ZOOLOGIE 2019 Mitteilungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft - Deutsche Zoologische Gesellschaft eV

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ZOOLOGIE 2019 Mitteilungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft - Deutsche Zoologische Gesellschaft eV
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                                                                                                                                                       ZOOLOGIE 2019

                                                                                ZOOLOGIE 2019 . Mitteilungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft
                                                                                                                                                                                          Herausgegeben von
                                                                                                                                                       Mitteilungen              Rudolf Alexander Steinbrecht

                                                                                                                                                       der Deutschen Zoologischen Gesellschaft

                                                                                                                                                                                                 111. Jahresversammlung
                                                                                                                                                                                     Greifswald, 10. - 15. September 2018

                                                                                                                                                                     Biohistoricum im Zoologischen Museum
                                                                                                                                                                     Alexander Koenig · Bonn
                                                                                                                                                                     Basilisken-Presse · Rangsdorf
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        ZOOLOGIE 2019
                     Mitteilungen
        der Deutschen Zoologischen Gesellschaft

                        Herausgegeben von Rudolf Alexander Steinbrecht

                                      111. Jahresversammlung
                                 Greifswald, 10. - 15. September 2018

                                         Basilisken-Presse Rangsdorf
                                                     2019
ZOOLOGIE 2019 Mitteilungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft - Deutsche Zoologische Gesellschaft eV
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           Umschlagsbild
           Ventrale Ansicht eines Prätarsus einer weiblichen Schwebfliege der Art Eristalis tenax.
           Die Aufnahme wurde mit konfokaler Laserrastermikroskopie angefertigt und zeigt das
           Vorkommen und die Zusammensetzung vier verschiedener Autofluoreszenzen im Exo-
           skelett. Unterschiede in der Autofluoreszenz weisen auf Unterschiede in der Material-
           zusammensetzung des Exoskeletts hin. Die mit kleineren Haftborsten bedeckten Haft-
           kissen (Pulvilli), die die Haftung an glatten Oberflächen erhöhen, sind zum Teil am
           oberen Bildrand zu sehen. Die Breite der Aufnahme entspricht einer Länge von 486 μm.
           Siehe auch den Artikel des neuen Ritter-von-Frisch-Preisträgers Stanislav Gorb über
           Haft- und Verklammerungsmechanismen in der Natur in diesem Heft.
                                                                             Aufnahme: Jan Michels

           Die Mitteilungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft
           erscheinen einmal jährlich.
           Einzelhefte sind bei der Geschäftsstelle (Corneliusstr. 12, 80469 München),
           zum Preis von 7,00 € erhältlich.

           Gestaltung:
           Klaus Finze ProSatz&Gestaltung
           Adam-Brüderle-Straße 33
           86633 Neuburg an der Donau

           Druck:
           FORSTNER
           Nunzenrieder Straße 9
           92526 Oberviechtach

           Copyright 2019 by Basilisken-Presse
           im Verlag Natur & Text in Brandenburg GmbH . Rangsdorf
           Printed in Bundesrepublik Deutschland
           ISSN 1617-1977
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                                                        Inhalt

                                 Jacob Engelmann          5    Grußwort des Präsidenten der
                                                               Deutschen Zoologischen Gesellschaft

                                   Michael Schmitt        7    Viereinhalb Jahrhunderte Zoologie in
                                                               Greifswald

                                        Harald Wolf      21    Laudatio auf Stanislav N. Gorb
                                                               anlässlich der Verleihung des
                                                               Karl Ritter von Frisch-Preises 2018

         Stanislav N. Gorb u. Philipp Bußhardt           25    Haft- und Verklammerungsmechanismen
                                                               in der Natur: Biologische Vielfalt der
                                                               Problemlösungen als Inspiration für die
                                                               Technik

                                                         43    Werner-Rathmayer-Preis
                                                               der Deutschen Zoologischen Gesellschaft

                                Alexey V. Smirnov        45    Die deutschen Wurzeln der russischen
                                                               Zoologie
                                                               II. Peter Simon Pallas

          Jürgen Markl und Michael Schaffeld             63    Das sezierfreie Alternativprogramm
                                                               ein Erfahrungsbericht aus dem
                                                               Fachbereich Biologie der JGU Mainz

        Joachim Höchel und Eddy Decuypere                65    Nachruf auf Martin Nichelmann
                                                               27. Januar 1940 – 03. März 2018

                                 Herbert Beck und 71           Nachruf auf Ivar Hasenfuß
                                   Jürgen Schmidl 71           23. Mai 1932 – 12. April 2018

                               Ian Meinertzhagen         75    Nachruf auf Friedrich-Wilhelm
                                                               Schürmann 19. März 1940 – 26. Juli 2018

                                   Gerhard Kneitz        83    Nachruf auf Werner J. Kloft
                                                               17. Juni 1925 – 29. September 2018
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                Andreas Stumpner, Heribert Gras             87    Nachruf auf Michael Hörner
                            und Martin Göpfert              87    9. Juli 1957 – 30. Oktober 2018

                                        Jürgen Markl        91    Nachruf auf Heinz Decker
                                                                  27. November 1950 – 9. Dezember 2018

                               Hubertus Hipke und           95    Nachruf auf Günter Cleffmann
                             Reinhard Lakes-Harlan          87    27. Januar 1928 – 27. März 2019
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                       Grußwort des Präsidenten
                 der Deutschen Zoologischen Gesellschaft
                                                       Jacob Engelmann

           Liebe Mitglieder und Freunde der DZG,
           meine erste DZG-Jahrestagung in Bonn
       ist neben einem gelungenen Programm bei
       schönstem Wetter wohl vielen auch heute
       noch wegen der kulinarischen Besonderhei-
       ten im Gedächtnis geblieben. Für mich war
       es der erste Vortrag auf einer wissenschaft-
       lichen Tagung. In Vorbereitung gaben mir
       erfahrene Wissenschaftler wohlmeinende
       Ratschläge wie „In der ersten Reihe sitzen
       die Grandseigneurs der Zoologie, die musst
       Du überzeugen. Wenn von denen keine Fra-
       gen kommen, war’s das mit der Karriere in
       Deutschland!“. Meine Dias von damals be-
       gleiten mich noch heute als Erinnerung da-
       ran, dass es die berüchtigte erste Reihe
                                                                                     Foto privates Bildarchiv
       zwar durchaus gab, es aber Spaß machte,
       mit den dort Sitzenden und anderen Ta-                  wirken mag, gewinnt an Schärfe, wenn man
       gungsteilnehmern ins Gespräch zu kom-                   exemplarisch Revue passieren lässt, wer al-
       men. Neben der Möglichkeit, die Vielfalt und            lein aus dem Kreis der Fachgruppenspre-
       Dynamik innerhalb der Zoologie zu erleben,              cher in den letzten Jahren einen Ruf erhalten
       wurde so mit den Jahren aus einem wissen-               hat. Exzellente (junge) Wissenschaftler, die
       schaftlichen Treffen auch die gern genutzte             neben ihrer individuellen Expertise durch
       Chance, Freunde und Kollegen an wechseln-               die Organisation von Graduiertentreffen,
       den Orten wiederzusehen. Fast zwanzig Jah-              Symposien, Workshops etc. hervorstechen.
       re später habe ich die Ehre, ein Grußwort               Für mich ist das ein Erfolg unserer Gesell-
       an eine Gesellschaft zu richten, die in mei-            schaft, deren Mitglieder es verstehen, neue
       nen Augen diesen Geist der wertschätzen-                Entwicklungen und Techniken zu verbreiten
       den wissenschaftlichen Diskussion auf be-               und Talente zu fördern, sodass unser Fach
       sondere Art und Weise lebt.                             weiterhin gut in der immer komplexeren
           Das Bild der alten weißen Männer in der             Forschungslandschaft vertreten ist. Gut ist
       ersten Reihe stimmt schon lange nicht mehr,             allerdings relativ, denn der fortschreitende
       das Netzwerk der Wissenschaftler in der                 Abbau des akademischen Mittelbaus hat
       DZG ist jünger und vielfältiger geworden                nicht nur direkte Auswirkungen auf die Qua-
       und wirkt trotzdem weiter formend für die               lität von Lehre und Forschung, sondern na-
       Zoologie. Was wie eine leere Behauptung                 türlich auch auf die Zukunftsperspektive jun-

       ZOOLOGIE 2019, Mitteilungen d.Dtsch.Zool.Ges.                                                       5
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          ger Wissenschaftler. Die Einigung der Ge-           des Access & Benefit Sharings, dem Geno-
          meinsamen Wissenschaftskonferenz auf die            me Editing oder der Tierversuchsthematik
          Fortschreibung des Pakts für Forschung und          bereits der Fall war. Was trotz vieler Fort-
          Innovation sowie des Zukunftsvertrags Stu-          schritte aus meiner Sicht hier besser wer-
          dium und Lehre stärken ist hier hoffentlich         den sollte, ist unsere Beteiligung an diesem
          ein erstes Zeichen für eine Abkehr von einer        Dachverband. Gelegenheit, mehr über den
          Wissenschaftspolitik der Quantität hin zu ei-       VBIO zu erfahren, bietet die diesjährige 112.
          ner nachhaltigen Förderung und besserer             Jahrestagung der DZG in Jena, auf der Prof.
          Qualität.                                           Haszprunar anwesend sein wird.
              Die im Herbst stattfindenden Wahlen der             Jena nimmt in der Geschichte der Zoolo-
          DFG-Fachkollegien sind ein kleiner Mosaik-          gie Deutschlands eine herausragende Stel-
          stein, mit dem wir dazu beitragen können,           lung ein. Im 100. Todesjahr von Ernst Haek-
          die sachgerechte Verteilung der knappen             kel werden uns dort nicht nur ausgezeich-
          Ressourcen auch zukünftig zu gewährlei-             nete Vorträge, sondern auch eine interes-
          sten. In Abstimmung mit den Fachgruppen             sante Sonderausstellung über Haeckels Ob-
          und anderen Fachgesellschaften haben wir            session, die Medusen, erwarten. Nur weni-
          von unserem Vorschlagsrecht für Kandidaten          gen Wissenschaftlern seiner Zeit ist es so
          Gebrauch gemacht und hoffen natürlich,              eindringlich gelungen, die Schönheit der
          viele dieser ausgezeichneten Personen auf           belebten Natur für die Allgemeinheit be-
          der im Juli veröffentlichten Kandidatenliste        greifbar zu machen. Nur wenige waren
          wiederzufinden. Nur eine ausgewogene Re-            gleichzeitig so widersprüchlich in ihren
          präsentanz der Vielfalt der zoologischen            Schriften. Daher freue ich mich besonders
          Forschung innerhalb der Fachkollegien ga-           auf die im Rahmen der Eröffnungsveranstal-
          rantiert, dass unsere Themen in der Förde-          tung in Jena stattfindende Podiumsdiskus-
          rung sichtbar bleiben. Daher möchte ich             sion, in der es um den Begriff der „Rasse“
          dieses Grußwort auch dazu nutzen, Sie an            geht. Hier zeigt sich, dass wir als wissen-
          die Bedeutung dieser Wahl zu erinnern.              schaftliche Gesellschaft nicht nur versuchen,
              Begeistern müssen wir nicht nur unsere          der Verantwortung für unsere Vergangenheit
          Peers und Geldgeber. Vielmehr ist es auch           gerecht zu werden, sondern mit der sach-
          Aufgabe unserer Gesellschaft, politische            lichen Auseinandersetzung als wissenschaft-
          Themen aufzunehmen und mitzugestalten               licher Kernkompetenz auch einen wertvol-
          und unsere Faszination für die Vielfalt des         len Beitrag zu oft emotional geführten
          Lebendigen auch nach außen zu vermitteln.           gesellschaftlichen Debatten leisten können.
          Als Kommunikationsschnittstelle zur Politik             Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit
          gewinnt dabei aus meiner Sicht der Dach-            dieser Ausgabe der „ZOOLOGIE 2019“.
          verband für Biologie, Biowissenschaften und
          Biomedizin in Deutschland (VBIO) an Be-
          deutung. Dessen neuer Präsident, Prof. Ger-
          hard Haszprunar, ist als ausgewiesener Zoo-               Prof. Dr. Jacob Engelmann
          loge ein Garant dafür, dass wir rechtzeitig               Universität Bielefeld, AG Active Sensing
          auf anstehende Entwicklungen aufmerksam                   Postfach 100131, 33501 Bielefeld
          gemacht werden, wie das etwa im Bereich                   jacob.engelmann@uni-bielefeld.de

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          Viereinhalb Jahrhunderte Zoologie in Greifswald
                                                        Michael Schmitt

        Die Anfänge                                             staurierte Fresko des Orca noch heute zu
           Als die Universität Greifswald 1456 ge-              besichtigen (Abb. 1).
        gründet wurde, gab es an ihr noch keine                     Eine eigentliche Zoologie ist in der
        institutionalisierte Forschung und Lehre                Geschichte der Greifswalder Universität
        auf dem Gebiet der Zoologie. Jedoch be-                 erst ab 1781 nachweisbar, als Bernhard
        legt ein kurioses Dokument, dass es zoo-                Christian Otto (*6.3.1745, †5.11.1835) zum
        logische Forschung schon weit vor der                   Professor für Naturgeschichte und Ökono-
        Gründung eines Instituts für Zoologie in                mie ernannt wurde, übrigens auf eigenes
        Greifswald gab: Im April 1545 strandete                 Betreiben (Dokument 1). Otto las Naturge-
        ein männlicher Orca in der Nähe der                     schichte und Botanik von 1781 bis 1787,
        Ryck-Mündung vor Greifswald. Er lebte                   er war daneben „privatim … in einzelnen
        noch, starb aber vermutlich bald nach                   Klassen der Zoologie … Unterricht zu ge-
        seiner Entdeckung. In der Chronik der                   ben, erbötig“ und zudem „Aufseher des
        medizinischen Fakultät der Universität                  akademischen Naturalienkabinetts“ (Do-
        wird genau beschrieben, wie das Tier                    kument 2). Sein Nachfolger wurde Johann
        aussah, wie groß und schwer es war, und                 Quistorp (*3.11.1758, †22.7.1834), ab
        wie es atmete. Die Beschaffenheit seines                1788 Professor der Naturgeschichte und
        Fleisches und der Inhalt seines Magens                  der Ökonomie und bis 1819 außerdem
        wurden genau geschildert (siehe Trüm-                   „Aufseher des Naturalienkabinetts der
        mel 2002). Die damalige Sensation wurde                 Thiere und Pflanzen“. Er bot hauptsäch-
        bildlich festgehalten im Nikolaidom und in              lich botanische Lehrveranstaltungen an,
        der Marienkirche. In letzterer ist das re-              Vorlesungen und Exkursionen, las aber
                                                                auch an vier Tagen der Woche „Naturge-
                                                                schichte“ (Dokument 3). Quistorps Toch-
                                                                ter Marie Charlotte heiratete den späte-
                                                                ren zeitweisen Namenspatron der Greifs-
                                                                walder Universität, Ernst Moritz Arndt.

                                                                Die „unselbständige“ Phase
                                                                   Das Naturalienkabinett der Universität
                                                                war im barocken Universitäts-Hauptge-
                                                                bäude untergebracht, zunächst in einem
                                                                einzigen Raum. Quistorps Nachfolger,
        Abb. 1. (Restauriertes) Fresko des 1545 vor
        Greifswald gestrandeten Schwertwal-Männ-
                                                                Christian Friedrich Hornschu(c)h
        chens auf der Innenwand des Turms der Ma-               (*21.8.1793, †24.12.1850) erweiterte es
        rienkirche in Greifswald.      Foto: M. Schmitt         auf vier Räume und erreichte den Umzug

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          in das Gebäude Büchstraße 12 am                 che Morg. von 7-8; 3) Osteologie eben
          23.11.1836 (Kämpfe & Michalik 2011).            die Stunden Mittw. und Sonnab.; 4) Ueber
          Hornschuch wurde 1820 außerordent-              die Krankheiten der Thiere und deren Be-
          licher, 1827 ordentlicher Professor für Na-     handlung alle Tage Morg. von 8-9. B) Pri-
          turgeschichte und Botanik und Leiter des        vatim: Zoologie 6 St. die Woche, Sonnab.
          Botanischen Gartens und des Zoologi-            bey gutem Wetter wird er botanische Ex-
          schen Museums. Er bot in erster Linie bo-       cursionen anstellen; auch ist er auf Verlan-
          tanische Lehrveranstaltungen an, las aber       gen zu andern medicinischen und veteri-
          auch „privatissime“ über „Naturge-              närischen Vorlesungen erbötig“ (Doku-
          schichte der Vögel Deutschlands“ (Doku-         ment 5). Der Umfang dieses Lehrange-
          ment 4). Der Bezug des Gebäudes in der          bots ist wahrhaft beeindruckend. Rudol-
          heutigen Johann-Sebastian-Bach-Straße           phi, in Schweden als Kind deutscher El-
          markiert durch die Gründung des Zoolo-          tern geboren, war „Adjunkt der medicini-
          gischen Museums den Beginn einer                schen Facultät und Prosector“ an der von
          eigentlichen Zoologie an der Greifswal-         1648 bis 1815 schwedischen Universität
          der Universität (Kämpfe & Michalik 2011;        Greifswald und wechselte 1810 nach
          Keilbach 1956, 1988). Von 1820 bis 1853         Preußen auf den Lehrstuhl für Anatomie
          wirkte am Zoologischen Museum der               und Physiologie an der neu gegründeten
          Konservator Wilhelm Schilling (*26.7.1790,      Berliner Universität.
          †9.2.1874), der unter anderem eine nahe-            Nachfolger Hornschuchs wurde 1851
          zu vollständige Kollektion der in Pom-          Julius Münter (*14.11.1815, †2.2.1885),
          mern vorkommenden Vögel begründete.             der zwar Professor für Botanik und Zoolo-
          Dieses unschätzbare biologische Archiv          gie sowie Leiter des Botanischen Gartens
          ist bis heute als „Pommernsammlung“ ei-         und des Zoologischen Museums war, je-
          ner der wichtigsten Bestandteile unserer        doch fast ausschließlich botanisch arbei-
          zoologischen Sammlung. Auf Wilhelm              tete. In seiner Amtszeit wurde 1864 Rein-
          Schilling folgte 1853 Friedrich Christian       hold Wilhelm Buchholz (*2.10.1837,
          Heinrich Creplin (*29.10.1788, †23.5.1863)      †17.4.1876) Kustos am Zoologischen Mu-
          als Konservator. Creplin forschte haupt-        seum. Buchholz war ein überaus kennt-
          sächlich über Wirbellose. Seine bedeu-          nisreicher und engagierter Zoologe, der
          tende Sammlung von Würmern befindet             aus bescheidenen Verhältnissen stammte
          sich noch heute im Zoologischen Museum.         und gegen mancherlei Unbill anzukämp-
              Zoologische Lehre wurde damals auch         fen hatte (siehe Kämpfe 2014). Buchholz
          in der medizinischen Fakultät angeboten,        unternahm mehrere erfolgreiche Sam-
          von Karl Asmund Rudolphi (*14.7.1771,           melreisen, aus denen bedeutende Expo-
          †29.11.1832), Professor für Tierarzneikun-      nate und Belege in den heutigen Samm-
          de ab 1801, für Anatomie von 1808 bis           lungen hervorgingen. Er wurde zum
          1810. Er las beispielsweise im Sommer-          1.1.1876 als Kandidat für eine ordentliche
          semester 1805 „a) öffentlich: 1) Botanik        Professur für Zoologie vorgeschlagen,
          alle Tage von 6-7 Morgens; 2) Einleitung        starb aber, bevor er diese Position forma-
          in die Thierartzneykunst, 4 Tage die Wo-        liter einnehmen konnte.

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        Die „selbständige“ Zoologie
            Der schon für Reinhold Buchholz be-
        stimmte Lehrstuhl für Zoologie wurde
        1876 mit Carl Eduard Adolph (Adolf)
        Gerstaecker (*30.8.1828, †20.6.1895) be-
        setzt. Er war Entomologe, arbeitete über
        Taxonomie, Morphologie und Ökologie,
        vor allem von Käfern, und hatte den Lehr-
        stuhl bis zu seinem Tod inne. Seine um-
        fangreiche Sammlung mit zahlreichen Ty-
        pus-Exemplaren stellt einen bedeutenden
        Teil der Insektensammlung des Zoologi-
        schen Museums dar. Gerstaecker publi-
        zierte aber auch zu angewandten The-
        men, wie die Bekämpfung der Wander-
        heuschrecke, ebenso wie über die Anato-
        mie von Walen, die er an gestrandeten
        Exemplaren benachbarter Küsten stu-
        dierte. Einen erheblichen Teil seiner Ar-         Abb. 2. Wilhelm Müller, Ölbild im Zoologi-
                                                          schen Institut und Museum der Universität
        beitszeit und -kraft wandte er für die –
                                                          Greifswald (Maler unbekannt). Foto: M. Schmitt
        weitgehend ergebnislosen – Versuche
        auf, die bauliche Situation des Institutsge-      zwei Jahre von 1883 bis 1885 bei seinem
        bäudes zu verbessern. Von seinen An-              35 Jahre älteren Stiefbruder Fritz Müller in
        strengungen, seinem Ärger und seinen              Blumenau in Brasilien. Dort beteiligte er
        Enttäuschungen zeugt der noch erhaltene           sich an den Forschungen seines Halbbru-
        Briefwechsel mit der Verwaltung von Uni-          ders an den exotischen Tieren und Pflan-
        versität und Land. Längere Passagen sei-          zen in der Umgebung des Wohnorts. Er
        ner Schreiben klingen verblüffend mo-             brachte zahlreiche Belegstücke mit zu-
        dern und erweisen gewisse Probleme als            rück nach Greifswald, wo sie noch heute
        zeitlos und systemübergreifend.                   kostbare Bestandteile des Zoologischen
            Nachdem Adolf Gerstaecker „mitten             Museums darstellen. Am 30.1.1886 habili-
        aus der Arbeit heraus“ (Kämpfe & Micha-           tierte er sich und war danach bis 1895
        lik 2011) 1895 verstorben war, wurde im           Privatdozent. In dieser Zeit unternahm er
        November desselben Jahres Christian               mehrere Exkursionen nach Neapel und
        Gustav Wilhelm Müller (*17.2.1857,                forschte intensiv an Morphologie, Taxono-
        †18.2.1940, Abb. 2) als sein Nachfolger           mie und Ökologie von Ostracoden. Am
        berufen. Wilhelm Müller hatte in Jena,            7.10.1895 wurde er zum Ordinarius für
        München und Greifswald studiert und               Zoologie ernannt und war bei seiner
        war Doktorand von Gerstaecker. Nach               Schlussvorlesung am 26.2.1923 mit 28
        seiner Promotion 1880 verbrachte er die           Amtsjahren der bis heute am längsten

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          amtierende Ordinarius für Zoologie in            Etablierung der Vererbungswissenschaft
          Greifswald. Neben seinen Studien an Ost-         innerhalb der Zoologie betrieben, die
          racoden beschäftigte er sich auch mit            1933 als Institut selbständig wurde. Mat-
          Larvenformen von Schmetterlingen und             thes verließ Deutschland 1936 (er wurde
          Fliegen und mit Problemen der Fischerei-         für 2½ Jahre beurlaubt), um in Coimbra
          biologie. Wilhelm Müller gelang es, die          (Portugal) ein Zoologisches Institut „nach
          Arbeitsbedingungen im zoologischen In-           deutschem Muster“ (Keilbach 1988) auf-
          stitut erheblich zu verbessern, indem das        zubauen. Vermutlich spielten bei diesem
          angrenzende Grundstück mit Gebäude               Wechsel auch politische Gründe eine
          erworben und damit die nutzbare Fläche           Rolle, denn er verlor gleichzeitig auch
          fast verdoppelt wurde.                           den Vorsitz in der Deutschen Zoologi-
              Paul Buchner (*12.4.1886, †19.10.1978),      schen Gesellschaft.
          der wesentlich die Symbioseforschung in              Sein Nachfolger, sowohl als Ordinarius
          Deutschland vorantrieb, wurde 1923 Wil-          für Zoologie als auch als Vorsitzender der
          helm Müllers Nachfolger. Er verließ zwar         DZG, wurde 1938 Gerhard Curt Heider-
          Greifswald schon 1926 wieder, um einem           manns (*18.1.1894, †7.3.1972), der aus
          Ruf nach Breslau zu folgen, erreichte je-        Bonn nach Greifswald kam. Er wurde
          doch in seiner kurzen Amtszeit, dass die         allerdings mit Beginn des Zweiten Welt-
          beiden Gebäude des Zoologischen Insti-           kriegs zur Wehrmacht eingezogen, wo er
          tuts und Museums strukturell harmoni-            bis zum Rang eines Majors aufstieg (Do-
          siert und mit einheitlicher Fassade verse-       kument 6) und in Greifswald nur „spora-
          hen wurden. Im Austausch mit Buchner             disch“ weilte (Keilbach 1988). Heider-
          kam 1927 Ludwig Ernst Georg Matthes              manns war formal Direktor des Zoologi-
          (*8.8.1889, †10.9.1958) aus Breslau nach         schen Instituts und Museums bis März
          Greifswald, wo er bis 1937 als Institutsdi-      1946, setzte sich aber 1945 nach Bonn
          rektor wirkte. Er ist allen – zumindest äl-      ab, wahrscheinlich aus Sorge, unter der
          teren – ZoologInnen bekannt als Bearbei-         sowjetischen Besatzung Schwierigkeiten
          ter des von Willy Kükenthal begründeten          zu bekommen. Rudolf Seifert war von
          „Leitfadens für das Zoologische Prakti-          1928 bis 1945 Assistent am Institut, fun-
          kum“, dessen 9. bis 16. Auflage er be-           gierte aber ab 1936 als kommissarischer
          treute. Sein Assistent Rudolf Seifert            Direktor und wurde im September 1952,
          (*17.9.1903, †11.12.1952) steuerte zum           knapp drei Monate vor seinem Tod, zum
          „Kükenthal“ in dieser Zeit mehrere aus-          Direktor ernannt. Er hat während des
          gezeichnete Original-Zeichnungen bei,            Krieges mit Ausnahme des Jahres 1944
          darunter den zur Ikone der vergleichen-          sämtliche zoologische Lehrveranstaltun-
          den Tieranatomie gewordenen Spul-                gen allein angeboten (z.B. Dokument 7).
          wurm-Querschnitt. Ernst Matthes organi-          Nach seinem frühen Tod übernahm der
          sierte 1934 die Jahrestagung der Deut-           Ornithologe Hans Egon Wilhelm Schild-
          schen Zoologischen Gesellschaft in Greifs-       macher (*13.3.1907, †3.9.1976) vorüber-
          wald, er war damals deren stellvertreten-        gehend die Leitung des Instituts. Hans
          der Vorsitzender. Er hat maßgeblich die          Schildmacher war Leiter der Vogelwarte

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        Hiddensee, die formal nicht zum Zoologi-           1955) verfasst, der ab der zweiten Aufla-
        schen Institut und Museum gehörte. Er              ge vom Gustav Fischer Verlag Jena über-
        war Autor eines im 20. Jahrhundert ein-            nommen wurde und bis 1993 sechs Auf-
        maligen vogelkundlichen Kurzlehrbuchs              lagen erlebte. Unter seinen zahlreichen
        (Schildmacher 1982).                               weiteren wissenschaftlichen Publikationen
                                                           ist vor allem das von ihm herausgegebe-
        Zoologie im „Real Existierenden                    ne Buch über die Evolution und Stam-
        Sozialismus“                                       mesgeschichte der Organismen hervor-
            Die Greifswalder Universität war 1945          zuheben (Kämpfe 1980), das bis 1992
        von der sowjetischen Besatzungsmacht               drei Auflagen erfuhr. Bis heute wirkt Herr
        geschlossen worden und wurde im Früh-              Kämpfe als geachteter Chronist und als
        jahr 1947 wieder eröffnet. Die unmittelbar         Autor einer Reihe von Publikationen zur
        folgenden Jahre waren geprägt von per-             Geschichte der Biologie in Greifswald.
        sonellen, finanziellen und räumlichen                  Die 3. Hochschulreform der DDR 1968
        Engpässen und politischen Turbulenzen.             brachte der Zoologie „tiefgreifende Ver-
        Diese Widrigkeiten hatten auch Einfluss            änderungen“ (Kämpfe & Michalik 2011).
        auf die Entwicklung der Zoologie in den            Sie wurde zwar staatlich verordnet, an
        Nachkriegsjahren. Eine Konsolidierung              ihrer Konzeption waren jedoch auch Wis-
        setzte erst mit der Berufung von Rolf Keil-        senschaftler der Universitäten beteiligt.
        bach (*28.6.1908, †24.9.2001) im Jahr              Aus Greifswald waren dies der Mikro-
        1953 ein. Keilbach kam aus Halle an der            biologie Friedrich Mach (*1.6.1925,
        Saale nach Greifswald und arbeitete                †13.4.2019) und der Botaniker Heinrich
        hauptsächlich entomologisch und ange-              Borriss (*10.9.1909, †4.9.1985). Im Ergeb-
        wandt. Sein umfangreiches Werk über die            nis bedeutete die 3. Hochschulreform ei-
        tierischen Schädlinge Mitteleuropas (Keil-         ne Schwerpunktbildung in Greifswald in
        bach 1966) setzte einen Standard auf die-          der Mikrobiologie und eine damit ver-
        sem Gebiet. Unter seinem Direktorat wur-           bundene erhebliche Einschränkung der
        den am Zoologischen Institut und Muse-             zoologischen und botanischen Grundla-
        um das Lehr- und Arbeitsgebiet Hydro-              genforschung. In der „Konzeption zur
        biologie etabliert und Ökologie und Para-          Weiterführung der 3. Hochschulreform
        sitologie erweitert und gefördert. Die             an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität“
        letztgenannte Disziplin vertrat ab 1959            von 1970 (Dokument 8) heißt es: „For-
        der ebenfalls aus Halle berufene Dozent            schungsschwerpunkte: Mikrobiologie und
        Lothar Kämpfe (*1923), der 1968 zum or-            Biosynthesen einschl. der molekularen
        dentlichen Professor ernannt wurde und             Grundlagen und Zellteilungsprozesse ….
        von 1973 bis 1988 Direktor des Instituts           Dazu werden von den Vertretern der Zoo-
        war. Lothar Kämpfe hatte schon während             logie und Botanik mit geringerer Kapa-
        seiner Zeit in Halle als Mit-Autor den be-         zität Forschungen durchgeführt zum Wir-
        kannten und – nicht nur, aber vor allem –          kungsmechanismus chemischer Be-
        in der DDR vielbenutzten „Leitfaden der            kämpfungsmittel und zum Überlebenspo-
        Anatomie der Wirbeltiere“ (Kämpfe et al.           tential von wirbellosen Schadorganismen,

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          sowie zu den physiologischen und bio-                 Unter den eingeschränkten und ein-
          chemischen Grundlagen der Steuerung              schränkenden Bedingungen der siebzi-
          von Organbildung und Aktivitätswechsel           ger und achtziger Jahre publizierten die
          bei Pflanzen“. Folge dieser Schwerpunkt-         verbliebenen ZoologInnen beträchtliche
          bildung waren der Transfer der Hydro-            Anzahlen von wissenschaftlichen Arbei-
          biologie an die Universität Rostock und          ten, mit einem deutlichen Akzent auf an-
          erhebliche räumliche Einschnitte durch           gewandten Themen. Das war sicher ein
          die erzwungene Abgabe von Räumen an              Ergebnis des Zwangs, während dieser
          die Mikrobiologie. Darunter musste vor           Zeit die Bedeutung des Fachs für Staat
          allem das Zoologische Museum leiden,             und Gesellschaft publik zu machen und
          welches räumlich stark beschnitten wur-          auf diese Weise den Erhalt wenigstens
          de und dadurch auch größere Objekte              des Verbliebenen zu sichern. Auffallend
          abgeben musste, wie z.B. Skelette ver-           ist, dass aus diesen Jahren zahlreiche Be-
          schiedener Walarten an das Meeresmu-             lege für ein überaus lebhaftes soziales
          seum Stralsund. Massive Konsequenz war           Miteinander am Institut existieren. Sowohl
          ein drastischer Rückgang abgeschlosse-           persönliche Erinnerungen von Beteiligten
          ner zoologischer Qualifikationsarbeiten,         als auch die im Instituts-Archiv vorhande-
          da nur noch eine Diplomandin/ein Diplo-          nen „Brigadebücher“ mit ihren Berichten
          mand pro Jahr ausgebildet werden durfte.         und Fotos erweisen, dass im „Real Exi-
          Während in den 15 Jahren von 1953 bis            stierenden Sozialismus“ (O-Ton Walter
          1967 im Jahr durchschnittlich 6,2 „arach-        Ulbricht, Vorsitzender des Staatsrats der
          no-entomologische“ Diplom- oder Dok-             DDR 1960-1973) fröhliche Feiern und Ge-
          torarbeiten fertiggestellt wurden, waren         meinschaftsaktivitäten selbstverständliche
          es in den 22 Jahren von der 3. Hochschul-        Elemente des Alltags, auch des Arbeitsle-
          reform bis zur deutschen Vereinigung nur         bens, waren. Die staatliche Unterdrük-
          noch 1,2 (Müller-Motzfeld 2008). Inner-          kung unliebsamer Systemkritik führte
          halb der „Sektion Biologie“ wurden zwei          hier, ähnlich dem Karnevalstreiben seit
          nominell selbständige zoologische „Fach-         der Reaktion im 19. Jahrhundert, in den
          gebiete“ eingerichtet, das Fachgebiet            Ausweg, in Satire und Witz polizeilich un-
          „Allgemeine Zoologie und Tierphysiolo-           bedenkliche und doch befreiende Aus-
          gie“, vertreten durch Rolf Keilbach, und         drucksformen für politisches und soziales
          das Fachgebiet „Angewandte Zoologie“,            Unbehagen zu finden. Am Zoologischen
          vertreten durch Lothar Kämpfe. Diese             Institut und Museum der Ernst-Moritz-
          Zweiteilung wurde 1977 modifiziert, es           Arndt-Universität Greifswald produzierte
          gab danach innerhalb des „Wissen-                ein Autorenteam aus drei „Mittelbauern“
          schaftsbereichs Zoologie“ die drei „Lehr-        anlässlich des 70. Geburtstags von Rolf
          gebiete“ „Spezielle und Angewandte               Keilbach 1978 eine satirische „Revision
          Zoologie“, „Allgemeine Zoologie“ und             der Familie Zoogryphiswaldidae“ (Abb.
          „Physiologie der Tiere und des Men-              3, Dokument 9). Die Autoren waren ein
          schen“ (siehe Abb. 5).                           „U. Friesistan“ (Uwe Kersten), ein „G.
                                                           Sachse“ (Gerd Müller-Motzfeld), und ein

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        „B. Schlesinger“ (Benjamin Meßner). In             bracht wurde]. Sie wurden erst durch die
        diesem Dokument subtiler Auflehnung                Masseninvasion der Microgryphiswaldi-
        heißt es auf S. 1: „.. die Zoogryphiswaldi-        dae während der Territorialkämpfe der
        dae [die ZoologInnen Greifswalds], ein-            Dritten Nacheiszeitlichen Reformation aus
        mal von der Evolution ins Dasein ge-               ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten
        schleudert, vermehrt, verfemt, gespalten           verdrängt“. Diese Passage lässt die Aus-
        und in alle Winde zerstreut, zusammenge-           einandersetzungen, Enttäuschungen und
        drängt und bekämpft, leben noch im-                die Verbitterung erahnen, welche die ein-
        mer!“ (Abb. 3).                                    schneidenden Maßnahmen der 3. Hoch-
           Über die fiktive Gattung „Nematophi-            schulreform begleitet haben.
        lus“ [die Arbeitsgruppe Lothar Kämpfes,               Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
        die an Nematoden arbeitete] „Vhsr.“ [Vor           des Zoologischen Instituts und Museums
        der Hochschulreform] ist auf S. 63 zu le-          und eine Reihe von wissenschaftlichen
        sen: „Die Arten waren früher typische              Gästen wurden als fiktive Arten beschrie-
        Vertreter der küstennahen Landschaft um            ben, die sogar mithilfe eines dichotomen
        die Zoologische Abteilung Jahnstraße [wo           Bestimmungsschlüssels identifiziert wer-
        das Institut für Mikrobiologie unterge-            den konnten. In diesem wurden, wie sich

        Abb. 3. Die satirische „Revision der Familie Zoogryphiswaldidae“, erstellt 1978.   Dokument 9

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          Abb. 4. Kladogramm der Teilgruppen der Zoogryphiswaldidae und Erklärung der begründen-
          den Merkmale.                                                            aus Dokument 9

          das für einen zoologischen Bestimmungs-          Trauermücken-Taxonom (Diptera: Sciari-
          schlüssel gehört, unter anderem auch             dae). Sein – unfreiwilliges – Ausscheiden
          Merkmale des männlichen Kopulations-             aus dem Institut 1992 war überschattet
          apparates benützt (deren Wiedergabe an           von Spannungen, in denen sicher persön-
          dieser Stelle natürlich unstatthaft ist).        liche und politische Gründe sich misch-
          Auch wurde ein tadellos begründetes              ten, und die zur Folge hatten, dass er sich
          Kladogramm präsentiert, das die „phylo-          völlig vom Institut abwandte.
          genetischen“ Beziehungen zwischen den
          Teilgruppen der Zoogryphiswaldidae               Seit der Vereinigung
          darstellte (Abb. 4).                                Die Leitungsfunktion übernahm von
             Nach Lothar Kämpfes Emeritierung              1992 bis 1995 Benjamin Meßner (*1932),
          1988 übernahm Werner Mohrig                      über den es auf S. 42f. der „Revision der
          (*17.12.1937, †26.4.2019) die Leitung des        Zoogryphiswaldidae“ heißt: „Begonnene
          Instituts. Er war 1975 Dozent und 1980 or-       Vorhaben zum ökonomischeren, vielseiti-
          dentlicher Professor für Zoologie gewor-         geren Einsatz als Dozent oder Professor
          den und arbeitete im Wesentlichen über           sind auf Weisung höherer Taxa entspre-
          immunbiologische Probleme bei Insek-             chend §1 der Nationalen Hackordnung
          ten. Außerdem war er ein erfahrener              vorzeitig abgebrochen worden“ (Doku-

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        ment 9). Abschnitte wie dieser verraten            me von Spinnentieren, arbeitete über
        viel über die damaligen offiziellen                Morphologie, Taxonomie und Ökologie
        Sprachregelungen und ihre Umgehung                 von Milben, und er führte bodenzoologi-
        im Alltag. Benjamin Meßner vertrat das             sche Projekte durch. Nachdem er 1997
        Lehrgebiet „Physiologie der Tiere und              Direktor des Instituts geworden war, war
        des Menschen“, das vor ihm Manfred He-             er prägend beteiligt an den folgenden
        gemann (*5.8.1931, †9.8.2001) innehatte.           Berufungen und am Neu-Zuschnitt der in-
        Der Schwerpunkt seiner empirischen Ar-             haltlichen Ausrichtung der Professuren. In
        beit lag auf der strukturellen und funktio-        seine Amtszeit fiel auch die Eingliede-
        nellen Aufklärung der Plastronatmung               rung der Vogelwarte in das Zoologische
        aquatischer Insekten, vor allem von                Institut und Museum. Die Vogelwarte Hid-
        Schilfkäfern (Chrysomelidae: Donacii-              densee war 1936 gegründet und bis 1992
        nae).                                              als Teileinheit der Biologischen Station
            Von 1995 bis 1997 war Gerd Müller-             Hiddensee betrieben worden. Die Lei-
        Motzfeld (*19.7.1941, †24.7.2009) Direk-           tung der Vogelwarte wurde 1993 Andreas
        tor des Zoologischen Instituts und Mu-             Helbig (*28.7.1957, †19.10.2005) übertra-
        seums. Er war von 1978 bis 1992 Kustos             gen, die Vogelwarte wurde Einheit des
        des Museums und wurde 1992 zum Pro-                Zoologischen Instituts und Museums. An-
        fessor ernannt. Er war ein ausgewiesener           dreas Helbig hat sich 1997 in Greifswald
        Kenner der Laufkäfer-Tribus Bembidiini             habilitiert, er wurde 2003 zum a.o. Profes-
        (Coleoptera: Carabidae), aus der er zahl-          sor ernannt. Er hat bis zu seinem frühen
        reiche Arten beschrieb. Er engagierte              Tod in erster Linie molekularsystematisch
        sich intensiv im Naturschutz und war               gearbeitet und damit phylogenetische
        maßgeblich an der Ausarbeitung und                 Beziehungen zwischen Teiltaxa der Vögel
        wissenschaftlichen Absicherung der Ro-             aufgeklärt. Seit 2006 liegt die Leitung der
        ten Listen – nicht nur Mecklenburg-Vor-            Vogelwarte – nunmehr in Greifswald an-
        pommerns – beteiligt. Gerd Müller-Motz-            gesiedelt – bei Angela Schmitz-Ornés
        feld war auch nach seiner Pensionierung            (*1963) und Martin Haase (*1965), beide
        noch wissenschaftlich aktiv, publizierte           kamen vom Zoologischen Forschungsmu-
        über Laufkäfer und führte regelmäßig               seum Alexander Koenig in Bonn. Wäh-
        Expeditionen – insgesamt zwölf – mit ei-           rend Angela Schmitz-Ornés die freiland-
        ner Gruppe von Teilnehmern aus ganz                biologische Tradition der Vogelwarte
        Deutschland nach Zentralasien durch                fortführt, betreut Martin Haase das Mole-
        (Klausnitzer et al. 2010). Auf der letzten         kularlabor und bearbeitet selbst mit mo-
        dieser Expeditionen starb er in Kirgistan.         lekularsystematischen Methoden die phy-
            Das Jahr 1995 begründete eine Folge            logenetischen Beziehungen von Süßwas-
        von Berufungen von außerhalb des Insti-            serschnecken und deren funktionelle
        tuts (Abb. 5). Sie begann mit Gerd Alberti         Ökologie.
        (*12.1.1943, †9.11.2016), der aus Heidel-              Neben Gerd Alberti wurde eine zwei-
        berg nach Greifswald kam. Er erforschte            te C4 (W3)-Professur – für Physiologie
        die Ultrastruktur der Reproduktionssyste-          und Biochemie der Tiere – eingerichtet;

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          Abb. 5. Direktoren (1973 bis 1995) und Arbeitsgruppen-LeiterInnen (nach 1995) der Greifswal-
          der Zoologie. Original, angelehnt an Kämpfe & Michalik (2011).

          sie wurde 1999 mit Jan-Peter Hildebrandt         erworben, indem er mit unglaublichem
          (*1955) besetzt, der aus Saarbrücken             Energieeinsatz erreichte, dass die Deut-
          nach Mecklenburg-Vorpommern zog. In              sche Forschungsgemeinschaft seit 2015
          seiner Abteilung werden Mechanismen              die Research Training Group "Biological
          adaptiver Wachstums- und Differenzie-            RESPONSEs to Novel and Changing En-
          rungsprozesse tierischer Zellen unter-           vironments" in der Fachrichtung Biologie
          sucht, sowie die Zellphysiologie humaner         der Universität Greifswald fördert. Im
          Atemwegs-Epithelzellen, das Speichel-            Rahmen von RESPONSE werden zwölf
          drüsensystem blutsaugender Kieferegel,           einzelne Projekte mit je einer Promo-
          und die Osmotoleranz der Süßwasser-              tionsstelle in zwei Clustern unterstützt
          schnecke Theodoxus fluviatilis.                  (siehe Dokument 10). Neben dem Zoolo-
             Auf eine neu zugeschnittene Profes-           gischen Institut und Museum sind auch
          sur für Tierökologie wurde 2007 Klaus            das Institut für Botanik und Landschaftsö-
          Fischer (*1968) aus Bayreuth berufen.            kologie und das Institut für Mikrobiologie
          Er forschte über den Einfluss unter-             beteiligt. Klaus Fischer verließ Greifs-
          schiedlicher Umwelteinflüsse auf die Ent-        wald 2017, um eine Professur an der Uni-
          wicklung und die Morphologie von                 versität Koblenz-Landau anzunehmen.
          Schmetterlingen. Er hat sich bleibende           Auf ihn folgte 2019 aus Potsdam kom-
          Verdienste um die Greifswalder Zoologie          mend Alexander Wacker (*1969), der

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        über Nahrungsökologie und Ökophysio-               als „Bodenökologie“ ausgewiesen war
        logie kleiner Süßwasser-Organismen                 und 1995-2000 mit Franz Lamparski
        forscht.                                           (*1944) aus Freiburg im Breisgau besetzt
             Nach Gerd Müller-Motzfeld übernahm            war. Nachdem dieser die Greifswalder
        Dietmar Schittek (*3.12.1943, †26.11.2016)         Zoologie verlassen hatte, wurde die Pro-
        von 1992 bis 2006 die Kustodie am Zoolo-           fessur inhaltlich neu auf „Internationalen
        gischen Museum, ihm folgte für ein Jahr            Naturschutz“ ausgerichtet und 2001 mit
        Mathias Jaschhof (*1963). Seit 2007 ist Pe-        Manfred Niekisch (*1951) besetzt, der
        ter Michalik (*1976) Stelleninhaber. Sein          von der Organisation OroVerde aus Bonn
        Arbeitsgebiet umfasst u.a. die Taxonomie           nach Greifswald kam und 2008 als Direk-
        und Systematik von Webspinnen und die              tor an den Zoologischen Garten in Frank-
        Morphologie von Reproduktionssystemen              furt am Main ging. Die Zuständigkeit die-
        von Arthropoden sowie die dreidimensio-            ser Professur wurde danach für „Ange-
        nale Rekonstruktion von zoologischen               wandte Zoologie und Naturschutz“ ausge-
        Feinstrukturen. Darüber hinaus trägt er            wiesen. Stelleninhaber ist seit 2010 der
        einen Großteil der Verwaltungsarbeit am            aus Lausanne an die Universität Greifs-
        Institut.                                          wald berufene Gerald Kerth (*1966). Der
             Auf eine neu eingerichtete Professur          Fokus seiner wissenschaftlichen Arbeit
        für „Cytologie und Evolutionsbiologie“             liegt auf der Biologie und dem Schutz der
        wurde 2008 Steffen Harzsch (*1966) aus             Fledermäuse in Mitteleuropa und darü-
        Ulm berufen, der sich wissenschaftlich in          ber hinaus.
        erster Linie mit der Anatomie der Ner-                 Die zoologischen Arbeitsgruppen sind
        vensysteme von Arthropoden und ihrer               in Greifswald auf zwei Stadtteile konzen-
        phylogenetischen Bedeutung beschäftigt.            triert, zum einen die Abteilung für Physio-
        Die Objekte seiner Forschung sind haupt-           logie und Biochemie der Tiere in der Fe-
        sächlich Crustacea, unter anderem auch             lix-Hausdorff-Straße auf dem Campus
        die Palmendiebe (Birgus latro) der Weih-           „Berthold-Beitz-Platz“, und zum anderen
        nachtsinsel.                                       die übrigen Bereiche auf dem Campus
             Als Nachfolgerin von Gerd Alberti ver-        „Soldmannstraße“ in der Nähe des Bota-
        tritt Gabriele Uhl (*1964), die aus Bonn           nischen Gartens und des Instituts für Bo-
        nach Greifswald kam, seit 2009 die „All-           tanik und Landschaftsökologie. Dorthin
        gemeine und Systematische Zoologie“.               konnte 2015 das Zoologische Museum in
        Sie arbeitet über Reproduktionsbiologie            eigens umgebaute Räume der vormali-
        und Evolutionsökologie von Spinnen und             gen Kinderklinik ziehen. Im selben Jahr
        über Arealveränderungen und deren Ur-              wurde ein neuerstellter Laborbau über-
        sachen. Ihrer Abteilung sind die Vogel-            geben, und 2017 konnten weitere reno-
        warte und das Zoologische Museum an-               vierte Gebäude bezogen werden, die
        gegliedert.                                        nunmehr Büros, Werkstätten und Präpara-
             Aus dem Neuzuschnitt der zoologi-             tur beherbergen. Die Greifswalder Zoolo-
        schen Arbeitsgebiete nach 1995 ging ei-            gie bietet seither räumlich und personell
        ne weitere Professur hervor, die zunächst          attraktive und zukunftsträchtige Arbeits-

        ZOOLOGIE 2019, Mitteilungen d.Dtsch.Zool.Ges.                                              17
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          bedingungen, die eine würdige Fortset-
          zung einer langen und vielfältigen Tradi-
          tion versprechen.

          Prominente ehemalige Studenten
              Die Greifswalder Zoologie hat auch
          durch ehemalige Studierende in der Ge-
          schichte der Zoologie Spuren hinterlas-
          sen, selbst wenn diese Studiosi gar nicht
          Biologie (oder Naturgeschichte) studiert
          haben. Vier von ihnen seien hier beispiel-
          haft vorgestellt. Der Entdecker der Mül-         Abb. 6. Gedenktafel am Haus Burgstraße 17 in
          ler’schen Mimikry, Johann Friedrich (Fritz)      Greifswald.                  Foto: M. Schmitt
          Theodor Müller (*31.3.1822, † 21.5.1897)
          hatte während seines Studiums der Na-            1875 eröffnet wurde. Er machte sich nicht
          turgeschichte an der Universität Berlin          nur durch zahlreiche seriöse zoologische
          zwei Semester – 1842/43 – in Greifswald          Studien, z.B. zur Lauterzeugung durch
          verbracht. Nach seiner Promotion zum Dr.         Tiere, einen Namen, sondern auch durch
          phil. 1844 in Berlin kam er wieder nach          seinen Humor und seine volkstümliche,
          Greifswald und studierte hier 1845-1849          geradezu schrullige Vermittlung wissen-
          Medizin. Da er sich weigerte, den Promo-         schaftliche Inhalte. Er entwarf schon zu
          tionseid mit der obligatorischen religiö-        Lebzeiten sein eigenes Denkmal, das
          sen Phrase „sicut deus me adjuvet et sa-         nach seinem Willen einen Zylinderhut als
          crosanctum ejus evangelium“ abzulegen            Vogelnistkasten trägt (Dokument 11).
          und ihm daraufhin die Promotion ver-                 Alexander Koenig (*8.2.1858,
          wehrt wurde, wanderte er 1852 frustriert         †16.7.1940) hatte sich nach gescheiterter
          nach Brasilien aus. Dort lebte und forsch-       Abschlussprüfung 1880 ohne Abitur mit
          te er in Blumenau, wurde geschätzter             „Kleiner Matrikel“ in Greifswald einge-
          Korrespondenz-Partner von Charles Dar-           schrieben und Biologie studiert. Er be-
          win, und formulierte (wahrscheinlich) als        suchte ab Herbst 1880 das Gymnasium
          Erster die Vermutung, die Beobachtungen          am Klinkenberg in Demmin, um dort 1882
          über die Ontogenie lieferten Anhalts-            das Abitur nachzuholen. In dieser kleinen
          punkte für die Entschlüsselung der Phylo-        Stadt lernte er Margarete Westphal ken-
          genie.                                           nen, die beiden heirateten 1884, nach-
              Hermann Landois (*19.4.1835,                 dem er im selben Jahr sein Rigorosum in
          †29.1.1905) studierte Zoologie in Münster        Zoologie, Botanik, Physik und Philosophie
          und Greifswald, wo er 1861 promoviert            in Marburg abgelegt hatte. Mit dem Geld
          wurde. In Münster erhielt er 1873 eine           seines Vaters Leopold Koenig, des „Zuk-
          außerordentliche Professur für Zoologie.         kerkönigs von Sankt Petersburg“, gründe-
          Er betrieb dort maßgeblich die Grün-             te er 1912 das Zoologische Forschungsin-
          dung des Zoologischen Gartens, der               stitut und Museum (seit 2004: Zoologi-

          18
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        sches Forschungsmuseum) Alexander                  Quellen
        Koenig in Bonn, das heute zu den bedeu-            Ungedruckte Quellen:
        tendsten außeruniversitären zoologischen
                                                           Dokument 1. Schreiben vom 2.1.1781 und
        Forschungseinrichtungen Deutschlands                  9.1.1781 (Otto meldet sich nochmals zur
        zählt.                                                Professur der Naturgeschichte und Öko-
            Ernst Mayr (*5.7.1904, †3.2.2005) kam             nomie, Verhandlungen der Fakultät) im
        1923 wegen der Vielfalt der Vogelwelt                 Universitätsarchiv Greifswald, Signatur
                                                              UAG Phil.Fak. I 19.
        des Greifswalder Bodden zum Studium                Dokument 2. Vorlesungsverzeichnis für das
        der Medizin nach Greifswald (Haffer                   Sommer-Halbjahr 1781. Digitale Biblio-
        2008). Nach dem Physikum 1925 wech-                   thek der Universität Greifswald, Identifier.
        selte er an die Universität Berlin zu Erwin           PPN670499889_1782_4,
                                                              PPN670499889_1787_4
        Stresemann und wurde dort 1926 promo-
                                                           Dokument 3. Vorlesungsverzeichnis für das
        viert. Er übersiedelte 1931 in die USA,               Sommer-Halbjahr 1803. Digitale Biblio-
        arbeitete am Museum of Comparative                    thek der Universität Greifswald, Identifier
        Zoology der Harvard University in Cam-                PPN670499889_1803_3
                                                           Dokument 4. Vorlesungsverzeichnis für das
        bridge MA, und wurde mit seinen Publi-
                                                              Sommer-Halbjahr 1819. Digitale Biblio-
        kationen zum Artbegriff und zu popula-                thek der Universität Greifswald, Identifier
        tionsbiologischen Grundlagen der Evo-                 PPN670499889_1819_20_4
        lution einer der „Architekten“ der Synthe-         Dokument 5. Vorlesungsverzeichnis für das
        tischen Theorie der Evolution. Er gilt als            Sommer-Halbjahr 1805. Digitale Biblio-
                                                              thek der Universität Greifswald, Identifier
        der „Darwin des 20. Jahrhunderts“ und
                                                              PPN670499889_1805_3
        wurde 1970 zum Ehrenmitglied der Deut-             Dokument 6. Akten Curt Heidermanns im Uni-
        schen Zoologischen Gesellschaft ernannt.              versitätsarchiv Greifswald, Signatur UAG
        Die von der DZG mitfinanzierte Gedenk-                PA 72 Bd. 6.
                                                           Dokument 7. Vorlesungsverzeichnis 1.
        tafel am Haus Burgstraße 17 in der
                                                              Trimester 1940 / 2. Januar bis 21. März.
        Greifswalder Fleischvorstadt (Abb. 6) legt            Digitale Bibliothek der Universität Greif-
        davon Zeugnis ab.                                     swald, Identifier PPN66403778XTri19401.
                                                           Dokument 8. Konzeption zur Weiterführung der
                                                              3. Hochschulreform an der Ernst-Moritz-
        Dank                                                  Arndt-Universität (1970). Universitätsarchiv
                                                              Greifswald, Signatur UAG RnF 98
            Für kritische Durchsicht des Manu-             Dokument 9. Revision der Familie
        skripts danke ich herzlich Prof. Dr. Lothar           Zoogryphiswaldidae (Primates, Ento-
        Kämpfe und PD Dr. Peter Michalik (beide               mophiloidea). 97 pp., Unikat, im Archiv
                                                              des Zoologischen Instituts und Museums,
        Greifswald), Frau Marianne Schumann für
                                                              Greifswald.
        ihre Hilfe bei der Recherche im Universi-          Dokument 10: https://biologie.uni-
        tätsarchiv Greifswald.                                greifswald.de/forschung/dfg-
                                                              graduiertenkollegs/research-training-
                                                              group-2010/research-projects/
                                                           Dokument 11.
                                                              https://www.lwl.org/marsLWL/de/in-
                                                              stance/ko/Landois-
                                                              Hermann.xhtml?oid=1454

        ZOOLOGIE 2019, Mitteilungen d.Dtsch.Zool.Ges.                                                  19
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          Gedruckte Quellen                                   Keilbach, R. 1966. Die tierischen Schädlinge
                                                                  Mitteleuropas, mit kurzen Hinweisen auf
          Haffer, J. 2008. Ornithology, Evolution, and Phi-       ihre Bekämpfung. 784 pp., Gustav Fischer,
              losophy - The Life and Science of Ernst             Jena.
              Mayr 1904-2005. IX +474 pp., Springer,          Keilbach, R. 1988. Die Entwicklung der Zoolo-
              Berlin etc.                                         gie in Greifswald. Wissenschaftliche
          Kämpfe, L. (ed.) 1980. Evolution und                    Zeitschrift der Ernst-Moritz-Arndt-Univer-
              Stammesgeschichte der Organismen. 411               sität Greifswald, Mathematisch-Naturwis-
              pp., Gustav Fischer, Jena.                          senschaftliche Reihe 37: 5-10.
          Kämpfe, L. 2014. Der Mediziner, Zoologe und         Klausnitzer, B. 2010. Prof.Dr. Gerd Müller-
              Forschungsreisende Reinhold Buchholz                Motzfeld (19. Juli 1941 - 24. Juli 2009) –
              (1837-1876) – ein tragisches Schicksal.             ein Leben für die Entomologie. Entomolo-
              Greifswalder Universitätsreden Neue                 gische Blätter 106: 1-8.
              Folge 147: 29-46.                               Müller-Motzfeld, G. 2008. Die Arachno-Ento-
          Kämpfe, L. & Michalik, P. 2011. 175 Jahre Zoo-          mologie in Greifswald. Greifswalder Uni-
              logie in Greifswald – Ein Rückblick. Greifs-        versitätsreden Neue Folge 138: 15-34.
              walder Universitätsreden Neue Folge             Schildmacher, H. 1982. Einführung in die Or-
              143:7-27.                                           nithologie. 283 pp., Gustav Fischer, Jena.
          Kämpfe, L., Kittel, R. & Klapperstück, J. 1955.     Trümmel, H. G. (ed.) 2002. Geschichte der
              Leitfaden der Anatomie der Wirbeltiere.             Medizinischen Fakultät von 1456 bis 1713
              [5]+251 pp., Deutscher Verlag der Wis-              von Christoph Helwig d.J. und das
              senschaften, Berlin.                                Dekanatsbuch der Medizinischen Fakultät
          Keilbach, R. 1956. Chronik des Zoologischen             von 1714 bis 1823. Franz Steiner Verlag,
              Instituts und Museums der Ernst Moritz              Stuttgart.
              Arndt-Universität Greifswald. Pp. 561-570
              in: Festschrift zur 500-Jahrfeier der Ernst
              Moritz Arndt-Universität Greifswald.

          Prof. Dr. Michael Schmitt, Universität Greifswald,
          Allgemeine & Systematische Zoologie, 17489 Greifswald
          michael.schmitt@uni-greifswald.de

          20
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                            Laudatio auf Stanislav N. Gorb
                            anlässlich der Verleihung des
                          Karl Ritter von Frisch-Preises 2018
                                                       Harald Wolf

           Mit der Verleihung der Karl Ritter von            scher Konstruktionen – die Physik und die
       Frisch-Medaille 2018 an Stanislav (Stas)              Material- und Ingenieurwissenschaften
       Gorb hat die Deutsche Zoologische Ge-                 liefern die Werkzeuge zu Analyse und
       sellschaft eine exzellente Wahl getroffen.            Verständnis biomechanischer und bioni-
       Diese Wahl zeigt zudem die Zoologie als               scher Fragestellungen. Vor allem aber
       eine aktuelle Naturwissenschaft, die                  bietet die Biologie eine schier uner-
       grundlegende klassische Bereiche genau                schöpfliche Quelle an Inspirationen und
       so vertritt wie hochmoderne Aspekte und               für nahezu jede Fragestellung eine pas-
       diese produktiv zu verknüpfen versteht.               sende Auswahl an Versuchsobjekten.
       Stanislav Gorb verkörpert diese Verknüp-                  Bei der Verfolgung seiner Interessen in
       fung mit seiner Arbeit besonders präg-                den Bereichen der Biologie, Biomechanik
       nant. Er ist zunächst ein klassisch an der            und (biologischen) Materialwissenschaft
       Universität Kiew ausgebildeter Biologe                hatte Stanislav Gorb während seiner Zeit
       und Zoologe, der in Entomologie am                    als Postdoc mehrere Mentoren, die für ihn
       Schmalhausen-Institut für Zoologie der                noch heute wichtige Diskussionspartner
       Akademie der Ukraine promoviert hat.                  sind. Hier sind (in chronologischer Rei-
       Schon früh im Laufe seiner Karriere hat er            henfolge) zu nennen: Leonid Frantsevich
       sich dabei auch für bionische, ingenieur-             am Schmalhausen-Institut für Zoologie in
       technische und angewandte Aspekte sei-                Kiew, Friedrich Barth an der Universität
       ner Arbeit begeistert, ohne dabei die le-             Wien, Uli Schwarz am Max-Planck-Institut
       benden Organismen – Tiere wie Pflanzen,               für Entwicklungsbiologie in Tübingen und
       und bis heute ganz besonders die Arthro-              Martin Fischer an der Universität Jena. An
       poden – als Quelle seiner Inspiration aus             allen vier Institutionen hat Stanislav Gorb
       dem Blick zu verlieren.                               neue Arbeitsrichtungen und -methoden
           Tatsächlich speist sich Stanislav Gorbs           kennengelernt, begierig aufgenommen
       Kreativität offensichtlich in wesentlichen            und für seine Fragestellungen genutzt. Vor
       Punkten aus der Kombination einer soli-               allem aber haben ihn alle Mentoren in
       den klassischen Ausbildung in Biologie                seinen Interessen gefördert und ihm die
       mit Interessen in Physik, Material- und In-           notwendige Freiheit für eigenständige
       genieurwissenschaften. Die Biologie lie-              Forschung gegeben. Es erstaunt nicht,
       fert Arten- und Formenkenntnis und das                dass diese Rahmenbedingungen eine gu-
       Wissen um die ökologische und evolu-                  te Basis für fruchtbare Zusammenarbeit in
       tionsbiologische Bedingtheit organismi-               den jeweiligen Gruppen waren. Diese po-

       ZOOLOGIE 2019, Mitteilungen d.Dtsch.Zool.Ges.                                                 21
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          sitiven Erfahrungen, aber auch der gele-        wöhnlichen Spektrum an Publikationsor-
          gentliche Blick auf weniger gedeihliche         ganen deutlich, in denen Stanislav Gorb
          Situationen haben Stanislav Gorb seiner-        und seine Mitarbeiter und Kooperations-
          seits zu einem guten Mentor werden las-         partner ihre Ergebnisse veröffentlichen.
          sen; ein guter Kooperationspartner war er       Dieses Spektrum umfasst das Journal of
          wohl schon immer. Ich habe selbst erfah-        Morphology genauso wie Arthropod
          ren können, mit welch ansteckender Be-          Structure and Development und das Jour-
          geisterung Stanislav Gorb ein Koopera-          nal of Experimental Biology, aber auch
          tionsprojekt in Angriff nimmt und wie er        Soft Matter (Physics), Applied Physics A,
          seine Mitarbeiter einbezieht. Heutzutage,       Physical Review Letters, Bioinspiration
          in seiner Rolle als Institutsdirektor, ist er   and Biomimetics, sowie Nature und PNAS
          unausweichlich mit vielen, und meist zu         – um nur ein paar charakteristische Bei-
          vielen Aufgaben in der (leider nicht nur)       spiele aus seinem mehr als 500 Posten
          akademischen Selbstverwaltung ausgela-          umfassenden Publikationsverzeichnis zu
          stet. Dennoch gelingt ihm durch bewun-          nennen. Zeitschriften wie Plant Physiology
          dernswertes Zeitmanagement das kon-             and Biochemistry, Plant Cell, New Phyto-
          zentrierte Engagement für seine Arbeits-        logist und Journal of Experimental Botany
          gruppe und die persönliche Betreuung            sind dabei besonders erwähnenswert,
          der Mitarbeiter – und gelegentlich immer        denn Stanislav Gorb ist nicht nur an zoo-
          noch die Durchführung von Experimen-            logischen Forschungsobjekten interes-
          ten. Und er findet sogar immer wieder           siert, sondern beschäftigt sich ebenso mit
          die Zeit für öffentliche Vorträge, um der       Oberflächenstrukturen und ihrer Funktion
          Bevölkerung Wissenschaft nahe zu brin-          bei Pflanzen und mit der (biomechani-
          gen, und für die Mitarbeit in den Editorial     schen) Interaktion zwischen Tieren und
          Boards mehrerer wissenschaftlicher Zeit-        Pflanzen. Bei diesen botanischen Themen
          schriften.                                      wird er wesentlich ergänzt durch die For-
              Stanislav Gorb ist ein Wissenschaftler,     schungstätigkeit seiner Frau Elena Gorb,
          der ein bemerkenswert breites Spektrum          die oft auch bei anderen Themen mitar-
          an Fachgebieten überblickt und produktiv        beitet. Zahlreiche gemeinsame Publika-
          miteinander verknüpft. Seine Interessen,        tionen inklusive eines Buchs zum Thema
          Forschungs- und Publikationsaktivitäten         Samenausbreitung durch Ameisen bele-
          und das Bemühen um die technische Um-           gen die gute Teamarbeit der beiden.
          setzung biologischer Erkenntnisse rei-              Stanislav Gorb ist einer der prominen-
          chen, wie erwähnt, von der (funktionellen)      ten Wissenschaftler, welche die Physik, in
          Morphologie, den Bereichen der Biophy-          seinem Fall insbesondere die Oberflä-
          sik, Biomechanik und Bionik, über Materi-       chenphysik, in den Forschungsbereich
          alwissenschaften zur Ökologie und Fra-          der Biologie eingeführt haben. Seine Ar-
          gen der Evolutionsforschung – womit sich        beiten (und die prominenter, oft eher bo-
          der Kreis zur funktionellen Morphologie         tanisch orientierter Kollegen wie Wilhelm
          schließt. Diese Arbeitsgebiete werden           Barthlott) haben ein eigenes Forschungs-
          auch in dem für einen Biologen unge-            gebiet in der Biologie etabliert und ent-

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