Karlspreisträger 2018 Emmanuel Macron - www.karlspreis.de - Stadt Aachen

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Karlspreisträger 2018 Emmanuel Macron - www.karlspreis.de - Stadt Aachen
Karlspreisträger 2018       © Présidence de la République. Photo à usage unique.

                    Emmanuel Macron

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Europa kann begeistern!

Wir zeichnen in diesem Jahr mit Staatspräsident              Es geht in diesen Tagen einmal mehr um die Zukunft
Emmanuel Macron einen selbstbewussten und ausge­             Europas. Wir stehen vor großen Herausforderungen.
sprochen konstruktiven Verfechter der europäischen           Da ist es umso wichtiger und ermutigender, Vordenker
Idee mit dem Karlspreis aus. Er begeistert uns mit sei­      für die Erneuerung des europäischen Traums zu haben.
nen Visionen für das europäische Haus der Zukunft. Die       Emmanuel Macron ist ein solches Vorbild. Zugleich ver­
überwältigende Resonanz auf den diesjährigen Karls­          bindet die Karlspreisgesellschaft mit der Ehrung die
preisträger stimmt uns dabei besonders froh. Angesichts      Hoffnung und den Wunsch vieler europäischer Bürgerin­
der aktuellen politischen Lage ist es dem Karls­preis ein    nen und Bürger, dass die Vorschläge des Karlspreis­
besonderes Anliegen, eine Persönlichkeit herauszustel­       trägers 2018 seine europäischen Partner inspirieren und
len, die die große europäische Idee engagiert, klar und      zu einer zukunftsfähigen Erneuerung des europäischen
zugleich kritisch begleitet.                                 Projektes beitragen mögen.

Bei unserer Begegnung im Elysée-Palast vor einigen           Emmanuel Macron erlebt und belebt Europa von der
Wochen haben wir die Begeisterung des Präsidenten für        Basis her. Er glaubt an ein Europa des Miteinanders, und
die europäische Idee und für die unterstützende Kraft,       er setzt auf die Kraft der überzeugenden Worte. Der Be­
die der Karlspreis besitzt, gespürt. Seine Vorfreude auf     weis liegt auf der Hand: Er hat mit dem für ihn so positiv
das Fest zeigt sich in seiner Bereitschaft, seinen Aachen-   besetzten Thema „Europa“ Wahlkampf gemacht – und
Besuch in allen Facetten über zwei Tage zu erleben. Er       gewonnen! Uns beeindruckt, dass er unnachgiebig die
war sofort bereit, das Karlspreis-Forum im Alten Kurhaus     Auseinandersetzung mit denen gesucht hat, die das Pro­
zu besuchen, und war geradezu Feuer und Flamme               jekt, dem unser Kontinent die längste Friedensperiode
für die Begegnung mit 1000 Studierenden an der RWTH          seiner Geschichte verdankt, infrage stellen. Die Wahl von
Aachen, um mit ihnen über Europa zu diskutieren.             Emmanuel Macron zum Präsidenten der Französischen
Seine herausragende Rede an der Pariser Sorbonne ist         Republik beweist einmal mehr eindrucksvoll: Europa
ein Meilenstein seines pro-europäischen Weges.               kann begeistern!

Der Staatspräsident sprach zudem bei unserer Begeg­          Mit genau diesem Motto blicken wir auf die Wahl
nung in Paris in höchsten Tönen, sehr kenntnisreich          Emmanuel Macrons zum Karlspreisträger 2018. Ich
und mit einem schmunzelnden Blick auf Charlemagne            wünsche uns, dass wir gemeinsam mit dem französi­
über den Aachener Dom und zeigte großes Interesse an         schen Staatspräsidenten wichtige Anstöße erhalten
der Begegnung mit den Bürgerinnen und Bürgern im             für ein wiedererstarkendes Europa und für den Erhalt
Rahmen des Karlspreis-Open-Airs. Ich freue mich, dass        unserer gemeinsamen Werte.
sich Präsident Macron so viel Zeit für Aachen und den
Karls­preis nimmt. Wir alle werden erleben, wie an­
steckend seine Vision von einem neuen Europa ist. Er
hat eine klare Botschaft, und die will er in Aachen kraft­
voll deutlich machen.

                                                             Marcel Philipp
                                                             Oberbürgermeister der Stadt Aachen
                                                                                                                     3
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Inhalt

01
Begründung des Direktoriums
der Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen
Karlspreises zu Aachen an den Präsidenten
der Französischen Republik Emmanuel Macron

Der Text der Urkunde
Der Text der Medaille

02
Emmanuel Macron: Meistererzähler der Geschichte
des europäischen Einigungswerks
Michaela Wiegel

03
Der Internationale Karlspreis zu Aachen
Für die Einheit Europas
Dr. Jürgen Linden

04
Die bisherigen Karlspreisträger
1950 – 2017

05
Die Proklamation von 1949

06
Erklärung des Rates der Stadt Aachen
und der Gesellschaft für
die Verleihung des Internationalen Karlspreises
zu Aachen e. V. im Jahre 1990

07
Mitglieder des Direktoriums der Gesellschaft für die
Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen e. V.

08
Stiftung Internationaler Karlspreis zu Aachen
Satzung

09
Stiftung Internationaler Karlspreis zu Aachen
Vorstand und Stiftungsrat

10
Impressum
Karlspreisträger 2018 Emmanuel Macron - www.karlspreis.de - Stadt Aachen
Emmanuel Macron
                  Karlspreisträger 2018
                                          © Présidence de la République. Photo à usage unique.
Karlspreisträger 2018 Emmanuel Macron - www.karlspreis.de - Stadt Aachen
01
Begründung des Direktoriums
der Gesellschaft für die Verleihung
des Internationalen Karlspreises zu Aachen
an den Präsidenten der Französischen
Republik Emmanuel Macron

6
Karlspreisträger 2018 Emmanuel Macron - www.karlspreis.de - Stadt Aachen
I.
Die Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen    „Das Problem ist, dass Debatten über Europa zu Ausein­
Karlspreises zu Aachen ehrt im Jahr 2018 den Präsidenten   andersetzungen zwischen Experten und Juristen gewor­
der Französischen Republik, Emmanuel Macron, für           den sind. Dabei war Europa doch vor allem als politi­
seine Vision von einem neuen Europa und der Neu­           sches Projekt gedacht! Die EU wurde nicht von Experten
gründung des europäischen Projektes, von einer neuen       begründet, auch nicht von Diplomaten. Sie wurde von
europäischen Souveränität und einer engen, neu struk­      Menschen erschaffen, die aus dem Drama unserer ge­
turierten Zusammenarbeit der Völker und Nationen.          meinsamen Geschichte gelernt haben. Ich schlage einen
Seine Leidenschaft und sein europäisches Engagement,       Neuanfang vor, und zwar einen, bei dem man nicht erst
sein Eintreten für Zusammenhalt und Gemeinsamkeit          ewig beratschlagt, welche Instrumente man dafür
und sein entschiedener Kampf gegen jede Form von           braucht – sondern einen, der vom Ziel her gedacht sein
Nationalismus und Isolationismus sind zur Überwin­         soll. Was wollen wir? Wie soll unser Europa aussehen?
dung der europäischen Krise vorbildhaft, wegweisend        Ich will den europäischen Traum erneuern, will die
und im positiven Sinne ansteckend. Die Karlspreisgesell­   Ambitionen dafür wiedererwecken (Der Spiegel 42/17).“
schaft ehrt mit Emmanuel Macron einen mutigen Vor­
denker für die Erneuerung des Europäischen Traums.         Macron beteuert seinen festen Glauben daran, „dass das
Zugleich verbindet die Karlspreisgesellschaft mit der      moderne politische Leben den Sinn für das Symbolische
Ehrung die Hoffnung und den Wunsch vieler europäi­         wiederfinden muss“. So erschließt sich jene bis dato ein­
scher Bürger, dass die Vorschläge des Karlspreisträgers    zigartige Szene des gerade gewählten neuen französi­
2018 seine europäischen Partner inspirieren und zu         schen Präsidenten, der nicht etwa zur Marseillaise,
einer zukunftsfähigen Erneuerung des europäischen          sondern zu den Klängen der Europahymne den Innenhof
Projektes beitragen.                                       des Louvre durchschreitet, um zu seinen Anhängern zu
                                                           sprechen und die feste Verankerung Frankreichs in der
Am Ende eines aufgeladenen europäischen Wahljahres,        Europäischen Union zu unterstreichen.
das maßgeblich geprägt war von der Auseinanderset­
zung mit Populisten, Radikalen und Nationalisten,
                                                           II.
sticht ein Datum hervor: der 7. Mai 2017. Die Wahl von
Emmanuel Macron zum Präsidenten der Französischen          Emmanuel Macron wird am 21. Dezember 1977 in Amiens
Republik hat einmal mehr eindrucksvoll bewiesen, dass      geboren, wo er aufwächst und das von Jesuiten geleitete
Europa begeistern kann.                                    Lycée La Providence besucht. Später wechselt er an das
                                                           Pariser Lycée Henri IV, das er mit dem Baccalauréat
Offensiv wie nur wenige andere hat Macron die europäi­     abschließt. Nachfolgend studiert er Philosophie an der
sche Idee ins Zentrum seines politischen Engagements       Universität Paris-Nanterre sowie Politikwissenschaften
gerückt; offensiv wie nur wenige andere hat er die Aus­    am Institut für politische Studien („Sciences-Po“). Von
einandersetzung mit denen gesucht, die das Projekt,        1999 bis 2001 als Assistent des renommierten Philosophen
dem unser Kontinent die längste Friedensperiode seiner     Paul Ricœur tätig, absolviert er zwischen 2002 und 2004
Geschichte verdankt, zur Disposition stellen wollen. Und   die Straßburger Elitehochschule ENA, bevor er in die
offensiv wie nur wenige andere setzt er mit ambitionier­   Dienste der staatlichen Finanzinspektion eintritt. 2008
ten Vorschlägen Impulse für eine Weiterentwicklung der     wechselt er als Investmentbanker zur Privatbank Roth­
EU, für „die Neubegründung eines souveränen, geeinten      schild & Cie., bei der er zwei Jahre darauf zum Partner
und demokratischen Europa“ – denn, so seine Überzeu­       avanciert. Nach dem Wahlsieg von François Hollande
gung, „wir sollten wieder empfänglich dafür sein, große    tritt der parteilose Macron (der die Sozialistische Partei
Geschichte schreiben zu wollen“ .                          nach nur kurzer Mitgliedschaft wieder verlassen hat) im
                                                           Mai 2012 in dessen Beraterstab im Elysée-Palast ein und
Macron geht es nicht um institutionelles Kleinklein, ihm   wird stellvertretender Generalsekretär der Präsidialver­
geht es vielmehr um die wesentlichen Grundsatzfragen,      waltung. Im August 2014 wird Macron als Minister für
um die große europäische Erzählung, mit der er die         Wirtschaft, Industrie und digitale Ökonomie in die Regie­
Menschen wieder für das Einigungswerk gewinnen will:       rung berufen.

                                                                                                                   7
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Nachdem er bereits im April 2016 in Amiens die Bewe­        päisches Inves­titionsprogramm. Durch seine pro-euro­
gung „En marche!“ ausgerufen hat, mit der er breite         päische Haltung stellt er sich gegen eine Re-Nationa­
Bevölkerungsschichten ansprechen, verkrustete politi­       lisierung seines Landes, damit auch gegen die natio-
sche Strukturen aufbrechen und das Lagerdenken in           nalistischen und populistischen Tendenzen im übrigen
Rechts und Links überwinden will, tritt er Ende August      Europa.
2016 vom Ministeramt zurück und kündigt Mitte Novem­        Von einer Schicksalswahl wird denn auch nicht nur
ber desselben Jahres an, sich als unabhängiger Kandidat     in Frankreich, sondern in weiten Teilen der EU ge­
um die Präsidentschaft zu bewerben.                         sprochen – die Emmanuel Macron am 7. Mai 2017 mit
                                                            überwältigender Mehrheit für sich entscheidet. Mit
„Man kann Wahlen gewinnen, wenn man eine Idee               über 66 Prozent der Stimmen wird der 39-Jährige zum
von Europa hat und diese verteidigt“, zeigt sich Macron     achten (und jüngsten) Präsidenten der Französischen
gleich zu Beginn seiner Kampagne kämpferisch. Und           Republik gewählt.
getreu seiner Überzeugung, dass es das deutsch-franzö­
sische Verhältnis ist, von dem das „europäische Momen­
                                                            III.
tum“ ausgehen muss, wirbt er im Januar 2017 – wie
vor ihm schon viele große Europäer – an der Berliner        Am Tag nach seiner Amtsübernahme führt ihn sein
Humboldt-Universität für seine Vorstellungen zu einer       erster Auslandsbesuch nach Deutschland, wo er mit
Erneuerung Europas.                                         der Bundes­kanzlerin eine Intensivierung der deutsch-
„Sicherheit nach außen zu gewährleisten, […] ist Voraus­    französischen Zusammenarbeit sowohl auf bilateraler
setzung und innerster Kern jeglicher Souveränität von       als auch auf gesamteuropäischer Ebene vereinbart. Die
Staaten. Dies gilt demnach für die EU als Gemeinschaft      enge Partnerschaft, für Macron nicht nur notwendige Be­
von Staaten in dem Sinne, dass sie überhaupt nur noch       dingung für den Erfolg Europas, sondern „sogar eine
so, durch die Gemeinschaft Souveränität erhalten            Arbeitsethik“, zeigt sich bereits bei dem gemeinsam vor­
können“, zitiert er in Berlin aus dem Schäuble/Lamers-      bereiteten Europäischen Rat am 23. Juni 2017, dessen
Papier von 1994 und besetzt damit seinen Kernbegriff.       Ergebnisse die Bundeskanzlerin und der französische
Die Souveränität wird er in der Folge in vielen Reden und   Präsident in einer gemeinsamen Abschluss-Pressekonfe­
Beiträgen präzisieren und in den Mittelpunkt stellen.       renz bewerten. Mit wichtigen Ergebnissen zum Klima­
Denn, so Macrons Überzeugung, Souveränität in der heu­      schutz, zur Bekämpfung des Terrorismus und zu einer
tigen Welt kann eben nicht der Nationalstaat, sondern       gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik setzt
einzig die Europäische Union sichern.                       der Gipfel ein Zeichen der Tatkraft, vor allem aber auch
                                                            ein Zeichen neuer Dynamik und Zuversicht.
Macron macht den französischen Präsidentschafts-
wahlkampf zu einem Referendum für Europa.                   Hatte Macron bereits im französischen Wahlkampf und
                                                            in seiner Humboldt-Rede Grundzüge seiner Überlegungen
„Wenn Sie ein zaghafter Europäer sind, sind Sie bereits     zur Zukunft der EU dargelegt, ergreift er zwei Tage nach
ein besiegter Europäer“, nimmt er den Kampf mit den         der Bundestagswahl am 26. September 2017 an der
Europagegnern offensiv an; und während mancherorts          Pariser Sorbonne die „Initiative für Europa“. Zu lange, so
lamentiert wird, dass sich politische Positionen in den     bemängelt er, „waren wir uns sicher, dass die Vergangen­
europäischen Demokratien immer mehr angeglichen,            heit uns nicht mehr einholt, […] haben gedacht, dass wir
dass den Wählerinnen und Wählern klare Alternativen         uns in der Trägheit, in der Gewohnheit einrichten kön­
fehlten, stehen sich bei der Stichwahl um das Amt des       nen, dass wir dieses Ziel ein wenig aus den Augen verlie­
französischen Staatsoberhauptes zwei Kandidaten ge­         ren können, diese Hoffnung, die Europa tragen sollte,
genüber, die in ihren Grundüberzeugungen und Wahl­-         weil sie zu einer Selbstverständlichkeit geworden war,
programmen gegensätzlicher nicht sein könnten.              deren Faden wir verloren hatten“. Zu lange hätten es die
                                                            Europäer zugelassen, dass Brüssel als ohnmächtige
Macron ficht unter anderem für ein bürgernahes Europa,      Bürokratie dargestellt werde. „Dabei vergessen wir, dass
Finanz­minister, die Stärkung des Euro und ein euro­        wir Brüssel sind, immer! Wir haben nichts mehr vorge­

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schlagen, wir wollten nicht mehr.“ Aber „ich überlasse      unterstützt wird von den wichtigen Regierungen, die be­
nichts denen, die Hass, Spaltung oder nationale Abschot­    reit sind, in diese Richtung zu gehen, möchte ich, dass
tung versprechen. Ich überlasse ihnen keinen einzigen       wir im kommenden Jahr über sechs Monate in allen
Vorschlag. Es liegt an Europa, Vorschläge zu machen. Es     Ländern, die teilnehmen möchten, eine umfangreiche
liegt an uns, diese zu tragen, jetzt und sofort.“           Debatte zu einheitlichen Fragen zur Bestimmung der
                                                            Prioritäten, Sorgen und Ideen für unseren Fahrplan für
Was folgt, ist ein umfassendes, teilweise sehr konkretes    das Europa von morgen organisieren.“
und vor allem leidenschaftliches Plädoyer für die „Neu­
begründung eines souveränen, geeinten und demokrati­        Mit Blick auf das im Januar 2018 anstehende 55-jährige
schen Europa“. Den Herausforderungen in einer globali­      Jubiläum des Elysee-Vertrags lädt er Deutschland dabei
sierten Welt kann kein Staat allein erfolgreich begegnen.   zu einer „neuen Partnerschaft“ ein; denn „zu all diesen
Der Schlüssel zur Souveränität liegt für Macron vielmehr    Themen, die ich angesprochen habe, können wir ent­
in der europäischen Zusammenarbeit, in einem Europa,        schiedene und konkrete deutsch-französische Impulse
› das Sicherheit in all ihren Dimensionen, in der Ve­r-     geben“.
   ­teidigung, im Kampf gegen den Terrorismus wie auch
    im Zivilschutz, gewährleistet,                          Macron ist ein Staatenlenker mit europäischem
› das auf die Herausforderung der Migration reagiert –      Führungsanspruch.
    mit einer gemeinsamen Grenzsicherung und einer
    gemeinsamen Asylbehörde ebenso wie mit einem            Auf dem EU-Gipfel in Tallinn Ende September 2017 ruft
    Integrationsprogramm;                                   er eine Gruppe der „Freunde der Wiederbegründung
› das in seiner Außenpolitik den Blick vor allem auf        Europas“ ins Leben. Er fordert alle auf, sich an einer
    den Mittelmeerraum und eine neue Partnerschaft          verstärkten Integration zu beteiligen. Ebenso deutlich
    mit Afrika richtet,                                     formuliert er aber auch, dass es nicht passieren dürfe,
› das für eine nachhaltige Entwicklung in der Energie-      dass die unwilligen Länder die reformbereiten aufhielten.
    und Umweltpolitik steht,                                Vielmehr solle ein Fahrplan und eine Methode ent­wickelt
› das die digitale Revolution nicht einfach hinnimmt,       werden, auf der sich die Reformbereiten verständigen.
    sondern führend gestaltet,
› und in der Eurozone als Zentrum der wirtschaftlichen      Anfang Oktober macht er einen Vorstoß, eines der
    Kraft Europas, stabilisiert durch nationale Reformen,   schwierigsten Kapitel der europäischen Verständigung,
    aber auch durch eine Koordinierung der Wirtschafts­     die Flüchtlingspolitik, teilweise zu entschärfen. Er kün­
    politiken und ein gemeinsames Budget.                   digt an, binnen zwei Jahren 10.000 Flüchtlinge aus
                                                            UN-Lagern rings um Syrien und aus Afrika in Frankreich
Steuerliche und soziale Konvergenz, die Reform der          aufzunehmen. Er fordert andere EU-Länder auf, diesem
Entsenderichtlinie, die Einführung einer europäischen       Beispiel zu folgen, da nur so sich Europas humanitäre
Finanz­ transaktionssteuer, transnationale Listen zur       Verpflichtung am besten erfülle und die Auswahl der
Europa­­wahl, die Verkleinerung der Kommission – Macron     wirklich Hilfsbedürftigen bei gleichzeitiger Kontrolle
ist sich dessen allzu bewusst, dass viele seiner detail­    über den Umfang der Einwanderung erfolge. Am 10.
reichen Vorschläge Kontroversen hervorrufen werden.         Oktober 2017 wiederholt der französische Staatschef in
Und er lädt selbst zur Diskussion ein, fordert sie viel­    der Goethe-Universität zu Frankfurt seine Initiative für
mehr, nicht nur auf der Ebene der Regierungen, sondern      eine erneuerte Souveränität Europas und unterstreicht
in der breiten Bevölkerung: „Wir müssen das europäi­        die Bedeutung von Kultur und Bildung als „den besten
sche Projekt neu begründen durch und mit den Völkern        Zement in der EU“. Es gelte, jedem Kind in Europa einen
[…] Deshalb wünsche ich mir, wenn wir von neuem vor­        Horizont aufzuzeigen, Bildung als Gegenmittel der
anschreiten wollen, dass wir dies über demokratische        Malaise der europäischen Zivilisation zu verstärken und
Konvente machen, die ein integrativer Bestandteil der       zum Schutz vor Irrungen und Wirrungen populistischer
Neubegründung Europas sind. Wenn wir einmal die ein­        Tendenzen, vor allem die Zukunftschancen für Kin­der
fachen Begriffe für einen Fahrplan definiert haben, der     aus sozial benachteiligten Schichten zu verbessern.

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„Wir müssen nicht zum Arzt gehen, weil wir eine Vision      Im November 2017 wird er auf der Weltklimakonferenz
haben“, sondern uns „die Frage stellen, was wir gemein­     in Bonn konkreter, formuliert Zielsetzungen für Europa
sam machen wollen.“                                         und macht sich für den durch den Rückzug der USA be­
                                                            drohten Weltklimarat (IPCC) stark: „Ich möchte daher,
Präsident Macron will Europa wieder in den Herzen           dass Europa an die Stelle der Amerikaner tritt, und heute
der Menschen verankern.                                     hier sagen, dass Frankreich zur Stelle sein wird. Ich
                                                            möchte, dass so viele europäische Staaten wie möglich
                                                            mit uns gemeinsam den Verlust der amerikanischen
IV.                                                         Finanzierung ausgleichen. Ich kann Ihnen bereits jetzt
Es sind nicht allein die inhaltlichen Vorschläge, die die   garantieren, dass dem IPCC ab 2018 nicht ein Cent
große Beachtung der Öffentlichkeit finden; es sind          fehlen wird, um zu funktionieren, voranzuschreiten und
die Zuversicht und der kämpferische Mut, die visionäre      unsere Entscheidungen konstruktiv zu unterstützen.“
Vorstellungskraft und vor allem die in den Mitglied­
staaten lange schmerzlich vermisste Leidenschaft, mit
                                                            V.
der Macron die Initiative für Europa ergreift und der
Reformdebatte neuen Schwung gibt.                           In einer Zeit, in der unser Kontinent vor entscheidenden
Es ist dieselbe für ihn charakteristische Leidenschaft,     Weichenstellungen steht, hat Emmanuel Macron den
mit der der französische Präsident seinen Landsleuten       Kampf für Europa mit Leidenschaft und mutiger Zuver­
tiefgreifende und schwierige Reformen abverlangt – und      sicht offensiv angenommen, hat gezeigt, dass und wie
mit der er sich auf internationaler Ebene an die Spitze     mit einem klaren Bekenntnis zur Gemeinsamkeit die
derer stellt, die den Klimaschutz voranbringen wollen.      Bürgerinnen und Bürger für eine Erneuerung des Euro­
                                                            päischen Traums gewonnen werden können. In seiner
„We all share the same responsibility: Make our planet      noch kurzen Amtszeit hat Emmanuel Macron Europa
great again.“ Als US-Präsident Donald Trump den Aus­        neu inspiriert und der Debatte über eine vertiefte Eini­
stieg der Vereinigten Staaten aus dem Pariser Klima­        gung unseres Kontinents neuen Schwung und eine neue
abkommen verkündet, ist es Macron, der in einer – in        Dynamik gegeben.
fließendem Englisch vorgetragenen – Erklärung aus dem       Mit dem Präsidenten der Französischen Republik ehrt
Elysée-Palast die Antwort der Europäer formuliert und       und ermutigt das Direktorium der Gesellschaft für die
gleichzeitig alle von der Entscheidung Trumps ent­          Verleihung des Internationalen Karlspreises im Jahr
täuschte Wissenschaftler, Ingenieure und Unternehmer        2018 einen Hoffnungsträger für ein neues Kapitel der
zur weiteren Zusammenarbeit einlädt und ihnen Frank­        europäischen Erfolgsgeschichte.
reich als zweite Heimat anbietet.

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Text der Urkunde                                      Text der Medaille
An Christi Himmelfahrt, dem 10. Mai 2018,             Karlspreis zu Aachen 2018
wurde im Krönungssaal des Rathauses,
der ehemaligen Kaiserpfalz,                           Emmanuel Macron
der Internationale Karlspreis zu Aachen
an den Präsidenten der Französischen Republik         Neubegründung des Europäischen Projekts

S.E. Emmanuel Macron
verliehen in Würdigung seiner inspirierenden Vision
von einer Neubegründung des Europäischen Projekts
und seines leidenschaftlichen Kampfes
gegen Nationalismus und Isolationismus.

                                                                                                11
© Présidence de la République. Photo à usage unique.

02
Emmanuel Macron:
Meistererzähler der Geschichte
des europäischen Einigungswerks

12
Vor kurzem hat das Orchester der Republikanischen               Universität legte er ausführlich dar, wie er den Europäern
Garde im Elysée-Palast Sergei Prokofjews musikalisches          den Glauben an eine bessere gemeinsame Zukunft zu­
Märchen „Peter und der Wolf“ aufgeführt. Die Rolle des          rückgeben will. Macron ist nicht nur ein bejahender
Erzählers übernahm zur Freude der Gäste der Hausherr            Europäer, er ist ein kritischer Europäer, der sich nicht
selbst: Emmanuel Macron. Es fällt nicht schwer, in dem          mit dem Status quo abfinden will. Er wird dabei von ei­
jungen Präsidenten auch im politischen Alltagsgeschäft          nem scheinbar unerschöpflichen Optimismus getragen.
einen Meistererzähler zu sehen. Mit seiner Erzählkunst
hat er viele in den Bann geschlagen: Eine Mehrheit der          Diese positive Lebenseinstellung gründet auf einer
Franzosen, die ihm im Mai 2017 das Vertrauen schenk­            glücklichen Kindheit. Emmanuel Macron wuchs in einer
ten, ihre Geschicke zum Besseren zu wenden und viele            behüteten Arztfamilie in Amiens auf. Seine Familien­-
Europäer, die in ihm einen Erneuerer der EU sehen.              saga erzählt er in seinem autobiographischen Buch
                                                                „Révolution“ wie einen modernen Bildungsroman. Er be­
Sein überraschender Wahlsieg gründete tatsächlich               ginnt mit der Urgroßmutter in den Pyrenäen, die des
nicht nur auf Geschick und Glück. Es war sein Vermögen,         Lesens und Schreibens kaum mächtig war und von
ganz unterschiedliche Veränderungssehnsüchte anzu­              ihrem Mann drangsaliert wurde. Allein Macrons Groß­
sprechen, das ihn bis in den Elysée-Palast brachte. Seit        mutter gelingt es, sich diesem „bildungsfernen Umfeld“
er dort waltet, ist Macron nicht müde geworden, seinen          über ein Fernstudium zu entziehen. Sie wird Lehrerin
Landsleuten, ja ganz Europa ein neues, positives „story­        und beendet ihre Laufbahn als Schuldirektorin. Diese
telling“ anzubieten. Die erschöpfte, von Jahren des wirt­       Großmutter wird die wichtigste Bezugsperson für das
schaftlichen Niedergangs und der Terrorwelle zermürbte          Kind und den Heranwachsenden. Denn Macrons Eltern
Nation rüttelte er mit einer Überdosis Optimismus auf.          haben sich ganz dem feministischen Ideal der 1968-er
Frankreich ist nicht dem Untergang geweiht, lautet der          verschrieben: die Mutter verwirklicht ihre beruflichen
Beginn der Geschichte, die er seither fortschreibt. Es          Pläne ungeachtet der Familienpflichten. So gibt sie den
kann sich reformieren und in der Globalisierung beste­          Ältesten gern in die Obhut ihrer Mutter.
hen, es muss sich zur Selbstrettung nicht von der Welt
abschotten und von Europa abwenden, wie es die Rechts­          Die Großmutter war eine strenge, fordernde Lehrerin, die
populisten um Marine Le Pen behaupten.                          dem Enkel aber zugleich ein Übermaß an Liebe und Für­
                                                                sorge zuteilwerden ließ. Sie verankerte in ihm den Glauben
                                                                an die befreiende und erhebende Kraft der Bildung.
„France is back“                                                Den Begriff Bildungsbürger gibt es in der französischen
Die innere Erneuerung geht für Macron einher mit einer          Sprache nicht, für Macron müsste er geschaffen werden.
Rückbesinnung auf das europäische Projekt, das seit der         Als hochbegabter Schüler fiel es ihm nicht schwer, seine
Ablehnung im Referendum im Mai 2005 in Frankreich               Lehrer an der Jesuitenschule „La Providence“ für sich
beständig an Grandezza verloren hat. Den Zweiflern              einzunehmen. An diese Jesuitenschule mit Internat hatte
schmettert der jüngste französische Staatschef seit             einige Jahre zuvor Bundeskanzler Kohl bereits seinen
Napoleon Bonaparte in der Weltsprache Englisch fortan           jüngsten Sohn entsandt.
den Spruch „France is back“ entgegen. Die „Rückkehr
Frankreichs“ ist für den Europäer Macron unzertrennlich
                                                                Zeichen der Hoffnung inmitten des Krieges
mit einem erstarkten Gestaltungsanspruch in der EU ver­
knüpft. In einem sehr persönlich gehaltenen Nachruf auf         Macron hingegen reiste zwei Mal zum Schüleraustausch
Helmut Kohl legte er seine Grundüberzeugung dar.                nach Dortmund in die Partnerstadt von Amiens. Die ge­
Europa habe es in den vergangenen Jahren nicht an Prag­         wisse Tristesse von Dortmund habe ihn an seine Heimat­
matismus gemangelt. „Es fehlte uns an Idealismus. Es ist        stadt erinnert. Den Zugang zu Deutschland fand er aber
uns nicht gelungen, den Völkern Europas den Glauben             vor allem über die Literatur, die Musik (er ist ein talen­
an die Zukunft wiederzugeben. Es ist uns nicht gelungen,        tierter Klavierspieler) und die Philosophie. Seine Groß­
die Flamme des europäischen Ideals am Leben zu erhal­           mutter spielte wiederum eine wichtige Rolle. Sie er­-
ten; seine Bedeutung ging in den Windungen der Techno­          zählte ihm viel über den Krieg und gab ihm frühzeitig das
kratie verloren“, schrieb er. In seiner Rede an der Sorbonne-   Buch „Das Schweigen des Meeres“ von Vercors zu lesen.

                                                                                                                       13
Die 1942 geschriebene Résistance-Erzählung umreißt         gegen die Nation, alles Leitmotive, die Macron später ge­
bereits das intellektuelle Schema der späteren deutsch-    schickt in seine Wahlkampferzählung aufnehmen sollte.
französischen Verständigung. Das Buch setzte ein Zei­      Das Scheitern des europäischen Verfassungsvertrags hat
chen der Hoffnung inmitten des Krieges.                    er damals gründlich analysiert.

Faszinierend ist, dass der 1977 geborene Macron auf
                                                           Förderer, Mentoren und Lehrer
diese Weise auch das europäische Selbstverständnis der
Kriegsgeneration verinnerlicht hat. Zugleich gehört        Nach seiner Hochzeit mit der 24 Jahre alte älteren Lehrerin
der Präsident der „Generation Euro“ an. Einen Rückfall     Brigitte Trogneux im Jahr 2007 quittierte er vorüber­
in nationale Währungen kann er sich nicht mehr vorstel­    gehend den Staatsdienst und fing als Investmentbanker
len, sein Bestreben ist es vielmehr, das Projekt der       bei Rothschild & Cie an. Sein größter Coup bestand da­
Euro-Begründer zu vollenden. Diese Überzeugung hat         rin, Nestlé gegen den Konkurrenten Danone zu ermögli­
sich bei ihm während des Studiums am Institut d’Etudes     chen, die Sparte Babynahrung von Pfizer zu überneh­
Politiques (Sciences Po) in Paris und hernach an der       men. Wieder spielte seine außergewöhnliche Fähigkeit,
Ecole Nationale d’Administration (Ena) in Straßburg her­   Leute für sich einzunehmen, eine große Rolle. Der da­
ausgebildet. Das Referendum über den europäischen          malige Nestlé-Vorstandsvorsitzende Peter Brabeck sagte
Verfassungsvertrag war für den jungen Finanzinspektor      einmal, Macron schaue einem in die Augen, als ob sein
eine prägende Erfahrung. Er erlebte, wie sich unter den    ganzes Leben darauf zugelaufen wäre. Auf diese Weise
Wählern Ablehnung gegen ein Projekt formierte, das von     fand der junge Mann überall Förderer, Mentoren und
der überwältigenden Mehrheit der Wirtschaftsführer         Lehrer. Der protestantische Philosoph Paul Ricoeur
und politisch Verantwortlichen, von Intellektuellen und    machte aus dem Studenten, den er ursprünglich nur für
den Medien unterstützt wurde. Schon damals hieß es         Archivarbeiten angeheuert hatte, einen Vertrauten, mit
Eliten gegen Volk, Öffnung gegen Abschottung, Europa       dem er philosophische Streitgespräche führte. Von sei­

14
nen Mentoren hat sich Macron jedoch stets emanzipiert,     schon bald spürte ich, dass wir uns schon immer gekannt
zuletzt von Francois Hollande, der ihn zum Berater und     hatten“, erinnerte sich Macron in „Révolution“.
zum Wirtschaftsminister bestimmt hatte. Beherzt ergriff
er die Chance, die sich durch die personelle und inhalt­   Brigitte Macron, die am Straßburger Mädchen-Gymnsium
liche Selbstzerstörung der beiden französischen Altpar­    Lucie Berger unterrichtete, teilt die außergewöhnliche Hin­
teien ergab. Seine Bewegung „En marche“ zeugte von         wendung ihres Mannes zu Deutschland. Von den
seinem Wunsch, die politische Neuordnung zu gestalten.     anderen Präsidentschaftskandidaten hat sich Macron
Nun steht er vor der Herausforderung, den lockeren         abgehoben, indem er von Anbeginn an mit einer guten
Verbund von Anhängern und Neugierigen in eine Re­          Zusammenarbeit mit Deutschland warb. Seine Rede an
gierungsformation mit lokaler Verankerung im ganzen        der Humboldt-Universität in Berlin Anfang Januar 2017
Land umzuwandeln.                                          trägt davon Zeugnis. Sein Wille, im Einvernehmen mit
                                                           der Bundesregierung die europäische Krise zu überwin­
                                                           den und sich gegen die erstarkten rechtspopulistischen
Komplizenschaft und Nähe                                   Kräfte zu behaupten, ist er seither nicht schwächer ge­
Auf dem Weg ganz nach oben haben ihn viele begleitet,      worden. Wie aber die Geschichte des europäischen Eini­
jedoch keine wie seine Ehefrau Brigitte. Wer die beiden    gungswerkes fortgeschrieben wird, hängt künftig nicht
zusammen erlebt, vergisst den Altersunterschied und        mehr allein vom Meistererzähler Macron ab. Es wäre ihm
spürt nur die Komplizenschaft und Nähe. Entgegen eines     und ganz Europa zu wünschen, dass am Ende wie bei
hartnäckigen Gerüchts unterrichtete sie ihn nie, sondern   „Peter und der Wolf“ alle glücklich sind.
animierte die Theatergruppe der Jesuitenschule. Beim
gemeinsamen Umschreiben eines Theaterstücks sind sie       Michaela Wiegel
                                                           Frankreich-Korrespondentin der „Frankfurter Allgemeine
einander näher gekommen. „Das Schreiben wurde zum          Zeitung“ (FAZ) und Autorin von „Emmanuel Macron: Ein Visionär
Vorwand, um über alles miteinander zu reden – und          für Europa“ (Europaverlag 2018)

                                                                                                                      15
03
Der Internationale Karlspreis zu Aachen.
Für die Einheit Europas.

16
Es muss eine bedeutende Idee sein, in deren Namen her­      1950 gegründet, die alle mit der Preisverleihung verbun­
ausragende Persönlichkeiten, Regierungschefs, Staats­       denen Aufgaben erledigen sollte und deren erstes Direkto­
oberhäupter und sogar der Heilige Vater einen Preis an­     rium die zwölf Unterzeichner der Proklamation bildeten.
nehmen, hinter der niemand anders steht als eine
Bürgerinitiative im besten Wortsinne. Und wenn der im
vergangenen Jahr verstorbene Ehrenbürger Europas,
                                                            Der internationale Durchbruch
Altbundeskanzler Helmut Kohl, den Internationalen           Schon zu Christi Himmelfahrt 1950 – neun Tage nach
Karlspreis zu Aachen schon vor Jahrzehnten als die          Verkündung des Schuman-Plans – wurde der erste Karls­
„bedeutendste politische Auszeichnung“, die Europa          preis an den Begründer der paneuropäischen Bewegung,
zu vergeben hat, würdigte, dann wird deutlich, welche       Richard Graf Coudenhove-Kalergi, verliehen. Der Festakt
Entwicklung der Bürgerpreis für große Europäer genom­       im Krönungssaal des Aachener Rathauses hinterließ
men hat, der einst auf den Ruinen des Zweiten Welt­         einen bleibenden Eindruck. Erstmals nach dem Krieg –
kriegs entstand.                                            und von dessen Spuren noch deutlich gezeichnet – war
                                                            die ehemalige Kaiserpfalz Schauplatz einer bedeutenden
                                                            städtischen und europäischen Feierstunde. Das positive
Keimzelle des Karlspreises
                                                            Medienecho im In- und Ausland spornte das Direktorium
Nach Jahren geistiger Manipulation und Indoktrination       an, noch kühner am europäischen Einigungsprozess teil­
gründete der Aachener Kaufmann Dr. Kurt Pfeiffer ge­        zunehmen. Die Preisverleihung an den italienischen
meinsam mit einigen Freunden schon bald nach dem            Ministerpräsidenten Alcide de Gasperi brachte im Jahre
Ende des Krieges einen kleinen Lesekreis, die „Corona       1952 den internationalen Durchbruch.
Legentium Aquensis“, die zur Keimzelle des Karlspreises     Die politischen Gründerväter des Vereinten Europas,
werden sollte. Mit Pfeiffers finanzieller Unterstützung     Jean Monnet, Konrad Adenauer, Robert Schuman und
konnte der in Aachen zunehmend an Bedeutung und             viele mehr folgten dem Italiener und wurden in Aachen
Einfluss gewinnende Kreis Ausstellungen und Vortrags­       für ihre Verdienste um den Bau des Vereinten Europas
reihen mit Politikern, Wissenschaftlern und Kulturschaf­    geehrt. Damit erhielt der Karlspreis politisches Gewicht
fenden aus ganz Europa durchführen; und die Diskussio­      und internationales Prestige. Paul Henri Spaak kommen­
nen in der Corona regten Pfeiffer an, darüber nach­-        tierte die Reihe der Laureaten in seiner Dankesrede im
zudenken, wie man jenseits der Parteien und Parlamente      Krönungssaal im Jahre 1957 zu Recht mit den Worten:
aktiv und öffentlichkeitswirksam am politischen Ge­         „Es handelt sich hier um die berühmtesten Namen des
schehen in Europa teilhaben und bei einer friedlichen       politischen Nachkriegs-Europas.“
Gestaltung der Zukunft mitwirken könnte.
Wenige Tage vor dem Weihnachtsfest nutzte der Kauf­
                                                            Geschichte des europäischen
mann ein Treffen der Corona am 19. Dezember 1949, um
die Stiftung eines Aachener Preises „für den wertvollsten
                                                            Einigungsprozesses
Beitrag im Dienste westeuropäischer Verständigung           Mit seinen Preisverleihungen spiegelt der Karlspreis die
und Gemeinschaftsarbeit und im Dienste der Humanität        Geschichte des europäischen Einigungsprozesses an­
und des Weltfriedens“ vorzuschlagen. Die Initiative fand    schaulich wider. Den Gründervätern der EGKS folgten
einen außerordentlich positiven Widerhall – in der Öf­      die Hoffnungsträger der Erweiterungen und der Vertie­
fentlichkeit wie auch bei wichtigen Persönlichkeiten.       fungen, die Verantwortlichen für die demokratischen
Dieserart ermutigt versammelte Pfeiffer binnen kurzer       Institutionen, die Akteure der Wiedervereinigung von
Zeit hohe Repräsentanten aus Politik und Stadtverwal­       Ost und West, die europäischen Denker, Macher und Im­
tung, der Wirtschaft, der Wissenschaft und der katholi­     pulsgeber auf kultureller und sozialer Ebene.
schen Kirche zur Proklamation des „Karlspreises der
Stadt Aachen“.                                              Die ursprünglich auf das westliche Europa bezogene
                                                            Preisstiftung erfasst inzwischen alle Facetten der euro­
Rund drei Monate nach dem denkwürdigen Corona-Tref­         päischen Integration, die Wertevermittlung, den Schutz
fen wurde die „Gesellschaft für die Verleihung des Inter­   der natürlichen Lebensgrundlagen, den Nord-Süd-Aus­
nationalen Karlspreises der Stadt Aachen“ am 14. März       gleich und das Wirken in der Union sowie gegenüber der

                                                                                                                  17
inzwischen globalisierten Welt. Für die Ideale des Preises
stehen politische Persönlichkeiten wie Simone Veil,          Krisen, Schwächen und selbst Rückschläge der Europäi­
Leo Tindemans, François Mitterrand und Helmut Kohl,          schen Union belegen, wie wichtig es ist und auch in Zu­
Václav Havel, Jacques Delors, Jean-Claude Juncker, Angela    kunft bleiben wird, für mehr Gemeinsamkeit in Europa
Merkel, Donald Tusk, Martin Schulz oder auch Papst           zu werben und sich für Europa einzusetzen. Frieden,
Johannes Paul II., der 2004 in Würdigung eines heraus­       Freiheit und Demokratie sind unverbrüchliche Maßstäbe
ragenden Lebenswerkes als erste Persönlichkeit mit ei­       für unsere Arbeit, ebenso die vielen materiellen Fort­
nem Außerordentlichen Karlspreis geehrt wurde.               schritte und Vorteile, die der europäische Einigungs­
                                                             prozess bisher erarbeitet hat. Nach der leidvollen Ge­
                                                             schichte unseres Kontinents über viele Jahrhunderte
Karlspreis für die Jugend                                    wissen wir, dass die Integration der einzig richtige Weg
Im Jahr 1997 wurde die Stiftung Internationaler Karls­       ist; wir wollen und müssen sie konsequent vertiefen.
preis zu Aachen ins Leben gerufen, die durch vielfältige
Veranstaltungen pro-europäische Impulse geben und            Das Signal, das die Verleihungen des Internationalen
dazu beitragen will, dass die Bürgerinnen und Bürger,        Karlspreises zu Aachen Jahr für Jahr aussendet, soll Ideal
vor allem die jungen Menschen, für den Europagedanken        und Impuls zugleich für die künftige Gesellschaft Euro­
gewonnen werden. Seit 2008 verleiht die Stiftung ge­         pas und das Zusammenleben der Bürger auf unserem
meinsam mit dem Europäischen Parlament ergänzend             Kontinent sein.
zum Internationalen Karlspreis deshalb auch den Euro­
päischen Karlspreis für die Jugend. Mit dem Jugendkarls­     In den zurückliegenden Jahren standen die Karlspreis­
preis wird die Idee, die Kurt Pfeiffer einst seinem Lese­    verleihungen – zumindest vordergründig – vermehrt im
kreis vortrug, aufgegriffen, ergänzt und bereichert. Denn    Zeichen der Krise: der Staatsschuldenkrise und insbe­
mit ihm werden junge Menschen ausgezeichnet, die             sondere auch der Vertrauenskrise, die immer weiter um
die Gemeinschaft der Europäer stärken und mit ihren          sich greift und im Rahmen derer die öffentliche Meinung
Projekten die Integration unseres Kontinents eindrucks­      immer weniger von den Errungenschaften der Union,
voll vorleben.                                               denn vielmehr von ihren Problemen geprägt wird. Aber

18
Friedenssicherung, Mitmenschlichkeit, Barmherzigkeit
der Karlspreis stand in diesen Jahren vor allem auch im     und Solidarität. Dies geschah vor allem aber auch, um
Zeichen der Frage, wie wir den Herausforderungen der        die europäische Politik und die Bürgerinnen und Bürger
Zukunft erfolgreich begegnen und welches Europa die         Europas daran zu erinnern, dass Europa sich heute wie­
Bürgerinnen und Bürger wieder zu überzeugen vermag.         der auf die Ideale seiner Gründerväter besinnen und sich
                                                            als Wertegemeinschaft verstehen muss.

Über den Tag hinausweisende Ideen                           In einer für alle Teilnehmenden unvergessenen Feie­r­
In ihren Reden zur Entgegennahme des Karlspreises           stunde in der Sala Regia des Apostolischen Palasts hat
haben Jean-Claude Trichet und Wolfgang Schäuble,            der Heilige Vater eine Botschaft der Hoffnung und der
Dalia Grybauskaitė, Herman Van Rompuy, Martin Schulz        Ermutigung ausgesandt, „über dieses festliche Ereignis
und zuletzt Timothy Garton Ash wichtige und teils rich­     hinaus gemeinsam einen neuen kräftigen Schwung
tungweisende Anregungen für die Weiterentwicklung           für diesen geliebten Kontinent herbeizuwünschen“. Denn
des Vereinten Europas gegeben. Und sie haben – wie          die Euphorie, die das europäische Projekt über Jahr­
viele andere Preisträger zuvor – die Plattform der Karls­   zehnte getragen hat, schien bei allzu vielen er­loschen
preisverleihung im historischen Rathaus der Stadt Aachen    und einer zuvor kaum gekannten Nüchternheit ge­wichen
genutzt, um über den Tag hinausweisende Ideen zu ent­       zu sein.
wickeln und in die europäische Debatte einzubringen.
                                                            Dieser Nüchternheit, ja vielmehr noch der Zaghaftigkeit
                                                            und Skepsis ist Emmanuel Macron in den zurückliegen­
Ideale der Gründerväter                                     den Monaten in einer Weise entgegengetreten, die ihres­
Vor fast genau zwei Jahren war es dem Direktorium           gleichen sucht. Er hat den Kampf gegen Nationalismus
der Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen     und Isolationismus offensiv angenommen; hat die
Karls­preises zu Aachen eine große Ehre, Seine Heiligkeit   Populisten in die Defensive gedrängt; und er hat gezeigt,
Papst Franziskus auszeichnen zu dürfen. Dies geschah        dass Europa die Menschen nach wie vor begeistern kann
in Würdigung seines herausragenden Engagements für          – auch und vor allem junge Menschen.

                                                                                                                  19
In mitreißenden Reden an der Berliner Humboldt-Uni­         Hoffnung wiederfinden, die bewirkt hat, dass einige in
versität und vor der Akropolis in Athen, an der Pariser     Europa nach dem Krieg, trotz der vielen Uneinigkeiten,
Sorbonne und in der Goethe-Universität Frankfurt hat        eine größere und schönere Geschichte wollten, als sie es
Emmanuel Macron seine Vision von Europa dargelegt,          selbst waren.“
die Vision „eines souveränen, geeinten und demokrati­
schen Europas“. Und allein schon die Leidenschaft, mit      Und wenn Emmanuel Macron über diese Kraft der Hoff­
der der jüngste Präsident in der Geschichte der Französi­   nung spricht, eine Hoffnung, die mit den Kernbegriffen
schen Republik seine Idee von der Neubegründung             der Souveränität, der Demokratie und des Vertrauens
des europäischen Projekts vermittelt, ist gleichermaßen     verbunden ist, dann beschränkt er sich keineswegs auf
ansteckend wie inspirierend.                                grundsätzliche institutionelle Fragen. Vielmehr legt er
                                                            sehr detaillierte Vorschläge zu einer Vielzahl von Politik­
                                                            bereichen vor: zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Kraft der Hoffnung                                          ebenso wie zur Asyl- und Migrationspolitik, zu einer
Dass er bisweilen mit Europa auch hart ins Gericht geht,    neuen Partnerschaft mit Afrika ebenso wie zum ökologi­
ist dabei keineswegs ein Widerspruch, denn zu Recht be­     schen Wandel, zur Digitalisierung und zur Wirtschafts-,
tont er: „Unsere Generation kann sich dafür entscheiden,    Währungs- und Finanzpolitik, zum Forschungsstandort
Europa heute und jetzt neu zu gründen durch eine radi­      Europa wie zur Kultur- und Bildungspolitik.
kale Kritik, denn wir haben Unrecht, die Kritik an Europa
denjenigen zu überlassen, die es hassen! Diejenigen, die
                                                            Lange ersehnte Aufbruchsstimmung
Europa lieben, müssen es kritisieren können, um es neu
zu gestalten, um es zu korrigieren, zu verbessern, neu zu   Präsident Macron lässt keinen Zweifel daran, dass – und
gründen! Aber mit eben dieser Energie, eben dieser Lust,    wie – er in all diesen Politikbereichen die Zusammen­
nicht der nach Zahlen oder Technik, nicht der nach Büro­    arbeit der Europäer vertiefen will. Und er hat mit seiner
kratie, nein! Wir müssen die ursprüngliche Kraft der        Initiative die so lange ersehnte Aufbruchstimmung

20
erzeugt, hat der Reformdebatte in Europa eine neue         begleitet den europäischen Integrationsprozess, hinter­
Dynamik verliehen. Es ist nun an allen politischen Ver­    fragt bisweilen kritisch, bestärkt und unterstützt und will
antwortungsträgern in der EU, diese Dynamik aufzugrei­     vor allem dazu ermuntern, das große Einigungswerk zu
fen und ein neues Kapitel der europäischen Erfolgsge­      vollenden.
schichte zu schreiben.
                                                           In einer ersten Reaktion auf die Entscheidung des Direk­
Wie schon so oft in der bald 70-jährigen Geschichte        toriums, ihn am Christi Himmelfahrtstag 2018 mit dem
des Internationalen Karlspreises ist die Auszeichnung      Internationalen Karlspreis zu Aachen auszuzeichnen,
nicht nur Dank für wertvolle Beiträge auf dem Weg zum      verband Präsident Macron seinen Dank mit den Worten:
Vereinten Europa, sondern auch Ausdruck von in die         „Europa verdient es, verteidigt und neu begründet zu
Zukunft gerichteten Hoffnungen und Erwartungen.            werden!“ Möge die diesjährige Preisverleihung hierzu
                                                           wertvolle Impulse geben.

Karlspreis will zu einem positiven
Europabild beitragen

Durch den Festakt zur Verleihung des Internationalen
Karlspreises, die Preisträger, Laudatoren und Redner,
auch durch die mediale Aufmerksamkeit und die Bot­
schaften, die mit der jeweiligen Auszeichnung verbun­
den waren und sind, will der Karlspreis zu einem positi­
ven Europabild in der Bevölkerung beitragen und eine       Dr. Jürgen Linden
Art öffentlichen europäischen Raum mit gestalten; er       Vorsitzender des Karlspreisdirektoriums

                                                                                                                   21
04
Die bisherigen Karlspreisträger
1950 – 2017

22
1950                         1951                        1952                      1953                    1954
Richard Graf                 Prof. Dr.                   Alcide de Gasperi         Jean Monnet             Dr. Konrad Adenauer
Coudenhove-Kalergi           Hendrik Brugmans            Ministerpräsident der     Präsident der           Bundeskanzler
Begründer der                Rektor des Europa-          Italienischen Republik    Hohen Behörde der       der Bundesrepublik
Paneuropa-Bewegung           Kollegs in Brügge                                     Montan-Union            Deutschland

1955                         1957                        1958                      1959                    1960
Sir Winston Churchill        Paul Henri Spaak            Robert Schuman            George C. Marshall      Dr. Josef Bech
Ehemaliger Premier­          Generalsekretär             Präsident des             Ehemaliger Außen-       Ehrenstaatsminister,
minister von Groß­           der NATO                    Europäischen              minister der            Präsident der
britannien                                               Parlamentes               Vereinigten Staaten     luxemburgischen
                                                                                   von Amerika             Deputiertenkammer

1961                         1963                        1964                      1966                    1967
Prof. Dr. Walter Hallstein   The Rt. Hon.                Prof. Dr. Antonio Segni   Jens Otto Krag          Joseph Luns, Minister
Präsident der Kommission     Edward Heath,               Präsident der             Ministerpräsident des   für Auswärtige Angele­
der Europäischen             M.B.E., M.P. Britischer     Italienischen Republik    Königreichs Dänemark    genheiten des König­
Wirtschaftsgemeinschaft      Lordsiegelbewahrer                                                            reichs der Niederlande

1969                         1970                        1972                      1973                    1976
Die Kommission der Euro-     François Seydoux de         The Rt. Hon.              Don Salvador            Leo Tindemans
päischen Gemeinschaften,     Clausonne, Ehem.            Roy Jenkins, P.C., M.P.   de Madariaga            Ministerpräsident
stellvertr. Jean Rey,        französischer Botschafter   Politiker                 Philosoph, Soziologe,   des Königreichs Belgien
Präsident der Euro-­         in der Bundes­republik                                Kulturhistoriker
päischen Kommission          Deutschland

                                                                                                                                  23
1977                      1978                          1979                       1981                        1982
Walter Scheel             Konstantin Karamanlis         Emilio Colombo             Simone Veil                 S.M. König
Bundespräsident           Ministerpräsident der         Präsident des              Präsidentin des             Juan Carlos I.
der Bundesrepublik        Republik Griechenland         Europäischen               Europäischen                von Spanien
Deutschland                                             Parlaments                 Parlaments

1984                      1986                          1987                       1988                        1989
Prof. Dr. Karl Carstens   Das Luxemburgische            Prof. Dr. Henry A.         François Mitterrand         Frère Roger
Bundespräsident           Volk                          Kissinger                  Präsident der Franzö­       Gründer der
der Bundesrepublik                                      Ehem. Außenminister        sischen Republik u.         Communauté von Taizé
Deutschland                                             der Vereinigten Staaten    Dr. Helmut Kohl,
                                                        von Amerika                Bundeskanzler der Bundes­
                                                                                   republik Deutschland

1990                      1991                          1992                       1993                        1994
Dr. Gyula Horn            Václav Havel                  Jacques Delors             Felipe González Márquez     Gro Harlem Brundtland
Minister für Auswärtige   Präsident der Tschechischen   Präsident der Kommission   Ministerpräsident des       Ministerpräsidentin des
Angelegenheiten           und Slowakischen              der Europäischen           Königreichs Spanien         Königreichs Norwegen
der Republik Ungarn       Föderativen Republik          Gemeinschaften

1995                      1996                          1997                       1998                        1999
Dr. Franz Vranitzky       I.M. Königin Beatrix          Prof. Dr. Roman Herzog     Prof. Dr.                   Anthony Charles
Bundeskanzler der         der Niederlande               Bundespräsident            Bronislaw Geremek           Lynton Blair,
Republik Österreich                                     der Bundesrepublik         Außenminister der           Premierminister des
                                                        Deutschland                Republik Polen              Vereinigten Königreichs
                                                                                                               Großbritannien und
                                                                                                               Nordirland
24
2000                        2001                          2002                      2003                         2004
William Jefferson Clinton   György Konrád                 Der Euro                  Valéry Giscard               Seine Heiligkeit
Präsident der               Präsident der Akademie        stellvertretend           D’Estaing                    Papst Johannes Paul II.
Vereinigten Staaten         der Künste Berlin, Schrift­   Wim Duisenberg,           Präsident des Euro­          Außerordentlicher
von Amerika                 steller und Soziologe         Präsident der EZB         päischen Konvents            Karlspreis

2004                        2005                          2006                      2007                         2008
Pat Cox                     Dr. Dr. Carlo                 Dr. Jean-Claude Juncker   Dr. Javier Solana            Dr. Angela Merkel
Präsident des               Azeglio Ciampi                Premierminister           Madariaga Hoher              Bundeskanzlerin
Europäischen                Italienischer                 des Großherzogtums        Vertreter für Außen- und     der Bundesrepublik
Parlaments                  Staatspräsident               Luxemburg                 Sicherheitspolitik und       Deutschland
                                                                                    General­sekretär des Rates
                                                                                    der EU

2009                        2010                          2011                      2012                         2013
Prof. Dr. Andrea Riccardi   Donald Tusk                   Dr. h.c.                  Dr. Wolfgang Schäuble        Dr. Dalia Grybauskaite
Historiker und Gründer      Premierminister der           Jean-Claude Trichet       Bundesminister               Präsidentin der
der Gemeinschaft            Republik Polen                Präsident der Euro­       der Finanzen                 Republik Litauen
Sant’Egidio                                               päischen Zentralbank

2014                        2015                          2016                      2017
Herman Van Rompuy           Martin Schulz                 Seine Heiligkeit          Prof. Timothy Garton Ash
Präsident des               Präsident des Euro­           Papst Franziskus          Historiker und Publizist
Europäischen Rates          päischen Parlaments

                                                                                                                                      25
05
Die Proklamation
von 1949
Die Stadt Aachen, einst Mittelpunkt der gesamten abend­      Aachen” genannt werden soll. Er wird jährlich an ver­
ländischen Welt, dann zur Stadt an der Grenze geworden,      diente Persönlichkeiten verliehen, die den Gedanken der
ist sich der historischen Aufgabe wahren Grenzertums „zu     abendländischen Einigung in politischer, wirtschaftlicher
vermitteln und die Grenzen zu überwinden“ immer              und geistiger Beziehung gefördert haben. Es ist unter Mit­
bewußt gewesen. Bande des Blutes verknüpften die Ein­        wirkung des Oberbürgermeisters, des Oberstadtdirektors,
wohner unserer Stadt mit der Bevölkerung der Nachbar­        des Bischofs von Aachen, des Rektors der Technischen
staaten, und immer gab es in Aachen geistig überlegene       Hochschule und acht weiterer Vertreter des Wirtschafts-
und weitschauende Männer, die gegen alle nationale           und Geisteslebens unserer Stadt eine Gesellschaft ge­
Engstirnigkeit und vermeintliche Interessen versuchten,      gründet worden, die Träger der mit der Verleihung des
das Gemeinsame und Verbindende des abendländischen           „Karls­preises der Stadt Aachen“ verbundenen Aufgaben
Raumes und abendländischer Kultur zu finden.                 sein wird. Diese Gesellschaft, die im verpflichtenden Na­
                                                             men unserer großen historischen Tradition spricht und
Nach zwei Weltkriegen, in denen die Grenzlage unserer        handelt, wird bereits im Jahr 1950 einen Preisträger nomi­
Stadt sich besonders nachteilig auswirkte und in denen       nieren und nach Vollzug der Wahl der Öffentlichkeit be­
das redliche Bemühen mehrerer Generationen um Über­          kanntgeben. Sie will damit nicht nur auf das ungelöste
windung imaginärer nationaler Gegensätze sich als ver­       Problem der europäischen Einigung immer wieder
geblich erwies, müht sich unsere in Trümmer gesunkene        mahnend hinweisen, sondern versuchen, auch Wege zur
Stadt um ihr Lebensrecht. Aber sie ist, durch furchtbare     praktischen Lösung dieser drängenden Frage aufzuzeigen.
Erfahrungen bereichert, mehr als je bereit, für die abend­   Sie erstrebt dabei nicht nur die Sympathie und die Mit­
ländische Einigung und, als unerläßliche Vorstufe dazu,      wirkung der Aachener Bürgerschaft, sondern der ganzen
für wirtschaftliche Einheit sich einzusetzen.                abendländischen Welt.
                                                             Aachen, Weihnachten 1949
Da die Fortschritte der Menschheit immer von einzelnen
genialen Persönlichkeiten ausgegangen sind, die sich         Dr. Albert Maas,                     Dr. Franz Krauss,
trotz aller Widerstände ganz ihrer Idee hingegeben haben,    Oberbürgermeister                    Hochschulprofessor

muß es nützlich und förderlich sein, auf diese Männer als    Albert Servais,                      Ludwig Kuhnen,
                                                             Oberstadtdirektor                    Bürgermeister
Vorbilder hinzuweisen, zur Nachahmung und zur Ver­
                                                             Dr. Johannes Josef van der Velden,   Dr. Peter Mennicken,
wirklichung ihrer Ideen aufzufordern. Daher haben eine       Bischof von Aachen                   Hochschulprofessor
Anzahl Bürger unserer Stadt Aachen, dieser durch ihre Ge­    Prof. Dr. Wilhelm Müller,            Carel Nieuwenhuysen,
burt oder durch Erfüllung ihrer Lebensaufgabe auf immer      Rektor der Technischen Hochschule    Direktor
                                                             Dr. Kurt Pfeiffer,                   Erasmus Schlapp,
verbunden, beschlossen, einen internationalen Preis der
                                                             Kaufmann                             Tuchfabrikant
Stadt Aachen zu stiften, der in Erinnerung an den großen     Hermann Heusch,                      Dr. Jean Louis Schrader,
Begründer abendländischer Kultur „Karlspreis der Stadt       Präsident der Handelskammer          Generaldirektor

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