Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung

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Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung
Dinant - Collégiale et Citadelle - ©WBT - Bruno D’Alimonte

                         belgische
                         Ardennen
                         Zauberhafte

Willkommen in der Wallonie
Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung
Inhalt          03
                                                                                                                                                                                                                                           Genuss                                                             Kunststädte                                                            Aktiv
            Nordsee
                                                               Niederlande

                                                                                                                                                                                                        Foto WBT/Bruno D´ Alimonte

                                                                                                                                                                                                                                                                                    Foto WBT/Denis Erroyaux

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Foto Dominik Ketz
                                                                                                                                                                                                                                04                                                                       16                                                              26
                                                                                                                                                                                                                                        GENUSS                                                                 KUNSTSTÄDTE                                                    AK TIV
                                                                                                                                                                                                                                04 Genuss am Fluss                                                       16    Sommer in der Stadt                                       26   Aktiv in den Ardennen
                                                                                                                                                                                                                                        Die Menschen im Süden Belgiens                                         Die Städte in der Wallonie atmen viel                          Für Naturtouristen bietet die Wallonie

          Flandern
                                                                                                                                                                                                                                        wissen zu leben und lassen ihre Gäste                                  Historie und präsentieren gleichzeitig                         eine malerische Kulisse sowie ein sehr gut
                                                                                                                                                                                                                                        gerne am Savoir-vivre teilhaben.                                       ihre moderne Urbanität.                                        ausgebautes Wander- und Radfahr-Netz.
                                                                                    Deutschland

                     Belgien
                                                                                                                                                                                                                                        GENER ATION W                                                          NAMUR                                                          WANDERN

                                                 Brüssel                                                                                                                                                                        06 Von Meistern und Sternen 18                                                 Die Kunst der Langsamkeit                                      Wildschwein, Schinken,
                                                                                                                                                                                                                                        Das Netzwerk von Meister- und Sterne-                                   Die wallonische Gelassenheit findet                      28   Trappistenbier
                                                                                                                                                                                                                                        köchen will die kulinarischen Stärken der                               in ihrer Hauptstadt Namur ihren                               Genuss in den Aktivpausen steht für
                                                           5                     Lüttich                                                                                                                                                Wallonie gemeinsam weiterentwickeln.                                   ­Höhepunkt.                                                    Wanderer in den Ardennen noch vor
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              dem Gipfelsturm.

                                                                      2       Hohe Venn                                                                                                                                                 GENUSS-TOUR                                                            MA ASTAL

                 Tournai          1      Namur                                                                                                                                                                                  10      Zeit für eine Tour                                               20 Leben am Fluss                                                    R ADFAHREN

                                                                                                                                                                                                                                        de Wallonie                                                            Prächtige Täler, trutzige Schlösser und                        Immer der Trasse nach
                             Mons                                                                                                                                                                                                       In der Wallonie ist das Herstellen von                                 malerische Städte laden an der Maas und                   30   Die Vennbahn bietet 125 Kilometer
                                  Charleroi                                                                                                                                                                                             Nahrungsmitteln ein Kunsthandwerk.                                     ihren Nebenflüssen zum Verweilen ein.                          ­Radelgenuss fast ohne Steigungen.

                                                               Wallonie
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Eine alte Bahntrasse macht es möglich.

                                                     4                                                                                                                                                                          12
                                                                                                                                                                                                                                        BIER-ROUTE

                                                                                                                                                                                                                                        Blonde, Ambre, Brune                                             22
                                                                                                                                                                                                                                                                                                               CHARLEROI

                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Kunst statt Kohle
                                                                                                                                                                                                                                        oder mit Schuss                                                        Die größte Stadt der Wallonie war das
                                                                                                                                                                                                                                        Das belgische Bier zählt zu den                                        Herz der Montanindustrie. Heute be-
       Frankreich                                           Maastal                                                                                                                                                                     ­sortenreichsten der Welt.                                             stimmt das Kulturangebot den Pulsschlag.                                              In fo s u
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 n te r

                                                                          3                                                                                                                                                                                                                                                                                                             We it e re
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   N-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         BE LG IE S .DE
                                                                                     Luxemburg                                                                                                                                  14
                                                                                                                                                                                                                                        PROVINZ LÜT TICH

                                                                                                                                                                                                                                        Vier Wege zum Genuss
                                                                                                                                                                                                                                                                                                               MONS
                                                                                                                                                                                                                                                                                                         24 Viel Zeit für moderne                                                      TO U R I
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                SM U

                                                                                                                                                                                                                                        Vier neue Genussrouten, eine Reihe                                  Tradition
                                                                                                                                                                                                                                        von Sehenswürdigkeiten und die un-                                     Im wandelbaren Mons trifft Mittelalter
WALLONIE                                                                                                                                                                                                                                mittelbare Nähe machen die Provinz                                     auf Kulturhauptstadt, UNESCO-
REGION                                                                                                                                                                                                                                  Lüttich zum Ziel der Wahl.                                             Welterbe auf Kunstbiennale.
                                                                                                 Illustrationen © AdobeStock/charlesperrault, gz_1301, rea_molko

 Amtssprache:
 Französisch, Deutsch
                        Bevölkerungsdichte:
                        214 Einwohner pro km 2           1 Hennegau
 Verwaltungssitz:
 Namur
                         Regionaler Feiertag:
                         dritter Sonntag im              2 Lüt tich                5                                                                                                                                            Impressum

 Fläche:                ­S eptember                                           Wallonische                                                                                                                                       Herausgeber                            Chefredaktion                                            Schlussgrafik                                    Das Magazin Reisewelt ist eine

                                                         3 Luxemburg
                                                                                                                                                                   Foto Cover © WBT/Bruno D´ Alimonte

 16.844 km 2            Hymne:
                        Le Chant des Wallons
                                                                               Provinzen                                                                                                                                        Markt1 Verlagsgesellschaft mbH
                                                                                                                                                                                                                                Markt 1, 45127 Essen
                                                                                                                                                                                                                                                                       Guido Schweiß-Gerwin                                     Sigrid Herffs,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Katja Müller
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Beilage der WELT am SONNTAG.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Erscheinungstermin ist der
 Einwohner:                                                                                                                                                                                                                     Tel.: +49 201 1095-195                 Redaktion                                                                                                 4. Juni 2017.

                                                         4 Namur
 ca. 3,6 Millionen      ( „Das Lied der Wallonen“)                                                                                                                                                                              E-Mail: info @ markt1-verlag.de        Petra Lapps,                                             Redaktioneller Beirat
                                                                                                                                                                                                                                                                       Heike Reinhold,                                          Belgien-Tourismus                                Herstellung und Druck
                                                                                                                                                                                                                                Konzeption und Realisation             Michael Sänger (freier Autor)                            Wallonie                                         Roto Smeets, Weert, Niederlande

                                                         5 Wallonisch-Brabant
                                                                                                                                                                                                                                CP/COMPARTNER                                                                                   Marc Goulier,
                                                                                                                                                                                                                                Markt 1, 45127 Essen                   Art Direction                                            Eva Claushues,
                                                                                                                                                                                                                                Tel.: +49 201 1095-0                   Carsten Cimander                                         belgien-tourismus.de
                                                                                                                                                                                                                                www.cp-compartner.de
Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung
04     Genuss                                                  Genuss   05

Genuss am Fluss
Die Menschen im Süden Belgiens wissen zu leben und lassen
ihre Gäste gerne am Savoir-vivre teilhaben: belgisches Bier,
eine französisch inspirierte Küche und eine traumschöne
­L andschaft in direkter Nachbarschaft.

                                                                             Foto © WBT/Bruno D´ Alimonte
Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung
06   Genuss                                                                                                                                                                                                                                       Genuss       07

                                                                                            Fotos Antoine Mélis
                Von
                                                                                                                                                 Maxime Collard                     Eric Martin                   Julien Lahire

              Meistern                                                                                                     V
                                                                                                                                          or uns sitzt ein junger Mann. Fast schüchtern    men. Schlüssel für eine regional orientierte, aber zugleich
                                                                                                                                          fragt er freundlich, was wir trinken möchten.    weltoffene Küche sind die heimischen Lieferanten von
                                                                                                                                          Und lässt es sich nicht nehmen, uns selbst den   Fleisch, Obst und Gemüse. „Kräuter und weitere Zutaten
                                                                                                                                          bestellten Kaffee zu machen und zu servieren.    stammen je nach Saison aus dem eigenen Garten. Das
                                                                                                                           Dabei ist er ein Star. Mit 25 Jahren eröffnet Maxime            Wild kommt aus den nahe gelegenen Wäldern, die Forel-

              und Sternen
                                                                                                                           ­Collard sein erstes eigenes Restaurant, nur ein Jahr später    len aus der Our“, erzählt Collard. Der Bezug zur Region,
                                                                                                                            folgt der erste Michelin-Stern für das „La Table de            die Authentizität seiner Kreationen sind ihm sehr wich-
                                                                                                                            ­Maxime“. Heute ist er 33 Jahre alt und Chef von vier Häu-     tig. Auch im „La Table de Maxime“ ist diese Echtheit
                                                                                                                             sern, neben dem Stammhaus betreibt er „Les Terrasses de       spürbar. Das umgebaute Bauernhaus versprüht eine ge-
                                                                                                                             l’Our“, „Les Jardins de Maxime“ und „La Fabrique du Pré       lungene Kombination aus Rustikalität und dem gehobe-
                                                                                                                             Maho“. Das Kochen wurde ihm in die Wiege gelegt.              nen Ambiente eines Sternerestaurants – einfach zum
                                                                                                                             „Schon als Kind habe ich meiner Oma über die Schulter         Wohlfühlen. Sechs Zimmer im Stammhaus und eine Rei-
                                                                                                                             geschaut, mit ihr Konfitüre zubereitet, ihr beim Dessert      he weiterer Übernachtungsmöglichkeiten ergänzen das
                                                                                                                             geholfen“, erzählt er mit leiser Stimme. Schon bald ist       Portfolio.
                                                                                                                             sein Entschluss klar: Der Traumberuf heißt Koch. Bereits
                                                                                                                             mit 14 Jahren geht er auf eine Hotelfachschule. Bevor er      STA DT, L A N D, SCH LOSS
                                                                                                                             sich in seiner Heimatstadt Paliseul an der Our selbststän-    Für Eric Martin gibt es keine Rivalität zwischen den
                                                                                                                             dig macht, arbeitet er fünf Jahre in dem Drei-Sterne-Haus     ­Köchen der „Generation W“. „Warum auch“, fragt er uns.
                                                                                                                             Karmeliet in Brügge, zuletzt als Sous-Chef. „Bei uns im        „Gemeinsam können wir viel mehr erreichen.“ Und das,
                                                                                                                             Ort gab es kein Restaurant, nur eine Bar und einen Im-         obwohl manche Häuser nur wenige Kilometer voneinan-
                                                                                                                             biss.“ Das wollte Collard ändern.                              der entfernt liegen. Ein Schlüssel der Zusammenarbeit
                                                                                                                                                                                            sind die lokalen und regionalen Lieferanten. Zwar gibt es
                                                                                                                           Genuss bedeutet für ihn, die Natur seiner Heimat zu spü-         keine Einkaufsgemeinschaft, aber wenn jemand einen
                                                                                                                           ren, die Gerüche von Garten und Kräutern aufzunehmen             neuen Produzenten entdeckt, teilt er es den anderen der
                                                                                                                           und dadurch Inspirationen für seine Küche zu bekom-              Gruppe mit und alle profitieren bei Bedarf davon. »

                                                                                                                                                                                                           Stilvoll geht es in den Restaurants der Meister- und
                                                                                                                                                                                                           Sterneköche der „Generation W“ zu. Ein grüner Gruß aus
                                                                                                                                                                                                           der Küche, modernes Ambiente und herzliche Gastfreund-
                                                                                                                                                                                                           lichkeit bilden den Rahmen zu einem köstlichen Menü.
                 Die Wallonie im Süden Belgiens gilt als Genuss­
                 region, ist aber für deutsche Touristen oft noch
                 ein Geheimtipp. Die „Generation W“, ein Netz-
                 werk von Meister- und Sterneköchen, will die
                 ­kulinarischen Stärken der Wallonie gemeinsam
                  präsentieren und weiterentwickeln. Alle 22 Köche
                  bilden beim diesjährigen Foodfestival in Namur
                  Anfang Juli zusammen mit ihren Lieferanten eine
                  lange Tafel. Wir haben schon vorher probiert.
                                                                                                    Foto © WBT/Denis Erroyaux

                 Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN
                                                                     Foto © Antoine Mélis

                                                                                                                                                                                                                                                                    Foto Antoine Mélis
Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung
08              Genuss                                                                                                                                                                                   Genuss           09
                                                                                  Gemeinsam mit seinem Sohn Tristan betreibt Eric Mar-            faches steinernes Landhaus abbilden. Kaum vorstellbar,
                                                                                  tin das „Lemonnier“ in Lavaux-Sainte-Anne. Auch bei             wie viel Energie nötig war, diesen Zufluchtsort für Gäste
Authentizität steht im
Mittelpunkt der Küche der                                                         ihm hat das Kochen Tradition in der Familie. Seine Mut-         aus halb Europa mitten im Nichts zu schaffen. „Viele
„Generation W“. Hingabe zu                                                        ter war Chefköchin im Restaurant von Schloss Lavaux-            deutsche Urlauber nutzen unser Haus als Station auf dem
den regionalen Produkten                                                          Sainte-Anne, sein Vater Direktor im Schloss. Zunächst           Weg nach Frankreich und lassen sich hier verwöhnen“,
und ihrer traditionellen wie
ebenso innovativen Zuberei-                                                       übernahm Eric die Position von der Mutter, später mach-         freut sich Julien. Die Autokennzeichen auf dem Parkplatz
tung stehen im Mittelpunkt –                                                      te er sich mit dem „Lemonnier“ im Ort selbstständig. Sein       zeugen von einer Mischung aus niederländischen, flämi-
und natürlich der Gast.                                                           Sohn Tristan hat das Talent und die Passion geerbt. Aus-        schen, französischen, englischen und auch deutschen
                                                                                  gangspunkt ihrer Küche sind authentische Produkte.              Gästen.
                                                                                  „Wir wollen, dass unsere Gäste das Terroir schmecken
                                                                                  und fühlen“, sagt Eric. Ähnlich ist es mit den neun Gäs-        Wie in vielen Häusern der Sternegastronomie in der Wal-
                                                                                  tezimmern. Auch diese sollen den Charakter des Dorfes           lonie nehmen wir einen Aperitif im Salonbereich – hier
                                                                                  und der Natur in der Region widerspiegeln.                      im Wintergarten. Während wir mit kleinen Köstlichkei-
                                                                                                                                                  ten verwöhnt werden, wählen wir aus der Karte unser
                                                                                  VE R STECK T U N D WI E D E RG E FU N D E N                     Gericht – das Menü Gourmand mit Weinbegleitung. Wir
                                                                                  Im Wald von Noirefontaine, einem Ortsteil von Bouillon,         geben uns ganz in die Hände von Julien Lahire und sei-
                                                                                  ganz im Süden der Wallonie unweit der französischen             nem aufmerksamen Team und werden nicht enttäuscht.
                                                                                  Grenze, ist die „Auberge Du Moulin Hideux“ – der Name           Dreieinhalb Stunden dauert unser Mahl. Zum Dessert
                                                                                  sagt es – versteckt. „Meine Eltern hatten ein Restaurant in     ziehen wir uns in die Clubsessel vor dem Kamin im Salon
                                                                                  La Roche-en-Ardenne. Im Zweiten Weltkrieg wurde es              zurück. Nach diesem intensiven Erlebnis für alle Sinne
                                                                                  zerstört. Sie haben sich hierhin zurückgezogen und ein          fallen wir erschöpft ins Bett – die Moulin Hideux bietet
                                                                                  neues Restaurant aus der Mühle gemacht“, erzählt Julien         zwölf komfortable Zimmer, die den romantischen Auf-
                                                                                  Lahire und zeigt auf die Fotos an der Wand, die ein ein-        enthalt im Waldversteck komplettieren.

                                                                                            D I E M E I S T E R K Ö C H E D E R G E N E R AT I O N W.
                                                                                                                                                generationw.be

                                                                                                 Benoit Neuzy                                                                                Oliver Bourguignon
                                                                                             L’Impératif in Roucourt                                                                        Le d’Arville in Wierde
                                                                                                  limperatif.be                                                                                  ledarville.be
                                                                                                   Carl Gillain                                                                               Philippe Fauchet
                                                                                             L’Agathopède in Namur                                                               Restaurant Philippe Fauchet in Saint-Georges
                                                                                                 theroyalsnail.com                                                                            philippefauchet.be
                                                                                               Christophe Pauly                                                                               Philippe Meyers
                                                                                       Le Coq aux Champs in Soheit-Tinlot                                                        Restaurant Philippe Meyers in Braine L’Alleud
                                                                                               lecoqauxchamps.be                                                                              philippe-meyers.be
                                                                                                                                           Jean-Philippe Watteyne
                                                                                               Clément Petitjean                                iCook! in Mons                                 Pierre Résimont
                                                                                            La Grappe d’Or in Torgny                          restaurant-icook.be                    l’Eau Vive in Riviere ( Profondeville)
                                                                                                 lagrappedor.com                                                                                   eau-vive.be
                                                                                                                                                 Julien Lahire
                                                                                                  Didier Galet                      Auberge du Moulin Hideux in Noirefontaine               Sang Hoon Degeimbre
                                                                                       Restaurant Didier Galet in Sprimont                      moulinhideux.be                            L’Air du Temps in Liernu
                               Fotos (oben, rechts und Seite 9) © Antoine Mélis

                                                                                                  didier-galet.be                                                                                airdutemps.be
                                                                                                                                                    Laury Zioui
                                                                                           Eric und Tristan Martin                   L’Eveil des Sens in Montigny-le-Tilleul                   Stéphane Diffels
                                                                                        Lemonnier in Lavaux Sainte-Anne                           l-eveildessens.be                         L’Air de Rien in Fontin
                                                                                                  lemonnier.be                                                                                    lairderien.be
                                                                                                                                                  Mario Elias
                                                                                                Fabrizzio Chirico                          Le Cor de Chasse in Wéris                           Thomas Troupin
                                                                                          Le Délice du Jour in Gerpinnes                        lecordechasse.be                           La Menuiserie in Waimes
                                                                                                 le-delicedujour.be                                                                             lamenuiserie.eu
                                                                                                                                               Martin Volkaerts
                                                                                     Jean-Baptiste und Christophe Thomaes                    L’Armandier in Genval                           Ludovic Vanackere
                                                                                        Le Chateau du Mylord in Ellezelles                        amandier.be                            Atelier de Bossimé in Loyers
                                                                                                    mylord.be                                                                                 atelierdebossime.be
                                                                                                                                                Maxime Collard
                                                                                                                                      La Table de Maxime in Our ( Paliseul)
                                                                                                                                                maximecollard.be
Foto © Dominik Ketz
Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung
10      Genuss                                                                                                                                                                                                                                                                                 Genuss          11

                                                                                                                                                                    Foto WBT/                                                          Foto WBT/
                                                                                                                                                                    Emmanuel Mathez                                                    Denis Erroyaux
                                                                                                                                                                                        Foto WBT/David Samyn                                               Foto WBT/Jean-Paul Remy

Wallonie
                                    Zeit für eine
                       Tour de                                                                                                                                      getrocknete Salami aus den Ardennen kostet, kann den
                                                                                                                                                                    Unterschied schmecken, denn eine echte Saucisson
                                                                                                                                                                    braucht Zeit, um ihren Charakter zu entfalten. Vielerorts
                                                                                                                                                                    kann man die Wurst probieren und sich ein Bild von der
                                                                                                                                                                                                                                   vinz Luxemburg gekommen. „Ich wollte eigentlich nur
                                                                                                                                                                                                                                   einen Freund in Luxemburg besuchen, war auf der Suche
                                                                                                                                                                                                                                   …“ Er ist ein Quereinsteiger. Seine Pralinen jedenfalls
                                                                                                                                                                                                                                   sind köstlich und die Zusammensetzung der Zutaten ist
                                                                                                                                                                    Herstellung machen. Beispielsweise in „La Ferme des            nicht selten kreativ. Die Besonderheit ist die Frische,
                                                                                                                                                                    Sanglochons“ in Verlaine, einem Ortsteil von Neufchâteau.      denn er produziert immer nur für die Folgewoche. Der
                                                                                                                                                                    Bis vor zwei Jahren ist bei Christine Schumann – die           Laden hat nur mittwochs und freitags am Nachmittag
                                                                                                                                                                    ­Eltern stammen aus dem Elsass – Fleisch von Mischlingen       sowie am Samstag geöffnet. Die übrige Zeit benötigt Jean
                                                                                                                                                                     von Wild- und Hausschweinen verarbeitet worden, einer         für die Herstellung der süßen Verführer. Der Produkti-
                                                                                                                                                                     Züchtung, die auf den Gründer der „Ferme“ zurückgeht.         onsraum befindet sich direkt im Anschluss an den Ver-
     Artisanal – der Begriff beschreibt perfekt die Haltung der                                                                                                      Daher stammt der Name „Sanglochon“. Die typische              kaufsraum, dazu noch ein kleiner Lagerraum – mehr ist

                                                                                                                                        Foto © WBT/Denis Erroyaux
     Wallonen zur Produktion von Nahrungsmitteln. In der ge-                                                                                                         ­A rdenner Taverne wirkt sehr einladend, die Fenchel­         es nicht. Während unseres Gesprächs werden wir immer
     nussorientierten Wallonie geht es nicht um die Herstellung,                                                                                                    salami ist gut durchgereift und würzig, der Schinken aus       wieder von Kunden unterbrochen. Das Konzept scheint
     sondern das Kunsthandwerk, das eine Vielzahl von Delika-                                                                                                       Entenbrust ein Gedicht, dazu ein hauseigenes Bier. Wir         aufzugehen. Auch für Biertrinker, die oft eher etwas Sal-
                                                                                                       Philippe Bouillon. Inhaber der
                                                                                                                                                                    lassen es uns gut gehen.                                       ziges zum Biergenuss favorisieren, hat er mit seinem
     tessen im ganzen Land gebiert. Eine kulinarische Tour.		                                          Schinkenmetzgerei Bouillon &
                                                                                                       Fils in La Roche-en-Ardenne.                                                                                                Freund Chris nicht nur ein eigenes Bier unter dem Label
     Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN
                                                                                                                                                                    D E R D U F T D E R G RÜ N E N WI E S E N                      „jeanchris“ entwickelt, sondern verschiedene passende
                                                                                                                                                                    Der Genießer ahnt es – auch der Käse aus der Wallonie          Pralinés dazu, u.a. mit Meersalz, Mandeln und Nougat
                                                                                                                                                                    braucht Zeit für sein volles Aroma. Der „Fromage de            oder eine Mischung aus Zartbitter und Sesam.
                                                                                                                                                                    Herve“, eine ebenso geschützte Ursprungsbezeichnung,

           W
                            ir folgen Philippe Bouillon in die Tiefen   Monate Reifezeit, je nach Größe des Schinkenstücks sind                                     reift bis zu sechs Wochen in den feuchten Kellern der
                            seines Kellers. „Gespenster und Geheim-     nötig, damit der Schinken seinen ganz eigenen Charakter                                     Käsereinen in Herve in der Provinz Lüttich. Der „­ Piquant
                            nisse“, sagt er mit einem schelmischen      entwickeln kann. Wir probieren ein paar Scheiben unter-                                     Extra“ braucht mindesten zwei Monate, um seine ganze
                            Grinsen auf dem runden Gesicht und
           führt uns auf einer schmalen Steintreppe weiter hinunter.
                                                                        schiedlicher Reifegrade – je älter, je besser lautet das Ur-
                                                                        teil. Rund 1.000 Jambon d’Ardenne stellt Bouillon im
                                                                                                                                                                    Würze zu entfalten. Freunde milderer Sorten schätzen
                                                                                                                                                                    den intensiven Geruch nicht so sehr. Für Käseliebhaber
                                                                                                                                                                                                                                   1.000-JÄHRIGE WEINBAUREGION
           Philippe hat die Schinkenmetzgerei Bouillon & Fils in La     Jahr her und beliefert damit abseits des Verkaufs im eige-                                  ist es ein ganz besonderer Duft. Daneben gibt es eine          A L S W E I N BAU L A N D ist die Wallonie nicht übermäßig bekannt. Es existieren
                                                                                                                                                                                                                                   erst seit wenigen Jahren drei offizielle Appellationen (AOC). Die bekannteste AOC
           Roche-en-Ardenne von seinem Vater übernommen. Das            nen Geschäft auch eine Reihe weiterer Metzger im Um-                                        Reihe weiterer Käsesorten. Auch der Ziegenkäse aus den         hat die Herkunftsbezeichnung „Côtes de Sambre et Meuse“ (seit 2004). Laut den
           stattliche Geschäft mit kleiner Probierstube nebenan be-     kreis von rund 80 Kilometern. „Ich habe viele Kunden aus                                    Ardennen zählt in der Spitzengastronomie des Landes            Studien des belgischen Historikers Joseph Halkin aus dem 19. Jahrhundert begann
           steht seit 62 Jahren. In den Gewölben angekommen er-         Flandern, den Niederlanden und auch aus Deutschland.                                        zur abschließenden Käseplatte.                                 der Weinbau mit der Ausbreitung der Christianisierung. Messwein war gefragt.
                                                                                                                                                                                                                                   Der Anbau von Wein in Wépion, bekannt auch durch die Erdbeeren, jährt sich 2018
           klärt er uns en Detail den Weg vom Schwein zum traditi-      Aber man muss schon persönlich herkommen, Online-                                                                                                          zum tausendsten Mal. Noch vertrauen die Gastronomen mehr den französischen
           onellen Jambon d’Ardenne. „Ardenner Schinken gibt es         Versand mache ich nicht.“                                                                   U N D ZU M SCH LU SS ET WA S SÜ SS E S                         Weinen – auch hier wird es seine Zeit brauchen.
           seit 2.500 Jahren“, sagt Philippe. Schon die alten Römer                                                                                                 Die Schokolade tropft von der Decke. Nicht nur bildlich.
           sollen Geschmack daran gehabt haben. Nur Fleisch aus         R AU H E S L A N D – FE I N E KÖSTLI CH K E ITE N                                           Überdimensionale dunkelbraune Tropfen hängen über
                                                                                                                                                                                                                                                                             ✣
                                                                                                                                                                                                                                   D E U T L I C H B E K A N N T E R DAG E G E N I S T D E R P E K E T, ein Wacholder-
           der Region, nur Eichen- und Buchenholz zum Räuchern,         Um die „Saucisson d’Ardenne“, die traditionelle Mett-                                       unseren Köpfen, nachdem wir die kleine Manufaktur              brand, der dem Leben dem Wort nach die richtige Würze verleiht. Peket darf auf
           nur Meersalz mit einer eigenen Mischung von Kräutern –       wurst aus den Ardennen, gab es zuletzt öffentliche Strei-                                   von Jean-Francois Vaux in Habay-la-Neuve betreten ha-          keinem Fest fehlen. In Namur gibt es an der Place du Marché aux Légumes einen null
           Philippe Bouillon möchte die Tradition und das Beson-        tereien mit Produzenten aus dem benachbarten Flan-                                          ben. Er nennt sich selbst nur „Jean le Chocolatier“, das ist   Kilometer Grenzstein für Peket. Ab dort kann jeder Interessierte messen, wie weit
                                                                                                                                                                                                                                   er beim Genuss des Wacholderbrandes beim Stadtfest noch kommt. Zurück findet
           dere am Ardenner Schinken erhalten. „Das eigentliche         dern, die ihre Massenprodukte mit der Bezeichnung                                           seine Marke. Er ist vor ein paar Jahren von der Côte           am gleichen Tag sicher keiner mehr. Und apropos Erdbeeren von Wépion: Peket mit
           Geheimnis aber ist Geduld und Zeit“, sagt er. Rund neun      schmücken wollen. Wer die handwerklich erstellte, luft-                                     d’Azur ins kleine, etwas verschlafene Habay in der Pro-        Erdbeergeschmack gibt es neben vielen weiteren Sorten auch.
Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung
12   Genuss                                                                                                                                                                                             Genuss        13
                                                               Als Emile Vandervelde als belgischer Justizminister 1919 den Verkauf von Spirituosen in Bars
                                                               verbot, nahm die Sortenvielfalt der belgischen Biere zu, vor allem die Nachfrage nach Bier mit
                                                               höherem Alkoholgehalt. Heute zählt das belgische Bier zu den sortenreichsten der Welt. Etwa
                                                               140 Brauereien mit insgesamt rund 1.000 Biervarianten stehen zur Auswahl. Eine Stippvisite.
                                                               Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN

                                                               N
                                                                              ur eine Flasche am Tag – und nur                                                                „La Rulles“ gibt es nur in großen 750 ml Fla-
                                                                              das Leichtbier in den grünen, nicht                                                             schen. „Biertrinken ist etwas Geselliges. Wir
                                                                              frei verkäuflichen Flaschen. Die                                                                teilen gerne“, erklärt Verhelst die Flaschen-
                                                                              Trappisten-Mönche von Orval                                                                     größe. Auch das Rulles reift nach der Abfül-
                                                               ganz im Süden der Wallonie in der Provinz                                                                      lung noch drei bis vier Wochen in der F
                                                                                                                                                                                                                    ­ lasche,
                                                               ­Luxemburg kurz vor der französischen Grenze                                                                   bevor es in den Handel geht. Verhelst ist stolz

                                                                                                                                                  Foto © WBT/Denis Erroyaux
                                                                haben es nicht leicht. Und auch für die Besucher                                                              auf den Erfolg, 55 Prozent der Produktion
                                                                ist das Bier limitiert. Das muss es auch, denn es                                                             gehen ins Ausland, den Hopfen importiert er
                                                                ist sehr begehrt und daher nicht einfach zu be-                                                               aus den USA. „Unser Rulles wird in Skandi-
                                                                kommen – dafür aber sehr bekömmlich. Das                                                                      navien, Italien, den USA und sogar in Japan
                                                                offene Geheimnis des obergärigen Malzge-                                                                      getrunken.“ Wir probieren ein Rulles Blonde
                                                                tränks aus dem Kloster Orval ist die Zugabe von                  Orval                                        (sieben Prozent) – schon lecker. Bemerkens-
                                                                Karamellmalz im Produktionsverfahren und                    ist eine von drei                                 wert sind auch die Etiketten, die vom wallo-
                                                                                                                     ­Trappisten-Brauereien in
                                                                der zweimalige Zusatz von flüssigem Kandiszu-          der Wallonie. Nicht nur                                nischen Karikaturisten Palix gestaltet sind,
                                                                cker. Das Bier wird erst im Tank und später in         wegen des Bieres ist ein                               der ebenso Fan des Rulles ist. Wir jetzt auch.
                                                                Flaschen für Gärung und Reifeprozess mehrere           Besuch des Klosters im
                                                                                                                         goldenen Tal sehr
                                                                Wochen gelagert, bis es in den Verkauf geht. Die          ­e mpfehlenswert.                                   K R E ATIV O H N E G R E NZE N
                                                                Jahresproduktion hat sich in den vergangenen                                                                  Auch das „La Binchoise“ aus Binche westlich
                                                                Jahren verdoppelt und liegt nun bei rund                                                                      von Charleroi stammt aus einer Mirkobraue-
                                                                22 Millionen Flaschen (72.000 Hektoliter). Die           „Biertrinken                                         rei. Wir probieren ein „Bière des Ours“, das
                                                                Kapazitätsgrenzen der Brauerei sind erreicht.              ist etwas                                          mit Honig versetzt ist und daher, wie auf dem
                                                                Etwa 90 Prozent der Flaschen bleiben im belgi-            Geselliges.                                         Etikett zu erkennen, auch Bären schmecken

        Blonde,
                                                                schen Markt. Orval ist neben Chimay und                                                                       würde. Die Auswahl an Bieren in Brasserien
                                                                ­Rochefort eine von drei Trappisten-Brauereien            Wir teilen                                          und Bars ist außergewöhnlich gut. Da viele
                                                                 in der Wallonie. Insgesamt gibt es elf, davon              gerne.“                                           Biersorten in der Flasche reifen, wird die
                                                                 sechs in Belgien. Mit 6,2 Prozent Alkohol ist das     GRÉGORY VERHELST                                       Mehrzahl in selbigen verkauft und in der Re-
                                                                 Orval nicht so schwer und durch den Einsatz               (Bierbrauer)                                       gel immer mit dem passenden Glas ausge-
                                                                 des Kandis schön süffig. Der Besuch des Klos-                                                                schenkt – stilvoll für echte Genießer.
                                                                 ters im goldenen Tal ist aber auch nüchtern ein
                                                                 großes Erlebnis. Im Anschluss kann man im                                                                    In Namur, der wallonischen Hauptstadt und

      Ambre, Brune
                                                                 Klosterladen einige Flaschen und auch den                                                                    ehemaligen Hauptstadt des wallonischen Bie-
                                                                 ­leckeren Klosterkäse mitnehmen.                                                                             res (siehe Beitrag Seite 18) gibt es neben der
                                                                                                                                                                              Brauerei „L’Échasse“ mit dem leckeren „La
                                                               M I K RO M IT M A XI M A LE M G E N U SS                                                                       Houppe“ noch die „Brasserie Du Clocher“ im
                                                               Auch in der Wallonie hat es in den letzten                                                                     benachbarten Malonne. Das Bier mit dem
                                                               Jahren ein rasantes Wachstum von Haus-                                                                         Namen „La Philomène“ wird seit 2015 in der

                                                                                                                                                  Foto © WBT/Denis Erroyaux
                                                               brauereien und Mikrobrasserien gegeben.                                                                        ehemaligen Kirche von Piroy gebraut – ein
                                                               Beispielsweise das „La Rulles – Bière de Gau-                                                                  Brauereibesuch der besonderen Art. Wir pro-
                                                               me“ aus dem kleinen Ort Rulles. Grégory                                                                        bieren das Philomène Florale: kein Blumen-
                                                               Verhelst, von Beruf eigentlich Archäologe,                                                                     bier, sondern mit Kräutern versetzt, die dem
                                Foto © WBT/Bruno D´ Alimonte

              oder mit Schuss
                                                               hat mit einem Freund im Jahr 2000 halbtags                                                                     Bier eine besondere Würze verleihen sollen.
                                                               angefangen, Bier zu brauen. Im ersten Jahr                    Bierproben                                       „La Philomène“ wird eines von 60 Bieren
                                                               produzierten sie 130 Hektoliter. Mittlerweile             sind in der Wallonie                                 sein, das am 30. und 31. Juli in Namur zur
                                                                                                                       ­b eliebt. Die Auswahl
                                                               bieten sie zwölf Sorten von 4,8 bis 10,0 Pro-             ist nahezu endlos –                                  „Fête de la bière du Namuroise“ präsentiert
                                                               zent Alkohol an. Die Jahresproduktion liegt            und i­ mmer gibt es das                                 wird – für Freunde des belgischen Biers ein
                                                               bei 3.500 Hektoliter und soll weiter wachsen.            ­p assende Glas dazu.                                 Pflichttermin. À votre santé.
Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung
14        Provinz Lüttich                                                                                                                                                                                                                                                                                Provinz Lüttich           15

Vier Wege zum Genuss
                                                                                                                                                                             das seit 2011 auf insgesamt 3.000 Quadratmetern der re-
                                                                                                                                                                             gionalen Folklore, der industriellen Vergangenheit in der
                                                                                                                                                                             Leder- und Papierherstellung und weiteren Geschichts-
                                                                                                                                                                             themen im Umfeld der Grenzregion von Malmedy gewid-
                                                                                                                                                                             met ist. Mit einem Audio-Guide wird der Rundgang zum
                                                                                                                                                                             besonderen Erlebnis.

                                                                                                                                                                             Eindrücke ganz anderer Art bekommen Besucher im Na-
                                                                                                                                                                             turpark Botrange. Das Naturparkzentrum im Herzen des

                                     W
Besucher der Provinz Lüttich                         elch ein Empfang! Nach         UNESCO-Welterbestätten, die Zeit des                                                     Hohen Venns setzt sich für sanften Tourismus ein und
                                                     kaum einer halben Stun-        Bergbaus in der Region wieder lebendig                                                   will so Naturschutz und die Entwicklung der touristi-
profitieren von der Nähe zu                          de Fahrzeit mit dem Zug        werden. Ausgerüstet mit Helm und ent-                                                    schen Infrastruktur in Einklang bringen. In der Ausstel-     DREI MUSEEN UNTER
Deutschland, den Niederlanden,                       von Aachen steht man in        sprechender Kleidung geht es für die Besu-                                               lung „Fania“ wandeln Besucher auf den Holzstegen, die
                                                                                                                                                                                                                                         ­E I N E M DAC H
                                     einem futuristischen Bauwerk, das ein          cher mit dem Förderkorb in eine Tiefe von                                                auch den Wanderern in der freien Natur bekannt sind. Im
Luxemburg und Frankreich.            Bahnhof ist. Santiago Calatrava, der spa-      bis zu 60 Metern. Dort erfährt man viel                                                  Sinnestunnel entdeckt man die unterschiedlichen Boden-
                                                                                                                                                                                                                                         Die Abtei von Stavelot in der Provinz Lüttich zählt zu den ältesten
                                                                                                                                                                                                                                         Klöstern des Landes. Gleich drei Museen unter einem Dach machen die
Die Provinz ist schnell erreichbar   nische Meisterarchitekt, hat das Gebäude       über das harte Leben der „gueules noires“,                                               typen mit nackten Füßen.                                    Abtei zu einem der beliebtesten Ausflugsziele der Region. Das Museum
                                     entworfen, dass seit 2009 das Lütticher        zu deutsch schwarzen Fratzen. Im Château                                                                                                             des Fürstentums Stavelot-Malmedy bietet einen modernen, intelligenten
und bietet gleichzeitig eine Viel-   Stadtbild ergänzt. Die Provinz Lüttich ist     du Val Saint-Lambert in Seraing bekommt                                                  In Verbindung mit den vielen Sehenswürdigkeiten lässt       und spielerischen Parcours zur Geschichte. Die Sonderausstellung
                                                                                                                                                                                                                                         „Die Tempelritter“ wurde gerade bis Oktober verlängert. In den
zahl von Sehenswürdigkeiten.         ebenso wie die Stadt geprägt durch seine       man in der Cristal Discovery Einblicke in                                                sich die Provinz Lüttich aber auch bestens als Genießer     prächtigen Kellergewölben der Abtei erzählt das Museum Circuit de
                                     Vielfältigkeit und dem Nebeneinander           das Handwerk der alten Glasbläsermeister.                                                bereisen. Vier neue Genussrouten – eine Weinroute, eine     ­S pa-Francorchamps die großartige Geschichte der noch immer schönsten
Zudem sind die Lütticher Genie-      von Moderne und Historie.                      Höhepunkt der Sammlung sind 250 Expo-                                                    Käseroute, eine Bierroute und eine Schokoladen-Route –       Rennstrecke der Welt in den Ardennen. Zuvor noch nie veröffentlichtes
                                                                                                                                                                                                                                          Bildmaterial und eine Präsentation von außergewöhnlichen Rennfahr­
ßer und lassen ihre Gäste über                                                      nate aus Kristallglas, die die handwerkliche                                             mit einer Reihe von Touren stehen zur Auswahl. Die ent-
                                                                                                                                                                                                                                          zeugen lassen die Leidenschaft
                                     Dass die Provinz Lüttich neben der großar-     Virtuosität des Handwerks präsentieren.                                                  sprechende Broschüre mit über 100 Seiten ist sowohl on-
die vier neuen Genussrouten          tigen Naturlandschaft der Ardennen und         Besucher machen so eine Zeitreise durch                                                  line durchblätterbar als auch unter provincedeliege.be
                                                                                                                                                                                                                                          der Rennsportpioniere bis heute
                                                                                                                                                                                                                                          lebendig erscheinen: Ferrari,

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Fotos © Abbaye de Stavelot
am Savoir-vivre teilhaben.           des Hohen Venns auch eine industrielle         die Geschichte der Manufaktur.                                                           bestellbar. Ein besonderer Service, um nach einer Unter-     March, Chevron, Porsche oder
                                                                                                                                                                                                                                          Cooper. Das Museum Apollinaire
                                     Prägung erfahren hat, zeigen eine Reihe                                                                                                 kunft und Attraktionen in der Provinz Lüttich zu suchen,
Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN                                                                                                                                                                                                                ist dem Aufenthalt des Poeten
                                     von Museen in Stadt und Land. Beispiels-       Die Geschichte der Region atmen kann                                                     ist das Webangebot ouftitourisme.be, wo Gäste über eine      Guillaume Apollinaire in Stavelot
                                     weise lässt die Zeche Blegny, heute mit drei   man auch in der Abtei von Stavelot (siehe                                                Suchmaske genau auf sie zugeschnittene Programme er-         gewidmet.
                                     weiteren Zechen auf der Liste der              Kasten rechts) sowie im Malmundarium,                                                    stellen können.                                              abbayedestavelot.be

                                                                                                                                                                                                                                                                        I N R U H E AU S S PA N N E N
                                                                                                                                                                                                                                                                        Im deutschsprachigen Teil der Wallonie, nicht weit entfernt
                                                                                                                                                                                                                                                                        zur belgisch-deutschen Grenze in der Provinz Lüttich, liegt
                                                                                                                                                                                                                                                                        das Dorf Bütgenbach am gleichnamigen See. Direkt am Markt-
                                                                                                                                                                                                                                                                        platz, nur einen kurzen Spaziergang vom See entfernt, bietet
                                                                                                                                                                                                                                                                        das Hotel Bütgenbacher Hof 34 moderne Zimmer und Suiten.
                                                                                                                                                                                                                                                                        Das familiär geführte Haus verwöhnt seine Gäste mit einem
                                                                                                                                                                                                                                                                        großzügigen Wellnessbereich: Sauna, Infrarot-Kabine, Whirl-
                                                                                                                                                                                                                                                                        pools, Dampfbad, Solarium und ein großer Pool sowie ein Fit-
                                                                                                                                                                                                                                                                        ness-Center stehen zur Entspannung vom Alltag bereit. Das
                                                                                                                                                                                                                                                                        Restaurant, ausgezeichnet mit 14 Punkten im Gault Millau, hält
                                                                                                                                                                                                                                                                        regionale Klassiker mit französischer Anmutung ebenso wie
                                                                                                                                                                                                                                                                        mit Kreativität zubereitete Saisongerichte bereit. Ergänzt wird
                                                                                                                                                                                                                                                                        das Angebot durch einen gut sortierten Weinkeller.
                                                                                                                                                                                                                                                                        Bei schönem Wetter lädt die hübsche Terrasse zum Entspan-
                                                                                                                                                                                                                                                                        nen in ruhiger Umgebung ein. An kühleren Tagen ist der
                                                                                                                                    Foto © MT Pays de Herve, André Servaty

                                                                                                                                                                                                                                                                        ­W intergarten ein guter Ort zum Lesen. Die sehr gute Lage
                                                                                                                                                                                                                                                                         im Ort wird abgerundet durch die optimale Anbindung an
                                                                                                                                                                                                                                                                         Wander- und Radfahrstrecken in der Provinz Lüttich. Mehr
                                                                                                                                                                                                                                                                         als 180 K ­ ilometer warten auf der in den letzten Jahren einzig-

                                                                                                                                                                                                                                           Fotos © Christian Charlier
                                                                                                Das Gras grüner Wiesen wird
                                                                                                                                                                                                                                                                         artig a­ ngelegten RAVeL-Route – der für Radsportbegeisterte
                                                                                                zu goldenem Käse veredelt –                                                                                                                                              ­a usgebauten Vennbahntrasse (siehe Beitrag Seite 30). Das
                                                                                                ­einer von vier Wegen zum                                                                                                                                                 Hohe Venn, das größte Hochmoor Europas, bietet zudem
                                                                                                 ­G enuss in der Provinz Lüttich.                                                                                                                                         ­b eeindruckende Wege zum Wandern durch endlose erschei-
                                                                                                                                                                                                                                                                           nende Wälder ebenso wie an Wiesen und Feldern vorbei.
                                                                                                                                                                                                                                                                        hbh.be
Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung
16      Kunststädte                                                                                                                                              Kunststädte   17

     Sommer in der Stadt

                                                                                                           Foto © WBT/Denis Erroyaux
                                                                                                                                                    Namur
     Die Städte in der Wallonie atmen viel Historie und präsentieren
     ­g leich­z eitig ihre moderne Urbanität: große Plätze, gute Aussichten
      und vielerlei Kunstangebote prägen sie.

                                                                                                                                                             Charleroi

                                                                              Foto © WBT/Denis Erroyaux
                                                                    Lüttich

                                                                                                          Foto © WBT/Morgane Vander Linden
                                                                                                                                                      Mons

                                                                                                          Foto © Visitmons/Gregory Mathelot
                                                                                                                                                              Tournai

                                                                                                          Foto © www.wapinature.be/Coralie Cardon
Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung
18           Kunststädte                                                                                                                                                                                                                                                                     Kunststädte                            19

                                                                              Kunst

                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Fotos © Dominik Ketz
                                                  Die

                                                                                                                                               Foto © WBT/Denis Erroyaux
                                                 der Langsamkeit                                                                                                           Die Altstadt. Im Abendlicht liegt Namur friedlich am Wasser der ruhig dahinfließenden
                                                                                                                                                                           Sambre. Im Hintergrund die Kathedrale Saint Aubain.

Namur liegt wie eine Perle in der Beuge am Zusammenfluss von                                  Schneckentempo anstecken, denn nur so                                        EIN BUMMEL DURCH DIE ALTSTADT                      dukte – Käse, Wurst, Pralinen und natür-
Sambre und Maas. Die strategisch günstige Lage verleiht der Stadt                             führt ein Städtetrip zur Entschleunigung.                                    Wie in vielen anderen Städten der Wallo-           lich Bier – als Pausenfüller an ein paar
                                                                                                                                                                           nie zählt auch der Beffroi von Namur zu            nett dekorierten Tischen zu sich nehmen
eine mehr als 2.000-jährige Geschichte mit vielen Momenten der                                Ü BER DEN DÄCH ERN VON NA MU R                                               den Stätten des UNESCO-Welterbes. Ge-              kann. Bei einem pâté au pain d'épices
Zerstörung. Der stetige Wiederaufbau gilt als Wurzel der wallo-                               Auf dem Bergsporn am Zusammenfluss                                           nutzt wurde er als Glockenturm. Die Ga-            lernt man die ungewöhnliche Kombinati-
nischen Gelassenheit, die in Namur, Hauptstadt der Wallonie,                                  von Sambre und Maas thront die Zitadelle                                     lerie du Beffroi direkt gegenüber ist ein          on von Lebkuchen und Leberpastete ken-
­ihren Höhepunkt findet.		              Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN                            von Namur über der Stadt. Sie zählt zu                                       beliebter Ausstellungsort, beispielsweise          nen und schätzen, ja lieben. Und wer es
                                                                                              den mächtigsten Festungsanlagen in Eu-                                       für die „Artisan Namur“, bei der lokale            lieber nur süß möchte: Unter anderem im
                                                                                              ropa und ist Teil einer 80 Hektar großen                                     und regionale Kunsthandwerker ihre Pro-            Maison des Desserts findet man das

W
                  ir stehen an der Place du      d’Armes – wieder nur ein paar Ecken weiter   Grünfläche. Von der Zitadelle aus hat man                                    dukte ausstellen und verkaufen, darunter           knusprige Nusskaramell Biétrumés oder       Die Zitadelle von Namur oberhalb der
                                                                                                                                                                                                                                                                          Brücke von Jambes wo Sambre und Maas
                  Marché aux Légumes,            – empfangen uns Djoseph und Francwès         einen großartigen Blick auf die Stadt, die                                   Schmuck, Kleidung und Puppen.                      die ebenfalls hausgemachten Macarons,      ­z usammenfliessen.
                  dem ältesten Platz der         mit den Petits-Gris de Namur am Hals-        Flusstäler und das Umland. Die Festung,                                                                                         ein Baisergebäck aus Mandelmehl, in al-
                  Stadt, vor der Brasserie „Le   band. Nur so laufen den ulkigen Gestalten    erstmals erwähnt im 9. Jahrhundert, wur-                                     Den stetigen Wandel der Stadt, in deren            len Geschmacksrichtungen und Farben.
Ratin-Tot 1616“. „Der Name der Brasserie         in Bronze die kleinen, graugestreiften       de in ihrer Historie mehrfach vergrößert.                                    Kern nur 15.000 der insgesamt rund                 Eine Spezialität in Namur sind zudem die
bedeutet ‚Alles erwarten‘.“ Valérie Tryoen,      Schnecken, die Delikatesse der Region,       Heute ist sie Heimat des Besucherzent-                                       110.000 Namurer wohnen, erlebt man                 Erdbeeren von Wépion, ein kleines Städt-
die Gästeführerin lacht herzhaft. „Eigent-       nicht weg. Langsamkeit im besten Sinne       rums „Terra Nova“, das europäische Stadt-                                    beispielsweise in der Rue des Brasseurs.           chen f lussaufwärts der Maas, wo den
lich heißt es: Warten auf die Frau, die gerade   und mit einer großen Portion Augenzwin-      und Militärgeschichte zeigt. Weiterer An-                                    18 Brasserien – Brauhäuser – säumten die           Früchten sogar ein Museum gewidmet ist.    REISEINFOS
auf dem Markt einkauft.“ Sie zwinkert mit        kern – dafür steht N
                                                                    ­ amur. Und die Besu-     ziehungspunkt in der Zitadelle ist die                                       vormals längste Straße der Altstadt. Heu-          Neben den kulinarischen Verlockungen       NAMUR ENTDECKEN
den Augen. Und was machen die Männer             cher lassen sich gerne selbst von diesem     Parfümmanufaktur von Guy Delforge. In                                        te erinnern einige Lokale und Inschriften          bietet Namur auch Mode, Schuhe und         Neben einem Spaziergang oder einer Themen-
derweil? „Sie gehen in die Brasserie und                                                      den Kellern kann man dem Maître de Par-                                      an den Häusern an die Geschichte der               Schmuck, teilweise ebenfalls von lokalen   führung gibt es ganz unterschiedliche Möglich-
                                                                                                                                                                                                                                                                         keiten, die Stadt zu entdecken. Auf einer Maas-
trinken ein frisches Bier.“ Diese Leichtigkeit                                                fum bei seiner Arbeit zuschauen.                                             Brauerstraße. Einzig das Houppe wird               oder regionalen Designern. Ein echter      Kreuzfahrt kann man Namur vom Wasser aus
des Seins trifft man in Namur vielerorts.                                                                                                                                  wieder, allerdings mit neuer Rezeptur              Hingucker ist die Filiale von „Scotch &    erleben. Oder man nutzt im Sommer die kleinen
Nur zwei Straßenecken weiter begrüßt uns                                                                                                                                   und außerhalb des Stadtzentrums, ge-               Soda“ in der Saint-Jacques Kirche in der   Namourettes als Wassertaxi. Auch eine Art
                                                  Foto © WBT/Denis Erroyaux

                                                                                              Place d’Armes. Die Bronzefiguren Djoseph                                                                                                                                   ­S pazierfahrt zwischen Maas und Sambre bieten
in der Rue Saint-Loup die Boutique „Il fera                                                   und Francwès mit den Petits-Gris de Namur                                    braut (dazu mehr auf Seite 13). Das Stra-          gleichnamigen Straße – dort bekommt         die neuen Rickschas. Wenn man die Stadt auf
beau demain“, frei übersetzt: „Es wird                                                        am Halsband (oben).                                                          ßenbild der Altstadt prägen hingegen eine          das Wort „Modetempel“ seine wahre Be-       dem Sattel erobern möchte, ist auch eine Rad-
schön Morgen“ mit allerlei Gebrauchsge-                                                                                                                                    Reihe von schönen Geschäften, darunter             deutung. Und wer der Sünde des Einkau-      tour mit dem E-Bike möglich. Alle Rundgänge
                                                                                              Pousse-Pousse. Mit der Rikscha an Maas                                                                                                                                      und Angebote finden Sie unter namurtourisme.be
genständen, die im Alltag nötig sind – oder                                                   und Sambre entlang. Abfahrt ab Place de l’Ange                               verschiedene Feinkostläden, Epicerie fine          fens unterliegt: Der Beichtstuhl in der     oder im Informationszentrum von Visit Namur
eben auch nicht. Und auf dem Place                                                            (links).                                                                     genannt, in denen man die lokalen Pro-             ehemaligen Kirche ist noch intakt.          am Bahnhof, täglich von 9:30 bis 18 Uhr geöffnet.
20           Maastal                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Maastal                         21
                                                                                                                                                                                                                                                                                    D I E TRO PFSTE I N H Ö H LE
                                                                                                                                                                                                                                                                                    VO N H A N
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Die Kraft des Wassers hat auch in den Grotten von Han beeindruckende
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Felsformationen gestaltet. Vor mehr als 500.000 Jahren hat hier die

                                                                                                                                                                                                                                                       Fotos © Jardins d’Annevoie
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Lesse einen unterirdischen Skulpturenpark erschaffen, der einmalig in
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Westeuropa ist. Die miteinander verbundenen Grotten sind von einzig-
                                                                                                                                                                                                                                                                                    artiger Schönheit und locken jährlich mehr als 300.000 Besucher an.
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Der angeschlossene Wildtierpark ist das Zuhause von Wölfen, Luchsen,
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Bären, Büffeln, Hirschen, Damwild, Wildschweinen, Steinböcken und

                                                                                                                                                 Foto © Dominik Ketz
                                                                                                                                                                                                                                                                                    einer Reihe von weiteren Tieren, die hier auf 250 Hektar in der Natur
                                                                                                                                                                                                                                                                                    fast wie in Freiheit leben. Seit der Jungsteinzeit wird die Gegend von
                                                                                                                                                                        WA S S E R - T R I F F T                                                                                    Han und die Stelle, an der die Lesse wieder aus dem Berg tritt, als Kult-
                                                                                                                                                                                                                                                                                    und Pilgerstätte verehrt. G­ efunden wurden zahlreiche archäologische
                                                                                                                                                                       ­G A RT E N K U N S T                                                                                        Objekte auf dem Grund der Lesse und an ihren Ufern, die wahrscheinlich
                                                                                                                                                                       Etwa auf halber Strecke zwischen Namur und Dinant liegen die Gärten                                          als Opfergabe ins Wasser geworfen worden waren. Die interaktive
                                                                                                                                                                       von A  ­ nnevoie. Charles-Alexis de Montpellier ließ sie vor rund 250 Jahren                                 ­A usstellung PrehistoHan lässt die Urgeschichte der Grotten von Han
                                                                                                                                                                       anlegen. ­I nsgesamt 50 Wasserspiele sind auf einer Fläche von rund 28                                        wiederaufleben. Dem Michelin-Führer sind die Grotten, der Wild-
                                                                                                                                                                       Hektar zu entdecken. Basis dieses einzigartigen Wassergartens ist ein                                         tierpark und das Museum als Ausflugsziel drei Sterne wert.
                                                                                                                                                                       400 Meter langer Wasserspeicher, der aus vier Quellen gespeist wird, auf                                     grotte-de-han.be
                                                                                                                                                                       dem höchsten Punkt der Parkanlage. Ein ausgeklügeltes System unterir­
                                                                                                                                                                       discher Kanäle sowie das Flüsschen Rouillon sammeln und verteilen das
                                                                                                                                                                       Wasser und nutzen dabei das natürliche Gefälle des Geländes. Auf diese
                                                                                                                                                                       Weise kommt der riesige Wassergarten ganz ohne Pumpen aus. Zehn
                                                                                                                                                                       ­G enerationen von Montpelliers haben an dem Schauspiel mitgewirkt.

                                                     Fluss
                                                                                                                                                                        Die Gartenanlage ist daher durch französische, italienische und englische
                                                                                          Bouvignes-sur-Meuse blickt auf eine lange Geschichte                          Gartenkunst geprägt. Die strenge Symmetrie des Französischen Stils findet
                                                                                          zurück, ebenso wie die Kirche Saint Lambert.                                  man im ältesten Teil des Parks am Château. Elemente im italienischen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Foto © Domaine des Grottes de Han
                                                                                                                                                                        Stil harmonieren mit der Natur und sorgen gleichzeitig für Abwechslung,

Leben am
                                                                                                                                                                        Kontraste und Überraschungseffekte. Ein Weg unter tunnelförmigen
                                                                                                                                                                        ­H aselbüschen imitiert im „englischen“ Teil des Gartens die Natur. Mittler-
                                                                                                                                                                         weile sorgt ein gemeinnütziger Verein in Zusammenarbeit mit der Region
                                                                                                                                                                         Wallonien, der Kommunalverwaltung und mit der Provinz Namur für die
                                                                                                                                                                         Gärten von Annevoie. Seither ist der Park deutlich kinderfreundlicher ge-
Die Maas und ihre Nebenflüsse                                                                                                                                            worden: Ein Spielplatz, ein Tiergehege und ein Himbeerhain zum Selber-
                                                                                                                                                                         pflücken (im Juli und September) ergänzen den Wassergarten.
Sambre, Ourthe, Lesse oder                                                                                                                                             annevoie.be
­Semois prägen einen Großteil der
 Wallonie und ebenso die Arden-
 nen. Prächtige Täler, trutzige
                                                 Nach einem Besuch in Annevoie (siehe Kas-     ner Großmutter war das Haus eine Epice-                                 über Brücke und Stiftskirche auf die Zitadel-          fen wir auf kleine Ortschaften, darunter                                      und zeugt von einer Zeit, als die Christen
 Schlösser auf majestätischen
                                                 ten) ist Bouvignes-sur-Meuse unser Ziel –     rie“, erzählt sie uns. Schwarz-Weiß-Foto-                               le ist das berühmte Postkarten-Motiv, dass in          Celles, das zu den 30 schönsten Dörfern                                       häufig weite Märsche für den sonntägli-
 ­Felsen sowie malerische Städte                 ein Geheimtipp. Der heutige Vorort von        grafien an den Wänden im Restaurant                                     keiner Sammlung von Urlaubsfotos fehlen                der Wallonie zählt – und das zu Recht.                                        chen Gottesdienst in Kauf nahmen. Das
  und Dörfer warten einladend am                 Dinant war bis 1964 eine eigenständige Ge-    zeigen uns ihre Geschichte. Der Gasthof ist                             darf. Ebenso vermittelt der berühmte                   Nahezu alle Häuser sind in dem typischen                                      gleichnamige Hotel im benachbarten ehe-
  Wegesrand. Ein Blick in ihre Ge-               meinde und im Mittelalter gleichbedeutend     einfach, aber sehr gemütlich – ein perfekter                            Bayard­felsen die spektakuläre Felsenkulisse,          Haustein gemauert. Heraus ragt seit nun                                       maligen Pfarrheim und der dazugehörige
  schichte. Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN           wie ihre große Nachbarstadt. Auch Bouvig-     Ort der Entschleunigung.                                                die über die Jahrtausende durch die Maas               fast 1.000 Jahren nur die Kirche Saint                                        Landgasthof sorgen in Celles für eine hohe
                                                 nes profitierte vom blühenden Messing-                                                                                geschaffen wurde. In Dinant ist auch der Ur-           Hadelin. Das wehrhafte, große Bauwerk                                         Verweilqualität.
                                                 handwerk und hatte nach örtlichen Quellen     U NVE RG E SS E N E B LI CK E                                           sprung der bekannten Biersorte Leffe zu fin-           ist ein Beispiel maasländischer Romanik                                       beauxvillages.be

E
          her träge strömt das Wasser der        bis zu 3.500 Einwohner, heute sind es noch    In Dinant hingegen pulsiert das Leben in                                den, die aus der Abtei Notre-Dame de Leffe
          Maas dahin. Der längste und einer      800. Die Ruinen von Crèvecoeur auf der        höchsten Tönen. Hinter der Nummer 3226                                  am Rande der heute rund 13.000 Einwohner
          der wasserreichsten Nebenflüsse        Bergkuppe oberhalb der spätgotischen          beim französischen Patentamt verbirgt sich                              zählenden Stadt stammt. Mittlerweile hat
          des Rheins hat in Namur schon          ­Kirche Saint Lambert sowie das sogenannte    die Erfindung von Adolphe Sax. Wahr-                                    aber ein internationaler Bierkonzern die
eine beträchtliche Breite. Flussaufwärts in       Spanische Haus am Marktplatz – heute das     scheinlich ist es kein Zufall, dass er 1840 das                         Markenrechte übernommen.
Richtung Dinant sind es rund 30 Kilometer         Stadtmuseum – zeugen von einer prächti-      Saxophone aus Messing gerade in Dinant
Wegstrecke. Die N 92 führt auf der Westsei-       gen Historie. Mit seinen engen Gassen und    erfunden hat, ist doch die Stadt an der Maas                             TRUTZB U RG E N U N D
te fast komplett nah am Fluss entlang. Die        den gut erhaltenen Natursteinhäusern hat     schon seit dem 14. Jahrhundert als Wiege des                            ­R OM A NTI SCH E DÖ R FE R
Sonne scheint, teilweise spiegeln sich die im-    die Gemeinde viel von ihrem Charme erhal-    Messingkunsthandwerks bekannt in ganz                                   Von Dinant aus folgen wir der Lesse fluss-
mer wieder auftürmenden schroffen Felsen          ten. Auf der kleinen Terrasse des „Les       Europa. Die aus der Stadt stammenden Mes-                               aufwärts tiefer in die Ardennen hinein.                                                                                                                                              Madame Bothy
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            bietet ihren Gäs-
im Wasser. Kleinere Ortschaften liegen auf        Mougneûs d'As“ in Verlängerung des Spa-      singwaren waren als sogenannte Dinanderi-                               Die Wälder links und rechts scheinen                                                                                                                                                 ten auf der kleinen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Foto © Dominik Ketz
unserem Weg. Wir möchten am liebsten in           nischen Hauses gönnen wir uns ein Glas       en selbst in Paris sehr begehrt. Heute erin-                            nicht mehr aufhören zu wollen. Die Ge-                                                                                                                                               Terasse ihres
jedem dieser Orte Rast machen, auf die            kühlen Weißwein und ein paar Leckereien      nern bunte Saxophone-Skulpturen auf der                                 gend zeichnet sich durch einige Schlösser,                                                                                                                                           Landgasthofes
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           ­n eben leckerem
Maas schauen und eine ähnliche Trägheit           von Madame Bothy. Die Patronin ist in        Brücke nahe der Stiftskirche Notre-Dame an                              unter anderem das Château de Vêves und                                                                                                                                               Essen pure Ent-
wie das Wasser annehmen.                          vierter Generation Köchin. „Zu Zeiten mei-   den berühmten Sohn der Stadt. Der Blick                                 das Château de Walzin, aus. Ebenso tref-                                                                                                                                             schleunigung.
22           Kunststädte                                                                                                                                                                                                                                                                             Kunststädte            23

                  Charleroi
                                                                                                                                                                          de la Province de Hainaut, zeigen regelmäßig spannende
                                                                                                                                                                          Ausstellungen bekannter Künstlerinnen und Künstler.

                                                                                                                                                                          Damit nicht genug der (musealen) Sehenswürdigkeiten.
                                                                                                                                                                          Wer sich für Fotografie interessiert, für den ist ein Besuch
                                                                                                                                                                          im Museum der Fotografie in Mont-sur-Marchienne bei

                 Kunst statt Kohle
                                                                                                                                                                          Charleroi ein Muss: Das Museum ist in einem ehemaligen
                                                                                                                                                                          neogotischen Karmeliterkloster untergebracht. Als größ-

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Foto © B. Carbonneaux
                                                                                                                                                                          tes seiner Art in Europa beherbergt es auf rund 6.000
                                                                                                                                                                          Quadratmetern etwa 80.000 Fotografien und drei Millio-
                 Die größte Stadt der Wallonie, Charleroi, war einst das Herz des ehemaligen                                                                              nen verwahrte Negative sowie vierteljährlich wechselnde
                 ­riesigen Steinkohlegebiets. Heute besticht die Stadt in der Provinz Hennegau                                                                            Ausstellungen und eine Fachbibliothek mit knapp 13.000
                  ­beiderseits der Sambre durch ein breitgefächertes Kulturangebot.                                                                                       Werken. Auch Comic-Fans dürften bei dem Ortsnamen
                 Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN                                                                                                                               Marcinelle aufhorchen. Die „École de Marcinelle“ gilt als                         N O S TA L G I S C H R E I S E N
                                                                                                                                                                          zweites Zentrum der frankobelgischen Comics. Außer-                                    U N T E R DA M P F

                 K
                           ohle prägte die drittgrößte Gemeinde Belgiens           lichen Vorort Marcinelle zwei Museen – eines über die                                  dem hat hier das Verlagshaus Depuis seinen Sitz, bekannt                               Die Dampflokomotive der 3 Täler, eine Museumsbahn, nimmt
                           seit sie im 19. Jahrhundert Zentrum der wallo-          Geschichte der industriellen Revolution, eines über die                                für seine Titelhelden wie Lucky Luke, Gaston und andere.                          ihre Gäste mit auf eine nostalgische Reise zwischen Mariembourg und
                           nischen Kohle- und Stahlindustrie wurde.                Glasproduktion. Darüber hinaus gibt es an dieser Stelle                                                                                                                       Treignes, dem letzten Bahnhof vor der französischen Grenze.
                           Ebenfalls im 19. Jahrhundert entstand hier ein          eine Gedenkstätte, die an das schwere Grubenunglück                                    Bei einem Spaziergang durch die Stadt kommen Besucher                                        Mit dem Chemin de fer à vapeur des 3 vallées, einer
                 bedeutender Standort für die Flachglasproduktion.                 vom August 1956 erinnert, bei dem 262 Bergleute star-                                  unweigerlich am 1936 errichteten Belfried vorbei. Der                           originalgetreuen Dampflok, geht es durch die atemberaubende Land-
                                                                                                                                                                                                                                                        schaft der drei Täler in den Ardennen. Auf der 14 Kilometer langen Route
                                                                                   ben. Die drei Abraumhalden rund um das denkmalge-                                      etwa 70 Meter hohe Turm ist Teil des Rathauses von
                                                                                                                                                                                                                                                         fühlen sich Reisende in eine andere Zeit versetzt und können am Ziel –
                 Wie damals die Kohle- und Stahlindustrie die Menschen             schützte Gebäude wurden von der Natur zurückerobert                                    Charleroi, besteht aus blauen und weißen Steinen sowie                              bei Interesse – gleich das 1994 eröffnete Eisenbahnmuseum von
                 nach Charleroi zog – in der Regel Arbeiter aus aller Her-         und laden jetzt zum Wandern und Entspannen ein.                                        aus Backsteinen und wird von einem bronzenen Türm-                              Treignes besuchen. Auf dem Gelände des ehemaligen internationalen
                 ren Länder – so sind es heute die Kunst- und Kulturschät-                                                                                                chen gekrönt. Jede Viertelstunde erklingt ein Glocken-                        Bahnhofs finden sie themen­b ezogen gestaltete Vitrinen, Uniformmützen
                                                                                                                                                                                                                                                        aus verschiedenen Ländern und Arbeitsgerät der Eisenbahner. Besonders
                 ze der Stadt, die Besucher aus aller Welt locken. Die Ur-         Kunstliebhaber kommen in den beiden sehenswerten                                       spiel des zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Ge-
                                                                                                                                                                                                                                                             beliebt ist das immer am 4. September-Wochenende stattfindende
                 sprünge der Stadt sind indes noch immer erkennbar: So             Kunstmuseen der Stadt auf ihre Kosten. Sowohl das                                      bäudes. Am besten lassen sich die Sehenswürdigkeiten                            ­„ Dampf-Festival“, das jedes Jahr unter einem anderen Motto Freunde
                 beherbergt die ehemalige Zeche Bois du Cazier im süd­             ­Musée des Beaux-Arts als auch das BPS22, Le Musée d'art                               der Stadt bei einem geführten Rundgang kennenlernen.                                     ­h istorischer Eisenbahnen in seinen Bann zieht. cfv3v.eu

                                                                                                                                              Foto © WBT/Denis Erroyaux
                                                 Foto © WBT/Christophe Vandercam

                                                                                                                                                                               JEAN -MICHEL FOLON
                                                                                                                                                                                 Er war Grafiker, Maler und Bildhauer. Die Stiftung Folon im
                                                                                                                                                                               Schlosspark La Hulpe, nur 20 Minuten von Brüssel entfernt, zeigt
                                                                                                                                                                                        300 Werke des b­ elgischen Ausnahmekünstlers.
                                                                                                                                                                                      Zarte Aquarelle, Federzeichnungen, aber auch poetische
                                                                                                                                                                                 S­ kulpturen nehmen die B­ esucher mit auf eine Reise durch die
                                                                                                                                                                           40-jährige Schaffenszeit des 2005 verstor­b enen Künstlers. Immer
                                                                                                                                                                          wieder neue Eindrücke erschließen sich den Besuchern der Stiftung
Asphalte – die Kunstbiennale von Charleroi                                                                                                                                        und zeigen die ­u nterschiedlichsten ­F acetten von Jean-Michel
verleiht der ehemaligen Industriestadt urbanes                                                                                                                               ­F olon, der unter anderem durch seine Illustrationen von ­Werken
Flair. Graffiti- und Fassaden-Künstler zeigen                                                                                                                                 ­b ekannter Künstler wie Franz Kafka oder Boris Vian sowie durch
ihre Werke (oben und rechts).                                                                                                                                               ­P oster- und A      ­ nzeigengestaltungen inter­n ational bekannt wurde.
                                                                                                                                                                                      Ein i­ nteraktiver Parcours, gestaltet mit ­F ilmen, Musik und
                                                                                                                                                                          ­o ptischen E­ ffekten, b­ eschert ein einmaliges Kunsterlebnis. Aktuell
                                                                                                                                                                               widmet die Fondation Folon dem berühmten belgischen Comic­
                                                                                                                                                                            zeichner Peyo, dem Schöpfer der Schlümpfe, eine Retrospektive.
                                                                                                                                                                          Noch bis zum 27. August 2017 ist eine Vielzahl seiner Zeichnungen,
INFORMATIONEN                                                                                                                                                                          Skizzen und Fotos zu sehen. Wer nach so reichhal­t igem
                                                                                                                                                                                    ­Kunstgenuss ­E ntspannung in der Natur sucht, findet diese in
VOR ORT:                                                                                                                                                                          der umliegenden Landschaft der ­D omaine Solvay rund um das
                                                                                                                                                                                Schloss von La Hulpe. Wanderwege, ­s eltene Bäume, Wiesen und

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Foto © Fondation Folon
M A I S O N D U T O U R I S M E D U PAYS                                                                                                                                                     Seen runden den Besuch in der Stiftung Folon ab.
D E C H A R L E RO I
Place Charles II, 20                                                                                                                                                                             I N F O R M AT I O N E N :
6000 Charleroi                                                                                                                                                                     Geöffnet Dienstag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr, S­ amstag,
maison.tourisme @charleroi.be                                                                                                                                                           Sonntag und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr.
paysdecharleroi.be                                                                                                                                                                                  fondationfolon.be
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                                                                                                                                                                        Foto © Visitmons/Gregory Mathelot
            Kunststädte

                      Viel Zeit für moderne
Tradition
Die mittelalterliche Stadt Mons pflegt das „Savoir-vivre“ und ist zudem für ihr
UNESCO-Welterbe bekannt. 2018 feiert eine neue Form der Kunstbiennale in der
Stadt Premiere.
Text HEIKE REINHOLD

M
                ons, die charmante Haupt-     eine Prozession, die der Schutzheiligen                             aus, dass der Abbau in Spiennes bereits um
                stadt der wallonischen        Waltrudis gewidmet ist, die die Stadt im                            4.000 vor Chr. begann. Der Abstieg in die
                Provinz Hennegau, liegt 65    Jahr 1349 vor der Pest rettete. Als Dank                            Minen erfolgt über eine 10 Meter lange,
                Kilometer südwestlich von     werden die Reliquien der Heiligen mit ei-                           senkrechte Leiter und ist nicht für Kinder
Brüssel, nahe der französischen Grenze.       ner goldenen Kutsche durch die Straßen                              unter zehn Jahren und Menschen, die unter
2015 begeisterte Mons als Kulturhaupt-        gefahren. Die im Volksmund „Doudou“                                 Klaustrophobie oder Schwindel leiden, ge-
stadt Europas mit fünf neuen Museen,          genannte Tradition ist seit 2005 Teil des                           eignet. Da die Besichtigung der Minen pro
hochkarätigen Ausstellungen und einem         UNESCO-Kulturerbes. Das Musée du                                    Jahr auf 5.500 Besucher begrenzt ist, emp-
neuen Bahnhof nach Plänen des spani-          Doudou am Grand Place beleuchtet die ge-                            fiehlt sich die vorherige Anmeldung im

                                                                                                                                                                                                                                                   Foto © Visitmons/Gregory Mathelot
schen Stararchitekten Santiago Calatrava.     schichtliche, anthropologische und religi-                          Tourismusbüro Mons.
                                                                                                                                                                                                                                                                                       Die Grand-Place
Auch zwei Jahre später ist die Stadt mit      öse Tradition aus unterschiedlichen Blick-                                                                                                                                                                                               bietet ein perfek-
ihren zahlreichen Welterbestätten zu jeder    winkeln. Ebenfalls lohnenswert ist ein                              I N D U STR I E LLE S E R B E                                                                                                                                        tes mittelalter­
Jahreszeit eine Reise wert.                   Abstecher in die benachbarte Gartenanla-                            Jüngeren Datums, aber nicht weniger be-                                                                                                                              liches Gebäudeen-
                                                                                                                                                                                                                                                                                       seble und ist
                                              ge Jardin du Mayeur aus dem Jahr 1930, die                          eindruckend ist das industriekulturelle                                                                                                                              Mittelpunkt des
ATE M B E R AU B E N D E AU SS I CHTE N       auch den berühmten Brunnen Fontaine                                 Erbe der Region. Das ehemalige Kohle-                                                                                                                                bunten Treibens in
Das identitätsstiftende Wahrzeichen der       du Ropieur beherbergt.                                              bergwerk Grand Hornu, das seit 2012 auf                                                   SU CH M A SCH I N E AU S PA PI E R                                         der Kulturstadt.
                                                                                                                                                                                                                                                                                       (oben).
Stadt und UNESCO-Weltkulturerbe ist der                                                                           der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes                                                      Das Mundaneum von Mons gilt als das ers-
87 Meter hohe Belfried von Mons. Der ein-     M I N E N E R LE B N I S FÜ R                                       zu finden ist, zeigt das perfekte Zusam-                                                  te Schlagwortarchiv der Welt. Es wurde                                     Der Belfried
zige barocke Belfried Belgiens wurde im 17.   SCHWI N D E LFR E I E                                               menspiel von Vergangenheit und Zukunft.                                                   1895 von dem belgischen Bibliothekar                                       zählt zu den
                                                                                                                                                                                                                                                                                       UNESCO-Welter-
Jahrhundert auf den Überresten des einge-     Das mit mehr als 6.000 Jahren älteste Welt-                         Bei dem Komplex am Rande von Mons                                                         Paul Otlet erfunden. Gemeinsam mit                                         bestätten und ist

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Foto © HCT/C. Carpentier
stürzten Uhrenturms errichtet. Im Kultur-     erbe des Hennegaus sind die Feuersteingru-                          handelt es sich um ein Paradebeispiel                                                     Henri La Fontaine perfektionierte er das                                   seit dem Kultur-
hauptstadtjahr 2015 wurde im Belfried         ben von Spiennes. Das SILEX’S bietet eine                           funktionaler Städteplanung im 19. Jahr-                                                   System bis in die 1930er-Jahre. Das                                        hauptstadtjahr
                                                                                                                                                                                                                                                                                       2015 auch Muse-
selbst ein neues Museum eröffnet, das ei-     Fülle von Informationen rund um die Feu-                            hundert. Neben dem Bergbauindustrie-                                                      Schlagwortarchiv besteht aus sechs Kilo-                                   um (links).
nen Einblick in die Geschichte des Bau-       ersteinminen und lädt zu einer Zeitreise in                         komplex in neoklassizistischer Backstein-                                                 metern Archivdokumenten mit rund
werks gibt. Absolut empfehlenswert ist        die erste Besiedlung der Region ein. Auf                            architektur sind Arbeiterquartiere mit 425                                                zwölf Millionen Karteikarten. Es beher-
auch eine Fahrt mit dem gläsernen Fahr-       einer Fläche von mehr als 100 Hektar findet                         Wohnhäusern im Stil der englischen Gar-                                                   bergt Dokumente aus allen Wissensgebie-
stuhl, der Besucher bis in die Spitze des     sich die größte und früheste Ansammlung                             tenstädte, sowie Stallgebäude, eine ehema-                                                ten und Epochen. Der Katalog „Répertoire                                                        D I E WA S S E RW E G E D E S
Glockenturms bringt. Von dort bietet sich
eine atemberaubende Aussicht auf die Stadt
                                              von Minen Europas. Experten gehen davon                             lige Zuckerfabrik, Läden, Cafés, eine
                                                                                                                  Schule und sogar ein Tanzsaal zu besich­
                                                                                                                                                                                                            Bibliographique Universel“ zählt zum
                                                                                                                                                                                                            „Memory of the World“ der UNESCO.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            H E N N E G AU
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Die vier imposanten Schiffshebewerke, die zwischen 1882 und 1917 auf
und ihre zahlreichen Sehenswürdigkeiten.                                                                          tigen. Das Museum Grand Hornu ist in                                                                                                                                                      dem historischen Canal du Centre erbaut wurden, funktionieren auch
                                                                                                                  einem restaurierten Gebäudekomplex                                                                                                                                                        heute noch nach der gleichen revolutionären Technik wie vor über 100
FO LK LO R I STI SCH E TR A D ITI O N                                                                             ­u ntergebracht und bietet neben Erinne-                                                  INFORMATIONEN                                                                                   Jahren. Alle vier gehören heute zum UNESCO-Welterbe. Im derzeit
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            weltgrößten Schiffshebewerk Strépy-Thieu werden selbst schwerste
Das kulturelle Vermächtnis der Region                                                                              rungen an die Bergbauvergangenheit auch
spiegelt sich nicht nur in beeindruckenden                                                                         Raum für Ausstellungen in zeitgenössi-                                                   VOR ORT:                                                                                        Lastkähne auf einen Zug rund 73 Meter elektromechanisch nach oben
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            oder unten gehievt. Eine Besichtigung des futuristischen Bauwerks
                                                                                        Foto © WBT/Anibal Trejo

Baudenkmälern wider. Auch Tänze, Spra-                                                                             scher Kunst und Design.                                                                  V I S I TM O N S                                                                                bietet fantastische Einblicke in Technik und Geschichte und führt inter-
che, Musik, Theater und eben die folklo-                                                                                                                                                                    Grand Place 27                                                                                  aktiv per Film durch ein „Land der Genies“. Eine Besonderheit ist auch
                                                                                                                                                                                                            7000 Mons                                                                                       das Schiffshebewerk Ronquières ( „Schiefe Ebene“): Mit seiner Hilfe
ristische Tradition des „Ducasse de Mons“
                                                                                                                  Doudou – jedes Jahr am Dreifaltigkeitssonntag,                                            Tel. : +32 65 33 55 80                                                                          lässt sich ein Höhenunterschied von 68 Metern ausgleichen, wodurch er
sind als immaterielles Kulturerbe schüt-                                                                          also am Sonntag nach Pfingsten, findet zu Ehren der                                       Info.tourisme @ville.mons.be                                                                    im Zuge des Kanals Charleroi-Brüssel insgesamt 14 Schleusen ersetzt.
zenswert. Bei letzterer handelt es sich um                                                                        Schutzheiligen Waltrudis das Folklore-Fest statt.                                         visitMons.co.uk                                                                                 voiesdeau.hainaut.be/de
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