Ziele von Wissenschafts-kommunikation - Impact Unit

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Ziele von Wissenschafts-kommunikation - Impact Unit
Ricarda Ziegler & Liliann Fischer, Wissenschaft im Dialog

Ziele von Wissenschafts-
kommunikation

   Eine Analyse der strategischen Ziele relevanter Akteure für die institutio-
   nelle Wissenschaftskommunikation in Deutschland, 2014-2020

   Erscheinungsdatum: 23.11.2020
Ziele von Wissenschafts-kommunikation - Impact Unit
Inhaltsverzeichnis
Einleitung ........................................................................................................................................................................................................ 3
Theorie ............................................................................................................................................................................................................. 4
Kategorisierung der Ziele von Wissenschaftskommunikation ......................................................................................... 6
Methode .......................................................................................................................................................................................................... 8
   Dokumentenrecherche ...................................................................................................................................................................................... 8
   Deskriptiver Überblick über die Dokumente......................................................................................................................................... 10
Auswertung .................................................................................................................................................................................................. 12
Ergebnisse..................................................................................................................................................................................................... 13
   Analyse des Ist-Zustands..................................................................................................................................................................................13
       Problematisierungen ................................................................................................................................................................................................................ 14
       Positive Bewertungen .............................................................................................................................................................................................................. 15
   Strategische Ziele ................................................................................................................................................................................................. 17
       Gestaltungsdimension.............................................................................................................................................................................................................. 17
       Einstellungsdimension ............................................................................................................................................................................................................ 19
   Änderungen der Rahmenbedingungen von Wissenschaftskommunikation ...................................................................... 22
   Zielgruppen .............................................................................................................................................................................................................24
   Exkurs ....................................................................................................................................................................................................................... 25
       Entwicklungen der Zielsetzungen auf der Gestaltungsdimension................................................................................................................. 25
Diskussion ................................................................................................................................................................................................... 27
Fazit und Ausblick ................................................................................................................................................................................... 32
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................................................................... 34
Anhang A...................................................................................................................................................................................................... 36
Anhang B........................................................................................................................................................................................................ 41

Wir danken Josefina Trittel für die Unterstützung der Recherche.

Zitationsvorschlag:
Ziegler, R. & Fischer, L. (2020). Ziele von Wissenschaftskommunikation – Eine Analyse der strategischen
Ziele relevanter Akteure für die institutionelle Wissenschaftskommunikation in Deutschland, 2014-2020,
Wissenschaft im Dialog, Berlin.

Diese Arbeit ist im Rahmen des Projekts Impact Unit von Wissenschaft im Dialog entstanden und wird
unter dem Förderkennzeichen 0150862 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) gefördert.

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Einleitung
Im Laufe der letzten Jahre ließ sich ein beachtlicher Bedeutungszuwachs von Wissenschafts-
kommunikation in Deutschland beobachten. Forschende nutzen inzwischen eine Vielzahl von Kanälen,
um öffentlich über ihre Arbeit zu kommunizieren. Forschungsinstitutionen beteiligen sich an
Veranstaltungen und an diversen Formaten der Wissenschaftskommunikation. Auch am politischen
Interesse für das Thema wird dessen neue Bedeutung deutlich. Der Antrag der Bundestagsfraktionen
CDU und SPD (2019) zeigt dies ebenso, wie das Grundsatzpapier des Bundesministeriums für Bildung
und Forschung (BMBF) vom November 2019. Dabei geht es auch darum, Wissenschaftskommunikation
in Zukunft zu einem festen Bestandteil von Forschungsprojekten zu machen und die entsprechenden
Fördergelder zur Verfügung zu stellen (BMBF, 2019).
Doch auf das Grundsatzpapier folgte vielfach Kritik an dessen zentralen Vorstößen. Befürchtet wird
einerseits die Verpflichtung von Forschenden zur Wissenschaftskommunikation, unabhängig davon, wie
viel diese bereits kommunizieren und ob diese die Motivation, Kompetenz oder Zeit haben, um mehr zu
kommunizieren (Geulen & Sommer, 2019, Schmoll, 2019). Des Weiteren befürchten Kritikerinnen und
Kritiker ein unkontrolliertes „Mehr” an Wissenschaftskommunikation (Zinkant, 2019), durch immer neue
Zielgruppen, Formate und Kanäle der Kommunikation, ohne dass die Qualität der
Wissenschaftskommunikation ausreichend gewährleistet werden kann (Nellen, 2020).
Diese Kontroverse rückt Fragen der Effektivität und Wirkung in den Vordergrund. Wenn Wissenschaft
vermehrt kommuniziert werden soll, ist es zentral, mehr darüber zu erfahren, wie Wissenschafts-
kommunikation am besten bei wem wirkt. Damit kommt der Evaluation von
Wissenschaftskommunikation eine wichtige Funktion zu. Dies wiederum rückt auch die Ziele von
Wissenschaftskommunikation in den Fokus. Schließlich ist die Überprüfung eines Formats hinsichtlich
seiner Wirkung und Effektivität bei der Erreichung seiner Ziele nur dann möglich, wenn diese Ziele klar,
differenziert und in messbarer Form definiert sind (Spicer, 2017, p.21).
Die Ziele von Wissenschaftskommunikation haben sich in den letzten 20 Jahren stark verändert.
Während in den frühen 2000er Jahren im Zuge des PUSH-Memorandums noch die Informations-
vermittlung zum Ausgleich des angenommenen Wissensdefizits der Bevölkerung im Vordergrund stand,
kommt jetzt Aspekten wie Dialog oder Beteiligung eine deutlich größere Rolle zu (Schäfer et al., 2019).
Welche strategischen Ziele momentan die Wissenschaftskommunikation bestimmen und wie sich diese
entwickelt haben, ist Gegenstand dieser Untersuchung, die im Rahmen der Impact Unit durchgeführt
wurde.
Die Impact Unit ist ein vom BMBF gefördertes Projekt von Wissenschaft im Dialog, das sich mit Fragen
der Evaluation und Wirkung von Wissenschaftskommunikation auseinandersetzt. Die Impact Unit möchte
einen Beitrag zu wirkungsorientierten Evaluationen in der Wissenschaftskommunikation sowie zu einer
evidenzbasierten Diskussion über (Formate der) Wissenschaftskommunikation leisten. Neben der
Bereitstellung einer wissenschaftlichen Basis für eine informierte Diskussion und der Entwicklung von
Evaluationsmaterialien dient die Impact Unit auch als Schnittstelle zwischen Praxis und Forschung zu
Wissenschaftskommunikation. Insbesondere für die Entwicklung passgenauer Evaluationstools ist dabei
die vorliegende systematische Betrachtung der Zielsetzungen von Wissenschaftskommunikation
relevant. Nur durch aussagekräftige Urteile über die Wirkung verschiedener Formate und Projekte in
Verbindung mit Wissen über die strategischen Ziele von Wissenschaftskommunikation können
notwendige Verbesserungen und Anpassungen vorgenommen werden, um Ziele in Zukunft noch
effektiver zu erreichen.
Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich daher mit den strategischen Zielen der institutionellen
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Wissenschaftskommunikation in Deutschland. In einer umfassenden Analyse wurden 120 Dokumente
von 39 richtungsweisenden Akteuren in Deutschland ausgewertet und besonders im Hinblick auf ihre
strategischen Ziele betrachtet.

Theorie
Als Wissenschaftskommunikation werden hier alle Formen von auf wissenschaftliches Wissen oder
wissenschaftliche Arbeit fokussierter Kommunikation, inklusive ihrer Produktion, Inhalte, Nutzung und
Wirkung, sowohl in Form von interner Wissenschaftskommunikation innerhalb als auch externer
Wissenschaftskommunikation außerhalb des Wissenschaftssystems bezeichnet. In diesem Bericht
fokussieren wir uns ausschließlich auf die externe Wissenschaftskommunikation, welche die
Kommunikation außerhalb der wissenschaftlichen Fachcommunity beschreibt (Niemann et al., 2017)1.
Externe Wissenschaftskommunikation umfasst im Verständnis, das dieser Untersuchung zugrundeliegt,
neben der Kommunikation von Forschenden oder anderen Vertreterinnen und Vertretern
wissenschaftlicher Einrichtungen an Zielgruppen außerhalb des Wissenschaftssystems auch
Wissenschaftsjournalismus oder wissenschaftsbezogene Massenkommunikation, zum Beispiel in den
sozialen Medien. Für eine Beantwortung der Fragen nach den strategischen Zielen der
Wissenschaftskommunikation ist für die zukünftige Arbeit im Rahmen der Impact Unit jedoch besonders
die Perspektive der institutionellen Wissenschaftskommunikation relevant, weshalb diese im Fokus der
Analyse steht und hierfür relevante Akteure2 einbezogen wurden.
Im Laufe der letzten 20 Jahre haben sich die Schwerpunkte in der Zielsetzung externer
Wissenschaftskommunikation merklich verschoben. In den ersten Folgejahren der Unterzeichnung des
PUSH-Memorandums in Deutschland beschäftigte sich Wissenschaftskommunikation vor allem mit dem
Ausgleich des damals angenommenen Informationsdefizits der Öffentlichkeit. Diesem so genannten
Defizitmodell der Wissenschaftskommunikation liegt die Annahme zugrunde, dass der Öffentlichkeit
allgemein Informationen über Wissenschaft und wissenschaftliche Erkenntnisse fehlen (Nisbet &
Scheufele, 2009). Darüber hinaus wird angenommen, dass viele der wissenschaftsskeptischen oder sogar
wissenschaftsfeindlichen Tendenzen in der Gesellschaft, so wie alle gesellschaftlichen Entscheidungen,
die nicht im Sinne des neuesten Stands wissenschaftlicher Erkenntnis getroffen werden, direkt auf
dieses Informationsdefizit zurückzuführen seien. Dieses Defizit gelte es auszugleichen, denn dann, so
die Annahme, würde sich die Gesellschaft automatisch mehr im Sinne wissenschaftlicher Erkenntnisse
verhalten (Akin & Scheufele, 2017: p. 25-26, Simis et al., 2016).
Dieses Paradigma hat sich in den letzten Jahren immer mehr in Richtung eines neuen dialogorientierten
Leitbilds, des public engagement with science, gewandelt. In dieser Sichtweise werden Forschende und
Menschen außerhalb der akademischen Fachcommunity als gleichberechtigte Partner gesehen und
dazu motiviert, miteinander in einen Diskurs zu treten - über die Wissenschaft, aber auch die ethischen,
legalen und sozialen Implikationen von Forschungsergebnissen und Innovationen (Schäfer et al., 2019,
p. 77). Akin und Scheufele schlugen 2017 ein drittes Paradigma vor, bezeichnet als science
communication in context, das den politischen und gesellschaftlichen Kontext sowie Diskurs als
rahmengebend für die Wissenschaft und ihre Kommunikation betrachtet. Die verschiedenen Modelle

1
 Wenn im Folgenden von Wissenschaftskommunikation die Rede ist, ist damit also immer die externe
Wissenschaftskommunikation gemeint.
2
 Wenn im Rahmen der Analyse der Ausführungen dieser Akteure auch der Wissenschaftsjournalismus
thematisiert wurde, wurde dies entsprechend einbezogen. Allerdings wurden Akteure, die sich
ausschließlich mit Wissenschaftsjournalismus befassen, in der Analyse nicht berücksichtigt.
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verändern auch die Wissenschaftskommunikation, denn das jeweilige Verständnis vom Verhältnis
zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit und von Wissenschaftskommunikation beeinflusst auch die
Ziele, die diese verfolgt (Schäfer et al., 2019).
Bei der systematischen Betrachtung der Ziele von Wissenschaftskommunikation fällt jedoch schnell auf,
dass es 1) häufig an der klaren Benennung der Ziele von Wissenschaftskommunikation fehlt (Stilgoe et
al., 2014), 2) die Ziele, die genannt werden, eine Bandbreite an Konzepten auf verschiedenen Ebenen
und Dimensionen umfassen (s.u.) und 3) die Art der Betrachtung von Zielen in der
Wissenschaftskommunikation bisher noch nicht ausreichend diskutiert und definiert scheint. Während
das wissenschaftliche Interesse an Wissenschaftskommunikation und ihren Zielen zunimmt, scheint es
dennoch weiterhin eine Lücke in der Präzisierung und Beschreibung von Zielen zu geben (Kappel &
Holmen, 2019).
Der folgende kurze Überblick zeigt beispielhaft, welche große Bandbreite an Zielen auf verschiedensten
Ebenen häufig genannt und diskutiert werden. Die National Academies of Science and Engineering and
Medicine (2017) in den USA nennen beispielsweise
    1.   Sharing recent findings and excitement for science
    2.   increasing public appreciation of science
    3.   increasing knowledge and understanding of science
    4.   influencing the opinions, policy preferences or behavior of people, and
    5.   ensuring that a diversity of perspectives about science held by different groups are considered
         when solutions to societal problems are pursued
Burns et al. (2003) nennen ebenfalls fünf Ziele, die sie entlang der traditionellen Vokalfolge AEIOU
strukturieren: „Awareness, Enjoyment, Interest, Opinion-formation and Understanding“. Auch einen
Dialog zwischen Forschenden und Öffentlichkeit anzuregen, sowie die Öffentlichkeit an Wissenschaft
zu beteiligen, wird als Ziel genannt (Schäfer et al., 2019, p. 78). Ein erster Versuch einer Integration
verschiedener Ziele aus der wissenschaftlichen Literatur in Form einer Taxonomie kommt von Kappel
und Holmen (2019). Diese zählen als Ziele:
    1.   Improving the population’s belief about science
    2.   Generating social acceptance
    3.   Generating public epistemic and moral trust
    4.   Collect citizens’ input about acceptable/worthwhile research aims and applications of science
    5.   Generating political support for science
    6.   Collect and make use of local knowledge
    7.   Make use of distributed knowledge or cognitive resources to be found in the citizenry
    8.   Enhance the democratic legitimacy of funding, governance and application of science or
         specific segments of science
Nach dieser nur sehr kurzen und beispielhaften Betrachtung einiger Zusammenstellungen von Zielen
ist schnell erkennbar, dass es sich bei den genannten Zielen um sehr verschiedene Formulierungen mit
unterschiedlich gelagerten Schwerpunkten handelt. Das Ziel, Interesse bei Teilnehmenden zu wecken,
ist anders zu verorten als das Ziel, einen Dialog herzustellen, und wiederum vollkommen anders
angelegt als das Ziel, die demokratische Legitimierung von Wissenschaft zu stärken.

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Kategorisierung der Ziele von
Wissenschaftskommunikation
Im Rahmen der hier durchgeführten Untersuchung wird ein Vorschlag zur Konzeptualisierung und
Systematisierung von Zielen der Wissenschaftskommunikation gemacht, indem zwischen verschiedenen
Dimensionen von Zielen sowie zwischen Zielen und Motiven unterschieden wird.
1) die Gestaltungsdimension: Die erste Dimension bezieht sich auf die konkrete Umsetzung der
Wissenschaftskommunikationsformate. Zielformulierungen, die sich in diesem Bereich bewegen,
beziehen sich nicht auf ein erwünschtes Ergebnis, das erzielt werden soll, sondern vielmehr darauf, wie
die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit ausgestaltet sein soll. Formate und
Projekte der Wissenschaftskommunikation können dabei eher informierend/vermittelnd, dialog-
/diskursorientiert oder partizipativ angelegt sein, so dass sich die drei Kategorien Information, Dialog
und Beteiligung ergeben. Information beschreibt eine einseitige Form der reinen
Informationsvermittlung, Dialog beschreibt einen aktiven und beidseitigen Austausch zwischen
Wissenschaft und Öffentlichkeit, Beteiligung beschreibt die aktive Teilnahme der Bevölkerung an
Wissenschaft und Forschung (sowohl an einzelnen Forschungsprojekten im Sinne von Citizen Science
als auch an wissenschaftspolitischen Agenda-Setting-Prozessen).
2) die Einstellungsdimension: Die zweite Dimension bezieht sich auf die Wirkung der
Wissenschaftskommunikation mit Blick auf die Einstellungen der Bevölkerung. Die Konzeptualisierung
dieser Dimension orientiert sich dabei zunächst an der sozialpsychologischen Einteilung von
Einstellungen (Ajzen, 1989), die auch häufig auf die Untersuchung der Wirkung von
Wissenschaftskommunikation angewandt wird (Schäfer et al., 2018, Goodwin, 2011). Diese teilen sich
auf in kognitive Einstellungen, die das Wissen über und das Verständnis einer Sache bezeichnen,
affektive Einstellungen, die Gefühle und Emotionen umfassen, und konative Einstellungen, die
Verhalten und Verhaltensabsichten bezeichnen (Schäfer et al., 2018, p. 5). Diese grundsätzliche
Einteilung wird beibehalten, aber an einige Stellen angepasst.
Kognitive Einstellungen erweisen sich als zentral für die Betrachtung der Ziele von
Wissenschaftskommunikation. Kognitive Zielsetzungen werden daher hier als solche definiert, die
beabsichtigen, das Verständnis der Öffentlichkeit von und ihr Wissen über Wissenschaft zu steigern
(Metag, 2016). In Bezug auf Wissenschaftskommunikation wird dies auch häufig mit der so genannten
„scientific literacy” umschrieben (Schäfer et al., 2018, p. 5). Nach Miller kann „scientific literacy” als
Konzept mit drei Dimensionen verstanden werden, das neben Faktenwissen (oder auch „textbook
knowledge“) das Verständnis der Methoden und Funktionsweisen von Wissenschaft sowie das Wissen
über wissenschaftliche Institutionen und deren gesellschaftliche Rolle umfasst (Bauer et al., 2007, Miller
& Pardo, 2000).
Das hier zugrundegelegte Verständnis von affektiven Einstellungen geht allerdings über den
sozialpsychologischen Fokus auf Emotionen hinaus. Vielmehr orientiert es sich an Theorien der
politischen Soziologie, wonach diese auch die Bewertung und Haltung von Personen miteinschließt
(Falter & Schoen, 2014). Nach Niedermayer (2012) werden diese als evaluative Einstellungen
bezeichnet. Niedermayer definiert evaluative Einstellungen als „der Realitätsbewertung dienende
Orientierungen, d.h. die Beurteilung politischer Orientierungsobjekte auf einem negativ/positiv-
Kontinuum” (2012, p. 16). In Bezug auf die Wissenschaft geht es hier darum, „wie die Bürger
Wissenschaft und Technik gegenüberstehen” (Metag, 2016, p.4). Damit sind evaluative Zielsetzungen
solche, die beabsichtigen, die Haltung der Bevölkerung zu beeinflussen.
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Konative Einstellungen sind ebenfalls zentral, jedoch wird hier zwischen Verhaltensabsichten und
Verhalten getrennt. Das ist insofern von Bedeutung, da sowohl die Beeinflussung als auch die Messung
von Wirkungen auf tatsächliches Verhalten bedeutend schwieriger ist, als dies bei Verhaltensabsichten
der Fall ist. So kann die Absicht, sich zukünftig an einem Citizen Science-Projekt zu beteiligen, sehr
simpel über eine Ja/Nein-Frage eines Fragebogens gemessen werden. Die tatsächliche Teilnahme zu
überprüfen, würde hingegen eine aufwendige und langfristige Begleitung und Beobachtung dieser
Personen erfordern.
Um die Gestaltungs- und Einstellungsdimensionen konzeptionell zu unterscheiden, ist ein Rückgriff auf
die Wirkungsforschung hilfreich. Danach werden Wirkungen meistens auf den Ebenen Output, Outcome
und Impact gemessen (PHINEO 2018)3. Output bezeichnet hierbei die „Angebote und und Produkte eines
Projekts” (PHINEO 2018, p. 36), Outcome die „Wirkungen des Projekts auf Ebene der Zielgruppe(n)”
(PHINEO 2018, p. 37) und Impact die „erwünschten Veränderungen auf gesellschaftlicher Ebene”
(PHINEO 2018, p. 39). Zielformulierungen in Bezug auf die Gestaltung eines Formats oder Projekts der
Wissenschaftskommunikation sind aus unserer Sicht daher auf der Output-Ebene zu verorten,
Zielsetzungen bezüglich Einstellungen je nach Teilnehmenden- oder Gesellschaftsbezug auf der
Outcome- oder auch auf der Impact-Ebene. So ist beispielsweise die Tatsache, dass ein Vortrag gehalten
wurde, ein einfach feststellbarer Output, der die Gestaltung der Kommunikation verdeutlicht. Ist die
Zielsetzung einer Aktivität, das Wissen der Teilnehmenden zu erhöhen, so handelt es sich um einen
Outcome-Fokus. Soll die Gesellschaft als Ganzes wissenschaftsbasiertere Entscheidungen treffen, hat
das Ziel einen Impact-Fokus.
3) die Motive von Wissenschaftskommunikation: Die dritte Dimension berührt zugleich eine zentrale
Frage im gegenwärtigen Diskurs nach der Unterscheidung von Zielen und Motiven der
Wissenschaftskommunikation (DGPuK und DGS, 2020). Diese beiden Aspekte sollen klar getrennt
werden, wobei Motive all jene Formulierungen und Begründungen umfassen, die entweder explizit oder
implizit einen Aufschluss darüber geben, warum spezifische Zielsetzungen in der
Wissenschaftskommunikation verfolgt werden sollen, und zu wessen Nutzen dies geschieht. Dabei wird
hier zwischen zwei verschieden gelagerten Typen von Motiven unterschieden. Zum einen Motive mit
einem „eigennützigen” Element, in denen es um einen Nutzen für unterschiedliche Teile des
Wissenschaftssystems geht. Diese untergliedern sich in solche, die einen Nutzen für einzelne
Forschende anstreben, wie beispielsweise deren Bekanntheit zu steigern oder ihnen Spaß und Freude
durch Kommunikation zu bereiten. Des Weiteren fällt darunter auch der Nutzen für einzelne
Institutionen, die beispielsweise ihre Sichtbarkeit oder auch ihre positive Wahrnehmung in der
Öffentlichkeit steigern wollen. Zuletzt fällt darunter noch der Nutzen für die Wissenschaft als Ganzes,
zum Beispiel gesteigerte Legitimierung oder Unterstützung der Öffentlichkeit für öffentliche Förderung.
Auf der anderen Seite gibt es ein Motiv mit einem eher „uneigennützigen” Element, bei dem es um den
Nutzen für die Gesellschaft als Ganzes geht. Eine gesteigerte Demokratiefähigkeit oder auch die
Stärkung der Wissensgesellschaft zählen hierzu.
Weingart und Joubert (2019) schlagen eine ganz ähnliche Unterscheidung vor und differenzieren
zwischen Aktivitäten „designed to educate and inform, as well as to engage the public via meaningful
dialogue" und solchen „designed to promote and persuade, in order to to build the image and reputation
of science organizations and scientists and to legitimize political institutions and/or their
representatives" (S. 7). Während unsere Kategorisierung Teile dieser Idee übernimmt, halten wir es für
wichtig, klar zwischen Zielen und Motiven zu unterscheiden, sowie zwischen Gestaltungs- und
Einstellungsdimension zu trennen und diese nicht in einer Kategorie zusammenzuführen.

3
 Diese bezeichnen wir als Wirkungsdimension, sehen ihre Elemente aber nicht als eigenständige Ziele
von Wissenschaftskommunikation.
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Die Analyse der vorliegenden Untersuchung bedient sich dieser Kategorisierung von Zielen und
Motiven, um die Dokumente systematisch analysieren zu können.

Methode

Dokumentenrecherche
Zu Beginn der Untersuchung wurden, basierend auf verschiedenen Kriterien, Akteure identifiziert, deren
strategische Ziele für die Wissenschaftskommunikation einen entscheidenden Einfluss auf die
Ausgestaltung der institutionellen Wissenschaftskommunikation in Deutschland haben (Akteure mit
einem ausschließlichen Fokus auf nicht-institutionelle Wissenschaftskommunikation, wie
Wissenschaftsjournalismus oder Förderung von MINT-Fächern nur im schulischen Bereich, sind hier
ausgeklammert). Ausschlaggebend war hier,
    1.   dass die Akteure bundesweit aktiv sind und nicht lokal oder regional begrenzt. Eine Ausnahme
         bilden hier die für Bildung und Forschung zuständigen jeweiligen Landesministerien, die nur in
         einem Bundesland tätig sind. Um dem großen Einfluss der Landesministerien innerhalb des
         föderalen Systems in Deutschland gerecht zu werden, wurden diese trotzdem aufgenommen.
         Stiftungen, die beispielsweise bedingt durch einen Firmensitz eine regionale Einschränkung
         ihrer Fördertätigkeiten vornehmen, wurden hingegen nicht einbezogen.
    2.   dass die Akteure maßgeblichen Einfluss auf die Wissenschaftskommunikation anderer Akteure
         und damit auf die Wissenschaftskommunikation in Deutschland nehmen. Dieser Einfluss kann
         verschiedene Formen annehmen:
              a. Bestimmte Akteure haben durch ihre organisatorische Ausgestaltung (z. B. Verband,
                  Gesellschaft mit relevanten Gesellschaftern, Verein mit Mitgliedern) ein Mandat, um
                  zum Beispiel durch Stellungnahmen und öffentliche Positionspapiere einen Beitrag
                  zum Diskurs und zum politischen Gestaltungsprozess zu Wissenschaftskommunikation
                  zu leisten.
              b. Bestimmte Akteure können durch Entscheidungen der finanziellen Förderung für
                  Wissenschaftskommunikation Akzente setzen.
              c. Bestimmte Akteure können durch politische Richtlinien und Entscheidungen den
                  politischen Rahmen von Wissenschaftskommunikation setzen4.

Insgesamt wurden mittels dieser Kriterien zunächst 52 Akteure in die Liste aufgenommen. Bei 13
Akteuren konnten jedoch innerhalb des untersuchten Zeitraums (2014 bis April 2020) im Rahmen der
Recherche keine für die Untersuchung relevanten Dokumente gefunden werden, sodass die Akteure von
der Analyse ausgeschlossen wurden. Damit wurden insgesamt 39 Akteure analysiert. Eine Liste aller in
der Analyse aufgenommenen, sowie ausgeschlossenen Institutionen findet sich im Anhang dieses
Berichts.
Da bereits zu Beginn der Untersuchung deutlich wurde, dass nicht alle Akteure Strategiedokumente mit
klar benannten Zielformulierungen veröffentlichen, wurde eine Zusammenstellung von Dokumenten

4
 An dieser Stelle besteht Bewusstsein über die Ungenauigkeit der Akteursdefinition. Sie erscheint
aber dennoch notwendig und sinnvoll, um die große Spannbreite an Akteuren in der deutschen
Wissenschaftskommunikationslandschaft handhabbar zu machen. Da darüber hinaus der Fokus auch
nicht auf Fallbeispielen einzelner Akteure liegt, sondern vielmehr auf eine Gesamtheit, werden
eventuelle Ungenauigkeiten in der Auswahl der Akteure für vertretbar befunden.
                                                                                          www.impactunit.de   8
erarbeitet, aus denen indirekte Schlussfolgerungen auf die Ziele der Akteure gezogen werden sollten.
Die Dokumente, die solch eine Schlussfolgerung zulassen sind:
    1.    Offizielle Dokumente, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie intern umfassend
          abgestimmt wurden und daher für die Position der Organisation sprechen.
    2.    Stellungnahmen oder Beiträge hochrangiger Vertreterinnen und Vertreter der Organisationen,
          von denen angenommen werden kann, dass sie für diese sprechen.
Relevante Dokumente der Akteure wurden mithilfe zweier Suchstrategien recherchiert:
    1.    Eine systematische Stichwortsuche in der internen Suchfunktion der jeweiligen Website der
          Organisation. Es wurden immer alle Treffer der Stichwortsuche auf ihre Relevanz für die
          vorliegende Analyse überprüft. Die Stichwörter sind im Folgenden aufgeführt:
               a. Wissenschaftskommunikation
               b. Wissenschaftskommunikation UND Strategie
               c. Wissenschaftskommunikation UND Ziele
               d. Wissenschaft Kommunikation
               e. Partizipation
               f. Third Mission
               g. Citizen Science
               h. Transfer

    2.    Eine systematische Durchsuchung der Website der Organisation mit Fokus auf die relevanten
          Unterseiten. Da alle Webpräsenzen der im Sample enthaltenen Organisationen sehr
          unterschiedlich aufgebaut sind, kann hier keine einheitliche oder erschöpfende Auflistung der
          durchsuchten Unterseiten aufgeführt werden. Beispielhaft aufzuführen sind allerdings
          Unterseiten wie „Über uns”, „Mission”, „Leitbild”, „Reden und Stellungnahmen”.5
Die so aufgefundenen Dokumente wurden nach einer Reihe an Ein- und Ausschlusskriterien bewertet
und entweder in das Sample aufgenommen oder ausgeschlossen.

         ° Zeitraum: Es wurden nur Dokumente aufgenommen, die im Zeitraum vom 01. Januar 2014 bis
           zum Ende der Recherche am 01. April 2020 veröffentlicht wurden.
         ° Sprache: Es wurden nur deutschsprachige Dokumente aufgenommen. Diese Entscheidung
           erscheint sinnvoll, da die Sprachkonventionen und Begriffe, die im Bereich der
           Wissenschaftskommunikation im englischsprachigen Raum verwendet werden, sich stark von
           den deutschen Begriffen unterscheiden und so nicht gut anhand der gleichen Kategorien
           analysiert werden können 6 . Das scheint insofern jedoch wenig problematisch für die
           Aussagekraft der Analyse, als dass nur drei Dokumente auf Englisch gefunden wurden und
           diese alle von Organisationen veröffentlicht wurden, die durch mehrere andere Dokumente im
           Sample vertreten sind. Dadurch wurde als Folge der Einschränkung der Sprache keine
           Organisation von der Analyse ausgeschlossen.
         ° Inhaltlicher Bezug: Die Dokumente mussten sich mit Wissenschaftskommunikation
           beschäftigen. Dabei liegt die eingangs gegebene Definition von Wissenschaftskommunikation
           zugrunde. Ausgeschlossen wurden daher Dokumente, die sich ausschließlich mit anderen
           Bereichen der Wissenschaftsvermittlung, wie beispielsweise dem Transfer wissenschaftlicher

5
  Die Suche wurde ausführlich dokumentiert und die Dokumentation kann bei Bedarf zur Verfügung
gestellt werden.
6
  So wird beispielsweise im englischsprachigen Raum häufig der Begriff „public engagement“ für die
Interaktion von Forschenden mit der Öffentlichkeit verwendet und nicht der, der deutschen
„Wissenschaftskommunikation” entsprechende, Begriff „science communication“.
                                                                                          www.impactunit.de   9
Ergebnisse in die Privatwirtschaft, beschäftigen. Ebenfalls ausgeschlossen wurden Dokumente,
         die sich nur auf einzelne Projekte beschränken und daher keinen Aufschluss über die größeren
         Ziele der Organisation im Bereich Wissenschaftskommunikation geben.

Deskriptiver Überblick über die Dokumente

                              Anzahl der Dokumente pro Jahr
 35
                                                                                          32
                                                                             29
 30
                                                               27

 25

 20

 15
                        11                        11
 10
                                      6
  5        4

  0
          2014         2015         2016         2017         2018          2019         2020

Abbildung 1. Dokumente in der Stichprobe sortiert nach Jahren, 2014-2020 (1. April), N = 120

Es zeigt sich deutlich, dass im Laufe der Jahre mehr und mehr Dokumente zu Wissenschafts-
kommunikation veröffentlicht wurden. Die Zahl der dem Jahr 2020 zugeordneten Dokumente ist jedoch
mit Vorsicht zu betrachten. Zum einen endete der Recherchezeitraum am 1. April 2020, sodass nur
Veröffentlichungen aus den ersten drei Monaten des Jahres betrachtet wurden. Gleichzeitig erklärt sich
die nichtsdestotrotz sehr hohe Zahl der Dokumente im Jahr 2020 eventuell dadurch, dass insbesondere
Veröffentlichungen direkt auf einer Website dem Jahr des letzten Updates der Seite zugeordnet wurden,
sodass höchstwahrscheinlich hier auch Seiten darunterfallen, die mit demselben Inhalt bereits seit
Jahren bestehen. Da es jedoch möglich ist, dass immer wieder kleine inhaltliche Änderungen
vorgenommen wurden, erscheint diese Zuordnung durchaus schlüssig. Nichtsdestotrotz zeigt sich ein
klarer Trend zu mehr Veröffentlichungen im Laufe der letzten Jahre, der sich auch 2020 fortzusetzen
scheint. Besonders bemerkenswert ist hier sicherlich der Sprung der Veröffentlichungen vom Jahr 2017
zum Jahr 2018.
Wie bereits aufgeführt, wurde eine große Bandbreite an verschiedenen Dokumenten analysiert, die
direkt oder indirekt Aufschluss über die strategischen Ziele der Wissenschaftskommunikation der
verschiedenen Akteure geben können. Der folgende Überblick verdeutlicht dieses große Spektrum und
die Verschiedenheit der Dokumente.

                                                                                          www.impactunit.de   10
Dokumentenarten
   25

   20

   15

   10

    5

    0

                Ve ag
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  St

  St

Abbildung 2. Arten von Dokumenten in der Stichprobe, aufgeführt nach Häufigkeit, (N = 120)

Es zeigt sich klar, dass viele Arten von Dokumenten nur sehr selten vertreten sind (in der Darstellung
sind „kleine Anfrage” bis „Antrag” nur jeweils zweimal vertreten, ab „Vertrag” sind alle Dokumente nur
noch jeweils einmal vertreten). Dadurch befindet sich zwar eine große Bandbreite an Dokumenten in
der Stichprobe, die Dokumente sind aber keineswegs gleichmäßig auf die verschiedenen Arten von
Dokumenten verteilt.
Die Akteure wurden nach Aufnahme in die Untersuchung in Akteursgruppen eingeteilt und die
Dokumente nach diesen Gruppen sortiert. Die Akteursgruppen sind wissenschaftliche Akademien,
politische Akteure, Stiftungen, Zusammenschlüsse von Universitäten bzw. Hochschulen sowie Wissen-
schaftskommunikationseinrichtungen und Wissenschaftsorganisationen. Der Stifterverband wurde
keiner der Gruppen zugeordnet. Die 11 Akteure aus der Politik machen die Mehrheit der Akteure in der
Stichprobe aus, gefolgt von den Stiftungen (10). Sechs Wissenschaftsorganisationen sind vertreten und
fünf Wissenschaftskommunikationseinrichtungen, während von den Akademien und Zusammen-
schlüssen von Universitäten und Hochschulen jeweils drei Akteure vertreten sind.
Die Verteilung der Dokumente auf die einzelnen Akteure und Akteursgruppen ist jedoch keineswegs
linear zu dieser Verteilung und die Akteure unterscheiden sich dramatisch in der Anzahl der Dokumente,
die ihnen zugeordnet werden können. So sind bspw. für die Max-Planck-Gesellschaft oder auch für das
Landesministerium Brandenburg jeweils nur ein Dokument in der Stichprobe. Das BMBF allein ist
hingegen mit 17 Dokumenten vertreten. Die Dokumente unterscheiden sich ebenfalls sehr stark in ihrer
Länge und dementsprechend auch in der Anzahl der Zitate pro Dokument. So sind besonders Einträge
auf Webseiten häufig sehr kurz, wie beispielsweise die Zielformulierung für Wissenstransfer der Leibniz-
Gemeinschaft, die nur eine Seite lang ist und sieben kodierte Zitate umfasst. Die Stellungnahme „Social
Media und digitale Wissenschaftskommunikation” der Akademienunion, der Leopoldina und acatech ist
76 Seiten lang und umfasst 207 kodierte Zitate. Dieses Verhältnis ist allerdings nicht immer linear: Die
Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Hochschulgovernance sind 113 Seiten lang, beinhalten aber
ebenfalls nur sieben kodierte Zitate.
Dieses Ungleichgewicht zeigt sich auch bei näherer Betrachtung der Anzahl an Zitaten, die auf die
Akteure entfallen. Im Vergleich zu der Gesamtzahl der Dokumente zeigt sich hier, dass beispielsweise
                                                                                           www.impactunit.de   11
die Akademien zwar anteilsmäßig nur 4% der Dokumente zum Sample beitragen, aber ein Anteil von
15% der Zitate auf sie entfällt. Damit wird hier ein Ungleichgewicht deutlich, welches für die spätere
Analyse und Interpretation entscheidend ist. So können einzelne Akteure, denen sehr lange und mit
vielen Kodes versehene Dokumente zuzuordnen sind, natürlich potenziell einen starken Einfluss auf die
thematische Ausrichtung der einzelnen Aspekte haben.

Auswertung
Die Dokumente wurden nach den Methoden der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet (Mayring,
2015). Dazu wurde das Programm Atlas.ti (Version 8) verwendet. Zwei unabhängige Kodiererinnen
werteten die Dokumente anhand eines zu Beginn der Analyse erstellten Kodebuchs aus. Die Kodes
wurden vorab definiert und während der Analyse durch Gespräche zwischen den Kodiererinnen weiter
differenziert und verfeinert.
Das Kodebuch baut auf der Logik einer Strategieformulierung auf. Zugrunde liegen dabei zunächst eine
Bestandsaufnahme und Bewertung des Status Quo. Diese wurden im Rahmen der Untersuchung in
positive und negative Bewertungen eingeteilt. Basierend auf dem Status Quo werden Ziele formuliert,
die zukünftig verfolgt werden sollen. Hier wurde zur Untersuchung der Ziele das entwickelte
Kategoriensystem der Ziele und Motive zugrunde gelegt. Zuletzt werden konkrete Maßnahmen
formuliert. In dieser Untersuchung wurde das Augenmerk dabei auf die Art der Wissenschafts-
kommunikation gelegt, die von den Akteuren (selbst) betrieben oder gefördert werden soll und die
Zielgruppe, die damit erreicht werden soll. Ebenfalls zentral waren Veränderungen der
Rahmenbedingungen für die Wissenschaftskommunikation, die mithilfe von Aktivitäten und
Förderungen erreicht werden sollten. Bei diesen Veränderungen geht es nicht um Ziele der
Wissenschaftskommunikation, sondern bewusst um Vorschläge, Ideen und Forderungen für konkrete
Maßnahmen, damit Wissenschaftskommunikation in Zukunft (im Sinne der formulierten Ziele) besser
betrieben werden kann. Aktivitäten und Förderungen wurden dabei nur im Kontext ihrer Nennung oder
Formulierung im Rahmen von strategisch relevanten Dokumenten betrachtet. Es ging in dieser Analyse
ausdrücklich nicht darum, die konkreten Maßnahmen oder Förderprojekte der Einrichtungen auf
operativer Ebene zu betrachten. Basierend auf dieser Logik setzt sich das Kodebuch aus vier Abschnitten
zusammen:
    1.   Analyse des Ist-Zustands (Bewertungen des Status Quo)
             a. Problematisierungen/negative Bewertungen: 1) der Gesellschaft, 2) des Verhältnisses
                 von Wissenschaft und Öffentlichkeit, 3) von Wissenschaft und Forschung, 4) der
                 Wissenschaftskommunikation, sonstige Problematisierungen
             b. Positive Bewertungen: 1) der Gesellschaft,2) des Verhältnisses von Wissenschaft und
                 Öffentlichkeit, 3) von Wissenschaft und Forschung, 4) der Wissenschafts-
                 kommunikation, sonstige positive Bewertungen
    2.   Ziele und Motive der Wissenschaftskommunikation
             a. Gestaltungsdimension: 1) Information, 2) Dialog, 3) Beteiligung
             b. Einstellungsdimension: 1) Kognitiv, 2) Evaluativ, 3) Verhaltensabsicht, 4) Verhalten
             c. Motive: 1) Nutzen für die Gesellschaft, 2) die Wissenschaft, 3) die einzelne wissen-
                 schaftliche Institution, 4) den einzelnen Forschenden
             d. Sonstige Ziele

    3.   Aktivitäten oder Förderungen
             a. Aktivitäten: 1) Änderungen, 2) Art der Wissenschaftskommunikation, 3) Zielgruppe

                                                                                          www.impactunit.de   12
b.   Förderung: 1) Änderungen, 2) Art der Wissenschaftskommunikation, 3) Zielgruppe7
    4.   Weitere Kodes: Offener Kode, Definition der Wissenschaftskommunikation, Relevanz von
         Wissenschaftskommunikation
Eine vollständige Liste aller dieser Kodes mit ihren Definitionen ist im Anhang dieses Berichts zu finden.
Zu Beginn der inhaltsanalytischen Auswertung wurden eine Reihe von Dokumenten von beiden
Kodiererinnen kodiert und Unterschiede in der Kodierung diskutiert, um die Definitionen der Kodes und
das Verständnis der Kodiererinnen zu schärfen. Der Rest der Dokumente wurde zwischen den
Kodiererinnen aufgeteilt. Unklarheiten oder Fragen bei der Kodierung wurden in regelmäßigen
Abständen diskutiert, gemeinsam geklärt und übereinstimmend angepasst. Leider bietet die Datenlage
kein ausreichend großes Sample für eine Intercoder-Analyse8. Die folgenden Angaben zu Häufigkeiten
sind daher unter Vorbehalt zu betrachten und dienen im Wesentlichen dazu, zentrale Trends und
Tendenzen aufzuzeigen.
Nach der vollständigen Kodierung aller Dokumente wurden die Zitate innerhalb einiger Kodes in
thematische Cluster unterteilt, die Aufschluss über die tatsächlich diskutierten inhaltlichen Punkte
innerhalb jedes Kodes geben. Auch diese dienen eher einem inhaltlich-qualitativen Aufschluss über die
thematische Schwerpunktsetzung in den Clustern und nicht dazu, quantitativ belastbare Aussagen über
Zusammenhänge und Häufigkeitsverteilungen zu treffen. Des Weiteren wurde in Atlas.ti die Funktion
der Dokumentengruppen verwendet, um bestimmte Trends und Tendenzen nach Subgruppen
überprüfen zu können. Die Dokumente wurden in Gruppen nach Jahren, Akteuren, Akteursgruppen und
Art der Dokumente eingeteilt. Die Stichprobe befindet sich im Anhang, in alphabetischer Reihenfolge
nach Akteur sortiert und durchnummeriert. Im folgenden Ergebniskapitel sind die untersuchten
Dokumente bei Verweisen oder direkten Zitaten durch die entsprechende Nummerierung in eckigen
Klammern zuordenbar.

Ergebnisse

Analyse des Ist-Zustands
Bei der Analyse des Ist-Zustands ging es darum, zu erkennen, auf welcher Grundlage die betrachteten
Akteure strategische Zielformulierungen begründen. In der Strategieentwicklung wird in der Regel mit
einer Analyse der positiven oder negativen Bewertung verschiedener Aspekte der aktuellen Situation
begonnen (bspw. Identifikation von Stärken und Chancen sowie von Schwächen und Risiken bei einer
klassischen SWOT-Analyse). Für die Strategieentwicklung zu Wissenschaftskommunikation sind
insbesondere Entwicklungen in der Gesellschaft/Öffentlichkeit, in Wissenschaft und Forschung sowie
im Verhältnis dieser Bereiche/Systeme zueinander relevant – sowie der aktuelle Wissens- und
Entwicklungsstand der Wissenschaftskommunikation selbst.
Insgesamt zeigt sich klar, dass die untersuchten Dokumente mehrheitlich Probleme identifizieren (428

7Bei der Auswertung dieser Kodes ergab die „Art der Wissenschaftskommunikation“ keine Ergebnisse, aus
der sich Muster oder Rückschlüsse ziehen ließen, daher werden in diesem Bericht nur die angedachten
Änderungen sowie die Zielgruppen dargestellt.
8
 Die Kodes haben zu wenige Zitate, als dass eine Berechnung der Reliabilität möglich wäre (s. dazu
die Empfehlungen zur Stichprobengröße für intercoder agreement analysis: Krippendorff, 2018).

                                                                                             www.impactunit.de   13
Zitate) und sich nicht auf positive Bewertungen konzentrieren (277 Zitate)9.

Problematisierungen
Bei der Problemidentifikation in Bezug auf Öffentlichkeit und Gesellschaft wird zum einen häufig von
Phänomenen der Polarisierung und Fragmentierung gesprochen. Hierunter fällt unter anderem der
Verlust einer gemeinsamen Wissensbasis in der Gesellschaft: „[es] erodieren die Bestände verbindlich
geteilten Wissens. Sie tun es mindestens in Echokammern, Erregungswellen und
Verschwörungsszenarien, zu denen öffentliche Diskurse transformiert werden” [40]. Die Sorge ist im
Kern, dass der individualisierte Zugang zu Informationen dazu führen könnte, dass Menschen nur noch
solche Informationen konsumieren, die ihre eigenen Positionen unterstützen und sich die Gesellschaft
in isolierte Cluster verschiedener Meinungen fragmentieren könnte. Stark problematisiert wird auch das
vermehrte Aufkommen alternativer Fakten oder Fake News [s. z. B. 5, 12, 87] sowie das Erstarken
populistischer Bewegungen [s. z. B. 100, 51, 86]. Aus diesen Zitaten spricht die Sorge, dass sich die
Gesellschaft nicht mehr darauf einigen könnte, was gültiges Wissen ist und Menschen sich voneinander
abschotten, wodurch kein Austausch mehr stattfinden würde. Die befürchteten Auswirkungen sind
weitreichend: „Denn je mehr Menschen sich von einer rationalen Weltsicht abwenden, desto stärker ist
das Fundament des demokratischen Diskurses gefährdet.” [91].
Ähnliche Bedenken dominieren auch die Problematisierung des Verhältnisses von Wissenschaft und
Öffentlichkeit. Das fehlende Vertrauen der Bevölkerung in Wissenschaft [s. z. B. 2, 26, 51] und die Skepsis
gegenüber Expertinnen und Experten [s. z. B. 36, 92, 98] stehen meist im Zentrum der Bedenken, genau
wie die Sorge vor der Leugnung wissenschaftlicher Fakten und der Etablierung alternativer
Diskursräume: „Teilweise erodiert der Wert von Fakten und Daten, wissenschaftliche Erkenntnisse
werden oftmals grundsätzlich abgelehnt oder ignoriert.” [115]. Dazu beobachten die Akteure eine
Tendenz zur Entfremdung oder auch Distanzierung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit:
        „Die Welt um uns herum wird immer komplexer. Auch die Probleme, vor denen wir als moderne
        Gesellschaft stehen, sind komplex und oft schwer zu verstehen. Sie sind übrigens auch für
        Wissenschaftler schwer zu verstehen, denn jede Frage, die wir meinen, gerade beantwortet zu
        haben, wirft zahlreiche neue Fragen auf. Da kann es leicht dazu kommen, dass sich eine Kluft
        auftut zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einerseits und Bürgerinnen und
        Bürgern andererseits. Eine Kluft, die gerade die Basis legt für ‚alternative Fakten‘, die auf Grund
        ihrer Einfachheit zu überzeugen scheinen.” [87]
Auch die Wissenschaftskommunikation habe es nicht geschafft, diesen Entwicklungen erfolgreich
entgegenzuwirken. Besonders häufig geht es darum, dass die Wissenschaftskommunikation zunehmend
unter Druck stehe, sich unter medialen oder ökonomischen Wettbewerbsbedingungen zu behaupten:
        „Diese Rahmenbedingungen begünstigen ein Kommunikationsverhalten, das durch
        Eigeninteresse motiviert ist. Die Universitäten und Forschungseinrichtungen haben ihre
        Presseabteilungen zu professionellen Public-Relations-Abteilungen ausgebaut. Damit tritt die
        Eigenwerbung und Außendarstellung auf Kosten einer sachgerechten Darstellung von
        Wissenschaft in den Vordergrund.” [85]
Zugleich zeigen die Dokumente auf, dass der Wissenschaftsjournalismus als vermittelnder Akteur, der
eine Übersetzungs-, aber auch Bewertungs- und Einordnungsfunktion gegenüber der Öffentlichkeit

9
 Ohne den Kode der die positive Bewertung der eigenen Arbeit einbezieht (und für den es keine
Entsprechung in den Problematisierungen gibt), umfassen die positiven Bewertungen sogar nur 212
Zitate.

                                                                                              www.impactunit.de   14
übernehmen kann, immer mehr zu verschwinden drohe [s. z. B. 86, 97, 117]. Dazu komme, dass die
Wissenschaftskommunikation häufig von der Vielfalt an neu entstehenden Kanälen und Formaten
überfordert sei und dadurch immer wieder auf wenig zeitgemäße Formate, die sich der reinen
Informationsvermittlung widmen, zurückfalle [s. z. B. 38, 40, 98]. Schließlich ist ein häufig thematisiertes
Problem, dass die Wissenschaftskommunikation nicht in der Lage wäre, genug Forschenden eine
Beteiligung zu ermöglichen [s. z. B. 36, 106, 109].
Während dies durchaus als Problem und damit Aufgabe der Wissenschaftskommunikation gesehen wird,
finden sich ähnliche Kritikpunkte auch in der Problematisierung des aktuellen Stands von Wissenschaft
und Forschung. Forschende stünden innerhalb des Wissenschaftssystems immer mehr unter Druck und
wären somit häufig zur Selbstvermarktung gezwungen [s. z. B. 3, 42, 85]. Dazu komme, dass die
innerwissenschaftliche Reputationslogik noch keine angemessene Anerkennung für ein Engagement in
der Wissenschaftskommunikation vorsehe:
        „Die Bundesregierung begrüßt, dass zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
        bereits jetzt Ergebnisse und Methoden ihrer Arbeit einer interessierten Öffentlichkeit
        vermitteln. Diese Bereitschaft und Leistung werden jedoch noch nicht immer ausreichend vom
        Wissenschaftssystem anerkannt.” [35]
Zudem wird kritisiert, dass die Messung der Wirkung von Forschung, also ihres Impacts, häufig wenig
mit der tatsächlichen gesellschaftlichen Relevanz der Forschung zu tun habe [s. z. B. 7, 101, 120].
Insgesamt dominieren also einige Themen in der Kritik an derzeitigen Zuständen in der Wissenschaft
und Gesellschaft. Die Organisationen scheinen besorgt, dass die öffentliche Anerkennung und das
Verständnis davon, was „wissenschaftliches Wissen” bedeutet, abnehmen, während gleichzeitig
Misstrauen und Skepsis gegenüber der Forschung immer weiter zunehmen. Des Weiteren steht die
Spaltung der Gesellschaft, gepaart mit der Entfremdung von Wissenschaft und Öffentlichkeit, im
Vordergrund der Analysen. Zugleich scheint es, als wäre die Wissenschaftskommunikation bisher nicht
in der Lage, diesen Entwicklungen entgegenzuwirken.

Positive Bewertungen
Mit einer positiven Bewertung des Ist-Zustands der Gesellschaft beschäftigen sich die analysierten
Dokumente insgesamt in nur neun Zitaten. Dabei geht es vor allem darum, dass wissenschaftliche
Erkenntnisse in Öffentlichkeit und Politik durchaus stärker wahrgenommen und beachtet würden [s. z.
B. 80].
Diese Beobachtung dominiert auch die positive Bewertung des Verhältnisses von Wissenschaft und
Öffentlichkeit. Wissenschaft leiste einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag und dieser würde
besonders dadurch ermöglicht, dass Politik und Öffentlichkeit in ihren Entscheidungen stärker auf
wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgreifen: „Auch Entscheidungen in Politik und Wirtschaft, im
Rechtssystem oder in der Erziehung beruhen in zunehmendem Maße auf einer wissenschaftlichen
Fundierung.” [88]. Dies würde noch dadurch befördert, dass in der Öffentlichkeit ein immer stärkeres
Interesse an Wissenschaft und Forschung bestünde, wodurch sich konkrete Bedarfe und Nachfrage
entwickelten: „Es mangelt nicht an Aufmerksamkeit. Die Menschen interessieren sich für Forschung,
weil sie fasziniert und ihr tägliches Leben verbessern kann.“ [18]. Zugleich betonen viele
Organisationen, dass sich Wissenschaft der Öffentlichkeit gegenüber immer weiter öffne und sich beide
Sphären dadurch gegenseitig bereichern könnten [s. z. B. 117, 85, 54].
Mit insgesamt 90 Zitaten, die sich diesem Themenkomplex zuweisen lassen, nimmt die positive
Bewertung von Wissenschaft und Forschung den größten Anteil der positiven Bewertungen ein. Auch
hier geht es oftmals um Wissenschaft und Forschung als Entscheidungshilfe, die Politik und
Öffentlichkeit beratend zur Seite stehen könne [s. z. B. 32, 38, 59]. Zugleich werden Wissenschaft und
                                                                                               www.impactunit.de   15
Forschung klar als Triebkraft gesellschaftlicher Weiterentwicklung und Innovation gesehen.
„Wissenschaft und Forschung haben in den vergangenen Jahren in Hessen große Schritte nach vorne
gemacht, um den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft zu begegnen.” [73]. In diesem
Zusammenhang wird auch besonders häufig die gesellschaftliche Relevanz von Wissenschaft und
Forschung betont: „Die Wissenschaft ist eine tragende Säule der Gesellschaft.“ [18].
Die Wissenschaftskommunikation habe auch dazu beigetragen, diese positiven Tendenzen weiter zu
verstärken. Sie habe sich in den letzten Jahren positiv weiterentwickelt und die Möglichkeiten genutzt,
die sich ihr durch den digitalen Wandel bieten:
        „Die Wissenschaftskommunikation hat sich sowohl unter dem Einfluss politischer Steuerung
        der Wissenschaft (unter anderem Herstellung verstärkter Konkurrenz wissenschaftlicher
        Einrichtungen um Ressourcen) als auch aufgrund der Digitalisierung ausdifferenziert und ist
        umfangreicher geworden.” [86]
Dadurch wäre sowohl der Bedarf nach, als auch das Interesse an Wissenschaftskommunikation deutlich
gestiegen.
Es zeigt sich hier eindeutig, dass Entwicklungen in der Gesellschaft, Wissenschaft und im Verhältnis
zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit nicht nur negativ betrachtet werden. Besonders das
gestiegene Interesse der Öffentlichkeit an Wissenschaft und die Öffnung von Wissenschaft für
gesellschaftliche Anregungen wird hier positiv hervorgehoben. Die Zitate sind zwar im Vergleich zu den
benannten Problemen deutlich in der Unterzahl, doch es zeigt sich, dass die Akteure durchaus positive
Trends und Tendenzen beobachten.

                                                                                          www.impactunit.de   16
Strategische Ziele

           Ziele und Motive der Wissenschaftskommunikation
                                0       20   40   60    80    100    120    140     160    180     200

 Nutzen für die Gesellschaft                                                                     184

                      Dialog                                                                     184

    Kognitive Einstellungen                                                        150

                 Beteiligung                                                130

Nutzen für die Wissenschaft                                           114

                Information                                           113

   Evaluative Einstellungen                       54

  Nutzen für eine Institution                     54

     Nutzen für Forschende          7

Abbildung 3. Häufigkeit der Nennungen der unterschiedlichen Ziel- und Motivformulierungen in den
analysierten Dokumenten, N = 724

Gestaltungsdimension
Dialog
Bei der Betrachtung der Gestaltung von Wissenschaftskommunikation wird sehr deutlich, dass
dialogorientierte Zielformulierungen die mit Abstand meisten Zitate auf sich vereinen (184 Zitate). Nicht
nur im Vergleich mit Zielformulierungen, die sich auf die Information oder Beteiligung der Öffentlichkeit
konzentrieren, sondern auch im Vergleich mit allen anderen Zielen und Motiven, dominieren
dialogorientierte Zielformulierungen gleichauf mit Nennungen, welche einen Nutzen für die
Gesellschaft durch Wissenschaftskommunikation darlegen.
Aufschluss darüber, was sich die Akteure unter einem Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit
vorstellen, bietet hier vor allem die Untersuchung dessen, was Gegenstand dieses Dialogs sein soll. So
soll zum einen über wissenschaftliche Themen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse diskutiert
werden: „dialogische Vermittlung und Übertragung wissenschaftlicher Erkenntnisse in Gesellschaft,
Kultur, Wirtschaft und Politik” [117]. Zum anderen geht es aber auch um Prozesswissen:
„Wissenschaftliche Ansätze, Methoden und Erkenntnisse in die Öffentlichkeit zu vermitteln und im
Austausch mit der Gesellschaft zu reflektieren, gehört zu den Aufgaben der Wissenschaft.” [112]. Auch
wissenschaftliche und technologische Entwicklungen sollen zum Gegenstand des Dialogs werden [s. z.
B. 33, 11, 48], ebenso wie besonders kontroverse Themen [s. z. B. 98, 21].
Schließlich beschäftigen sich viele der Dokumente aber auch damit, was das Ergebnis eines Dialogs sein

                                                                                            www.impactunit.de   17
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