ZEIT-STIFTUNG EBELIN UND GERD BUCERIUS TÄTIGKEITSBERICHT 2016
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Inhalt 3 Tätigkeitsbericht 2015 3 Executive Summary 9 Wissenschaft und Forschung 9 Detaillierter Bericht 10 Migrations- und Metropolenforschung 10 Rechtswissenschaft 11 Geschichte/Geschichtswissenschaften 13 Sonstige 14 Publikationen 15 Wissenschaft und Öffentlichkeit 16 Israel 19 Kunst- und Kultur 19 Musik 21 Denkmalpflege/Kulturerhalt 23 Theater 23 Literatur 24 Museen/Ausstellungen/Kunst 26 Kultur und Öffentlichkeit 27 Sonstige 30 Bildung und Erziehung 30 Schulische Bildung 33 Berufliche Bildung 33 Sonstige 34 Bildung und Öffentlichkeit 37 Politik und Gesellschaft 37 Governance 39 Transatlantische Beziehungen 41 Gesellschaftspolitische Veranstaltungen 44 Gesprächskreise 45 Presseförderung 48 Bucerius Lab 49 Stiftungswesen 50 Alumni-Netzwerk 51 Deutsche Nationalstiftung 53 Kindertagesstätte an der Bucerius Law School 54 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit 55 Impressum
ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius Tätigkeitsbericht 2016 a) Executive Summary: Mit den Kapitalanlagen erzielte die Stiftung im abgelaufenen Jahr einen Wertzuwachs von +4,4 % (Vorjahr +6,3 %). Das ordentliche Finanzergebnis (Zinsen, Mieten, Dividenden abzgl. Grundstücksabschreibungen und -aufwendungen) verringerte sich leicht um € 0,4 Mio. auf € 21,8 Mio. Die Wertpapier-Spezialfonds schütteten insgesamt € 18,0 Mio. aus. Nach Verwaltungskosten und Dotierung der Kapitalerhaltungsrücklage verblieb für Förderzwecke ein Betrag von € 15,4 Mio. Insgesamt erfolgten 140 Bewilligun- gen (Vorjahr: 125). Auf die drei Satzungsbereiche verteilten sich die Bewilligun- gen wie folgt: Kunst und Kultur € 3,7 Mio., Wissenschaft € 9,2 Mio. und Bildung € 2,5 Mio. Knapp 5 % des Fördervolumens entfielen auf Projekte im Ausland. Der Aufwand für die Verwaltung der Stiftung lag bei € 3,3 Mio., er hat sich gegen- über dem Vorjahr um +3,4 % erhöht. Die Personalaufwendungen stiegen um +2,3 % auf € 2,5 Mio. und die Sachaufwendungen um +11,8 % auf € 0,7 Mio. Durchschnittlich beschäftigte die Stiftung im Berichtsjahr 33 (Vorjahr: 32) ange- stellte Mitarbeiter. Die Stiftung hat ihr Förderprogramm 2016 fortsetzen können; das Jahr war vor allem geprägt durch den Ausbau des Programms „WEICHENSTELLUNG für Zuwandererkinder und –jugendliche“, der durch eine großzügige Förderung des Bundes möglich wurde. Hier die wichtigsten Fördereinrichtungen, -programme und -vorhaben im Überblick: An der Bucerius Law School haben im Berichtsjahr 144 Studierende die Erste Juristische Prüfung (früher: Erstes Juristisches Staatsexamen) abgelegt. Der No- tendurchschnitt lag bei weit überdurchschnittlichen 10,01 Punkten. Der Anteil der Prädikatsexamina lag dabei bei 77 %. 2016 waren an der Hochschule 244 Promotionsstudenten eingeschrieben; seit ihrer Gründung wurden an der Hoch¬schule 358 Doktoranden promoviert. Neun Habilitationsverfahren wurden bislang abgeschlossen, zuletzt eines im Spätsom- mer 2016. An der Hochschule lehren und forschen einschließlich der Präsidentin und des Dekans des Masterprogramms 32 Professoren, darunter 16 hauptamtliche Professoren, drei Juniorprofessoren, ein Emeritus, sechs Affiliate Professors und 3 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
sechs Honorarprofessoren. Bei der Akademischen Feier am 23. September hielt S.E. Botschafter der Bundesrepublik Deutschland Prof. Dr. h.c. Wolfgang Ischin- ger, Geschäftsführer der Stiftung Münchner Sicherheitskonferenz, die Festrede. Im August wurden 52 Studierende der Class of 2016 im Bucerius Master of Law and Business-Programm verabschiedet, und der neue Jahrgang startete mit 44 Studie-renden aus 27 Ländern. Das Bucerius Kunst Forum erreichte mit 224.000 Besuchern im Jahr 2016 die zweithöchste Besucherzahl seit Gründung des Hauses (Vorjahr: knapp 215.000). Im Sommer 2016 besuchten 41 Kinder die Kindertagesstätte an der Bucerius Law School. Das Team bestand aus acht pädagogischen Fachkräften. Durch Zu- satzbeiträge von Eltern und Arbeitgeberspenden konnte die Kita weiterhin einen sehr guten Personalschlüssel (Verhältnis Erzieher:Kinder) von 1:4 im Krippenbe- reich und 1:8 im Elementarbereich anbieten. Am 13. September wurde bereits der vierte Jahrgang mit 44 Grundschülern in das Projekt „WEICHENSTELLUNG für Viertklässler“ aufgenommen. Seit dem Herbst gibt es das Programm auch in Nordrhein-Westfalen. Das Projekt „WEICHENSTELLUNG für Zuwandererkinder und -jugendli- che“, in dem Schülerinnen und Schüler in internationalen Vorbereitungsklassen individuell gestärkt und begleitet werden, hat im Berichtszeitraum Unterstützung durch den Bund erhalten: Im Rahmen des Patenschaftsprogramms „Menschen stärken Menschen“ hat die ZEIT-Stiftung vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Ausweitung von „WEICHENSTELLUNG für Zuwandererkinder und jugendliche“ in Hamburg und den Aufbau zum Re- ferenzmodell für andere Bundesländer im Jahr 2016 insgesamt € 560.000,- an Fördermitteln erhalten. Mit diesen Geldern kann die Stiftung in diesem Jahr rund 400 Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis 20 Jahren an 18 Hamburger Part- nerschulen (von Grundschulen bis Berufsschulen) intensiv unterstützen. Das Projekt „Koloniales Erbe in Hamburg / Visualisierung des Kolonialen“ zeigt in diesem Jahr erste Ergebnisse. Im Rahmen des Projekts fand im Sommer- semester an der Universität Hamburg die öffentliche Ringvorlesung „Hamburg: Deutschlands Tor zur kolonialen Welt. Über den Umgang mit einem schwierigen Erbe“ statt, in der unter anderem erste Ergebnisse der eingerichteten Forschungs- stelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe“ präsentiert wurden. Für das Teilprojekt „Koloniale Dokumente im Museum für Völkerkunde Hamburg. Afrika als Gegenstand der kolonialen Fotografie“ werden mit den Mitteln der Stiftung überwiegend Personalressourcen zur Aufarbeitung der Fotografie-Sammlung verfügbar gemacht. An der Transatlantic Academy in Washington, D.C., forschten 2015/2016 sechs Fellows zum Thema „Russia and the West”. Ihre Arbeitsergebnisse stellten sie im Mai in verschiedenen europäischen Städten (unter anderem in Hamburg, Berlin, London, Brüssel, Paris, Belgrad) sowie in New York und Washington, D.C., vor. 4 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
Das Doktorandenprogramm „Trajectories of Change – Ph.D. Scholarships in Humanities and Social Sciences“ wurde erneut ausgeschrieben. Aus 197 Bewer- bungen wurden 22 Stipendiaten ausgewählt, die nun den dritten Jahrgang bilden. Sie forschen zum Thema „Contestation Past and Present – Institutions, Processes and Orders“. Aus dem neuen Dispositionsetat „Kulturerhalt in Norddeutschland. Denk- malpflegemaßnahmen“ hat die Stiftung im Berichtsjahr erstmals Mittel bereitgestellt. So konnten der Turm der Hamburger Christianskirche und die Dorfkirche zu Buchholz (Mecklenburg) renoviert werden. Zum siebten Mal fand vom 23. Januar bis 7. Februar das Festival „Lessingtage“ am Thalia Theater statt. Mit rund 15.000 Zuschauern lag die Auslastung bei 86,2 %. Am 13. Februar war die Stiftung zum zweiten Mal mit einer eigenen Podiumsdis- kussion auf der Münchner Sicherheitskonferenz vertreten. Prominentester Gast war S.E. Kofi Annan, ehemaliger UN-Generalsekretär und Vorsitzender der Kofi Annan Foundation. Er diskutierte mit den übrigen Teilnehmern über das Thema „Regional Fragmentation and Institutional Competition – The Future of Global Governance“. Die Initiative Bucerius Lab knüpft an die bisherige Arbeit der Initiative „.ver- netzt# – Wie wollen wir leben?“ an. Vom 19. bis 20. Februar fand das Auftaktsym- posium des Bucerius Lab zum Thema „Die kalifornische Herausforderung“ mit ca. 1.200 Besuchern auf Kampnagel in Hamburg statt. Der maßgeblich von Giovanni di Lorenzo initiierte Expertenkreis zur Formu- lierung einer Charta der digitalen Grundrechte für das 21. Jahrhundert hat den Entwurf der Charta am 1. Dezember in wichtigen Print- und Online-Medien Deutschlands veröffentlicht und am 5. Dezember dem Präsidenten des Europäi- schen Parlaments Martin Schulz überreicht. Am 15. März trat zum ersten Mal die Jury für die neuen, im Berichtsjahr erstmals zu vergebenden Auszeichnungen „Free Media Awards. Supporting Indepen- dent Journalism in Eastern Europe“ von Stiftelsen Fritt Ord und ZEIT-Stiftung zusammen. Die drei Preise wurden bei einer Journalistenkonferenz vom 24. bis 26. November in Tiflis / Georgien vergeben. Vom 5. bis 8. April fand der erste Teil der Konferenz „The Future of the OSCE“ im Auswärtigen Amt in Berlin statt; der zweite folgte vom 4. bis 7. Oktober in Wien. In der Reihe „ZEIT-Stiftung aktuell“ diskutierte am 18. April unter anderem Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert über die Frage „Verliert Deutsch- land seine Mitte?“. Die Reihe „Schlagabtausch zur Demografie“ in Kooperation mit dem Berlin- Institut für Bevölkerung und Entwicklung endete am 30. Mai mit der Veranstal- tung „Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt: Chance oder Illusion?“. Auf dem Podium saß unter anderem Dr. Reiner Klingholz, Geschäftsführender Direktor des Berlin- Instituts für Bevölkerung und Entwicklung. 5 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
Die Gesprächs- und Diskussionsreihe „HörSalon im Bucerius Kunst Fo- rum“, die die Stiftung in Kooperation mit NDR Kultur durchführt, wurde fort- gesetzt. So diskutierte am 21. Juni der NDR-Redakteur Alexander Solloch unter dem Titel „Das große Abenteuer. Auf der Suche nach den menschlichen Grenzen“ mit dem Extrembergsteiger und Antarktis-Wanderer Reinhold Messner und dem Schriftsteller und Weltreisenden Christoph Ransmayr. Die vierte Gastprofessur für Interkulturelle Poetik am Institut für Germanis- tik der Universität Hamburg hatte im Sommersemester der in der Türkei geborene Autor Zafer Șenocak inne. Seit 2008 unterstützt die Stiftung das „Preisträger in Residence“-Konzept der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern; in diesem Jahr stellte sich die junge norwegische Geigerin Vilde Frang in mehreren Konzerten vor. 80.000 Besucher sahen die Konzerte an über 80 Spielstätten. Die ZEIT-Stiftung unterstützt das Meisterkursprogramm beim Schleswig- Holstein Musik Festival (SHMF) seit 1999; in diesem Jahr wurde zum ersten Mal auch ein Meisterkurs Chordirigieren angeboten. 151.000 Besucher sahen die Konzerte an 104 Spielstätten in Schleswig-Holstein, Hamburg, Süddänemark und dem nördlichen Niedersachsen. In Kooperation mit dem Deutschen Polen-Institut werden die Herausforde- rungen bzw. Gefahren erörtert, die von den Entwicklungen in der Ukraine und Russland auf die Europäische Union ausgehen. Der Titel der dritten Veranstaltung der Reihe am 20. September lautete „Quo vadis Europa?“. Die Keynote hielt Piotr Buras, Leiter des Warschauer Büros des European Council on Foreign Relations. Unter dem Titel „Between World Orders: Managing Fragmentation and Institutio- nal Competition“ fand im August zum 16. Mal die Bucerius Summer School on Global Governance statt. Sie führte 55 Teilnehmer aus 30 Ländern zusammen. Im September fand an der Universität Hamburg der 51. Deutsche Historikertag zum Thema „Glaubensfragen“ statt. Die Stiftung förderte in seinem Rahmen zwei öffentliche Diskussionsveranstaltungen sowie den Übersetzungspreis, mit dem die englischsprachige Veröffentlichung einer ursprünglich in deutscher Sprache verfassten historischen Dissertation unterstützt wird. Im Oktober diskutierten 100 Jugendliche aus ganz Deutschland auf Einladung von Bundespräsident Joachim Gauck beim „Zukunftsforum“ über das The- ma „Wie soll es aussehen, dieses Land? Deutschland 2036“. Das 63. ZEIT Forum Wissenschaft am 13. Oktober thematisierte die Frage: „Unterwegs nach Morgen. Autonom, intelligent, geteilt, vernetzt, elektrisch – wie sind wir in der Zukunft mobil?“ Podiumsgast war unter anderem Dr. Anton Hofreiter, MdB, Fraktionsvorsitzender B90/Die Grünen im Deutschen Bundestag. 6 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
Im Rahmen der Reihe „Erfahren, woher wir kommen. Große Erzählungen der Weltliteratur“ im Bucerius Kunst Forum las Christian Brückner am 19. Oktober aus Herman Melvilles „Bartleby der Schreiber“, kommentiert von Hanjo Kesting. Zum sechsten Mal tagte im Oktober das Asian Forum on Global Governance in Neu-Delhi, das dieses Mal 55 junge Führungskräfte aus 33 Ländern zum Thema „Navigating the New Normal. Making Multilateralism Work with Multipolarity” versammelte. Im Rahmen des noch von Helmut Schmidt angeregten Projektes „Neue Wege bis 67“ wurde in einer zweiten Studie am Beispiel der Altenpflege untersucht, wie sich die psychischen Belastungen auf die Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer auswirken. Am 31. Oktober stellte die ZEIT-Stiftung in der Handelskammer ge- meinsam mit ihren Kooperationspartnern einem interessierten Fachpublikum den Projektbericht sowie den Leitfaden für Mitarbeiter und Führungskräfte vor. Am 4. Dezember wurde der deutsch-iranische Schriftsteller und Publizist Navid Kermani mit dem Marion Dönhoff Hauptpreis für internationale Verständi- gung und Versöhnung 2016 ausgezeichnet. Der Förderpreis ging an den Verein Hanseatic Help e.V., der sich für die Erstversorgung und Ausstattung von Flücht- lingen einsetzt. Auf den folgenden Seiten findet sich ein detaillierter Bericht über die Entwick- lung der Stiftung im Jahr 2016. Der Bericht ist nach den drei Satzungsbereichen Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur sowie Bildung und Erziehung gegliedert und wird in fünf Handlungsfeldern dargestellt: Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, Bildung und Erziehung, Politik und Gesellschaft, sowie Initiative Bucerius Lab. 7 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
Wissenschaft und forschung b) Detaillierter Bericht: Doktorandenprogramm „Trajectories of Change“ Das Doktorandenprogramm „Trajectories of Change“ fördert Geistes- und Sozi- alwissenschaftler, die historische und aktuelle Transformationsprozesse in den Nachbarregionen Europas untersuchen. Das diesjährige Thema des Doktoran- denprogramms lautet „Contestation Past and Present – Institutions, Processes and Orders“. Aus 197 internationalen Bewerbungen wurden bei der Sitzung des wissenschaftlichen Beirats am 17. Juni in Hamburg 22 qualifizierte Stipendiaten ausgewählt, die mit Doktorandenstipendien, Abschlussförderungen, Feldfor- schung-Grants und Pre-Doctoral Grants unterstützt werden. Sie bilden nun den dritten Jahrgang des Programms. Während der anschließenden Jahreskonferenz stellten die geförderten Dok- toranden im Kreis der Beiratsmitglieder und Mitstipendiaten ihre Forschungs- projekte vor. Auf der Grundlage der Präsentationen und Diskussionen sowie der bereits vor der Konferenz eingereichten schriftlichen Beiträge konnten die Fortschritte der einzelnen Forschungsprojekte als sehr positiv bewertet werden. Bei allen vier Stipendiaten des Jahrgangs 2015, die ein reguläres Doktoranden- stipendium erhalten haben, beschloss die Stiftung, die Förderung fortzusetzen. Vom 16. bis zum 22. Oktober nahmen die Stipendiaten aus allen Jahrgängen an einer Studienreise in die Ukraine teil, die die Gruppe nach Kiew führte. Sie trafen dort mit Wissenschaftlern und Vertretern aus Politik, Kultur und Zivil- gesellschaft zusammen und tauschten sich zu aktuellen Fragen der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Transformation in der Ukraine aus. Drei Stipendiaten haben vom 14. bis zum 17. November am Think Lab „Booming Po- pulism. On the Practice and Language of Political Polarization“ mitgewirkt. Es handelte sich um eine von deutschen und amerikanischen Institutionen getrage- ne Initiative mit dem Ziel, die Teilhabe des geistes- und sozialwissenschaftlichen Nachwuchses an aktuellen gesellschaftlichen Debatten zu stärken. Hamburger Gastprofessur für Interkulturelle Poetik Die vierte Gastprofessur für Interkulturelle Poetik wurde im Sommersemester an den in der Türkei geborenen Autor Zafer Șenocak vergeben. Der Titel seiner Vorlesungsreihe lautete „Wort. Brüche – Fragmente einer Sprache des Vertrauens". Das Programm verknüpft interkulturelle Fragestellungen mit der Analyse von Werken zeitgenössischer Autoren und fördert den Austausch zwischen Literatur und Wissenschaft. Zum Rahmenthema sprach Zafer Șenocak in seinen Poetik Vorlesungen über den Orient als deutsches Phantasma, über Imagination an der Grenze und Lesarten von Identität. Ergänzend zu der öffentlichen Vorlesungsrei- he las der Schriftsteller am 6. Juli aus seinem neuen Roman „In deinen Worten. Mutmaßungen über den Glauben meines Vaters“. Abschließend fand am 7. und 8. Juli im Warburg-Haus eine internationale Tagung unter dem Titel der Vorle- sungsreihe statt. Dr. Ortrud Gutjahr, Professorin für Neuere Deutsche Literatur und Interkulturelle Literaturwissenschaft an der Universität Hamburg, hat die Vorlesungsreihe wie die Tagung konzipiert und geleitet. 9 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
Migrations- und Metropolenforschung Gastwissenschaftsprogramm für Stadtforschung an der HafenCity Universität (HCU) Im Rahmen der Strategie „Digitale Stadt“, die der Senat der Stadt Hamburg im Janu- ar 2015 verabschiedet hatte, wurde die HafenCity University (HCU) mit dem Auf- bau eines internationalen, interdisziplinären „Digital City Science Lab“ betraut. Für dieses Projekt konnte die Universitätsleitung einen Kooperationsvertrag mit dem renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) abschließen. Die Stiftung engagiert sich innerhalb des Labs für das Gastwissenschaftspro- gramm. Es sieht die Aufenthalte von Wissenschaftlern, Post-Doktoranden und Praktikern aus dem In- und Ausland vor. Sie sollen ihr Wissen durch Vorträge, Seminare und die Mitarbeit an einem Think Tank einbringen und über die Er- fahrungen berichten, die sie mit Stadtentwicklungsprojekten in anderen Metro- polen gemacht haben. Durch Veranstaltungen und Publikationen wird zudem die städtische und akademische Öffentlichkeit erreicht und der Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis intensiviert. Die ersten drei Wissenschaftler aus Schwe- den, Dänemark und Deutschland sind nach einer internationalen Ausschreibung ausgewählt worden: Dr. Asta Vonderau, Junior-Professorin für Kulturanthropolo- gie/Volkskunde an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz untersucht „Stadt am Draht: Wie digitale Städte Urbanität schaffen“ im Städtevergleich Stockholm/ Hamburg; Malene Freudendal-Pedersen, Associate Professor am Department of People and Technology an der Universität Roskilde, erforscht Transportsysteme und städtische Mobilität, und Parisa Shahmohamadi von der Freien Universität Berlin befasst sich mit „intelligentem Design“ und der Optimierung des Klimas in Ballungsräumen. Darüber hinaus haben zwei renommierte Experten im Som- mersemester im Rahmen des Gastwissenschaftsprogramms Vorträge an der HCU gehalten: Dr. Luise Noring, Professorin an der Copenhagen Business School und Expertin für nachhaltige Urbanisierung bei der Europäischen Kommission, hat am 7. Juni anhand von Fallstudien über Governance und die Finanzierung der nachhaltigen Urbanisierung gesprochen. Univ.-Prof. Arch. Dipl. Ing. Christian Kern, Leiter der Abteilung für Dreidimensionales Gestalten und Modellbau an der TU Wien, hielt am 8. Juni einen Vortrag über die Integration digitaler und physischer Designmethoden im Modellbau. Rechtswissenschaft Bucerius-Jura-Programm Gerd Bucerius hat das Bucerius-Jura-Programm 1993 selbst initiiert. Es wird aus einem Fonds finanziert, der teilweise aus dem Privatvermögen von Gerd Bucerius und teilweise aus Mitteln der Stiftung stammt. Den Fonds verwaltet der Stifterver- band für die deutsche Wissenschaft. 2014 wurden Änderungen in der Ausrichtung und der Finanzierung des Bucerius-Jura-Programms beschlossen: Die Ausschrei- bung wird im Intranet der Studienstiftung des deutschen Volkes veröffentlicht und richtet sich nunmehr ausschließlich an Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie jüngere Alumni der Studienstiftung. Ab dem Stipendiatenjahrgang 2015/2016 wird das Programm finanziell von der ZEIT-Stiftung und der Studi- enstiftung des deutschen Volkes gemeinsam getragen: Die Gebührenzuschüsse 10 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
werden aus den Erträgen des Bucerius-Fonds gezahlt, Studienkostenpauschale, Grundstipendium, Auslandszuschlag und Reisekostenpauschale aus Mitteln der Studienstiftung. Im Mai fand die diesjährige Auswahl für das Bucerius-Jura- Programm statt. Für die Stiftung wirkte Prof. Dr. Karsten Gaede von der Bucerius Law School als Jurymitglied mit. Insgesamt lagen zum Bewerbungsschluss 15 Bewerbungen vor, 13 Kandidatinnen und Kandidaten konnten nach Prüfung der formalen Kriterien begutachtet werden. Schließlich wurden sieben Stipendien vergeben: Insgesamt werden in diesem Jahr drei Frauen und vier Männer geför- dert; sechs davon gehen nach Großbritannien (London School of Economics and Political Science, University of Cambridge, University of Oxford und University of Edinburgh), ein Stipendiat strebt einen Aufenthalt in den USA (University of Chicago) an. Transatlantic Law Forum Das Transatlantic Law Forum begann als eine gemeinsame Initiative des Ame- rican Enterprise Institute (Washington, D.C.) und des Council on Public Policy an der Universität Bayreuth. Inzwischen hat das Law & Economics Center an der George Mason University of Law die Rolle des amerikanischen Partners übernommen. Die Konferenzen finden jährlich abwechselnd in Hamburg und Washington, D.C., statt. Am 23. und 24. September wurden dieses Mal in der Bucerius Law School in Hamburg die verfassungspolitischen Probleme, die der Konflikt zwischen Liberalismus und Populismus aufwirft, thematisiert. Der Titel des Forums lautete: „Liberalism, Populism, and the Politicization of Everything. Politics, Markets, Institutions, and the Law“. Prominente deutsche Teilnehmer waren der ehemalige Vorsitzende der Monopolkommission, Daniel Zimmer, und Bundesverfassungsrichter a.D. Udo di Fabio, der die Dinner Speech hielt. Aus dem Forum ist inzwischen ein transatlantisches Netzwerk aus Anwälten, Professoren der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Journalisten und Politikern bzw. Politikberatern entstanden. Geschichte/Geschichtswissenschaften „Koloniales Erbe in Hamburg / Visualisierung des Kolonialen": Koordination des Gesamtvorhabens und Teilprojekt „Die Inszenierung des Anderen" an der Universität Hamburg Hamburg ist die Stadt in Deutschland, die durch den Aufstieg des Hafens als „Tor zur Welt“ am stärksten in den europäischen Kolonialismus involviert war. Auch heute noch sind koloniale Spuren in der Hansestadt an Gebäuden und Büsten, in Namen von Straßen und Plätzen sichtbar. Der Hamburger Senat hat 2014 beschlos- sen, dieses schwierige historische Erbe aufzuarbeiten und dafür eine Forschungs- stelle an der Universität Hamburg einzurichten. Das von der Stiftung geförderte Forschungsvorhaben „Die Visualisierung des Kolonialen“ dient der Aufbereitung, Auswertung und historischen Untersuchung der bildlichen Zeugnisse der Kolo- nialisierung. Es wird unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Zimmerer von der For- schungsstelle „Hamburgs (post-) koloniales Erbe“ der Universität Hamburg und in Kooperation mit dem Museum für Völkerkunde durchgeführt. Mit den Mitteln der Stiftung werden überwiegend Personalressourcen verfügbar gemacht: So be- arbeitet Frau Dr. Diana Miryong Natermann als Wissenschaftliche Mitarbeiterin 11 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
das Projekt „Koloniale Dokumente im Museum für Völkerkunde Hamburg. Afrika als Gegenstand der kolonialen Fotografie“. Frau Dr. Caroline Herfert arbeitet seit dem 1. April und noch bis zum 30. Juni 2017 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an dem Projekt „Die Inszenierung des Anderen. Die Kolonialmetropole Hamburg vor dem Ersten Weltkrieg“. Im Sommersemester 2016 fand außerdem an der Uni- versität Hamburg die öffentliche Ringvorlesung „Hamburg: Deutschlands Tor zur kolonialen Welt. Über den Umgang mit einem schwierigen Erbe“ statt, in der erste Ergebnisse der Forschungsstelle präsentiert, exemplarische Erinnerungsorte er- läutert sowie Themen und Probleme der Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe diskutiert und der Stadtöffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. 51. Deutscher Historikertag Vom 20. bis 23. September 2016 fand an der Universität Hamburg der 51. Deutsche Historikertag zum Thema „Glaubensfragen“ statt. Die Stiftung förderte in seinem Rahmen zwei öffentliche Diskussionsveranstaltungen sowie den Übersetzungs- preis, mit dem die englischsprachige Veröffentlichung einer ursprünglich in deutscher Sprache verfassten historischen Dissertation unterstützt wird. Am 20. September hielt Dr. Ravi Ahuja, Professor für Moderne Indische Geschichte am Centre for Modern Indian Studies an der Georg-August-Universität Göttingen, einen Vortrag zum Thema: „Autoritäre Schatten: Indiens Unabhängigkeit und das Problem der Demokratisierung". Die Moderation übernahm Prof. Dr. Dietmar Rothermund, Südasien-Experte und Emeritus der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Die zweite Veranstaltung fand am 21. September in der Bucerius Law School statt. Die Hamburger Wissenschaftler Dr. Matthias Glaubrecht, Professor für Biodiversität der Tiere und Direktor des Centrums für Naturkunde an der Universität Hamburg, und Dr. Christian Polke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Systematische Theologie der Universität Hamburg, sowie Dr. Julia Offe, Molekularbiologin und Organisatorin von Science Slams in verschiedenen Städten und Schulen, diskutierten über das Thema „Wissen. Eine Glaubensfrage?“. Der Übersetzungspreis wurde am 22. September in der Kleinen Laeiszhalle an Dr. Daniel Tödt (Postdoc Fellow am Center for Metropolitan Studies der Techni- schen Universität Berlin) vergeben für seine an der Humboldt-Universität betreu- te Dissertation mit dem Titel „Quelle sera notre place dans le monde de demain?‘ Afrikanische Elitenbildung und Kolonialreformen in Belgisch-Kongo, 1944-1956“. Dahrendorf Lecture und Kolloquium Am 3. und 4. Mai fanden am St Antony’s College in Oxford erneut die Dahren- dorf Lecture und ein Kolloquium statt. Auf Einladung von Professor Timothy Garton Ash hielt in diesem Jahr Robert C. Post, Sol & Lillian Goldman Professor of Law und Dekan der Yale Law School, einen Vortrag zum Thema „Free Speech in the University“, in dem er stark für den offenen Austausch von Argumenten im universitären Raum plädierte. In der anschließenden Diskussion unter der Beteiligung von Lord Macdonald of River Glaven (kurz: Ken Macdonald), Warden des Wadham College an der University of Oxford, und Prof. Dr. Willibald Stein- metz, Richard von Weizsäcker Fellow, St Antony's College, sowie im Rahmen des Kolloquiums wurde ein Ländervergleich zwischen den USA, Großbritannien und Deutschland unternommen. 12 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
Sonstige Gerd Bucerius-Stipendien am Deutschen Literaturarchiv in Marbach Gemeinsam mit dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach unterstützt die Stiftung Nachwuchswissenschaftler aus dem Bereich der Literatur und Litera- turkritik sowie der Presse- und Publizistikgeschichte. Ihre Projekte weisen einen klaren Bezug zu den Beständen des Archivs auf und zeichnen sich durch eine überzeugende Themenwahl und Argumentation aus. Mit den Gerd Bucerius- Stipendien können sich junge Forscher bis zu zwei Monate in Marbach aufhalten und in einer der bedeutendsten Literaturinstitutionen auf Quellen der Literatur- und Geistesgeschichte von 1750 bis in die Gegenwart zurückgreifen. Vor Ort gibt es die Möglichkeit, sich mit anderen Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland auszutauschen. Ausgeschrieben werden zweimal jährlich jeweils ein Graduier- tenstipendium (€ 900,- / Monat) und ein Postdoktorandenstipendium (€ 1.500,- / Monat). Die erste Ausschreibung endete am 30. September. Als erster Stipendiat wird Dr. Jörg Probst, Geschäftsführer des Portals Ideengeschichte am Lehrstuhl für Politische Theorie und Ideengeschichte der Philipps-Universität Marburg, vom 27. März bis 27. Mai 2017 im Nachlass von Wolf Jobst Siedler zu dessen Veröf- fentlichungen im Bereich Architektur recherchieren. COPERNICUS e.V.: Programm zur Förderung von Studierenden aus Ost- und Mitteleuropa Das Stipendiatenprogramm des COPERNICUS e. V. trägt dazu bei, dass engagierte Studenten aus Ost- und Mitteleuropa ein Semester an der Universität Hamburg studieren können. Im Sommersemester war Alexsandre Cheishvili aus Georgi- en, Student der Politikwissenschaft und Liberal Arts an der Staatlichen Iwane- Dschawachischwili-Universität Tiflis, an der Universität Hamburg zu Gast, im Wintersemester Shahnoz Bakhtiyorova, die Linguistik und Deutsch in Duschan- be, Tadschikistan, studiert. Der Studienaufenthalt in Deutschland gilt als eine besondere Qualifizierung und führt in aller Regel nach dem Studium zu einem erfolgreichen Einstieg der Absolventen in den Arbeitsmarkt. Arnold Heidsieck Scholarship Fund/Arnold Heidsieck Scholarships Arnold Heidsieck (1937-2009), geboren in Leipzig und aufgewachsen in Breslau, studierte Theologie in Tübingen und promovierte in Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Später wirkte er als Professor an der University of Southern California in Los Angeles. In seiner Forschung befasste er sich zunächst mit dem intellektuellen Umfeld Franz Kafkas; in späteren Aufsätzen widmete er sich der deutschen Nachkriegsliteratur und der Frage nach der Darstellung des Holocaust. Die Arnold Heidsieck Scholarships werden aus dem Arnold Heidsieck Scholarship Fund finanziert, der von den American Friends of Bucerius in New York verwaltet wird. Die Arnold Heidsieck Scholarships unterstützen ein- bis zweisemestrige Studienaufenthalte an amerikanischen Universitäten. Die Sti- pendien richten sich an Bachelor-Studierende der Geisteswissenschaften, die an einer deutschen Universität immatrikuliert sind und den Schwerpunkt auf deutsche Kultur, Sprache, Geschichte, Musik oder Kunst legen. Die Stiftung koor- diniert die jährlichen Ausschreibungen und führt die Auswahl der Stipendiaten durch. Im Februar wurden die Stipendien in Form von Zuschüssen zu Reise- und 13 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
Aufenthaltskosten zum dritten Mal ausgeschrieben, die Auswahl fand Ende April statt. Insgesamt konnten fünf Kandidaten, drei Frauen und zwei Männer, gefördert werden: Antonia Kölbl von der Humboldt Universität zu Berlin, Nora Roggausch von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und Emilia Ulbricht von der Freien Universität Berlin werden vier, acht und zehn Monate in den USA verbringen. Tobias Axmann von der Eberhard Karls Universität Tübingen und Malte Radoy von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg haben ein zehn- beziehungsweise ein viermonatiges Stipendium erhalten. Die Kandidaten werden an der Oregon State University (Corvallis), am Bard College (Annandale- on-Hudson), an der University of Northern Colorado (Greeley), an der California State University Long Beach (Long Beach) und an der Columbia University (New York) studieren. Sie haben im August und September ihr Studium in den USA angetreten. Publikationen Publikation und Präsentation der Edition „Die Hamburger Juden im NS-Staat 1933 bis 1938/39“ Im Februar ist die sieben Bände umfassende Publikation „Die Hamburger Juden im NS-Staat 1933 bis 1938/39“ erschienen. Sie wurde von der Historikerin Ina Lorenz und Jörg Berkemann, Richter am Bundesverwaltungsgericht a.D. und Lehrbeauftragter an der Bucerius Law School, in der Reihe „Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden“ im Wallstein Verlag herausgegeben. Das Ergebnis der langjährigen Forschungen ist die Nachzeichnung des Hamburger jüdischen Lebens zwischen Verfolgung und Selbstbehauptung in dem genannten Zeitraum. Zwei Bände enthalten eine umfassende Monografie, vier weitere Bände Quellen, die die soziale, politische und rechtliche Diskriminierung der Jüdinnen und Juden in der Hansestadt dokumentieren. Darunter befinden sich auch neu er- schlossene Dokumente, die den Blick auf das jüdische Alltagsleben ermöglichen. Der abschließende siebte Band dient als Anhang- und Registerband. Am 25. Feb- ruar wurde die Edition anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg im Warburg-Haus präsentiert. Buchpräsentation „History Takes Place: Istanbul. Dynamics of Urban Change“ Die Präsentation der von Anna Hofmann und AyȘe Öncü herausgegebenen Publikation „History Takes Place: Istanbul. Dynamics of Urban Change" hat am 14. September im Rahmen des Turkologentags an der Universität Hamburg stattgefunden. Die Publikation dokumentiert die Ergebnisse der von der Stiftung in Kooperation mit der Gerda Henkel Stiftung durchgeführten gleichnamigen Sommerakademie in Istanbul (8. bis 21. September 2013). Bei der Veranstaltung handelte es sich um eine moderierte Podiumsdiskussion mit Vivienne Marquart vom Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung (Halle/Saale) und Hendrik Bohle, Architekt aus Berlin – beides Autoren der Publikation – sowie Özge Sezer, Doktorandin im Fach Denkmalpflege/Geschichte der Architektur an den Techni- schen Universitäten Berlin und Istanbul. Die Präsentation war eine Kooperations- veranstaltung mit dem Asien-Afrika-Institut der Universität Hamburg. 14 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
Wissenschaft und Öffentlichkeit ZEIT Forum Wissenschaft Seit 2002 veranstalten die ZEIT-Stiftung, die Wochenzeitung DIE ZEIT und die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) zusammen mit dem Deutschlandfunk viermal im Jahr Diskussionsabende zu aktuellen Wissenschaftsthemen. Die Veranstaltungen in der BBAW werden zeitversetzt im Deutschlandfunk übertragen. Das 61. ZEIT Forum Wissenschaft am 2. März stand unter dem Titel „Wunderpflanzen, Designerbabys: Die Neugeburt der Gentechnik – unerreicht präzise, unerreicht sicher?“ Auf dem Podium diskutierten über die Möglichkeiten und Grenzen der Gentechnologie: Dr. Jens Boch, Professor für Pflan- zenbiotechnologie und Leiter der Abt. II - Pflanzenbiotechnologie an der Leibniz Universität Hannover; Dr. theol. Peter Dabrock, Professor für Systematische Theo- logie II (Ethik) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Deutschen Ethikrates; Prof. Dr. rer. nat. Bärbel Friedrich, Wissen- schaftliche Direktorin des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs Greifswald und Vizepräsidentin der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina e.V.; und Prof. Dr. Hans R. Schöler, geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin. Das 62. ZEIT Forum Wissenschaft am 6. April stand unter dem Titel „Irgendwohin – Nirgendwohin. Die Exzellenzinitiative: Wohin geht die Reise?“ Das Expertengespräch zur Ausgestaltung der Exzellenzinitiative führten Prof. Dr. Manfred Prenzel, Vorsitzender des Wissenschaftsrats, Köln; Prof. Dr. Otmar D. Wiestler, Präsident der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deut- scher Forschungszentren e.V., Bonn; sowie Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies, ehemaliger Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin. Es ging um die Wirkun- gen und Auswirkungen der bisherigen Förderlinien, die das universitäre System dynamisieren und den Exzellenzanspruch etablieren sollten. Das 63. ZEIT Forum Wissenschaft am 13. Oktober thematisierte die Frage: „Unterwegs nach Morgen. Autonom, intelligent, geteilt, vernetzt, elektrisch – wie sind wir in der Zukunft mobil?“ Podiumsgäste waren Dr. Stephan Rammler, Professor für Transportation Design & Social Sciences und Gründungsdirektor des Instituts für Transportation Design an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, Johann Jungwirth, Leiter Digitalisierungsstrategien, Volkswagen AG, und Dr. Anton Hofreiter, MdB, Fraktionsvorsitzender B90/Die Grünen im Deutschen Bundestag. Die Veranstal- tungen moderierten Ulrich Blumenthal, Ressortleiter „Forschung aktuell“ beim Deutschlandfunk, und Andreas Sentker, Leiter Ressort Wissen, DIE ZEIT. Im 64. ZEIT Forum Wissenschaft am 15. Dezember ging es um „Die Kunst des Verzichts“. Es diskutierten die Jung-Unternehmerin Sina Trinkwalder, der Umweltökonom Niko Paech und Nina Rieke von der Werbeagentur DDB Tribal. Reihe „Freiheit?!“ an der Bucerius Law School In der vierteiligen Veranstaltungsreihe, die die Stiftung in Kooperation mit dem Studium generale der Bucerius Law School durchgeführt hat, wurden in Gesprächen mit namhaften Philosophen verschiedene Aspekte und Erschei- nungsformen von Freiheit untersucht. Dabei ging es vor dem Hintergrund aktu- eller Herausforderungen um die Spannungsfelder und Gefährdungszonen, denen Freiheit etwa im Umgang mit der Asylthematik oder mit neuen technischen und medizinischen Möglichkeiten ausgesetzt ist. In der Auftaktveranstaltung am 13. 15 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
Januar zum Thema „Freiheit als Lebensmodell“ sprachen die Moderatoren der Rei- he, Dr. Dr. Kai-Michael Hingst und Dr. Sven Murmann, mit Dr. Markus Gabriel, Professor für Erkenntnistheorie sowie Philosophie der Neuzeit und Gegenwart an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Am 9. März war Kul- turstaatsminister a.D. Dr. Dr. h.c. Julian Nida-Rümelin, Professor für Philosophie und politische Theorie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, zu Gast und diskutierte mit den Moderatoren über „Freiheit und Verantwortung“. In der Veranstaltung am 11. Mai mit Dr. Lisa Herzog ging es um „Freiheit und Gleichheit“. Lisa Herzog forscht als Postdoc am Institut für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main und am Stanford Center for Ethics in Society. Den Abschluss der Reihe bildete am 8. Juni ein Gespräch mit Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Axel Honneth über „Freiheit und Sicherheit“. Es ging um die Frage, wie sich das Verhältnis dieser beiden politischen Kernbegriffe vor dem Hintergrund der aktuellen Bedrohungen durch Terrorismus und Digitalisierung ausbalancieren lässt. Honneth ist Professor für Sozialphilosophie und Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt sowie Professor für Humanities an der Columbia University in New York. Reihe „Deutschland 1945|2015. Fragen an die Zeitgeschichte“ In der Reihe „Deutschland 1945|2015“, die die Stiftung gemeinsam mit dem Stu- dium generale der Bucerius Law School 2015 veranstaltete, wurden wichtige Ereignisse und Etappen im politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben in Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkriegs behan- delt. Die geplante Auftaktveranstaltung am 11. Februar 2015 mit Dr. Wolfgang Schäuble, MdB und Bundesminister der Finanzen, unter dem Titel „Moralisch am- bitioniert? Zur Frage nach einer besonderen Verantwortung Deutschlands nach 1945“ musste aufgrund des am selben Tag stattfindenden Staatsakts für Richard von Weizsäcker abgesagt werden. Sie wurde am 3. Februar 2016 im vollbesetzten Auditorium maximum der Bucerius Law School nachgeholt. Der Journalist und Historiker Ralph Bollmann moderierte die Veranstaltung. Israel Bucerius Institute for Research of Contemporary German History and Society an der Universität Haifa Das Bucerius Institute of Contemporary German History and Society bot im Frühjahr eine Reihe von Veranstaltungen an: Am 15. März hielt Dr. Herbert Lappe, Dresden, einen Vortrag über „The ways in which the Holocaust was remembered in East Germany”, am 17. März sprach Derek J. Penslar, Stanley Lewis Professor of Israel Studies an der University of Oxford, über „Theodor Herzl, Race, and Empire”. Am 31. März referierte Dr. Giacomo Petrarca, University of Milan, über das Thema „The concept of silence in Franz Rosenzweig and Henri Bergson: a comparison” und am 25. Mai hat Dr. phil. Dietmar Goltschnigg, Professor em. an der Universität Graz, einen Vortrag über Karl Kraus gehalten. Zudem war das Bucerius Institute im Juni Mitveranstalter einer internationalen Konferenz an der Ruhr-Universität Bochum unter dem Titel „A Player and not just a Payer? The Work of German Political Foundations abroad with a special focus in Israel and the Palestinian Territories”. Darüber hinaus führte das Institut in diesem Frühjahrssemester 16 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
mehrere Diskussionsveranstaltungen in Kooperation mit dem Haifa Center for German and European Studies durch: Am 14. April referierte Doron Araz zum Thema „Ostracism, Acceptance, Admiration: German Brands in Israel between Holocaust Memory and Consumer Pragmatism, 1929-2016”. Am 9. Juni hielt der deutsche Botschafter in Israel, Dr. Clemens von Goetze, einen Vortrag über „The Current Crises in Europe and Present and Future of German-Israel Relations“. Das Semesterprogramm beendete Dr. Angelika Timm (Berlin) mit einem Referat zum Thema „Politics and Memory: Israel, the two German states and Austria“. In diesem Frühjahr erschien in der University of Chicago Press das Buch von Amos Morris- Reich mit dem Titel „Race and Photography. Racial Photography as Scientific Evi- dence, 1876 – 1980“. Die Publikation untersucht Veränderungen in der Funktion von Fotografie im Zeitraum 1870er bis 1940er Jahre, die nicht nur zur rassistischen Klassifikation und Dokumentation, sondern auch als Mittel zur Veränderung von Wahrnehmungsmustern genutzt wurde. Diese Veröffentlichung ist am 20. November an der Universität Tel-Aviv im Rahmen des Symposiums „Nationalism and Racism“ präsentiert worden. Das Bucerius Institute war im Wintersemester Mitveranstalter der Konferenz des „International Consortium for Research on Antisemitism and Racism (ICRAR)“ zum Thema „The Classification of Humanity: Defining and Dividing Societies in the Modern Era“, die vom 27. bis 28. November an der Universität Haifa stattgefunden hat. Am 1. Dezember folgte der Vortrag von Dr. Stefan Vogt, Goethe-Universität Frankfurt/Main, zum Thema „Subaltern Positioning: German Zionism in the Field of Nationalism in Germany, 1890-1933“. Publikation „Deutsche und zentraleuropäische Juden in Palästina und Israel. Kulturtransfers, Lebenswelten, Identitäten – Beispiele aus Haifa“ Die umfangreiche Publikation „Deutsche und zentraleuropäische Juden in Paläs- tina und Israel. Kulturtransfers, Lebenswelten, Identitäten – Beispiele aus Haifa“ erschien im Mai 2016. Herausgeberin ist die Historikerin Anja Siegemund, Direk- torin der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum. Der Band geht auf Forschungen am Bucerius Institute der Universität Haifa zurück: Gerade Haifa, unter den drei großen Städten Palästinas am meisten „jeckisch“ geprägt, spiegelt die Migration jener, die das deutsche Judentum ganz besonders repräsentierten. Wie haben die Jeckes in Haifa ihre kulturelle Tradition von Deutschland bzw. Zen- traleuropa nach Palästina „mitnehmen“ können? Wie sehen die Lebensläufe ein- zelner Jeckes aus, wie ihr Alltag und Habitus? Welche „jeckischen“ Institutionen und Milieus gibt es in der Stadt? Dazu gibt die Publikation vielstimmig Auskunft. 17 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
Kunst- und Kultur Musik Meisterkursprogramm beim Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) Seit 1987 widmen sich die Meisterkurse des Schleswig-Holstein Musik Festivals in der Musikhochschule Lübeck der instrumentalsolistischen Weiterbildung talentierter Studenten. Die ZEIT-Stiftung unterstützt das Meisterkursprogramm seit 1999, in den letzten Jahren zusammen mit der Lübecker Possehl-Stiftung. In diesem Jahr fanden die Meisterkurse vom 18. Juli bis 14. August in der Mu- sikhochschule Lübeck statt. Zu den Dozenten gehörten Olaf Bär sowie Helen Donath, Gesang; Andrzej Jasinski und Anatol Ugorski, Klavier; Miklós Perényi, Cello; Ida Bieler, Violine. Mit dem Cellisten Jens Peter Maintz war zudem einer der führenden Pädagogen der jüngeren Generation zu erleben. Ein Novum war der Meisterkurs Chordirigieren mit Simon Halsey, dem langjährigen Leiter des Rundfunkchors Berlin, und Nicolas Fink, dem Chordirektor des Festivalchors. Das Abschlusskonzert am 13. August im Innenhof der Musikhochschule Lübeck wurde zu einem großen Meisterkursfest und dokumentierte die hohe Qualität des pädagogischen Angebotes. Festspiele Mecklenburg-Vorpommern Seit 2008 unterstützt die Stiftung das „Preisträger in Residence“-Konzept der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern und ermöglicht es einem ausgewählten Preisträger, als „Preisträger in Residence“ eigene Programme zu entwickeln und Musiker einzuladen. Nach den Preisträgern Daniel Hope, Julia Fischer, Daniel Müller-Schott, Matthias Schorn, Igor Levit und dem Quatuor Ebène erhielt in diesem Jahr die junge norwegische Geigerin Vilde Frang die Möglichkeit, sich bei den Festspielen zu präsentieren. Sie gewann 2010 den WEMAG-Solistenpreis der Festspiele (gestiftet von der WEMAG AG, einem Windenergieunternehmen in Schwerin) und war jetzt in insgesamt 18 Preisträgerkonzerten zu erleben, unter anderem mit musikalischen Weggefährten wie Kit Armstrong, Nils Mönkemeyer, Marie-Elisabeth Hecker und Julian Steckel. Weitere prominente Kammermusik- partner waren Sol Gabetta und Bertrand Chamayou. Gerd Bucerius Stipendienprogramm der Deutschen Stiftung Musikleben Seit 1999 vergibt die Deutsche Stiftung Musikleben jährlich „Gerd Bucerius Förderstipendien“. Ziel dieser Stipendien ist es, jungen Hochschulabsolventen die Teilnahme an internationalen Meisterklassen und die Finanzierung von Auslandsaufenthalten insbesondere an amerikanischen Hochschulen zu ermög- lichen. Insgesamt konnten durch das Programm mehr als 100 junge angehende Solisten gefördert werden; allein für das Studienjahr 2016/2017 haben 12 Bewerber eine Zusage für Stipendien erhalten. TONALi-Akademie Die Hamburger Musikvermittlungsinitative TONALi ist Instrumentalwettbe- werb, Musikvermittlung und Jugendarbeit in einem und verfolgt die Idee, Schü- lerinnen und Schüler in die Welt der Klassischen Musik einzuführen, indem sie 19 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
sie an der Lebenswelt junger Interpreten teilhaben lässt und sie aktiv in die Orga- nisation von Konzerten einbezieht. Die Akademie umfasst Workshops, Festivals, Konzerte und Wettbewerbe. Sie richtet sich jährlich an 12 Jung-Solisten, Musiker von 16 bis 21 Jahren, die am TONALi-Musikwettbewerb, der in die TONALi-Aka- demie integriert ist, teilgenommen haben. Eine Vorauswahljury wählt sie unter den zahlreichen Talenten als die 12 Fähigsten aus. Anschließend an die Auswahl der jungen Musiker wendet sich die TONALi-Akadmie an 12 Hamburger Schulen, an denen die Musiker als Pate ein Jahr lang musikalisch mitwirken. Schülerma- nager an den verschiedenen Schulen helfen ihnen bei der Organisation von über 30 Klassikkonzerten pro Schule pro Jahr. Den Abschluss des einjährigen Wett- bewerbs bildet ein Konzert mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen in der Hamburger Laeiszhalle. Das sechstägige TONALi16-Fest mit integriertem Wettbewerb begann am 11. Juli mit dem Eröffnungskonzert, in dem 13 Pianisten gemeinsam mit dem SlamPoeten Timo Brunke die „Kinderszenen“ von Robert Schumann aufführten und endete am 16. Juli mit einem großen Finalkonzert in der Laeiszhalle, in dem die drei Finalisten von der Deutschen Kammerphilharmo- nie Bremen unter der Leitung von Kristina Poska begleitet wurden. Sommerliche Musiktage Hitzacker Vom 30. Juli bis zum 7. August fand Deutschlands ältestes Kammermusikfesti- val zum 71. Mal statt. Unter dem Motto „Treff.Punkt Hitzacker“ verband es in diesem Sommer Kammermusik von Klassikern und Zeitgenossen, interpretiert von renommierten Künstlern und jungen Talenten. Im Eröffnungskonzert unter dem Motto „Haydn trifft… Moderne“ am 30. Juli ließ das Kuss Quartett die Musik Haydns auf Werke von Kurtág, Birtwistle und Adès treffen. Zu den musikalischen Gästen der Musiktage zählten Pianisten wie Pierre-Laurent Aimard und Igor Levit, die Geigerin Antje Weithaas, der Cellist Julian Steckel, der Gitarrist Avi Avital, die Klarinettistin Sharon Kam, Bariton Dietrich Henschel und das nor- wegische Vokal-Ensemble Trio Mediæval. Zu den besonderen Formaten zählten die Late Night Lounge, die Hörerakademie mit Aribert Reimann, aber auch das Chorsingen für alle, ein Wunschkonzert, ein Mitmachkonzert für musikbe- geistertes Publikum und ein Erlebniskonzert mit Musikschülern, aber auch die Reihe „Profis unterrichten – Impulse für die Hausmusik“. Das bundesweit älteste Kammermusikfestival stand in diesem Jahr erstmals unter der künstlerischen Leitung von Oliver Wille. Der Hannoveraner Professor für Streichkammermusik und Gründer des Kuss Quartetts folgte auf die Geigerin Carolin Widmann, die sich wieder stärker ihrer Solistenkarriere und ihrer Familie widmet. KomponistenQuartier Hamburg Das KomponistenQuartier in der Hamburger Peterstraße macht seit seiner Eröff- nung am 18. März 2015 die Musiktradition der Hansestadt von der Barockzeit bis zur frühen Moderne anschaulich. Die bislang drei Museen des Komponistenquar- tiers in den historisch rekonstruierten Bürger- und Kaufmannshäusern stellen Leben und Werk der mit Hamburg verbundenen und für die europäische Musik- geschichte bedeutsamen Komponisten Georg Philipp Telemann, Johann Adolph Hasse und Carl Philipp Emanuel Bach vor. Die Ausstellungen eröffnen vielfältige Bezüge zur Stadt- und Zeitgeschichte. Das Modell einer barocken Opernbühne ermöglicht Blicke hinter die Kulissen des damaligen Musiktheaters. Das Angebot umfasst zahlreiche interaktive Stationen, die Besucher können ihren Rundgang 20 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
individuell gestalten. Die Reihe „KomponistenQuartier – live“ bietet Vorträge und Konzerte im benachbarten Lichtwarksaal. Initiiert und realisiert wurde das KomponistenQuartier durch die Carl-Toepfer-Stiftung und weitere Mäzene wie die Hermann Reemtsma Stiftung und den Unternehmer Hellmut Wempe. Festival des Hörens der Hamburger Symphoniker Mit dem „Festival des Hörens“ öffneten die Symphoniker Hamburg die Laeiszhalle für ein ganzes Wochenende. Am 3. und 4. Dezember gaben sie Einblick in die Arbeit der Orchestermitglieder, luden zu einem Klangparcours durch den Residenzort des Orchesters ein und boten Workshops, Vorträge und Soundinstallationen rund um das Thema „Hören“ an. So konnten die Festivalbesucher wertvolle Erkenntnis- se über die (eigene) auditive Wahrnehmung gewinnen. Das Projekt richtete sich dabei explizit nicht nur an passionierte Konzertgänger, sondern vor allem auch an Musik-Neulinge. Berührungsängste sollten abgebaut und ein breites Publikum für klassische Musik begeistert werden. Ein Höhepunkt war der Symphonic Slam am Samstagabend, krönender Abschluss das Konzert mit Bruckners Symphonie Nr. 8 unter der Leitung von Chefdirigent Jeffrey Tate am Sonntagabend. Denkmalpflege/Kulturerhalt Restaurierung der Ikonen des Ikonostas in der Russischen St. Alexej-Gedächtniskirche zu Leipzig Die russische St. Alexej-Gedächtniskirche wurde zum Gedenken an die 22.000 russischen Soldaten erbaut, die 1813 bei Leipzig im Kampf gegen die napoleoni- schen Truppen gefallen sind. Der Bau erfolgte im sogenannten Nowgoroder Stil als freie Nachbildung der 1530-1532 erbauten Auferstehungskirche in Moskau- Kolomenskoje, die seit 1994 Weltkulturerbe ist. Der am 28. Dezember 1912 begonnene Bau wurde nach zehnmonatiger Bauzeit genau einhundert Jahre nach der Völkerschlacht am 17. Oktober 1913, am Tag vor der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals, konsekriert und am 18. Oktober 1913 geweiht. An der Einweihung haben bedeutende Vertreter der deutschen Öffentlichkeit, unter ihnen der deutsche Kaiser Wilhelm II. sowie Vertreter der russischen Kirche und der russischen Militärmission, teilgenommen. Zusammen mit der Architektur bildet die wertvolle Ausstattung ein beeindru- ckendes Gesamtkunstwerk. Der in seiner Größe und Komplexität einzigartige Iko- nostas ist Bestandteil der architektonischen Gesamtkomposition. Er ist 18 m hoch und nimmt in sieben Rängen 78 von dem Moskauer Maler Luka Martjanowitsch Jemelianow auf Zedernholz gemalte Ikonen auf, die von Eichenholzrahmen mit ornamentalen Schnitzereien und getriebenen Metallbeschlägen eingefasst wer- den. Die Anordnung der Ikonen entspricht genau der in der orthodoxen Kirche unveränderten Festlegung. Der Leipziger Ikonostas zählt zu den größten in West- europa und hat auch für russische Kirchen eine außergewöhnliche Dimension. Kulturerhalt in Ostdeutschland. Denkmalpflegemaßnahmen aus Zuwendungen Dritter in Lancken-Granitz und Wusterhusen Mit dem Projekt Kulturerhalt in Ostdeutschland hat die Stiftung in den Jahren 2007 bis 2016 in den neuen Bundesländern eine zeitnahe, unbürokratische Reak- tion auf die vielfältigen Förderprojekte erleichtert und die denkmalpflegerischen 21 ZEIT-Stiftung Tätigkeitsbericht 2016
Sie können auch lesen