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Auenzeitung
    Auen zeitung
              Ein Produkt der Auenwerkstatt Hohe Garbe / Elbe                                                                            September 2020

                                 Die Hohe Garbe ist wieder mit der Elbe verbunden
                                 Das Projekt „Lebendige Auen für die Elbe“ geht nach acht ereignisreichen Jahren zu Ende

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

mit großer Freude aber auch schon etwas Weh-         Stimmen unserer Fördergeber, Unterstützer­          entgegenwirken können. An dieser Stelle bereits
mut begrüße ich Sie zur siebten und letzten Aus-     *innen und Wegbegleiter*innen runden diesen         ein herzlicher Dank an alle Projektbeteiligten,
gabe der Auenzeitung im Rahmen des Projektes         Rückblick ab. Kann das Projekt zum Erhalt der       Unterstützer*innen, kritischen Begleiter*innen
„Lebendige Auen für die Elbe“, das Ende des          Biologischen Vielfalt in Deutschland beitra-        und besonders auch an Sie für Ihr Interesse an
Jahres abgeschlossen sein wird. Die Hohe Gar-        gen? Diese Frage beleuchtet das Bundes­amt für      den „Lebendigen Auen für die Elbe“.
be wieder an die Dynamik der Elbe anschließen,       Naturschutz als Hauptförderer gemeinsam mit
den wertvollen Auwald schützen und weiterent-        dem DLR Projektträger. Welche Rolle der Flä-        Viel Vergnügen beim Lesen wünscht Ihnen
wickeln, die Struktur- und Artenvielfalt fördern     chenkauf durch die BUNDstiftung dabei spielt
und die Menschen an diesem Prozess beteiligen,       und wie wichtig eine gute Kooperation mit           Dr. Meike Kleinwächter – Projektleiterin
dies waren seit 2012 zentrale Ziele des Projektes.   Landnutzer*innen ist, erläutert Olaf Bandt, Vor-
In dieser letzten Ausgabe möchte wir Ihnen eini-     sitzender des BUND Bundesverbandes. Und wie
ge Höhepunkte der letzten Jahre noch einmal in       nehmen die Anwohner*innen zum Ende das Pro-
Erinnerung rufen.                                    jekt wahr? Mit der Auenwerkstatt war es uns ein
Zu Beginn blicken wir noch weiter zurück und la-     wichtiges Anliegen mit der lokalen Bevölkerung
                                                                                                          Lebendige Auen für die Elbe
den Sie auf eine Reise in die bewegte Vergangen-     kontinuierlich im intensiven Austausch zu stehen.
heit der Hohen Garbe ein. Durch das Landschafts-     Ob uns dies gelungen ist, untersucht die Hoch-       Projektsteckbrief
verständnis im Wandel der Zeit ist die Hohe          schule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde        Projektgebiet: Hohe Garbe und ein ca. 50 km langer
Garbe in ihrer heutigen Ausprägung entstan­den.      und gibt erste Einblicke in ihre Erkenntnisse.       Elbabschnitt von Wittenberge bis Dömitz
Historische Karten verdeutlichen, welche Land-       Doch noch ist das Projekt nicht zu Ende, eine        Bundesländer: Sachsen-Anhalt, Brandenburg,
schaftselemente die Elbtalaue einst prägten und      letzte große Maßnahme möchten wir in der ver-        Niedersachsen
auch welche heute verschwunden sind. Zusam-          bleibenden Laufzeit noch umsetzen: die teilweise     Laufzeit: November 2012 – Dezember 2020
men mit digitalen Geländemodellen haben sie          verlandete Nebenrinne, die den Kälberwerder          Projektträger: Trägerverbund Burg Lenzen e. V.
uns zu den wesentlich Maßnahmen zur Auenent-         von der Hohen Garbe trennt, wird ausgebag-
wicklung in der Hohen Garbe inspiriert. Auf den      gert und an die Elbe angebunden. Der Elbe so         Projektpartner: Bund für Umwelt und Naturschutz
anschließenden Seiten lassen wir die Um­setzung      eine „Insel“ wieder zu geben, damit schließt         Deutschland e. V. (BUND); WWF-Aueninstitut im
dieser Maßnahmen Revue passieren, das Amt            sich für mich zum Ende des Projektes ein Kreis.      KIT (Karlsruher Institut für Technologie); Technische
für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten       Die Hohe Garbe mit ihrem außergewöhnlichen           Universität Berlin, Institut für Landschaftsarchitektur
Altmark rollt das Bodenordnungsverfahren noch        Struktur- und Artenreichtum und ihrer ganz be-       und Umweltplanung; Leibniz-Institut für
einmal auf und ein Bilderreigen zeigt, wie wir mit   sonderen Ausstrahlung stärkt meine Hoffnung,         Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB);
                                                                                                          BUNDstiftung Berlin
vielen kreativen Projektpartnern die Schönheit       dass wir dem zum Teil dramatischen Rückgang
der Auen in Szene gesetzt haben.                     vieler vertrauter Tiere und Pflanzen gemeinsam
                                                                                                          Kooperationspartner: Biosphärenreservat
                                                                                                          Mittelelbe; Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-
                                                                                                          Brandenburg; Biosphärenreservat Niedersächsische
                                                                                                          Elbtalaue; Hochschule für Nachhaltige Entwicklung
                                                                                                          Eberswalde; BUND-Landesverbände Sachsen-Anhalt,
                                                                                                          Brandenburg, Niedersachsen

                                                                                                          Fördergeber: Gefördert im Bundesprogramm
                                                                                                          Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für
                                                                                                          Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für
                                                                                                          Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)
                                                                                                          sowie mit Mitteln der: Lotto-Toto GmbH Sachsen-
                                                                                                          Anhalt; Umweltstiftung Michael Otto; Stiftung
                                                                                                          Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes Sachsen-
                                                                                                          Anhalt (SUNK); Allianz Umweltstiftung;

                                                                                                          Kontakt: Trägerverbund Burg Lenzen e. V.
                                                                                                          Dr. Meike Kleinwächter
                                                                                                          Burgstraße 3, 19309 Lenzen
                                                                                                          Telefon: 0 38 792 - 50 78-201
                                                                                                          meike.kleinwaechter@burg-lenzen.de
                                                                                                          www.burg-lenzen.de
                                                                                                          www.bund.net/elbauen
Wieder an die Elbe angeschlossene Flutrinnen in der Hohen Garbe. Foto: Eulefilm
2       Auenwerkstatt Hohe Garbe / Elbe   2020                                                                                                                                                                                                                        2020      Auenwerkstatt Hohe Garbe / Elbe              3

                                           Die Hohe Garbe im Wandel der Zeit                                                                                                                                                                                         Dieser Staueffekt, der mit den Brüchen im alten
                                                                                                                                                                                                                                                                     Sommer­   deich in Folge des Jahrhunderthoch­
                                      Entwicklungen bis zum Beginn des Projektes „Lebendige Auen für die Elbe"                                                                                                                                                       wassers 2002 öfter eintritt, ist nicht nur für Weide­
                                                                                                                                                                                                                                                                     von Nachteil, sondern die lange anstehende Näs-
Lenzen: Die Hohe Garbe hat wie alle Landschaf-      bestand im Osten am Ufer der Elbe, der sich bis      bekamen, damit die Fasanen bei den jährlichen                                                                                                               se ist auch für die Eichen abträglich. Hier Ab­hilfe
ten Deutschlands in den zurückliegenden Jahr-       heute erhalten hat, ist auszumachen. Die gestal-     Überschwemmungen der Elbe auf diesen Ber-                                                                                                                   zu schaffen, war und ist ein Ziel des Projektes
hunderten immer wieder ihr Antlitz verändert.       tende Kraft des Flusses ist auf den Karten vom       gen Schutz finden konnten. Im Winter wurde                                                                                                                  „Lebendige Auen für die Elbe“.
Meist waren es die Interessen der Menschen, die     Gebiet abzulesen: Die drei sichtbaren Inseln im      an jedem zweiten Tag in den Hütten Futter aus-
diese Veränderungen vorantrieben, sei es über       Strom stehen für eine Vielzahl von Flussinseln,      gestreut, es wurden auch Sandplätze zum Ba-                                                                                                                 Der Auwald zu Projektbeginn 2012
ihre Art und Weise der Landnutzung, über die        in der früheren Flusslandschaft Elbe. Bei Hoch-      den für die Fasanen angelegt, insgesamt waren                                                                                                               Den heutigen Bestand des Waldes in der Hohen
Gestaltung ihres Besitzes oder durch politische     wasser wurde Boden abgetragen und andernorts         40 dornen­bewachsene Hügel für die Fasanen in                                                                                                               Garbe, der vor gut 150 Jahren von Förster Reu-
Entscheidungen, die sich auf die Landschaft         angespült. So verschwanden und entstanden im-        der Forst. „Diese angewandte Sorgfalt lohnte sich                                                                                                           ter aufgeforstet worden ist, schildert der heute
auswirkten, wie etwa das innerdeutsche Grenz­       mer wieder solche Insellebensräume. Und einige       und bei dem naturgemäßen wilden Aufwach-                                                                                                                    dort zuständige Förster Stefan Kaiser als einen
regime.                                             Jahrzehnte später auf dem preußischen Urmeß-         sen der Fasanen vermehrten sich diese stark, da                                                                                                             Stieleichen-Ulmen-Wald einer Altersklasse, mit
Heute ist die Hohe Garbe Teil des Grünes Ban-       tischblatt aus dem Jahr 1843 zeigt sich wieder       Raubwild und Raubvögel sehr bejagt wurden.                                                                                                                  wenig Naturverjüngung und einigen Nachpflan-
des – dem einzigartigen Biotopverbund entlang       ein verändertes Bild der Hohen Garbe: Aus einer      Diese Fasanenzucht in der Garbe durch Ober-                                                                                                                 zungen. Mit dem natürlichen Auwald vor der
der ehemaligen Grenze und als Naturschutz-          der kleinen Inseln im Fluss ist der Kälberwerder     förster Reuter war weit über die Grenzen des                                                                                                                Eindeichung der Wische, bestehend aus den
gebiet und Natura 2000 Gebiet geschützt. Dass       entstanden, Wege wurden gebaut und auch die          preußischen Vaterlandes bekannt (Neue Preu-                                                                                                                 Weichhölzern Weide und Pappel in Wasser­nähe
wir Menschen uns aus dieser naturräumlich ein-      Fischerkate in der Nähe des Forsthauses ist ver-     ßische Volkszeitung vom 14. 11. 1863).“ 2 Sogar                                                                                                             und den dahinter stockenden Harthölzern Stiel­
maligen Halbinsel mit unseren Ansprüchen auf        zeichnet.                                            Wilhelm I., damals deutscher König und bald                                                                                                                 eiche, Ulme, Hainbuchen, Esche, und dies immer
Gestaltung weit zurückziehen, ist mit Blick auf                                                          auch Kaiser, sowie der preußische Ministerprä-                                                                                                              in allen Altersklassen, habe er nur noch wenig ge-
die nationale Biodiversitätsstrategie, das Arten­   Vom Urwalde aus Eichen in Viehweiden                 sident und spätere Reichskanzler Fürst Bismarck                                                                                                             mein. Förster Reuter bescheinigt er eine Meister­
sterben, den Klima- und Hochwasserschutz ein        und Wiesen verwandelt                                waren hier zur Jagd zu Gast.                                                                                                                                leistung, denn einfach sei es nicht, alle Bäume
politisch gewollter Prozess. Das Projekt „Le-       Friedrich Reuter war im Dienste der Herren                                                                                                                                                                       in einer Altersklasse auch hoch zu bekommen.
bendige Auen für die Elbe“ hat das Ziel des Bio-    von Jagow zwischen 1831 und 1870 als Verwal-         1846 wird ein Sommerdeich gebaut                                                                                                                            Dafür brauche es nicht nur gute Böden, sondern
sphärenreservates, den Wald der Hohe Garbe als      ter des Forstreviers Garbe zuständig. Reuters        Auf den Hochwasserschutz und seine Auswir-                                                                                                                  auch ein ausgeprägtes bestandsweises Denken.
Kernzone zu schützen, aufgegriffen und um die       forstwissenschaftliche Beiträge ermöglichen          kungen auf die Bodenfruchtbarkeit geht Friedrich
Initiierung auentypischer Verhältnisse erweitert.   uns bis heute die Entwicklung der Hohen Gar-         Reuter ebenfalls in seinen Schriften ein: „Höchst    Die Hohe Garbe um 1850. Deutlich erkennbar sind die ursprünglich typischen Flussinseln, wie der        Hier setzt unser Projekt an
Einige wichtige Veränderungen, die die Hohe         be nachzuvollziehen. Seinerzeit bemängelte er        interessant ist es, den Unterschied in dem Zustand   Kälber­werder im Osten der Hohen Garbe. Quelle: Meßtischblatt aus dem Jahr 1843, Staatsbibliothek zu   Naturnahe Auwälder, die vom Kommen und Ge-
Garbe geprägt haben, wollen wir in diesem Text      den Zustand des Waldes. Denn damals hatten           der Garbe von heute gegen früher, wo dieselbe        Berlin – Preußischer Kulturbesitz.                                                                     hen des Wassers gestaltet werden, sind in ganz
benennen.                                           seit hundert Jahren zwar große Holzhauereien         nur eine kurze Strecke vom Elbwalle geschützt                                                                                                               Deutschland sehr selten und gefährdet. Doch sie
                                                                                                         war, zu betrachten. In den ungeschützten Theilen     Wassermanagement um 1980                            begradigt werden, aber diese Pläne wurden nicht    sind etwas ganz Besonderes: Ausgeprägte Stock-
                                                                                                         richtete das in seinem Laufe ungehemmte Wasser       Mit dem Bau des neuen Hochwasserschutz­             verwirklicht. Der Bodenaushub wurde für den        werke, kleinräumige Strukturen und ein dynami-
                                                                                                         oft unsäglichen Schaden an; es bahnte sich tiefe     deiches in den 1980er Jahren, der heute die         Bau des neuen Deiches genutzt, mit dem sich das    scher Wechsel zwischen Nass und Trockenheit
                                                                                                         Schlenken, riß den Boden auf und überschütte-        Alandniederung von der Hohen Garbe trennt,          Wasserregime veränderte. In der Hohen Garbe        führen zu einer großen Vielfalt an Lebensräumen
                                                                                                         te bei jedem Hochwasser mehrere Morgen mit           wurde nicht nur der alte Sommerdeich, in des-       entstand ein Badewannen-Effekt. Hochwasser,        und folglich auch zu einer hohen Artenvielfalt
                                                                                                         Treibsand.“ 3 Tatsächlich erfolgte 1846 der Bau      sen Schutz Förster Reuter die Hohe Garbe aufge-     das in die Hohe Garbe einströmt, kann nun nicht    im Hartholz-Auenwald. Er gehört zu den arten-
                                                                                                         eines Sommerdeiches, der die bereits bestehen-       forstet hatte, funktionslos. Es entstand auch ein   mehr zügig in die Elbe abfließen.                  reichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Zudem
                                                                                                         den Winterdeiche zur den Wiesen der Garbe hin        neues Gewässer: das nahezu quadratische Ab-         Auf dem Luftbild zu unserem Projektgebiet ist      stellen sie Ökosystemleistungen wie Wasser­
                                                                                                         ergänzen sollte. Dieser hatte vier Schleusen, die    grabungsgewässer. Ursprünglich sollte an dieser     das Abgrabungsgewässer und der Verlauf des         reinigung und Hochwasserschutz zu Verfügung.
                                                                                                         im Winter bzw. Frühjahr geöffnet wurden, um die      Stelle ein neues Flussbett gegraben und die Elbe    Hochwasserschutzdeiches gut zu erkennen.           Die Hohe Garbe ist der einzige nennenswerte
                                                                                                         Garbe zu fluten. Er wollte mit dieser Bauweise si-                                                                                                          alte Auwald mit diesem Potential im 50 Kilome-
                                                                                                         cherlich dem Verlust an Bodenfruchtbarkeit der                                                                                                              ter langen Abschnitt der unteren Mittelelbe von
                                                                                                         Acker und Wiesen entgegenwirken, der mit dem                                                                                                                Wittenberge bis Dömitz. In der Hohen Garbe
                                                                                                         Bau der Sommer- und Winterdeiche einherging                                                                                                                 bot sich die einmalige Chance, einen alten Au-
                                                                                                         und den er wie folgt beschreibt: „Da kein frucht-                                                                                                           wald wieder an die natürliche Dynamik der Elbe
                                                                                                         barer Elbschlick mehr abgelagert werde, gebe es                                                                                                             anzuschließen. Dieser Aufgabe hat sich das Pro-
                                                                                                         Böden, die kaum mehr des Bestellens wert sind,                                                                                                              jekt „Lebendige Auen für die Elbe“ ab 2012 auch
                                                                                                         soviel man auch dünge." ⁴                                                                                                                                   praktisch gestellt.

                                                                                                         Nutzung der Hohen Garbe nach 1945
                                                                                                         Mit der Enteignung 1945 und der Aufsiedlung                                                                                                                 Sonja Biwer,
                                                                                                         des alten von Jagowschen Besitzes im Zuge der                                                                                                               Projektkoordination Öffentlichkeitsarbeit
Wiesen am Aland, Wald auf der Hohen Garbe und lockerer Bewuchs am Elbufer. Quelle: Schmettausches        Bodenreform in der sowjetischen Besatzungs­                                                                                                                 und
Kartenwerk 1767-1787, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz.                             zone sei in der Hohen Garbe ein klein parzel-                                                                                                               Lars Fischer,
                                                                                                         lierter Bauernwald entstanden. Von einer klaren                                                                                                             Büro für Landschaftskommunikation Eberswalde
Urbarmachung durch holländische Neusiedler          stattgefunden, jedoch keinerlei nennenswerte         forstlichen Handschrift, so erzählt Förster Stefan
Bereits im 12. Jahrhundert wurde der Wasser-        Wiederaufforstungen zum Erhalt des Waldes.           Kaiser vom Betreuungsforstamt Nordöstliche
haushalt in diesem Landstrich an der Elbe erst-     Friedrich Reuter schrieb über seine Arbeit: „Sel-    Altmark des Landeszentrums Wald Sachsen-
mals künstlich reguliert. Holländische Neusied-     ten hat ein Forstrevier so hohe Umwandlung           Anhalt in der ersten Ausgabe der Auenzeitung,
ler, die als Experten im Wasserbau galten, legten   erfahren als die Garbe, das in wenigen Jahren        könne seitdem nicht mehr die Rede sein. Im
Dämme entlang der Elbe an und schufen Gräben        aus einem Urwalde von Eichen in Viehweiden           strengen Sinn forstlich genutzt sei das Holz in
und Kanäle zur Entwässerung. Die Niederung          und Wiesen verwandelt wurde. Ich hatte mir die       der Hohen Garbe nicht mehr. Das hat verschie-
wurde so für eine landwirtschaftliche Nutzung       Aufgabe gestellt, mit Rücksicht auf Boden und        dene Gründe: Zwar konnten die Grünland- und
urbar gemacht. So existierte im 12. Jahrhundert     Lage meinen Herren Vorgesetzten durch Anbau          Waldflächen im Grenzgebiet nach 1961 mit Pas-
eine durchgehende Deichlinie. Allerdings han-       von Eichen einen höheren Ertrag zu verschaffen,      sierschein bis zum Ende der DDR wirtschaftlich
delt es sich dabei um niedrige Erdwälle, die nur    als dies durch landwirtschaftliche Benutzung         genutzt werden, aber es wurde allgemein ruhiger.
bedingt Schutz vor Hochwasser boten. Mit den        der Fall war. Dieser Plan ist mir zunächst durch     Hinzu kommt, dass in den 1970er Jahren hier das
im 12. Jahrhundert begonnenen Deichbaumaß-          den Anbau von Eichen und auch Korbweiden             Naturschutzgebiet „Aland-Elbe-Niederung“ aus-                                                                                                               1 Friedrich Reuter, Oberförster in den von Jagowschen
nahmen und lokalen Uferbefestigungen, begann        vollständig gelungen.“ 1 Friedrich Reuter war        gewiesen wurde, und bis heute unter die Nutzung                                                                                                             Forsten zu Garbe bei Wittenberge: Die Kultur der Eiche
– wie an vielen anderen Flüssen – ein Land­         ein Forstmann aus Leidenschaft. Mit viel En-         zum Vorteil von Pflanzen- und Tierwelt reguliert.                                                                                                           und der Weide in Verbindung mit Feldfrüchten zur Erhö-
nahmeprozess, in dem die Elbe über Jahrhunder-      thusiasmus, großer Neugier und Wiss­begierde         Außerdem ist der Standort für den Einsatz von                                                                                                               hung des Ertrages der Wälder und zur Verbesserung der
te hinweg Schritt für Schritt von ihrem ursprüng-   eignete er sich als Autodidakt ein breites Wissen    Forsttechnik nicht geeignet, was das forstliche                                                                                                             Jagd, herausgegeben von seinem Sohne dem kgl. Ober-
lich verzweigten und mäandrierenden Flusslauf       an. Als Anerkennung bekam er den königlichen         Handeln in der Hohen Garbe beschränkt. Des                                                                                                                  förster W. Reuter zu Siehdichum bei Müllrose, Berlin 1875,
abgeschnitten und in ein stabiles Gewässerbett      Kronen­orden Preußens verliehen.                     Weiteren komme hinzu, dass die Eichen teilweise                                                                                                             S. 3 ff
gezwungen wurde.                                                                                         in einem schlechten Zustand sind, so Stefan Kai-                                                                                                            2 Familienchronik der von Jagow, Seite 181
                                                    Die Fasanerie in der Hohen Garbe                     ser. Kann das Wasser nicht abfließen, wie in der                                                                                                            3 Ebenfalls Friedrich Reuter, 1875
Ein Blick in die Karten zur Hohen Garbe             1842 wurden die ersten Fasanen in der Hohen          einen oder anderen alten Flutrinne, dann gehen                                                                                                              4 ebenda
Auf der Schmettauischen Karte aus dem Jahr          Garbe festgestellt. Oberförster Reuter ließ kleine   die Eichen ab – entlang des Forsthauswegs sei das
1787 ist die Aufteilung zwischen Wald und Wie-      Berge aufkarren, die mit Sträuchern und Dornen       gut zu sehen. Und dann ist da noch der Eichen-       Luftbild der Hohen Garbe aus den Jahren 2014-2016. Darstellung auf der Grundlage von Daten des
sen gut zu erkennen. Auch der eher lose Baum-       bepflanzt wurden und eine kleine Futterhütte         prozessionsspinner, der die Bäume schädige.          Landes Brandenburg. © GeoBasis-DE/LGB 2017, LVE 02/09
4       Auenwerkstatt Hohe Garbe / Elbe    2020                                                                                                                                                                                                                            2020    Auenwerkstatt Hohe Garbe / Elbe      5

               Auenreaktivierung in der Hohen Garbe: Von der Vision zur Realität                                                                                  Die Auengewässer wiesen für die Elbaue typische
                                                                                                                                                                  Fischarten (u. a. Schlammpeitzger und Stein­
                                        Einblicke in die Entstehung des Projektes „Lebendige Auen für die Elbe“,                                                  beisser) auf. Bei den Amphibien sind besonders
                                    den vorgefundenen Zustand der Pflanzen und Tierwelt und die Projektergebnisse                                                 die Vorkommen der Rotbauchunke zu erwäh-
                                                                                                                                                                  nen, die bundesweit einen ihrer Vorkommens-
Lenzen: Vor über 10 Jahren gab es über die Un-       wasserschutzes auf der anderen Seite zu schaffen.      flächendeckend erfasst. Dazu zählten u. a. Vö-        schwerpunkte in der Elbtalaue besitzt. Großvögel
tere Naturschutzbehörde des Landkreises Stendal      Ein am Anfang befindliches Bodenordnungs-              gel, aber auch Amphibien, Libellen, Fische und        wie Schwarzstorch und Seeadler wurden nur als
eine erste Anfrage zum Erwerb von Waldflächen        verfahren zeigte mögliche Perspektiven auf. Zu-        Laufkäfer. Ein besonderes Augenmerk galt dabei        Nahrungsgäste nachgewiesen. Ein Brutnachweis
in der Hohen Garbe an den BUND Sachsen-              nächst war es nur darauf fokussiert die Flächen        auch den an (Au)wälder gebundene Arten wie            gelang nicht.
Anhalt im Rahmen des Projektes Grünes Band.          im Eigentum der öffentlichen Hand zusammen             Fledermäuse und totholzbewohnende Käfer. Das          Auf der Grundlage dieser Erfassung konnte ein
Dies war die Initialzündung, sich intensiver mit     zu legen. Dann brachte der Bund für Umwelt             Ergebnis war, dass der Auwald der Hohen Gar-          naturschutzfachliches Entwicklungskonzept er-
diesem Gebiet zu beschäftigen. Dabei zeigte sich     und Naturschutz (BUND) die Idee ins Spiel wei-         be viele wertgebende Arten alter, struktur­reicher    arbeitet werden. Für die Grünlandflächen der
sehr schnell, welch großes Potenzial dieser Au-      tere Flächen zu erwerben, um für das gesamte           Wälder aufweist (u. a. Mittelspecht und auch          Hohen Garbe sieht es die Beibehaltung der ex-
wald an der Elbe als Lebensraum für zahlreiche       Gebiet eine Regelung auf der Grundlage einer           die seltene Teichfledermaus). Auch zahlreiche         tensiven Grünlandbewirtschaftung vor. Gerade
gefährdete Tiere und Pflanzen bietet.                abgestimmten Fachplanung zu finden. Denn es            gefährdete Tiergruppen wie unter anderem tot-         die nördliche Flutrinne mit ihrem Komplex aus
                                                     war klar: Ein solches Verfahren bot dazu eine          holzbewohnende Käfer wurden gefunden. Die             Auengewässer, Grünland und mächtigen Solitär-
Ausgangssituation in der Hohen Garbe                 einmalige Gelegenheit.                                 Funde von sogenannten Urwaldreliktarten, die          bäumen soll dabei in ihrem parkähnlichen Cha-
Die jahrzehntelange Abgeschiedenheit im Schat-       Mit der Antragsstellung für das Projekt „Leben-        nur an Standorten vorkommen, die jahrhunder-          rakter, auch aus Gründen der Landschaftsästhe-
ten der ehemaligen innerdeutschen Grenze hatte       dige Auen für die Elbe“ und der Bewilligung            telang von Wäldern bestockt sind, waren hinge-        tik, erhalten bleiben.
maßgeblich dazu beigetragen, dass ein Auwald­        durch das Bundesamt für Naturschutz wurde              gen eher selten. Dies ist ein Indiz dafür, dass die   Dieses Konzept wurde zwischenzeitlich auch von
juwel an der Elbe erhalten geblieben ist. Dieser     das Auen­ökologische Zentrum des BUND auf              Bäume der Hohen Garbe erst gut 150 Jahre alt          den Behörden als Teil-FFH-Managementplan für
Auwald zeichnet sich durch einen sehr hohen          der Burg Lenzen in die Lage versetzt, ein solch        sind und zum großen Teil aus einer Aufforstung        dieses nach europäischem Recht streng geschütz-
Anteil an dicken alten Eichen und Ulmen aus          umfassendes Projekt in Angriff zu nehmen. Im           hervorgegangen sind.                                  te Natura 2000 Gebiet anerkannt.
und hat auffällig viel Totholz. Viele am Boden       besonderen Fokus stand dabei von vornherein
liegende Stämme, teilweise schon in späten Ver-      der alte Auwald in der Hohen Garbe, weniger die                                                              Ein Geländemodell und hydraulische
fallsstadien, wiesen eindeutig darauf hin, dass      Offenlandflächen. Denn die Hohe Garbe stellt                                                                 Modellierungen folgten
hier schon lange keine intensive Forstwirtschaft     mit ihren knapp 200  Hektar Auwald eine große                                                                Parallel dazu wurde auf der Grundlage von Da-
mehr betrieben wurde.                                Besonderheit in diesem Abschnitt der Unteren                                                                 ten zu den aktuellen Geländehöhen, alten Karten,
Auch die besondere Situation mit einem funk-         Mittelelbe dar.                                                                                              Aussagen heimischer Gebietskenner und eigenen
tionslosen Deich, der nicht mehr für den Hoch-                                                                                                                    Überlegungen sowie Gebietsbegehungen, erste
wasserschutz benötigt wurde, ließ Ideen und          Ein naturschutzfachliches Konzept                                                                            Ideen für geeignete Maßnahmen zur Wiederher-
Visionen entstehen. Die nach der Wende neu           für die Hohe Garbe entsteht                                                                                  stellung weitgehend auentypischer Verhältnisse      Parkähnliche Landschaft in der nördlichen Flutrinne. Foto: D. Leupold
in Kraft gesetzte Naturschutzgebietsverordnung       In einem ersten Schritt wurde mit Hilfe von                                                                  in der Hohen Garbe entwickelt. Denn es zeigte
zeichnete zwar eine Entwicklung vor, aber es fehl-   Fördermitteln des Landes Sachsen-Anhalt ein                                                                  sich sehr schnell, dass die Hohe Garbe in wei-      Daneben wurden weitere biotopersteinrichtende       Unser Fazit
ten die Instrumente um diese in Gänze umzuset-       umfassender Ist-Zustand der Hohen Garbe                                                                      ten Teilen eben nicht mehr ungehindert an das       Maßnahmen auf Naturschutzflächen vorberei-          Die Umsetzung eines solchen Projektes braucht
zen und insbesondere einen Ausgleich zwischen        festgestellt. Denn es zeigte sich, dass es für viele                                                         Hochwassergeschehen der Elbe angeschlossen          tet. Dazu zählen u. a. die naturnahe Gestaltung     einen weitreichenden Interessenausgleich zwi-
den Interessen der privaten Landeigen­tümer auf      Artengruppen keine belastbaren oder aktuellen                                                                war: Der alte Deich verhinderte das Einströmen      von zwei Uferseiten des Abgrabungsgewässers,        schen Anforderungen des Natur- und Hoch-
der einen Seite und den Wünschen und Anforde-        Daten gab. Die Biotoptypen und die für ein sol-                                                              kleinerer Hochwasser­ereignisse. War jedoch erst    die Neuanlage von Kleingewässern sowie ver-         wasserschutzes und den Interessen der privaten
rungen aus Sicht des Natur- aber auch des Hoch-      ches Gebiet wertgebenden Arten wurden dabei            Schwarzstorch. Foto: D. Damschen                      einmal Wasser in der Hohen Garbe, so konnte         schiedene Pflanzmaßnahmen zur Entwicklung           Landeigentümer*innen und -nutzer*innen. Die
                                                                                                                                                                  es nach dem Durch­laufen der Hochwasserwelle        von Auwald auf geeigneten Standorten. Über          Auenwerkstatt im Verbund mit dem Bodenord-
                                                                                                                                                                  kaum wieder abfließen. In Teilbereichen herrsch-    die Umsetzung der Maßnahmen wurde kontinu-          nungsverfahren sind hervorragend geeignete In-
                                                                                                                                                                  te eine „Badewannensituation“ vor. Besonders        ierlich in der Auenzeitung und auf verschiede-      strumentarien, diesen Ausgleich zu schaffen. We-
                                                                                                                                                                  deutlich wurde dies nach dem Jahrhundert­           nen Informationsveranstaltungen und Projekt­        sentlich erleichtert wird ein solches Verfahren,
                                                                                                                                                                  hochwasser im Sommer 2013, als der Auwald der       spazier­gängen berichtet. Im folgenden Beitrag      wenn in ausreichendem Umfang Tauschflächen
                                                                                                                                                                  Hohen Garbe noch wochenlang unter Wasser            auf Seite 6 und 7 stellen wir die im letzten Jahr   außerhalb des Projektgebietes zur Verfügung ste-
                                                                                                                                                                  stand. Ein erheblicher Stressfaktor für die alten   umgesetzten Naturschutzmaßnahmen in der Ho-         hen. Hier ist insbesondere die öffentliche Hand
                                                                                                                                                                  Bäume.                                              hen Garbe vor.                                      als Flächen­eigentümer gefordert.
                                                                                                                                                                  Auf der Grundlage der Geländedaten wurde ein                                                            Naturnahe Auen erbringen eine Vielzahl von Leis-
                                                                                                                                                                  digitales Geländemodell erstellt, das die Grund-    Projektziele wurden erreicht                        tungen für die Gesellschaft (Hochwasserschutz,
                                                                                                                                                                  lage für hydraulische Modellierungen bildete.       Im Ergebnis kann zum Projektende festgehalten       Gewässerreinhaltung, Klimaschutz, Arten- und
                                                                                                                                                                  Zusammen mit Wasserbauingenieuren wurden            werden, dass im Rahmen des Projektes in der         Biotopschutz, Erlebnisraum für den Menschen).
                                                                                                                                                                  dann erste Entwürfe für Maßnahmen zur Besei-        Hohen Garbe alle Projektziele erreicht und teil-    Diese Leistungen reichen in ihrer Wirkung im
                                                                                                                                                                  tigung dieses „Badewannen-Effektes“ entwickelt      weise sogar deutlich übertroffen wurden:            Regelfall weit über das Projektgebiet hinaus.
                                                                                                                                                                  und mittels hydraulischer Modellrechnungen am       • Am Ende des Bodenordnungsverfahren                Die Reduktion von Nährstoffen in der Elbe oder
                                                                                                                                                                  Computer auf ihre Auswirkungen hin betrachtet.         werden sich deutlich über 100 Hektar zu-         die CO2-Bindung in Auenböden und Auwäl-
                                                                                                                                                                  Maßgebliche Rahmenbedingungen waren dabei,             sätzlicher Flächen in der Hohen Garbe im         dern leisten letztendlich auch einen Beitrag zur
                                                                                                                                                                  dass es zu keiner lokalen Verschlechterung der         Eigentum des Naturschutzes befinden. Ur-         Erfüllung internationaler Verpflichtungen der
                                                                                                                                                                  Hochwassersituation bei einem hundertjährigen          sprünglich angestrebt war eine Größenord-        Bundesrepublik Deutschland (Reinhaltung der
                                                                                                                                                                  Hochwasser kommen und keine Beeinträchti-              nung von 50-60 Hektar. Mit sämtlichen pri-       Nordsee, Klimaschutz). Es ist daher wünschens-
                                                                                                                                                                  gung von Privatflächen eintreten durfte.               vaten Waldflächen­  eigentümer*innen in der      wert, wenn künftig weitere Anreize geschaffen
                                                                                                                                                                                                                         Hohen Garbe konnte über Ankauf oder die          und solche Ökosystemleistungen verstärkt ho-
                                                                                                                                                                  Konkrete Maßnahmen abstimmen                           Bereitstellung von Tausch­  flächen außerhalb    noriert werden, damit Flächeneigentümer*innen
                                                                                                                                                                  und umsetzen                                           der Hohen Garbe eine Einigung erzielt wer-       und Landnutzer *innen zusätzlich motiviert sind,
                                                                                                                                                                  In vielen kleinen Einzelschritten wurde sich so        den.                                             sich künftig mit ihren Flächen aktiv an solchen
                                                                                                                                                                  einer optimierten Variante aus einem Komplex        • Damit kann der gesamte Wald der Hohen             Projekten zu beteiligen.
                                                                                                                                                                  verschiedenster Maßnahmen angenähert. Diese            Garbe künftig einer natürlichen Waldent-
                                                                                                                                                                  beinhalten den Anschluss von verlandeten Flut-         wicklung ohne weitere menschliche Eingriffe      Dieter Leupold,
                                                                                                                                                                  rinnen direkt an die Elbe, den Rückbau des alten       überführt werden. Auf über 30 Hektar kann        Projektkoordination Naturschutz
                                                                                                                                                                  Deiches an geeigneter Stelle sowie die Schlitzung      sich neuer Auwald entwickeln, so dass jetzt
                                                                                                                                                                  von Verwallungen und aufgeschütteten Wegen,            insgesamt über 200 Hektar Wald dauerhaft
                                                                                                                                                                  die ein Durchströmen der Hohen Garbe behin-            für den Natur­schutz gesichert sind.
                                                                                                                                                                  derten.                                             • Mit den umgesetzten Maßnahmen zur Auen­
                                                                                                                                                                  Dies alles musste auch immer wieder mit dem            reaktivierung sind weite Teile der Hohen
                                                                                                                                                                  Stand des Bodenordnungsverfahren in Bezug              Garbe wieder an das natürliche Hochwasser­
                                                                                                                                                                  auf die dafür zur Verfügung stehenden Flä-             geschehen der Elbe angeschlossen, eine we-
                                                                                                                                                                  chen abgeglichen und angepasst werden. Daher           sentliche Voraussetzung für die Sicherung
                                                                                                                                                                  konnten viele Maßnahmen auch erst endgültig            und Schaffung auentypischer Verhältnisse.
                                                                                                                                                                  geplant und beim Landkreis zur Genehmigung          • Mit der Inselbildung „Kälberwerder“ entste-
                                                                                                                                                                  eingereicht werden, als belastbare Zwischen-           hen wieder typische Flusslebensräume, wie
Die Hohe Garbe vor der Maßnahmenumsetzung – noch ohne Pflanzungen in den Kümmelstücken und wieder angeschlossene Flutrinnen.                                      stände im Bodenordnungsverfahren erreicht              es sie in diesem Elbabschnitt zuletzt vor über
Foto: RANA F. Meyer                                                                                                                                               waren.                                                 100 Jahren gab.                                  Mittelspecht. Foto: RANA
6       Auenwerkstatt Hohe Garbe / Elbe   2020                                                                                                                                                                                                                          2020    Auenwerkstatt Hohe Garbe / Elbe       7

               Wiederherstellung auentypischer Verhältnisse in der Hohen Garbe                                                                                                                                                                                         Grundstock für eine künftige naturnahe Entwick-
                                                                                                                                                                                                                                                                       lung des Gebietes gelegt werden. Im Gegensatz
                                                    Die letzten Maßnahmen im Projekt werden umgesetzt                                                                                                                                                                  zu herkömmlichen Pflanzverfahren wurde dabei
                                                                                                                                                                                                                                                                       nicht die komplette Fläche bepflanzt. Stattdessen
Lenzen: Die Reaktivierung und der Wiederan-           Lebenspendes Wasser fließt in die Hohe Garbe         Stellen zu öffnen. Unter anderem der „Forst­                                                                                                                sind die jungen Bäume in Pflanzkreisen auf der
schluss ehemaliger Flutrinnen an die Elbe sowie       Nun strömt das Wasser auch schon bei kleineren       hausweg“, welcher etwas erhöht liegt, sorgte                                                                                                                Fläche verteilt, von wo aus sich durch natürliche
der Rückbau von Verwallungen und Schlitzungen         Hochwasserereignissen in die neue Flutrinnen.        dafür, dass sich das Wasser nicht ungehindert                                                                                                               Sukzession der Wald weiter ausbreiten kann. Als
des Altdeiches waren die zentralen Maßnahmen          Die erfolgreiche Wiedervernetzung von Fluss          in der Hohen Garbe verteilen und auch wieder                                                                                                                Schutz vor Wildverbiss dienen dornige Sträucher
zur Wiederherstellung weitgehend naturnaher,          und Aue konnte bei der ersten kleineren Hoch-        abfließen konnte.                                                                                                                                           wie Wildrosen, Weißdorn, Schlehe oder Kreuz-
auentypischer Wasserverhältnisse in der Hohen         wasserwelle im März 2020 belegt werden. Die          Der angefallene Erdaushub wurde direkt vor Ort                                                                                                              dorn. Insgesamt wurden in den Kümmelstücken
Garbe. Diese Arbeiten wurden nach jahrelangen         nördliche Flutrinne wurde dank dieser Maßnah-        zu kleinen Hügeln aufgetragen, was zum einen                                                                                                                so knapp 4.000 Gehölze in 30 Pflanzkreisen ge-
intensiven Vorbereitungen nun erfolgreich um-         men das erste Mal seit 2013 vollständig geflutet,    für Wildtiere als Fluchtmöglichkeit bei höheren                                                                                                             pflanzt. In 2019 und 2020 wurden vor allem
gesetzt.                                              da nun bereits bei Wasserständen etwas oberhalb      Wasserständen dient und zum anderen die zu-                                                                                                                 weitere Nachpflanzungen vorgenommen, um
Nach Erteilung der Genehmigung durch den              von Mittelwasser (mittlerer, durchschnittlicher      künftige Kernzone des Biosphärenreservates vor                                                                                                              unter anderem Trockenschäden auszugleichen.
Landkreis Stendal im August 2019 konnte im            Wasserstand am entsprechenden Pegel-Standort)        der Befahrung mit Fahrzeugen schützt.                                                                                                                       Außerdem wurde nach Beendigung der Arbei-
Herbst 2019 mit der Maßnahmenumsetzung zur            die Elbe das Gebiet durchströmen kann. Am                                                                                                                                                                        ten am Abgrabungsgewässer mit dem Setzen von
Auenreaktivierung begonnen werden. Der feier­         2. März 2020 war mit ungefähr 360 Zentimeter         Auch kleinere Hochwasser sind wichtig                                                                                                                       Weidenstecklingen und der Pflanzung von Sträu-
liche Spatenstich am 4. September 2019 war der        am Pegel Wittenberge der höchste Stand dieser        Für einen Wassereinstrom in Flutrinne 2 hat es                                                                                                              chern – vor allem auch um die Steilwände – bei
offizielle Start der Maßnahmenumsetzung zur           Hochwasserwelle erreicht. Dies entspricht etwa       in 2020 (Stand August 2020) leider noch nicht                                                                                                               der Naturverjüngung etwas nachgeholfen. Auch
Auenreaktivierung, wobei alle Maßnahmen in            80 Zentimeter über Mittelwasser und liegt im-        gereicht: Die Flutrinne 2 würde mit der erfolgten                                                                                                           Anwohner*innen und Schüler*innen der Region
der Bauphase im Herbst/Winter 2019/2020 er-           mer noch deutlich unter einem HQ1, ein Hoch­         Maßnahmenumsetzung zuerst unterstromig, das                                                                                                                 beteiligten sich wieder an der Aufwertung dieses
folgreich umgesetzt werden konnten.                   wasserereignis, das statistisch betrachtet einmal    heißt von Westen aus befüllt werden. Die beiden                                                                                                             wertvollen Lebens­raumes mit Pflanzaktionen im
                                                      pro Jahr auftreten sollte.                           westlichen Schlitzungen werden bei einem Pe-                                                                                                                Rahmen von Projekttagen. Neben den Weiden
                                                      Alte Flutrinnen und Geländemulden waren so           gelstand in Wittenberge von ca. 435 Zentimeter                                                                                                              kommen nun bereits auch Pappeln und Ulmen
                                                      nach der langen Trockenheit wieder gefüllt. Da-      überströmt (etwas unter HQ1). Die fünf Schlit-                                                                                                              hervor. Diese werden in Zukunft für schattige
                                                      durch entstanden neue Wasserflächen auf einer        zungen im Osten werden sogar erst bei einem                                                                                                                 Bereiche sorgen – was auch einem expansiven
                                                      Fläche von über 11 Hektar. Sie bilden Lebens­        statistisch gesehenen 2-jährlichem Hochwasser       Nördlicher Teil des Kälberwerders mit dem Nebengerinne, welches teilweise verlandet ist.                Algenwachstum vorbeugt – und die Sträucher
                                                      räume für zahlreiche Insektenlarven und führten      (HQ2) überströmt. Das entspricht ungefähr ei-       Foto: Allianz Umweltstiftung / J. Mühlstädter                                                           Nahrung und Heimat für viele Insekten und Vö-
                                                      im Frühjahr 2020 auch zu einem Massenvorkom-         nem Pegelstand in Wittenberge von ca. 520 Zen-                                                                                                              gel bieten.
                                                      men aus der Urzeit – dem Schuppenschwanz, ei-        timeter.                                            Ein Inselbiotop im Fluss schaffen                    den sogleich von Uferschwalben besiedelt. In den   Zusätzlich wurde auf 6 Versuchsflächen von je
                                                      nem Kiemenfußkrebs. Diese Wirbellosengrup-           Doch auch diese kleineren Hochwasser sind für       Zielstellung dieser Maßnahme ist es, mit der         Kleingewässern fanden rasch Braunfrösche wie       400 Quadratmetern der Oberboden abgetragen,
                                                      pen stellen wiederum eine gute Nahrungsbasis         die Hohe Garbe wichtig. Durch die Maßnahmen         Inselbildung „Kälberwerder“ ein nahezu ganz-         Moor- und Grasfrosch sowie weitere Amphibien-      um die natürliche Sukzession zu fördern.
                                                      für eine Vielzahl weiterer Arten dar wie z. B. Fi-   kann die Elbe nun auch bei niedrigeren Wasser-      jährig durchströmtes Nebengerinne parallel           arten ein Zuhause. Zusätzlich wurden Reste von     Außerdem wurden autochthone Schwarzpappel-
                                                      sche und Amphibien, die ebenfalls schnell in den     ständen als bisher wieder in den alten Auwald       zum Hauptstrom der Elbe zu schaffen, das sich        alten Betonplattenwegen und befestigen Flächen     Stecklinge als typische, aber besonders seltene
                                                      Flutrinnen und Überschwemmungsbereichen              ein- und ausströmen. Damit ist die natürliche       hinsichtlich Strömungsgeschwindigkeit und            mit einer Größe von gut 1.400 Quadratmeter         und gefährdete Baumart der Weichholzaue in der
                                                      gesichtet wurden. Auch Vögel, vor allem durch-       Dynamik in weiten Teilen der Hohen Garbe            Sohlsubstraten deutlich vom Hauptstrom unter­        rund um das Abgrabungsgewässer zurückgebaut        Hohen Garbe ausgebracht. Im Rahmen des Geo-
                                                      ziehende Watvögel, profitieren von dem erhöh-        wieder gegeben. Auf diesen Wechsel zwischen         scheidet. Dadurch entstehen neue ökologische         und abgefahren, sodass nun sowohl das Abgra-       Tags der Artenvielfalt wurden 2015 im Vorland
Anschluss der Flutrinne an die Elbe im November/      ten Nahrungsangebot in der Aue.                      Überflutung und Trockenheit sind spezialisierte     Nischen, die bisher weitgehend in diesem Ab-         bungsgewässer selbst als auch das Umfeld in ei-    der Elbe einige wenige Exemplare der Schwarz-
Dezember 2019. Foto: D. Leupold                                                                            Tier- und Pflanzenarten der Aue zwingend an-                                                             nem deutlich naturnäheren Zustand sind.            pappel entdeckt. An der Nordwestdeutschen
                                                      Wasserrückhalt in der Landschaft verbessert          gewiesen. So profitieren insbesondere Amphi-                                                                                                                Forstliche Versuchsanstalt läuft seit mehreren
                                                      Die Maßnahmen haben darüber hinaus die               bien, wie die seltene Rotbauchunke, aber auch                                                            14.000 Bäume und Sträucher in                      Jahren ein Projekt zur Vermehrung dieser raren
                                                      Wasserrückhaltung in der Landschaft deutlich         viele Fisch- und Libellenarten sowie weitere an                                                          der Hohen Garbe neu gepflanzt                      Baumart. 200 junge Schwarzpappeln fanden 2020
                                                      verbessert: Es werden mehr Flächen vernässt.         Feuchtgebiete in der Aue gebundene Arten. Denn                                                           Als weitere biotopersteinrichtende Maßnahme,       nun ihren Weg zurück in die Hohe Garbe und
                                                      Sinkt der Pegelstand der Elbe, zieht sich das Was-   nur wenn der Fluss die Aue regelmäßig überflu-                                                           die vor allem der Auwaldentwicklung dient, wur-    können so dazu beitragen, die Art in der Region
                                                      ser zwar zurück, hinterlässt aber wassergefüllte     tet, entsteht das typische Mosaik aus Sandbän-                                                           den insgesamt ca. 14.000 Bäume und Sträucher       zu erhalten. Sie wurden in Grüppchen direkt am
                                                      Senken und Rinnen. Das dadurch ermöglichte           ken, offenen Wiesen mit Tümpeln und Auwald.                                                              in der Hohen Garbe neu gepflanzt.                  Abgrabungsgewässer, als zukünftige Solitärbäu-
                                                      langsame Versickern hat positive Auswirkungen        So können zukünftig viele seltene und geschützte                                                         Bereits 2017 wurden in den sogenannten Küm-        me im Grünland sowie in den Kümmelstücken
                                                      auf die Grundwasseranreicherung und regelmä-         Insekten-, Vogel-, Amphibien- und Fischarten                                                             melstücken erste Pflanzkreisen von je rund         und im Vorland gepflanzt.
                                                      ßige Überschwemmungen führen dazu, dass die          sowie Säugetiere hier wieder einen Lebensraum                                                            100 Quadratmete Größe angelegt. Durch die
                                                      Hohe Garbe nun wieder besser Wasser speichern        finden.                                                                                                  Pflanzung auentypischer Baumarten wie Eiche,       Maria Lindow und Dieter Leupold,
                                                      kann und es bei Trockenheit nach und nach ab-        Und nicht zu vergessen ist der durch die seit nun                                                        Flatter­
                                                                                                                                                                                                                           ulme und Weide konnte dadurch der           Projektkoordination Naturschutz
                                                      gibt. Mit Blick auf die prognostizierte Zunahme      mehreren Jahren anhaltende Trockenheit unter
                                                      von Trockenperioden, wie sie in den letzten bei-     Stress geratene Baumbestand. Er ist ganz beson-     Schuppenschwänze mit schildförmigen Rücken-
                                                      den Jahren schon der Fall waren, ist das wichtiger   ders auf „mehr Wasser“ – von oben oder unten –      panzer sowie Köcherfliegen- und Mückenlarven.
Bereich des Anschlusses bei erster vollständiger      denn je.                                             und einen besseren Wasserrückhalt in der Land-      Foto: D. Leupold
Flutung der Flutrinne im März 2020 mit Faschi-        Um den Wasserrückhalt weiter zu verbessern,          schaft angewiesen.
nensicherung. Foto: D. Damschen                       werden im August/September 2020 basierend auf                                                            schnitt der Elbe fehlen und insbesondere für
                                                      den Erfahrungen aus der ersten Überflutung ab-                                                           Fische und Libellen von hoher Bedeutung sind.
Nördliche Flutrinne ist wiederangebunden              schließende Modellierungsarbeiten zur Höhen­                                                             Damit wird ein ökologischer Zustand erreicht,
Als aufwendigste Baumaßnahme wurde die Wie-           profilierung der Flutrinnen erfolgen.                                                                    wie es ihn zuletzt vor über 100 Jahren an dieser
deranbindung der nördlichen Flutrinne an die                                                                                                                   Stelle mit einer echten Insel in der Elbe gab. Die
Elbe Anfang 2020 fertiggestellt. Der Anschluss        Flutrinne 2 kann wieder vollständig wiederher-                                                           Erreichbarkeit der Grünlandflächen auf dem
nördlichen Flutrinne (Flutrinne 1) führt auf ei-      gestellt durchströmt werden                                                                              Kälberwerder und damit deren landwirtschaft­
ner Länge von ca. 350 Meter und mit einer Breite      Auch die Arbeiten für den Anschluss der süd-                                                             liche Nutzung bleibt auch zukünftig gegeben.
von 8 bis 10 Meter durch den Wald und schafft         lich gelegenen Flutrinne 2 wurden vollständig                                                            Nach Erteilung der Genehmigung durch den
die Voraussetzungen für eine Durchströmung des        ab­geschlossen. Zum einen wurde der Altdeich                                                             Landkreis wird die Maßnahmenumsetzung am
anschließenden Flutrinnenkomplexes. Der Ein-          im Osten an fünf Stellen geschlitzt, an denen                                                            Kälberwerder für Spätsommer/Herbst 2020 an-
strombereich an der Elbe ist durch sogenannte Fa-     die Elbe zum Teil bei den letzten Hochwasserer­                                                          gestrebt.
schinen, eine Holz- und Reisigkonstruktion, vor       eignissen bereits an einigen Stellen geknabbert
Erosion gegen weitere Ausspülungen gesichert.         hatte. Im Rahmen des Projektes wurde nun etwas                                                           Naturnahe Umgestaltung des
Damit der gesamte ca. 2,1 Kilometer lange Flut-       nachgeholfen und der Deich auf je einer Breite                                                           Abgrabungsgewässers und Pflanzungen
rinnenkomplex durchströmt werden kann, wur-           zwischen 20 Meter und 60 Meter aufgebaggert          Luftbild des gesamten nördlichen Flutrinnenkom-     Die Maßnahmen zur naturnahen Umgestaltung
den neben dem Anschluss im Waldbereich auch           und an die Höhe des umliegenden Geländes an-         plexes bei maximaler Flutung im März 2020.          des Abgrabungsgewässers und zur Anlage von
die zentral im Grünland gelegene Querverwal-          gepasst. Zum anderen wurde im Westen der Alt-        Foto: Eulefilm                                      Amphibiengewässern sind ebenfalls vollständig
lung an zwei Stellen geschlitzt. Insgesamt wur-       deich an zwei weiteren Stellen geschlitzt. Dafür                                                         abgeschlossen. Dazu zählen die neu geschaffenen
den über 3.000 Kubikmeter Erdmassen bewegt            wurde auch das alte, nicht mehr funktionstüch-       Mit der Umsetzung dieser Maßnahmen konn-            Flachwasserzonen am Nord- und Ostufer und die
und auf mehrere Auftragsbereiche am Rand der          tige gemauerte Ein-/Auslassbauwerk vollständig       te das Projektziel, eine Auenredynamisierung        abgetragene Uferverwallung. Die Flachwasser­
Flutrinne verbracht. Zum Teil dienen diese als        zurück gebaut und eine Flutmulde zur Verbes-         für weite Teile der Hohen Garbe, erreicht wer-      bereiche dienen als Laich- und Jungfischhabitate
Wild­rettungshügel, da sie 1-1,5 Meter über Ge-       serung der Anströmung modelliert. Außerdem           den. Damit zählt dieses Projekt zu den größten      und die Inseln bieten sichere Brutplätze für bei-
ländehöhe liegen und bei Hochwasser Tieren das        war es notwendig, zwei Wegeverwallungen im           Auen­renaturierungsvorhaben in ganz Deutsch-        spielsweise Kiebitze. Die beiden Steilwände, die     Symbolische Darstellung der Maßnahmenumsetzungen im Rahmen des Projektes in der Hohen Garbe.
Überleben sichern können.                             zentralen Waldbereich der Hohen Garbe an acht        land.                                               am Abgrabungsgewässer entstanden sind, wur-          Quelle: Trägerverbund Burg Lenzen e. V.
8       Auenwerkstatt Hohe Garbe / Elbe   2020                                                                                                                                                                                                                       2020     Auenwerkstatt Hohe Garbe / Elbe              9

                           Ein außergewöhnliches Verfahren neigt sich dem Ende
                          Ein Beitrag von Corinna Thiede vom Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten Altmark

Stendal: Seit 2011 arbeitet das Amt für Land-       Eine Bewertung aller Flurstücke war nötig            des Projekt­ trägers, dem Träger­  verbund Burg      nen Grundbesitz so zu arrondieren, dass seine       Sachsen-Anhalt mbH, der Stiftung für Umwelt,      Das Verfahren setzt auch einen Flächentausch
wirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (ALLF)       Um überhaupt Grundeigentum innerhalb einer           Lenzen e. V. war es, Flächen innerhalb der Hohen     Planungen lagegerecht auf Eigentums­  flächen       Natur- und Klimaschutz des Landes Sachsen-        am Grünen Band zugunsten der SUNK um.
Altmark an dem Flurbereinigungsverfahren Au-        Flurneuordnung in einen anderen Bereich „zu          Garbe zu erwerben, um diese dann arrondiert          realisiert werden können. Nur über intensive        Anhalt (SUNK) und aus privater Hand.              In der künftigen Kernzone erhält das Land
losen-Garbe. Grund für die Durchführung des         verschieben“, bedarf es einer Bewertung der ins      um die zukünftige Kernzone anzuordnen. Das           Abstimmungen zwischen Projektträger und Flur-       Natürlich mussten auch diese Tauschflächen        Sachsen-Anhalt ein abgestimmtes Flurstück zur
Verfahrens sind Anträge auf Zusammenlegung          Verfahren eingebrachten Flurstücke. Dazu er-         ALFF begleitete dazu 42 Vereinbarungen zum           neuordnungsbehörde war es möglich, Maßnah-          einer Wertermittlung unterzogen werden, um        Ausweisung als Naturwaldzelle. Naturwaldzellen
von Flächen der öffentlichen Hand zur Bildung       folgt eine detaillierte, topografische Aufmessung    Flächenerwerb mit rund 95 Hektar. Diese Ver-         men zur Auenreaktivierung in der Hohen Garbe        die Wertgleichheit zwischen altem und neuem       dienen der Erhaltung, Entwicklung und Erfor-
einer ca. 180 Hektar großen Kernzone für das Bio-   des gesamten Gebietes. Hierbei wird ermittelt,       einbarungen bedürfen – sofern sie über ein Flur-     auf zukünftigen Eigentumsflächen des BUND           Eigen­tum sicherzustellen. Die Tauschflächen      schung weitgehend natürlicher oder naturnaher
sphärenreservat Mittelelbe. Darüber hinaus dient    welche Nutzungsarten, Grünland, Wald, Wasser,        neuordnungsverfahren begleitet werden können         oder des Landes Sachsen-Anhalt umzusetzen.          liegen größtenteils ebenfalls in der Gemarkung    Waldökosysteme (§19 LWaldG).
das Verfahren auch einer Strukturverbesserung       Wege etc., in welcher Lage und Größe vorliegen.      – keiner notariellen Beurkundung, haben aber                                                             Aulosen oder angrenzenden Gemarkungen. Die
landwirtschaftlich genutzter Flächen von privaten   Diese unterschiedlichen Nutzungsarten haben          die gleichen rechtlichen Wirkungen. Neben dem        Flächentausch auch aus der Hohen Garbe              Eigentümerinnen und Eigentümer sehen mittler­     Die Wirkungen des Verfahrens
Grundeigentümerinnen und -eigentümern und           auch unterschiedliche Wertigkeiten. In einem         Ziel des Grunderwerbs durch den Projektträger        heraus                                              weile den Flächentausch als Möglichkeit, neues    Jetzt ist der abschließende Zusammenlegungs-
Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern durch       Wertrahmen, der spezifisch für jedes Verfahren       sollten umfangreiche Maßnahmen zur Auenre-           Und was passierte nun mit all denen, die ihr        Eigentum in einem Gebiet zu erhalten, das in      plan (Eigentumsurkunde) aufgestellt. Dieser fasst
Arrondierung von kleinflächigem Grundbesitz.        aufgestellt wird, sind diese unterschiedlichen       aktivierung im Gebiet – parallel zum laufenden       privates Eigentum in der Hohen Garbe nicht          geringerem Maße Wasserschwankungen der Elbe       die Ergebnisse zusammen und beinhaltet neben
Seit 2014 unterstützt das Flurbereinigungsver-      Nutzungen zueinander in ein Wertverhältnis zu        Flurneuordnungsverfahren – umgesetzt werden          verkauft haben? In den Zeiten der ersten            bzw. naturschutzfachlichen Bewirtschaftungsbe-    einem Textteil, Nachweise für alle Beteiligten, die
fahren auch das Projekt „Lebendige Auen für die     setzen, um zu garantieren, dass jede Eigentüme-      und genau darin bestand die ungewöhnliche            Kontakt­aufnahme mit den privaten Grundeigen-       schränkungen unterliegt. Mit der Zurverfügung-    ihr Eigentum alt und neu ausweisen inklusive der
Elbe“. Mehrfach wurde dazu bereits in der Auen-     rin und jeder Eigentümer zum Abschluss der           Herausforderung. Die erworbenen Flächen/Flur-        tümerinnen und -eigentümern, vor ca. 5 Jahren,      stellung von Tauschflächen außerhalb der Hohen    Regelung der Rechte im Grundbuch und in an-
zeitung berichtet. Nun steht das Verfahren kurz     Flurneuordnung wertgleiche neue Flurstücke im        stücke des Projektträgers lagen „zerstreut“ im ge-   war ziemlich einhellig der Tenor, wir behalten      Garbe war es möglich, auch die privatnützigen     deren öffentlichen Büchern, sowie Karten zu den
vor seinem Abschluss.                               Verhältnis zu seinen eingebrachten Flurstücken       samten Gebiet.                                       unser Eigentum in der Hohen Garbe, lediglich        Interessen im Verfahren maßgeblich zu berück-     alten und neuen Flurstücken. Nach der Geneh-
Flurneuordnung, wie das Wort schon sagt, ord-       erhält. Für dieses Verfahren war beabsichtigt, ei-   Die heute weitestgehend umgesetzten Maßnah-          eine Arrondierung im Gebiet ist gewünscht.          sichtigen.                                        migung durch das Landesverwaltungsamt beab-
net Grundbesitz in einem abgegrenzten Gebiet        nen vereinfachten Wertrahmen aufzustellen.           men sollten aber an den geeigneten Stellen auf       Die Vorstellung des Projektträgers, über geeig-                                                       sichtigen wir die Bekanntgabe des Planes für die
neu; es wird zersplitterter land- und forstwirt-    Da neben dem Wert des Waldbodens auch der            künftigen Eigentumsflächen des BUND bzw. des         nete Tauschflächen außerhalb des Kerngebietes,      Die Ergebnisse der Flurneuordnung                 Beteiligten im IV. Quartal 2020 durchzuführen.
schaftlicher Grundbesitz zu größeren und da-        Baumbestand mit in die Bewertung einfließen          Landes umgesetzt werden und nicht bei Privat-        weitere Flächen der Hohen Garbe naturschutz-        Die Ergebnisse des Verfahrens lassen sich wie     Was das Flurneuordnungsverfahren bewirkt hat,
mit effektiver nutzbaren Flächen zusammen­          musste, haben wir diesen durch einen forst­          eigentümerinnen und -eigentümern! Und hier           fachlichen Zielen zuzuführen und damit privates     folgt zusammenfassen:                             belegen die nachfolgenden meist gerundeten
gelegt. Topographische Strukturen, die sich in      lichen Sachverständigen bewerten lassen. Dabei       kommt die besondere Bedeutung des Flurneu-           Eigentum herauszutauschen, war ein Entwick-         Durch die Ausweisung einer rund 170 Hektar        Zahlen und die Gegenüberstellung der Karten alt
der Vergangenheit umfangreich geändert haben,       stellte sich heraus, dass der Wald in der Hohen      ordnungsverfahrens zum Tragen, zersplittert          lungsprozess bei allen Projektteilnehmenden, der    großen Kernzone wird das Hauptziel des Ver-       und neu (nur Hohe Garbe ohne Tauschflächen)
stimmen häufig nicht mehr mit den Eigentums­        Garbe einerseits sehr heterogene, andererseits       erworbenen Grundbesitz zu arrondieren und            sich über mehrere Jahre hinzog. Die durch den       fahrens erreicht. Mit angrenzenden Flächen, die   eindrucksvoll:
grenzen überein. Auch hier wird eine Regulie-       aber auch sehr hochwertige Bestände aufweist,        in der gewünschten Lage neu auszuweisen. Die         Projektträger betriebene Öffentlichkeitsarbeit      künftig im Eigentum des BUND stehen, könnte
rung durchgeführt.                                  was dazu geführt hat, dass über 30 verschiedene      Maß­nahmen sind, da die Projektdauer begrenzt        zu den Maßnahmen zum Schutz des Auwaldes            die Kern­zone ggf. noch um 30-50 Hektar erwei-                                        ALT        NEU
Mit der ursprünglichen Verfahrensabgrenzung         Waldwertzonen entstanden sind, die sich alle im      ist, nun vielfach schon umgesetzt, obwohl die        und zur Entwicklung der Auenlebensräume hat         tert werden.
von ca. 550 Hektar hätten die eingangs genann-      Wertrahmen wiederfinden mussten. Resultat war        abschließende Eigentumsregelung noch aus-            sicher mit dazu beigetragen, dass das Interesse     Privates Eigentum liegt künftig nur noch in        Anzahl der Flurstücke:             541        40
ten Verfahrensziele erreicht werden können: die     eine sehr aufwändige Wertermittlung!                 steht. Für die Umsetzung der einzelnen Maß-          an Tauschflächen außerhalb der Hohen Gar-           Deichnähe bzw. auf dem Kälberwerder. Größ-         Ø Flurstücksgröße:                 1 ha       14 ha
Arrondierung des zersplitterten Grundbesitzes                                                            nahmen hat die Flurneuordnungsbehörde somit          be bis ins Frühjahr 2020 gestiegen ist. Intensive   tenteils erhalten private Eigentümerinnen und
des Landes Sachsen-Anhalt in der geplanten          Als Behörde auch „Neuland“ betreten                  bereits im Vorfeld gegenüber den genehmigen-         Verhandlungen haben im Ergebnis dazu geführt,       Eigentümer neue Eigentumsflächen außerhalb         Private Eigentümerinnen            50         9*
Kernzone, die Neuordnung des privaten Grund­        Mit den durch das Projekt „Lebendige Auen für        den Stellen bestätigt, dass Maßnahmen umge-          dass rund 100 Hektar Tauschflächen zum Ver-         der Hohen Garbe. Projektziele des BUND konn-       und Eigentümer:
eigentums um die Kernzone und die Auswei-           die Elbe“ ergänzten Verfahrenszielen betraten        setzt werden können, da hier künftiges Eigen-        fahren hinzugezogen wurden, um für weichende        ten mit Hilfe des Verfahrens umgesetzt werden.     Privates Eigentum in ha:           160 ha     33 ha
sung eines Elbeflurstücks mit einer Fläche von      wir als Flurneuordnungsbehörde auch ein we-          tum für den BUND oder die öffentliche Hand           Grundeigentümerinnen und -eigentümer aus            Für den Landesbetrieb für Hochwasserschutz
ca. 140 Hektar. In dem ausschließlich geplanten     nig „Neuland“. Das Projekt verfolgt das Ziel, die    entstehen wird. Dem Projektträger selbst wäre        der Hohen Garbe zur Verfügung zu stehen. Die        und Wasserwirtschaft (LHW) wurde ebenfalls        * Die Reduzierung der privaten Eigentümerinnen und Ei-
Tauschverfahren waren Verkäufe bzw. Ankäufe         besondere Auenlandschaft der Hohen Garbe zu          es über notarielle Ankäufe ohne Flurneuord-          Tauschflurstücke stammen aus dem Eigentum           Grunderwerb getätigt, der damit seinen Flächen-   gentümer resultiert aus Verkäufen und der Bereitstellung
nicht vorgesehen.                                   sichern und nachhaltig zu entwickeln. Ein Ziel       nung nicht gelungen, den zersplittert erworbe-       des Landes Sachsen-Anhalt, der Landgesellschaft     bedarf am Hauptdeich decken konnte.               von Tauschflächen außerhalb der Hohen Garbe.

Aulosen-Garbe Einlagekarte © Geodienst MULE LSA mlu.sachsen-anhalt.de / Geobasisdaten © LVermGeo LSA lvermgeo.sachsen-anhalt.de / 010312                      Aulosen-Garbe Abfindungskarte © Geodienst MULE LSA mlu.sachsen-anhalt.de / Geobasisdaten © LVermGeo LSA lvermgeo.sachsen-anhalt.de / 010312
10       Auenwerkstatt Hohe Garbe / Elbe   2020                                                                                                                                                                                                                         2020    Auenwerkstatt Hohe Garbe / Elbe        11

       Die Entwicklung der Hohen Garbe im Bundesprogramm Biologische Vielfalt                                                                               S. Lehmann: Die Hohe Garbe ist eines der letz-
                                                                                                                                                            ten verbliebenen, annähernd naturnahen Auen­
                                                                                                                                                                                                                  Gibt es etwas, das Sie im Rahmen des Projektes
                                                                                                                                                                                                                  aus naturschutzfachlicher Sicht überrascht hat?
                                                                                                                                                                                                                                                                        Bewohner und Landbesitzende oder seien es
                                                                                                                                                                                                                                                                        kommunale und überregionale Entscheidungs-
                                    Ein Gespräch mit Bernd Neukirchen vom Bundesamt für Naturschutz sowie                                                   gebiete, die einstmals die Landschaft Deutsch-                                                              tragende, von Anfang an mit eingebunden sein.
                    Dr. Susanne Lehmann und Detlef Heckhoff vom Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt                                  lands und Mitteleuropas geprägt haben. Es             B. Neukirchen: Es ist immer wieder bemerkens-         Gleich zu Beginn wurden – auch über die jähr-
                                                                                                                                                            ist wunderbar zu sehen, dass wir die Ziele des        wert, wie schnell die Natur auf Renaturierungen       lich in einer Auflage von über 6.500 Exempla-
Mit dem Bundesprogramm Biologische Vielfalt        „chance.natur“ oder im „Bundesprogramm Blau-         menwirken verschiedenster Akteure auf lokaler,      2012 ambitioniert gestarteten Projektes dank          reagiert und wie schnell auch die Spuren der          ren erscheinende Auenzeitung – die Ziele und
hat das Bundesumweltministerium im Jahr 2011       es Band Deutschland“. Wir stehen dem DLR Pro-        regionaler und bundesweiter Ebene.                  der Unter­stützung so vieler Akteure tatsächlich      Bauarbeiten verschwinden. In den Flachwasser-         Ideen transparent und offen vorgestellt, erklärt
ein Programm zum Erhalt und zur Förderung          jektträger und dem Projektteam vor Ort gerne         D. Heckhoff: Ich habe das im Herbst 2012 bewil-     erreicht haben: die Rückgabe der Hohen Garbe          zonen sind Hecht und Schleie zurück, der Moor-        und diskutiert, um der lokalen Bevölkerung
der Biologischen Vielfalt in Deutschland aufge-    beratend zu Seite.                                   ligte Projekt im Januar 2016 übernommen und         an die Natur und die bessere Wahrnehmung              frosch und viele andere Amphibienarten nehmen         nicht nur Einblicke in die Projektumsetzung und
legt, um das internationale UN-Abkommen zum                                                             bin seither für dessen administrative Betreuung     der Bedeutung von Auen und ihrer vielfältigen         die neuen Lebensräume ebenso an wie die Ufer-         Mitgestaltungsmöglichkeiten zu geben, sondern
Schutz der Biodiversität (CBD) in Deutschland      Das BfN hat den DLR Projektträger mit der            zuständig. Dazu gehören unter anderem der           Funktionen.                                           schwalbe die neuen Abbruchkanten. Man darf            auch um Sorgen zu äußern, die in solchen schon
umzusetzen. Die Ziele der Projektförderung sind    Projektbegleitung beauftragt. Frau Dr. Leh-          Zahlungsfluss an den Trägerverbund Burg Len-        Es gab viele Hürden und Verzögerungen durch           gespannt sein, wie sich das Gebiet in den nächs-      immer von Hochwassern betroffenen Regionen
zum einen der Schutz derjenigen Arten und Le-      mann und Herr Heckhoff, Sie sind dort im             zen (TVBL) als Zuwendungsempfänger der För-         lange Behörden- und Genehmigungswege, die             ten Jahren entwickelt und welche Arten ein neues      zum Alltag dazu gehören.
bensräume, für die Deutschland eine besondere      Bereich „Umwelt und Nachhaltigkeit – Leben,          dermittel sowie das Berichtswesen, denn jährlich    ein so komplexes Projekt erfordert: Gutachten         Zuhause finden.                                       Ein sehr überzeugendes Ergebnis ist der über alle
Verantwortung trägt und zum anderen die ver-       Natur, Vielfalt“ für das Bundesprogramm              legt der Zuwendungsempfänger einen Nachweis         zur Hochwassertauglichkeit von Maßnahmen,             S. Lehmann: Ich möchte über das Naturschutz-          Erwartungen hinaus gelungene Flächentausch im
besserte Wahrnehmung von Biodiversität in Po-      Biologische Vielfalt zuständig und für inhalt-       zur Verwendung der im Vorjahr verausgabten          ein Bodenneuordnungsverfahren, die Prüfung            fachliche hinaus antworten. In der Anfangsphase       Rahmen des Bodenneuordnungsverfahrens. Vor
litik und Gesellschaft. Unser Projekt „Lebendige   liche und administrative Fragen zum Projekt          Bundesmittel vor. Dieser muss sowohl fachlich       von verfügbarem Land zum Flächentausch etc.           des Projektes hat dreimal die Projektleitung ge-      allem die Tauschbereitschaft der Menschen mit
Auen für die Elbe“ wird in diesem Rahmen vom       ansprechbar. Was sind Ihre Aufgaben und wie          als auch administrativ geprüft werden. Die Bear-    Das Projekt hat sich auch viel Zeit genommen,         wechselt, nachdem die bis zum Schluss engagier-       Landbesitz in der Hohen Garbe und die Arbeit
Bundesamt für Naturschutz (BfN) gefördert und      haben Sie Einblick in die Projektarbeit genom-       beitung von Änderungsanträgen sowie die dies-       um Bedenken und Sorgen der lokalen Bevölke-           te Mitinitiatorin Birigt Felinks viel zu jung kurz    des Amtes für Landwirtschaft, Flurneuordnung
vom Projektträger im Deutschen Zentrum für         men?                                                 bezügliche Abstimmung mit dem BfN gehören           rung zu diskutieren und nach gemeinsamen Lö-          nach Start des Projektes verstorben war. Dass         und Forsten Sachsen-Anhalt (ALFF) haben dar-
Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR PT) durch ein                                                            ebenfalls zu meiner Arbeit.                         sungen zu suchen. Und dann war die Natur dem          danach zu keinem Zeitpunkt das Engagement             an zentralen Anteil.
Programmbüro inhaltlich und verwaltungstech-       S. Lehmann: Die Biodiversität spielt leider hinter   Einblick in den konkreten Ablauf des Projektes      Projekt nicht immer wohlgesonnen: Ein Sturm           und die großen Ziele verloren gegangen sind, war      Ein weiteres sichtbar bleibendes Projektergebnis
nisch begleitet. Bernd Neukirchen vom BfN, so-     dem Klimawandel eine unterschätzte und un-           habe ich durch die Teilnahme an Sitzungen der       im Herbst 2018 vernichtete Teile des gerade neu       sehr beeindruckend zu sehen.                          ist die App-geführte Fahrradtour, die gemeinsam
wie Dr. Susanne Lehmann und Detlef Heckhoff        tergeordnete Rolle in der Wahrnehmung durch          PAG und die damit verbundenen Exkursionen           installierten Auenerlebnisgeländes im Burgpark        Ich glaube, dass das auch an der besonderen           mit Menschen entwickelt wurde, die die Land-
vom DLR PT stehen dem Projekt seit Jahren zur      Politik und Gesellschaft. Wir wollen mit den         ins Projektgebiet gewinnen können. Es ist immer     in Lenzen und die Trockenheit setzte den Neuan-       Landschaft mit ihrer Atmosphäre liegt, die rund       schaft und Geschichte der Gegend kennen – hier
Seite. Wir sind mit ihnen über unser Projekt und   Projekten, die wir unterstützen, das Verständnis     interessant, jenseits der Anonymität von Zahlen     pflanzungen in der Hohen Garbe zu.                    um die Burg Lenzen und in hohem Maße um die           insbesondere die bewegte Geschichte als inner-
dessen Einordnung in die nationale Naturschutz-    für Biodiversität erhöhen und ihren Erhalt ver-      ganz plastisch zu sehen, wie und wofür die von      Aber letztlich wurden die Ziele erreicht: dank        Hohe Garbe zu finden ist, und in jeder Jahreszeit     deutsches Grenzland. Natur ist auch immer ein
strategie ins Gespräch gekommen.                   bessern.                                             uns im Auftrag des BfN verwalteten Mittel ver-      der hervorragenden Zusammenarbeit mit den             eine ganz besondere Ausstrahlung hat. Sie be-         Teil der Erinnerungslandschaft von Menschen,
                                                   Wir begleiten alle Projekte von der Einreichung      wendet werden.                                      Behörden, durch die Tausch- und Verkaufsbe-           rührt auf eine besondere Weise.                       und Wertschätzung von Natur entsteht durch
Herr Neukirchen, Sie leiten das Fachgebiet         einer ersten Skizze, über die Antragstellung bis                                                         reitschaft vieler Eigentümerinnen und Eigen-          Als nach der Schaffung einer neuen Steilwand am       eine Mischung aus Erleben, Erkennen und Wis-
„Gewässerökosysteme, Wasserhaushalt, Blaues        zur Bewilligung und Durchführung sehr eng,           Das Projekt neigt sich nach acht Jahren dem         tümer und durch ein großes Interesse der loka-        Abgrabungsgewässer in kürzester Zeit die seltene      sen. Das spiegelt auch das im Projekt entstandene
Band“ des BfN. Was waren die Gründe für die        immer in Tandems aus wissenschaftlichen Mit-         Ende zu. Wie schätzen Sie den Projektverlauf        len Bevölkerung an vielen Veranstaltungen, an         Uferschwalbe gleich ihre Bruthöhlen baute und         Auenerlebnisgelände der Burg Lenzen.
Projektförderung durch ihr Amt und wie lässt       arbeitenden, in diesem Fall mir, und Förder­         und die bisherigen Ergebnisse ein?                  Workshops, an der Bürgerbeteiligung über die          dort einzog und als nach der Schlitzung des Alt-      Für mich als Biologin ist aber der größte Projekt-
sich Ihre Arbeit für das Projekt beschreiben?      mittelmanagenden, in diesem Fall Herrn Heck-                                                             sogenannte Auenwerkstatt, an der immer belieb-        deiches die Elbe in die neuen Flutrinnen strömte      schatz natürlich die Hohe Garbe selbst, die nun
                                                   hoff. Ich bin Biologin und zu meinen Aufgaben        B. Neukirchen: Wenn man sich die Bilder vom         ter werdenden Reihe dieser Auenzeitung, an dem        und der Kammmolch und viele weitere Amphibi-          sich selbst überlassen bleibt und in der sich die
B. Neukirchen: Das Projekt „Lebendige Auen für     zählt die Begleitung und Beratung auf fachlicher     ersten Einströmen der Elbe in die Hohe Garbe im     Kindertheaterstück über den Auenelfen und an          en und Fischarten neue Räume erobern konnten,         Elbe je nach Wasserstand nun nach jahrzehnte-
die Elbe“ zeigt bereits im Titel, worum es geht:   Ebene. Wir beurteilen eingehende Projektvor-         Frühjahr diesen Jahres ansieht, bekommt man ei-     dem neu gestalteten Auenerlebnisgelände „Au-          spürte man: Hier kommt etwas wieder, was der          langer menschengemachter Einengung wieder
Nämlich um die Wiederanbindung der Aue an          schläge und geben sie mit unserer Bewertung an       nen guten Eindruck davon, dass hier tatsächlich     enReich“ im Park der Burg Lenzen.                     Mensch durch seine raumgreifende Lebensweise          ihren Weg suchen kann. So wird sehr vielen
das Regime der Elbe und die Entwicklung ei-        das BfN weiter. Wird ein Projekt von allen Gre-      ein Stück der auentypischen Dynamik wieder-         Zwei Maßnahmen waren naturschutzfachlich              immer mehr zurückgedrängt hat.                        auen­gebundenen Tier- und Pflanzenarten wieder
ner wertvollen Auenlandschaft. Mit dem Auen­       mien für gut befunden, beraten wir bei der An-       hergestellt wurde. Das begrüßen wir sehr, weil es   von zentraler Bedeutung: die Umgestaltung des                                                               Lebensraum geschenkt.
zustandsbericht aus dem Jahr 2009 wurden           tragstellung und begleiten bis zum Projektstart.     die bundesweiten Ansätze zur Auenentwicklung        Abgrabungsgewässers in der Hohen Garbe und            Seit 2015 wird die Nationale Strategie zur bio-       Welche langfristigen Auswirkungen die Maßnah-
die bundesweiten Defizite im Auenschutz klar       Dann stehen wir für alle Fragen zur Verfügung.       unterstützt.                                        die Schlitzungen des Altdeichs, die es der Elbe er-   logischen Vielfalt durch die Naturschutz-Of-          men rund um Deichschlitzung, Umgestaltung
benannt. An den großen Flüssen sind zum Teil       Einmal im Jahr treffen wir uns bei sogenannten       Wie bei den anderen Naturschutzprojekten an         möglichen, wieder selbstbestimmt ihren Weg zu         fensive 2020 ergänzt. Mit dieser Offensive hat        des Abgrabungsgewässers, Naturverjüngung und
nur noch 10 bis 20 Prozent der ehemaligen Auen     PAGs (Projektbegleitenden Arbeitsgruppen) mit        der Elbe werden nicht nur naturnahe Lebensräu-      finden und je nach Wasserstand frei in die Hohe       sich die Bundesregierung ehrgeizige Ziele auch        Neuanpflanzungen von auentypischen Bäumen,
aktiv in das Überflutungsgeschehen einbezogen      den Projektdurchführenden und weiteren zent-         me mit einer sehr hohen Artenvielfalt wiederher-    Garbe ein- und auszuströmen. Jetzt kann sich          für unsere Flussauen gesetzt. Wie weit sind die-      die Neuanlage von Kleingewässern, Steilwänden
und befinden sich überwiegend in keinem guten      ralen Akteuren vor Ort. Gemeinsam werfen wir         gestellt, sondern zugleich aktive und attraktive    eine einzigartige Naturlandschaft ohne weitere        se Ziele erreicht und welchen Beitrag konnte          und Flutrinnen haben, wird sich erst in Jahren
Zustand. Hier an der Hohen Garbe wird durch        einen Blick auf den aktuellen Projektstand, ge-      Wasserrückhalteflächen für die Hochwasservor-       menschliche Eingriffe entwickeln.                     unser Projekt dazu leisten?                           zeigen. Ich bin sicher, dass sich zukünftig in der
das Projekt mit der Schlitzung von funktionslos    gebenenfalls notwendige Änderungen und viele         sorge geschaffen. Die Auen an der Elbe werden                                                                                                                   Hohen Garbe wieder Schwarzstörche, Seeadler,
gewordenen Altdeichen aktiv gegengesteuert.        weitere fachliche Aspekte. Die PAG ist das zent-     in der Tat wieder ein Stück lebendiger. Intakte     Wissenschaftliche Teilprojekte, praktische            B. Neukirchen: Das Projekt leistet einen wichtigen    Fischotter, Moorfrösche, Eremiten und viele wei-
Das ist ein sehr wichtiger Baustein zum Erhalt     rale Instrument der gemeinsamen Steuerung und        Auen­landschaften sind zudem attraktive Erho-       Baumaßnahmen, Umweltbildung, Flächen-                 Beitrag zur Renaturierung und Entwicklung der         tere selten gewordene Tierarten tummeln und
einer naturnahen Flusslandschaft Elbe. Insofern    dient auch der Vertrauensbildung.                    lungs- und Erlebnisräume, sie halten große Men-     kauf, Beteiligung vor Ort – um die Projektziele       Flusslandschaft Elbe. Insofern ist es ein wichtiger   ein neuer Auwald mit all seinen typischen Pflan-
haben die Zielrichtung und das Umsetzungs-         Obwohl die Projektdurchführenden immer die           gen an Stickstoff und Phosphor zurück und sie       zu erreichen, wurden viele Partner eingebun-          Baustein zur Erreichung der Nationalen Strategie      zengemeinschaften entstanden sein wird.
konzept alle Gremien, die an der Bewertung des     Spezialisten sind, können wir mit dem Blick von      fungieren als Kohlenstoffspeicher. Besser geht es   den, nicht wenige Geldmittel eingesetzt und           zur biologischen Vielfalt.                            Es kommt bei unseren Projekten selten vor, dass
Projekts „Lebendige Auen für die Elbe“ bei der     außen und den Erfahrungen aus anderen Projek-        kaum.                                               auch zwei Laufzeitverlängerungen genehmigt.           Es korrespondiert mit den Zielen, den natür­          der Mensch der Natur ihren Raum endgültig zu-
Antragsstellung beteiligt waren, überzeugt.        ten dazu beitragen, Lücken zu erkennen oder zu       Bundesweit brauchen wir viele weitere solcher       Können Sie uns Einblick in den Verwaltungs-           lichen Hochwasserschutz zu stärken und mit der        rückgibt. Das ist hier gelungen und macht Mut
Unser Fachgebiet hier im BfN beschäftigt sich      Problemlösungen beizutragen. Wir sehen meist         großen Projekte. Denn nur so können wir die         aufwand für solche Naturschutzgroßprojekte            Zielsetzung des Bundesprogramms Blaues Band           für weitere Projekte.
sowohl mit den übergeordneten Themen des           schnell, wo Dinge gut laufen, aber auch, wo es       Biotop- und Artenvielfalt in den Auen dauerhaft     geben?                                                Deutschland, das an den Bundeswasserstraßen           Projekte wie „Lebendige Auen für die Elbe“ zei-
bundesweiten Auenzustands als auch mit der         Nachbesserungsbedarf oder Vernetzungsmög-            sichern und die Fläche der rezenten Auen – also                                                           einen Auen-Biotopverbund von bundesweiter             gen uns Wege auf, wie wir in Zukunft achtsamer
Förderung von Projekten im Bundesprogramm          lichkeiten gibt. Zentral für uns ist das Zusam-      der noch überflutbaren Auen – vergrößern.           D. Heckhoff: Ich will nicht verhehlen, dass es –      Bedeutung errichten will. Und es trägt dem An-        mit der Natur umgehen und das Nebeneinander
                                                                                                                                                            vor allem aufgrund verschiedener Wechsel der          spruch des Gesamtkonzepts für die Elbe Rech-          von Mensch und Natur wieder in mehr Einklang
                                                                                                                                                            handelnden Personen sowohl beim Programm-             nung, welches die schifffahrtliche Nutzung und        bringen können. Das zu erleben wünsche ich
                                                                                                                                                            büro im DLR PT als auch beim Zuwendungs-              die Entwicklung einer möglichst naturnahen            vielen Besucherinnen und Besuchern der Burg
                                                                                                                                                            empfänger – zu einigen Anlaufschwierigkeiten          Auen­landschaft in Einklang bringen will.             Lenzen und der Elbe-Aland-Niederung, denn
                                                                                                                                                            gekommen ist. Diese konnten jedoch dank der           Durch die umsichtige Planung und die transparen-      es öffnet Herzen und auch neue Sichtweisen für
                                                                                                                                                            konstruktiven Herangehensweise aller Beteilig-        te Vorgehensweise der Projektverantwortlichen ist     eine nachhaltigere Zukunft.
                                                                                                                                                            ten rasch beseitigt werden.                           das Vertrauen in solche Projekte gewachsen.           B. Neukirchen: Unabhängig von wissenschaft­
                                                                                                                                                            Das Projekt selbst ist mit zunächst vier, später                                                            lichen Erkenntnissen ist es für künftige Träger
                                                                                                                                                            fünf externen Beteiligten wie zum Beispiel dem        Die abschließende wissenschaftliche Auswer-           von Naturschutzgroßprojekten besonders wich-
                                                                                                                                                            WWF-Aueninstitut am KIT Karlsruhe oder der            tung des Projektes steht noch aus. Haben Sie          tig, sich auf die Erfahrungen, die in solchen
                                                                                                                                                            TU Berlin in der Bearbeitung äußerst anspruchs-       dennoch bereits Erkenntnisse gewonnen, die            Projekten wie „Lebendige Auen für die Elbe“
                                                                                                                                                            voll. Hier hat das Programmbüro nicht nur die         für eine erfolgreiche Durchführung zukünf-            gemacht wurden, stützen zu können. Dass die
                                                                                                                                                            Ausgaben des Zuwendungsempfängers, sondern            tiger Naturschutzgroßprojekte von Wert sein           Erfahrungen aus diesem Projekt weitergegeben
                                                                                                                                                            auch die jedes dieser Beteiligten in den jährlichen   können?                                               werden, ist unter anderem durch die vielfältigen
                                                                                                                                                            Verwendungsnachweisen zu prüfen. Aufgrund                                                                   Veranstaltungen im Tagungszentrum der Burg
                                                                                                                                                            der fachlichen Komplexität haben sich darüber         S. Lehmann: Zentral für Erfolge ist in meinen         Lenzen sichergestellt.
                                                                                                                                                            hinaus während der gesamten Laufzeit insgesamt        Augen etwas, was dieses Projekt vor allem aus-
                                                                                                                                                            40 Änderungsanträge ergeben, deren Bearbei-           zeichnet: Kommunikation, Achtsamkeit für re-          Vielen Dank
                                                                                                                                                            tung sehr anspruchsvoll war. Wenn man jedoch          gionale Besonderheiten und Transparenz. Um
                                                                                                                                                            nun, zum Ende des Förderzeitraums, das sich ab-       Projektziele auch nach dem Ende einer Förder-
                                                                                                                                                            zeichnende Ergebnis sieht, hat sich der Aufwand       laufzeit nachhaltig wirksam zu machen, sollten        Die Fragen stellte Lars Fischer,
Detlef Heckhoff Foto: D. Heckhoff)                 Dr. Susanne Lehmann Foto: Zwillbrock                 Bernd Neukirchen Foto: B. Neukirchen                meines Erachtens allerdings vollauf gelohnt.          alle Akteure, seien es lokale Bewohnerinnen und       Büro für Landschaftskommunikation Eberswalde
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