Zauberhafte belgische Ardennen - Willkommen in der Wallonie - Aachener Zeitung
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Dinant - Collégiale et Citadelle - ©WBT - Bruno D’Alimonte belgische Ardennen Zauberhafte Willkommen in der Wallonie
Inhalt 03 Genuss Kunststädte Aktiv Nordsee Niederlande Foto WBT/Bruno D´ Alimonte Foto WBT/Denis Erroyaux Foto Dominik Ketz 04 16 26 GENUSS KUNSTSTÄDTE AK TIV 04 Genuss am Fluss 16 Sommer in der Stadt 26 Aktiv in den Ardennen Die Menschen im Süden Belgiens Die Städte in der Wallonie atmen viel Für Naturtouristen bietet die Wallonie Flandern wissen zu leben und lassen ihre Gäste Historie und präsentieren gleichzeitig eine malerische Kulisse sowie ein sehr gut gerne am Savoir-vivre teilhaben. ihre moderne Urbanität. ausgebautes Wander- und Radfahr-Netz. Deutschland Belgien GENER ATION W NAMUR WANDERN Brüssel 06 Von Meistern und Sternen 18 Die Kunst der Langsamkeit Wildschwein, Schinken, Das Netzwerk von Meister- und Sterne- Die wallonische Gelassenheit findet 28 Trappistenbier köchen will die kulinarischen Stärken der in ihrer Hauptstadt Namur ihren Genuss in den Aktivpausen steht für 5 Lüttich Wallonie gemeinsam weiterentwickeln. Höhepunkt. Wanderer in den Ardennen noch vor dem Gipfelsturm. 2 Hohe Venn GENUSS-TOUR MA ASTAL Tournai 1 Namur 10 Zeit für eine Tour 20 Leben am Fluss R ADFAHREN de Wallonie Prächtige Täler, trutzige Schlösser und Immer der Trasse nach Mons In der Wallonie ist das Herstellen von malerische Städte laden an der Maas und 30 Die Vennbahn bietet 125 Kilometer Charleroi Nahrungsmitteln ein Kunsthandwerk. ihren Nebenflüssen zum Verweilen ein. Radelgenuss fast ohne Steigungen. Wallonie Eine alte Bahntrasse macht es möglich. 4 12 BIER-ROUTE Blonde, Ambre, Brune 22 CHARLEROI Kunst statt Kohle oder mit Schuss Die größte Stadt der Wallonie war das Das belgische Bier zählt zu den Herz der Montanindustrie. Heute be- Frankreich Maastal sortenreichsten der Welt. stimmt das Kulturangebot den Pulsschlag. In fo s u n te r 3 We it e re N- BE LG IE S .DE Luxemburg 14 PROVINZ LÜT TICH Vier Wege zum Genuss MONS 24 Viel Zeit für moderne TO U R I SM U Vier neue Genussrouten, eine Reihe Tradition von Sehenswürdigkeiten und die un- Im wandelbaren Mons trifft Mittelalter WALLONIE mittelbare Nähe machen die Provinz auf Kulturhauptstadt, UNESCO- REGION Lüttich zum Ziel der Wahl. Welterbe auf Kunstbiennale. Illustrationen © AdobeStock/charlesperrault, gz_1301, rea_molko Amtssprache: Französisch, Deutsch Bevölkerungsdichte: 214 Einwohner pro km 2 1 Hennegau Verwaltungssitz: Namur Regionaler Feiertag: dritter Sonntag im 2 Lüt tich 5 Impressum Fläche: S eptember Wallonische Herausgeber Chefredaktion Schlussgrafik Das Magazin Reisewelt ist eine 3 Luxemburg Foto Cover © WBT/Bruno D´ Alimonte 16.844 km 2 Hymne: Le Chant des Wallons Provinzen Markt1 Verlagsgesellschaft mbH Markt 1, 45127 Essen Guido Schweiß-Gerwin Sigrid Herffs, Katja Müller Beilage der WELT am SONNTAG. Erscheinungstermin ist der Einwohner: Tel.: +49 201 1095-195 Redaktion 4. Juni 2017. 4 Namur ca. 3,6 Millionen ( „Das Lied der Wallonen“) E-Mail: info @ markt1-verlag.de Petra Lapps, Redaktioneller Beirat Heike Reinhold, Belgien-Tourismus Herstellung und Druck Konzeption und Realisation Michael Sänger (freier Autor) Wallonie Roto Smeets, Weert, Niederlande 5 Wallonisch-Brabant CP/COMPARTNER Marc Goulier, Markt 1, 45127 Essen Art Direction Eva Claushues, Tel.: +49 201 1095-0 Carsten Cimander belgien-tourismus.de www.cp-compartner.de
04 Genuss Genuss 05 Genuss am Fluss Die Menschen im Süden Belgiens wissen zu leben und lassen ihre Gäste gerne am Savoir-vivre teilhaben: belgisches Bier, eine französisch inspirierte Küche und eine traumschöne L andschaft in direkter Nachbarschaft. Foto © WBT/Bruno D´ Alimonte
06 Genuss Genuss 07 Fotos Antoine Mélis Von Maxime Collard Eric Martin Julien Lahire Meistern V or uns sitzt ein junger Mann. Fast schüchtern men. Schlüssel für eine regional orientierte, aber zugleich fragt er freundlich, was wir trinken möchten. weltoffene Küche sind die heimischen Lieferanten von Und lässt es sich nicht nehmen, uns selbst den Fleisch, Obst und Gemüse. „Kräuter und weitere Zutaten bestellten Kaffee zu machen und zu servieren. stammen je nach Saison aus dem eigenen Garten. Das Dabei ist er ein Star. Mit 25 Jahren eröffnet Maxime Wild kommt aus den nahe gelegenen Wäldern, die Forel- und Sternen Collard sein erstes eigenes Restaurant, nur ein Jahr später len aus der Our“, erzählt Collard. Der Bezug zur Region, folgt der erste Michelin-Stern für das „La Table de die Authentizität seiner Kreationen sind ihm sehr wich- Maxime“. Heute ist er 33 Jahre alt und Chef von vier Häu- tig. Auch im „La Table de Maxime“ ist diese Echtheit sern, neben dem Stammhaus betreibt er „Les Terrasses de spürbar. Das umgebaute Bauernhaus versprüht eine ge- l’Our“, „Les Jardins de Maxime“ und „La Fabrique du Pré lungene Kombination aus Rustikalität und dem gehobe- Maho“. Das Kochen wurde ihm in die Wiege gelegt. nen Ambiente eines Sternerestaurants – einfach zum „Schon als Kind habe ich meiner Oma über die Schulter Wohlfühlen. Sechs Zimmer im Stammhaus und eine Rei- geschaut, mit ihr Konfitüre zubereitet, ihr beim Dessert he weiterer Übernachtungsmöglichkeiten ergänzen das geholfen“, erzählt er mit leiser Stimme. Schon bald ist Portfolio. sein Entschluss klar: Der Traumberuf heißt Koch. Bereits mit 14 Jahren geht er auf eine Hotelfachschule. Bevor er STA DT, L A N D, SCH LOSS sich in seiner Heimatstadt Paliseul an der Our selbststän- Für Eric Martin gibt es keine Rivalität zwischen den dig macht, arbeitet er fünf Jahre in dem Drei-Sterne-Haus Köchen der „Generation W“. „Warum auch“, fragt er uns. Karmeliet in Brügge, zuletzt als Sous-Chef. „Bei uns im „Gemeinsam können wir viel mehr erreichen.“ Und das, Ort gab es kein Restaurant, nur eine Bar und einen Im- obwohl manche Häuser nur wenige Kilometer voneinan- biss.“ Das wollte Collard ändern. der entfernt liegen. Ein Schlüssel der Zusammenarbeit sind die lokalen und regionalen Lieferanten. Zwar gibt es Genuss bedeutet für ihn, die Natur seiner Heimat zu spü- keine Einkaufsgemeinschaft, aber wenn jemand einen ren, die Gerüche von Garten und Kräutern aufzunehmen neuen Produzenten entdeckt, teilt er es den anderen der und dadurch Inspirationen für seine Küche zu bekom- Gruppe mit und alle profitieren bei Bedarf davon. » Stilvoll geht es in den Restaurants der Meister- und Sterneköche der „Generation W“ zu. Ein grüner Gruß aus der Küche, modernes Ambiente und herzliche Gastfreund- lichkeit bilden den Rahmen zu einem köstlichen Menü. Die Wallonie im Süden Belgiens gilt als Genuss region, ist aber für deutsche Touristen oft noch ein Geheimtipp. Die „Generation W“, ein Netz- werk von Meister- und Sterneköchen, will die kulinarischen Stärken der Wallonie gemeinsam präsentieren und weiterentwickeln. Alle 22 Köche bilden beim diesjährigen Foodfestival in Namur Anfang Juli zusammen mit ihren Lieferanten eine lange Tafel. Wir haben schon vorher probiert. Foto © WBT/Denis Erroyaux Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN Foto © Antoine Mélis Foto Antoine Mélis
08 Genuss Genuss 09 Gemeinsam mit seinem Sohn Tristan betreibt Eric Mar- faches steinernes Landhaus abbilden. Kaum vorstellbar, tin das „Lemonnier“ in Lavaux-Sainte-Anne. Auch bei wie viel Energie nötig war, diesen Zufluchtsort für Gäste Authentizität steht im Mittelpunkt der Küche der ihm hat das Kochen Tradition in der Familie. Seine Mut- aus halb Europa mitten im Nichts zu schaffen. „Viele „Generation W“. Hingabe zu ter war Chefköchin im Restaurant von Schloss Lavaux- deutsche Urlauber nutzen unser Haus als Station auf dem den regionalen Produkten Sainte-Anne, sein Vater Direktor im Schloss. Zunächst Weg nach Frankreich und lassen sich hier verwöhnen“, und ihrer traditionellen wie ebenso innovativen Zuberei- übernahm Eric die Position von der Mutter, später mach- freut sich Julien. Die Autokennzeichen auf dem Parkplatz tung stehen im Mittelpunkt – te er sich mit dem „Lemonnier“ im Ort selbstständig. Sein zeugen von einer Mischung aus niederländischen, flämi- und natürlich der Gast. Sohn Tristan hat das Talent und die Passion geerbt. Aus- schen, französischen, englischen und auch deutschen gangspunkt ihrer Küche sind authentische Produkte. Gästen. „Wir wollen, dass unsere Gäste das Terroir schmecken und fühlen“, sagt Eric. Ähnlich ist es mit den neun Gäs- Wie in vielen Häusern der Sternegastronomie in der Wal- tezimmern. Auch diese sollen den Charakter des Dorfes lonie nehmen wir einen Aperitif im Salonbereich – hier und der Natur in der Region widerspiegeln. im Wintergarten. Während wir mit kleinen Köstlichkei- ten verwöhnt werden, wählen wir aus der Karte unser VE R STECK T U N D WI E D E RG E FU N D E N Gericht – das Menü Gourmand mit Weinbegleitung. Wir Im Wald von Noirefontaine, einem Ortsteil von Bouillon, geben uns ganz in die Hände von Julien Lahire und sei- ganz im Süden der Wallonie unweit der französischen nem aufmerksamen Team und werden nicht enttäuscht. Grenze, ist die „Auberge Du Moulin Hideux“ – der Name Dreieinhalb Stunden dauert unser Mahl. Zum Dessert sagt es – versteckt. „Meine Eltern hatten ein Restaurant in ziehen wir uns in die Clubsessel vor dem Kamin im Salon La Roche-en-Ardenne. Im Zweiten Weltkrieg wurde es zurück. Nach diesem intensiven Erlebnis für alle Sinne zerstört. Sie haben sich hierhin zurückgezogen und ein fallen wir erschöpft ins Bett – die Moulin Hideux bietet neues Restaurant aus der Mühle gemacht“, erzählt Julien zwölf komfortable Zimmer, die den romantischen Auf- Lahire und zeigt auf die Fotos an der Wand, die ein ein- enthalt im Waldversteck komplettieren. D I E M E I S T E R K Ö C H E D E R G E N E R AT I O N W. generationw.be Benoit Neuzy Oliver Bourguignon L’Impératif in Roucourt Le d’Arville in Wierde limperatif.be ledarville.be Carl Gillain Philippe Fauchet L’Agathopède in Namur Restaurant Philippe Fauchet in Saint-Georges theroyalsnail.com philippefauchet.be Christophe Pauly Philippe Meyers Le Coq aux Champs in Soheit-Tinlot Restaurant Philippe Meyers in Braine L’Alleud lecoqauxchamps.be philippe-meyers.be Jean-Philippe Watteyne Clément Petitjean iCook! in Mons Pierre Résimont La Grappe d’Or in Torgny restaurant-icook.be l’Eau Vive in Riviere ( Profondeville) lagrappedor.com eau-vive.be Julien Lahire Didier Galet Auberge du Moulin Hideux in Noirefontaine Sang Hoon Degeimbre Restaurant Didier Galet in Sprimont moulinhideux.be L’Air du Temps in Liernu Fotos (oben, rechts und Seite 9) © Antoine Mélis didier-galet.be airdutemps.be Laury Zioui Eric und Tristan Martin L’Eveil des Sens in Montigny-le-Tilleul Stéphane Diffels Lemonnier in Lavaux Sainte-Anne l-eveildessens.be L’Air de Rien in Fontin lemonnier.be lairderien.be Mario Elias Fabrizzio Chirico Le Cor de Chasse in Wéris Thomas Troupin Le Délice du Jour in Gerpinnes lecordechasse.be La Menuiserie in Waimes le-delicedujour.be lamenuiserie.eu Martin Volkaerts Jean-Baptiste und Christophe Thomaes L’Armandier in Genval Ludovic Vanackere Le Chateau du Mylord in Ellezelles amandier.be Atelier de Bossimé in Loyers mylord.be atelierdebossime.be Maxime Collard La Table de Maxime in Our ( Paliseul) maximecollard.be Foto © Dominik Ketz
10 Genuss Genuss 11 Foto WBT/ Foto WBT/ Emmanuel Mathez Denis Erroyaux Foto WBT/David Samyn Foto WBT/Jean-Paul Remy Wallonie Zeit für eine Tour de getrocknete Salami aus den Ardennen kostet, kann den Unterschied schmecken, denn eine echte Saucisson braucht Zeit, um ihren Charakter zu entfalten. Vielerorts kann man die Wurst probieren und sich ein Bild von der vinz Luxemburg gekommen. „Ich wollte eigentlich nur einen Freund in Luxemburg besuchen, war auf der Suche …“ Er ist ein Quereinsteiger. Seine Pralinen jedenfalls sind köstlich und die Zusammensetzung der Zutaten ist Herstellung machen. Beispielsweise in „La Ferme des nicht selten kreativ. Die Besonderheit ist die Frische, Sanglochons“ in Verlaine, einem Ortsteil von Neufchâteau. denn er produziert immer nur für die Folgewoche. Der Bis vor zwei Jahren ist bei Christine Schumann – die Laden hat nur mittwochs und freitags am Nachmittag Eltern stammen aus dem Elsass – Fleisch von Mischlingen sowie am Samstag geöffnet. Die übrige Zeit benötigt Jean von Wild- und Hausschweinen verarbeitet worden, einer für die Herstellung der süßen Verführer. Der Produkti- Züchtung, die auf den Gründer der „Ferme“ zurückgeht. onsraum befindet sich direkt im Anschluss an den Ver- Artisanal – der Begriff beschreibt perfekt die Haltung der Daher stammt der Name „Sanglochon“. Die typische kaufsraum, dazu noch ein kleiner Lagerraum – mehr ist Foto © WBT/Denis Erroyaux Wallonen zur Produktion von Nahrungsmitteln. In der ge- A rdenner Taverne wirkt sehr einladend, die Fenchel es nicht. Während unseres Gesprächs werden wir immer nussorientierten Wallonie geht es nicht um die Herstellung, salami ist gut durchgereift und würzig, der Schinken aus wieder von Kunden unterbrochen. Das Konzept scheint sondern das Kunsthandwerk, das eine Vielzahl von Delika- Entenbrust ein Gedicht, dazu ein hauseigenes Bier. Wir aufzugehen. Auch für Biertrinker, die oft eher etwas Sal- Philippe Bouillon. Inhaber der lassen es uns gut gehen. ziges zum Biergenuss favorisieren, hat er mit seinem tessen im ganzen Land gebiert. Eine kulinarische Tour. Schinkenmetzgerei Bouillon & Fils in La Roche-en-Ardenne. Freund Chris nicht nur ein eigenes Bier unter dem Label Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN D E R D U F T D E R G RÜ N E N WI E S E N „jeanchris“ entwickelt, sondern verschiedene passende Der Genießer ahnt es – auch der Käse aus der Wallonie Pralinés dazu, u.a. mit Meersalz, Mandeln und Nougat braucht Zeit für sein volles Aroma. Der „Fromage de oder eine Mischung aus Zartbitter und Sesam. Herve“, eine ebenso geschützte Ursprungsbezeichnung, W ir folgen Philippe Bouillon in die Tiefen Monate Reifezeit, je nach Größe des Schinkenstücks sind reift bis zu sechs Wochen in den feuchten Kellern der seines Kellers. „Gespenster und Geheim- nötig, damit der Schinken seinen ganz eigenen Charakter Käsereinen in Herve in der Provinz Lüttich. Der „ Piquant nisse“, sagt er mit einem schelmischen entwickeln kann. Wir probieren ein paar Scheiben unter- Extra“ braucht mindesten zwei Monate, um seine ganze Grinsen auf dem runden Gesicht und führt uns auf einer schmalen Steintreppe weiter hinunter. schiedlicher Reifegrade – je älter, je besser lautet das Ur- teil. Rund 1.000 Jambon d’Ardenne stellt Bouillon im Würze zu entfalten. Freunde milderer Sorten schätzen den intensiven Geruch nicht so sehr. Für Käseliebhaber 1.000-JÄHRIGE WEINBAUREGION Philippe hat die Schinkenmetzgerei Bouillon & Fils in La Jahr her und beliefert damit abseits des Verkaufs im eige- ist es ein ganz besonderer Duft. Daneben gibt es eine A L S W E I N BAU L A N D ist die Wallonie nicht übermäßig bekannt. Es existieren erst seit wenigen Jahren drei offizielle Appellationen (AOC). Die bekannteste AOC Roche-en-Ardenne von seinem Vater übernommen. Das nen Geschäft auch eine Reihe weiterer Metzger im Um- Reihe weiterer Käsesorten. Auch der Ziegenkäse aus den hat die Herkunftsbezeichnung „Côtes de Sambre et Meuse“ (seit 2004). Laut den stattliche Geschäft mit kleiner Probierstube nebenan be- kreis von rund 80 Kilometern. „Ich habe viele Kunden aus Ardennen zählt in der Spitzengastronomie des Landes Studien des belgischen Historikers Joseph Halkin aus dem 19. Jahrhundert begann steht seit 62 Jahren. In den Gewölben angekommen er- Flandern, den Niederlanden und auch aus Deutschland. zur abschließenden Käseplatte. der Weinbau mit der Ausbreitung der Christianisierung. Messwein war gefragt. Der Anbau von Wein in Wépion, bekannt auch durch die Erdbeeren, jährt sich 2018 klärt er uns en Detail den Weg vom Schwein zum traditi- Aber man muss schon persönlich herkommen, Online- zum tausendsten Mal. Noch vertrauen die Gastronomen mehr den französischen onellen Jambon d’Ardenne. „Ardenner Schinken gibt es Versand mache ich nicht.“ U N D ZU M SCH LU SS ET WA S SÜ SS E S Weinen – auch hier wird es seine Zeit brauchen. seit 2.500 Jahren“, sagt Philippe. Schon die alten Römer Die Schokolade tropft von der Decke. Nicht nur bildlich. sollen Geschmack daran gehabt haben. Nur Fleisch aus R AU H E S L A N D – FE I N E KÖSTLI CH K E ITE N Überdimensionale dunkelbraune Tropfen hängen über ✣ D E U T L I C H B E K A N N T E R DAG E G E N I S T D E R P E K E T, ein Wacholder- der Region, nur Eichen- und Buchenholz zum Räuchern, Um die „Saucisson d’Ardenne“, die traditionelle Mett- unseren Köpfen, nachdem wir die kleine Manufaktur brand, der dem Leben dem Wort nach die richtige Würze verleiht. Peket darf auf nur Meersalz mit einer eigenen Mischung von Kräutern – wurst aus den Ardennen, gab es zuletzt öffentliche Strei- von Jean-Francois Vaux in Habay-la-Neuve betreten ha- keinem Fest fehlen. In Namur gibt es an der Place du Marché aux Légumes einen null Philippe Bouillon möchte die Tradition und das Beson- tereien mit Produzenten aus dem benachbarten Flan- ben. Er nennt sich selbst nur „Jean le Chocolatier“, das ist Kilometer Grenzstein für Peket. Ab dort kann jeder Interessierte messen, wie weit er beim Genuss des Wacholderbrandes beim Stadtfest noch kommt. Zurück findet dere am Ardenner Schinken erhalten. „Das eigentliche dern, die ihre Massenprodukte mit der Bezeichnung seine Marke. Er ist vor ein paar Jahren von der Côte am gleichen Tag sicher keiner mehr. Und apropos Erdbeeren von Wépion: Peket mit Geheimnis aber ist Geduld und Zeit“, sagt er. Rund neun schmücken wollen. Wer die handwerklich erstellte, luft- d’Azur ins kleine, etwas verschlafene Habay in der Pro- Erdbeergeschmack gibt es neben vielen weiteren Sorten auch.
12 Genuss Genuss 13 Als Emile Vandervelde als belgischer Justizminister 1919 den Verkauf von Spirituosen in Bars verbot, nahm die Sortenvielfalt der belgischen Biere zu, vor allem die Nachfrage nach Bier mit höherem Alkoholgehalt. Heute zählt das belgische Bier zu den sortenreichsten der Welt. Etwa 140 Brauereien mit insgesamt rund 1.000 Biervarianten stehen zur Auswahl. Eine Stippvisite. Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN N ur eine Flasche am Tag – und nur „La Rulles“ gibt es nur in großen 750 ml Fla- das Leichtbier in den grünen, nicht schen. „Biertrinken ist etwas Geselliges. Wir frei verkäuflichen Flaschen. Die teilen gerne“, erklärt Verhelst die Flaschen- Trappisten-Mönche von Orval größe. Auch das Rulles reift nach der Abfül- ganz im Süden der Wallonie in der Provinz lung noch drei bis vier Wochen in der F lasche, Luxemburg kurz vor der französischen Grenze bevor es in den Handel geht. Verhelst ist stolz Foto © WBT/Denis Erroyaux haben es nicht leicht. Und auch für die Besucher auf den Erfolg, 55 Prozent der Produktion ist das Bier limitiert. Das muss es auch, denn es gehen ins Ausland, den Hopfen importiert er ist sehr begehrt und daher nicht einfach zu be- aus den USA. „Unser Rulles wird in Skandi- kommen – dafür aber sehr bekömmlich. Das navien, Italien, den USA und sogar in Japan offene Geheimnis des obergärigen Malzge- getrunken.“ Wir probieren ein Rulles Blonde tränks aus dem Kloster Orval ist die Zugabe von Orval (sieben Prozent) – schon lecker. Bemerkens- Karamellmalz im Produktionsverfahren und ist eine von drei wert sind auch die Etiketten, die vom wallo- Trappisten-Brauereien in der zweimalige Zusatz von flüssigem Kandiszu- der Wallonie. Nicht nur nischen Karikaturisten Palix gestaltet sind, cker. Das Bier wird erst im Tank und später in wegen des Bieres ist ein der ebenso Fan des Rulles ist. Wir jetzt auch. Flaschen für Gärung und Reifeprozess mehrere Besuch des Klosters im goldenen Tal sehr Wochen gelagert, bis es in den Verkauf geht. Die e mpfehlenswert. K R E ATIV O H N E G R E NZE N Jahresproduktion hat sich in den vergangenen Auch das „La Binchoise“ aus Binche westlich Jahren verdoppelt und liegt nun bei rund von Charleroi stammt aus einer Mirkobraue- 22 Millionen Flaschen (72.000 Hektoliter). Die „Biertrinken rei. Wir probieren ein „Bière des Ours“, das Kapazitätsgrenzen der Brauerei sind erreicht. ist etwas mit Honig versetzt ist und daher, wie auf dem Etwa 90 Prozent der Flaschen bleiben im belgi- Geselliges. Etikett zu erkennen, auch Bären schmecken Blonde, schen Markt. Orval ist neben Chimay und würde. Die Auswahl an Bieren in Brasserien Rochefort eine von drei Trappisten-Brauereien Wir teilen und Bars ist außergewöhnlich gut. Da viele in der Wallonie. Insgesamt gibt es elf, davon gerne.“ Biersorten in der Flasche reifen, wird die sechs in Belgien. Mit 6,2 Prozent Alkohol ist das GRÉGORY VERHELST Mehrzahl in selbigen verkauft und in der Re- Orval nicht so schwer und durch den Einsatz (Bierbrauer) gel immer mit dem passenden Glas ausge- des Kandis schön süffig. Der Besuch des Klos- schenkt – stilvoll für echte Genießer. ters im goldenen Tal ist aber auch nüchtern ein großes Erlebnis. Im Anschluss kann man im In Namur, der wallonischen Hauptstadt und Ambre, Brune Klosterladen einige Flaschen und auch den ehemaligen Hauptstadt des wallonischen Bie- leckeren Klosterkäse mitnehmen. res (siehe Beitrag Seite 18) gibt es neben der Brauerei „L’Échasse“ mit dem leckeren „La M I K RO M IT M A XI M A LE M G E N U SS Houppe“ noch die „Brasserie Du Clocher“ im Auch in der Wallonie hat es in den letzten benachbarten Malonne. Das Bier mit dem Jahren ein rasantes Wachstum von Haus- Namen „La Philomène“ wird seit 2015 in der Foto © WBT/Denis Erroyaux brauereien und Mikrobrasserien gegeben. ehemaligen Kirche von Piroy gebraut – ein Beispielsweise das „La Rulles – Bière de Gau- Brauereibesuch der besonderen Art. Wir pro- me“ aus dem kleinen Ort Rulles. Grégory bieren das Philomène Florale: kein Blumen- Verhelst, von Beruf eigentlich Archäologe, bier, sondern mit Kräutern versetzt, die dem Foto © WBT/Bruno D´ Alimonte oder mit Schuss hat mit einem Freund im Jahr 2000 halbtags Bier eine besondere Würze verleihen sollen. angefangen, Bier zu brauen. Im ersten Jahr Bierproben „La Philomène“ wird eines von 60 Bieren produzierten sie 130 Hektoliter. Mittlerweile sind in der Wallonie sein, das am 30. und 31. Juli in Namur zur b eliebt. Die Auswahl bieten sie zwölf Sorten von 4,8 bis 10,0 Pro- ist nahezu endlos – „Fête de la bière du Namuroise“ präsentiert zent Alkohol an. Die Jahresproduktion liegt und i mmer gibt es das wird – für Freunde des belgischen Biers ein bei 3.500 Hektoliter und soll weiter wachsen. p assende Glas dazu. Pflichttermin. À votre santé.
14 Provinz Lüttich Provinz Lüttich 15 Vier Wege zum Genuss das seit 2011 auf insgesamt 3.000 Quadratmetern der re- gionalen Folklore, der industriellen Vergangenheit in der Leder- und Papierherstellung und weiteren Geschichts- themen im Umfeld der Grenzregion von Malmedy gewid- met ist. Mit einem Audio-Guide wird der Rundgang zum besonderen Erlebnis. Eindrücke ganz anderer Art bekommen Besucher im Na- turpark Botrange. Das Naturparkzentrum im Herzen des W Besucher der Provinz Lüttich elch ein Empfang! Nach UNESCO-Welterbestätten, die Zeit des Hohen Venns setzt sich für sanften Tourismus ein und kaum einer halben Stun- Bergbaus in der Region wieder lebendig will so Naturschutz und die Entwicklung der touristi- profitieren von der Nähe zu de Fahrzeit mit dem Zug werden. Ausgerüstet mit Helm und ent- schen Infrastruktur in Einklang bringen. In der Ausstel- DREI MUSEEN UNTER Deutschland, den Niederlanden, von Aachen steht man in sprechender Kleidung geht es für die Besu- lung „Fania“ wandeln Besucher auf den Holzstegen, die E I N E M DAC H einem futuristischen Bauwerk, das ein cher mit dem Förderkorb in eine Tiefe von auch den Wanderern in der freien Natur bekannt sind. Im Luxemburg und Frankreich. Bahnhof ist. Santiago Calatrava, der spa- bis zu 60 Metern. Dort erfährt man viel Sinnestunnel entdeckt man die unterschiedlichen Boden- Die Abtei von Stavelot in der Provinz Lüttich zählt zu den ältesten Klöstern des Landes. Gleich drei Museen unter einem Dach machen die Die Provinz ist schnell erreichbar nische Meisterarchitekt, hat das Gebäude über das harte Leben der „gueules noires“, typen mit nackten Füßen. Abtei zu einem der beliebtesten Ausflugsziele der Region. Das Museum entworfen, dass seit 2009 das Lütticher zu deutsch schwarzen Fratzen. Im Château des Fürstentums Stavelot-Malmedy bietet einen modernen, intelligenten und bietet gleichzeitig eine Viel- Stadtbild ergänzt. Die Provinz Lüttich ist du Val Saint-Lambert in Seraing bekommt In Verbindung mit den vielen Sehenswürdigkeiten lässt und spielerischen Parcours zur Geschichte. Die Sonderausstellung „Die Tempelritter“ wurde gerade bis Oktober verlängert. In den zahl von Sehenswürdigkeiten. ebenso wie die Stadt geprägt durch seine man in der Cristal Discovery Einblicke in sich die Provinz Lüttich aber auch bestens als Genießer prächtigen Kellergewölben der Abtei erzählt das Museum Circuit de Vielfältigkeit und dem Nebeneinander das Handwerk der alten Glasbläsermeister. bereisen. Vier neue Genussrouten – eine Weinroute, eine S pa-Francorchamps die großartige Geschichte der noch immer schönsten Zudem sind die Lütticher Genie- von Moderne und Historie. Höhepunkt der Sammlung sind 250 Expo- Käseroute, eine Bierroute und eine Schokoladen-Route – Rennstrecke der Welt in den Ardennen. Zuvor noch nie veröffentlichtes Bildmaterial und eine Präsentation von außergewöhnlichen Rennfahr ßer und lassen ihre Gäste über nate aus Kristallglas, die die handwerkliche mit einer Reihe von Touren stehen zur Auswahl. Die ent- zeugen lassen die Leidenschaft Dass die Provinz Lüttich neben der großar- Virtuosität des Handwerks präsentieren. sprechende Broschüre mit über 100 Seiten ist sowohl on- die vier neuen Genussrouten tigen Naturlandschaft der Ardennen und Besucher machen so eine Zeitreise durch line durchblätterbar als auch unter provincedeliege.be der Rennsportpioniere bis heute lebendig erscheinen: Ferrari, Fotos © Abbaye de Stavelot am Savoir-vivre teilhaben. des Hohen Venns auch eine industrielle die Geschichte der Manufaktur. bestellbar. Ein besonderer Service, um nach einer Unter- March, Chevron, Porsche oder Cooper. Das Museum Apollinaire Prägung erfahren hat, zeigen eine Reihe kunft und Attraktionen in der Provinz Lüttich zu suchen, Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN ist dem Aufenthalt des Poeten von Museen in Stadt und Land. Beispiels- Die Geschichte der Region atmen kann ist das Webangebot ouftitourisme.be, wo Gäste über eine Guillaume Apollinaire in Stavelot weise lässt die Zeche Blegny, heute mit drei man auch in der Abtei von Stavelot (siehe Suchmaske genau auf sie zugeschnittene Programme er- gewidmet. weiteren Zechen auf der Liste der Kasten rechts) sowie im Malmundarium, stellen können. abbayedestavelot.be I N R U H E AU S S PA N N E N Im deutschsprachigen Teil der Wallonie, nicht weit entfernt zur belgisch-deutschen Grenze in der Provinz Lüttich, liegt das Dorf Bütgenbach am gleichnamigen See. Direkt am Markt- platz, nur einen kurzen Spaziergang vom See entfernt, bietet das Hotel Bütgenbacher Hof 34 moderne Zimmer und Suiten. Das familiär geführte Haus verwöhnt seine Gäste mit einem großzügigen Wellnessbereich: Sauna, Infrarot-Kabine, Whirl- pools, Dampfbad, Solarium und ein großer Pool sowie ein Fit- ness-Center stehen zur Entspannung vom Alltag bereit. Das Restaurant, ausgezeichnet mit 14 Punkten im Gault Millau, hält regionale Klassiker mit französischer Anmutung ebenso wie mit Kreativität zubereitete Saisongerichte bereit. Ergänzt wird das Angebot durch einen gut sortierten Weinkeller. Bei schönem Wetter lädt die hübsche Terrasse zum Entspan- nen in ruhiger Umgebung ein. An kühleren Tagen ist der Foto © MT Pays de Herve, André Servaty W intergarten ein guter Ort zum Lesen. Die sehr gute Lage im Ort wird abgerundet durch die optimale Anbindung an Wander- und Radfahrstrecken in der Provinz Lüttich. Mehr als 180 K ilometer warten auf der in den letzten Jahren einzig- Fotos © Christian Charlier Das Gras grüner Wiesen wird artig a ngelegten RAVeL-Route – der für Radsportbegeisterte zu goldenem Käse veredelt – a usgebauten Vennbahntrasse (siehe Beitrag Seite 30). Das einer von vier Wegen zum Hohe Venn, das größte Hochmoor Europas, bietet zudem G enuss in der Provinz Lüttich. b eeindruckende Wege zum Wandern durch endlose erschei- nende Wälder ebenso wie an Wiesen und Feldern vorbei. hbh.be
16 Kunststädte Kunststädte 17 Sommer in der Stadt Foto © WBT/Denis Erroyaux Namur Die Städte in der Wallonie atmen viel Historie und präsentieren g leichz eitig ihre moderne Urbanität: große Plätze, gute Aussichten und vielerlei Kunstangebote prägen sie. Charleroi Foto © WBT/Denis Erroyaux Lüttich Foto © WBT/Morgane Vander Linden Mons Foto © Visitmons/Gregory Mathelot Tournai Foto © www.wapinature.be/Coralie Cardon
18 Kunststädte Kunststädte 19 Kunst Fotos © Dominik Ketz Die Foto © WBT/Denis Erroyaux der Langsamkeit Die Altstadt. Im Abendlicht liegt Namur friedlich am Wasser der ruhig dahinfließenden Sambre. Im Hintergrund die Kathedrale Saint Aubain. Namur liegt wie eine Perle in der Beuge am Zusammenfluss von Schneckentempo anstecken, denn nur so EIN BUMMEL DURCH DIE ALTSTADT dukte – Käse, Wurst, Pralinen und natür- Sambre und Maas. Die strategisch günstige Lage verleiht der Stadt führt ein Städtetrip zur Entschleunigung. Wie in vielen anderen Städten der Wallo- lich Bier – als Pausenfüller an ein paar nie zählt auch der Beffroi von Namur zu nett dekorierten Tischen zu sich nehmen eine mehr als 2.000-jährige Geschichte mit vielen Momenten der Ü BER DEN DÄCH ERN VON NA MU R den Stätten des UNESCO-Welterbes. Ge- kann. Bei einem pâté au pain d'épices Zerstörung. Der stetige Wiederaufbau gilt als Wurzel der wallo- Auf dem Bergsporn am Zusammenfluss nutzt wurde er als Glockenturm. Die Ga- lernt man die ungewöhnliche Kombinati- nischen Gelassenheit, die in Namur, Hauptstadt der Wallonie, von Sambre und Maas thront die Zitadelle lerie du Beffroi direkt gegenüber ist ein on von Lebkuchen und Leberpastete ken- ihren Höhepunkt findet. Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN von Namur über der Stadt. Sie zählt zu beliebter Ausstellungsort, beispielsweise nen und schätzen, ja lieben. Und wer es den mächtigsten Festungsanlagen in Eu- für die „Artisan Namur“, bei der lokale lieber nur süß möchte: Unter anderem im ropa und ist Teil einer 80 Hektar großen und regionale Kunsthandwerker ihre Pro- Maison des Desserts findet man das W ir stehen an der Place du d’Armes – wieder nur ein paar Ecken weiter Grünfläche. Von der Zitadelle aus hat man dukte ausstellen und verkaufen, darunter knusprige Nusskaramell Biétrumés oder Die Zitadelle von Namur oberhalb der Brücke von Jambes wo Sambre und Maas Marché aux Légumes, – empfangen uns Djoseph und Francwès einen großartigen Blick auf die Stadt, die Schmuck, Kleidung und Puppen. die ebenfalls hausgemachten Macarons, z usammenfliessen. dem ältesten Platz der mit den Petits-Gris de Namur am Hals- Flusstäler und das Umland. Die Festung, ein Baisergebäck aus Mandelmehl, in al- Stadt, vor der Brasserie „Le band. Nur so laufen den ulkigen Gestalten erstmals erwähnt im 9. Jahrhundert, wur- Den stetigen Wandel der Stadt, in deren len Geschmacksrichtungen und Farben. Ratin-Tot 1616“. „Der Name der Brasserie in Bronze die kleinen, graugestreiften de in ihrer Historie mehrfach vergrößert. Kern nur 15.000 der insgesamt rund Eine Spezialität in Namur sind zudem die bedeutet ‚Alles erwarten‘.“ Valérie Tryoen, Schnecken, die Delikatesse der Region, Heute ist sie Heimat des Besucherzent- 110.000 Namurer wohnen, erlebt man Erdbeeren von Wépion, ein kleines Städt- die Gästeführerin lacht herzhaft. „Eigent- nicht weg. Langsamkeit im besten Sinne rums „Terra Nova“, das europäische Stadt- beispielsweise in der Rue des Brasseurs. chen f lussaufwärts der Maas, wo den lich heißt es: Warten auf die Frau, die gerade und mit einer großen Portion Augenzwin- und Militärgeschichte zeigt. Weiterer An- 18 Brasserien – Brauhäuser – säumten die Früchten sogar ein Museum gewidmet ist. REISEINFOS auf dem Markt einkauft.“ Sie zwinkert mit kern – dafür steht N amur. Und die Besu- ziehungspunkt in der Zitadelle ist die vormals längste Straße der Altstadt. Heu- Neben den kulinarischen Verlockungen NAMUR ENTDECKEN den Augen. Und was machen die Männer cher lassen sich gerne selbst von diesem Parfümmanufaktur von Guy Delforge. In te erinnern einige Lokale und Inschriften bietet Namur auch Mode, Schuhe und Neben einem Spaziergang oder einer Themen- derweil? „Sie gehen in die Brasserie und den Kellern kann man dem Maître de Par- an den Häusern an die Geschichte der Schmuck, teilweise ebenfalls von lokalen führung gibt es ganz unterschiedliche Möglich- keiten, die Stadt zu entdecken. Auf einer Maas- trinken ein frisches Bier.“ Diese Leichtigkeit fum bei seiner Arbeit zuschauen. Brauerstraße. Einzig das Houppe wird oder regionalen Designern. Ein echter Kreuzfahrt kann man Namur vom Wasser aus des Seins trifft man in Namur vielerorts. wieder, allerdings mit neuer Rezeptur Hingucker ist die Filiale von „Scotch & erleben. Oder man nutzt im Sommer die kleinen Nur zwei Straßenecken weiter begrüßt uns und außerhalb des Stadtzentrums, ge- Soda“ in der Saint-Jacques Kirche in der Namourettes als Wassertaxi. Auch eine Art Foto © WBT/Denis Erroyaux Place d’Armes. Die Bronzefiguren Djoseph S pazierfahrt zwischen Maas und Sambre bieten in der Rue Saint-Loup die Boutique „Il fera und Francwès mit den Petits-Gris de Namur braut (dazu mehr auf Seite 13). Das Stra- gleichnamigen Straße – dort bekommt die neuen Rickschas. Wenn man die Stadt auf beau demain“, frei übersetzt: „Es wird am Halsband (oben). ßenbild der Altstadt prägen hingegen eine das Wort „Modetempel“ seine wahre Be- dem Sattel erobern möchte, ist auch eine Rad- schön Morgen“ mit allerlei Gebrauchsge- Reihe von schönen Geschäften, darunter deutung. Und wer der Sünde des Einkau- tour mit dem E-Bike möglich. Alle Rundgänge Pousse-Pousse. Mit der Rikscha an Maas und Angebote finden Sie unter namurtourisme.be genständen, die im Alltag nötig sind – oder und Sambre entlang. Abfahrt ab Place de l’Ange verschiedene Feinkostläden, Epicerie fine fens unterliegt: Der Beichtstuhl in der oder im Informationszentrum von Visit Namur eben auch nicht. Und auf dem Place (links). genannt, in denen man die lokalen Pro- ehemaligen Kirche ist noch intakt. am Bahnhof, täglich von 9:30 bis 18 Uhr geöffnet.
20 Maastal Maastal 21 D I E TRO PFSTE I N H Ö H LE VO N H A N Die Kraft des Wassers hat auch in den Grotten von Han beeindruckende Felsformationen gestaltet. Vor mehr als 500.000 Jahren hat hier die Fotos © Jardins d’Annevoie Lesse einen unterirdischen Skulpturenpark erschaffen, der einmalig in Westeuropa ist. Die miteinander verbundenen Grotten sind von einzig- artiger Schönheit und locken jährlich mehr als 300.000 Besucher an. Der angeschlossene Wildtierpark ist das Zuhause von Wölfen, Luchsen, Bären, Büffeln, Hirschen, Damwild, Wildschweinen, Steinböcken und Foto © Dominik Ketz einer Reihe von weiteren Tieren, die hier auf 250 Hektar in der Natur fast wie in Freiheit leben. Seit der Jungsteinzeit wird die Gegend von WA S S E R - T R I F F T Han und die Stelle, an der die Lesse wieder aus dem Berg tritt, als Kult- und Pilgerstätte verehrt. G efunden wurden zahlreiche archäologische G A RT E N K U N S T Objekte auf dem Grund der Lesse und an ihren Ufern, die wahrscheinlich Etwa auf halber Strecke zwischen Namur und Dinant liegen die Gärten als Opfergabe ins Wasser geworfen worden waren. Die interaktive von A nnevoie. Charles-Alexis de Montpellier ließ sie vor rund 250 Jahren A usstellung PrehistoHan lässt die Urgeschichte der Grotten von Han anlegen. I nsgesamt 50 Wasserspiele sind auf einer Fläche von rund 28 wiederaufleben. Dem Michelin-Führer sind die Grotten, der Wild- Hektar zu entdecken. Basis dieses einzigartigen Wassergartens ist ein tierpark und das Museum als Ausflugsziel drei Sterne wert. 400 Meter langer Wasserspeicher, der aus vier Quellen gespeist wird, auf grotte-de-han.be dem höchsten Punkt der Parkanlage. Ein ausgeklügeltes System unterir discher Kanäle sowie das Flüsschen Rouillon sammeln und verteilen das Wasser und nutzen dabei das natürliche Gefälle des Geländes. Auf diese Weise kommt der riesige Wassergarten ganz ohne Pumpen aus. Zehn G enerationen von Montpelliers haben an dem Schauspiel mitgewirkt. Fluss Die Gartenanlage ist daher durch französische, italienische und englische Bouvignes-sur-Meuse blickt auf eine lange Geschichte Gartenkunst geprägt. Die strenge Symmetrie des Französischen Stils findet zurück, ebenso wie die Kirche Saint Lambert. man im ältesten Teil des Parks am Château. Elemente im italienischen Foto © Domaine des Grottes de Han Stil harmonieren mit der Natur und sorgen gleichzeitig für Abwechslung, Leben am Kontraste und Überraschungseffekte. Ein Weg unter tunnelförmigen H aselbüschen imitiert im „englischen“ Teil des Gartens die Natur. Mittler- weile sorgt ein gemeinnütziger Verein in Zusammenarbeit mit der Region Wallonien, der Kommunalverwaltung und mit der Provinz Namur für die Gärten von Annevoie. Seither ist der Park deutlich kinderfreundlicher ge- Die Maas und ihre Nebenflüsse worden: Ein Spielplatz, ein Tiergehege und ein Himbeerhain zum Selber- pflücken (im Juli und September) ergänzen den Wassergarten. Sambre, Ourthe, Lesse oder annevoie.be Semois prägen einen Großteil der Wallonie und ebenso die Arden- nen. Prächtige Täler, trutzige Nach einem Besuch in Annevoie (siehe Kas- ner Großmutter war das Haus eine Epice- über Brücke und Stiftskirche auf die Zitadel- fen wir auf kleine Ortschaften, darunter und zeugt von einer Zeit, als die Christen Schlösser auf majestätischen ten) ist Bouvignes-sur-Meuse unser Ziel – rie“, erzählt sie uns. Schwarz-Weiß-Foto- le ist das berühmte Postkarten-Motiv, dass in Celles, das zu den 30 schönsten Dörfern häufig weite Märsche für den sonntägli- Felsen sowie malerische Städte ein Geheimtipp. Der heutige Vorort von grafien an den Wänden im Restaurant keiner Sammlung von Urlaubsfotos fehlen der Wallonie zählt – und das zu Recht. chen Gottesdienst in Kauf nahmen. Das und Dörfer warten einladend am Dinant war bis 1964 eine eigenständige Ge- zeigen uns ihre Geschichte. Der Gasthof ist darf. Ebenso vermittelt der berühmte Nahezu alle Häuser sind in dem typischen gleichnamige Hotel im benachbarten ehe- Wegesrand. Ein Blick in ihre Ge- meinde und im Mittelalter gleichbedeutend einfach, aber sehr gemütlich – ein perfekter Bayardfelsen die spektakuläre Felsenkulisse, Haustein gemauert. Heraus ragt seit nun maligen Pfarrheim und der dazugehörige schichte. Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN wie ihre große Nachbarstadt. Auch Bouvig- Ort der Entschleunigung. die über die Jahrtausende durch die Maas fast 1.000 Jahren nur die Kirche Saint Landgasthof sorgen in Celles für eine hohe nes profitierte vom blühenden Messing- geschaffen wurde. In Dinant ist auch der Ur- Hadelin. Das wehrhafte, große Bauwerk Verweilqualität. handwerk und hatte nach örtlichen Quellen U NVE RG E SS E N E B LI CK E sprung der bekannten Biersorte Leffe zu fin- ist ein Beispiel maasländischer Romanik beauxvillages.be E her träge strömt das Wasser der bis zu 3.500 Einwohner, heute sind es noch In Dinant hingegen pulsiert das Leben in den, die aus der Abtei Notre-Dame de Leffe Maas dahin. Der längste und einer 800. Die Ruinen von Crèvecoeur auf der höchsten Tönen. Hinter der Nummer 3226 am Rande der heute rund 13.000 Einwohner der wasserreichsten Nebenflüsse Bergkuppe oberhalb der spätgotischen beim französischen Patentamt verbirgt sich zählenden Stadt stammt. Mittlerweile hat des Rheins hat in Namur schon Kirche Saint Lambert sowie das sogenannte die Erfindung von Adolphe Sax. Wahr- aber ein internationaler Bierkonzern die eine beträchtliche Breite. Flussaufwärts in Spanische Haus am Marktplatz – heute das scheinlich ist es kein Zufall, dass er 1840 das Markenrechte übernommen. Richtung Dinant sind es rund 30 Kilometer Stadtmuseum – zeugen von einer prächti- Saxophone aus Messing gerade in Dinant Wegstrecke. Die N 92 führt auf der Westsei- gen Historie. Mit seinen engen Gassen und erfunden hat, ist doch die Stadt an der Maas TRUTZB U RG E N U N D te fast komplett nah am Fluss entlang. Die den gut erhaltenen Natursteinhäusern hat schon seit dem 14. Jahrhundert als Wiege des R OM A NTI SCH E DÖ R FE R Sonne scheint, teilweise spiegeln sich die im- die Gemeinde viel von ihrem Charme erhal- Messingkunsthandwerks bekannt in ganz Von Dinant aus folgen wir der Lesse fluss- mer wieder auftürmenden schroffen Felsen ten. Auf der kleinen Terrasse des „Les Europa. Die aus der Stadt stammenden Mes- aufwärts tiefer in die Ardennen hinein. Madame Bothy bietet ihren Gäs- im Wasser. Kleinere Ortschaften liegen auf Mougneûs d'As“ in Verlängerung des Spa- singwaren waren als sogenannte Dinanderi- Die Wälder links und rechts scheinen ten auf der kleinen Foto © Dominik Ketz unserem Weg. Wir möchten am liebsten in nischen Hauses gönnen wir uns ein Glas en selbst in Paris sehr begehrt. Heute erin- nicht mehr aufhören zu wollen. Die Ge- Terasse ihres jedem dieser Orte Rast machen, auf die kühlen Weißwein und ein paar Leckereien nern bunte Saxophone-Skulpturen auf der gend zeichnet sich durch einige Schlösser, Landgasthofes n eben leckerem Maas schauen und eine ähnliche Trägheit von Madame Bothy. Die Patronin ist in Brücke nahe der Stiftskirche Notre-Dame an unter anderem das Château de Vêves und Essen pure Ent- wie das Wasser annehmen. vierter Generation Köchin. „Zu Zeiten mei- den berühmten Sohn der Stadt. Der Blick das Château de Walzin, aus. Ebenso tref- schleunigung.
22 Kunststädte Kunststädte 23 Charleroi de la Province de Hainaut, zeigen regelmäßig spannende Ausstellungen bekannter Künstlerinnen und Künstler. Damit nicht genug der (musealen) Sehenswürdigkeiten. Wer sich für Fotografie interessiert, für den ist ein Besuch im Museum der Fotografie in Mont-sur-Marchienne bei Kunst statt Kohle Charleroi ein Muss: Das Museum ist in einem ehemaligen neogotischen Karmeliterkloster untergebracht. Als größ- Foto © B. Carbonneaux tes seiner Art in Europa beherbergt es auf rund 6.000 Quadratmetern etwa 80.000 Fotografien und drei Millio- Die größte Stadt der Wallonie, Charleroi, war einst das Herz des ehemaligen nen verwahrte Negative sowie vierteljährlich wechselnde riesigen Steinkohlegebiets. Heute besticht die Stadt in der Provinz Hennegau Ausstellungen und eine Fachbibliothek mit knapp 13.000 beiderseits der Sambre durch ein breitgefächertes Kulturangebot. Werken. Auch Comic-Fans dürften bei dem Ortsnamen Text GUIDO SCHWEISS-GERWIN Marcinelle aufhorchen. Die „École de Marcinelle“ gilt als N O S TA L G I S C H R E I S E N zweites Zentrum der frankobelgischen Comics. Außer- U N T E R DA M P F K ohle prägte die drittgrößte Gemeinde Belgiens lichen Vorort Marcinelle zwei Museen – eines über die dem hat hier das Verlagshaus Depuis seinen Sitz, bekannt Die Dampflokomotive der 3 Täler, eine Museumsbahn, nimmt seit sie im 19. Jahrhundert Zentrum der wallo- Geschichte der industriellen Revolution, eines über die für seine Titelhelden wie Lucky Luke, Gaston und andere. ihre Gäste mit auf eine nostalgische Reise zwischen Mariembourg und nischen Kohle- und Stahlindustrie wurde. Glasproduktion. Darüber hinaus gibt es an dieser Stelle Treignes, dem letzten Bahnhof vor der französischen Grenze. Ebenfalls im 19. Jahrhundert entstand hier ein eine Gedenkstätte, die an das schwere Grubenunglück Bei einem Spaziergang durch die Stadt kommen Besucher Mit dem Chemin de fer à vapeur des 3 vallées, einer bedeutender Standort für die Flachglasproduktion. vom August 1956 erinnert, bei dem 262 Bergleute star- unweigerlich am 1936 errichteten Belfried vorbei. Der originalgetreuen Dampflok, geht es durch die atemberaubende Land- schaft der drei Täler in den Ardennen. Auf der 14 Kilometer langen Route ben. Die drei Abraumhalden rund um das denkmalge- etwa 70 Meter hohe Turm ist Teil des Rathauses von fühlen sich Reisende in eine andere Zeit versetzt und können am Ziel – Wie damals die Kohle- und Stahlindustrie die Menschen schützte Gebäude wurden von der Natur zurückerobert Charleroi, besteht aus blauen und weißen Steinen sowie bei Interesse – gleich das 1994 eröffnete Eisenbahnmuseum von nach Charleroi zog – in der Regel Arbeiter aus aller Her- und laden jetzt zum Wandern und Entspannen ein. aus Backsteinen und wird von einem bronzenen Türm- Treignes besuchen. Auf dem Gelände des ehemaligen internationalen ren Länder – so sind es heute die Kunst- und Kulturschät- chen gekrönt. Jede Viertelstunde erklingt ein Glocken- Bahnhofs finden sie themenb ezogen gestaltete Vitrinen, Uniformmützen aus verschiedenen Ländern und Arbeitsgerät der Eisenbahner. Besonders ze der Stadt, die Besucher aus aller Welt locken. Die Ur- Kunstliebhaber kommen in den beiden sehenswerten spiel des zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Ge- beliebt ist das immer am 4. September-Wochenende stattfindende sprünge der Stadt sind indes noch immer erkennbar: So Kunstmuseen der Stadt auf ihre Kosten. Sowohl das bäudes. Am besten lassen sich die Sehenswürdigkeiten „ Dampf-Festival“, das jedes Jahr unter einem anderen Motto Freunde beherbergt die ehemalige Zeche Bois du Cazier im süd Musée des Beaux-Arts als auch das BPS22, Le Musée d'art der Stadt bei einem geführten Rundgang kennenlernen. h istorischer Eisenbahnen in seinen Bann zieht. cfv3v.eu Foto © WBT/Denis Erroyaux Foto © WBT/Christophe Vandercam JEAN -MICHEL FOLON Er war Grafiker, Maler und Bildhauer. Die Stiftung Folon im Schlosspark La Hulpe, nur 20 Minuten von Brüssel entfernt, zeigt 300 Werke des b elgischen Ausnahmekünstlers. Zarte Aquarelle, Federzeichnungen, aber auch poetische S kulpturen nehmen die B esucher mit auf eine Reise durch die 40-jährige Schaffenszeit des 2005 verstorb enen Künstlers. Immer wieder neue Eindrücke erschließen sich den Besuchern der Stiftung Asphalte – die Kunstbiennale von Charleroi und zeigen die u nterschiedlichsten F acetten von Jean-Michel verleiht der ehemaligen Industriestadt urbanes F olon, der unter anderem durch seine Illustrationen von Werken Flair. Graffiti- und Fassaden-Künstler zeigen b ekannter Künstler wie Franz Kafka oder Boris Vian sowie durch ihre Werke (oben und rechts). P oster- und A nzeigengestaltungen intern ational bekannt wurde. Ein i nteraktiver Parcours, gestaltet mit F ilmen, Musik und o ptischen E ffekten, b eschert ein einmaliges Kunsterlebnis. Aktuell widmet die Fondation Folon dem berühmten belgischen Comic zeichner Peyo, dem Schöpfer der Schlümpfe, eine Retrospektive. Noch bis zum 27. August 2017 ist eine Vielzahl seiner Zeichnungen, INFORMATIONEN Skizzen und Fotos zu sehen. Wer nach so reichhalt igem Kunstgenuss E ntspannung in der Natur sucht, findet diese in VOR ORT: der umliegenden Landschaft der D omaine Solvay rund um das Schloss von La Hulpe. Wanderwege, s eltene Bäume, Wiesen und Foto © Fondation Folon M A I S O N D U T O U R I S M E D U PAYS Seen runden den Besuch in der Stiftung Folon ab. D E C H A R L E RO I Place Charles II, 20 I N F O R M AT I O N E N : 6000 Charleroi Geöffnet Dienstag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr, S amstag, maison.tourisme @charleroi.be Sonntag und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr. paysdecharleroi.be fondationfolon.be
24 Foto © Visitmons/Gregory Mathelot Kunststädte Viel Zeit für moderne Tradition Die mittelalterliche Stadt Mons pflegt das „Savoir-vivre“ und ist zudem für ihr UNESCO-Welterbe bekannt. 2018 feiert eine neue Form der Kunstbiennale in der Stadt Premiere. Text HEIKE REINHOLD M ons, die charmante Haupt- eine Prozession, die der Schutzheiligen aus, dass der Abbau in Spiennes bereits um stadt der wallonischen Waltrudis gewidmet ist, die die Stadt im 4.000 vor Chr. begann. Der Abstieg in die Provinz Hennegau, liegt 65 Jahr 1349 vor der Pest rettete. Als Dank Minen erfolgt über eine 10 Meter lange, Kilometer südwestlich von werden die Reliquien der Heiligen mit ei- senkrechte Leiter und ist nicht für Kinder Brüssel, nahe der französischen Grenze. ner goldenen Kutsche durch die Straßen unter zehn Jahren und Menschen, die unter 2015 begeisterte Mons als Kulturhaupt- gefahren. Die im Volksmund „Doudou“ Klaustrophobie oder Schwindel leiden, ge- stadt Europas mit fünf neuen Museen, genannte Tradition ist seit 2005 Teil des eignet. Da die Besichtigung der Minen pro hochkarätigen Ausstellungen und einem UNESCO-Kulturerbes. Das Musée du Jahr auf 5.500 Besucher begrenzt ist, emp- neuen Bahnhof nach Plänen des spani- Doudou am Grand Place beleuchtet die ge- fiehlt sich die vorherige Anmeldung im Foto © Visitmons/Gregory Mathelot schen Stararchitekten Santiago Calatrava. schichtliche, anthropologische und religi- Tourismusbüro Mons. Die Grand-Place Auch zwei Jahre später ist die Stadt mit öse Tradition aus unterschiedlichen Blick- bietet ein perfek- ihren zahlreichen Welterbestätten zu jeder winkeln. Ebenfalls lohnenswert ist ein I N D U STR I E LLE S E R B E tes mittelalter Jahreszeit eine Reise wert. Abstecher in die benachbarte Gartenanla- Jüngeren Datums, aber nicht weniger be- liches Gebäudeen- seble und ist ge Jardin du Mayeur aus dem Jahr 1930, die eindruckend ist das industriekulturelle Mittelpunkt des ATE M B E R AU B E N D E AU SS I CHTE N auch den berühmten Brunnen Fontaine Erbe der Region. Das ehemalige Kohle- bunten Treibens in Das identitätsstiftende Wahrzeichen der du Ropieur beherbergt. bergwerk Grand Hornu, das seit 2012 auf SU CH M A SCH I N E AU S PA PI E R der Kulturstadt. (oben). Stadt und UNESCO-Weltkulturerbe ist der der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes Das Mundaneum von Mons gilt als das ers- 87 Meter hohe Belfried von Mons. Der ein- M I N E N E R LE B N I S FÜ R zu finden ist, zeigt das perfekte Zusam- te Schlagwortarchiv der Welt. Es wurde Der Belfried zige barocke Belfried Belgiens wurde im 17. SCHWI N D E LFR E I E menspiel von Vergangenheit und Zukunft. 1895 von dem belgischen Bibliothekar zählt zu den UNESCO-Welter- Jahrhundert auf den Überresten des einge- Das mit mehr als 6.000 Jahren älteste Welt- Bei dem Komplex am Rande von Mons Paul Otlet erfunden. Gemeinsam mit bestätten und ist Foto © HCT/C. Carpentier stürzten Uhrenturms errichtet. Im Kultur- erbe des Hennegaus sind die Feuersteingru- handelt es sich um ein Paradebeispiel Henri La Fontaine perfektionierte er das seit dem Kultur- hauptstadtjahr 2015 wurde im Belfried ben von Spiennes. Das SILEX’S bietet eine funktionaler Städteplanung im 19. Jahr- System bis in die 1930er-Jahre. Das hauptstadtjahr 2015 auch Muse- selbst ein neues Museum eröffnet, das ei- Fülle von Informationen rund um die Feu- hundert. Neben dem Bergbauindustrie- Schlagwortarchiv besteht aus sechs Kilo- um (links). nen Einblick in die Geschichte des Bau- ersteinminen und lädt zu einer Zeitreise in komplex in neoklassizistischer Backstein- metern Archivdokumenten mit rund werks gibt. Absolut empfehlenswert ist die erste Besiedlung der Region ein. Auf architektur sind Arbeiterquartiere mit 425 zwölf Millionen Karteikarten. Es beher- auch eine Fahrt mit dem gläsernen Fahr- einer Fläche von mehr als 100 Hektar findet Wohnhäusern im Stil der englischen Gar- bergt Dokumente aus allen Wissensgebie- stuhl, der Besucher bis in die Spitze des sich die größte und früheste Ansammlung tenstädte, sowie Stallgebäude, eine ehema- ten und Epochen. Der Katalog „Répertoire D I E WA S S E RW E G E D E S Glockenturms bringt. Von dort bietet sich eine atemberaubende Aussicht auf die Stadt von Minen Europas. Experten gehen davon lige Zuckerfabrik, Läden, Cafés, eine Schule und sogar ein Tanzsaal zu besich Bibliographique Universel“ zählt zum „Memory of the World“ der UNESCO. H E N N E G AU Die vier imposanten Schiffshebewerke, die zwischen 1882 und 1917 auf und ihre zahlreichen Sehenswürdigkeiten. tigen. Das Museum Grand Hornu ist in dem historischen Canal du Centre erbaut wurden, funktionieren auch einem restaurierten Gebäudekomplex heute noch nach der gleichen revolutionären Technik wie vor über 100 FO LK LO R I STI SCH E TR A D ITI O N u ntergebracht und bietet neben Erinne- INFORMATIONEN Jahren. Alle vier gehören heute zum UNESCO-Welterbe. Im derzeit weltgrößten Schiffshebewerk Strépy-Thieu werden selbst schwerste Das kulturelle Vermächtnis der Region rungen an die Bergbauvergangenheit auch spiegelt sich nicht nur in beeindruckenden Raum für Ausstellungen in zeitgenössi- VOR ORT: Lastkähne auf einen Zug rund 73 Meter elektromechanisch nach oben oder unten gehievt. Eine Besichtigung des futuristischen Bauwerks Foto © WBT/Anibal Trejo Baudenkmälern wider. Auch Tänze, Spra- scher Kunst und Design. V I S I TM O N S bietet fantastische Einblicke in Technik und Geschichte und führt inter- che, Musik, Theater und eben die folklo- Grand Place 27 aktiv per Film durch ein „Land der Genies“. Eine Besonderheit ist auch 7000 Mons das Schiffshebewerk Ronquières ( „Schiefe Ebene“): Mit seiner Hilfe ristische Tradition des „Ducasse de Mons“ Doudou – jedes Jahr am Dreifaltigkeitssonntag, Tel. : +32 65 33 55 80 lässt sich ein Höhenunterschied von 68 Metern ausgleichen, wodurch er sind als immaterielles Kulturerbe schüt- also am Sonntag nach Pfingsten, findet zu Ehren der Info.tourisme @ville.mons.be im Zuge des Kanals Charleroi-Brüssel insgesamt 14 Schleusen ersetzt. zenswert. Bei letzterer handelt es sich um Schutzheiligen Waltrudis das Folklore-Fest statt. visitMons.co.uk voiesdeau.hainaut.be/de
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