern 14-mal angeboten werden muss. Am ehesten las- Aber wie funktioniert ein Studium, wenn die sen sich noch Exkursionen im Wald organisieren, Uni-Tore geschlossen sind? Die TU Dresden hat An- solange streng auf Abstand geachtet wird. fang März alle Häuser verschlossen, nur die absolut notwendigen Personen hatten mit Sondergeneh- Ziel ist es, die geplanten Kompetenzen in der vor- migung des Rektors Zutritt. Nur so ist zu erklären, gegebenen Zeit zu vermitteln. Wenn dabei einmal dass sich bei 32.000 Studierenden und über 8.000 ein ungewöhnlicher Weg eingeschlagen wird, ist Mitarbeitern kaum mehr als eine Handvoll infiziert das kein Problem, solange das Ergebnis stimmt. hat. Aber wie fährt man den Betrieb wieder hoch? Viele Prüfungen können trotz der außergewöhnli- chen Rahmenbedingungen unverändert abgenom- Pünktlich am 6. April begannen die Vorlesungen. men werden. Bei anderen Prüfungsformen wie z. B. Jede/-r eingeschriebene Studierende erhielt vom Referaten sind kreative Lösungen gefragt, die je jeweiligen Modulverantwortlichen eine Mail, in nach Thema und Fach sehr unterschiedlich ausfal- der die wichtigsten Daten, Ablaufinformationen len können. Und wenn Studierende der Meinung und Prüfungsmodalitäten mitgeteilt wurden. Au- sind, dass sie benachteiligt werden, dann haben sie ßerdem wurden Hilfestellungen angeboten, sofern die Chance, die Prüfung im nächsten Sommer zu es den Studierenden schwerfällt, sich digital an der wiederholen. Denn wir hoffen darauf, dass ab dem Universität einzuloggen. Die Universitätsleitung Wintersemester das Studium wieder in geregelten hat vielfältige Angebote geschaffen, mit denen Vi- Bahnen ablaufen kann. deo-Konferenzen, Online-Klassenzimmer usw. or- ganisiert werden konnten. Jeder Einzelne war auf- Eines jedoch wird bleiben: Die Digitalisierung an gefordert, nach Lösungen zu suchen, die seinem der Uni hat einen Schub erfahren, der auch nach Lehrkonzept am ehesten entsprachen. Neben digi- Corona weiter genutzt wird. Gerade für Studentin- nen und Studenten, denen eine ständige Präsenz am Studienort schwerfällt, stehen nun wertvolle Lernmittel zur Verfügung, die man auch aus der Ferne nutzen kann. Schon mitten im Experiment Wir haben einen Austausch zu kreativen Lösungen zur muss den Beteiligten, Dozenten, Mitarbeitern und Lehre an Hochschulen initiiert und bitten die Studierenden Studierenden, hohe Anerkennung gezollt werden. um aktive Mitgestaltung. Auf unserer Homepage Mit professionellem Ernst und Mut zu Neuem ma- www.BDF-online.de/corona veröffentlichen wir Eure Erfahrungen. chen sie das Beste aus der Situation. So sind wir Wenn Ihr Eure Erfahrungen/Bilder/Kommentare beisteuern zuversichtlich: Das Sommersemester im Jahr 2020 möchtet, schreibt sie in unseren Blog https://bdftalkbox.wordpress.com oder lasst sie uns wird ein vollwertiges Sommersemester werden – per Mail zukommen: redaktion@bdf-online.de. (fast) ohne Abstriche und mit vollem Anspruch. 왎 Dr. Jörn Erler Professor für Forsttechnik an der TU Dresden mit Sitz in Tharandt und zurzeit Studiendekan 12 BDFaktuell 6 2020
BAYERN Wald und Forstwirtschaft sind systemrelevant Unter dem Titel „Wald und Forstwirtschaft sind sys- temrelevant“ hat der BDF bayernweit eine Presse- mitteilung versandt, um auf den Klimanotstand im Wald hinzuweisen, der sich ungeachtet von Corona zunehmend verschärft. Auszüge aus der Pressemitteilung: Die Welt steckt durch die Corona-Pandemie in ei- ner globalen Krise. Die rasche Zuspitzung der Lage ist erschreckend und zeigt, wie verwundbar die Menschheit ist. Bei aller persönlichen Betroffen- heit sollte jedoch nicht vergessen werden, dass Klimaerwärmung und zunehmende Wetterextre- me sich gerade zu einer zweiten globalen Krise entwickeln. Fakt ist: Klimawandel findet statt. Derzeit rasanter denn je. Die ökonomischen wie ökologischen Folgen werden gravierend sein. Des- wegen fordern Waldbesitzer und Forstleute die Politik auf, alles zu tun, um die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen, und wirksame Maßnahmen zur Stabilisierung der Wälder zu tref- fen. Ansonsten sind auch unsere bayerischen Wäl- Waldumbau und die Waldpflege deutlich voran- Allein 2019 sind durch der, wie wir sie kennen und brauchen, nicht zu zubringen. Borkenkäfer, Trocken- heit und Windwurf retten. riesige Kahlflächen ent- Der Klimawandel wartet nicht und nimmt leider standen. Betroffen sind Konkret bedeutet dies: auch keine Rücksicht auf eine Pandemie. Wir müs- Fichte, Kiefer, Buche … sen im Wald trotz Corona und aller Einschränkun- „Investitionen in den Wald sind daher dringend gen im öffentlichen Leben jetzt handeln.“ und sofort erforderlich. Der Waldumbau muss im gesamten Wald Bayerns vorangebracht werden. Überarbeitete BDF-Forderungen Dazu 왎 muss das hervorragende bayerische Waldum- Vor der Corona-Pandemie hatte der BDF seine For- bauförderprogramm für den Privat- und Kommu- derungen aus der Resolution vom Oktober 2019 nalwald fortgesetzt werden; überarbeitet (siehe Kasten, nächste Seite). Es wird 왎 muss die im Jahr 2018 beschlossene und für sich zeigen, was bei den jetzigen Rahmenbedin- Deutschland wegweisende Waldumbauoffensive gungen durchsetzbar sein wird. 왎 2030 fortgeführt und insbesondere der geplante Personalaufbau in der Bayerischen Forstverwal- tung schneller als geplant umgesetzt werden; Landesgeschäftsstelle 왎 muss der Freistaat Bayern seiner Vorbildrolle in Telefon (0 92 66) 9 92 11 72 der Waldbewirtschaftung gerecht werden. Dazu info@bdf-bayern.de müssen für das Unternehmen Bayerische Staats- forsten deutlich mehr finanzielle Mittel zur Ver- fügung gestellt werden, um mehr Förster und Waldarbeiter zusätzlich einzustellen und den Kennen Sie schon den Internetauftritt des BDF Bayern: www.bdf-bayern.de? BDFaktuell 6 2020 13
BAYERN Ausrichten des Staatswaldes auf Im Kommunalwald den Klimaschutz 왎 ist den massiven Waldschäden und dem ver- stärkten Waldumbau umfassend Rechnung zu Der BDF begrüßt die konsequente Ausrichtung der tragen. Daher muss für alle Kommunen Staatswaldbewirtschaftung auf den Klimaschutz. 왎 die Wahlfreiheit dauerhaft erhalten bleiben, wie Allerdings müssen zur raschen Schadensbewälti- sie ihre vorbildliche Waldbewirtschaftung orga- gung und für eine Weiterentwicklung zu klimasta- nisieren wollen; dazu gehört auch die Option, bilen Wäldern die Betriebsleitung/-ausführung gegen Entgelt 왎 dem Unternehmen Bayerische Staatsforsten an die Forstverwaltung zu übertragen; deutlich mehr Finanzmittel zur Verfügung ge- 왎 der Kommunalwaldpakt durch eine neutrale Ein- stellt werden; richtung umfassend und transparent evaluiert 왎 die Pensionslasten des Unternehmens Bayer. werden. Staatsforsten vom Staatshaushalt getragen werden; 왎 in den kommenden drei Jahren 100 zusätzliche Bei den Forstlichen Zusammen- Förster eingestellt werden, um eine naturnahe und kleinflächigere Waldbewirtschaftung zu er- schlüssen (FZUS) möglichen; nur mit mehr Personal kann auch die 왎 muss der hohen Personalfluktuation durch at- notwendige Öffentlichkeits- und Naturschutzar- traktive und sichere Arbeitsplätze entgegenge- beit im ausreichenden Maß geleistet werden und wirkt werden; sich den Herausforderungen des Klimawandels 왎 sind die Arbeitsplätze dauerhaft zu sichern; dazu erfolgreich entgegengestellt werden; muss die wirtschaftliche Abhängigkeit der FZUS 왎 das Staatsforstengesetz und andere einschlägige vom Holzmarkt weiter verringert werden; ein Verordnungen an eine konsequente Ausrichtung Baustein hierfür ist eine höhere staatliche Förde- des Staatswaldes als Klimaschutzwald angepasst rung; werden; 왎 müssen die Förderprobleme infolge der „De-mi- 왎 weitere großflächige Stilllegungen unterbleiben; nimis-Förderobergrenzen“ auf EU-Ebene umge- 왎 der Abbau von Forstwirtstellen gestoppt und hend gelöst werden; neue Forstwirte eingestellt werden; 왎 ist die Kooperation mit der Forstverwaltung wei- 왎 der lokale Markt an forstlichen Dienstleistern ge- ter zu intensivieren; dazu muss die Forstverwal- stärkt werden. tung u. a. die neuen „FZUS-Koordinatoren“ un- geschmälert zur Verfügung stellen. Die 700.000 Privatwaldbesitzenden In der Bayerischen Forstverwaltung 왎 in Bayern benötigen deutlich mehr Unterstüt- zung und Beratung. Viele haben weder das Wis- 왎 sind die bereits zugesagten 200 zusätzlichen sen noch die Betriebsmittel, um ihren oft sehr Förster bereits in den nächsten fünf Jahren (bis kleinen Wald zu pflegen bzw. umzubauen. Zu- 2025) in unbefristeten Arbeitsverhältnissen ein- dem sind durch den völlig zusammengebroche- zustellen; nen Holzmarkt Existenzen von Waldbesitzern, 왎 sind die im Bericht des Runden Tisches „ Arten Fuhr- und Forstunternehmern bedroht. Daher ist und Naturschutz“ unter Moderation von Land- 왎 die erhöhte finanzielle Unterstützung zur Scha- tagspräsidenten a. D. Alois Glück geforderten densbewältigung sowie für den Waldumbau dau- „zusätzlichen Fachpersonalstellen bei den Unte- erhaft zu erhalten, ren Forstbehörden“ auszubringen; 왎 die neutrale, unentgeltliche Beratung der Forst- 왎 ist die Forschung zu neuen Baumarten und Her- verwaltung für die Waldbesitzenden zu erhalten künften zu intensivieren; und weiter auszubauen. 왎 ist die Ausbildung von Forstwirten und Forstwirt- schaftsmeistern für Wiederaufforstung und Kul- turpflege im Privat- und Körperschaftswald aus- zubauen; 왎 müssen Dienstposten für die neuen FZUS-Bera- ter geschaffen und mit echten Stellenanteilen hinterlegt werden. In allen Waldbesitzarten sind die jagdlichen Rah- menbedingungen für die Waldverjüngung stark zu verbessern. Der Waldumbau braucht engagierte Jä- ger, damit die Potenziale durch Naturverjüngung genutzt werden und die Hauptbaumarten auf den Wetterextreme und Stürme nehmen zu. riesigen Waldumbauflächen im Wesentlichen ohne Die Schäden an den Wäldern sind stellenweise dramatisch. Schutzmaßnahmen aufwachsen können. 14 BDFaktuell 6 2020
BAYERN BaySF: Forst-Trainees statt Forstreferendare Die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) sind – wie und die Nachteile der Methode auszugleichen. Die viele andere Forstbetriebe und Forstverwaltungen Mitglieder des Gesamtpersonalrats konnten bestä- auch – durch die demografische Entwicklung gefor- tigen, dass die Videokonferenzen fair verliefen. dert, den Generationswechsel in ihrer Führungs- Auch die Rückmeldungen der Prüflinge waren mannschaft vorausschauend zu gestalten: Um durchweg positiv. frühzeitig Mitarbeiter an sich zu binden, führt die BaySF daher seit diesem Jahr in der QE 4 (vormals Trainee-Bedingungen höherer Forstdienst) ein Traineeprogramm ein. Die Nachwuchskräfte werden von den BaySF dabei di- Die vier ausgewählten künftigen Trainees schließen rekt nach dem Studium ausgesucht und leisten ih- mit den Bayerischen Staatsforsten einen Bildungs- ren Vorbereitungsdienst nicht als Beamte auf Wi- vertrag ab und werden dann vom Unternehmen in derruf, sondern als Angestellte der BaySF ab. Dabei die Ausbildungszeit entsandt. Diese ist nahezu bleibt die Zusammenarbeit mit der Bayer. Forstver- identisch mit dem Forstreferendariat der Bayeri- waltung erhalten und die Ausbildung von Trainees schen Forstverwaltung. Gemeinsam mit den Refe- und Referendaren wird größtenteils gemeinsam rendaren durchlaufen die Trainees die Forstschule, durchgeführt. einen Forstbetrieb und ein AELF. Lediglich die Pro- jektarbeit ist zwingend bei den BaySF zu fertigen. Trainee-Auswahl per Skype Das Gehalt der Trainees wird netto dem der Forst- referendare entsprechen. Zusätzlich bieten die Im Vorfeld warb die Personalabteilung der BaySF BaySF ihren Trainees während der Ausbildungszeit mit Erfolg an den forstlichen Universitäten für das an der Forstschule Lohr eine Wohnungsmöglich- Traineeprogramm, sodass zahlreiche Bewerbungen keit in einem Forsthaus an. Zudem wird sich die in Regensburg eingingen. Für die Bayerischen Auswahl der Forstbetriebe an den Interessen der Staatsforsten ist es dabei sehr wichtig, bereits heu- Trainees orientieren. te die richtige Auswahl bei den jungen Hochschul- absolventen zu treffen. Die neuen Trainees erhal- Am Ende der Ausbildung schreiben die Trainees ten nämlich ein verbindliches Stellenangebot der eine wortgleiche Prüfung wie die Forstreferendare BaySF, falls sie die Abschlussprüfung bestehen, un- und dürfen die Bezeichnung „ Assessor“ führen. abhängig von der später erzielten Abschlussnote. Diese wird jedoch formal nicht als Große Forstliche Um die geeignetsten künftigen Mitarbeiter zu fin- Staatsprüfung anerkannt und berechtigt somit den, wählten die BaySF aus den Bewerbungen 12 auch nicht zum Eintritt in das Beamtenverhältnis Kandidatinnen und Kandidaten aus und führten der Bayerischen Forstverwaltung. mit ihnen ein Assessment-Center durch. Nach erfolgreichem Abschluss der Prüfung werden Aufgrund der Coronakrise war es jedoch nicht mög- den Trainees unbefristete Beschäftigungsverträge lich, ein Assessement-Center in der bisherigen als Arbeitnehmer der BaySF angeboten. Form abzuhalten. Deshalb wurde ein innovativer Weg beschritten und die Auswahl durch Vorstel- Vor- und Nachteile der lungsgespräche mit Skype-Videokonferenzen durchgeführt. Die strukturierten Interviews fanden Ausbildung als Trainee an drei Tagen statt. Dabei wurden die Mitglieder Die Arbeitsplatzsicherheit bei erfolgreichem Prü- des Gesamtpersonalrats zu den Videokonferenzen fungsabschluss war eines der wesentlichen positi- als Beobachter zugeschaltet. ven Kriterien, die die Bewerber nannten, weshalb sie sich als Trainee der BaySF bewarben. Daneben Gute Atmosphäre werteten sie die Möglichkeiten positiv, früh in Ver- antwortung zu gelangen und sich auch jagdlich zu Die Veranstaltungen fanden in einer professionel- engagieren. Als weiche Faktoren bietet das Unter- len und freundlichen Atmosphäre statt, wobei das nehmen zudem ein Mentoringkonzept und die persönliche Erleben der Bewerber natürlich leider Möglichkeiten zu intensivem Networking an. fehlte. Die Prüfer wurden aus Regensburg, Mün- chen und Schliersee zugeschaltet, was sehr gut technisch umsetzbar war. Sie bemühten sich, den Bewerberinnen und Bewerbern gerecht zu werden BDFaktuell 6 2020 15
BAYERN Der Nachteil dieser Art der Ausbildung: Die Trainees der politisch gewünschte und vom BDF stets gefor- legen formal keinen Vorbereitungsdienst und kei- derte unkomplizierte Personalwechsel zwischen ne Laufbahnprüfung ab. Dies schließt eine spätere BaySF und Forstverwaltung weiter erschwert. 왎 Übernahme der BaySF-Trainees in ein Beamtenver- hältnis bei der Bayerischen Forstverwaltung grund- sätzlich aus. Somit wird mit der Traineeausbildung Oberpfalz-Senioren bei Maschinenbauer Hier besuchten die Oberpfälzer Senioren am 4. März mit einer 23 Personen starken Gruppe die Firma SENNEBOGEN Maschinentechnik. Nach der Begrüßung wurden mit einem Film Werkstruktur und Fertigungspalette vorgestellt. Vom Rohmateri- al bis zur gewünschten Maschine wird alles werk- seitig produziert. Produziert wird auf Bestellung nach der Devise: Geht nicht – gibt’s nicht! Interes- sant für uns war auch das vielseitige Angebot von SENNEBOGEN-Maschinen für holzverarbeitende Betriebe. Nach der zweistündigen Werksbesichtigung führte der Weg vorbei am Franziskus-Marterl, wo die Kol- legen Arnold Kimmerl und Klaus Pöhler über die damaligen WAA-Unruhen berichteten, und an- schließend zum Mittagessen nach Steinberg am See. Nach ordentlichem Mittagstisch erläuterten unsere Bezirksvorsitzenden Alwin Kleber und Os- wald Hamann Neues aus Betrieb und Verwaltung, dem sich eine rege Diskussion und Querinformati- Die Oberpfälzer Ziel des heurigen Informationstreffens der Ober- on anschloss. Die informative und bemerkenswer- Senioren beim pfälzer Senioren war das Industriegebiet Wackers- te Veranstaltung schloss Kollege Rudi Prebeck, der Maschinenbauer SENNEBOGEN dorf. Einst für die Wiederaufbereitungsanlage neben der Organisation auch die Leitung für den (WAA) vorgesehen, wurden in der Folge zahlreiche kurzfristig erkrankten Uli Keltsch übernahm. 왎 Industrien mit vielen Arbeitsplätzen als Ersatz der ehemaligen Bayerischen Braunkohlen-Industrie Ulrich Keltsch angesiedelt. NOCH MEHR STAATLICHE RIESTER-ZULAGEN! Mehr Infos hier: http://goto.bdf-sozialwerk.de/mehrriester Am Weingarten 18 · 90518 Altdorf info@bdfsozialwerk.de www.bdf-sozialwerk.de http://goto.bdf-sozialwerk.de/riester SOZIALWERK DES BUNDES DEUTSCHER FORSTLEUTE UND DER ANGESCHLOSSENEN VERBÄNDE GMBH 16 BDFaktuell 6 2020
BAYERN Genehmigung von Saufängen Angesichts der Ausbreitung der Afrikanischen 3.1 dargestellten Bauweisen. Davon unberührt Schweinepest müssen alle rechtlich zulässigen bleiben andere bereits von den unteren Jagdbehör- Möglichkeiten im Rahmen der Schwarzwildbeja- den genehmigte Bauweisen. Bei allen anderen gung ausgeschöpft werden. Dies hat der Leiter der Bauweisen ist wie bisher, insbesondere unter Ein- Bayerischen Forstverwaltung, MDirig Hubertus beziehung des Tierschutzaspekts, zu verfahren. Wörner, in einem Schreiben an die höheren und unteren Jagdbehörden klargestellt. Zu diesen Mit- Die Erlegung sollte nach Nr. 4.2.3 Empfehlungen teln zählen explizit auch Saufänge. des Thünen-Instituts auch tageszeitenunabhängig und mit möglichst geringer Lautstärke im Fang er- Nach Art. 29 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG folgen können. Insoweit kommen auch Ausnah- können Saufänge in Bayern im Einzelfall durch die men von den Verboten des § 19 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. zuständige untere Jagdbehörde genehmigt werden. b BJagdG (Reduktion von Mindestauftreffenergie Saufänge können mobile Fanggeräte oder stationä- auf 100 m und Mindestkaliber), § 19 Abs. 1 Nr. 5 re, also ortsfeste, stabil umzäunte Einrichtungen Buchst. a BJagdG (Nachtsichttechnik, Vorrichtun- sein. Als geeignet und tierschutzgerecht gelten gen zur Beleuchtung des Ziels) sowie Art. 29 Abs. 2 ohne weitere Prüfung die vom BMEL gebilligten, in Nr. 7 BayJG (Schalldämpfer) in Betracht. 왎 den Empfehlungen des Thünen-Instituts unter Nr. BRANDENBURG / BERLIN Trennung von Hoheit und Landeswaldbewirtschaftung Ergibt sich daraus ein umfangreichste Reform seit über 100 Jahren Forst- Evaluierungsbedarf? wirtschaft wurde dennoch vollzogen. Eine Evaluie- Dass Einsparungen besonders wirksam durch den Ab- rung stand nur auf dem Papier und wurde nie durch- bau von Personal realisiert werden können, ist eine geführt. unternehmerische Binsenweisheit. Dass sich eine drastische und im Falle des Landes Brandenburg Neben dem Personalabbau und der körperlichen mehrmals wiederkehrende Personalreduzierung in Kostentrennung führte dieser Prozess zu einer deutli- der Forstverwaltung irgendwann zwangsläufig negativ chen Spezialisierung in den Revieren. Zudem wurden auf die Sicherstellung der gesetzlichen Aufgabener- Aufgaben aus den Revieren hin zu landesweit operie- füllung auswirkt, war absehbar. Dennoch wurden die renden Spezialisten ausgelagert. Doch diese Art der Folgen für die Handlungsfähigkeit der Forstverwal- Spezialisierung hatte weitreichende Folgen. tung weitgehend ausgeblendet. Spezialisierung 2012 Trennung Hoheit und Der Landeswaldförster war nun plötzlich weder für Betrieb den Waldschutz noch für Waldpädagogik oder die Be- Als sich im Zuge dieser selbst herbeigeführten Aufga- ratung des privaten Waldbesitzers zuständig. In ho- benverdichtung abzeichnete, dass nunmehr nicht heitliche Vorgänge im Landeswaldrevier wurde er nur alle bisherigen Aufgaben erfüllt werden konnten, noch einbezogen, wenn landeseigene Belange oder wurde ab dem Jahr 2012 die politische Forderung Liegenschaften betroffen waren. Diese Aufgabenbe- nach Trennung von Hoheitsaufgaben und Landes- reiche waren nun ausschließlich in der Stellenbe- waldbewirtschaftung in der Forstverwaltung umge- schreibung des Hoheitsrevierförsters verankert, der setzt. Ein fachliches Gutachten dazu gab es nicht. Die seinerseits wiederum kaum noch berufliches Interes- BDFaktuell 6 2020 17
BRANDENBURG / BERLIN se für Holzpreise oder Waldbauverfahren aufbringen Qualitätssicherung? musste. Und da diese beiden spezialisierten Re- Nun wären die Einschnitte einer Reform für die Mit- vierförster von gleichermaßen aufgabenbereinigten arbeitenden vermutlich erträglich, wenn die Arbeits- Hoheits- und Landeswaldoberförstereien angeleitet ergebnisse dennoch einem hohen Qualitätsstandard wurden und sich die einheitliche Betrachtung nur entsprächen. Im Rahmen der Einheitsforstverwaltung noch in Person des Direktors des Landesbetriebes auf Revierebene wie in Thüringen oder Mecklen- Forst Brandenburg (LFB) widerspiegelte, folgte der burg-Vorpommern kein Problem, weil der unvermeidliche Riss durch den Personalkörper, weil Revierförster für alle Fragen in seinem Revier zu- man sich wie nie zuvor von der Gesamtverantwor- ständig ist, egal ob Hoheit oder Landeswaldbewirt- tung für die Fläche abwenden und hinter die Erfül- schaftung und ohne Doppel- oder Dreifachzustän- lung seiner speziellen Aufgabe zurückziehen konnte. digkeit anderer Mitarbeiter auf der gleichen Fläche. Die Auswirkungen auf ein betriebliches Gesamtziel Landesforstverwaltung musste man als Einzelner Beispiel Beratung nicht mehr vertreten. Privatwaldbesitzende Und die forstliche Seele? Hier ein Beispiel aus Brandenburg: Nur noch der Hoheitsrevierförster ist für die forstliche Beratung Was aber noch viel gravierender wirkte, war die emp- des Privatwaldes zuständig. Allerdings bewirtschaf- fundene Demütigung derjenigen Förster, die mit der tet er keinen Wald mehr, in dem er die entspre- Spezialisierungsreform ab 2012 „nur“ eine Stelle als chenden örtlichen Erfahrungen mit Baumarten Hoheitsrevierförster oder als sonstiger Spezialist er- oder verschiedenen Waldbauverfahren sammeln hielten und damit das niederschmetternde Urteil, kann. Insbesondere die in Brandenburg nach 2011 nicht gut genug für die berufliche Kernaufgabe der eingestellten Kollegen haben keine Berufserfah- Waldbewirtschaftung zu sein. Diese Mitarbeitenden rung in einem forstlichen Wirtschaftsbetrieb. empfinden sich bei gleichen Fähigkeiten bis heute Zwangsläufig nimmt die Beratungskompetenz der als Revierförster zweiter Klasse. Eine wirksamere Me- Hoheitsrevierförster mit der Zeit ab. Der Staat ist thode, Humankapital zu vergeuden und reihenweise also nur noch bedingt in der Lage, seine im Wald- Demotivierung in eine Verwaltung zu pflanzen, ist gesetz verankerte Aufgabe vollumfänglich zu erfül- wohl kaum denkbar. Da wirkte das politische Argu- len. Diese Entwicklung ist in Mecklenburg-Vor- ment der sozialverträglichen Vorgehensweise bei die- pommern oder Thüringen undenkbar. ser Umstrukturierung eher als schwacher Trost. Letztlich hat sich die Landesforstverwaltung Bran- Im Gegenteil. Die vermeintliche Effizienz von Spezia- denburgs mit der Trennung nach Hoheits- und Lan- listen sowie die politische Forderung nach Kosten- deswaldrevieren auch insofern ein Eigentor ge- trennung dienten als Totschlagargument. Darüber, schossen, als über Jahrzehnte spezialisiertes dass Kostentrennung auch möglich ist, ohne eine Personal zukünftig kaum noch multivalent einge- Verwaltung in mundgerechte Portionen zu zerha- setzt werden kann. Der flexible Einsatz des Perso- cken, wurde nicht einmal nachgedacht. Die Schaf- nals durch den Arbeitgeber wird damit nicht nur fung zweier Klassen von Revierförstern wurde wis- auf Revierebene erschwert bis unmöglich gemacht. sentlich in Kauf genommen. Die Begriffe Humankapital, Motivation und Bürgerfreundlichkeit Beispiel Waldbrandbekämpfung wurden aus dem Wortschatz gestrichen. Bis heute, acht Jahre nach der Aufspaltung der Verwaltung, ist Weiteres Beispiel: Spätestens der Großbrand in immer noch keinem Bürger klar, wann er mit wel- Treuenbrietzen hat Fragen bezüglich der Hand- chem Anliegen zu welcher Oberförsterei gehen muss. lungsfähigkeit des Landesforstbetriebes aufgewor- Wenigstens dies scheint eine Form von Nachhaltig- fen. Damit ist nicht die Aufopferung der einzelnen keit zu sein. Forstkollegen gemeint, die teils bis zur persönli- chen Erschöpfung versucht haben, das Notwendige zu leisten. Damit ist gemeint, dass eine Hoheits- oberförsterei als selbstständige Verwaltungseinheit Mögen Sie nun mal keinen direkten Zugriff auf die Technik- stützpunkte der Landeswaldoberförstereien hat. uns schon? Die Landeswaldkollegen ihrerseits haben wieder- um prinzipiell keine Veranlassung, Waldbrandtech- nik und Bedienungspersonal für eine Aufgabe vor- Dann liken Sie uns zuhalten, für die sie aufgrund der Spezialisierung nicht zuständig sind, und das gilt grundsätzlich auch auf Facebook. auch für einen Waldbrandbereitschaftsdienst. 18 BDFaktuell 6 2020
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