Zeitschrift der Lebenshilfe Wien - Wohnen wie Du und Ich - Leben in Garconnieren
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Zeitschrift der Lebenshilfe Wien Sommer 2020 www.lebenshilfe.wien Das große Intervie Wohnen wie Du und Ich – w Leben in Garconnieren Corona: Und plötzlich war alles anders Seite 4 Das 2-Säulen-Modell der Lebenshilfe Seite 22
Vor.wort Liebe Leserin! Lieber Leser! In dieser aktuellen Phase können wir erleichtert Sie haben sich trotz dienstlicher, wirtschaft- zurückblicken: Mit viel Einsatz und ein bisschen licher Erschwernisse und der Sorge um die Glück konnten wir die vergangenen turbulen- eigene Gesundheit und Zukunft weit über das ten Monate sicher meistern. Wir sind dankbar, Normalmaß hinaus engagiert. Ihren Teil dazu dass weder auf MitarbeiterInnen- noch auf beigetragen, dass unsere Organisation jetzt im KundInnenseite jemand bis zum heutigem Juli zu einem Normalbetrieb zurückfinden kann. Zeitpunkt an Covid-19 erkrankt ist. Das soll so Die Wiedersehensfreude ist groß! Es gebührt bleiben. Wir wünschen Ihnen und Ihren Lieben Ihnen ein großes Dankeschön. Dafür, dass Sie weiterhin von Herzen Gesundheit. geholfen haben, dass Abläufe und somit unser Betrieb weiter funktionieren konnte, dass Sie Sie alle haben sehr viel dazu beigetragen, dass Verantwortung übernommen haben, sich Um- diese schwierige Zeit der Isolation und sicht, Ruhe und Zuversicht behalten haben, un- Einschränkung gut bewältigt werden konnte. terstützt haben an allen Ecken und Enden, alles Haben zu Hause bei Ihren Familien, im Home- daran gesetzt haben, den Trennungsschmerz office, in der Kurzarbeit, in unserem Notbetrieb, kleiner zu halten und geschaut haben, dass wir in den Wohnhäusern, in der Begleitung unserer untereinander in Kontakt bleiben, für Spaß und KundInnen in eigenen Wohnungen alles gege- Abwechslung gesorgt haben und vieles mehr. ben. Sie haben auf sich selbst geachtet, die notwendigen Sicherheits- und Abstandsregeln Die Ungewissheit, wie es mit diesem Virus eingehalten und damit unsere Gesellschaft und weitergeht, bleibt und somit auch die schma- vor allem schützenwerte Personengruppen, le Gratwanderung zwischen Sicherheit und zu denen auch viele Menschen mit Behin- Freiheit. Doch wir sind uns sicher, gemeinsam derungen zählen, unversehrt durch die Krise schaffen wir das auch weiterhin! gebracht. Ihr Redaktionsteam
Inhalt Mittendrin 4 Corona: Und plötzlich war alles anders 7 Wenn einem die Decke auf den Kopf fällt 10 Angehörige in Corona-Zeiten Herr Eder ist richtig happy in Das große Interview seiner ersten eigenen Wohnung in der Braunhubergasse. 11 Wohnen wie Du und Ich Foto: Ritchy Pobaschnig 14 Ein weiteres Wohnprojekt ist im Werden MITMACHEN Sommer 2020 Fort- und Weiterbildung Impressum und Offenlegung 15 Persönliche Zukunftsplanung: Im Vordergrund stehen Herausgeber/Verleger: die Wünsche und Träume Lebenshilfe Wien, Verein für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung ZVR 870109504 Brehmstraße 12/12, 1110 Wien Aus den Werkstätten Tel.: 01 - 812 26 35 17 Aufträge gesucht Fax: 01 - 812 26 35 - 30 E-Mail: office@lebenshilfe.wien 17 Besteckkisten für Gastro www.lebenshilfe.wien 18 Die Bienen der Lebenshilfe Wien Redaktion: 19 Bienen-Wissen 1. Teil Nicole Reiter Mag. Bernhard Schmid Zivildienst Grafisches Konzept: HG-CROSSMEDIA.COM 20 Der Filmemacher in der Hubergasse Druck: Gerin Druck GmbH, 2120 Wolkersdorf Geld und Recht 22 Eigenes Geld und gute Unterstützung Vorstand: Präsident DI Stefan Sedlitz 25 Neues Mindestsicherungsgesetz für Wien seit 1. Mai in Kraft Vizepräsidentin Brigitta Weiss Vizepräsidentin Isabelle Bosse Kassier Wolfgang J. Kraus Wien inklusiv Schriftführerin Renate Neubauer sowie Hanns-Christoph Brunotte, 26 Literaturpreis Ohrenschmaus sucht neue Schreibtalente Silvia Janisch, Rosa Prinz, 26 Beratungsstelle der Lebenshilfe Wien Univ.-Prof. Dr. Meinhard Regler 27 ORF – Nachrichten in einfacher Sprache Vereinzweck: 27 Inklusionspreis 2020 ausgeschrieben Der Verein, dessen Tätigkeit überkon- fessionell, überparteilich und nicht auf Gewinn gerichtet ist, bezweckt den Schutz und die Förderung der sozialen, wirtschaftlichen, beruflichen, gesund- Wir sind für Sie da! heitlichen und kulturellen Interessen der Menschen mit intellektueller Beein- Carina Altenhofer, BSc, Assistentin der Geschäftsführung, vereinbart trächtigung; sowie der Interessen der von dieser Beeinträchtigung mitbetrof- für Sie gerne persönliche Gesprächstermine: fenen Angehörigen, außer diese sind mit unserem Präsidenten DI Stefan Sedlitz mit den Interessen des Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung nicht mit unserem Geschäftsführer Mag. Joachim Mair vereinbar. mit unserer fachlichen Leitung Mag.a Karin Gerbautz mit unserer Beraterin über Wohn- u. Werkstattplätze Mag.a Ingrid Wick Blattlinie und Erscheinungsweise: Die Zeitschrift MITMACHEN erscheint mit unserem Generalsekretär Mag. Bernhard Schmid zwei Mal jährlich und enthält aktuelle Telefon: 01 - 812 26 35, E-Mail: office@lebenshilfe.wien Informationen rund um Arbeit und Services der Lebenshilfe Wien sowie Spendenkonto Lebenshilfe Wien: sozialpolitische Themen für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung Bank Austria, IBAN: AT29 1200 0006 0139 9942, BIC: BKAUATWW und ihre Angehörigen.
MIT.MACHEN GESUNDHEIT Visiere bieten Corona: Und plötzlich Schutz und sind recht angenehm zu tragen. war alles anders Von der Inklusion hin zur Isolation, von Krisenplänen und deren Praxistest, von Ausnahmesituationen in unserer Organisation bis hin zu Auswirkungen im Familienverbund. Die Covid-19-Pandemie hat unser aller Leben stark verändert. Als Mitte März dieses Jahres das MitarbeiterInnen der geschlosse- Geschäfts- und Gesellschaftsle- nen Werkstätten unterstützten ben in Österreich schlagartig he- die KollegInnen in den Wohn- runtergefahren wurde, mussten häusern, die jetzt sieben Tage 24 auch wir uns in der Lebenshilfe Stunden für die Menschen mit Wien in kürzester Zeit auf völlig Behinderungen im Einsatz waren. „Die Freunde neue Bedingungen einstellen. Es wurden Arbeitsaufgaben Die sechs Werkstätten wurden organisiert und viele individuelle gehen mir schon geschlossen und ein Notdienst Aktivitäten, wie Spaziergänge, sehr ab!“ untertags für eine Handvoll Kun- Kontaktpflege zu FreundInnen dInnen eingerichtet, die nicht zu und Angehörigen über Videotele- Noch mehr als seine tägliche Hause begleitet werden konnten. fonie, musisch-kreative Angebote Arbeit fehlen dem alleinwohnenden Der Großteil der Menschen mit und vieles mehr ermöglicht. Christoph Navratil der Austausch Behinderungen blieb aber ab und die gemeinsamen Freizeit- diesem Zeitpunkt in den eigenen Das Etablieren notwendiger aktivitäten mit seinen Freunden. Wohnungen, Wohngemeinschaf- Schutzvorkehrungen, Richtlinien ten oder bei Angehörigen. Die zur Prävention und das Erstellen 4
MITTENDRIN MIT.MACHEN „Wann sehen wir „Macht endlich die uns wieder?“ Werkstätten wieder auf!“ Nach 4 Wochen Heimisolation hörte Josef Korosek teilt sich mit seiner Frau das Sarah Primos auf, diese Frage per Familien-Management im Home-Office; Telefon an ihre Eltern zu stellen. Lange geht das weder für die Familie noch für die Arbeit gut. „Es ist wie Urlaub zu Hause!“ Robert Zauner kann der Schließung seiner Werkstätte auch Positives abgewinnen. Auch die Angst vor Erkrankungen Teilhabemöglichkeiten mehr für und damit verbundener Quaran- Menschen mit Behinderungen. täne begleitete uns“, beschreibt Der Gleichheitsgrundsatz, der Mag.a Karin Gerbautz, fachliche uns in unserer Arbeit sonst leitet, Leiterin der Lebenshilfe Wien, die war völlig aus den Fugen geraten. Situation. Mit der stufenweisen Öffnung Die Inklusion hat(te) erobern wir uns jetzt schön lang- Pause sam die Normalität und unsere Aufgrund des Lockdowns kam es Rechte zurück. Bestimmt wird zur totalen Reduktion von Sozial- es noch seine Zeit dauern, bis kontakten, es gab keine Form von die Wunden, die diese Pandemie Mit den KundInnen zu Hause wird über Videotelefonie Kontakt gehalten. von Einsatzplänen beschäftigte uns rund um die Uhr. Ständig gab es neue Verordnungen und Emp- fehlungen seitens der Bundesre- gierung, die rasch zu interpretie- ren und umzusetzen waren. „Vor allem zu Beginn der Krise war vieles unklar, gesetzliche Wir setzen in der Rahmenbedingungen fehlten. Arbeit auf Sicher- heitsabstand und Keiner wusste, was auf uns das Tragen eines zukommen würde, wie lange Mund-Nasen- Schutzes. die Krise dauern würde. 5
MIT.MACHEN MITENDRIN Neue Wege in der Kommunikation: Die Standortleitungen tauschen sich regelmäßig über Videokonferenz aus. hinterlassen hat, heilen. Auch die die fachliche Leiterin. In Zu- ken und den Austausch, wenn Sorge, dass eine zweite Covid- kunft gilt es, noch mehr auf die man ihn braucht, zu erleichtern. 19-Welle auf uns hereinbricht, Mitsprache von Menschen mit Auch die Vernetzung mit ande- und Inklusion und Teilhabe auf die Behinderungen zu setzen, gerade ren Trägern in Wien ist wichtig, Wartebank rücken, bleibt. in Krisenzeiten muss auch die um branchenweit schneller zu Führungsebene hören, was un- einheitlichen Vorgangsweisen zu Jede Krise ist auch sere KundInnen brauchen und sie kommen. Denn nur gemeinsam eine Chance informiert halten. Eine stärkere werden wir den Spagat zwischen „Wir hatten Glück, niemand ist Digitalisierung in unserm Verein notwendigen Schutzmaßnahmen erkrankt bisher und wir standen und eine Aufrüstung von tech- und dem Erhalt der Grundrechte gemeinsam wirklich Schwieriges nischen Möglichkeiten können von Menschen mit Behinderun- durch. Auf diesen Zusammenhalt dabei helfen, die Kommunikation gen und allen, die ihnen nahe können wir stolz sein“, betont nach innen und außen zu stär- stehen, schaffen. e n Veranstaltungsabsag Aus gegebenen Anlass haben wir uns schweren Herzens dazu entschlossen, unsere geplanten Veranstaltungen abzusagen: 8. August 2020: Ausflug in den Donaupark 2 25. Oktober 2020: Konzert auf der Schmelz 27. November 2020: Vernissage Rueppgasse Wir holen vieles nach, wenn es genau wieder so stattfinden kann, wie wir es alle lieben! Alles wird gut, daran glauben alle. – Alle Informationen finden sich dann rechtzeitig auf Frau Engelbrechtslehner hat einen unserer Internetseite: www.lebenshilfe.wien Regenbogen als Zeichen der Hoffnung gezeichnet. 6
MITTENDRIN MIT.MACHEN Wenn einem die Decke auf den Kopf fällt Wie ist es Menschen mit Lernschwierigkeiten in Zeiten der Isolation gegangen? Wie haben sie ihre Tage zu Hause verbracht? Was hat alles gefehlt? Was ist jetzt nach ihrer Rückkehr in die Arbeit alles anders? Erfahrungsberichte von Mitgliedern unseres Mitsprache-Teams (Gruppe MiT): Ich habe mich gefreut, als ich meinen Papa in Niederösterreich wieder besuchen konnte. Ich freue mich, wenn das Kaffeehaus vom teilbetreuten Wohnen wieder aufmacht. Dort treffen wir uns normalerweise jeden Mittwoch. Leider hat es momentan noch nicht offen. Ich freue mich schon wieder aufs Bowling spielen und aufs Walken ge- hen. Ich freue mich auf den Kochkurs, den ich gemacht hätte. Er konnte leider nicht mehr stattfinden. Ich tät mich freuen, wenn ich im Herbst meinen Job als Co-Kursleiter antreten könnte. Josef Hochmeister: Mir ist es sehr gut gegangen. Mir ist aber schon die Decke auf den Kopf gefallen. Ich bin immer eine Julius Szebeni: Gesundheit- Runde spazieren gegangen. Ich bin dort lich ist es mir gut gegangen, gegangen, wo wenige Leute waren. Ich aber das Problem ist, dass mir habe immer saubergemacht. Ich bin erst langweilig war. Das war schon spät aufgestanden. Ich habe auch gekocht. blöd, von meiner Warte aus. Ich bin auch mit meiner Betreuerin einkau- Am Anfang der Corona-Krise fen gegangen. Meine Betreuerin aus dem bin ich einmal spazieren ge- teilbetreuten Wohnen hat aber Kurzarbeit. gangen, aber da hat mich mein Deshalb hat sie leider nicht so viel Zeit Bruder angerufen und gefragt, gehabt. wo ich bin und mir gesagt, ich soll wieder nach Hause kom- Ich habe mich gefreut, wie meine Betreu- men. Meine Mutter hat mir erin angerufen hat, dass wir am 18.Mai Vorwürfe gemacht, wieso ich wieder in der MiT-Gruppe (dem Mitsprache spazieren gegangen bin, weil Team der Lebenshilfe Wien) starten. sie in der Risikogruppe ist. Ich freue mich, dass man wieder Ich habe 2 Monate lang die Wohnung Freunde treffen kann. Ich habe mich nicht verlassen, weil meine Mutter gefreut, dass die Kaffeehäuser am Angst hatte, dass ich sie anstecke. 15. Mai wieder aufgesperrt haben. Ich bin nur einkaufen gegangen und danach 7
MIT.MACHEN MITTENDRIN wieder nach Hause. Ich habe auch mit um sich die Matches anzuschauen. Ich tät meinen Freunden telefoniert. Ich habe mich mich freuen, wenn die Kinos wieder auf- erkundigt, wie es ihnen geht und was sie machen, damit ich wieder mit Freunden ins machen. Es hat sich herausgestellt, dass es Kino gehen kann. Ich wünsche mir auch mal ihnen auch nicht anders ergangen ist wie wieder mit meinem Bruder ins Kino gehen mir. Sie durften auch nicht so viel machen. zu können. Ich freue mich auf meine Kurse in Sie durften sich auch nicht mit ihrer Familie der Volkshochschule. Wenn es wahr ist, star- treffen oder Geburtstag feiern. Für sie war ten sie im Herbst, wenn nicht dann nächstes es genauso schwer auszuhalten und zu Jahr 2021. Ich habe gehört, dass das Donau- ertragen wie für mich. Die meisten haben inselfest im Herbst stattfinden wird. Darüber entweder Play Station 4 gespielt oder würde ich mich sehr freuen, wenn das wahr ferngesehen und DVD-Filme angesehen. wird. Das habe ich auch gemacht. Ich habe auch Spiele auf meinem Handy gespielt. Meine Freunde und ich konnten nach einer gewissen Zeit das Wort Corona nicht mehr hören. Es war überall in der Zeitung, im Fernsehen und in der Werbung und ist uns schon auf die Nerven gegangen. Es war für alle eine schwierige Zeit. Leicht war es nicht. Viele sind es nicht gewohnt, so lange isoliert zu sein. Das ist für jeden schwer. Ich durfte mit meiner Mutter nicht ihren Geburtstag feiern und auch nicht den von meinem Bruder. Meinen Geburtstag am 12. Mai konnten wir dann schon wieder Robert Saugspier: Gesundheitsmä- gemeinsam feiern. Vorher war das nicht ßig ist es mir gut ergangen. Um 6 Uhr möglich. Ab und zu habe ich Wäsche gewa- habe ich jeden Tag das Frühstück ge- schen oder geputzt. Einmal in der Woche macht. Danach haben meine Lebens- habe ich einen Großputz gemacht. Ich habe gefährtin und ich besprochen, was zu lange geschlafen. machen ist. Am Montag ging ich zwi- schen 8 und 8:30 Uhr zur Apotheke, um Ich habe mich auf die Arbeit gefreut. Ich die Medikamente für meine Lebensge- freue mich, dass ich wieder Freunde tref- fährtin zu holen. Danach habe ich einen fen darf und dass man sich seit 15. Mai Tag zum Beispiel Staub gesaugt und die auch wieder im Kaffeehaus treffen darf, Sachen für das Mittagessen vorbereitet, um einen Kaffee zu trinken. Ich wünsche während meine Lebensgefährtin Tests mir, dass man wieder ganz normal ins bei ihrem Aquarium gemacht hat und Fußballstadion in Hütteldorf gehen kann, das Wasser beim Aquarium gewechselt hat. Manchmal habe ich Rätsel aufge- löst, Berichte geschrieben für die Arbeit und auch gewisse Sachen mir aus dem „Hast du mich vergessen?“ Internet über Mitsprache durchgelesen. Am Nachmittag habe ich mir meistens Rudi Berger weint zum ersten Mal in seinem Leben, alte Filme im Fernsehen angesehen weil er glaubt, seine Familie nie wieder sehen zu können. oder mir im Sportarchiv auf ORF Sport Plus irgendwelche Sachen angesehen. 8
MITTENDRIN MIT.MACHEN Manchmal habe ich auch alle Fußböden „Ich habe große Angst aufgewaschen. Meine Lebensgefährtin und ich haben auch alle Kästen und Regale vor Ansteckung!“ saubergemacht. Einen Tag habe ich den Keller ausgeräumt, um mir in der Wohnung Maria Scholansky ist erst vor kurzem aus dem Kranken- anzusehen, was kaputt ist. Wir hatten näm- haus entlassen worden; sie möchte auf gar keinen Fall lich einen Rohrbruch im Keller. Dann habe ihr Leben aufs Spiel setzen und will nicht, dass ihr Kind ich wieder alles hinuntergetragen und die wieder in die Werkstatt geht. kaputten Sachen entsorgt. Uns ist nie fad gewesen. Wir haben dass es am 18. Mai wieder in der MiT- immer eine Beschäftigung gefunden. Gruppe losgeht. Mich hat gefreut, wie ich Manchmal habe ich auch Spiele auf mei- nach langer Zeit meine Mutter wieder das nem Laptop gespielt oder Karten aufgelegt. erste Mal gesehen habe. Mich hat gefreut, wie ich gehört habe, dass es wieder Sport- Ich habe mich gefreut, wie es geheißen veranstaltungen und Musikveranstaltungen hat, dass Schönbrunn wieder aufsperrt. Ich gibt. Mich würde freuen, wenn man auch habe mich gefreut, wie mich meine Unter- bald wieder in die Generali Arena am Vertei- stützerin angerufen hat und mir gesagt hat, lerkreis gehen kann. Worauf müssen wir jetzt in der Arbeit achten? Wir müssen 2 Mal Wenn außenste- Wir freuen uns, am Tag Fieber hende Leute wie wenn das wieder messen, einmal zum Beispiel gehen wird. in der Früh und Arbeiter zu uns Wir freuen uns, einmal vor dem in die Gruppe dass unsere Heimgehen. Wir müssen, wo kommen müssen Zurzeit dürfen keine Kolleginnen und es geht, einen bis sie ihre Daten Besucher und Kollegen wieder eineinhalb Meter angeben und Angehörige zu zurück in der Abstand einhal- bestätigen, dass sie uns in die Firma Arbeit sind. ten. Wo es nicht gesund sind. kommen. Wir dür- geht, müssen wir Wir mussten auch fen auch innerhalb eine Maske auf- ein Formular aus- der Lebenshilfe Wir müssen mit setzen. Das kann füllen. Wir mussten Wien keine ande- Seife Hände eine Stoffmaske bestätigen, dass ren Werkstätten waschen, wenn sein, eine Einweg- wir in den letzten besuchen. Es gibt wir in die Arbeit Maske oder eine 2 Wochen gesund ein Besuchsverbot. kommen. Wir Plexiglas-Maske. waren und keinen Wie lange das noch müssen in die Wir müssen eine Kontakt mit so geht wissen wir Ellbogen nießen Maske tragen, Personen mit nicht. Wir hoffen, oder in ein wenn Arbeiter zu Corona hatten. dass sich bis Taschentuch. uns in die Gruppe Herbst die Situation kommen. ändern wird. 9
MIT.MACHEN MITTENDRIN Angehörige in Corona-Zeiten Kein persönlicher Kontakt zu den Liebsten oder die Übernahme einer 24-Stunden-Betreuung zu Hause – die Corona-Krise hat auch das Leben für Angehörige beträchtlich verändert. Die Schließung der Tagesstruk- turen, die Ausgangs- und Be- suchssperren in vollbetreuten „Lange halte ich es nicht mehr aus!“ Wohngemeinschaften stellte auch Angehörige vor neue Tatsa- Seit Claudia Dostal als alleinerziehende Mutter eines Schulkindes chen. Schnell musste man eine ihren erwachsenen Sohn mit Behinderung in Heimbetreuung hat, Untertagsbetreuung zu Hause führt sie die wochenlange Mehrbelastung an ihre Grenzen. organisieren bzw. von einem Tag auf den anderen in Kauf nehmen, dass es keinen persönlichen Kon- Die neugewonnene gemeinsame Einige Familien haben ihre Ange- takt mehr zu den Liebsten in den Zeit und die Entschleunigung des hörigen nach Hause genommen Wohngemeinschaften gab. Alltags wurden von allen Famili- und eine 24-Stunden-Betreuung Während sich die einen nach enmitgliedern überwiegend als und -Beschäftigung eingerichtet. Bereicherung erlebt. Deutlich Das hat manche an ihre Belas- einiger Zeit trotz starker gemischter waren die Erfahrun- tungsgrenzen gebracht. Aber Einschränkungen an das neue gen schon in größeren Familien auch wenn die Angehörigen mit Miteinander zu Hause gut und mit beengteren Platzverhält- Behinderung weiterhin in vollbe- eingelebt haben, ist es für nissen. Dazu kam noch, dass treuten Wohngemeinschaften Menschen mit Beeinträchtigun- verblieben, war die wochenlange andere zu einer immer größe- gen immer mehr der Kontakt mit Trennung auf beiden Seiten psy- ren Belastung geworden. ArbeitskollegInnen und FreundIn- chisch zum Teil kaum auszuhal- Am besten erging es Eltern in nen sowie gewohnte Außenak- ten. Nicht immer waren Video- Pension oder im Homeoffice – tivitäten abgegangen sind. Das konferenzen als Ersatz technisch ohne weitere Aufsichtspflichten führte natürlich zu psychischen möglich bzw. konnten Menschen für Schulkinder. Sie konnten sich Belastungen und innerfamiliären mit Beeinträchtigungen über- in der Betreuung abwechseln. Spannungen. haupt damit etwas anfangen. Umso wichtiger war es daher, dass die allgemeinen Lockerun- gen der Covid-19-Maßnahmen durch die Regierung eine schrittweise Wiedereröffnung der Werkstätten ab Mitte Mai zuließen. Diese führte zu einer Entlastung der Familien und zu Foto: iStock vlada_maestro Endlich wieder einem ersten Wiederaufleben der Kontakt mit Angehörigen nach Sozialkontakte der Menschen wochenlanger mit Behinderung, wenn auch Isolation in der unter strengen Sicherheitsvor- Wohngemeinschaft. kehrungen. 10
Herr Gerstl, der perfekte Hausmann in seinen eigenen vier Wänden. Foto: Ritchy Pobaschnig Wohnen wie Du und Ich Das Recht, selbstbstimmt zu wohnen, das haben Menschen mit Behinderungen, unabhängig von ihrem Unterstützungsbedarf, gleich wie alle anderen Personen. Im Gesetz ist diese Gleichstellung in der UN-Konvention verankert, in der Lebenshilfe Wien ist sie mit dem Pilotprojekt „Garconnierenwohnen“ im Bezirk Simmering möglich geworden. Nicole Reiter, Kommunikationsbeauftragte zwei verschiedene Dienstarten der Lebenshilfe Wien im Gespräch mit haben. Zum einem haben wir Felix Wanger, BA, der das Garconnieren- Standortdienste, wo der Fokus wohnen in der Braunhubergasse in auf standortgebundene Aufga- Wien-Simmering leitet. ben, wie etwa die direkte Pfle- Felix Wanger ge ist, zum anderen haben wir Assistenzdienste, wo eins zu eins Unser neues Wohnmodell in selbstbestimmt in ihrer eigenen mit unseren KundInnen gearbei- der Braunhubergasse, wie Wohnung (Garconniere) leben. tet wird. Wir verwenden dafür würdest du es beschreiben? Viele unserer KundInnen haben personenzentrierte und sozial- Das Garconnierenwohnen könn- jahrzehntelange Erfahrung in raumorientierte Methoden. Ziel te man als Brücke zwischen Wohngemeinschaften. Deshalb ist es, tragfähige Netzwerke im teil- und vollbetreutem Wohnen schätzen sie die gewonnene Sozialraum aufzubauen, um die sehen. Menschen mit Behinde- Privatsphäre in den eigenen vier Lebensqualität unserer KundIn- rungen können unabhängig von Wänden. Was uns zusätzlich nen zu erhöhen. ihrem Unterstützungsbedarf, besonders macht, ist, dass wir 11
MIT.MACHEN DAS GROSSE INTERVIEW tur. Jede Person hat eine selbst ausgestattete Wohnung mit einer kleinen Küchenzeile, eigenem Bad und WC. Zum anderen, wie bereits erwähnt, das individuelle Betreuungskonzept, das durch eine Kombination zwischen Assistenz- und Standortdienste umgesetzt wird. Kannst du uns mehr über das Betreuungskonzept in der Braunhubergasse berichten? Unsere Arbeit startet symbolisch bei der Schlüsselübergabe in der leeren Wohnung der Kun- dInnen. Wir schauen uns genau an, was möchte, braucht jede, jeder Einzelne. Das beginnt mit Fotos: Ritchy Pobaschnig dem Einrichten und Gestalten der Wohnung, der Organisation der individuellen Pflege bis hin zur Gestaltung des Alltags und der Freizeit. So bauen wir personen- zentriert unsere Assistenz auf. Das Konzept „Garconnierenwohnen“ in einem modernen öffentlichen Wohnbau ermöglicht Menschen mit Behinderungen In zweiter Linie geht es dann ein selbstbestimmtes Leben. um den Sozialraum. Hier gilt es Netzwerke zu spannen, die unseren KundInnen gute Lebens- Wie viele KundInnen der tentInnen gesendet wird. Somit qualität bringen. Es gilt sukzessi- Lebenshilfe Wien wohnen in ist die tägliche Pflege gewähr- ve professionelle Kräfte zurück- der Braunhubergasse? leistet, ohne dass AssistentInnen zunehmen und durch wertvolle, Insgesamt leben 18 KundInnen im Dienst ständig nachfragen unentgeltliche Beziehungen im inmitten der Genossenschafts- müssen. Umfeld zu ersetzen. Das können wohnanlage. In unmittelbarer zum Beispiel VereinskollegInnen Nähe befindet sich eine Art Stütz- Wie viele MitarbeiterInnen sein, um miteinander einem punkt, wo AssistentInnen rund sind im Einsatz? Hobby nachzugehen oder auch um die Uhr für unsere KundInnen 16 AssistentInnen, eine Person eine gleichaltrige Person, um da sind. Durch die Installation für die gesamte Administration ordentlich feiern zu gehen. Um eines Notfallsystems ist es uns und ich als Leiter bilden das Team hier für alle ein gutes Kontakt- gelungen, den Spagat zwischen in der Braunhubergasse. netz aufbauen zu können, haben Privatsphäre und Pflege zu schaf- meine MitarbeiterInnen zeitlich fen. Beispielsweise können Kun- Was unterscheidet das flexible Assistenzstunden, in dInnen mit Hilfe eines „Buzzers“ Garconnierenwohnen von denen sie ganz individuell an dem einen Alarm auslösen, der direkt einem Wohnhaus? Aufbau solcher UnterstützerIn- an die Mobiltelefone der Assis- Zum einen einmal die Architek- nenkreise arbeiten können. Einer 12
DAS GROSSE INTERVIEW MIT.MACHEN unserer Bewohner konnte so für sich sammeln. Menschen unsere KundInnen zusammen beispielsweise wieder an einem mit Behinderungen sind seit und auch ein Mehr an Sozialkon- Schwimmverein andocken, ein Jahrzehnten sozialisiert in starren takten. anderer tauscht sich regelmäßig Systemen, von heute auf morgen mit einem Studenten aus und sie kann man aus diesen Verhaltens- Das Garconnierenwohnen gibt unternehmen etwas zu zweit und mustern nicht ausbrechen, das es jetzt seit mehr als einem einer konnte sein herkömmliches braucht Zeit. Jahr. Was waren so die Tagebuch gegen einen Laptop größten Herausforderungen eintauschen und weiß diesen Wie läuft die Zusammenarbeit in dieser Zeit? jetzt auch zu bedienen. mit den Angehörigen? Das Garconnierenwohnen in der Wir sind ein offener Raum, es Braunhubergasse war und ist Wie geht es den BewohnerIn- herrscht ein ständiges Kommen nach wie vor Projektarbeit, in der nen mit diesem Konzept? und Gehen. Wir sehen die Ange- der Auftrag darin besteht, ge- Viele unserer KundInnen haben hörigen als ExpertInnen. Sie brin- wohnte Wohn- und Betreuungs- das erste Mal in ihrem Leben gen gute Ideen ein, die wertvoll konzepte zu verlassen. Zu Beginn eine eigene Wohnung. Sie für die Weiterentwicklung unse- galt es neue Ansätze umzuset- kommen zum Teil direkt von res Projektes sind. An manchen zen, neue KundInnen zu unter- Angehörigen oder aus vollbetreu- Tagen kochen wir gemeinsam im stützen und ein komplett neues ten Wohnformen. Jetzt können Aufenthaltsraum oder plaudern MitarbeiterInnen-Team aufzustel- sie in ihren Garconnieren alleine einfach. Dabei konnte ich die len. Zwei der ursprünglichen Mie- entscheiden, ob sie den ganzen Erfahrung machen, dass Angehö- terInnen sind ausgezogen, für die Tag fernsehen, wann sie schlafen rige in der Behindertenhilfe gut war die selbstständige Wohnform gehen möchten, haben keine vernetzt sind. Auf diese Ressour- einfach nicht die richtige Wahl. Besuchsregeln, können jederzeit ce konnte ich schon mehrmals Wir mussten auch in der Nach- ausgehen etc. Das ist für unsere als Leiter oder auch in der direk- barschaft sensibilisieren, Ängste KundInnen, aber auch für uns ten Arbeit mit unseren KundInnen und Unsicherheiten beseitigen als Fachkräfte, etwas komplett zurückgreifen. Man erfährt zum und es dauerte seine Zeit, bis Neues und somit für alle Beteilig- Beispiel von einem Vater einer sich das Zusammenleben in der ten ein wertvoller Lernprozess. Kundin, dass er Landwirt ist Wohnanlage harmonisiert hat. Wir sind deshalb jeden Tag aufs und wie wichtig es wäre, dass Wir hatten auch mit einer hart- Neue dazu angehalten, unsere es endlich wieder mal regnet. näckigen Infektionskrankheit KundInnen dabei zu unterstützen Das Schöne dabei ist, dass man zu kämpfen. Die Hygiene- und und zu motivieren, dass sie selbst gleich eine Einladung für einen Sicherheitsvorkehrungen, die wir lernen und wertvolle Erfahrungen Hofbesuch bekommt. Das bringt damals setzen mussten, helfen Technische Hilfsmittel, wie dieser Türöffner im Bild, erleichtern Herrn Eder das Leben in seiner ersten Kleinwohnung und garantieren ihm höchste Privatheit und Hilfestellung, dann, wenn er sie wirklich benötigt. 13
MIT.MACHEN DAS GROSSE INTERVIEW wie wir alle und sollen auch so gesehen und behandelt werden. Sie bestimmen selbst ihr Leben und sind auch demzufolge für das Einhalten von Hausregeln, Müll entsorgen und das Pflegen von Nachbarschaftskontakten etc. verantwortlich. Denn keiner von uns weiß ja wirklich, was sich hinter den verschlossenen Türen Home Sweet in unserer Stadt abspielt, was Home heißt es jede Person zu einem guten Le- auch für Herrn ben benötigt, wie z.B. Heimhilfe, Mladenka. Therapie, sonstige Hilfestellung. Wir allen brauchen Rückzugs- möglichkeit, Privatheit, das gilt uns jetzt allerdings in der Bewälti- schöne Aufgabe und bringt vielen ebenso für Menschen mit Behin- gung der Corona-Zeit. einen Profit. Das Ziel ist, unsere derungen! KundInnen mit ihren individuellen Was ist dir persönlich in deiner Ressourcen in den Mittelpunkt Wenn mir zum Beispiel einer un- Arbeit wichtig, welche Ziele zu stellen, nicht die Lebenshilfe serer BewohnerInnen kommuni- hast du dir gesteckt? Wien als Organisation oder uns ziert, ich will nicht, dass ihr mich Die Gleichstellung für Menschen als „allwissende BetreuerInnen“. ständig fragt, ob ich etwas brau- mit Behinderungen auch im Wir als Fachkräfte sind dazu an- che, sondern signalisiert, dass Wohnbereich sicherzustellen, gehalten, unsere KundInnen dazu er/sie selbst auf uns zukommt, das treibt mich jeden Tag an. Die zu befähigen, selbst Entschei- wenn er/sie Unterstützung benö- Umsetzung des inklusiven Wohn- dungen für sich zu treffen und tigt, dann weiß ich, dass wir mit ansatzes, konform der UN-Kon- uns in gewisser Weise überflüs- unserem Konzept am richtigen vention, verlangt allen Beteiligten sig zu machen. Menschen mit Weg sind. viel ab, aber es ist eine sehr Behinderungen sind MieterInnen Ein weiteres Wohnprojekt ist im Werden! Felix Wanger übernimmt auch die Leitung des zweiten Garconnierenwohnen mit insgesamt 18 Kleinwohnungen in der Mautner-Markhof- Gasse, ebenfalls in Wien-Simmering. Das Foto: Wien Süd Haus befindet sich derzeit noch in Bau und ist aller Voraussicht nach ab November 2020 bezugsfertig. 14
FORT- UND WEITERBILDUNG MIT.MACHEN Persönliche Zukunftsplanung: Im Vordergrund stehen die Foto: Gerd Altmann – pixabay Wünsche und Träume Mag. Matthias Papst, stellvertretender Leiter der Wohngemeinschaft der Lebenshilfe Wien in Wien-Ottakring, berichtet über seine Zusatzausbildung und wie er das neue Wissen in unsere Organisation einbringt. Was versteht man unter Persönlicher Zukunftsplanung? Persönliche Zukunftsplanung (PZP) basiert auf personenzentriertem Arbeiten. Damit ist gemeint, dass die Person, um die es sich handelt, im Mittelpunkt steht. Sie ist die Hauptperson und der/die HauptakteurIn. Papst hat Herrn Türkmen bei Diejenigen, die der Person dabei helfen, seiner Persönlichen ihre Zukunft zu planen, müssen sich auf Zukunftsplanung sie einlassen. Im Vordergrund stehen die begleitet. Wünsche und Träume der Person, dabei gilt: Alles ist möglich, es gibt kein Aber. Ein- gebracht werden ausschließlich die Stärken stützerInnenkreis, der ihm dabei hilft, seine und die Interessen der planenden Person. Wünsche für die Zukunft zu verwirklichen. Damit ist gemeint, dass mehrere Personen Wann kommt PZP zum Einsatz? zusammenkommen, die aus möglichst Eine persönliche Zukunftsplanung wird im- unterschiedlichen Bereichen kommen. Sie mer dann gemacht, wenn eine Veränderung bringen ihr Wissen, ihre Fähigkeiten und so- ansteht oder etwas feststeckt. Also zum zialen Kontakte ein, damit XY auf möglichst Beispiel: Person XY wohnt bei seinen Eltern breiter Basis geholfen werden kann. Um und möchte ausziehen. Oder: XY gefällt es eine Zukunftsplanung erfolgreich durchzu- nicht mehr in der Werkstatt und würde ger- führen, gibt es unterschiedliche Methoden, ne einer „normalen“ Arbeit nachgehen. Da- sowohl für die Vorbereitung der Planung mit XY seine Wünsche verwirklichen kann, als auch für das Treffen selbst, bei dem alle braucht er einen möglichst bunten Unter- zusammenkommen. 15
MIT.MACHEN FORT- UND WEITERBILDUNG PZP ist nicht auf Personen mit Beeinträchti- gungen beschränkt, sondern kann von allen in Anspruch genommen werden. Es ist wichtig zu betonen, dass PZP an sich keine Methode ist, sondern eine Haltung, ein Prozess. Es geht um die innere Ein- stellung, um das Werden und Entstehen. PZP kann man nicht von heute auf morgen „machen“- es muss wachsen. Persönliche Zukunftsplanung innerhalb der Lebenshilfe Wien Peter Mitschitczek, ein Mitarbeiter der Lebenshilfe Wien in der Tagesstruktur Rueppgasse, und ich haben den Lehrgang Persönliche Zukunftsplanung in Graz absol- viert und den Abschluss zum Moderator PZP gemacht. D.h. wir können ab sofort Zukunftsplanungen innerhalb und außerhalb der Lebenshilfe moderieren; denn um ein Planungstreffen gut über die Bühne zu bringen, braucht man eine Moderation, Illustration: Wiebke Kühl die durch das Programm führt und auch eine Co-Moderation, die die Planung, also den Prozess, visuell begleitet (auf Plakaten oder Flipchart). Wir haben bereits während der Ausbildung eine Planung durchgeführt und zwar für Herrn Türkmen in der Wohngemeinschaft Persönliche Zukunftsplanung, in der Hubergasse. Dabei war Peter der Individuelle Entwicklungsplanung (IEP) Moderator und ich selbst im Unterstützer- – was ist denn da der Unterschied? Innenkreis. Gemeinsam mit Herrn Türk- Nicht zu verwechseln ist PZP mit der IEP: men und seinen Gästen haben wir uns PZP wird nicht regelmäßig durchgeführt, angeschaut, wie wir ihn dabei unterstützen sondern immer nur dann, wenn sie erfor- können, dass er sich noch wohler bei uns derlich ist. Außerdem dient sie nicht wie fühlt bzw. was dazu noch fehlt. die IEP als Leistungsnachweis für unseren Fördergeber, dem Fonds Soziales Wien. Zur Zeit wird gerade überlegt, in welcher Sie wird gemacht, weil es die Person Form wir als ModeratorInnen innerhalb der braucht. PZP ist immer überinstitutionell zu Lebenshilfe Wien zum Einsatz kommen. denken, daher sollen auch möglichst viele Aber natürlich kann man auch viele kleinere Personen mithelfen, die nicht im Behin- Methoden, die wir beim Lehrgang gelernt dertenbereich oder in der Sozialarbeit tätig haben, schon jetzt in die alltägliche Arbeit sind, einfach auch, um einen Blick von als BetreuerIn einbauen. außen zu gestatten. 16
AUS DEN WERKSTÄTTEN MIT.MACHEN Aufträge gesucht Foto: Matthias Heisler Arbeiten, die innerhalb der Tagesstruktur von Menschen mit Behinderungen und ihren fachlichen BegleiterInnen erledigt werden können, sind derzeit sehr begehrt. Zu unseren Angeboten zählen weggebrochen und jetzt, wo wir unsere Ansprechpartner für erpackungs- & Versandtätigkeiten, V Werkstätten wieder Schritt für Schritt Auftragsarbeiten: öffnen, sind sinnstiftende, praxisnahe Ar- Mag.a Christine roduktsortiments komplettieren, P Sommer-Treutlein beitsaufgaben Mangelware“, beschreibt sortieren & etikettieren oder Fachliche Assistenz Christine Sommer-Treutlein, Fachliche uvertieren. K Assistenz in der Lebenshilfe Wien, Lebenshilfe Wien Das sehr schleppende Wiederhochfahren die Situation. „Wir können aus Sicher- Brehmstraße 12/12, der Wirtschaft stellt auch Menschen mit heitsgründen derzeit noch nicht zu den 1110 Wien Behinderungen und ihr Betreuungsperso- Betrieben kommen, aber alle Arbeiten Tel: (01) 812 26 35-24 nal vor neue Herausforderungen. „Viele innerhalb unserer Werkstätten erledigen E-Mail: c.sommer@ Aufträge unserer Partnerunternehmen sind und auch für den Transport sorgen. lebenshilfe.wien Gut BESTECKt Das trendige Café Francais und das italienische Restaurant Francesco in Grinzing setzen zukünftig in Sachen Besteckaufbewahrung auf Holz und Design aus der Lebenshilfe Wien. Die 50 bestellten Besteckboxen wur- den von den Mitgliedern der Holzgrup- pe der Lebenshilfe Wien in der Schot- tengasse in Wien-Innere Stadt aus Buchen-Sperrholz geschliffen und mit Leinöl eingelassen. Mit einem Auftrag wie diesem können wir Fertigkeiten trainieren, Neues lernen und erhalten Kontakte hinaus in die Wirtschaft. Mehr Informationen und weitere Bespiele unserer einzigARTigen Produkte finden Sie im Internet unter www.lebenshilfe.wien/einzigartig 17
Die Bienen der Lebenhilfe Wien In der Tagesstruktur in der Schuhfabrikgasse setzen wir uns mit unseren neuen Bienenstöcken für den Erhalt von Insekten ein. „Es gilt den Kollaps der Geschäftsführung dafür stark Ökosysteme aufzuhalten. gemacht, dass die Werkstatt ein eigenes Bienenprojekt be- Dabei spielen Bienen eine kommt und ist damit auf großen große Rolle. Denn ohne ihre Zuspruch gestoßen. 2019 hat er Bestäubungsleistung gäbe es sich die Grundkenntnisse des Im- kerns bei einem Kursbesuch im nahezu keine Blumen und Wiener Landesverband für Bie- kein Obst und Gemüse“, nenzucht angeeignet. Mittlerwei- Nektar geholt. Diesen haben le ist ihm seine Kollegin Magda- wir zwei Tage später im Garten betont Robert Jez. Er ist seit mehr lena Hiessmanseder gefolgt. Mit „eingeschlagen“, was so viel wie als 20 Jahren fachlicher Begleiter Frau Kainz haben die beiden eine einquartieren bedeutet. Die Jung- in der Lebenshilfe in Wien-Liesing, passionierte Imkerin als Patin zur bienen sind mit Zuckerwasser glühender Klimaschützer und Fan Seite (paradisgenuss.at). gefüttert worden. des Superorganismus Biene. Dank einer Spende der Raiff- Robert Jez und Magdalena Hiess- Der Garten der Werkstatt ist eisenlandesbank NÖ-Wien ist manseder sorgen gemeinsam mit weitläufig und so hat er sich das Team in der Tagesstruktur dem KollegInnen-Team und mit bei der Standortleitung und kostenlos zu einem Bienenvolk, Menschen mit Beeinträchtigung -stock, Zubehör und Fachliteratur für die Bienenvölker. Dabei kön- gekommen. Eine Unterstützung, nen alle sinnvolle Arbeit leisten die über das Projekt 2028 der und erfahren viel über die Zusam- Bienenplattform Hektar Nektar menhänge der Natur. zustande gekommen ist. Ziel dieser Initiative ist, dass es bis Das Team der Schuhfabrikgasse zum Jahr 2028 um zehn Prozent plant, möglichst viele Menschen mehr Bienen in Österreich und für das Artenschutz-Projekt zu Deutschland gibt. begeistern und zusammenzu- bringen. So stehen zum Beispiel Ende April ist dann das erste Workshops rund um die Bienen- Bienenvolk gekommen und zucht, das gemeinsame Gewin- Mag. Robert Jez und Mag.a Magdalena Anfang Juni haben wir von der nen von Honig, das Weiterver- Hiessmanseder sind stolz auf die Imkerei Biezen in Gänserndorf arbeiten von Wachs und einiges Bienenvölker im Garten der Werkstatt. den Schwarm von Hektar mehr am Programm. 18
AUS DEN WERKSTÄTTEN MIT.MACHEN Bienen Wissen 1. Teil Hier seht ihr Robert Jez mit seiner Imkerbluse mit Schleier: Die schützt ihn vor Bienenstichen. Links hält er den Smoker. Damit kann er Rauch erzeugen. Die Bienen werden dadurch ruhiger und er kann leichter arbeiten. Rechts hat er einen Abkehrbesen in der Hand. Den braucht er zum Abkehren der Bienen von den Waben, wenn er den Honig entnehmen möchte. Das ist eine Beute. Die Behausung der Biene. Karl Busch begutachtet eines der Sie besteht aus Boden, Rähmchen. Dieses wird in die Beute zwei Zargen mit Rähmchen eingehängt. Hier bauen dann die Bienen und Deckel. mit Hilfe von Bienenwachs ihre Waben. 19
MIT.MACHEN ZIVILDIENST Fotos: Simon Allmer Peter Mitschitczek ist Der Filmemacher federführend in der Komposition, dem Text und Gesang. in der Hubergasse Simon Allmer musste während der Corona-Krise seinen Zivildienst verlängern. Nicht nur, dass er uns damit im Wohnhaus in der Hubergasse in Wien-Ottakring in allen Belangen unterstützt hat, verdanken wir ihm und seinem Talent auch zwei außergewöhnliche Musikvideos. Filme, mehr als eine zuspielen, damit die Illusion des Sprunges Leidenschaft entsteht. Die Folge: ein erster Kurzfilm und Simon Allmer war schon immer Filmfan Spitalsaufenthalt. und träumte davon, einmal selbst Filme zu Der Actionfilm MILLION YEAR MAN ist machen. Im Alter von zwölf Jahren ver- diesen Juni exklusiv auf der Website Simo- suchte er auf eine Mauer hinaufzuspringen nAllmer.com erschienen. Der Film handelt und dies mit der Kamera seines Bruders von dem Geheimagenten John Collins (ge- festzuhalten. Leider war die Mauer drei spielt von ihm), der zeigt, dass es wert ist, Meter hoch. Dann hatte er die Idee sich für manche Sachen im Leben zu kämpfen. von oben nach unten hinunterfallen zu lassen und dies im Schnitt rückwärts ab- Zivildienst in der Lebenshilfe Wien „Das Faszinierende an den Klientinnen und Klienten ist, dass jede/jeder von ihnen die Welt mit eigenen Augen sieht. Dies mag selbstverständlich klingen, jedoch „Film ist nicht versuchen wir uns oft an soziale Normen anzupassen, um in der Anonymität der mein Vollzeit-Job Gruppe zu versinken. Ein Autist wie Mar- sondern mein kus Schlesinger, der immer Ausschau nach Vollzeit-Leben“, versteckten Schlümpfen hält oder Alfred Huger, ein charmanter Kuchenbäcker, der sagt Simon Allmer. nur Wörter ausspricht, die es phonetisch wert sind, zeigen uns neue Sichtweisen auf 20
ZIVILDIENST MIT.MACHEN Die Musikvideos: Schlumpflied und Wandgruppe gibt es auf der YouTube Seite der Lebenshilfe Wien zu sehen. Sie dürfen gerne geteilt werden! das Leben. Der Triumph des Individuums wirken mochten und mit dem Schlumpflied über das Kollektiv ist auch ein Thema, das und der Wandgruppe musikalisch-kreative in meinen Filmen vorkommt. Es ist schön Statements für sich selbst und ihren zu sehen, wie man durch das Einbringen KollegInnen in allen Einrichtungen gesetzt. der eigenen Persönlichkeit eine Beziehung zu den Menschen aufbauen kann. Die Le- benshilfe bietet Sinn stiftende Arbeit, die in unserer dystopischen Roboter-Apokalypse unersetzlich bleibt. Auch wenn der Zivil- dienst durch den breiten Zuständigkeitsbe- reich anstrengend oder sogar überfordernd werden kann, entsteht die größte persön- liche Entwicklung nur in solchen Zeiten.“, lautet die Empfehlung auf Simon Allmerisch sozusagen für einen Zivildienst in unserer Organisation. Kreatives Meistertreffen Die herausfordernden Tage in den Pande- miezeiten brachten jede Menge kreative Kräfte zum Wallen. Peter Mitschitczek, der normalerweise als fachlicher Begleiter in der Werkstätte Rueppgasse arbeitet, half einige Wochen im Wohnhaus in Wien- Ottakring aus. Er ist ausgebildeter Bariton, mitreißend, stark im Texten und Impro- visieren. Die Schlümpfe und Figuren von Markus Schlesinger, einem autistischen Bewohner, haben ihn somit gleich in ihren Ansprechpartner für einen Zivildienst bei der Bann gezogen, und so machte er sich ans Lebenshilfe Wien: Komponieren und Texten. Gut, dass dann Mag. (FH) Christoph Ster, BSc noch Simon Allmer und sein filmisches E-Mail: c.ster@lebenshilfe.wien Können da waren. Die kreativen „Leidens- Die nächsten Turnusse starten im November 2020 gefährten“ aus der WG haben sich somit und Februar 2021, auch Wechsler sind willkommen! zusammengetan, alle eingebunden, die mit- 21
MIT.MACHEN GELD UND RECHT Eigenes Geld und gute Unterstützung Das 2-Säulen-Modell der Lebenshilfe – Existenz- und Bedarfssicherung für Menschen mit Lernschwierigkeiten. In einfacher Sprache Menschen mit Behinderungen wollen ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen und gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben. Das gilt besonders auch für die Arbeitswelt. Derzeit arbeiten viele Menschen mit intellektuellen Behinderungen in Werkstätten von Behinderteneinrichtungen. Sie bekommen dafür nur ein Taschengeld. Nur wenige finden passende Arbeitsplätze in der Wirtschaft. Zusätzlich bekommen sie zur Unterstützung Geld von verschiedenen Stellen: z.B. Behindertenhilfe, Familienbeihilfe, Pflegegeld, Mindestsicherung, Waisenpension. Sie müssen langwierige und schwer verständliche Anträge an verschiedenen Stellen einreichen und sich immer wieder begutachten lassen, damit sie das Geld für ihre Unterstützungsleistungen bekommen. Die Lebenshilfe möchte all dies ändern und schlägt ein sogenanntes 2-Säulen-Modell vor: 2-Säulen-Modell Wohnen Assistenz 1 2 Essen Hilfsmittel Kleidung Pflege Freizeit Gesundheit Mobilität Existenzsicherung Bedarfssicherung Erwerbslohn Persönliches Budget Grundsicherung Pflegegeld 22
„Was brauche ich „Welche Unterstützung zum Leben?“ brauche ich?“ Für ein gutes Leben brauche ich Aufgrund meiner Beeinträchtigungen Geld zum Wohnen, zum Essen, für brauche ich zusätzlich Unterstützung, Kleidung, usw. Dieses Geld möchte damit ich am Leben in der ich als eigenen Lohn für meine Gesellschaft gleichberechtigt und Arbeit selbst verdienen. In einer aktiv teilnehmen kann. Zum Beispiel Werkstatt oder bei einer Firma. für Assistenz und Begleitung, für Wenn mir dies gar nicht möglich ist, Hilfsmittel oder für Pflegeleistungen. soll ich mit einer Grundsicherung Das Geld dafür kann aus dem abgesichert sein. Ich möchte selbst Pflegegeld, von einem Persönlichen bestimmen, für was und bei wem Budget oder aus Förderungen für ich mein Geld ausgebe. Leistungen und Hilfsmittel kommen. Das ist die erste Säule des Modells. Das ist die zweite Säule des Sie nennt sich Modells. Sie nennt sich „Existenzsicherung“. „Bedarfssicherung“. Existenzsicherung Zur eigenständigen Absicherung des Lebensunterhaltes gibt es einen angemessenen Werkstatt-Lohn oder ein Gehalt am Arbeitsmarkt mit Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die Person hat Anspruch auf eine eigene Pension, auf Arbeitslosenversicherung, auf bezahlten Urlaub und auf Krankenstand. Jeder Mensch mit Behinderung gilt von vornherein grundsätzlich als arbeitsfähig. Nur wenn jegliche Arbeitsanstrengung nicht möglich ist, soll die Person statt mit Erwerbslohn mit einer Grundsicherung ihr Einkommen verdienen. Dieser Lohn oder die Grundsicherung finanzieren sich durch Lohnkosten- zuschüsse und durch Wegfall bestehender Leistungen wie Familienbeihilfe oder Mindestsicherung. Angehörige von Menschen mit Behinderungen haben keine lebenslange Unterhaltsverpflichtung mehr. Der Arbeitsmarkt wird so gestaltet, dass die beschäftigten Menschen je nach den momentanen Fähigkeiten jederzeit wechseln können zwischen einem Arbeitsplatz am freien Arbeitsmarkt, einer Mitarbeit bei einer 23
MIT.MACHEN GELD UND RECHT Arbeitskräfteüberlassung, einem Arbeitsplatz in einem geschützten Betrieb oder in einer geschützten Tagesstruktur. Bedarfssicherung Damit der Unterstützungsbedarf genau passend abgedeckt werden kann, muss die Person mit Behinderung vom Anfang bis Ende im Zentrum stehen. Die Begutachtung und Einschätzung des Unterstützungsbedarfs muss einheitlich erfolgen an nur einer einzigen Anlaufstelle, nahe am Wohnort. Die Begutachtung richtet sich nach dem Bedarf und nach den Chancen der Person, also nach dem sogenannten „sozialen Modell der Behinderung“. Im sozialen Modell werden Hindernisse beseitigt. Die Stärken und der Wille der Person werden in den Vordergrund gestellt. Das Ergebnis der Begutachtung ist ein persönlich passender Unterstützungs- bedarf mit Rechtsanspruch auf ausreichende Bezahlung. Vorteile des Modells Erwachsene Menschen mit Behinderungen sind keine Hilfeempfänger mit „Kind-Status“ mehr. Sie verdienen ihr eigenes Geld und haben Anspruch auf eine eigene Pension. Sie können frei über ihr Geld entscheiden und ein selbstbestimmteres Leben führen. Der Unterstützungsbedarf wird einheitlich an nur einer Stelle ermittelt. Die Menschen mit Behinderungen kommen leichter zu den Unterstützungs- leistungen, die sie wirklich brauchen, und die Verwaltung hat weniger Arbeit. Weitere Vorgangweise Die Lebenshilfe hat mit Hilfe von Rechts-ExpertInnen ein umfangreiches Do- kument erstellt, in dem genau erklärt wird, was man mit dem 2-Säulen-Modell erreichen will, und welche Gesetze davon betroffen sind. Dieses Dokument wurde dem Sozialministerium übergeben. Bis Herbst wird eine Arbeitsgruppe vom Ministerium eingerichtet, die einen Umsetzungsplan für das 2-Säulenmodell erarbeiten soll. Menschen mit intellektuellen Behinderungen und die Lebenshilfe werden dabei aktiv eingebunden sein und mitarbeiten. 24
GELD UND RECHT MIT.MACHEN Neues Mindestsicherungsgesetz für Wien seit 1. Mai in Kraft Lesen Sie hier, was sich alles für Menschen mit intellektueller Behinderung und deren Angehörige ändert und was gleichbleibt. Die Mindestsicherung ist für Familien von Men- Eltern oder Großeltern zusammenleben. Das heißt: schen mit intellektueller Beeinträchtigung eine we- Das Haushaltseinkommen aller Familienmitglie- sentliche Einkommensquelle. Nach heftigen Diskus- der muss nun nicht mehr in die Bemessungs- sionen um die sogenannte „Sozialhilfe Neu“, die bis grundlage hineingerechnet werden, der befristet zum Verfassungsgerichtshof ausgetragen wurden, arbeitsunfähige Mensch mit Behinderung unter 25 wurde die Landesumsetzung in Wien schon mit Jahren kann selbst einen eigenen Antrag stellen! Spannung erwartet. Was bedeutet nun die geänder- te Fassung des Wiener Mindestsicherungsgesetzes Behindertenzuschlag statt konkret für Menschen mit intellektueller Beeinträch- Sonderzahlungen tigung? Neu ist ab 1. Mai ein monatlicher Zuschlag auf die Mindestsicherung für Menschen mit Befristet oder dauerhaft arbeitsunfähig Behinderung: Ein wesentliches Kriterium, um die vollen 100% Diesen bekommt, wer einen gültigen Behinderten- des Mindestsicherungssatzes zuerkannt zu pass mit einem Behinderungsgrad von mind. 50% bekommen, war bisher, dass die antragstellende vorweisen kann. Dieser Behindertenzuschlag ersetzt Person eine DAUERHAFTE Arbeitsunfähigkeit die bisherige 13. und 14. Sonderzahlung („Dauerleis- beschieden bekommen hat. Daran ändert sich tung“). Bestehende DauerleistungsbezieherInnen auch ab dem 1. Mai nichts, und zwar für alle können unter Vorweis ihres Behindertenpasses die alleinstehenden Menschen ab 18 Jahren! Umstellung von 13./14. Sonderzahlung auf Behin- E benso 100% zuerkannt bekommen Menschen dertenzuschlag beantragen, was in Summe etwas mit BEFRISTETER Arbeitsunfähigkeit, wenn sie mehr Geld bringt. Wer keinen gültigen Behinder- zumindest 25 Jahre alt sind. tenpass hat, kann diesen bei der Landesstelle Wien Wenn Sie allerdings 18 bis 25 Jahre alt und befristet des Sozialministeriumsservice beantragen. Wer arbeitsunfähig sind, gilt Folgendes: dauerhaft arbeitsunfähig ist, hat auch ohne gültigen Sie erhalten 100%, wenn Sie in einer eigenen Behindertenpass weiterhin Anspruch auf die 13. und Wohnung leben. 14. Sonderzahlung! Sie erhalten 75%, wenn Sie noch mit ihren Eltern oder Großeltern leben. Aktuelle Sätze für das Jahr 2020 Die folgenden Sätze werden monatlich ab Eigene Bedarfsgemeinschaft Leistungsbeginn ausbezahlt: Ab 1. Mai bilden alleinstehende Menschen mit 1 00% Mindeststandard 917,35 € intellektueller Beeinträchtigung unter 25 Jahren auch 7 5% Mindeststandard 688,00 € dann eine eigene Bedarfsgemeinschaft, wenn sie mit B ehindertenzuschlag 165,12 € Antragstellung Wenden Sie sich bitte an das zuständige Sozialzentrum am Wohnort der Antragstellerin oder des An- tragstellers. Eine Liste aller Sozialzentren sowie aktuelle Covid-19-Regeln im KundInnenverkehr finden Sie im Internet unter: https://www.wien.gv.at/gesundheit/leistungen/servicestelle.html#Sozialzentrum. 25
MIT.MACHEN WIEN INKLUSIV Literaturpreis Ohrenschmaus sucht neue Schreibtalente Bis zum 26. August 2020 können Menschen mit Lernschwierigkeiten wieder ihre Texte für den Schreibwettbewerb einreichen! Welche Texte kann man schicken? Jede Person kann maximal einen (1) Text einreichen. Man kann über alles schreiben. Beispiele: Gedichte, Geschichten und Lebensberichte Auch kürzere Geschichten sind willkommen Nicht mehr als 3 Seiten Schriftgröße: Arial 12pt A4-Format Getippte Texte Keine Zeichnungen oder Fotos mitschicken Das Einreichformular und mehr Informationen findet man unter: https://www.ohrenschmaus.net Beratungsstelle der Lebenshilfe Wien Wollen Sie sich genau informieren, was Ihnen zusteht? Haben Sie Fragen zur Antragstellung oder behördlichen Bescheiden? Brauchen Sie Hilfe beim Verstehen von Gesetzen und Vorschriften? Dann wenden Sie sich doch an uns, wir beraten Sie gerne telefonisch, schriftlich oder in einem persönlichen Gespräch! Bernhard Schmid Für Rückfragen zur Mindestsicherung, Familienbeihilfe, Pflegegeld und anderen finanziell-rechtlichen Fragen für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung stehe ich gerne zur Verfügung: Mag. Bernhard Schmid, Tel.: 01 – 812 26 35 -47, b.schmid@lebenshilfe.wien 26
WIEN INKLUSIV MIT.MACHEN Nachrichten in einfacher Sprache Gut informiert zu sein und zu bleiben, ist für Menschen mit einer Leseschwäche wichtig. Darum hat auch der ORF sein Nachrichtenangebot im Zusammenarbeit mit der APA (Austria Presse Agentur) und der Inklusiven Lehrredaktion von Jugend am Werk ausgebaut. Im Radio: Der Wochenrückblick „Einfach! Wichtig!“ in einfacher Sprache ist jeden Sonntag zu folgenden Zeiten auf Radio Wien zu hören: 8.30 Uhr und 9.30 Uhr sowie 13.30 Uhr und 14.30 Uhr Im Internet: Auf der Internetseite ORF.at gibt es jetzt das Infofenster „Einfache Sprache“: Dieses kann man sich am Fuß der Nachrichtenanzeige einschalten und so das Wichtigste des Tages leicht verständlich erfassen. Im Fernsehen: Auf dem Sender ORF III gibt es jeden Wochentag um 19:25 Uhr Nachrichten in Einfacher Sprache zu sehen. Inklusionspreis 2020 2020 ausgeschrieben Der Inklusionspreis der Lebenshilfe geht in Kooperation mit den Österreichischen Lotterien in die 5. Runde. Der diesjährige Schwerpunkt ist „Bildung und Kultur”. Doch auch Projekte aus anderen Bereichen, die Menschen mit Behinderungen ein inklusives Leben ermöglichen und unsere Gesellschaft ein Stück vielfältiger gestalten, sind gesucht. Informationen gibt es unter: www.inklusionspreis.at. Eingereicht werden kann bis 30. August 2020. Die Verleihung findet am 19. November 2020 im Studio 44 der Österreichischen Lotterien in Wien statt. 27
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