LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
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LANDTAG LANDTAGS NACHRICHTEN Mecklenburg-Vorpommern 22. Mai 4 / 2019 www.landtag-mv.de +++ Zum Tode von Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider +++ +++ Finanzausgleichsgesetz wird neu geregelt +++ Gesetzentwurf zur Abschaffung der Straßenbaubeiträge +++ Petitionsausschuss stellt Tätigkeitsbericht 2018 vor +++ Wahlrecht für betreute Menschen +++
2 I n h a l t 3-4 Gedenken an Sylvia Bretschneider „Eine starke Frau und hervorragende Repräsentantin des Landes“ 5 Nachruf Stefan Koslik, Vorsitzender der Landespressekonferenz, zum Tode von Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider 6-11 Wirken von Sylvia Bretschneider Ihre Präsidentschaft in Bildern 12-13 Trauer um Sylvia Bretschneider Trauerstaatsakt für Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider 14-15 Aktuelle Stunde Ein besseres FAG führt zu demokratischer Rendite – der Finanzausgleich wird neu geregelt 16-25 Berichte Debatte zur Südbahn – geplante Stilllegung zweier Bahnstrecken Endspurt für die beitragsfreie Kita Beitragspflicht wird abgeschafft – Gesetzentwurf zur Abschaffung der Straßenbaubeiträge Müll-Problem im Meer – Tausende Plastikteile verschmutzen Strände und Ostsee Debatte um Einsatz von Jugendoffizieren 26 Weitere Beschlüsse Mehr Kompromisse angemahnt – Petitionsausschuss stellt Jahresbericht für 2018 vor Betrieb für Bau und Liegenschaften wird umstrukturiert Wahlrecht für betreute Menschen Automatisierte Sachbearbeitung Antisemitismusbeauftragter 27 Gesetzgebung Laufende und abgeschlossene Gesetzgebung 28-30 Aus den Ausschüssen Innen- und Europaausschuss: Übungseinsatz im Trainings-Center Wirtschaftsausschuss: Schutz vor Einfluss der Wirtschaft Internationales: Titelfoto: SPD-Fraktion Delegation berät über Schutz der Meere und Unterwasserwelt Finanzausschuss: Ausschuss informiert sich über Werften und Gesundheit AdR: Die EU nach der Wahl 31 Chronik 32 Tag der offenen Tür Impressum Herausgeber: Layout: Uwe Sinnecker, Namentlich gekennzeichnete Beiträge Landtag mecklenburg-Vorpommern www.uwe-sinnecker.de geben nicht in jedem Fall die Meinung des - Öffentlichkeitsarbeit - Herausgebers wieder. Schloss, Lennéstraße 1, 19053 Schwerin Druck: produktionsbüro TINUS Alle Abbildungen sind urheberrechtlich Fon: 0385 / 525-2183, Fax 525-2151 Gedruckt auf Recyclingpapier geschützt. Nachdruck nur mit schriftlicher E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@landtag-mv.de Genehmigung des Herausgebers. Internet: www.landtag-mv.de Zugunsten des Leseflusses und aus Platz- gründen haben wir bei der Bezeichnung Die LANDTAGSNACHRICHTEN können redaktion: Referat Öffentlichkeitsarbeit, von Menschengruppen manchmal nur die kostenlos bezogen werden. Bestellungen Gerhard Reichert, Anna-Maria Leistner, männliche Form verwendet. In solchen sind an den Herausgeber zu richten. Michaela Ludmann Fällen ist die weibliche Form mitgedacht. Redaktionsschluss 03.05.2019 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
G e d e n k e n a n S y l v i a B r e t s c h n e i d e r 3 Fotos: Bernd Lasdin In der Konzertkirche Neubrandenburg fand zu Ehren der verstorbenen Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider ein Trauerstaatsakt statt. „Eine starke Frau und hervorragende Repräsentantin des Landes” Würdigung der am längsten amtierenden Landtagspräsidentin Deutschlands Der Landtag trauert um seine Präsi- des Landes Mecklenburg-Vorpommern, dentin. Am 28. April 2019 ist Sylvia der das demokratische Gemeinwesen Bretschneider nach langer, schwerer eine Herzensangelegenheit gewesen sei. Krankheit gestorben. Sylvia Bretschnei- Beate Schlupp: „Sylvia Bretschneider hat der gehörte seit 1994 als Abgeordnete sich mit aller Kraft für die Verteidigung der SPD-Fraktion dem Landtag Meck- und Stärkung der mit der politischen lenburg-Vorpommern an. Seit dem Wende 1989 errungenen Werte und Frei- Jahr 2002 war sie Landtagspräsidentin. heiten eingesetzt. Extremistischen Geg- Das Parlament wählte sie in den ver- nern der parlamentarischen Demokratie 1. Vizepräsidentin Beate Schlupp sprach beim gangenen Jahren insgesamt viermal bot sie entschieden die Stirn.“ Und Dr. Trauerstaatsakt. zur Präsidentin. Das Amt übte die So- Mignon Schwenke weiter: „Die Förde- Landtagsdirektor Armin Tebben betonte zialdemokratin mehr als 16 Jahre aus. rung der grenzüberschreitenden Zusam- das außerordentliche Engagement, mit Mit Sylvia Bretschneider verstarb die menarbeit insbesondere im Ostseeraum, dem Sylvia Bretschneider das Land ge- zurzeit am längsten amtierende Präsi- ihr Wirken für den Tourismusverband, leitet, gestaltet und geprägt habe. In dentin eines deutschen Parlamentes. das persönliche Engagement für die besonderer Weise habe sie sich der par- Welterbe-Bewerbung des Schweriner lamentarischen Bildungsarbeit verpflich- Beate Schlupp, 1. Vizepräsidentin des Residenzensembles wie auch ihr Einsatz tet gefühlt. „Begegnungen mit jungen Landtages, und Dr. Mignon Schwenke, für den Bau des neuen Plenarsaals un- Menschen waren ihr immer sehr wich- 2. Vizepräsidentin des Landtages, wür- seres Landesparlamentes werden unver- tig“, so Armin Tebben. „Das Bemühen digten Sylvia Bretschneider als eine starke gessen bleiben.“ darum, die Erinnerung an die Gescheh- Frau und hervorragende Repräsentantin nisse während der Zeit des Nationalso- LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
4 G e d e n k e n a n S y l v i a B r e t s c h n e i d e r zialismus wachzuhalten und gleichzeitig und Bildung bereits wichtig. Im neuen schichte ein Stück weit sinnbildlich für für die parlamentarische Demokratie zu Amt machte sie diese zu Schwerpunk- das politische Vermächtnis von Sylvia werben, wird mit ihrem Namen verbun- ten ihrer Präsidentschaft. Ob „Jugend Bretschneider. Denn ihr Credo, das was den bleiben.“ im Landtag“, Projekttage in Schulen, das ihrer Überzeugung nach Politikerinnen Bei einem Trauerstaatsakt zum Geden- Format „Landtag vor Ort“, Jugendbegeg- und Politiker ausmachen sollte - und hier ken an Sylvia Bretschneider am 13. Mai in nungstage im ehemaligen KZ Ravens- zitiere ich aus ihrer Antrittsrede als Land- Neubrandenburg (siehe Seite 12-13) erin- brück mit Überlebenden des Holocaust: tagspräsidentin im Jahr 2002 – also „das nerte die 1. Vizepräsidentin an die Verstor- sie hat jungen Leuten Politik – und auch Vermögen, einander zuzuhören und Ar- bene und ihr vielfältiges Engagement. Geschichte - nahegebracht. gumente und Fakten in der Sache hart, Beate Schlupp wörtlich: Sylvia Bretschneider lebte im Wortsinn aber ohne persönlich zu verletzen, aus- „Es war mir eine Ehre als Abgeord- die parlamentarische Demokratie. Vor zutragen“ – Zitat Ende, das kann in dem nete und Vizepräsidentin mit Sylvia großen Auditorien und auf internationa- neuen runden Plenarsaal hervorragend Bretschneider zusammenarbeiten zu len Bühnen, ebenso wie vor Schulklassen stattfinden und bereichert unsere poli- dürfen. Als ich Mitglied des Landtages und im direkten Dialog mit den Men- tische Kultur im Lande. wurde, war Sylvia Bretschneider bereits schen etwa beim „Tag der offenen Tür“: Auch mit dem Bemühen, das Residen- acht Jahre Abgeordnete und wurde immer hatte Sylvia Bretschneider ein of- zensemble Schwerin zum UNESCO-Welt- damals zur Präsidentin des Landtages fenes Ohr für Sorgen und Nöte oder auch kulturerbe zu machen, wird ihr Name Mecklenburg-Vorpommern gewählt – Anregungen. Sie war für viele Menschen verknüpft bleiben. als erste Frau. Dreimal 2006, 2011 und das Gesicht unseres Landesparlamentes. 2016 hat der Landtag das Vertrauen in Auch weit über die Landesgrenzen Sylvia Bretschneider hat den Landtag ihre Person und in ihre Amtsführung ein- hinaus warb sie für Mecklenburg-Vor- Mecklenburg-Vorpommern nach außen drucksvoll bestätigt. [...] pommern, indem sie sich leidenschaft- hervorragend repräsentiert und hat nach lich für den Tourismus engagierte. Als innen viel bewegt. Ihre Rolle als Präsi- Ihre klare Haltung bei der Sitzungsleitung Präsidentin und im Vorstand des Touris- dentin füllte sie souverän, entschlossen gegenüber den Gegnern der parlamen- musverbandes hat sie diesen wichtigen und bestimmt aus. [...] Als Landtagspräsi- tarischen Demokratie ist unvergessen. Wirtschaftsfaktor unseres Landes weit denten vertrat sie mit Nachdruck die ver- Mit der Gründung der landesweiten De- vorangebracht. [...] fassungsgemäße Rolle des Landtages: als mokratie-Initiative „WIR. Erfolg braucht höchste politische Gewalt, die die Arbeit Vielfalt“ im Jahr 2008 bündelte Sylvia Immer mit ihrem Namen verbunden der Landesregierung kontrolliert. Bretschneider verschiedenste politische bleiben wird der neue Plenarsaal im und zivilgesellschaftliche Akteure unter Schweriner Schloss. Dessen Neubau Wir nehmen heute nicht nur Abschied einem Dach, die sich seither gemeinsam hätte es in dieser Form ohne Sylvia von einer Politikerin. Wir verabschieden für ein demokratisches, freiheitliches und Bretschneider nicht gegeben. Wenn uns auch von dem Menschen Sylvia weltoffenes Mecklenburg-Vorpommern ich dies hier erwähne, geht es mir um Bretschneider. Ich selbst habe sie als sehr einsetzen. mehr als lediglich einen Raum in einem warmherzig und als einen ausgeprägten Als aufrechte Demokratin und engagier- Schloss. Denn dieses Bauvorhaben steht Familienmenschen kennen gelernt. Ne- te wie streitbare Parlamentspräsidentin sinnbildlich für das politische Gespür und ben der gemeinsamen Arbeit haben wir hatte sie einen klaren Kompass für die die Durchsetzungsfähigkeit, die sie als uns auch immer über unsere Familien Kategorien richtig und falsch. Dabei fühl- Politikerin ausmachte und er steht für die ausgetauscht, stolz Fotos gezeigt und te sie sich stets den in der Verfassung demokratische Kultur, deren Einhaltung über den Wunsch nach weiteren Enkel- verankerten Aufträgen verpflichtet. Sie sie stets anmahnte. kindern philosophiert. [...] beförderte die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Ostseeraum. Im Sylvia Bretschneider hatte früh erkannt, Sylvia Bretschneider war ein lebenslu- Jahr 2015 hat sie die Jahreskonferenz dass die parlamentarische Demokratie stiger Mensch. Voller Leidenschaft konn- der Ostseeparlamentarier nach Rostock- in unserem Land ein neues Herzstück te sie sich in die Arbeit stürzen, aber Warnemünde geholt – mit einem lan- braucht. Sie hat die Widerstände, die je- genauso genoss sie die ruhigeren Mo- despolitischen Schwerpunktthema, der dem öffentlichen Großprojekt heute von mente im Leben. Gesundheitswirtschaft. Die zweite große innen und außen entgegenschlagen, als Parlamentskooperation des Landtages, Herausforderung begriffen und diese Wi- Wir erinnern uns gerne an die zahl- das Parlamentsforum Südliche Ostsee, derstände mit Energie, Überzeugungs- reichen Sommerfeste des Landtages, bei hat sie gemeinsam mit den damaligen kraft und auch Durchsetzungsfähigkeit denen sie auf die Bühne stieg und spon- Parlamentspräsidenten aus Schleswig- überwunden. Ihre Rede zur Einweihung tan Musikstücke zum Besten gab. „Ich Holstein sowie der Woiwodschaften des neuen Plenarsaales, der neuen Herz- mach mein Ding“ – auch das war Sylvia Westpommern und Pommern ins Leben kammer unserer parlamentarischen De- Bretschneider. [...] gerufen, übrigens nach einer Konferenz mokratie in Mecklenburg-Vorpommern, Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern hier in Neubrandenburg. war am 27. September 2017 ihre letzte wird seiner verstorbenen Präsidentin ein Rede vor unserem Parlament. ehrendes Andenken bewahren.“ Vor ihrer Wahl zur Präsidentin waren Syl- Ohne Übertreibung stehen der neue via Bretschneider die Politikfelder Jugend Plenarsaal und seine Entstehungsge- LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
N a c h r u f 5 Eine aufrechte Demokratin Foto: Ecki Raff Deutschlands am längsten amtierende Parlamentspräsidentin starb nach schwerer Krankheit – Ein Nachruf Max-Stefan Koslik ist Vorsitzender der Landespresse- konferenz Mecklenburg-Vorpommern. Gekämpft hat sie bis zum Schluss. des Landes. Mitglied im Kreistag, in der ordnete in ihren Reden die parlamen- Und sie war so optimistisch gewesen. Stadtvertretung. In Förder- und Sport- tarischen Grenzen überschritten. Sylvia Nun hat sie der Krebs doch besiegt. vereinen zeigte sie sich aktiv. Bretschneider hat den „Schweriner Weg“ Noch vor einem Jahr war Landtagspräsi- Insgesamt viermal wählte das Parla- maßgeblich geprägt, eine Vereinbarung dentin Sylvia Bretschneider (SPD) fest ment die frühere Lehrerin zur Präsiden- der demokratischen Landtagsfraktionen davon überzeugt, dass sie „Bald wieder tin. Ihr hervorgehobenes Amt nutzte zum Umgang mit der NPD im Landtag. an Bord“ sein werde. Sie nahm im Som- sie auch, um sich in der von ihr 2008 Im September 2017 – da war die NPD mer bereits wieder erste Termine wahr. mitbegründeten Initiative „WIR. Erfolg im Landtag längst Vergangenheit, aber Nach einem schweren Jahr mit vielen braucht Vielfalt“ für Toleranz und De- noch lange nicht der eine oder ande- Behandlungen besuchte sie im Juli in mokratie einzusetzen. „Wir haben da re Rechtsabbieger in der AfD - hielt sie Los Angeles ein Treffen der deutsch- ja richtig was hingekriegt“, erzählte sie zur Eröffnung des neuen Plenarsaales „ Lautstark „ eine Rede mit zitternder Stimme. Ein Plädoyer für die Demokratie. Gegen und mitunter provozierend Antidemokraten. Ihre letzte Rede. Der gegen Rechtsextremismus neue Plenarsaal im Schweriner Her- zogsschloss als Hort der Demokratie, das ist ihr politisches Vermächtnis. Für amerikanischen Vereinigung der Län- bei ihrem letzten Besuch im Landtag ihn hat sie sich eingesetzt. derparlamentarier „Partnerschaft der im Dezember stolz. „Es ging ja nie nur Parlamente“. Nein, sie wollte nicht loslas- darum, gegen die NPD zu sein, sondern Sylvia Bretschneider wusste, wie viel Ar- sen. Vielleicht war es auch ein bisschen gemeinsam etwas für Demokratie und beit sie ihren Vizepräsidentinnen Beate das Amt, das sie immer wieder aufste- Toleranz, Streit in der Sache und Kom- Schlupp und Mignon Schwenke über- hen ließ. promissfähigkeit zu unternehmen.“ Be- lassen musste. „Die beiden machen das gegnungen mit jungen Menschen wa- großartig“, sagte sie noch im Dezember. Und doch kam der Rückschlag. Uner- ren ihr immer wichtig. Die Erinnerung an Während sie darüber redete, war sie wartet. Unberechenbar. Sie kämpfte, die Geschehnisse während der Zeit des sichtlich ergriffen von der Loyalität und wie sie immer kämpfte. Und mischte Nationalsozialismus wachzuhalten und Unterstützung, mit der ihr Mitarbeiter sich ein, wie sie sich immer einmischte. gleichzeitig für die parlamentarische wie Parlamentskollegen den Rücken Bis zum letzten Augenblick unbeugsam. Demokratie zu werben, damit wird ihr stärken. „Ein bisschen ist das vielleicht Ungebeugt. Ihr Fenster zur Welt: der Namen verbunden bleiben. Die Förde- auch der Lohn unseres weiblichen Füh- Kurznachrichtendienst Twitter. Sie kom- rung der Zusammenarbeit im Ostsee- rungsstils. Ich habe immer gesagt, im mentierte, kommunizierte, attackierte. raum und ihr persönliches Engagement Präsidium geht es nicht um uns oder um für die Weltkulturerbe-Bewerbung des Parteipolitik, sondern darum, das Parla- Ihr Amt als Landtagspräsidentin hatte Schweriner Residenzensembles werden ment würdig zu vertreten.“ Sylvia Bretschneider am 22. Oktober vielen Wegbegleitern unvergessen blei- 2002 angetreten. Sie war damit bis zu ben. Mecklenburg-Vorpommern hat eine ihrem Tod die aktuell am längsten am- aufrechte Demokratin verloren, ihr Mann tierende Präsidentin eines deutschen Lautstark und mitunter provozierend und ihre Kinder und Enkel verloren eine Parlaments. Dem Landtag in Schwerin artikulierte sie sich gegen Rechtsextre- Ehefrau, Mutter und Großmutter. gehörte sie seit 1994 an. Sie war Landes- misten. Im Parlament schritt sie beherzt vorsitzende des Tourismusverbandes und entschieden ein, wenn NPD-Abge- Max-Stefan Koslik LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
6 W i r k e n v o n S y l v i a B r e t s c h n e i d e r Foto: Cornelius Kettler Foto: Uwe Balewski Landtags-Abgeordnete Sylvia Bretschneider, 1997 Foto: Jens Büttner Wahl zur Landtagspräsidentin, 2016 15 Jahre Landtag M-V am 26.10.2005, hier v.l.: 2. Ehemaliger Landtagspräsident Hinrich Kuessner (SPD); Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) und ehemaliger Landtagspräsident Rainer Prachtl (CDU) Foto: Jens Büttner Foto: Cornelius Kettler Im Gespräch mit Bundestagspräsident Norbert Lammert, 2015 Sylvia Bretschneider bei ihrer Wahl zur Landtagspräsidentin 2006 Erste Schritte im Landtag Foto: Uwe Balewski Foto: Jens Büttner M-V bis zur Präsidentschaft Sylvia Bretschneider war seit 1994 Abgeordnete des Landtages und ge- hörte der SPD-Fraktion an. Im Jahr 2002 wurde sie zum ersten Mal zur Landtags- präsidentin gewählt. Es folgten dreiein- halb Legislaturperioden, in denen sie Mit Beate Schlupp und Dr. Mignon Schwenke, 2016 v.l. 3. Vizepräsidentin Silke Gajek, Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider, dem Landtag als Präsidentin vorsaß. Zu- 1. Vizepräsidentin Beate Schlupp, letzt wurde sie am 4. Oktober 2016 er- 2. Vizepräsidentin Regine Lück, 2011 neut gewählt. Sylvia Bretschneider war fast 17 Jahre Präsidentin des Landtages Mecklenburg-Vorpommern. Als letzte offizielle Amtshandlung eröffnete sie im September 2017 die erste Landtagssit- zung im neuen Plenarsaal. Landtags-Sitzung vom 03.06.2015 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
W i r k e n v o n S y l v i a B r e t s c h n e i d e r 7 Foto: Landtag M-V Sylvia Bretschneider mit der Holocaust-Überlebenden Batsheva Dagan bei den Jugendbegnungstagen in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, 2013 Foto: Angelika Lindenbeck Foto: Cornelius Kettler Einer der ersten Termine im Jahr: Sternsingerempfang im Landtag M-V, 2005 Foto: Anett Agarius Sylvia Bretschneider mit Teilnehmern des Wettbewerbs „Jugend debattiert“, 2010 Zusammenarbeit im Rahmen des regelmäßigen Dialog-Projekts "Jugend im Landtag" Foto: Landtag M-V Jugendprojekte Sie begegnete Kindern und Jugend- lichen auf Augenhöhe ohne sich zu ver- stellen. Ob bei Projekten wie „Jugend im Landtag" und „Jugend debattiert" oder bei Zeitzeugenabeit im Frauen-Konzen- trationslager Ravensbrück. Sie war die Verbindung zwischen jungen Menschen und denjenigen, die Krieg und Verfol- gung erleben mussten. Erinnerungen wachhalten, Erfahrungen weitergeben und aus dem Vergangenen für die Zu- kunft lernen war ihr Credo. Die Holo- caust-Überlebende Batsheva Dagan aus Israel ist ihr dabei zur Freundin gewor- den. Auf Augenhöhe mit Groß und Klein, 2003 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
8 W i r k e n v o n S y l v i a B r e t s c h n e i d e r Foto: Danny Gohlke Der Erlös der Weihnachtsfeier der Landtagsverwaltung ging im Februar 2015 an die Kicker des FSV Nord-Ost Rostock. Fotos: Landtag M-V Jamel rockt den Förster 2015, u.a. mit Birgit Hesse (3. v. li.) und Regine Lück (re.) Demokratie und Toleranz Nichts prägte ihre langjährige Präsi- dentschaft so sehr wie ihr Engagement für Demokratie und Toleranz. Sie sah Landtag vor Ort in Anklam, 2016 sich dabei nicht so sehr als Kämpferin gegen Rechtsextremismus als vielmehr als Botschafterin für Vielfalt, Weltoffen- heit und Demokratie. Als Mitbegründe- rin der Initiative „WIR: Erfolg braucht Vielfalt” bündelte sie das demokratische Engagement im Land und fand zahlrei- che Unterstützerinnen und Unterstützer. Besuch des THW-Standes auf der WIR-Meile Ein Gläschen mit der Weinkönigin auf der WIR-Meile beim Tag der offenen Tür des Landtags 2017 beim Tag der offenen Tür des Landtags 2017 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
W i r k e n v o n S y l v i a B r e t s c h n e i d e r 9 Foto: Landtag M-V Foto: Landtag M-V Sylvia Bretschneider und Beate Schlupp begrüßen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, 2017 Foto: Landtag M-V Vor der Orangerie des Schweriner Schlosses, 2004 Schlagkräftig mit den Boxern von Boxclub Traktor Schwerin beim Tag der offenen Tür 2017 Foto: Landtag M-V Foto: Landtag M-V Sylvia Bretschneider und Landesrabbiner William Wolff beim Filmkunstfest 2016 Tourismus, Welterbe und Buntes Als Präsidentin und Vorstandsmit- Name ist Programm: Aktion Rote Hände beim Tag der offenen Tür des Landtags, 2012 glied prägte Sylvia Bretschneider viele Jahre den Tourismusverband M-V. Ihre Foto: Rainer Cordes starke Verbundenheit zu ihrem Heimat- land bezog sich dabei auf das gesamte Land. Bei ihren vielen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen zu den unterschiedlichsten Anlässen mach- te sie stets auch immer Werbung für die Schönheit und die Vielfältigkeit Meck- lenburg-Vorpommerns. Ein Projekt, das sie mit aller Kraft un- terstützte, lag ihr dabei besonders am Herzen: die Bewerbung des Schweriner Residenzensembles als Weltkulturerbe. Am 7. September 2010 haben Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider, der damalige Kultusminister Henry Tesch und Schwerins damalige Oberbürger- meisterin Angelika Gramkow die Vereinbarung des Landes mit der Landeshauptstadt Schwerin zur Bewerbung des Schweriner Schlossensembles als Welterbe der UNESCO unterzeichnet. LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
10 W i r k e n v o n S y l v i a B r e t s c h n e i d e r Foto: Marcus Drobny Parlamentsforum Südliche Ostsee 2008 , Kolberg Foto: Uwe Balewski An der Präsidenten-Konferenz in Rostock nahmen die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und öster- reichischen Landtage, des Deutschen Bundestages, des Bundesrates und des Südtiroler Landtages teil. 2015 Fotos: Landtag M-V Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und der da- malige Landtagspräsident Hans Penz überreichen Sylvia Bretschneider das „Goldene Komturkreuz mit dem Stern des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich“, die höchste nieder- österreichische Auszeichnung. Foto: NLK/Pfeiffer Ostseeparlament und Internationales Sylvia Bretschneider war eine über- Reise des Ältestenrats in das Konzentrationslager Ausschwitz, 2015 zeugte Europäerin. Vor allem für die Zu- sammenarbeit mit den Ostsee-Anrai- ner-Staaten setzte sie sich ein. Auf der 24. Ostseeparlamentarier-Konferenz in Warnemünde 2015 sprach sie sich für eine starke in die Zukunft gerichtete Zu- sammenarbeit basierend auf gegensei- tigem Vertrauen aus. Auf Sylvia Bretschneiders Initiative wurde zudem das Parlamentsforum Südliche Ostsee ins Leben gerufen. Aber auch in Niederösterreich hatte sie Spuren hinter- lassen: der dortige Landtag verlieh Sylvia Bretschneider das „Goldene Komtur- kreuz mit dem Stern des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Nie- derösterreich“, die höchste Auszeichnung des Landes. 2015 fand in Warnemünde die 24. Ostseeparlamentarier-Konferenz statt. LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
W i r k e n v o n S y l v i a B r e t s c h n e i d e r 11 Fotos: Uwe Sinnecker Foto: Landtag M-V Zur Eröffnung des neuen Plenarsaals war das Medieninteresse besonders groß. Einen Tag vor der feierlichen Eröffnung des neuen Plenarsaals empfing Sylvia Bretschneider... Bauer Korl sorgte für gute Stimmung. Foto: Landtag M-V Festrede zur Eröffnungsfeier des neuen Plenarsaals, 2017 Eröffnung neuer Plenarsaal Unter Sylvia Bretschneiders Präsi- … interessierte Bürgerinnen und Bürger im Schloss und zeigte ihnen den neuen Saal. dentschaft hat der Landtag Mecklen- burg-Vorpommern ein Projekt in Angriff genommen, das viele am Anfang zum Scheitern verurteilt sahen – den Bau des neuen Planarsaals. Sie haben nicht Recht behalten. Am 26. September 2017 wurde der neue Plenarsaal in einem großen Festakt eingeweiht. Einen Tag zuvor konnten die Bürgerinnen und Bürger den Saal kennenlernen – „auf meinen ausdrücklichen Wunsch“ hatte Sylvia Bretschneider bei der Eröffnung gesagt. „Sie haben uns hierhergerschickt, ihnen gehört dieser Saal.“ Einen Tag nach dem Festakt eröffnete Sylvia Bretschneider die erste Landtagssitzung im neuen Plenar- saal. Es war die letzte Landtagssitzung, die sie eröffnete. Damit durften die Bürgerinnen und Bürger noch vor der feierlichen Eröffnung den neuen Plenarsaal besichtigen. LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
12 T r a u e r u m S y l v i a B r e t s c h n e i d e r Hunderte Trauergäste nahmen in der Konzertkirche Neubrandenburg Abschied von Sylvia Bretschneider. Foto: Bernd Lasdin Trauerstaatsakt für Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider Rund 500 Gäste nehmen in der Konzertkirche Neubrandenburg Abschied Mit einem Trauerstaatsakt haben Niederösterreich, Hans Penz. Begleitet Entschlossenheit und mit großer Ener- Politiker, Weggefährten, Angehörige wurde die Zeremonie von der Neu- gie. „Gemeinsam mit vielen Mitstreitern sowie Bürgerinnen und Bürger des brandenburger Philharmonie, deren hat sie sich engagiert für Demokratie Landes von Landtagspräsidentin Syl- Konzerte Sylvia Bretschneider oft be- und Freiheit, Weltoffenheit und Tole- via Bretschneider Abschied genom- suchte. Es war der erste Trauerstaats- ranz“, sagte die Ministerpräsidentin. Sie men. Rund 500 Trauergäste aus Poli- akt in Mecklenburg-Vorpommern. Mi- habe zu jener Generation gehört, die tik, Wirtschaft, Sport und Kultur sowie nisterpräsidentin Manuela Schwesig mit dem Umbruch 1989/90 begonnen aus ihrem Freundeskreis und ihrer Fa- hatte den Staatsakt angeordnet und habe, sich politisch zu engagieren. Ma- milie waren dazu am 13. Mai in die würdigte damit die Leistungen der nuela Schwesig: „1994 zog sie erstmals Konzertkirche Neubrandenburg ge- dienstältesten Parlamentspräsidentin in den Landtag ein. Und sie brachte kommen. Zum Gedenken an die lang- in Deutschland in besonderer Weise. sich mit ihrem Sachverstand, mit ihrer jährige Landtagspräsidentin Sylvia Fast 17 Jahre hatte Sylvia Bretschneider Leidenschaft für das Thema ein, das ihr Bretschneider sprachen Vizepräsiden- das Amt inne. besonders am Herzen lag: Engagiert tin Beate Schlupp (siehe Seite 3-4), Mi- hat sie sich für Bildungsfragen, für gute nisterpräsidentin Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig Chancen der nachwachsenden Genera- die Präsidentin der Hamburgischen bezeichnete ihre politische Weggefähr- tion starkgemacht." Als engagierte und Bürgerschaft, Carola Veit, sowie der tin „als eine Kämpferin für Demokratie streitbare Präsidentin habe sie sich für ehemalige Präsident des Landtages und Vielfalt“, als eine Frau voller Stärke, eine lebendige parlamentarische De- LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
T r a u e r u m S y l v i a B r e t s c h n e i d e r 13 Fotos: Bernd Lasdin Beate Schlupp, Vizepräsidentin des Landtages M-V Ministerpräsidentin Manuela Schwesig Carola Veit, Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft mokratie eingesetzt. Manuela Schwesig: der europäischen Integration beson- „Es ist wichtig, dass wir uns alle gemein- ders wichtig und – ja – eine Herzensan- sam die vielen positiven Erinnerungen gelegenheit“, sagte Carola Veit. Gerade an Sylvia Bretschneider bewahren. Dass bei der Ostseeparlamentarierkonferenz Hans Penz, ehemaliger Präsident des Landtages wir das Bild dieser klugen, starken und habe sie inhaltlich Verantwortung über- Niederösterreich entschlossenen Frau weiter in uns tra- nommen. Carola Veit: „Hier zeigte sich – gen. Einer Frau, die für unser Land, für wie ich finde – eine besondere Charak- die demokratische Kultur in der Öffent- tereigenschaft von Sylvia Bretschneider. immer, was Du denkst, und tue immer, lichkeit sehr viel getan hat. Und die uns Nicht allein die Pflicht zu erfüllen und was Du sagst.“ In den zahlreichen Be- allen fehlt.“ das Notwendige zu tun, sondern darü- gegnungen und Gesprächen mit Sylvia ber hinaus zu denken und zu gestalten.“ Bretschneider habe sie sich sehr über- Die Präsidentin der Hamburgischen Ebenfalls als Kollege und Freund sprach zeugend für den Tourismus, für ihr Land Bürgerschaft, Carola Veit, sagte, der Tod vor der Trauergemeinde der ehemalige Mecklenburg-Vorpommern und für Eu- ihrer Kollegin und Freundin erschüttere Präsident des Landtages Niederösterrei- ropa stark gemacht. Hans Penz: sie. „Wir waren als Landtagspräsiden- ch, Hans Penz. Noch im Dezember 2017 „Ich verneige mich vor einer großen Eu- tinnen nicht nur Kolleginnen und nord- wurde Sylvia Bretschneider im nieder- ropäerin.“ deutsche Nachbarinnen, sondern poli- österreichischen Landtag durch Landes- tisch und menschlich eng verbunden.“ hauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Zum Beispiel auf den Konferenzen der Landtagspräsident Hans Penz das „Gol- Sylvia Bretschneider verstarb am 28. April Ostseeparlamentarier, im Parlamentsfo- dene Komturkreuz mit dem Stern des im Alter von 58 Jahren nach langer, rum Südliche Ostsee oder in der Runde Ehrenzeichens für Verdienste um das schwerer Krankheit. Sie hinterlässt ihren der Landtagspräsidentinnen und -präsi- Bundesland Niederösterreich“, die höchs- Mann, drei Töchter und drei Enkelkinder. denten. „Für meine tief verehrte Kollegin te niederösterreichische Auszeichnung, war gerade die grenzüberschreitende verliehen. Hans Penz sagte, er verbinde Zusammenarbeit im Ostseeraum als Teil mit Sylvia Bretschneider die Maxime „Sag LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
14 A u s d e m P l e n u m / A k t u e l l e S t u n d e Vincent Kokert (CDU) Ministerpräsidentin Manuela Schwesig Nikolaus Kramer (AfD) Mehr Geld für Investitionen nämlich genau dort. Wer sich engagiere, brauche jedoch Gestaltungsmöglich- keiten. Getragen von diesem Gedanken CDU und SPD loben Einigung zum Finanzausgleich für sei ein guter Pakt für Kommunen ent- Kommunen / Opposition bleibt skeptisch bis zum Gesetzentwurf standen. Über die neue Infrastrukturpau- schale würden Gelder solidarischer als bisher verteilt. In den ersten drei Jahren stünden für Investitionen in Straßen, Ki- Land und Kommunen haben ihre finanziellen Beziehungen neu geregelt. Die tas und Schulen jeweils 150 Millionen jährlichen Zuweisungen des Landes an Kreise, Städte und Gemeinden sollen im Euro zur Verfügung, danach fortschrei- nächsten Jahr von 1,2 Milliarden auf mehr als 1,4 Milliarden Euro steigen. Der Lö- bend 100 Million Euro. Das bringe den wenanteil der Erhöhung basiert auf einer neuen Infrastrukturpauschale in Höhe Kommunen mehr Planungssicherheit von 150 Millionen Euro. Für hoch verschuldete Gemeinden stellt das Land zusätz- und Entscheidungsfreiheit und trage lich 50 Millionen Euro bereit. Ebenso für Feuerwehren. Ursprünglich wollten die dazu bei, Investitionsstaus abzubauen. Koalitionsfraktionen die ausgehandelte Einigung zwischen Land und kommu- Zur Wahrheit gehöre jedoch auch, dass nalen Spitzenverbänden schon in der März-Sitzung per Dringlichkeitsantrag als diese Pauschale nicht in jeder Kommune Aussprache in den Landtag holen. Das scheiterte jedoch an der notwendigen ausreichen werde. Ihnen werde das Land Zustimmung aus den Reihen der Opposition. Nun machte die CDU-Fraktion den zusätzlich 50 Millionen für Haushalts- Kommunalen Finanzausgleich (FAG) zum Thema der Aktuellen Stunde. sanierung und Schuldenabbau bereit- stellen. „Wir wollen keine Kommune im Kommunale Selbstverwaltung – für viele pauschale. Für deren Berechnung spiel- Stich lassen.“ Schwesig dankte allen, die Gemeinden sei das angesichts ihrer Kas- ten nicht nur Einwohnerzahlen, sondern an dem Finanzausgleich mitgearbeitet senlage schon lange nicht mehr mög- auch Steuerstärke und Steuerschwäche haben. Neben Theaterpakt, Mobilfunk- lich gewesen, führte CDU-Fraktionschef der Kommunen eine Rolle. „Wenn Sie das programm, Schulsanierungsprogramm Vincent Kokert an. „Deshalb haben die mal auf das Land runterbrechen, werden und Kitagebührenfreiheit sei er Teil einer beiden kommunalen Spitzenverbän- wir rund 700 Kommunen haben, die großen Landesoffensive zur Stärkung de immer wieder eingefordert, bei der davon profitieren.“ Gemeinden, die we- der kommunalen Ebene. Und ein klares kommunalen Finanzierung etwas zu niger erhielten, hätten auch jetzt schon Signal an alle, die mit den Kommunal- ändern.“ Das bisherige Modell, „ein Zwit- aufgrund hoher Steuereinnahmen so wahlen im Mai Verantwortung in Städ- ter“ aus gesetzlichen Regelungen von gut wie gar nicht vom FAG profitiert. Un- ten, Gemeinden und Kreisen überneh- Schleswig-Holstein und Niedersachsen, term Strich sei eine gute Lösung für alle men würden. habe nach drei Jahrzehnten einfach herausgekommen, so Kokert. „Und dafür nicht mehr gepasst. „Deshalb führen darf man sich heute auch mal ein biss- Mit Spaß habe kommunalpolitische wir neue Elemente ein.“ Am Ende stün- chen auf die Schulter klopfen und sagen: Arbeit nur noch selten zu tun, meinte den der kommunalen Ebene rund 200 ‚Ja, das haben wir gut gemacht‘.“ Nikolaus Kramer, Fraktionsvorsitzender Millionen Euro mehr zur Verfügung als der AfD. Bei vielen Entscheidungen gehe bisher. Das sei wichtig, um Städte und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig es nur noch darum, den kommunalen Gemeinden als „Hort der Demokratie“ hob die 7500 Menschen hervor, die sich Haushalt zu verwalten und Einsparungen in ihrer Selbstverwaltung zu stärken. „In in Städten, Gemeinden und Kreisen kom- zu prüfen. Freiwillige Leistungen seien jeder kleinen Gemeinde macht Demo- munalpolitisch engagierten. „Wir brau- vielfach unbezahlbar geworden. „Das ist kratie doch erst richtig Spaß, wenn du chen diese engagierten Bürgerinnen ein nicht tragbarer Zustand. Aus diesem auch was entscheiden kannst. Und ent- und Bürger, die nicht auf dem Sofa sitzen Grund begrüßt meine Fraktion dieses Fi- scheiden kannst du, wenn du finanzielle und meckern, sondern sagen, ich ma- nanzausgleichsgesetz ausdrücklich.“ Ma- Spielräume hast.“ So gesehen sei jeder che mit in meiner Gemeinde, in meinem rode Schulen, Kindergärten, Straßen, Brü- Euro an die kommunale Ebene am Ende Kreistag.“ Ob Kita, Schule, Straßen, Dorfla- cken – die Landesregierung habe Kom- ein Demokratie-Euro. Die tragende Säule den oder Gemeinschaftszentren – viele munen viel zu lange „am finanziellen der Novelle bilde die globale Investitions- Facetten des Alltags entschieden sich Gängelband“ gehalten. Bislang liege zum LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
A u s d e m P l e n u m / A k t u e l l e S t u n d e 15 Thomas Krüger (SPD) Jeannine Rösler (DIE LINKE) Bernhard Wildt (Freie Wähler/BMV) Fotos: Uwe Sinnecker neuen Finanzausgleich jedoch nicht munale Wohnungsbaualtschulden und punkten werde erst nach der Kommu- mehr vor als ein 10-Punkte-Papier. Ge- aufgelaufene Altfehlbeträge stünden nalwahl vorliegen. „Erst dann wird man meindescharfe Zahlen und ein Gesetz- deshalb jährlich 50 Millionen Euro be- sehen, was von diesen Versprechungen entwurf stünden noch aus. „Die CDU reit. „Unser Ziel ist es, innerhalb von zehn übrigbleibt – und das werden wir uns schmückt sich hier mit Federn, die noch Jahren alle Schulden, die mit Ende 2018 auch ganz genau anschauen.“ Seine nicht gewachsen sind.“ Das habe seiner bestanden haben, zu tilgen.“ Fraktion möchte darin nicht nur Pflicht- Ansicht nach nur einen Grund: die an- aufgaben abgesichert sehen, sondern stehenden Kommunalwahlen. Er warf „Niemand braucht die Selbstbeweihräu- auch freiwillige Leistungen. „Das gehört beiden Vorrednern vor, von der ersten cherung der Koalition“, erwiderte Jean- zur kommunalen Selbstverwaltung bis zur letzten Minute Wahlkampf be- nine Rösler. (DIE LINKE). Die Eckpunkte dazu.“ Besorgt habe ihn, dass sich erst trieben zu haben. Das gehöre sich nicht. der Novelle seien bereits rauf- und run- die Ministerpräsidentin persönlich in die „Wahlkampf findet draußen auf der Stras- terkommuniziert worden. Demokratische Verhandlungen habe einmischen müs- se statt. Wahlkampf findet beim Bürger Rendite, mehr Selbstverwaltung: „Das sen, damit den Kommunen offenbar statt. Wahlkampf findet in der Kommune sind hehre Worte und Ziele. Entschei- bereits zugesagte Zuschüsse nicht redu- statt und nicht hier im Landtag!“ dend ist aber, ob und wie viel mehr ziert werden. Spielraum tatsächlich vor Ort ankommt.“ „Sie haben keinen einzigen Vorschlag Die zurückliegenden Jahre hätten in den hier gemacht, wie Dinge hätten anders Kommunen tiefe Spuren hinterlassen. Kommunaler Finanzausgleich laufen müssen“, konterte SPD-Fraktions- Ihre Fraktion fordere daher seit Langem chef Thomas Krüger. „Offenbar ist uns eine Infrastrukturpauschale. „Sie aller- Der kommunale Finanzausgleich re- da etwas gelungen, was auch die Oppo- dings sind arrogant darüber hinwegge- gelt, wie die Kommunen an den Steu- sition für einen vernünftigen Schritt hält.“ gangen. Heute ist der Druck der kommu- ereinnahmen des Landes beteiligt Die Reform sende eine klare Botschaft an nalen Familie so groß, dass Sie handeln werden und wie dieses Geld unter den die vielen Tausend Kandidaten der anste- müssen.“ Der nun geplante Betrag werde Städten, Gemeinden und Landkreisen henden Kommunalwahlen: „Sie werden den Investitionsstau in den Kommunen aufgeteilt wird. Die Zuweisungen sol- die Mittel zum Gestalten bekommen. Sie jedoch nicht so schnell auflösen. „Der len den Kommunen die finanziellen werden vor Ort die Kommunen gestal- FAG-Gutachter hat einen Bedarf in Höhe Grundlagen ihrer Selbstverwaltung si- ten können.“ Im Zusammenspiel mit den von 166 Euro pro Einwohner festgestellt, chern. Wie die Gelder verteilt werden, Mitteln für den Breitbandausbau könnten um die Lücke zum Durchschnitt aller Flä- ist von Bundesland zu Bundesland un- in den kommenden drei Jahren zwei Mil- chenländer zu schließen.“ Vorgesehen terschiedlich und wird über Landesge- liarden Euro verbaut werden. Solch eine seien aber nur 93 Euro. In die Landesmit- setze geregelt. Investitionsphase habe das Land noch tel dürften die versprochenen 30 Millio- Für M-V geht das Innenministerium da- nie erlebt. „Das sichert Wohlstand, das nen Euro, die Kommunen für die weg- von aus, dass die kommunale Finanz- sichert Arbeit, das sichert Zukunft.“ Um fallenden Straßenbaubeiträge erhalten ausstattung im Vergleich zu 2018 um die Gestaltungs- und Entscheidungsfrei- sollen, auf keinen Fall mit eingerechnet rund 200 Mio. Euro ansteigen wird. heit vor Ort zu stärken, werde das Land werden, so Rösler. Die Schlüsselmasse umfasse im Jahr Aufgaben abgeben. „Das ist etwas, was 2020 nun rund 945 Mio. Euro. Hiervon die Kommunen ausdrücklich gewollt ha- Bernhard Wildt, Fraktionsvorsitzender entfielen 588 Mio. Euro auf die Gemein- ben.“ Mögliche Krisenzeiten nehme die Freie Wähler/BMV, machte für seine Frak- deebene und 357 Mio. Euro auf die FAG-Reform über eine Konjunkturrück- tion ebenfalls geltend, immer wieder Kreisebene. Zusätzlich stünden knapp lage in den Blick. „Die Vorsorge soll sich mehr Geld für die Kommunen ange- 70 Mio. Euro aus Abrechnungsbeträgen auf 500 Millionen Euro belaufen.“ Die Re- mahnt zu haben. „Insofern könnte ich aus Vorjahren zur Verfügung, die über- gelungen dafür sollen bis zur Sommer- mich jetzt mit Ihnen gemeinsam freuen gangsweise auf die kreisangehörigen pause stehen. „Eine Vorsorge vor finan- und sagen, wir sind auf jeden Fall in die Zentren entsprechend der Einwohner- ziellen Ausfällen macht aber nur dann richtige Richtung weitergekommen. Al- zahl ihrer Nahbereiche verteilt werden Sinn, wenn man gleichzeitig auch daran lerdings tue ich das nur eingeschränkt.“ sollen. arbeitet, Schulden abzubauen.“ Für kom- Denn: Der Gesetzentwurf zu den Eck- LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
16 A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e Foto: Jens Büttner Zwei Streckenabschnitte der Bahn im Süden M-V sollen stillgelegt werden. Debatte zur Südbahn Landesregierung jedoch eine Viertel- milliarde Euro in einem Sondervermö- gen. Um die Bahn zwischen Parchim Opposition macht geplante Stilllegung zweier Bahnstrecken und Malchow wieder fahren zu lassen, zum Thema im Landtag wäre jährlich eine Million Euro vom Land nötig. „Das muss drin sein!“ Sie Das Bahnnetz von M-V verliert zwei weitere Bahnstrecken: Regio Infra hat frage sich, warum es für dieses Teil- angekündigt, die Abschnitte Parchim-Malchow und Plau am See-Güstrow still- stück keine Lösung nach Vorbild des zulegen. Die Betreibergesellschaft begründet diesen Schritt mit dem 2013 vom Abschnitts Malchow-Waren gebe, für Land abbestellten Personenverkehr und einer fehlenden Grundfinanzierung den inzwischen der Landkreis Meck- für den Streckenerhalt. AfD und DIE LINKE befürchten, dass diese Entscheidung lenburgische Seenplatte zuständig sei. den ländlichen Raum weiter abkoppele. Beide Oppositionsfraktionen brachten deshalb Dringlichkeitsanträge in die April-Sitzung ein. Darin forderten sie von Er könne die Wünsche nachvollziehen, der Landesregierung, eine Stilllegung zu verhindern und wieder regulär Perso- so Verkehrsminister Christian Pegel. nenzüge fahren zu lassen. Für die Koalitionsfraktionen kam eine Reaktivierung Am Ende des Tages müsse man sie aber der Südbahn jedoch nicht infrage. auch bezahlen können. Aufgrund einer Neuverteilung der Regionalisierungs- Die Bahnstrecken zeitlich durchgängig müsse darin einen gebührenden Platz mittel bekomme das Land ab 2022 we- zu erhalten, sei immens wichtig: Eine ein- einnehmen. „Wir sollten diese Chance niger vom Kuchen. „Das Geld, das wir mal erfolgte Stilllegung lasse sich kaum nicht verspielen.“ Für ihn stehe fest: „Wo zurzeit zurücklegen, ist der Versuch, die rückgängig machen, argumentierte ein Wille ist, da ist ein Weg.“ entstehende Lücke in den Jahren 2022 Jörg Kröger (AfD). „Die jetzt noch lau- bis 2031 zu decken“, um das bestehende fende Technik hat nur solange die Stre- „Heute ist Gelegenheit, statt vollmun- Angebot langfristig zu erhalten. Dabei cke nicht stillgelegt ist Bestandsschutz.“ diger Ankündigungen einen konkreten gehe es um hohe Millionenbeträge. Al- Anstatt die Strecken aufzugeben, sollte Beitrag dafür zu leisten, dass sich Men- lein in diesem Jahr wende das Land 200 die Südbahn mit fahrplangerechten schen im ländlichen Raum nicht abge- Millionen Euro für bestellte Zugverbin- Taktungen und kurzen Umstiegszeiten hängt und von der Politik vergessen dungen auf. „Diese Kosten steigern sich für Fahrgäste wieder attraktiv gemacht fühlen“, so untermauerte Dr. Mignon jährlich um Beträge zwischen zwei und werden. „Das bringt dann steigende Schwenke den Antrag der Linken. Ihre drei Prozent.“ Deshalb sei es wichtig, Einnahmen. Damit einhergehend ist Fraktion kämpfe seit 2013 mit parla- Rücklagen zu bilden. Dass der ländliche eine wichtige Grundlage für einen lang- mentarischen Initiativen für die Süd- Raum abgehängt werde, wies er zurück. fristigen Streckenerhalt gelegt.“ Länd- bahn. „Die einzige Verbindung von Die Landesregierung lasse die beiden liche Mobilitätsbedürfnisse mit dem Ost nach West im Süden des Landes Landkreise nach der Abbestellung der öffentlichen Nahverkehr zu befriedigen, muss erhalten werden“ – und zwar als Bahn nicht im Regen stehen, sondern sei ein wichtiger Baustein im Bemühen durchgehende Südbahn in Landesver- beteilige sich an der Finanzierung des um ein klima-, umwelt- und sozialver- antwortung. Anstatt attraktive Bahn- Busersatzverkehrs. Nach anfänglichen trägliches Verkehrssystem. Die Schiene verbindungen zu schaffen, horte die Startschwierigkeiten werde dieser in- LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e 17 nicht um Eisenbahnromantik.“ Der in Foto: Jens Büttner den Raum gestellte Investitionsbedarf von 9,2 Millionen Euro sei letztlich die Folge jahrzehntelang verschleppter In- vestitionen. Einmal aufgewendet, fielen diese Kosten nicht jedes Jahr wieder an. Er warb noch einmal darum, die Stre- cke für Fahrgäste wieder attraktiv zu gestalten. „Wenn man die Sache richtig angeht und dann noch mal neu berech- net, kommt man, denke ich, auch zu an- deren Zahlen.“ Was hier zähle, sei der Wille. „Den vermag ich hier aber nicht zu erkennen. Und ohne Willen ist natürlich diese Strecke verloren.“ „Bisher sind sämtliche Bemühungen zur Reaktivierung des Bahnbetriebs Die Südbahn gibt es so nicht mehr. am Unwillen des Verkehrsministeriums gescheitert“, befand auch Dr. Mignon zwischen auch angenommen. Die Forderung, den Schienenpersonen- Schwenke (DIE LINKE). Sie empfahl ei- Nutzerzahlen entsprächen jetzt in etwa nahverkehr in die Verantwortung des nen Blick über den Tellerrand hinaus. denen der einstigen Südbahn. Landkreises zu legen, stehe er offen ge- „Andere Bundesländer, auch Flächen- genüber. Aus seiner Sicht bestehe kein länder, gehen seit langem einen an- Dietmar Eifler (CDU) erinnerte an den Problem, zwischen dem Landkreis Lud- deren Weg. Sie reaktivieren Bahnstre- Abwägungsprozess, der 2013 zu der wigslust-Parchim, dem Land und der cken, bilden Verkehrsverbünde. Und Entscheidung geführt habe, die Strecke VMV eine Übernahmevereinbarung ab- die Entwicklung gibt ihnen Recht: Die zwischen Parchim und Malchow nicht zuschließen und das Engagement des Nutzerzahlen steigen.“ Das Umden- weiter zu bestellen: Auf der einen Seite Kreises auch finanziell zu unterstützen. ken der Bevölkerung, bewusst auf ein 10,5 Millionen Euro für den Bahnbetrieb, Behauptungen von Bundestagsabge- Auto zu verzichten, sei in vollem Gan- auf der anderen 1,5 Millionen Euro, um ordneten, das Land halte zielgerichtet ge. Hinzu komme, dass die stillgelegte den Bus fahren zu lassen. „Es ist also von für den Nahverkehr gedachte Gelder Bahnverbindung zwischen Mirow und einem auf ein anderes Verkehrssystem zurück, bezeichnete er als „Mär“. Solch Wittstock in die Reaktivierungsliste des umgeschwenkt worden.“ Der Entschluss klare Ansagen von Bundespolitikern Verbands Deutscher Verkehrsunter- des Betreibers, die Strecke stillzulegen, hätte er sich auch Anfang der 1990er- nehmen aufgenommen wurde. „Wenn „ist letzten Endes eine Bestätigung Jahre gewünscht, als der Bund den re- die Bahn also wieder bis ins branden- dessen, was uns 2013/2014 als Entschei- gionalen Bahnverkehr auf die Länder burgische Wittstock fährt, machen die dungsgrundlage diente: die Wirtschaft- übertragen und dabei um jeden Cent Ost-West-Anbindung – die durchge- lichkeit“. Das dürfe nun aber weder zu gefeilscht habe. hende Südbahn – und die Nord-Süd- einem Rückbau der Infrastruktur noch Verbindung Güstrow-Plau wieder rich- zu einer Entwidmung führen. „Wir ste- „Es ist bedauerlich, was wir hier zu hö- tig Sinn.“ hen vor gravierenden Veränderungen ren gekriegt haben“, sagte Jörg Kröger in der Verkehrstechnologie. In den Tech- (AfD). Er hätte ein klares Bekenntnis Dringlichkeitsantrag AfD nologien der Verkehrsmittel insgesamt, zum Erhalt des Schienenverkehrs auf Drucksache 7/3442 aber auch in der Inanspruchnahme der der Strecke erwartet, und nicht zum Dringlichkeitsantrag DIE LINKE unterschiedlichen Verkehrsinfrastruk- Schienenersatzverkehr. „Es geht hier Drucksache 7/3445 turen.“ Niemand könne vorhersehen, wie sich das in den kommenden zehn Dringlichkeitsantrag Jahren entwickeln werde. Welche Themen die Fraktionen in den können sie Dringlichkeitsanträge stel- Landtagssitzungen beraten möchten, len. Die betreffende Fraktion hat dann In der Sache könne er die Befürworter müssen sie spätestens zwei Wochen die Möglichkeit, die Dringlichkeit zu der Südbahn verstehen, bekundete vorher der Landtagspräsidentin mit- begründen. Stimmen mindestens Jochen Schulte (SPD). „Wir haben aber teilen. Ausgehend davon wird dann zwei Drittel der Landtagsmitglieder ein grundlegendes Problem in diesem die vorläufige Tagesordnung für die dem zu, kann der Antrag zusätzlich Land“: die begrenzten Finanzmittel für Sitzungstage erstellt. Ergeben sich auf die Tagesordnung gesetzt werden. den öffentlichen Personennahverkehr. aus dem aktuellen Geschehen heraus Geregelt ist das in der Geschäftsord- Wenn das Land Geld für eine Bestel- weitere Sachverhalte, die Abgeordne- nung des Landtags (§74, Absatz 1). lung der Südbahn ausgebe, müsse an te im Landtag diskutieren möchten, anderer Stelle gespart werden. Der LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
18 A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e Endspurt für die beitragsfreie Kita Landesregierung bringt Gesetzesänderung in den Landtag ein Seit fast einem Jahr wird über die beitragsfreie Betreuung von Kindern in Jacqueline Bernhardt (DIE LINKE). Es Krippe, Kindergarten, Hort und Tagespflege diskutiert. Damit Eltern aber wie sei ein gutes Zeichen an die Familien im geplant zum 1.1.2020 von den Kosten befreit werden können, müssen die ge- Land, denen so endlich gezeigt werde, nauen Bestimmungen dazu ins Kindertagesförderungsgesetz (KiföG) aufge- dass sie in M-V willkommen seien. Sie nommen werden. Den Entwurf dazu brachte die Landesregierung in der 61. müssten jetzt nicht mehr in benachbar- Sitzung in den Landtag ein. Größter Kritikpunkt der Opposition: mangelnde te Bundesländer schauen. Die kosten- Verbesserungen bei der Betreuungsqualität. freie Betreuung eröffne Familien neue finanzielle Spielräume und sorge für „Nachdem wir zum 1. Januar dieses Jah- gestellt. „Wieso sollen Eltern den Mehr- chancengleiche Bildungsmöglichkeiten res die Gebühren für Geschwisterkinder bedarf tragen, wenn die Kita kostenfrei von der Kita an. Bei aller Euphorie dür- abgeschafft haben, soll jetzt der end- ist?“ Überhaupt keine Rolle spielten in fe aber auch die Qualität der Betreuung gültige Schritt erfolgen für alle Kinder in dem Gesetzentwurf zudem Familien- nicht aus den Augen verloren werden. unserem Land“, sagte Ministerpräsiden- modelle, in denen Mütter nicht arbeiten Die Anforderungen an Erzieher seien tin Manuela Schwesig. Damit nehme gingen. „Wo bleibt der finanzielle Aus- mit den Jahren immer umfangreicher M-V eine Vorreiterstellung in Deutsch- gleich für Eltern, die ihre Kinder nicht in geworden. „Wir geben ihnen immer land ein. Nirgendwo sonst schließe den Kindergarten schicken möchten?“ mehr Aufgaben, aber nicht die entspre- die Gebührenfreiheit alle Förderarten Das Land erwarte einfach, dass alle Müt- chende Zeit und dementsprechend und auch die Ganztagsbetreuung mit ter arbeiten gehen. kleinere Gruppen.“ Denn: Um Qualitäts- ein. „Wir sorgen damit nicht nur für die standards wie diese zu erhöhen, fehle größte Entlastung von Familien in un- „Die Abschaffung der Elternbeiträge es schlichtweg an Personal. Da helfe es serem Land, sondern auch für die größ- ist eine große Leistung“, entgegnete auch nicht, immer neue Berufsfelder in te Lohnerhöhung.“ Die Abschaffung Maika Friemann-Jennert (CDU). „Be- die Fachkraftdefinition einzuschließen. der Elternbeiträge nicht als Form von sonders für Familien mit niedrigem Sie forderte, einen Stufenplan für die Qualitätsverbesserung zu betrachten, Einkommen bedeutet das eine enorme Absenkung des Betreuungsschlüssels halte sie für falsch: „Wir erreichen da- Entlastung.“ 321 Millionen Euro pro Jahr zu entwickeln und dem entsprechend mit, dass Spielräume entstehen in den für die Kindertagesförderung auszuge- Fachkräfte auszubilden. Verhandlungen, Erzieher und Tagespfle- ben, sei für ein Land wie M-V eine ganz gepersonen besser zu bezahlen.“ Darü- schöne Hausnummer - aber auch das Sozialministerin Stefanie Drese sprach ber hinaus soll mit der Gesetzesnovelle beste Rezept gegen Kinderarmut. Auf von einem der wichtigsten Gesetzent- zusätzliches Geld in die Vor- und Nach- Druck ihrer Fraktion bringe die Geset- würfe der Landesregierung in dieser bereitungszeit der Erzieher fließen. „Wir zesnovelle aber auch mehr Geld für viel- Legislaturperiode. „Unsere Vision einer investieren also auch mit diesem Gesetz fach geforderte Qualitätssteigerungen kostenlosen Bildung von Anfang an, in Qualität.“ mit sich: insgesamt 6,8 Millionen Euro. unsere Vision einer historisch einma- Geld, das vor allem der mittelbaren ligen Entlastung für junge Familien ist Thomas de Jesus Fernandes (AfD) pädagogischen Arbeit, der Fach- und kurz davor, Wirklichkeit zu werden.“ Die bezeichnete den Gesetzentwurf als Praxisberatung und Verbesserungen Abschaffung der Elternbeiträge zum 1. „Schlag ins Gesicht“ vieler Erzieher. in der Kindertagespflege zugutekom- Januar 2020 gehe weit über die Verein- „Schöne Verpackung, zweifelhafter In- men solle. „Das ist ein Anfang.“ Letztlich barungen im Koalitionsvertrag hinaus. halt.“ An der Qualität der Betreuung werde auch die kommunale Ebene von „Mit Landesmitteln wurde und wird viel werde sich damit nichts verbessern. den gesetzlichen Änderungen profitie- bewegt.“ Im Bereich der Kindertagesför- Gute Kita habe auch etwas mit einem ren. Für sie bedeute das neue Finan- derung seien diese in den vergangenen vernünftigen Betreuungsschlüssel, ei- zierungssystem deutlich weniger Büro- acht Jahren von 118 Millionen Euro auf ner guten Bezahlung der Fachkräfte kratie. „Unterschiedliche Förderstränge mehr als 320 Millionen Euro gestiegen. und einer vorausschauenden Personal- werden zusammengefasst und dann als „Das Land wird pro Jahr zirka 145 Mil- planung zu tun. „30 Prozent der Erzieher einzige Förderung weitergegeben.“ lionen Euro in die Hand nehmen, um werden demnächst in Rente gehen.“ Ein die komplette Beitragsfreiheit zu finan- weiterer Kritikpunkt: Reichen Betreu- „Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zieren. Vom Bund kommen in der End- ungszeiten – zum Beispiel während der gehen wir einen riesigen Meilenstein, stufe etwa 37,5 Millionen Euro hinzu.“ Schulferien – nicht aus, würden die zu- den meine Fraktion seit Jahren für die Fachkräftebedarf, Fachkraft-Kind-Rela- sätzlichen Stunden Eltern in Rechnung Menschen in M-V gefordert hat“, lobte tion, Vergütung, Arbeitszeiten – ihr sei LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 4/2019
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