Zukünftige Versorgungsaufgaben der Krankenhäuser Wer macht was und wo? - September 2021 - Gerechte Gesundheit
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Zukünftige Versorgungsaufgaben der Krankenhäuser Wer macht was und wo? 17. September 2021 Prof. Dr. Boris Augurzky
Als Folge der Corona-Maßnahmen massiver Rückgang
der Fallzahlen im Krankenhaus um fast 13% im Jahr 2020
2020 2019
450.000
400.000
Anzahl Behandlungsfälle
350.000
300.000
250.000
200.000
150.000
100.000
50.000
0
03 05 07 09 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49
Kalenderwoche
Quelle: RWI / TU Berlin (Basis InEK-Daten 2020)
2
Ambulantisierung
Besonders stark bei ambulant-sensitiven Fällen
HD Asthma -29%
HD Chronische obstruktive
-28%
Lungenerkrankung (COPD)
HD Diabetes mellitus -17%
HD Herzinsuffizienz -12%
HD Bluthochdruck -18%
Alle betrachteten ambulant-
sensitiven Behandlungen -18%
Anmerkung: HD: Hauptdiagnose
Quelle: RWI/TU Berlin
3
Ambulantisierung
Nach Corona: Altes Niveau oder „Neustart“?
Leistungsmenge (schematisch)
110
100
90
?
80
70
60
Corona
Vorher Nachher
50
19Q1 19Q2 19Q3 19Q4 20Q1 20Q2 20Q3 20Q4 21Q1 21Q2 21Q3 21Q4 22Q1 22Q2 22Q3 22Q4
Sollte das Leistungsniveau niedrig bleiben, kommt es zu einer massiven
Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser ab 2022
Quelle: hcb
4
Ambulantisierung
Zusätzlich nehmen die Defizite der Krankenkassen zu …
Zusatzbeiträge können drastisch steigen
„Das Jahr 2022 werde ein hartes
Jahr für Kassen und Mitglieder.
Ohne Gegensteuern durch den
Staat droht eine Verdoppelung
des Zusatzbeitrags.“
Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/krankenkasse-109.html
6
Ambulantisierung
… und der demografische Wandel beschleunigt sich in diesem Jahrzehnt
Bevölkerungsentwicklung am Beispiel der 20jährigen und 65jährigen
Anzahl in Tausend
65jährige 20jährige
1,31 1,32 1,30
1,26 1,27
1,18 1,21
1,10 1,12
1,04 1,07
0,83 0,79 0,77 0,76 0,76 0,75 0,74 0,75 0,76 0,74 0,75
2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030
Quelle: Bevölkerungsvorausberechnung 13te Deutschland bis 2060, Variante 2: Kontinuität bei stärkerer Zuwanderung
7
Ambulantisierung
Backup
Personalmangel schon heute brisant
Krankenhäuser in Stuttgart
Kliniken suchen Personal – OP-Absagen drohen
Mit großen Kampagnen werben Stuttgarter Gesundheitsausschuss
Krankenhäuser um Personal. Doch die offenen Brandenburg: Fachkräftemangel
Stellen sind teils nur mit externen Kräften zu in der Pflege ist bereits da
besetzen. Notfalls werden planbare und Seit über einem Jahr können
aufschiebbare Operationen abgesagt. Stellen für Pflegekräfte nicht
Stuttgarter Zeitung 9.9.2021 besetzt werden. Die Lage ist
bereits dramatisch.
Ärztezeitung 9.9.2021
Ausbildung
In Bayern sind noch tausende
Ausbildungsstellen offen
Ralf Holtzwart, Chef der Regionaldirektion Fehlende Lkw-Fahrer – Deutschland droht
Bayern, sagt: Jeder Interessierte kann "Versorgungskollaps„
zwischen zwei Positionen wählen. Er In England bleiben die Supermarktregale leer.
appelliert an die Unentschlossenen, sich Das liegt am Brexit, an Corona, vor allem aber
jetzt zu bewerben. am Mangel an Lkw-Fahrern. Dieses Problem
Augsburger Allgemeine 24.8.2021 könnte auch Deutschland ereilen.
T-Online 12.9.2021
Quelle: Krankenhäuser in Stuttgart: Kliniken suchen Personal – OP-Absagen drohen - Stuttgart - Stuttgarter Zeitung (stuttgarter-zeitung.de), Brandenburg: Fachkräftemangel in der
Pflege ist bereits da (aerztezeitung.de), Ausbildung: In Bayern sind noch tausende Ausbildungsstellen offen | Augsburger Allgemeine (augsburger-allgemeine.de), Branche schlägt
Alarm: Fehlende Lkw-Fahrer – Deutschland droht "Versorgungskollaps" (t-online.de)
8
AmbulantisierungKriegen wir den Wunsch
nach einer guten Versorgung
einerseits und weniger zur
Verfügung stehender Arbeits-
zeit andererseits unter
einen Hut?
9
AmbulantisierungPotenziale hat das Gesundheitswesen noch
Prävention Neue
Reduktion der Bedarfe
Technologien
Digitalisierung Tele-
medizin, KI, Robotik
Sektorenübergreifende
Versorgung und
Ambulantisierung
Komplexe ambulante Leistungen
Zentralisierung und
Schwerpunktbildung
Sowohl in der stationären als
Effiziente Allokation von auch ambulanten Versorgung,
Berücksichtigung von Erreichbarkeit
Personal und Kapital
Interprofessionelle Zusammenarbeit,
mehr Verantwortung für die Pflege
Quelle: hcb
10
AmbulantisierungUm die Potenziale
zu heben braucht es
ein neues Zielbild für
die Gesundheitsversorgung
100% Patienten- Ethisch ist, was
orientierung! Ressourcen spart!
11
AmbulantisierungNeue Rolle
des Kranken-
hauses nötig?
Zentrum für Verantwortung für
fachärztliche die Koordination der
Versorgung lokalen Versorgung
12
AmbulantisierungKleine Grundversorger arbeiten enger mit niedergelassenen Ärzten
zusammen und werden Prototyp sektorenübergreifender Versorgung
Integriertes
Gesundheitszentrum
Gesundheitszentrum plus
Integriertes Gesundheitszentrum (mit
und ohne Betten) K
F F
▪ Flächendeckende Sicherstellung
stat.+amb. fachärztl. Basisversorgung K K
▪ Erreichbarkeit:Kleine Grundversorger arbeiten enger mit niedergelassenen Ärzten
zusammen und werden Prototyp sektorenübergreifender Versorgung
Integriertes
Gesundheitszentrum
Integriertes Gesundheitszentrum (mit
und ohne Betten) K
F F
▪ Flächendeckende Sicherstellung
stat.+amb. fachärztl. Basisversorgung K K
▪ Erreichbarkeit:Auf Regionsebene organisiert ein großes Krankenhaus als Regional-
versorger die Gesundheitsversorgung
Austausch mit den lokalen Gesundheitszentren und überregionalen Maximalversorgern
Region(1)
(Integriertes)
Gesundheitszentrum A+
K
A+ (Integriertes)
A+ Gesundheitszentrum
K
Verträge, A+
Telemedizin K
K
A+
A+
Maximalversorger K
in einem Zentrum A+ K
F F
K
F
F
Regional-
Digitale Vernetzung versorger
Spezial-
▪ Zwischen Versorgern aller Ebenen
versorger
▪ Mit den Bürgern bzw. Patienten und
K
deren digitalen Begleitern und ePA K
K A+
(1) Kann 1-2 Landkreise mit oder ohne kreisfreie Stadt umfassen
Quelle: hcb; Gutachten im Rahmen der Enquête-Kommission „Zukunft der medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern“
18
AmbulantisierungBackup
Basisversorgung in den integrierten Gesundheitszentren und Regional-
versorgern, Spezialversorgung in den Regional- und Maximalversorgern
Regional- Maximal- Regional- Maximal- Spezial-
IGZ
versorger versorger versorger versorger versorger
Fallzahlanteil Fallzahlanteil
2/3 Basisversorgung 1/3 Spezialversorgung
Typische Leistungen: Blinddarm, Diabetes, Hypertonie, Typische Leistungen: Neubildungen, Herzinfarkte,
Krankheitsbilder, die sehr häufig auftreten Schlaganfall, spezielle Krankheitsbilder, für die man ein
breites Fachabteilungsspektrum benötigt
Quelle: hcb
19
AmbulantisierungIm Stufenmodell der AKG findet eine
stärkere Koordination der Versorgung statt
Versorgungsstufen mit klarer Verantwortungsteilung
i. Umfassend
ii. Erweitert
iii. Basis
Klare Zuordnung eines Krankenhauses zu einer Stufe,
Vorgaben zur Erreichbarkeit je Stufe und Finanzierung der
nötigen Strukturanpassungen
Abbau der Sektorengrenze und sektorenübergreifende
Bedarfsplanung
Landesebene
Bundesebene: Je Stufe • Versorgungsstufe in KH-Planung abbilden
• Versorgungsrolle und Anforderungen definieren • Versorgungsaufträge konkretisieren
• Vorhaltepauschale im DRG-System integrieren • Investitionsmittel nach Stufe vergeben
Quelle: AKG
20
AmbulantisierungBudgetorientierte Ansätze könnten die Bereitschaft zur Verant-
wortungsübernahme sowie die Ambulantisierung fördern
Das Vergütungssystem ist heute praktisch zu 100% mengenorientiert
Heute „Mischmodell“ „Volles Modell“
Mengenabhängige Vergütung Regionales Gesundheits-
für alle Leistungssegmente, budget für Gesamt-
aber schwächer als heute versorgung(2)
Enge Kooperation
Mengenabhängige und 2/3? in den Regionen
sektorale Vergütung
Wettbewerb zwischen
1/3? Regionen
Vorhaltebudget für Basis- Vorgabe von
versorgung in der Region(1) Qualitätszielen
Kooperation in der Region
Wettbewerb zw. Regionen
Budgets jeweils für zu definierende Versorgungsregionen,
um bestehende Strukturen nicht zu zementieren
(1) Und für spezielle Leistungsbereiche überregional
(2) Eine Region erhält u.a. in Abhängigkeit von ihrer Bevölkerungs- und Flächenstruktur ein Gesundheitsbudget für mindestens die stationäre und ambulante Akutversorgung
Quelle: hcb / RWI
21
AmbulantisierungAn die neue Regierung gerichtet …
Gestaltungsfreiheit ermöglichen, damit Innovation passieren und die knappen
Ressourcen möglichst gut genutzt werden können!
… dabei auch Mut zur Differenzierung in den Regionen zeigen.
Ambulantisierung mit dem Krankenhaus ermöglichen!
Klare Aufgabenverteilung mit entsprechender Vergütung hinterlegen!
… dabei Mut zu Veränderung zeigen und dafür Investitionsmittel bereitstellen.
Pflegevergütung anpassen!
Digitalisierung im Gesundheitswesen voranbringen!
Quelle: RWI
22
AmbulantisierungSie können auch lesen
