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1 Zum Potenzial der Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer Destinationsmanagement- organisation: das Beispiel des Tourismus NRW e. V. Working Paper, 1 Manon Krüger Anne Köchling Bernd Eisenstein
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 2 Zusammenfassung An Destinationsmanagementorganisationen (DMO) werden verstärkt Fragen zu Kosten-Nutzen-Relationen und Forderungen nach Legitimationsbelegen sowie Effektivitäts- und Effizienznachweisen des Mitteleinsatzes herangetragen. Dies hat auf Seiten der DMO und der Tourismuspolitik zu einer höheren Aufmerksamkeit für faktenbasierte Evaluationsprozesse geführt. Im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes der Erfolgskontrolle darf die Betrachtung dabei nicht auf die destinationsbezogene (ökonomisch orientierte) Marktleistung der DMO beschränkt bleiben, sondern es sind organisatorisch-unternehmerische Leistungsbereiche und die Zufriedenheit der Stakeholder der DMO zu berücksichtigen. Ein in der Praxis bereits in unterschiedlichsten Branchen genutztes Konzept der ganzheitlichen Erfolgsmessung stellt der Ansatz der Balanced Scorecard (BSC) von Kaplan und Norton aus dem Jahr 1992 dar. Die vorliegende Fallstudie beleuchtet am Beispiel des Tourismus NRW e. V., inwiefern DMO das BSC-Konzept adaptieren können, um die eigenen Zielsetzungen und Erfolge insbesondere vor dem Hintergrund des Wandels hin zu einer Institution mit einer stärker managementorientierten Aufgaben- stellung messen zu können. Abstract Destination management organisations (DMOs) are increasingly confronted with questions about cost-benefit relations and demands for proof of legitimacy as well as effectiveness and efficiency of the use of funds. This has led to a greater awareness of fact-based evaluation processes on the part of DMOs and tourism policy. In the sense of a holistic approach to success control, the consideration must not be limited to the destination-related (economically oriented) market performance of the DMO. Instead, organisational-entrepreneurial performance areas and the satisfaction of the stakeholders of the DMO must be taken into account as well. The Balanced Scorecard (BSC) approach by Kaplan and Norton from 1992 represents a concept of holistic performance measurement already used in practice in a wide variety of industries. Using Tourismus NRW e. V. as an example, this case study examines the extent to which DMOs can adapt the BSC concept to measure their own objectives and successes especially against the background of the change to an institution with a more management- oriented task. Stichworte: Fallstudie, Destinationsmanagementorganisation (DMO), Destination, Strategie, Evaluation, Erfolgs- messung, Balanced Scorecard, Kennzahlen (KPI) Key words: Case study, Destination Management Organisation (DMO), Destination, Strategy, Performance mearsurement, Balanced Scorecard, Key Performance Indicators (KPI)
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 3 Autoren Manon Krüger*, Deutsches Institut für Tourismusforschung Anne Köchling, Deutsches Institut für Tourismusforschung Bernd Eisenstein, Deutsches Institut für Tourismusforschung * Korrespondenzautor, E-Mail: m.krueger@fh-westkueste.de Zitationsempfehlung Krüger, M., Köchling, A. und Eisenstein, B. (2022): Zum Potenzial der Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer Destinationsmanagementorganisation: das Beispiel des Tourismus NRW e. V. Heide/Holstein (Working Paper Series des Deutschen Instituts für Tourismusforschung, 1). Working Paper, 1 März 2022 DOI: https://doi.org/10.48590/g2h2-1z78 Diese Publikation wurde begutachtet. Impressum Fachhochschule Westküste Deutsches Institut für Tourismusforschung Fritz-Thiedemann-Ring 20 25746 Heide Telefon +49(0) 481 8555-566 Telefax +49(0) 481 8555-121 Working Paper Series des Deutschen Instituts für Tourismusforschung ISSN 2749-1552 (Online) Herausgeber: Bernd Eisenstein, Christian Eilzer, Manon Krüger Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar. © Deutsches Institut für Tourismusforschung, Heide, 2022
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 4 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung .......................................................................................................................................... 5 2 Legitimation und Evaluation auf Basis von Aufgaben und Rollen .................................................... 6 3 Erfolgsmessung mittels der Balanced Scorecard ............................................................................. 9 4 Methodisches Vorgehen ................................................................................................................ 12 4.1 Fallstudie Tourismus NRW e. V. .............................................................................................. 12 4.2 Gang der Analyse ..................................................................................................................... 13 5 Ergebnisse....................................................................................................................................... 15 5.1 Perspektivenstruktur und -inhalte .......................................................................................... 15 5.2 Visulisierung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen in der Strategy Map ................................ 17 5.3 Zieloperationalisierung, Zielpriorisierung und KPI-Auswahl ................................................... 19 6 Zusammenfassende Diskussion und Schlussfolgerungen .............................................................. 20 Literaturverzeichnis ........................................................................................................................... 24 Hinweis Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern in diesem Beitrag die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung. Danksagung Wir bedanken uns beim Tourismus NRW e. V. – insbesondere bei der Geschäftsführerin Dr. Heike Döll-König und der Projektleiterin Christiane Wipperfürth-Braun sowie bei Julia Lorenzen und Christian Stühring – für das entgegengebrachte Vertrauen und die Einräumung der tiefgehenden Einblicke in die Arbeitsabläufe des Vereins. Auch bedanken wir uns für die stets spannenden, offenen und anregenden Diskussionen.
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 5 1 Einleitung Das Destinationserlebnis resultiert aus einer Ko- agilen Arbeiten und im Ausgleich der Stakeholder- produktion vieler verschiedener Akteure. Neben dem Interessen adressieren. Gleichzeitig werden verstärkt Touristen sind insbesondere ein Netzwerk von zumeist Fragen zur effektiven Mittelverwendung und zur rechtlich eigenständigen Anbietern mit einem breiten Legitimation der DMO-Aktivitäten gestellt. Diese Angebot komplementärer Sach- und Dienstleistungen Tendenzen verlangen nach adäquaten Instrumenten sowie Träger ergänzender öffentlicher Leistungen und der Destinationsplanung und Erfolgskontrolle (Zins Ressourcen am Prozess der touristischen Leistungs- 2014, S. 421; Eisenstein 2017, S. 21f), so dass erstellung beteiligt. Bei den von den Destinationen Methoden und Konzepte zur Evaluation der DMO- angebotenen Leistungsbündeln handelt es sich i. d. R. Leistungen an Aufmerksamkeit gewinnen. um multifunktional-komplexe Kombinationen ver- schiedener Einzelelemente. Die Wettbewerbsfähigkeit Ein in der Praxis breit anerkanntes und von Unter- und damit letztlich der Erfolg einer Destination nehmen unterschiedlichster Branchen im Kontext der bemessen sich in der Folge u. a. daran, inwiefern es ganzheitlichen Erfolgsmessung genutztes Konzept gelingt, dieses Netzwerk aus wirtschaftlich (Gleich 2011, S. 72; Kleindienst 2017, S. 53) stellt die interdependenten, aber zugleich teilweise auch in von Kaplan und Norton (1992) entwickelte Balanced Konkurrenz zueinander stehenden Leistungser- Scorecard (BSC) dar. Fatima und Elbanna (2020) stellen bringern und Anspruchsgruppen sowie deren allerdings fest, dass trotz der schon langjährigen jeweiligen Partikularinteressen zu koordinieren Verfügbarkeit des Ansatzes im Vergleich mit anderen (Bieger und Beritelli 2013, S. 57f; Steinecke und Wirtschaftsbereichen nur wenige Studien zu seiner Herntrei 2017, S. 18ff; Eisenstein 2021, S. 380, 388ff). Anwendung im Tourismus vorliegen. So wird insbesondere für touristische Unternehmen und Die Destinationsmanagementorganisation (DMO) Organisationen abseits des Hotelsektors, für den (zum Terminus siehe auch Hinweiskasten unten) gilt bislang die meisten Untersuchungen innerhalb der als das zentrale Vehikel zur Organisation dieser Tourismusbranche vorliegen, ein Forschungsbedarf Koordinations- und Steuerungsaufgabe in der zur Erprobung der Anpassung, Implementierung und Destination. Für lange Zeit standen dabei Marketing- Anwendung des BSC-Konzeptes gesehen. tätigkeiten im Mittelpunkt des DMO-Aufgaben- portfolios, doch befindet sich das Rollenverständnis Der vorliegende Beitrag greift diese Forschungslücke der DMO im Wandel. Zur ursprünglichen Aufgabe der auf und widmet sich der Frage, wie DMO das BSC- Vermarktung der Destination gesellen sich – zuletzt Konzept nutzen bzw. adaptieren können, um den auch in Folge der COVID-19-Pandemie (siehe z. B. Erfolg ihrer Arbeit besser messen und steuern zu Eisenstein et al. 2021, S. 18; Seibold und Berndt können. Die Bearbeitung der Fragestellung erfolgt 2021) – zahlreiche neue Aufgaben, die insbesondere mittels einer Fallstudie zur Entwicklung einer BSC für die Managementfähigkeiten der DMO wie beispiels- den Tourismus NRW e. V. weise Kompetenzen in der Strategieentwicklung, im Zum Terminus der „Destinationsmanagementorganisation (DMO)“ In der deutschsprachigen Literatur wird im Zusammenhang mit der übergeordneten Organisation zur Steuerung des Tourismus in einer Destination häufig von der Tourismusorganisation gesprochen (siehe z. B. Bieger und Beritelli 2013, S. 70ff; Eisenstein 2021, S. 382ff), während die englischsprachige Literatur die Begriffe der Destination Marketing Organization bzw. in jüngerer Zeit sehr viel häufiger der Destination Management Organization nutzt (Ritchie und Crouch 2003, S. 105; Morrison 2019, S. 4ff; Pike 2021, S. 25ff). Im vorliegenden Beitrag wird einheitlich der Begriff Destinationsmanagementorganisation verwendet. Das Akronym DMO ist entsprechend als Destinationsmanagementorganisation zu verstehen. Zur Verwendung des Begriffes Destination Management siehe auch die kritische Betrachtung von Pike und Page 2014, S. 204f. Der vorliegende Beitrag bezieht sich auf die sogenannten traditionellen Destinationen, die gemäß des Community-Ansatzes aufgestellt sind. Zur Unterscheidung von Community- und Corporate-Ansatz der Destinationskoordination siehe insbesondere Flagestad und Hope 2001, S. 451ff.
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 6 2 Legitimation und Evaluation auf Basis von Aufgaben und Rollen In der Vergangenheit wurden Instrumentarien zur telbare Erfolgsnachweise sind für öffentlich (mit‑) ganzheitlichen Erfolgsmessung der Destinations- finanzierte DMO jedoch nicht nur aus Legiti- entwicklung (z. B. Beritelli, Bieger und Boksberger mationsgründen von großer Bedeutung, sondern 2004; Eisenstein et al. 2006; Becher 2007; Kappler und können eine Reihe verschiedener Funktionen über- Boksberger 2007) bzw. der DMO-Leistung oftmals nur nehmen, so z. B. (in Anlehnung an Eisenstein 2017, recht zögerlich in der Praxis eingesetzt. Gründe hierfür S. 13; Pike 2021, S. 294; Eisenstein 2022, S. 277; finden sich nicht nur in den eingeschränkten verändert und ergänzt): Finanzressourcen, die manchen DMO-Verantwort- lichen von umfänglichen Analysen zur Evaluation der Kontrolle und Unsicherheitsreduktion Erfolge der Destination und der DMO Abstand nehmen Objektivierung der Informationsbasis und Hilfe- lassen, sondern auch in nach wie vor vorliegenden stellung für zukünftige Entscheidungen der DMO; Vorbehalten der Destinationsmanagement-Praxis hin- insbesondere für die DMO-Führung sichtlich der konkreten Anwendung von ursprünglich aus der Betriebswirtschaftslehre stammenden Evalu- Legitimations- und Evaluationsfunktion ations- und Controllingansätzen im Destinations- Legitimation der Verwendung zugewiesener umfeld (Eisenstein 2014, S. 132). Neben der Intensi- (öffentlicher) Mittel sowie Legitimation strategischer vierung des Wettbewerbs unter den Destinationen (und partiell operativer) Entscheidungen der DMO; verstärken indessen weitere Faktoren die Effektivitäts- und Effizienznachweise für die DMO- Notwendigkeit zur Schaffung von Transparenz mittels Praktiken insbesondere gegenüber den (öffentlichen) der Definition messbarer Ziele und der Implemen- Kapitalgebern, z. T. gegenüber den Leistungsträgern tierung praktikabler Erfolgskontrollen. So hat der Legitimationsdruck auf die DMO – in Anbetracht Glaubwürdigkeitsfunktion knapper öffentlicher Mittel und vor dem Hintergrund, Herstellung von Transparenz als Basis zum Aufbau von dass die an der Destinationsentwicklung beteiligten Kompetenzzuschreibung an die DMO sowie als Anspruchsgruppen1 den durch die Arbeit der DMO Grundlage von Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die ausgelösten Nutzen nur eingeschränkt erkennen DMO-Arbeit; Erhöhung der Kooperationsbereitschaft können – deutlich zugenommen (Eisenstein und Koch insbesondere in Bezug auf Anspruchsgruppen aus 2015, S. 43). An die DMO werden verstärkt Fragen zu Tourismus, Wirtschaft und Politik Kosten-Nutzen-Relationen und Ansprüche nach Effektivitäts- und Effizienznachweisen des Mittelein- Innenmarketingfunktion satzes herangetragen (Eisenstein 2017, S. 22). Konkret Förderung von Tourismusakzeptanz und Tourismus- stellen sich vermehrt Fragen wie: bewusstsein durch Kommunikation von Erfolgen und Nutzengenerierung für die Arbeits-, Wohn- und • Welche Outputs stehen den von öffentlichen Lebensgemeinschaften in der Destination; Nachweis und privaten Institutionen bereitgestellten Inputs von Beiträgen zur Verbesserung der Lebensqualität gegenüber? insbesondere hinsichtlich Einwohner, allgemeiner • In welchem Maße werden die angestrebten einstel- Öffentlichkeit und Politik lungsorientierten (z. B. Sympathie, Besuchsabsicht) und ökonomischen Wirkungen (z. B. Beschäftigungs- Wertschätzungs- und Motivationsfunktion und Wertschöpfungseffekte) erreicht? Würdigung des Arbeitseinsatzes und des Engagements der Akteure, die zum DMO-Erfolg beigetragen haben, In vielen Destinationen besteht von Seiten der insbesondere gegenüber DMO-Mitarbeitern; Belege Anspruchsgruppen die Erwartung, die Initiativen, für die Wertschätzung des Destinationsangebotes Maßnahmen und Aktivitäten der DMO (besser) sowie Stärkung von Identifikation und Identität, nachvollziehen zu können. Fehlende Erfolgsnachweise insbesondere bei Leistungsträgern und Einwohnern erschweren die notwendige Legitimation der DMO- Praktiken in einem erheblichen Maße. Eine in diesem Zusammenhang von den Anspruchsgruppen wahr- In Anbetracht der vielen Aktivitäten und umfänglichen genommene Intransparenz gefährdet zudem deren Aufwände, die im Sinne einer erfolgsversprechenden Bereitschaft zur aktiven Beteiligung an der kooperati- Destinationsentwicklung investiert werden, können ven Destinationsentwicklung (Eisenstein 2022, S. 277). Bedürfnisse der Anspruchsgruppen nach evaluieren- Objektiv-evidenzbasierte und nachvollziehbar vermit- den Informationen und Erfolgskontrollen als nach- 1Zu den wichtigsten Anspruchsgruppen der DMO zählen – neben den Touristen – die politischen Stakeholder (z. B. als Vertretung der öffentlichen Hand inkl. der administrativen Einheiten), die Leistungsträger und die Einwohner (Haedrich und Klemm 2013, S. 101f; Beyer 2017, S. 211ff; Pike 2021, S. 297).
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 7 vollziehbar und berechtigt gelten. Es ist nicht Region in zunehmendem Maß von der Zufriedenheit verwunderlich, dass die Bedeutung des Controllings der Anspruchsgruppen abhängt (Kim, Uysal und Sirgy mittlerweile auch vermehrt in der DMO-Praxis und der 2013; Uysal 2019). Vor allem das Wohlbefinden der Tourismuspolitik erkannt wird und faktenbasierte Einwohner und deren Akzeptanz der touristischen Evaluationsprozesse sowie damit objektivierte Entwicklung wurde zuletzt vielfach diskutiert (z. B. Möglichkeiten der Legitimation an Relevanz gewinnen Postma und Schmücker 2017; Kagermeier und (Eisenstein 2017, S. 21f). Auf dem Weg zur stärker Erdmenger 2019, 2020; Reif, Müller und Weis 2021; kennzahlengestützten Destinationsentwicklung sind Schmücker und Eisenstein 2021; Eisenstein und mit Messgrößen unterlegte Zielsysteme aufzubauen, Schmücker 2021) und teilweise wird die Erhöhung der wobei sowohl auf in der Destinationsmarktforschung (gesamtgesellschaftlichen und individuellen) Lebens- bewährte Methoden als auch auf neue technische qualität in der Destination als Oberziel der Destina- Möglichkeiten der Evaluation zurückgegriffen werden tionsentwicklung definiert (z. B. Herntrei 2019, S. 118; kann. Kennzahlengestützte Managementkonzepte, Pechlaner 2019, S. 14). die bereits in anderen Dienstleistungsbranchen erfolgreich zum Einsatz kommen (siehe z. B. Schopka Das Gros der destinationsbezogenen Studien zur 2021; Steger 2017; Botsis et al. 2015), gewinnen das Erfolgsmessung ist auf makroökonomischer Ebene Interesse der DMO – trotz der damit verbundenen angesiedelt. Implikationen für die entsprechend Herausforderungen bei der Suche nach Opera- räumlich zuständige DMO bleiben zumeist aus. tionalisierungslösungen, bei der Herstellung von Darüber hinaus liegt bezüglich der Definition einer Praxistauglichkeit der Messverfahren und bei der erfolgreichen DMO kein abschließender Konsens vor Akzeptanz datengestützter Erfolgskontrollen durch die (Morrison 2019, S. 64). Naheliegend ist jedoch, dass Mitarbeiter und Stakeholder.2 Ein wachsendes sich der Erfolg einer DMO aus dem Ausmaß bei der Bewusstsein über die Notwendigkeit datengestützter Erfüllung der jeweils gestellten Aufgaben bzw. der Transparenz zur zielgerichteten Destinationsent- Erreichung der angestrebten Ziele ergibt. Allerdings wicklung geht einher mit Aktivitäten zur Entwicklung werden die Aufgabenbereiche und Funktionen der von Controllinginstrumenten, die verstärkt auf die DMO seit vielen Jahren diskutiert, ohne dass daraus Besonderheiten von Destinationen abgestimmt sind bisher eine einheitliche Auffassung resultierte (Bieger (Seeler und Böhling 2016, S. 56). und Beritelli 2013, S. 66, 70ff). Geht es um die Erfolgsmessung von Destinationen und Heath und Wall (1992, S. 166) identifizieren DMO, legt eine Vielzahl von Studien den Fokus auf beispielsweise folgende vier Aufgabenfelder der DMO, spezifische Leistungsbereiche und zugehörige die von anderen Autoren häufig aufgegriffen und Indikatoren. Hierbei sind zunächst frühe Arbeiten zu teilweise konkretisiert werden (beispielsweise von nennen, die sich auf die Performance-Messung auf Bieger et al. 1998 sowie Bieger und Beritelli 2013): Basis „harter“ Daten wie Gästezahlen, Ausgaben und ökonomische Effekte stützen.3 In späteren Studien • Strategieentwicklung für die Destination folgen Empfehlungen zur Hinzunahme auch „weicher“ • Vertretung der Stakeholder-Interessen Faktoren in Bezug auf die Zufriedenheit der Gäste • Unterstützung der Angebotsentwicklung sowie Diskussionen zu deren Messung (z. B. Kozak und • Marketing der Destination Rimmington 1999; Kozak 2001; Fuchs und Weiermair 2004; Menke zum Felde 2012) bis hin zu Ansätzen des Presenza, Sheehan und Ritchie (2005, S. 5ff) unter- Benchmarking (z. B. Wöber 2002; Kozak 2002; Berger scheiden aufbauend auf den von Ritchie und Crouch 2012; Assaf und Dwyer 2013; Zins 2014). (2003, S. 63, 185ff) identifizierten Aufgaben einer effektiv agierenden DMO Mittlerweile dreht sich der wissenschaftliche Diskurs verstärkt um die Frage, wie diese „conventional • das nach außen gerichtete Destinationsmarketing outcome variables“ (Uysal 2019, S. 183) um • von den Aufgaben der nach innen gerichteten sogenannte „Quality-of-Life indicators“ (Uysal und Destinationsentwicklung, Sirgy 2019, S. 291) ergänzt werden können. Diese Er- weiterung der Indikatoren stellt auf das Wohlbefinden in deren Zentrum die Koordination der Stakeholder der unterschiedlichen Anspruchsgruppen in der und ihrer Interessen steht, zu der aber auch weitere Destination und auf die Erfüllung derer Erwartungen Aufgaben wie z. B. die Marktforschung, das Besucher- ab (Croes 2016; Uysal und Sirgy 2019; Woo, Uysal und management, die Finanzierung oder das Krisen- Sirgy 2019) und soll dem Umstand Rechnung tragen, management gehören. dass die erfolgreiche touristische Entwicklung einer 2 Zu den Problemen bei der Implementierung von kennzahlengestützten Steuerungssystemen in Dienstleistungsunternehmen siehe z. B. Biermann 2006. 3 Zu den verschiedenen Ansätzen dieser frühen Studien siehe die Zusammenstellung von Publikationen zu den wirtschaftlichen Effekten des Tourismus von Eisenstein 1995. Zur aktuellen Anwendung verschiedener Methoden zur Ermittlung der wirtschaftlichen Effekte des Tourismus siehe Krüger und Eisenstein 2021.
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 8 In die Diskussion um die konkret-praktische Erfolgs- Destination Governance-Konzeptes nimmt die DMO – messung der DMO finden allerdings insbesondere im Gegensatz zu der oben dargestellten Fokussierung Empfehlungen hinsichtlich marketingbezogener Indi- auf die Marketingfunktion und entgegen dem katoren Eingang (z. B. Destination Marketing Gedanken der zentralen Steuerung der Destination Association International 2011; UN World Tourism gemäß dem Destinationsmanagementkonzept – ver- Organization und European Travel Commission 2017), stärkt die Rolle eines Initiators und Mediators während andere DMO-Aufgaben unberücksichtigt innerhalb des an der Destinationsentwicklung be- bleiben. Bereits die oben dargestellten Aufgaben- teiligten Netzwerkes ein (Volgger und Pechlaner 2014, bereiche zeigen jedoch auf, dass rein auf den S. 64). Dem Ansatz der Destination Governance Marketingbereich ausgerichtete Evaluationsansätze zufolge sollte es hauptsächliche Aufgabe der DMO zu kurz greifen, um die DMO-Leistung in ihrer sein, durch die Übernahme von Handlungsmodi der Gesamtheit abzubilden. Auch im wissenschaftlichen Moderation, des Networkings, des Argumentierens Diskurs besteht eine wachsende Anerkennung und Verhandelns die Selbstorganisation und darüber, dass das DMO-Aufgabenspektrum, bei dem Selbstregulierung sowie die Eigenverantwortlichkeit über viele Jahre die Marketingaktivitäten im Fokus der der Akteure in der Destination zu unterstützen (Raich Praxis standen, zwischenzeitlich eine Vielzahl weiterer 2006, S. 199; Saretzki und Wöhler 2013, S. 6f; Volgger managementbezogener Aktivitäten umfasst (Ritchie und Pechlaner 2014, S. 64). Damit dieser Prozess und Crouch 2003, S. 188; Volgger und Pechlaner 2014, erfolgreich sein kann, sind auf Seiten der DMO S. 65). Insgesamt gewinnen Fragestellungen zu insbesondere entsprechende Handlungskompetenzen Strategie und Positionierung sowie zur Nachhaltigkeit und das relevante Know-how von Nöten, während auf und zur Tourismusakzeptanz, aber auch zum (digi- Seiten der an der Destinationsentwicklung beteiligten talen) Innovationsmanagement für DMO an Bedeu- Akteure wiederum die Akzeptanz der DMO als tung, während in anderen Bereichen (beispielsweise Kompetenz- und Wissensträger von besonderer beim Vertrieb) die Einflussmöglichkeiten und damit Bedeutung zu sein scheint (Volgger und Pechlaner die Relevanz der DMO abnimmt (Eisenstein 2021, 2014, S. 72; Eisenstein 2021, S. 397). Die Basis für eine S. 397). Zudem fordert aktuell die COVID-19-Pandemie diesbezügliche Akzeptanz der Rolle der DMO bei den vielfältige Managementkompetenzen der DMO: So Anspruchsgruppen bilden Transparenz und objek- lässt die Pandemie die DMO zu Krisenmanagern tivierte Beurteilungsmöglichkeiten der Effektivität und werden, erweitert deren Aufgabenportfolios um Effizienz der DMO-Praktiken. Aspekte wie Hygienemanagement oder Besucher- lenkung und beschleunigt die Entwicklungen in Um die Gesamtleistung einer DMO zu eruieren, schlägt Richtung einer Smart Destination (Gretzel 2018). Pike (2021, S. 297) die Betrachtung von drei ver- schiedenen Performancebereichen vor (siehe Tab. 1): Im Rahmen des in jüngster Zeit vielfach diskutierten Neben den (auf die Destination und die Gäste- Leistungsbereiche Aspekte Marktleistung • Touristisches Nachfragevolumen • Marktanteile ausgewählter Zielgruppen • Ökonomische Bedeutung des Tourismus • Image- & Markenwerte • Zufriedenheit, Loyalität und Weiterempfehlungs- bereitschaft der Gäste organisatorisch-unternehmerische • Zieladäquate Maßnahmenauswahl Leistung • Effektivität des Managements • Effizienz der Mittelverwendung • Transparente Dokumentation der Zielerreichungsgrade Anspruchsgruppen • Verständnis für DMO-Handlungen (inkl. Transparenz) • Zufriedenheit • Kooperationsbereitschaft Tab. 1: Bereiche der Leistungsbeurteilung einer DMO (Quelle: Eigene Zusammenstellung nach Pike 2021, S. 293ff; Pike 2016, S. 313ff und Eisenstein 2017, S. 22f; ergänzt um Bornhorst, Ritchie und Sheehan 2010, S. 587.)
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 9 gruppen ausgerichteten) Marktleistungen und den menauswahl und Mittelverwendung unter Effektivi- (auf die eigene DMO-Institution ausgerichteten) täts- und Effizienzgesichtspunkten zu betrachten. Hier organisatorisch-unternehmerischen Aspekten spielen kommen auch Instrumente und Verfahren zum die Zufriedenheiten der Anspruchsgruppen eine detaillierten Controlling von Marketingmaßnahmen bedeutende Rolle. zum Einsatz. Mit dem dritten zu berücksichtigenden Performancebereich, der die Zufriedenheiten der Unter der Marktleistung wird die touristische Anspruchsgruppen umfasst, trägt der Ansatz der Entwicklung im Zielgebiet verstanden, die durch gestiegenen Bedeutung der Stakeholder Rechnung. quantitative Messgrößen wie etwa die Nachfrage an Um ihre Aufgaben erfüllen zu können, ist die DMO auf Übernachtungsleistungen, die Wertschöpfung aus die Kooperationsbereitschaft der Anspruchsgruppen dem Tourismus oder die Entwicklung der angewiesen. Die Zufriedenheit aller an der Destinationsmarke erfasst werden kann (Eisenstein Destinationsentwicklung beteiligten Akteure mit den 2017, S. 23; Pike 2021, S. 297). Auch wenn zumeist zur Aufgabenerfüllung umgesetzten Aktivitäten der eine eindeutige kausale Wirkungszuschreibung auf DMO bildet eine zentrale Basis für die konstruktive Maßnahmen und Aktivitäten der DMO nicht möglich Zusammenarbeit und diese schließlich für den Erfolg ist, ist die – wenn auch begrenzte – Einflussnahme auf der Destination (Eisenstein 2017, S. 23). den Destinationserfolg im Sinne der Marktleistung der DMO als ein Kernbereich der DMO-Evaluation zu Die Ausführungen verdeutlichen einerseits, dass betrachten. Der Erfolg einer DMO und der Erfolg einer Erfolgsbelege für die DMO Nutzen stiften, wichtige Destination beeinflussen und bedingen sich Funktionen übernehmen und an Relevanz gewinnen. gegenseitig (Bornhorst, Ritchie und Sheehan 2010; Andererseits wird deutlich, dass der Prozess der Volgger und Pechlaner 2014). Erfolgsmessung in DMO aufgrund der Unter- schiedlichkeit der Aufgabenstellung und der Vielzahl Bei der Beurteilung der organisatorisch-unterneh- der Anspruchsgruppen sowie der Kombination von merischen Leistung der DMO stehen die Maßnahmen destinationsräumlicher und organisatorisch-unter- im Mittelpunkt, die die DMO aktiv einleitet, umsetzt nehmerischer Perspektiven komplex und vielschichtig und zu verantworten hat, um die ihr zugewiesenen ist. Entsprechend flexibel und mehrdimensional muss Aufgaben und Rollen zu erfüllen. Konkret gilt es, die ein gesamtheitlicher Ansatz für die Evaluation der Entscheidungen des Managements bei der Maßnah- DMO-Leistung sein. 3 Erfolgsmessung mittels der Balanced Scorecard Die Anfänge des performance measurement reichen strategie- und steuerungsbezogenen Erfolgsmessung bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zurück (siehe z. B. (für eine Übersicht siehe z. B. Gleich 2011, S. 68). Wasserman 1959). Dabei wurden zunächst monetär Hierbei wurden die weiterhin relevanten finanz- geprägte, stark aggregierte und vergangenheits- bezogenen Erfolgsgrößen insbesondere mit den sie orientierte Kennzahlensysteme wie z. B. das DuPont- verursachenden Treibern untermauert. System (Horváth, Gleich und Seiter 2019, S. 312) herangezogen. Später kamen Praxis und Forschung – Ein solcher Ansatz, der aufgrund seiner vielseitigen häufig zunächst mit dem Fokus auf Industrie- Anwendbarkeit breite Anerkennung gefunden hat und unternehmen (siehe z. B. Kaplan 1990) – zu der als einer der in der Praxis am häufigsten eingesetzten Erkenntnis, dass sich rein finanzbezogene Kenn- gilt (Gleich 2011, S. 72; Kleindienst 2017, S. 53), ist das zahlensysteme ohne die Möglichkeit einer Bewertung von Kaplan und Norton (1992) entwickelte Modell der von Ursachen und Ergebnistreibern nicht für eine Balanced Scorecard (BSC). In Abhängigkeit des adäquate Steuerung von Unternehmen eignen (Gleich gewünschten Komplexitätsgrades kann der Ansatz 2011, S. 3; Kleindienst 2017, S. 45f). In der Folge vom ursprünglich angedachten reinen Instrument der entstand im Umfeld von Wissenschaft, Beratungs- und Erfolgskontrolle bis hin zum – von Kaplan und Norton Unternehmenspraxis eine große Bandbreite an unter- (1996, 2001) später vorgeschlagenen – konzep- schiedlich komplexen Konzepten einer stärker tionellen Rahmen für ein strategisches Management-
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 10 system dienen. Mit Hilfe der BSC soll die Strategie einzelnen strategischen, zum Teil noch abstrakten eines Unternehmens in spezifische Ziele und Kenn- Zielen und dem Unternehmensgesamtziel visualisiert. zahlen übersetzt werden. Die Ziele und Messgrößen Zielsetzung der Strategy Map ist es, die Hypothesen, sowie die nachgelagert zur Zieldefinition festzule- auf denen die Unternehmensstrategie fußt, zu genden Maßnahmen werden dabei vier Perspektiven beschreiben, die Strategie verständlicher darzustellen zugeordnet, die den finanziellen Erfolg der Organisa- und die Ableitung von konkreten Zielsetzungen und tion und die ihn konstituierenden zukunftsorientierten Indikatoren zu erleichtern (Welge, Al-Laham und strategischen Erfolgsfaktoren widerspiegeln (Welge, Eulerich 2017, S. 846ff). Al-Laham und Eulerich 2017, S. 843ff). Letztere beheimaten somit die Antriebskräfte oder „Value Das BSC-Konzept scheint mit seiner mehrdimen- Drivers“ (Welge, Al-Laham und Eulerich 2017, S. 847) sionalen Betrachtung des Gesamterfolgs sowie den des finanziellen Erfolgs. Determinanten dieses Erfolgs, darunter personen- und prozessbezogene Faktoren, für den akteurs- und Kaplan und Norton (1992) schlagen im ursprünglichen netzwerkgeprägten Tourismus im Allgemeinen und Konzept die folgenden vier Perspektiven vor damit auch für die Evaluation der Performance von (Erläuterung der Perspektiven in Anlehnung an Gleich DMO geeignet zu sein. Allerdings stellen Fatima und 2011, S. 74f): Elbanna (2020) in ihrem durchgeführten Review von Forschungsbeiträgen zur BSC-Anwendung trotz der • die Finanzperspektive (für Kapitalgeber relevante schon langen Verfügbarkeit und hohen Aufmerk- Finanzkenngrößen), samkeit für den Ansatz eine vergleichsweise geringe • die Kundenperspektive (Leistungs- und Treiber- Berücksichtigung für die Tourismusbranche und das kenngrößen in relevanten Markt- und Kunden- Gastgewerbe fest. Auch andere Autoren kommen im segmenten), Rahmen ihrer Studien zu dieser Einschätzung (für die • die Perspektive der internen Prozesse (Messgrößen Hotellerie z. B. Kang 2015, für Destinationen z. B. Vila, bezüglich der für die Zielerreichung in der Kunden- Costa und Rovira 2010). Die Untersuchung von Fatima perspektive kritischen internen Prozesse) und und Elbanna (2020, S. 5) zeigt, dass ein Großteil der • die Innovations- und Lernperspektive (Maßstäbe Studien die BSC mit der Intention zur Schaffung einer für Produkt- und Prozessinnovationen sowie Grundlage für eine Erfolgsmessung heranzieht – wie es vorhandene Ressourcen mit dem Ziel der stetigen auch in der hier vorgestellten Studie die Absicht ist. marktadäquaten Weiterentwicklung). Eine Mehrzahl der touristischen Studien bezieht sich dabei allerdings auf den Unterkunfts- bzw. konkret Kaplan und Norton nutzten Kritik an ihrem Ansatz für den Hotelsektor4. Dem Bereich der DMO attestieren verschiedene Weiterentwicklungen. So sehen spätere Fatima und Elbanna (2020, S. 5) – neben anderen Generationen des BSC-Konzeptes die Möglichkeit Sektoren der Tourismusbranche – einen noch einer branchen- bzw. unternehmensspezifischen ausstehenden Forschungsbedarf in Bezug auf die Anpassung der vier Standardperspektiven vor (Gleich konkrete Entwicklung und Anwendung der BSC als 2011, S. 78; Welge, Al-Laham und Eulerich 2017, Evaluationsinstrument in Abstimmung mit den S. 845). In der praktischen Anwendung der BSC ist eine spezifischen Gegebenheiten der Organisationen – solche Anpassung mittlerweile üblich (Vila, Costa und wenn auch bereits vereinzelt diesbezügliche Studien Rovira 2010, S. 233). Damit kann dem häufigen vorliegen. Hierzu zählt beispielsweise eine Publikation Kritikpunkt, wonach das ursprüngliche Modell durch von Frechtling aus dem Jahr 2006, mit der die vier vorgegebenen Perspektiven auf private Pionierarbeit geleistet wurde: Die Studie geht auf die Unternehmen ausgelegt und in der Folge für andere Anwendung des BSC-Modells in DMO am Beispiel von Arten von Organisationen wenig geeignet sei (z. B. bei Ireland West Tourism als regionaler DMO von drei Olve, Roy und Wetter 1999), begegnet werden. Ein counties an der irischen Westküste ein. Frechtling weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die entwickelt einen Vorschlag, wie die BSC-Perspektiven unzureichende Berücksichtigung der kausalen Bezie- inhaltlich und strukturell für eine DMO angepasst hungen zwischen den verschiedenen Zielen und werden können. In der Finanzperspektive sieht Indikatoren der Perspektiven (z. B. bei Ittner und Frechtling in Folge der i. d. R. nicht wirtschaftlich Larcker 2001). Kaplan und Norton (2004) reagieren ausgerichteten Tätigkeit einer DMO nicht die hierauf mit der Entwicklung der sogenannten Strategy Gewinnmaximierung der eigenen Organisation als Map. Hierbei handelt es sich um eine der eigentlichen zentrale Zielstellung, sondern die Steigerung der BSC vorgelagerte Bottom Up-Analyse, aus der eine Einkommen von Leistungsträgern und Intermediären. Darstellung resultiert, die die primären Kausalitäten Gleichzeitig weist er darauf hin, dass die finanziellen bzw. Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den Ressourcen der DMO wichtige Grundlage für die 4Siehe hierzu beispielsweise die von Fatima und Elbanna (2020) gelisteten Publikationen von Phillips und Louvieris 2005; Evans 2005; Phillips 2007; Chen, Hsu und Tzeng 2011; Elbanna, Eid und Kamel 2015; Kang et al. 2015 sowie weitere Studien von Min, Min und Joo 2008; Sainaghi 2010; Sainaghi, Phillips und Corti 2013; Kala und Bagri 2015.
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 11 Erfüllung ihres Auftrags sind. Entsprechend positio- Auch Carlo, Cugini und Zerbini (2008) setzen sich in niert er die Finanzperspektive in dem von ihm ihrer Studie zur Entwicklung einer BSC für das Turin entwickelten Modell der BSC-Perspektiven als Convention Bureau (TCB) mit der Struktur der BSC- Fundament, das in die beiden gleichwertig darüber Perspektiven auseinander. Die im Kontext der angeordneten Perspektiven der internen Prozesse Strategieevaluation mit besonderem Augenmerk auf sowie des Lernens und Entwickelns wirkt (siehe auch der Integration der verschiedenen Stakeholder und Abb. 1). Diese beiden Perspektiven speisen wiederum ihrer Interessen angesiedelten Studie kommt ebenso die Kundenperspektive und profitieren im Rückfluss wie Frechtling (2006) zu dem Ergebnis, dass es im Falle von den dort ausgelösten Reaktionen. Der Kunden- von DMO angezeigt ist, die Kundenperspektive perspektive sind nach Frechtling nicht nur die mehrdimensional anzulegen. Neben den Endkunden Besucher im Sinne der Kunden im ursprünglichen BSC- des Convention Bureaus – im Sinne der Veranstalter Verständnis zugehörig, sondern als weitere wichtige und Besucher von Tagungsveranstaltungen in Turin – Anspruchsgruppen einer DMO die Reisemittler, die werden auch die aktiven Teilhaber des TCB und örtlichen Leistungsträger sowie die Aufsichtsgremien Intermediäre wie bspw. Branchenverbände auf der der DMO. Als oberste Zielstellung einer DMO ergibt Kundenperspektive verortet. Darüber hinaus nimmt sich der Fortschritt hinsichtlich der Erfüllung ihrer die Studie eine weitere maßgebliche Anpassung Mission aus der Kundenperspektive. Zwar dürfte der gegenüber der ursprünglichen Perspektivenstruktur DMO-bezogene BSC-Ansatz von Frechtling in Gänze an von Kaplan und Norton (1992) in Bezug auf die Aktualität verloren haben, da sich seit der Durchfüh- Finanzperspektive vor: Neben finanziellen Zielgrößen, rung der Studie wie oben dargelegt u. a. die Aufgaben worunter die Kostendeckung des TCB selbst sowie die von DMO gewandelt haben. Auch sind im Frechtling- durch die Tätigkeit des TCB generierten wirt- Ansatz nicht berücksichtigte Stakeholder wie ins- schaftlichen Effekte in der Destination fallen, sind in besondere die Einwohner der Destination deutlich der obersten BSC-Perspektive weitere, auch nicht- mehr in den Fokus gerückt. Dennoch liefert die Arbeit monetäre Zielgrößen den Auftrag des TCB betreffend wichtige Hinweise für Anpassungsnotwendigkeiten angegliedert (u. a. Bekanntheit, Image, neue Ge- und -möglichkeiten hinsichtlich der inhaltlichen schäftssegmente). Ausrichtung und strukturellen Gliederung der Pers- pektiven bei der Anwendung der BSC für eine DMO. Abb. 1: Hierarchie der BSC-Perspektiven aus unterschiedlichen Studien (Quelle: Eigene Zusammenstellung nach Frechtling 2006, S. 7; Carlo, Cugini und Zerbini 2008, S. 30 sowie Vila, Costa und Rovira 2010, S. 237; eigene Übersetzung.)
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 12 In einer weiteren Studie erarbeiteten Vila, Costa und darauf hin, dass die relevanten Erfolgsfaktoren je Rovira (2010) Empfehlungen für die Anpassung des Destination in Abhängigkeit der jeweils verfolgten BSC-Konzeptes für nachhaltig orientierte Desti- Strategie sehr unterschiedlich sein können und es in nationen. Entsprechend des Ansatzes der drei der Folge bei der konkreten Ausarbeitung einer BSC für Nachhaltigkeitsdimensionen der Destinationsent- eine touristische Destination immer einer indi- wicklung werden auf der Ergebnisebene (der ur- viduellen Analyse bedarf. sprünglichen Finanzperspektive) ökonomische, soziale und ökologische Resultate unterschieden. Daneben Da die dargestellten Studien zur Anwendung des BSC- empfehlen die Autoren die Perspektiven „Aktivitäten Konzeptes zur Erfolgsmessung einer DMO bereits und Prozesse“ (Tourismusplanung, Marketing- einige Jahre zurückliegen, können sie dem strategien etc.) und „Beziehungen“ (Einwohner, Wandlungsprozess bei Aufgabenstellung und Rollen- Touristen und Besucher, Organisationen) sowie als verständnis moderner DMO noch nicht umfänglich Fundament des Ansatzes die Perspektive „Infra- Rechnung tragen. Andererseits legen die Studien struktur und Ressourcen“ zu berücksichtigen. Je Per- bereits nahe, dass bei der Anwendung des BSC- spektive werden zudem Faktoren kommuniziert, die Ansatzes im Falle der DMO oder Destination zum einen im Zuge einer quantitativen Erhebung in rund 1.500 eine einfache Übertragung der ursprünglich von spanischen Gemeinden als die am kritischsten für den Kaplan und Norton definierten BSC-Perspektiven nicht Erfolg in der jeweiligen Perspektive erachtet wurden. adäquat, und zum anderen eine allgemeingültig auf Die Empfehlungen beziehen sich dabei auf eine BSC für DMO oder Destinationen anwendbare BSC nicht eine Destination in Gänze und nicht ausschließlich für zielführend scheint. den Betrieb der DMO. Zudem weisen die Autoren 4 Methodisches Vorgehen 4.1 Fallstudie Tourismus NRW e. V. zugleich der Anlass, die Studie auf einer einzelnen Mit der vorliegenden Studie soll ein Beitrag zur Untersuchungseinheit aufzubauen und als „single case Beantwortung der Frage geleistet werden, wie DMO study“ anzulegen (Yin 2003, S. 22ff, 39f). Als das BSC-Konzept nutzen bzw. adaptieren können, um Praxispartner für den Anwendungsfall konnte mit dem den Erfolg ihrer Arbeit vor dem Hintergrund neuer Tourismus NRW e. V. eine Organisation gewonnen Aufgabenstellungen und erhöhter Legitimations- werden, die aufgrund ihres Auftrags und des zu notwendigkeiten effizient messen zu können. Ziel ist durchlaufenden Transformationsprozesses von einer es, mittels einer Fallstudie, ein in der Praxis anwend- Marketing- zu einer Managementorganisation die bares Instrument der Erfolgsmessung zu entwickeln, Rahmenbedingungen der Studie gut erfüllt und der dessen (partielle) Übertragbarkeit auf andere DMO in Einzelfallstudie somit als „representative case“ (Yin Folge geprüft werden kann. Die Beantwortung der 2003, S. 41) dienen kann. Für das Projekt von Vorteil aufgezeigten Forschungsfrage macht die Unter- war, dass der Tourismus NRW e. V. bereits über suchung und Analyse sehr komplexer Zusammen- Erfahrungen mit dem Einsatz von Instrumenten zur hänge bezogen auf organisationale Zielsetzungen, ziel- und kennzahlengestützten Erfolgskontrolle aus Strukturen, Prozesse, Aufgaben, Arbeitsroutinen etc. vorangegangenen Projekten verfügte (Köchling 2017), in ihrem realen Umfeld notwendig. Auf den Ansatz der dass der Zugang zu Geschäfts- und Bereichs- Fallstudie als Forschungsmethode (siehe z. B. Yin 2003) leitungen gewährleistet wurde und dass eine Mitar- wurde zurückgegriffen, weil sie die benötigte Tiefe der beiterin des Tourismus NRW e. V. die Funktion der Analyse und den Zugang zu unternehmensinternen, internen Leitung des BSC-Projektes übernehmen vielfach nicht (öffentlich) dokumentierten Informa- konnte. tionen erlaubt, zugleich aber durch ihre induktive Logik theoretisch eine Verallgemeinerung ausgewähl- Die übergeordneten Aufgaben des Tourismus NRW e. ter Studienergebnisse ermöglichen kann. V. liegen in der Stärkung des Tourismusstandortes Nordrhein-Westfalen (NRW) sowie in der Umsetzung Die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes war der jeweils aktuell gültigen Tourismusstrategie für das
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 13 Bundesland (Tourismus NRW e. V. 2019, S. 2; siehe marken, der themenorientierten Zielgruppenan- auch Hinweiskasten unten). Spätestens mit der 2019- sprache und der Erschließung noch ausstehender er Auflage der Landestourismusstrategie („Vernetzt, Potenziale in den Quellmärkten wird verstärkt die digital, innovativ – Die neue Strategie für das Touris- Übernahme weiterer managementbezogener Aufga- musland Nordrhein-Westfalen“; Ministerium für Wirt- ben gefordert, darunter z. B. die datengestützte schaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Steuerung des Tourismus, die Initiierung einer abge- Landes Nordrhein-Westfalen 2019) sieht sich auch der stimmten Content-Strategie mit den touristischen Tourismus NRW e. V. mit der Transformationsheraus- Akteuren im Land und die Stärkung des Standort- forderung konfrontiert. Neben marketingbezogenen marketings durch Allianzen mit Partnern auch Aufgaben wie der Weiterentwicklung der Produkt- außerhalb der Tourismusbranche. Tourismus NRW e. V. Der Tourismus NRW e. V. mit Sitz in Düsseldorf ist der touristische Dachverband für NRW. Gemäß seiner Satzung hat der Verein insbesondere folgende Kernaufgaben: • „digitales, standortrelevantes Tourismusmarketing in nationalen und internationalen Quellmärkten in den Bereichen Online, Offline sowie auf Messen und Veranstaltungen; • jährliche Präsenz auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin; • Daten- und Content-Management; • Beratung seiner Mitglieder in allen touristischen Fragen, insbesondere Unterstützung der Regionen, Orte und der privatwirtschaftlichen Anbieter touristischer Leistungen; • Trend- und Marktforschung sowie Impulsgebung für Innovationen im Tourismus; • Wissenstransfer; • Interessenvertretung der touristischen Akteure Nordrhein-Westfalens; • Abgabe von tourismusfachlichen Stellungnahmen; • Management von Förderprojekten im Auftrag der Mitglieder; • Herstellung von Transparenz bei touristischen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen sowie Entwicklung eigener Angebote bei überregionalen Themen.“ (Tourismus NRW e. V. 2019, S. 2) Der Tourismus NRW e. V. verfügt aktuell über 70 Mitglieder, darunter das Land NRW, die touristischen Regionen des Lande sowie öffentliche und privatwirtschaftliche Verbände, Institutionen und Organisationen sowie Unternehmen mit wesentlichen, übergreifenden Aufgaben im Tourismus des Landes. Neben dem Vorstand, der den Verein leitet und nach außen vertritt sowie die Grundsätze der Vereinsarbeit festlegt, verfügt der Tourismus NRW e. V. über verschiedene Fachgremien. Hierzu gehören ein politischer Beirat zur Unterstützung des Vorstandes, ein Ausschuss zur strategischen Produktentwicklung und Marketingkonzeption sowie die zur Förderung der Produktentwicklung und zur Schaffung von Vermarktungsangeboten auf Landesebene eingerichteten Kompetenz-Netzwerke. Finanziert wird die Arbeit des Tourismus NRW e. V. über vier Quellen: institutionelle Fördermittel des Landes NRW, Projektförderungen, Mitgliedsbeiträge und Einnahmen aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb (Tourismus NRW e. V. 2019, S. 7ff; 2020, S. 40, 51ff). 4.2 Gang der Analyse Austausch mit dem Tourismus NRW e. V., der ebenso Ausgangspunkt der Studie zur Adaption des BSC- fortlaufend während des gesamten, nachfolgend Konzeptes für eine DMO und zur Entwicklung einer beschriebenen Adaptionsprozesses der BSC gewähr- BSC für den Tourismus NRW e. V. war eine umfang- leistet war. reiche Dokumenten- und Literatursichtung (Vor- bereitungsphase; siehe Abb. 2). Neben einer Die eigentliche Adaptions- und Entwicklungsphase als Literaturanalyse umfasste die Vorbereitungsphase Kern des Forschungsprojektes kann in fünf, teilweise insbesondere die Sichtung der Tourismusstrategie des ineinander übergehende, teilweise zeitgleich Landes NRW, aber auch des Leitbildes und der Satzung bearbeitete Teilprozesse untergliedert werden: sowie von Projekt- und Jahreszielplänen des Touris- mus NRW e. V. Die Informationsgewinnung in der 1. Definition der Perspektiven: Vorbereitungsphase erfolgte durch einen engen Adaption des BSC-Grundmodells und Modellierung
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 14 der BSC für den konkreten Anwendungsfall durch flankiert von darüber hinaus gehenden theoretischen Definition der inhaltlichen Ausrichtung und Vorüberlegungen konnten die Autoren für die Strukturierung der BSC-Perspektiven einzelnen Teilprozesse konzeptionelle Ansätze ausarbeiten, die im Zuge der Diskussionsrunden 2. Entwicklung der Strategy Map: vorgestellt, kritisch auf Praktikabilität und Passung Verankerung der strategischen Zielbereiche in den hinterfragt und bei Bedarf weiterentwickelt wurden. ausgewählten Perspektiven und Analyse der Ursache- An den insgesamt vier Diskussionsrunden waren die Wirkungs-Beziehungen zwischen den Zielbereichen; Geschäftsleitung, die Leitung der Unternehmens- überblicksartige Visualisierung der identifizierten entwicklung (zugleich Leitung des BSC-Projektes beim Zusammenhänge unter Beachtung der ausgewählten Tourismus NRW e. V.) sowie die Leitungen der vier Perspektiven in einer Strategy Map Fachbereiche beteiligt. In Folge der Corona-Pandemie fanden die Diskussionen ausschließlich in Form von 3. Zieloperationalisierung: Online-Meetings statt. Die methodische und inhalt- Ableitung greifbarer Zielsetzungen auf Grundlage der liche Leitung sowie die Moderation oblagen dabei den in der Strategy Map verankerten strategischen Ziel- Autoren. Zwischen den gemeinsamen Terminen bereiche; Operationalisierung der Zielbereiche durch fanden zahlreiche weitere Abstimmungen und Definition möglichst konkreter Teil- bzw. Unterziele Rücksprachen mit der BSC-Projektleitung des Tourismus NRW e. V. statt. Der intensive Austausch 4. Zielpriorisierung: mit dem Tourismus NRW e. V. war dabei maßgeblich, Prüfung der Teilziele auf Priorität und ggf. Priorisie- um die Praktikabilität des erarbeiteten Modells rung ausgewählter Teilziele; Identifikation und Kenn- sicherzustellen. zeichnung insbesondere der kritischen Prozesse Um die im Rahmen des Forschungsprojektes ent- 5. Definition von Key Performance Indicators (KPI): wickelte BSC in die Anwendung bringen zu können, Definition von Indikatoren für die priorisierten verbleiben weitere Schritte, die nicht Bestandteile des Teilziele; Festlegung von Definition, Messverfahren hier beschriebenen Forschungsprojektes sind, sondern und Messperiodizität je KPI von Seiten des Tourismus NRW e. V. im Rahmen der Implementierung des ausgearbeiteten BSC-Modells Die Erfüllung der fünf Teilbereiche der Adaptions- und erbracht werden. Hierbei müssen zum einen die Entwicklungsphase erfolgte durch einen Wechsel definierten Ziele mit Maßnahmen zu deren Erreichung konzeptioneller Vorarbeiten der Autoren und hinterlegt werden, zum anderen für die KPI jeweils Diskussionsrunden mit den Führungskräften des Zielwerte (im Sinne einer zu einem zukünftigen Tourismus NRW e. V. Auf Basis der Analyse der Zeitpunkt angestrebten Soll-Ausprägung) definiert Strategieunterlagen des Tourismus NRW e. V. und werden (siehe Abb. 2). Abb. 2: Vorgehensweise
Krüger, Köchling, Eisenstein: Balanced Scorecard als ganzheitliches Steuerungsinstrument einer DMO 15 5 Ergebnisse 5.1 Perspektivenstruktur und -inhalte Resultierend aus den definierten, DMO-typischen Zunächst bestand die Notwendigkeit zur Identifikation zentralen Vereinszwecken des Tourismus NRW e. V. der strategischen Zielbereiche des Tourismus NRW (siehe Hinweiskasten auf S. 14) bedarf es eines e. V. Diese konnten aus den zur Verfügung gestellten weiteren Output-Bereichs, der die Beitragsleistung des Unternehmens- und Strategieunterlagen abgeleitet Tourismus NRW e. V. zur Erreichung der überge- werden. Mit dem gewonnenen Verständnis über Ziele, ordneten Destinationsziele abbildet. Gemäß Pike Strategie und Aufgabenschwerpunkte des Tourismus (2021, S. 297) handelt es sich dabei um den Bereich NRW e. V. sowie unter Berücksichtigung der Erkennt- der Marktleistung der DMO. Auf Grundlage der nisse aus der Analyse der wissenschaftlichen Literatur Tourismusstrategie des Landes NRW ergeben sich für war es möglich, die inhaltliche Ausrichtung und Struk- den Tourismus NRW e. V. hierbei drei zentrale turierung der Perspektiven der BSC des Tourismus Zielbereiche, die sich (ähnlich wie in der Studie von NRW e. V. zu definieren und die identifizierten stra- Vila, Costa und Rovira 2010) an den Dimensionen der tegischen Zielbereiche den Perspektiven zuzuordnen. Nachhaltigkeit orientieren: Es wurden vier Perspektiven für die BSC der DMO • der ökonomische Erfolg des Tourismus (direkte und Tourismus NRW e. V. definiert: indirekte Wertschöpfungs- und Beschäftigungs- effekte), • Output-Perspektive • die ökologische Nachhaltigkeit des Tourismus sowie • Endkunden-Perspektive • die Arbeits-, Lebens- und Freizeitqualität für die • Geschäftsprozess-Perspektive Bewohner und die Wirtschaft des Bundeslandes • Ressourcen-Perspektive (soziale Nachhaltigkeit). Output-Perspektive Endkunden-Perspektive An oberster Stelle der BSC des Tourismus NRW e. V. Bei der Endkunden-Perspektive der BSC des Tourismus steht die Output-Perspektive (siehe Abb. 3). Als eine NRW e. V. handelt es sich um die erste der drei der zentrale Erkenntnis aus der Zielanalyse ergab sich die Output-Perspektive nachgeordneten Perspektiven. Sie Notwendigkeit, diese Perspektive in zwei Bereiche zu fungiert als Basis zur Erreichung der in der Output- unterteilen. Ähnlich wie bereits Frechtling (2006) und Perspektive fixierten destinationsbezogenen Ziele. auch Carlo, Cugini und Zerbini (2008) feststellten gilt es Die Diskussionen mit dem Tourismus NRW e. V. zu • zum einen einen auf die Institution der DMO bezo- dieser Perspektive führten zu der Erkenntnis, dass genen Outputbereich und nicht nur die Gruppe der potenziellen Gäste als • zum anderen einen auf die Destination bezogenen Kunden der DMO zu betrachten sind, sondern (wie Outputbereich zu berücksichtigen. in den drei in Kap. 3 näher skizzierten Studien) weitere Anspruchsgruppen Berücksichtigung finden sollten. Wie im Ursprungsmodell von Kaplan und Norton Allerdings wurde deutlich, dass die Anforderungen, die (1992) vorgesehen und für profitorientierte Unter- die unterschiedlichen Stakeholder an die DMO stellen, nehmen selbstverständlich, sind auch für den und die Relevanz, die die unterschiedlichen Gruppen Tourismus NRW e. V. finanzielle Ziele von oberster für die Erfolgsdefinition der DMO haben, sehr unter- Priorität, da trotz des weitestgehenden Agierens ohne schiedlich ausfallen. Infolgedessen wurden Anspruchs- Gewinnerzielungsnotwendigkeit eine finanzielle gruppen mit unterschiedlicher Wertigkeit diffe- Grundsicherung für den Verein notwendig ist, um renziert. Schließlich wurden den Zielen in Bezug auf überhaupt handlungsfähig zu sein. Mit der beim drei Anspruchsgruppen, die als unmittelbare Kunden Tourismus NRW e. V. anstehenden Einführung eines des Tourismus NRW e. V. gesehen werden, eine (teilweise) wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und der höhere Wertigkeit gegenüber den Zielen in Bezug auf damit verbundenen Aufgabe, neben der Verwaltung die übrigen, als mittelbare Kunden bezeichneten der dem Verein zugewiesenen Mittel auch verstärkt Anspruchsgruppen attestiert. Die auf die unmit- Tätigkeiten nachzugehen, die Einnahmen generieren, telbaren Endkunden bezogenen Ziele sind auf dieser erfährt dieser Zielbereich zusätzliche Bedeutung. Perspektive verortet (die der mittelbaren Kunden auf Entsprechend relevant als Zielbereich für die BSC ist der nachfolgend beschriebenen Geschäftsprozess- die Ertragslage des Tourismus NRW e. V. Perspektive).
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