BURG UND STADT IM MITTELALTER MINNESÄNGER UND MEISTERSÄNGER I
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1 BURG UND STADT IM MITTELALTER MINNESÄNGER UND MEISTERSÄNGER I In den vorangehenden Einheiten wurden bereits Hinweise auf die spezifischen kulturellen Bereiche von Burg und Stadt gegeben. Nun stehen vor allem Minnesänger, doch ebenso die Meistersänger im Zentrum, die mit diesen Orten und Formen der Ansiedlung in Zusammenhang gebracht werden. Minnesänger und Meistersänger scheinen selbst in einem Gegensatz, was den Ort ihres Wirkens betrifft, zu stehen. Dies muss jedoch nicht unbedingt so gesehen werden. Denn dort, wo sich eine Burg erhebt, bildet sich in der Nähe oder im Umkreis eine Ansiedlung, ein Dorf, bestehend aus Siedlung von Burgmannen, oder ein Markt, der später zu einer Stadt erhoben wird. Eine Burg mit entsprechender Größe kann gleichsam eine kleine „Stadt“ für sich bilden, wie am Beispiel der Festung Hohensalzburg deutlich ist.1 Diese möglichen Gemeinsamkeiten zeigen sich auch in der Bedeutung der beiden Begriffe im Mittelalter: Das nhd. „Burg“ kommt von mhd. burc („Schloss, Stadt, Burg, befestigter Ort“). Der Bürger leitet sich daher eigentlich von dem burgaere-, er ab, dem „Bewohner einer Burg“. Das Substantiv ist eine Ableitung von mhd. bergen („bergen, in Sicherheit bringen“).2 „Stadt“ dagegen leitet sich ab von mhd. stat („Ort, Stelle, Stätte, Stadt“) und ist eine Substantivbildung von stan („stehen“). Die „Stadt“ ist daher der „Ort, wo etwas steht“.3 War die Burg bzw. burc ursprünglich der befestigte Ort, wohin man sich flüchten konnte, und stand für den heutigen Begriff „Stadt“, so übernahm diese Bedeutung nach 1200 der Begriff stat.4 Der Gegensatz: Burg und Stadt verweist jedoch ebenso auf unterschiedliche Stände und Lebenshaltungen, die mit gesellschaftlichen Veränderungen verbunden werden können, die sich im Laufe der Jahrhunderte vollzogen. Seit etwa dem 12. Jh. kam es vermehrt zu Gründungen von Städten, deren Bedeutung und Macht immer mehr wuchs. Generell und sehr verallgemeinernd könnte man sagen: Auf der Burg residierte der Adel, so wird mit den Minnesängern, die vielfach auch Angehörige des Adels waren, vor allem die diese Sphäre und ein adeliges Publikum verbunden,5 in der Stadt und bei den Meistersingern dominierte dagegen das Bürgertum. Literarisch wird mit der Burg daher die Sphäre des Hofes und damit die mit ihm verbundenen Formen der Dichtung in Zusammenhang gebracht. Neben der höfischen Epik ist es vor allem die höfische Lyrik, zu der auch Minnedichtung gehört, die damit assoziiert wird und die hier im Zentrum stehen soll. Als Pendant zu ihr können thematisch verwandte Dichtungen bzw. Lieder des in der Stadt des Spätmittelalters bzw. der frühen Neuzeit beheimateten Meistersangs gesehen werden, der noch immer gegenwärtig ist, besonders durch Richard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ (Uraufführung, München 1868). Minnesänger und Meistersänger werden nun im Folgenden primär als Autoren von Minneliedern betrachtet und ausgewählte Beispiele dazu präsentiert. Diese geben vor allem Einblick in spezifische Formen des Minnesangs bzw. auch in Charakteristika mittelalterlicher Lyrik. Ihnen gegenübergestellt wird dann die Form des Meistersangs, die mit der aufstrebenden Macht der Städte und der in ihnen befindlichen Handwerkszünfte in Zusammenhang zu sehen ist. Dabei werden auch die Melodien bzw. nach der mittelalterlichen Terminologie die „Töne“ berücksichtigt, die besonders in einem zweiten Teil dieses Beitrages von Stefan Engels behandelt werden. Die folgenden Ausführungen zu Minnesängern und Meistersängern können hier nur einen kleinen Einblick in die Thematik geben. Auf die Möglichkeit zu weiterführenden
2 Informationen verweist ebenso die Literaturliste. Um ein Bezugsfeld für die ständische Einordnung der Minnesänger und Meistersänger zu geben, werden diese durch zusätzliche Informationen zu ihrer Biographie auch in ein historisches Umfeld gestellt. MINNESANG UND MINNESÄNGER Anmerkungen zur Überlieferung des Minnesangs und zu dem Begriff Minne Der Begriff minne Bei der Beschäftigung mit Minnesängern und Minnesang stellt sich zunächst die Frage: Was ist unter Minnesang zu verstehen bzw. was bedeutet der Begriff minne. Der mhd. Terminus minne ist mit dem heutigen Begriff „Liebe“ wiederzugeben, wie auch von Ulrich Müller empfohlen wird.6 Im Mittelalter zeigt sich dieser Begriff sehr umfassend: Minne bedeutet im Mittelalter ganz allgemein soviel wie ‚liebendes, freundliches Gedenken’ oder ‚Erinnerung’ und leitet sich ab von idg. *moino-, mit der Bedeutung „Tausch“ und „Wechsel“ wie auch von idg. *men- „denken, erinnern“. Das spezifische Bedeutungsspektrum selbst ist weit und umfasst die „religiöse Liebe“, in diesem Zusammenhang auch die ‚Liebe zu Gott’, ebenso wie die „Nächstenliebe“, die jedoch auch mit den Begriffen der charitas und der agape bezeichnet wird. Zusätzlich umfasst minne Bedeutungen wie „Zuneigung, Freundschaft, Elternliebe“, doch gleichfalls die „erbarmende Liebe zum Nächsten“. Dazu bezeichnet minne auch die „sinnliche, körperliche Liebe“.7 Überschneidungen zwischen den Begriffen liebe und minne gab es, so dass bisweilen die Begriffe austauschbar erscheinen. Jedoch verband man den Begriff der Liebe noch mehr mit dem Aspekt der Freude und kann diese daher auch als ‚freudvolle Liebe’ bezeichnen. In der frühen Neuzeit wurde minne in den meisten Gegenden des deutschsprachigen Raumes durch das Wort liebe ersetzt.8 Anmerkungen zur Minnelyrik Die Minnelyrik als Liebeslyrik ist nur ein Teil des großen lyrischen Schaffens im Mittelalter, das inhaltlich u.a. Belehrung, Ermahnung, (religiöse) Erbauung und politische Agitation umfasst.9 Eine häufig vorkommende Struktur der Minnelyrik des 12. und 13. Jahrhunderts beschreibt den Typus der hohen Minne. Dabei wirbt ein lyrisches Ich um eine höhergestellte Dame, versichert diese seiner Dienste und bekundet seine Treue. Dieser Dienst jedoch hat keinen Erfolg, oft nicht einmal Hoffnung, woraus sich Klage und Reflexion über die Situation des lyrischen Ichs ergeben. Die Ablehnung oder Zurückhaltung der Dame kann jedoch auch durch die Missgunst der Gesellschaft bewirkt werden. Der Stand der Dame (ob verheiratet oder nicht) wird in den Versen jedoch nicht tangiert. Mit den Begriffen „Treue“ und „Dienst“, die die Beziehung zur Dame kennzeichnen, zeigen sich in den Lied-Strophen Reflexe und Werte des mittelalterlichen Lehenswesens (triuwe und dienest), die das Verhältnis von Lehensherr und Lehensnehmer in der Gesellschaft des Mittelalters konstituieren.10 Diese Minne-Lyrik ist nicht als Erlebnis-Lyrik, sondern eher als Rollen-Lyrik zu betrachten. Wie genau dieser Komplex des Frauen-Dienstes zu deuten ist, der im Hochmittelalter ein gesamteuropäisches Phänomen war, ist nicht zu lösen. Die Fragen, ob hinter dieser Lyrik auch die Wirklichkeit damaligen Hoflebens zu sehen ist, ob in der Dienstideologie sich ein aufstrebender Teil der Gesellschaft, die Ministerialität= der Dienstadel, sich literarisch verherrlicht oder auch sublimiert, ob diese Minne-Gedichte verschlüsselte politische oder soziale Werbegedichte sein können, ob sie Neurotisches an sich haben oder die Situation einer Krise oder Umwälzung dokumentieren oder ob sie darauf hinweisen, durch Entsagung mit dem Phänomen Frau und Sexualität Herr zu werden u.a.m. Dies alles ist nicht sicher zu beantworten.11
3 Insgesamt zeigen sich vor allem zwei Typen der Minnelyrik: 1) ein eher subjektiver, der sich durch Reflexion auszeichnet. Hier dominiert ein lyrisches Ich. Er umfasst Texttypen wie: die Minneklage, das Frauenpreislied, das Minnekreuzlied, die Parodie des Minneideals 2) ein eher objektiver, mehr erzählender Liedtypus, wie: die Pastourelle (ein Mann höheren Standes trifft im Freien ein Mädchen und versucht dieses zu überwinden) oder das Tagelied (zwei Liebende verbringen gemeinsam eine Nacht und müssen sich aus gesellschaftlichen Gründen am Morgen trennen) Objektive und subjektive Elemente werden im Tanzlied verbunden, das auch eine Untergattung des Liebesliedes bilden kann.12 Vorbilder und Anregungen für die Liebeslyrik können in der Marienverehrung gefunden werden, in der mittellateinischen Lyrik, in der Lyrik der provenzalischen und französischen Trobadors und Trouvères und in der Dichtung der Araber wie auch in lateinisch-römischer erotischer Dichtung. Die Minnelyrik ist vor allem eine adelige Lyrik, die auch von Angehörigen der höchsten Stände ausgeübt wird, wie etwa von dem späteren Kaiser Heinrich VI (gest. 1197).13 In den Liedern wird meist die aus dem romanischen Raum stammende dreiteilige Form der Kanzone verwendet. Metrische Form und Struktur der Melodie bezeichnet man als Ton, der Text wird als „wort“ bezeichnet, mit „wise“ die Melodie, eine Einzelstrophe wird auch „liet“ genannt.14 Zur Überlieferung der Minnelyrik Die Lyrik, auch die Minnelyrik, des Mittelalters ist handschriftlich überliefert, wobei meist von einem kleineren oder größeren zeitlichen Abstand zwischen der Entstehung und der Aufzeichnung eines Liedes bzw. einer Strophe ausgegangen werden muss. Viele der Strophen finden sich in Liederhandschriften, von denen jedoch exemplarisch nur drei genannt werden sollen. Die bedeutendste und prächtigste ist die Große Heidelberger Liederhandschrift, die in Textausgaben mit der Sigle C bzeichnet wird. Sie wird benannt nach ihrem Aufbewahrungsort in der UB Heidelberg (cod. pal. germ. 848), umfasst 428 Pergamentblätter und entstand in Zürich zwischen 1304 und 1340. Ihr Grundstock wurde durch die Sammeltätigkeit der Patrizierfamilie Manesse gelegt, nach der die Handschrift auch Codex Manesse genannt wird. Ihre Präsentation der (Minne-)Lyrik zeigt eine hierarchisch-ständische Gliederung, die mit dem Kaiser Heinrich VI. einsetzt. Jedem Autor bzw. seinem präsentierten Textkorpus wird eine ganzseitige Miniatur vorangestellt, die sich auf Lyrikinhalte bezieht. Die Handschrift und ihre Abbildungen sind im Internet einsehbar.15 Eine weitere, jedoch kleinformatige Liederhandschrift befindet sich ebenfalls in der Heidelberger Universitätsbibliothek, die so genannte Kleine Heidelberger Liederhandschrift (UB Heidelberg, cod. pal. Germ. 357). Sie umfasst 45 Blätter und wird mit der Sigle A in den diversen Ausgaben bezeichnet und entstand vermutlich um 1300 im Elsass, möglicherweise in Straßburg. Sie gilt als die älteste Sammlung mittelhochdeutscher Lyrik. In ihr werden Dichter von 1180 bis etwa 1240, von Heinrich von Rugge bis Neidhart und Bruder Wernher, jedoch ohne Illustrationen präsentiert.16 Die Weingartner Liederhandschrift, auch genannt Stuttgarter Handschrift nach ihrem Aufbewahrungsort in der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart (Cod. HB XIII,1), wurde mit der Sigle B versehen. Sie umfasst 156 Pergamentblätter, wobei sich vor den Liedsammlungen oft ganzseitige Miniaturen befinden, die sich in ihren Motiven oft mit denen der Handschrift C verbunden zeigen. Die Handschrift entstand etwa 1310 bis 1320 im
4 Bodenseegebiet (Konstanz?). Sie enthält vor allem Minnelyrik, dazu die Minnelehre von Johann von Konstanz, aus dem 12. bis ins frühe 14. Jh. und umfasst 156 Blatt, geschrieben in gotischer Minuskel.17 Die Verfasser von Minnelyrik MINNESÄNGER I. Als der erste mit Namen bekannte Verfasser von mittelhochdeutscher Liebeslyrik gilt DER VON KÜRENBERG. Er beschäftigte sich in der Mitte des 12. Jahrhunderts mit dem Thema Minne. Seine Strophen sind in der Großen Heidelberger Liederhandschrift überliefert.18 (Der von Kürenberg, Codex Manesse, fol. 63r: http://diglit.ub.uni- heidelberg.de/diglit/cpg848/0121?sid=c450d8417ab9c7c5bd48ee9594fcc294) Möglicherweise war er ein österreichischer Ministeriale. Die Gegend, aus der er stammte oder in der er wirkte, könnte mit dem Kürenberg oder Kürnberg, einem Hügel im Gebiet bei Linz an der Donau verbunden werden. Daher ordnet man ihn dem so genannten Donauländischen Minnesang (1150-1170) zu, wie etwa auch den Dichter Dietmar von Aist, der ebenfalls Eingang in den Codex Manesse fand.19 In den Texten des Kürenbergers gibt es viele Hinweise, die die Verse mit der adeligen Gesellschaft und damit mit der Burg verbinden, wie die folgenden Strophen zeigen. TEXT 1 Ich stuont mir nehtint spate an einer zinne Nu brinc mir her vil balde mîn ros, mîn îsengewant In den Versen wird die Sphäre der Burg deutlich erkennbar, Begriffe bzw. Schlüsselwörter wie zinne, ritter, isengewant, vrouwe (‚Herrin’) deuten auf ein herrschaftlich, adeliges Milieu, das mit Macht verbunden ist, worauf auch der Begriff betwingen weist. [I]n Kürenbergers wise zeigt deutlich, dass es hier um einen Gesang geht,20 der wohlklingend auf das Ohr der adeligen Dame wirkt. Die Dame liebt den Sänger, doch dieser hält sich bedeckt, bleibt in der Menge, will ihr nicht auffallen. In der Strophe wird von Liebe gesprochen, die hier jedoch eine Frau einem Manne zeigt. Die Frau weist ein großes Selbstbewusstsein auf, verhält sich aktiv und sucht den von ihr Geliebten zur Liebe zu zwingen. Dabei tritt sie als (Landes)Herrin auf. Die Dame agiert als werbende Frau, während der Ritter sich abweisend und stolz verhält, er kann ihre Liebe, ihren Wunsch nicht erwidern. Beide sind gleichberechtigt. Die beiden Strophen sind, obwohl inhaltlich abgeschlossen, aufeinander bezogen. Es zeigt sich hier eine Tendenz zur Mehrstrophigkeit. Beide Personen (in jeder Strophe spricht ein lyrisches Ich) sprechen über dasselbe Thema, sprechen jedoch nicht miteinander, daher nennt man diese Gedichtform „Wechsel“ im Gegensatz zum Dialoglied. Die metrische Form ist diejenige der Nibelungenstrophe (wahrscheinlich wurde das „Nibelungenlied“ mit derselben, jedoch nicht erhaltenen Melodie vorgetragen). Die Strophen bestehen aus 4 Langzeilen mit Zäsur (jeweils 4 plus 3 Hebungen), die paargereimt sind, jedoch weist die letzte Langzeile eine zusätzliche Hebung auf.21 II. Während in den Strophen des Kürenbergers von einer ständischen Gleichheit ausgegangen werden kann, zeigt sich eine andere Konstellation in den Liedern REINMARS DES ALTEN. Sie ist typisch für die Form des so genannten Hohen Minnesangs. (Reinmar der Alte, Codex Manesse, fol. 98r: http://diglit.ub.uni- heidelberg.de/diglit/cpg848/0191?sid=c450d8417ab9c7c5bd48ee9594fcc294)
5 Von Reinmar dem Alten gibt es keine urkundliche Erwähnung. Wahrscheinlich war er jedoch eine Art Hofdichter am Hof der Babenberger, wo die meisten seiner Lieder entstanden. Darauf deuten Anspielungen in den Liedern Reinmars und in denen Walthers von der Vogelweide. Ebenso betrauert Reinmar in der „Witwenklage“ einen herr[n] Leopold, der mit Herzog Leopold V. von Österreich in Verbindung gebracht wird (1194 gest.). Spätestens um 1210 jedoch muss Reinmar verstorben sein, wie sich aus dem Literaturexkurs im „Tristan“ Gottfrieds von Straßburg ergibt. Dennoch gibt es Zweifel an Reinmars Lokalisierung nach Wien, eine Verbindung zum Hof der Babenberger gibt es sicher, jedoch wird Reinmar auch mit Hagenau im Elsass in Zusammenhang gesehen. Zu seiner Zeit ein bedeutender Dichter, orientierten sich viele Minnesänger an ihm. Die Anzahl seiner Lieder ist unsicher: 53 Lieder werden ihm zugeschrieben, 29 weitere sind unter seinem Namen überliefert.22 Wiewohl Reinmars Lieder eine größere Vielfalt aufweisen, wird er doch in erster Linie in Zusammenhang mit einem stilisierten höfischen Dienst für die Dame in Verbindung gebracht. So zeigt sich in vielen seiner Lieder das lyrische-Ich bedingungslos abhängig von dem Willen der vrouwe, der Herrin, der es treu ergeben ist, wie immer sie sich auch verhält. Selbst im Falle der Ablehnung möchte es ihr treu sein und das Leid mit zühten, mit Haltung, tragen, wie in einer Strophe erläutert wird. Ergebenheit, Resignation, Leiden und Trauer, die in die Nähe des Selbstzwecks geraten, scheinen charakteristisch. Die Haltung des lyrischen-Ichs wirkt gleichsam „[m]asochistisch“, um einen Ausdruck von Ulrich Müller zu wählen.23 Es fragt sich, ob diese Haltung nicht eine „programmatisch vorgeführte Rolle“ ist. Möglicherweise hat Reinmar auch so etwas wie eine „kollektive Gesellschaftsneurose“ dargestellt.24 Das folgende Lied beschäftigt sich jedoch mit dem ergebenen Dienst des Mannes. Begriffe wie dienst, leid, triuwe evozieren wieder die höfische Sphäre und weisen auf das Lehenssystem als gedankliche Grundlage für die Beziehung zwischen Sänger und Dame. Hier gibt es jedoch eine gewisse Hoffnung, auch wenn sie keine höchste Erfüllung findet. Von den vier Strophen spricht in dreien ein Mann als lyrisches Ich, eine, die vorletzte Strophe, spricht eine Dame. Sie ist in Sorge wegen möglicher Konkurrentinnen. Die Mitwelt wird zwar als Instanz angesprochen, kann jedoch nichts bewirken. Ein direkter Kontakt zwischen den beiden Protagonisten ist jedoch nicht möglich, daher muss die Dame einen Boten senden. Die Strophen sind nach dem metrischen Schema 4ma 4mb/ 4ma 4 mb// 4mc 5mc 4md 2we 4md gebaut. Der Abgesang ist dabei um die Hälfte länger als der Aufgesang.25 Text 2 Ich hân vil ledeclîche brâht III. Dass man scherzhaft mit der Ablehnung einer Dame umgehen kann, beweist ebenso ein weiterer großer Minnesänger des Mittelalters: HEINRICH VON MORUNGEN (Codex Manesse, fol. 76r: http://diglit.ub.uni- heidelberg.de/diglit/cpg848/0148?sid=c450d8417ab9c7c5bd48ee9594fcc294) Wahrscheinlich wirkte Heinrich als Hofdichter in Meißen, da in seiner Sprache ostmitteldeutsche Charakteristika nachweisbar sind. In zwei Urkunden des Markgrafen Dietrich von Meißen (1217? und 1218) wird Heinrich vermutlich genannt. Falls es sich bei den Urkunden des 16. Jh.s um Heinrich handeln sollte, starb er als altgedienter Ritter (miles emeritus) 1222 im Thomaskloster Leipzig. 35 Minnelieder sind von ihm überliefert, die auch formal komplex sind und Berührungen zu Friedrich von Hausen zeigen und somit zu dem rheinischen Minnesang.26 Viele seiner Lieder sind im Stil der hohen Minne gehalten, doch gibt es hier neue Motive: die magische Kraft, der Zauber der Liebe etwa. Vom Blick der Frau, die eine Venus, gleichsam eine toeterinne ist geht das Liebesfeuer aus. Sie ist Mond und Sonne, Kontemplation und Vision.27 Text 3 Vrowe wilt du mich genern Vrowe, mîne swaere sich.
6 Der Text spielt wieder mit den verschiedenen Termini aus dem Lehenswesen, wie etwa vrowe. Bei Heinrich von Morungen wird hier auch auf die Motivik der Minnekrankheit angespielt wird (Ich bin siech). Die swaere des Sängers ist deutlich hervorgehoben, er leidet, sein Herz bricht entzwei. Die lautmalenden Akzente, die Wiederholungen der Schlüsselwörter unterstreichen die Dramatik des Ganzen, lassen das Gedicht jedoch auch voll Humor erscheinen.28 Das erwünschte Resultat, eine Erhörung des hartnäckigen Liebeswerbens bleibt jedoch offen. IV. Doch was ist minne, fragte sich mancher Dichter angesichts der hohen Minne. So versucht auch WALTHER VON DER VOGELWEIDE dieses Geheimnis zu klären. (Codex Manesse, fol. 124r: http://diglit.ub.uni- heidelberg.de/diglit/cpg848/0191/thumb?sid=d59b61094cab14b13f6fba7a85c2ac59: (Walther wird hier in der typischen Haltung gezeigt, die aus dem Reichston (Ich saz ûf eime steine L 8,28) bekannt ist. Er sitzt, das Kinn in eine Hand geschmiegt, sinnend da) Walther von der Vogelweide ist wohl der bekannteste Dichter des Mittelalters überhaupt. Hugo von Trimberg schmiedete die Verse im „Renner“ (v. 1187f.) auf ihn: Herr Walther von der Vogelweide, wer den vergäße, der täte mir leide. Walthers Biographie muss weitgehend im Dunklen bleiben. Der Name weist auf einen Hof dieses Namens. Doch Vogelweide bezeichnet nur einen Ort, wo Vögel gejagt werden. (U.a. bringt man Walther auch in Verbindung mit Zwettl in Niederösterreich).29 Sicher ist, dass er das Leben eines fahrenden Sängers führte. Dies ergibt sich aus dem Reiserechnungsbuch des Passauer Bischofs Wolfger von Erla vom 12. November 1203. In diesem ist vermerkt, dass dem cantori de Vogelweide pro pellicio. V. sol. longos, dass dem cantor Walther von der Vogelweide fünf Schillinge für einen Pelzrock überreicht wurden. Dieser hohe Betrag gibt jedoch Zeugnis von Walthers Ansehen.30 Vermutlich hat Walther zunächst am Wiener Hof gedichtet (Ze Ôsterrîche lernt ich singen unde sagen 32,14) Wahrscheinlich verließ er nach dem Tod Herzog Friedrichs I. den Hof (Vgl. dazu Klage über dessen Tod in L 19,29).31 Hier setzt seine Zeit als politischer Spruchdichter ein. Ebenso zeigt er Freude über einen Platz im Haus des Staufers Philipps von Schwaben. In seinen Sprüchen spiegelt sich die unruhige Zeit nach dem Tod Kaiser Heinrichs VI: So dichtet er für die Konkurrenten seiner Nachfolge: für Philipp von Schwaben, für Kaiser Otto IV, dann wieder für Friedrich II. Ebenso spiegeln sich auch die Fürstenkoalitionen in seinen Gedichten wider. Landgraf Hermann I. von Thüringen, Markgraf Dietrich von Meißen, Herzog Bernhard II. von Kärnten, Erzbischof Engelbert von Köln, der Graf von Katzenellenbogen etc. All diese Fürsten der damaligen Zeit finden Eingang in Walthers Spruchliedern.32 Besonders ist jedoch Walther Kaiser Friedrich II. zugetan, dem er ein Lehen, wahrscheinlich ein (Land)Gut verdankt, das ihm eine Altersversorgung bietet. (Ich hân mîn lehen al die werlt, ich hân mîn lehen L 28,31). Nach einer Tradition (Michael de Leone) soll Walther in Würzburg begraben sein. Sein vermeintliches Grab findet sich dort im Kreuzgang des Neumünsterstifts.33 Von Walther sind in mehr als 100 Tönen etwa 500 Strophen überliefert, etwa 90 Lieder, 140- 150 Sprüche und ein Leich. Wichtigster Zeuge seiner Dichtung ist die Große Heidelberger Liederhandschrift.34 Walther wirkte wahrscheinlich gemeinsam mit Reinmar dem Alten bis etwa 1198 am Babenberger Hof. So ergab sich relativ sicher dort auch eine gewisse Konkurrenz. Ob man von Walther aber als Schüler Reinmars sprechen kann, der sich aus Reinmars Einfluss und von dessen Ideal der hohen Minne entfernte, was sich in der so genannten Reinmar-Walther- Fehde äußerte, ist jedoch fragwürdig.35 Walthers Minnelyrik umfasst ein großes Spektrum. Zu diesem gehört auch die Thematik der hohen Minne, doch Walther hinterfragt den Dienstgedanken in der Minnedichtung und auch die Einseitigkeit der Minnebeziehung. Dies wird im folgenden Lied deutlich. Text 4 Saget mir ieman, waz ist minne? Weiz ich des ein teil, sô west ich es gerne mê./ Der sich baz denne ich versinne,/ der berihte mich, durch waz sie tuot sô wê./Minne ist minne, tuot sie wol; /Tuot sie wê, sô heizet sie niht rehte minne./ Sus enweiz ich, wie sie denne heize sol.//Sagt mir jemand, was Minne ist?/ Weiß ich davon ein wenig, so wüsste ich gerne mehr./ Der sich besser als ich darauf versteht,/ der
7 möge es mir sagen, warum sie so schmerzt./ Minne ist Minne, wenn sie wohl tut./ Tut sie weh, so wird sie zu Unrecht Minne genannt./ So weiß ich auch nicht, wie sie denn heißen sollte.36 In diesem Lied wird die Verehrte noch als vrouwe bezeichnet, doch fehlt hier der Dienstgedanke. Zuerst wird die richtige, rechte minne erläutert, die in der Gegenseitigkeit besteht. Sie muss wohl tun, darf nicht verletzen. Beide Herzen müssen in gleicher Weise Freude empfinden. Das lyrische Ich wünscht klare Worte. Bei ungleichem Empfinden will es sich von der Dame trennen. Liebe soll nicht mit Leid, mit Ablehnung vergolten werden. Doch der letzte Vers lässt aufhorchen: Denjenigen, den die Minne blendet, wie kann der sehen. V. Wie man mit unerwiderter Minne umgehen könnte, hatte schon vor Walther der Sänger FRIEDRICH VON HAUSEN gezeigt: Man kann sie aufkündigen. (Codex Manesse, fol. 116v: http://diglit.ub.uni- heidelberg.de/diglit/cpg848/0228?sid=c450d8417ab9c7c5bd48ee9594fcc294) Friedrich von Hausen war ein enger Vertrauter des Kaisers, wurde daher als zu den familiares gehörig bezeichnet. Als ein bedeutender Ministerialer war er auch in diplomatischen Missionen tätig. Man rechnet ihn der Dichtergruppe es rheinischen Minnesangs zu. Möglicherweise stammte er aus Gegend bei Mannheim. Zwischen 1171 und 1190 ist er historisch fassbar. Zeugnisse für seine Präsenz finden sich in der Umgebung des Bischofs von Worms, in Italien bei Kaiser Heinrich VI. und zuletzt in der Umgebung des Kaisers Friedrich Barbarossa. Er begleitete den Kaiser auf dem Kreuzzug ins Hl. Land. Das Heer brach im Mai 1189 von Regensburg auf. In Kleinasien fiel Friedrich von Hausen bei der Verfolgung einiger Türken vom Pferd, was ihm das Leben kostete. Fünf mittelalterliche Chroniken berichten von seinem Tod (darunter das „Chronicon Hanoniense“ von Gislbert von Mons um 1200). Wahrscheinlich wurde das Lied Friedrichs von Hausen, das die Problematik von Herz und Leib, innerem Fühlen und religiöser, äußerer Verpflichtung anspricht, kurz vor dem 3. Kreuzzug gedichtet.37 Von ihm sind 17 Lieder (nach der Großen Heidelberger Liederhandschrift) überliefert, die sich an romanischen Vorbildern orientieren. So wird Friedrich von Hausen zum bedeutendsten Vermittler romanischer und mittelhochdeutscher Lyrik. Sieben dieser Lieder können als Kontrafakturen gesehen werden.38 Auch die Strophenformen sind von den Trobadors und Trouvères entlehnt. Friedrich von Hausen gab vermutlich ebenso Orientierung für andere Dichter, wie etwa Ulrich von Gutenburg, mit dem er wahrscheinlich in Verbindung stand.39 Das Gedicht „Mîn herze und mîn lip“ gehört zu seinen bekanntesten Liedern. Text 5 Mîn herze und mîn lip Im Gedicht geht es um ein lyrisches Ich, das von einem inneren Konflikt zwischen seinem herze, dem innern Gefühl, Sehnen und seinem lîp, hier dem, was die Gesellschaft und Gott verlangt, gefordert wird. Der Mann wird hier im Vers als (Kreuz)Ritter gesehen, der sich bereits zum Kreuzzug entschlossen hat (dô ich daz kriuce in gotes êren nam). Er merkt, dass sein Empfinden nicht mit seiner vernünftigen Haltung und äußeren Verpflichtung, seinem Willen konform gehen. Doch scheint das Herze nicht in guter Obhut zu sein, da das lyrische Ich auch von not spricht, die das Herz treffen wird. Im Lied fehlt der Hinweis auf die vrouwe, und lässt so erahnen, dass das lyrische Ich den Kreuzzug wählt. Diese Entscheidung wird begünstigt, indem sich der Sänger von einer zuvor idealisierten Minne-Beziehung befreit. Vorbild für das Gedicht war wahrscheinlich Conon de Béthunes: Ahi amors com dure departie, das als eines der berühmtesten altfranzösischen Lieder gilt. Die Strophenform ist exakt entsprechend bis auf einen Unterschied im Reimschema (Conon: ababbaba/ Hausen: ababbaab). Die Strophen zeigen einen stolligen Bau. Von Conon übernimmt Hausen auch das Motiv der Trennung von Herz und Leib, doch gibt es bei Conon zwei Möglichkeiten. Das lyrische Ich kann auf Kreuzzug gehen oder bei der Dame bleiben, bei Hausen kommt es zum
8 einem ernsten Konflikt zwischen Herz und Leib, der sogar das Leben des lyrischen Ichs bedroht, da beide nicht unabhängig voneinander existieren können. Zunächst gibt es keine Lösung, doch in der letzten Strophe trennt sich das lyrische Ich von der Dame. Ein Rätsel gibt immer wieder der Vergleich des Wortes der Dame mit dem Trierer Sommer auf. Dies kann ein Hinweis auf den unbeständigen Sommer in Trier sein, der sich regnerisch und wetterwendisch zeigt. Möglicherweise ist jedoch auch ein (uns noch nicht bekanntes) politisches Ereignis damit gemeint.40 Das Lied propagiert so den Kreuzzug. Ulrich Müller hat im Zusammenhang mit dem Lied auf das spezielle Schicksal Conons de Béthune hingewiesen, der, da er am 3. Kreuzzug nicht teilnahm, heftige Schelte von seinen Kollegen erhielt. Conon beteiligte sich jedoch am 4. Kreuzzug. Er starb 1219/20 als designierter Regent des lateinischen Kaiserreichs von Konstantinopel.41 VI. Bei Friedrich von Hausen wird die Entscheidung zum Kreuzzug zunächst als Konflikt gezeigt. In einem der berühmtesten Lieder WALTHERS VON DER VOGELWEIDE, dem „Palästina-Lied“, wird jedoch geradezu Werbung für den Kreuzzug gemacht. (Codex Maness, fol. 124r: http://diglit.ub.uni- heidelberg.de/diglit/cpg848/0191/thumb?sid=d59b61094cab14b13f6fba7a85c2ac59) Das Lied war schon im Mittelalter eines der bekanntesten, so gelangte auch seine Anfangsstrophe in eine Parodie der „Carmina Burana“. Seine Melodie ist die erste, die zu mittelhochdeutscher Lyrik direkt überliefert worden ist. Die Melodie stammt von dem Trobador Jaufre Rudel, der sie für eine Marienantiphon („Ave regina coelorum“) schuf. Nach Walther wurde die Melodie als Vorbild für zwei Klagegesänge der Bordesholmer Marienklage (im 15. Jh. aufgezeichnet im Kloster Bordesholm in Holstein) genutzt. Nach Ulrich Müller. sind Melodie und Text bzw. ist diese Lied Walthers von der Vogelweide das „meistproduziert mittelalterliche Lied überhaupt“.42 Was Strophenanzahl und Aufbau des Liedes betrifft, gibt es hier keine Einigkeit in der Forschung. Die verwendete Version stützt sich auf den Vorschlag von Ulrich Müller, der der Strophenanzahl und Anordnung die Kleine Heidelberger Liederhandschrift (A) zugrunde legt. Hier werden sieben Strophen gegeben, sonst findet man das Lied auch mit anderen Strophenzahlen, etwa neun Strophen bei Friedrich Maurer, überliefert. Text 6 Allerêrst lebe ich mir werde (Palästina-Lied) Das Lied vermittelt den Besuch des Heiligen Landes aus der Perspektive eines Pilgers, der das heilige Land als Stätte des Wirkens Christi und als Ort, wo sich die Heilsgeschichte verwirklicht preist. Strophen II-VI nennen die Heiligkeit des Landes und geben die Gründe für die Heiligkeit des Landes an (die Geburt Christi durch Maria, Christi Taufe, seine Passion, sein Tod, sein Sieg über den Teufel, Christi Auferstehung). Dort, im Hl. Land, wird auch das Jüngste Gericht sein (Str. VI). In der Schlussstrophe wird auf die Situation des Landes hingewiesen. Alle Glaubensrichtungen streiten sich darum (Juden, Christen, Heiden). Gott soll ein Urteil sprechen, aber das lyrische Ich des 12. Jahrhunderts weiß sich auf der Seite der legitimen Besitzer, der Christen. Die Folgerung daraus ist, dass der Kampf um dieses Land berechtigt ist, eine Rückeroberung ist angesagt. So erweist sich das Palästinalied als Propagandalied für den Anspruch auf das Heilige Land und wird damit auch zu einem Aufruf zum Kreuzzug. Es ist jedoch keinesfalls ein Beweis, dass Walther von der Vogelweide am Kreuzzug teilgenommen hat. Das lyrische Ich kann hier vielleicht ebenso ein kollektives Ich sein, das
9 für sämtliche Pilger und Kreuzfahrer spricht. Wahrscheinlich wurde das Lied an einem Hof, auf einer Burg vorgetragen.43 Die Strophen des Liedes sind stollig gebaut und zeigen die metrische Schema: ababccc. Metrik und Musik stehen hier in einer gewissen Spannung. Der Text zeigt sich dreigliedrig. Die Musik widerspricht dieser Dreiteilung jedoch etwas. Die Melodie des 2. und 4. Verses (=halbe Stollen-Melodie) wird jedoch am Schluss wiederholt. Das bedeutet die Stollen des Aufgesangs und des Abgesangs enden mit der gleichen musikalischen Phrase.44 Ein weiteres Lied Walthers von der Vogelweide, diesmal ein Liebeslied, hat großen Bekanntheitsgrad erlangt: Text 7 Under der linden, an der heide Das Lied erinnert etwas an den Typus der Pastourelle (vgl. auch Linde) und schildert die Begegnung mit dem Liebenden im Freien. Doch hier gibt es keinen ständischen Unterschied. Der Mann ist ein Vertrauter, das Mädchen muss nicht überwunden werden. Eine Frau, vielleicht eine Dame, erzählt hier die Begegnung mit ihrem Geliebten bei einem verabredeten Treffen. Die soziale Stellung wird nicht klar, der Ausdruck here vrouwe, gibt den Preis des Liebenden für die Geliebte wieder. Hier zählt vor allem die Gegenseitigkeit der Liebesbeziehung. Sprachlich zeigt das Lied eine elegante, schwebende Art. Das Lied wird innerhalb der Minnelyrik Walthers zu den so genannten Mädchen-Liedern oder Liedern der niederen Minne gezählt.45 Nach Ulrich Müller sollte jedoch dieses Lied eher einfach als ein Lied über erfüllte, gegenseitige Liebe bezeichnet werden.46 Die Gegenseitigkeit der Liebe bzw. die Forderung danach, war jedoch nicht unbedingt die originelle Leistung Walthers, sondern ein (neues) „Programm zur Erweiterung des Rollenspiels in der Minnelyrik.“47 Die Strophenform des Liedes ist nicht unkompliziert. Sie zeigt das metrische Schema abcabcdxd. Ich selbst nehme an, dass jedes Reimwort ein Reimende bezeichnet und gehe damit von einem stolligen Strophenbau aus. Die Strophen umfassen 9 Verse mit 2 bis 4 Hebungen, der Abgesang hat in der Mitte ein Refrainwort (tandaradei), das zugleich ein eigener Vers ist. Möglicherweise gibt es eine altfranzösische Vorlage für das Lied, die Burkhard Kippenberg gefunden zu haben glaubt. Diese muss jedoch Walther, falls er sie verwendet haben sollte, strukturell umgebaut haben.48 VII. Minnelyrik wurde jedoch nicht nur als ernste Sache betrieben, wie sich schon bei vielen Minnesängern zeigt, sondern Minne selbst wurde zum Ziel von Parodie. (Neidhart von Reuenthal, Codex Manesse fol. 273r: http://diglit.ub.uni- heidelberg.de/diglit/cpg848/0191/thumb?sid=d59b61094cab14b13f6fba7a85c2ac59) Der Dichter NEIDHART (VON REUENTAL) um die Mitte des 13. Jh.s erweist sich als großer Minneparodist. Mit ätzender Kritik und Aggression parodiert er die hohe Minne, indem er ihre Terminologie und ihre Motive auf nicht passende Bereiche überträgt. Dazu übertreibt er, verdreht, macht lächerlich, zeigt sich destruktiv und will auch zerstören. Neidhart erweist sich nicht nur als Dichter, sondern auch als Komponist, von dem zahlreiche Melodien überliefert sind. Seine Lieder enthalten jedoch ebenso zeitgeschichtliche Anspielungen. Demnach kann in dem Babenberger Herzog Friedrich II. dem Streitbaren ein Gönner Neidharts gesehen werden und
10 Neidhart auch als sein Hofdichter in Wien bezeichnet werden. Dies bedeutet, dass seine letzten datierbaren Lieder mit 1236/37 anzusetzen sind. Seine Art zu Dichten wurde intensiv nachgeahmt.49 Das Ende von Neidharts Schaffenszeit ist wahrscheinlich zwischen 1240 und 1245 zu sehen. Zu seiner Zeit war Neidhart bereits bekannt. Wolfram von Eschenbach hat ihn in seinem „Willehalm“ erwähnt (312,12). Um Neidhart rankt sich die Legende, er sei ein bayerischer Ritter gewesen. Diese stützt sich auf den Beinamen von Reuental. Dieser Name wurde mit Bayern in Verbindung gebracht. Dieser Ritter von Reuental ist der eher traurige Protagonist der Lieder Neidharts. Er wird als Besitzer des Hofes Riuwental geschildert, den er heruntergewirtschaftet hat. Dieser Ritter besucht die umliegenden Dörfer, stellt dort den Mädchen nach, prügelt sich auch mit den Bauernburschen wegen dieser Mädchen und muss auch Aggressionen dieser Burschen gegen sich erdulden. Die Bezeichnung des Ritters in den Liedern könnte jedoch auch auf einen allegorischen Namen hinweisen oder einfach ein erfundener Name sein. Der Name des Dichters lautet jedoch nur Neidhart. Erst im 15. Jh. tritt gelegentlich die Namensform Neidhart von Reuental auf. Wie bereits deutlich geworden ist, gibt es ein neues Sujet in der Lyrik Neidharts: die Bauern. Sie werden von dem fiktiven Gestalt, dem Ritter von Reuental mit Hass, Angst, Verachtung, doch auch Neid betrachtet und ergreifen auch gelegentlich das Wort. Diese Strophen werden als Trutzstrophen bezeichnet. Die Bauern sind höfisch gekleidert, haben kostbare Stoffe und Schwerter, wobei jedoch ihre Art keineswegs höfisch ist und daher einen Kontrast bildet. Die Mädchen sind vergnügungssüchtig, lieben höfischen Flitter und ausgelassene Spiele. Hintergrund für die Lieder ist meist ein Tanzvergnügen. Die Bauern sind überzeichnete Kunstfiguren und aus der Perspektive des Hofes konstruiert. Dieser Gegensatz zwischen Höfischem und Unhöfischem wird praktisch in die dörfliche Atmosphäre übertragen. Aus dem adeligen Ritter ist ein schäbiger Dorfritter geworden und besingt die Mädchen dort wie höfische Damen. Dabei wird immer wieder ein komischer Kontrast konstruiert (z.B. Winterlied 9: Sie ist in jeder Beziehung zu preisen, nur dass ihre Füßchen zerschunden sind, etc.) Die Forschung ist sich jedoch einig, dass Ziel des Angriffs nicht die Bauern, sondern die adelige Hofgesellschaft war. Möglicherweise sollte damit auch eine überkommene Minneideologie in Frage gestellt werden.50 Seine Lieder werden nach dem Natureingang vor allem in Sommer- und Winterlieder eingeteilt. Die Winterlieder spielen in der Stube und weisen meist einen klagenden Ton auf. Die Sommerlieder handeln im Freien, häufig geht es um Tanz. Die Sprecherinnen sind hier meistens Frauen, Mutter und Tochter, etc. Bekannt ist das Motiv der tanzlustigen Alten. In einem Sommerlied erzählt Neidhart, dass der Bauer Engelmar den Spiegel Vriderunes zerbrochen hat. Dieser Spiegel, der für die „Pervertierung des höfischen Minnewesens durch die Dörper“ stehen kann, zieht sich ebenso als Leitmotiv durch die Lieder Neidharts.51 Auch formal gibt es Unterschiede bei der Gestaltung der Winter- und Sommerlieder. Die meisten Sommerlieder zeigen im Gegensatz zu den Winterliedern keine Strophen, sondern können als Reienstrophen bezeichnet werden. Bei dieser Form vermutet man einen Zusammenhang mit der Bauform von volkstümlichen Tanzliedern. Wahrscheinlich wurden sowohl Sommer, als auch Winterlieder zum Tanz gesungen, eine Aufführungsform, die wahrscheinlich zum großen Erfolg Neidharts beigetragen hat.52 Dies scheint sich in der Überlieferung niederzuschlagen. Neidhart ist in 27 Handschriften und 3 Drucken überliefert. Das Desiderat einer Neuausgabe wurde vor kurzem durch die diejenige von U.Müller, I. Bennewitz und F.V. Spechtler in Zusammenarbeit mit zahlreichen Mitarbeitern abgedeckt. Text 8 Mayenzeit one neidt 53
11 Der gewählte Text behandelt ein Sommerlied, das mit einem wunderschönen, idyllischen Natureingang beginnt. Dem Eingang wird das aggressive Gehabe der folgenden Strophen gegenübergestellt. Der Sänger ist verliebt, sieht sich jedoch der Konkurrenz der Bauernburschen ausgesetzt, deren Verhalten von Aggression nicht frei ist. Sie werden mit Namen genannt und als bewaffnet geschildert. Das Verhalten dieser Burschen zu Frauen wird geschildert und in der Darstellung kritisiert. Eine gewisse Rache wird zuletzt spürbar. VIII. Weltliche Minnelyrik verfasste ebenso der MÖNCH VON SALZBURG. Dieser genius loci Salzburgs stand in engerer Beziehung zu dem Salzburger Erzbischof Pilgrim II (1365-96). Wahrscheinlich war der Mönch eine Art ein Hofdichter am erzbischöflichen Hof. Von ihm sind etwa 100 vollständige Handschriften und eine große Anzahl von Fragmenten erhalten. Seine Dichtung umfasst nicht nur weltliche, sondern auch geistliche Lyrik.54 Text 9 Bey perlin pey spangen Das Lied ist ein Absage an die Liebe zu einer edlen Dame. Ein Mädchen, eine Graserin ist es, die das lyrische Ich lobt und preist. Wieder zeigt das Lied einen stolligen Aufbau und präsentiert sich so in Kanzonenform.55 Text 10 Ich han in einen garten Das lyrische ich hat zwei Damen gesehen. Einer gibt es ein Nein, der anderen ein Ja. Dann wird diejenige, die sich das lyrische Ich erwählt hat, in den schönsten Tönen beschrieben, wobei auch Elemente der Marienlyrik aufgegriffen werden (wie etwa die Metapher der edlen Rose). Wiederum hat das Lied die Gestalt einer Kanzone.56 MEISTERSANG UND MEISTERSÄNGER Mit der wachsenden Bedeutung der Städte verlagerte sich die Literaturproduktion zunehmend in die Städte. Hier entstanden die großen Liederhandschriften, indem reiche Bürger in gewissem Sinne (repräsentative) Funktionen des Adels übernahmen. Mit dem Aufkommen des Druckes und einer kostengünstigeren und weiteren Verbreitung von Literatur engagierten sich nun auch vermehrt weitere Gruppen städtischer Bürger in der Literaturproduktion. Vor und Frühformen des Meistersangs können in der Sangspruchdichtung des 14./15. Jh.s gesehen werden, die jedoch an den Hof (die Burg) gebunden war. Zu ihnen gehören Dichter wie Frauenlob, Heinrich von Mügeln oder Michel Beheim.57 Immer noch nicht geklärt ist jedoch die Frage, seit wann es Meistersingergesellschaften gibt, die sich durch Regeln und Satzungen definieren. Nur relativ wenige Autoren sind biographisch fassbar, auch über Funktion und Publikum ist kaum etwas bekannt. Die Zuordnung der Dichtung kann also allein durch inhaltliche und einige formale Kriterien geschehen. Erkennbar ist jedoch: Diese Dichter sehen sich in der Tradition von Dichtung als Wissenschaft (diese Tradition geht von den Sangspruchdichtern des 13. Jh.s aus, besonders auch von Frauenlob), und diese Dichtung hat ethische und religiöse Lehre zum Ziel. Ebenso wird die didaktische Autorität dokumentiert. Diese zeigt sich in komplizierten Strophenformen, die durch Ton-Namen als Eigentum des Autors gekennzeichnet werden.58 Der Wunsch nach einer Qualitätskontrolle scheint zu
12 lockeren Zusammenschlüssen, zu gemeinschaftlichen Vortragsveranstaltungen geführt zu haben, die spätestens seit Ende des 14. Jh.s existierten. Die sich Zusammenschließenden nannten sich meister, die Veranstaltungen Singschule (=die Übersetzung von schola cantorum = musikalische Veranstaltung, Gemeinschaft von Vortragenden). Es gibt hier eine Meister- Schüler-Beziehung, die bereits der Dichter Zwinger in der 2. Hälfte des 14. Jh.s erwähnt. Ein wichtiges Amt ist dasjenige der merker, der Kritikerjury, das es schon vor 1420 gegeben zu haben scheint.59 Aus dem 15. Jh. ist ein Jörg Schiller als Meistersinger bezeugt (zw. 1453 und 1562). Elf Lieder können ihm sicher zugeschrieben werden. Die Themen sind stadtbürgerlich, so dass von einem städtischen Publikum ausgegangen werden kann. Unter seinen Themen finden sich sehr lebensnahe: z.B. die Klage von fünf Frauen über ihre Männer, der ungetreue Kaufmann, der Wucher, über falschen Wechsel, die Klage über Zerfall der Familien oder das Versagen der geistlichen Autoritäten. Seine Lieder werden im so genannten Hofton gehalten.60 Ein Übergang von höfischer Didaxe zur städtischen Lehrdichtung zeigt sich bei Konrad Dangkrotzheimer aus dem Elsass. Von größter Bedeutung ist die Kolmarer Handschrift, die die größte Sammlung vormeisterlichen Lieddichtung enthält. Sie wurde von dem Sammler, Redaktor und Schreiber Nestler von Speyer zusammengestellt.61 Im 16. Jh. fungierte diese Handschrift als Art Musterbuch für den Meistersang. Sie wurde 1546 von Jörg Wickram gekauft für eine Meistersingergesellschaft, die in Colmar gegründet werden sollte (1549). Meistersingergesellschaften sind satzungsmäßig organisierte Zusammenschlüsse. Sie dienen der Förderung der Einheitlichkeit von Produktion, Rezeption und Kritik von Lieddichtung. Die Meistersinger bedienen sich dazu eines Regelsystems, das in Tabulaturen und „Schulordnungen“ kodifiziert ist. Die formalen und inhaltlichen Anforderungen an Text und Vortrag werden hier festgelegt.62 Es geht dabei um die Beherrschung eigener und fremder Töne, sondern auch korrektes Latein,63 nach der Reformation gehört auch das richtige Zitieren der Lutherbibel dazu. Bei den Meistersingern handelt es sich nicht nur um die Pflege von dilettantischem Vergnügen, sondern es wird auch versucht, nicht-akademischen städtischen Angehörigen der Mittelschicht Teilhabe an Wissen und Bildung zu geben.64 Der Meistersang bewirkte oft einen Anreiz autodidaktisch Lesen und Schreiben zu lernen. Vermittelt wurde in den Meistersingerliedern daher entsprechend vor allem Bildungsgut (religiös-theologisches Wissen, historisch-naturkundliches Wissen, ethisch-moralische Informationen). Sie können daher auch als eine Art Aufforderung zu „intellektuellem Handeln“65 verstanden werden, wie Thomas Cramer dies ausdrückt. Eine gewisse Bildung, sprachliche und musikalische Fähigkeiten und technisches Können sind daher wichtig. Formale Regeln gab es daher viele, die z.T. noch heute in der Verslehre benutzt werden, wie etwa die Darstellung des Reimschemas mit Buchstaben. Es geht dabei nicht so sehr um die Erfindung neuer Bauformen, sondern um die perfekte Verwendung bereits bestehender Formen: Melodien und Strophenformen. Die Strophen sind meist nach der hochmittelalterlichen Kanzonen-Strophe dreiteilig aufgebaut mit Aufgesang und Abgesang (diese Terminologie stammt von den Meistersingern). Auch sollen die Lieder eine ungerade Anzahl von Strophen haben. Zudem hält man an der hochmittelalterlichen Einstimmigkeit fest. Eine Instrumentalbegleitung wurde abgelehnt. Überprüft wurden die Regeln in den Singschulen durch die Merker, für die Sieger des Wettsingens gab es Preise.66 So ist auch von Hans Sachs ein so genanntes „Gemerkbüchlein“ überliefert, das die Protokolle der Nürnberger Singschule (1555-1561) enthält und in dem u.a. die Gewinner der diversen Wettsingen vermerkt sind.67 Etwa 16000 Meisterlieder sind erhalten, jedoch alle in privaten Sammlungen, da es für die Meisterlieder ein Publikationsverbot und damit Druckverbot gab.
13 Der wohl bekannteste Meistersinger Hans Sachs hat eine Sammlung eigener Meisterlieder für sich selbst angelegt (16 Folianten), doch auch Handschriften mit mehreren Werken anderer Dichter (die umfangreichste ist in der Berliner Staatsbibliothek Ms. germ. qu 414). Nach dem Vorbild der Kolmarer Handschrift legte Adam Puschmann aus Breslau (1532- 1600) ein „Singebuch“ an. Dies ist eine systematische Sammlung von Tönen bzw. Melodien und musikhistorisch von besonderer Bedeutung. Die Handschrift ist seit 1945 verschollen, ihr Inhalt ist jedoch in einer Edition von 1906, die von Georg Münzer herausgegeben wurde, erhalten.68 In der ersten Hälfte des 15. Jh.s ist nur die Existenz einer Meistersingergesellschaft in Nürnberg gesichert, doch gab es wahrscheinlich schon in anderen Städten ähnliche Organisationen (Mainz, Straßburg, Worms, etc.).69 Nach der Tradition der Meistersinger sehen sie das Entstehen ihrer Kunst jedoch bereits im 13. und 14. Jh. Unter ihren zwölf Ahnherren finden sich daher Walther von der Vogelweide, der Marner, Konrad von Würzburg oder Frauenlob.70 Als erster namentlich bekannter Meistersinger in Nürnberg gilt Fritz Kettner (1392, 1430 in Urkunden erwähnt), der vier geistliche Lieder verfasste. Auch der Dichter Hans Folz wird zu den Meistersingern gerechnet.71 Von ihm gibt es 100 Lieder mit vor allem geistlichen und moral-didaktischen Themen. Folz widersetzte sich besonders der Tendenz in den Gesellschaften, die Erfindung neuer Töne zu verbieten (Reformlieder)72 HANS SACHS (1494- 1576) Gilt als der bekannteste der Meistersinger. Von ihm stammen mehr als 4000 Meisterlieder in 275 Tönen, wobei 13 Töne als seine eigene Erfindung gelten können.73 Er war der Sohn eines Schneidermeisters, besuchte in Nürnberg die Lateinschule und begann eine Schuhmacherlehre.74 Seine Gesellenwanderung benutzte er um neue Gedichte und Töne kennen zu lernen. 1515 dichtete er sein erstes Lied in München. Bereits in der Mitte der Dreißigerjahre gab er sein Handwerk auf, um sich allein dem Dichten widmen zu können. Als 1561 seine erste Frau starb, heiratete er mit 67 Jahren eine 27jährige Witwe, Barbara Harscher,75 die bereits Mutter von sechs Kindern war. (Sachs sieben Kinder aus erster Ehe waren bereits alle verstorben). Mit 81 Jahren verstarb er in Nürnberg. Hans Sachs war unglaublich produktiv. Neben seinen (4275) Meisterliedern verfasste er 1500 Reimpaardichtungen, 200 Dramen, 7 Prosadialoge und fasste zuletzt noch die Psalmen in Reime. Er selbst trug seine Werke in 34 Foliobänden ein und gab eine Druckausgabe seiner Werke heraus. Die Meisterlieder umfassen dabei 16 puecher.76 In Nürnberg hatte die Meistersinger-Gesellschaft um die Mitte des 16. Jh.s etwa 250 Mitglieder. Durch Hans Sachs’ Einsatz wurden die Lieder der Meistersinger, besonders seine, auch zu einem Instrument für die Reformation,77 zugleich jedoch öffnete er den Meistersang wieder mehr für weltliche Themen, wie literarische und historische Stoffe aus Antike (Ovid) und Mittelalter.78 Auf ihn geht ebenso die Beschäftigung der Meistersinger mit dem Theater zurück.79 Von den zahlreichen Tönen, die Hans Sachs selbst erfand, ist der früheste Ton die „Silberweise“. Text 11: Silberweise80 Die Strahlkraft der Meistersinger, deren Terminologien zum Teil Eingang in die Metriken gefunden haben, und besonders diejenige von Hans Sachs reicht bis in die aktuelle Gegenwart und wird durch die zahlreichen Aufführungen von Richard Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ (1868) immer wieder neu vermittelt.
14 Literaturverzeichnis Literatur zu den einzelnen Minnesängern Reinmar: Lieder. Nach der Weingartner Liederhandschrift (B). Mhd./Nhd. Hrsg., übers. u. kommentiert von Günther Schweikle. Stuttgart: Reclam 1986. Heinrich von Morungen: Lieder. Mhd./Nhd.: Text, Übers., Kommentar von Helmut Tervooren. Stuttgart: Reclam 1975. Friedrich von Hausen: Lieder. Mhd./Nhd. Text, Übers und Kommentar von Günther Schweikle. Stuttgart: Reclam 1984. Bauschke, Ricarda: Die „Reinmar-Lieder“ Walthers von der Vogelweide. Literarische Kommunikation als Form der Selbstinszenierung. Heidelberg: Winter 1999.Irler, Hans: Minnerollen- Rollenspiele. Fiktion und Funktion im Minnesang Heinrichs von Morungen. Frankfurt a.M./Wien: Lang 2001. Brandes, Klaus: Heinrich von Morungen: Zyklische Liedgruppen. Rekonstruktion, Forminterpretation, kritische Ausgabe. Hrsg. von Klaus Brandes. Göppingen: Kümmerle 1974. Fisher, Rodney W.: The Minnesinger Heinrich von Morungen. An Introduction to His Songs. San Francisco et al.: International Scholars Publ. 1997. Hensel, Andreas: Vom frühen Minnesang zur Lyrik der Hohen Minne. Studien zum Liebesbegriff und zur literarischen Konzeption der Autoren Kürenberger, Dietmar von Aist, Meinloh von Sevelingen, Burggraf von Rietenburg, Friedrich von Hausen und Rudolf von Fenis. Frankfurt a.M./Wien u.a.: Lang 1997. Kienast, Richard: Hausens scheltliet (MF 47,33) und der sumer von triere. Berlin: Akademie. 1961. Müller, Ulrich: Friedrich von Hausen und der „Sumer von Triere“ (MF 47,38). In: ZfdPh 90 (1971), Sonderheft, S. 107-115. Walther von der Vogelweide: Werke. Gesamtausgabe. Bd. 1. Spruchlyrik. Mhd./Nhd. Hrsg., übers. und kommentiert von Günther Schweikle. Stuttgart: Reclam 2001. Walther von der Vogelweide: Werke. Gesamtausgabe. Bd. 2. Liedlyrik. Mhd./Nhd. Hrsg., übers. und kommentiert von Günther Schweikle. Stuttgart: Reclam 2003. Walther von der Vogelweide: Leich, Lieder, Sangsprüche. Hrsg. von Christoph Cormeau. 14. völlig neu bearb. Aufl. der Ausg. Karl Lachmanns. Mit Beiträgen von Thomas Bein und Horst Brunner. Berlin: de Gruyter 1996. Bein, Thomas (Hrsg.): Der mittelalterliche und der neuzeitliche Walther. Beiträge zu Motivik, Poetik, Überlieferungsgeschichte und Rezeption. Frankfurt a.M.: Lang 2007. Bein, Thomas (Hrsg.): Walther verstehen – Walther vermitteln. Neue Lektüren und didaktische Überlegungen. Frankfurt a.M u.a.: Lang 2004. Bein, Thomas (Hrsg.): Walther von der Vogelweide. Beiträge zu Produktion, Edition und Rezeption. Frankfurt a.M./Wien u.a.: Lang 2002. Bennewitz, Ingrid: Die ‚Schrift’ des Minnesangs und der ‚Text’ des Editiors. Studien zur Minnesang- Überlieferung im „Hausbuch“ des Michael de Leone (Minnesang-Hs.E. Habil. Salzburg 1992. Brunner, Horst/Hahn, Gerhard/Müller, Ulrich/ Spechtler, Franz Viktor: Walther von der Vogelweide. Epoche – Werk – Wirkung. München: Beck 1996. Diehr, Achim und Christina: Reisende Dichter, singende Hühner und fliehende Freundinnen. Das Verhältnis zwischen Sänger und Publikum in Minnesang und Slam Poetry. Ein Unterrichtsmodell für die gymnasiale Oberstufe. In: Walther verstehen – Walther vermitteln. Neue Lektüren und didaktische Überlegungen. Hrsg. von Thomas Bein. Frankfurt a.M. Lang 2004, S. 9-28. Haferland, Harald: Die frouwe als gedankliches Demonstrationsobjekt. Zur Rolle von Subsumtion, Fokussierung und Pointenbildung in Walthers Minnesang. In: Walther von der Vogelweide: Beiträge zu Produktion, Edition und Rezeption. Hrsg. von Thomas Bein. Frankfurt a.M. u.a.: 2002, S. 27-58.
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