Zum Rückhalt der Bundeswehr in der Bevölkerung

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02/2011

Zum Rückhalt der Bundeswehr in der Bevölkerung
Empirische Hinweise zu einer emotional geführten Debatte

Heiko Biehl / Rüdiger Fiebig

Die Beziehungen zwischen Bevölkerung und Bundeswehr sind hierzulande seit geraumer
Zeit Gegenstand politischer, streikräfteinterner und wissenschaftlicher Debatten. Der
Großteil der Beobachter diagnostiziert ‚ein freundliches Desinteresse’ der Bürgerinnen
und Bürger an den Streitkräften und mahnt eine stärkere Unterstützung an. Auch von Sei-
ten der Soldaten wird regelmäßig fehlender Rückhalt in Politik und Gesellschaft moniert.
In diesem Papier wird die These vertreten, dass die Bundeswehr und ihre Soldatinnen und
Soldaten durchaus breiten Rückhalt erfahren. Um dies zu belegen, wird die gesellschaftli-
che Unterstützung in der SOWI-Bevölkerungsbefragung 2009 auf Basis der Kommunikati-
on und Handlungen der Bürgerinnen und Bürger erfasst. Die Auswertungen belegen, dass
innerhalb eines Jahres ein Drittel der Befragten Aktivitäten mit Bundeswehr-Bezug entfal-
tet, wobei sich in allen relevanten sozialen Gruppierungen mehr Unterstützung als Ableh-
nung findet. Diese Befunde stehen neben der wachsenden Kritik an den Auslandseinsätzen
der Bundeswehr – insbesondere am Engagement in Afghanistan. Es wird empfohlen, die
Diskussion auf den politischen Dissens zwischen Wählern und politischem Mandat für die
Streitkräfte zu fokussieren, anstatt auf nicht nachweisbare Zweifel am Rückhalt der Bun-
deswehr und der Soldaten in der Bevölkerung zu verweisen.

                                          www.sowi.bundeswehr.de
Kontakt
Dr. Heiko Biehl
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Multinationalität/Europäische Streitkräfte
HeikoBiehl[at]Bundeswehr.org

Rüdiger Fiebig
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Einstellungsforschung und Meinungsumfragen
RuedigerFiebig[at]Bundeswehr.org

SOWI.Thema
In der Publikationsreihe SOWI.Thema werden Kurzanalysen und Essays aus der
wissenschaftlichen Arbeit des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr
veröffentlicht. Sie sollen einen Beitrag zu sicherheitspolitischen und militärsoziolo-
gischen Diskursen in Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit leisten.

Zum Institut
Das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr (SWInstBw – „SOWI“) be-
fasst sich im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung mit streitkräftebe-
zogener empirischer Sozialforschung sowie militärsoziologischer Grundlagenfor-
schung. Das Institut arbeitet mit einem Kern von etwa 15 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern überwiegend empirisch, interdisziplinär und problemorientiert.
Das SWInstBw verfolgt und analysiert Situation und Entwicklung der Bundeswehr
und ihrer Angehörigen in nationalen und multinationalen Zusammenhängen. Als
Einrichtung der Ressortforschung leistet das Institut mit seinen Forschungsergeb-
nissen einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr. Dazu greift es aktuelle
Problemstellungen auf und entwickelt seine Forschungs- und Erkenntnisinteressen
ständig fort.

Erscheinungsdatum
05. Mai 2011

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Zusammenfassung

„Freundliches Desinteresse“?
Seit mehreren Jahren wird die politische Debatte um die zivil-militärischen Beziehungen von der Cha-
rakterisierung des „freundlichen Desinteresses“ der deutschen Bevölkerung gegenüber ihren Soldaten
bestimmt. Geprägt vom ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler bezeichnet der Begriff die generell
positive Haltung der Deutschen gegenüber der Bundeswehr, bei gleichzeitiger Indifferenz und fehlendem
konkreten Rückhalt für die Soldaten. Die Diagnose vom freundlichen Desinteresse war bisher kaum Ge-
genstand empirischer Untersuchungen und wirft deshalb die Frage nach dem tatsächlichen Gehalt der
Unterstützung für die Streitkräfte auf. Der vorliegende Artikel wird den Rückhalt der Soldaten und Sol-
datinnen in der Bevölkerung mit Hilfe quantitativer Umfragedaten analysieren.

Die folgende Untersuchung basiert auf Daten der Bevölkerungsbefragung des Sozialwissenschaftlichen
Instituts der Bundeswehr. Diese wird jährlich durchgeführt und liefert damit regelmäßig ein repräsentati-
ves Meinungsbild über sicherheits- und verteidigungspolitische Themen in Deutschland. In der Bevölke-
rungsumfrage 2009 kam ein Befragungsinstrument zur Anwendung, das einen aktivitätsorientierten An-
satz der Unterstützung für die Streitkräfte verfolgt. Dieser Ansatz bildet den Kern der hier vorgestellten
Analyse.

Rückhalt für die Streitkräfte: Ein aktivitätsorientierter Ansatz
Die Bundeswehr genießt in der deutschen Bevölkerung seit Jahren breite Zustimmung und großes Ver-
trauen. Dieser Zuspruch war, wie die einschlägigen repräsentativen Befragungen unisono belegen, in der
Geschichte der Bundesrepublik nie so stark ausgeprägt wie heutzutage. Zur Frage der eigentlichen Sub-
stanz der Unterstützung durch die Bevölkerung existiert bisher jedoch nur wenig systematische For-
schung. Das Zurückgreifen auf das reine Maß an Zustimmung oder Vertrauen wird zurecht als unzurei-
chend kritisiert, da diese Indikatoren lediglich passive Haltungen messen, aus denen nicht zwangsläufig
konkrete Aktivitäten der Unterstützung erwachsen.

Eine genauere Analyse des Rückhalts für die deutschen Streitkräfte macht daher eine Operationalisierung
der Unterstützung notwendig, die über die bisher betrachteten Indikatoren wie z. B. Vertrauen hinaus-
geht. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wird ein aktivitätsorientierter Ansatz gewählt, der den
Rückhalt für die Bundeswehr anhand berichteter Handlungen misst, die der Befragte im vergangenen
Jahr vollzogen hat. Die verwendete Skala deckt dabei verschiedene Formen und Intensitäten von Kom-
munikation und Aktivitäten ab, um für die gesamte Bevölkerung valide Ergebnisse zu liefern.

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Empirische Ergebnisse: Breiter Rückhalt für die Bundeswehr
Die so gewonnenen empirischen Befunde relativieren das Bild einer gegenüber der Bundeswehr indiffe-
renten deutschen Öffentlichkeit. Unter den berichteten Aktivitäten überwiegt die Unterstützung für die
Bundeswehr deutlich gegenüber kritischen Handlungen, wobei rein verbale Kommunikationsformen
häufiger genutzt werden als aktivere Formen. Kritische Handlungen werden von einem kleineren Teil der
Bevölkerung vorgenommen und treten dabei aber in keinem Fall häufiger auf als bundeswehr-
freundliche Aktionen. Die Befunde stellen die Vorstellung einer desinteressierten deutschen Bevölkerung
in Frage. Fast 30 Prozent der Befragten waren innerhalb von zwölf Monaten mindestens einmal unter-
stützend aktiv. Dem steht ein Zehntel der Befragten entgegen, das sich ablehnend gegenüber der Bun-
deswehr positioniert. Die Unterstützung ist zudem in der gesamten Bevölkerung verankert. Unterstützen-
de Aktivitäten überwiegen in allen betrachteten sozialen Untergruppen, d. h. bei alten wie jungen Bürge-
rinnen und Bürgern, bei Frauen und Männern, bei Befragten aus verschiedenen Regionen, mit unter-
schiedlichem Bildungsniveau und Einkommen sowie in den Anhängerschaften aller Parteien. Die Analy-
se zeichnet somit das Bild einer mehrheitlich bundeswehrfreundlichen Bevölkerung, deren Unterstützung
sich in Wort und Tat konkretisiert. Das Bild vom „freundlichen Desinteresse“ muss damit revidiert wer-
den.

Weitergehende Untersuchungen
Die vorliegende Analyse eröffnet eine Reihe von weitergehenden Fragestellungen. So ist aus Befragun-
gen in den Streitkräften zwar bekannt, dass Soldaten der Bundeswehr einen wahrgenommenen fehlenden
Rückhalt in der deutschen Bevölkerung bemängeln, jedoch nicht, welche konkreten Formen von Unter-
stützung sie sich wünschen. Zukünftige Streitkräftebefragungen des SOWI werden diese Fragestellung
aufgreifen. Ferner kommt die aktivitätsorientierte Skala der Unterstützung von Streitkräften auch in einer
länderübergreifenden Vergleichsstudie mit acht europäischen Staaten zur Anwendung, um die Situation
in Deutschland um die Perspektive der Bevölkerungen weiterer europäischer Länder zu ergänzen.

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    Zum Rückhalt der Bundeswehr                          Im Folgenden wird die Ansicht vertreten, dass
        in der Bevölkerung1                              die Beziehungen der deutschen Bevölkerung zu
                                                         ihren Streitkräften kaum als ‚freundliches Desin-
     Empirische Hinweise zu einer emotional              teresse’ zu qualifizieren sind. Vielmehr nehmen
               geführten Debatte                         die allermeisten Bürgerinnen und Bürger eine
                                                         wohlwollende Haltung zur Bundeswehr ein, die
                                                         sich auch in konkreten Aktivitäten sowie breiter
                                                         Unterstützung – bei gelegentlichem Protest –
1     Wie viel Rückhalt hat die Bundes-
                                                         niederschlägt. Neben diesem Rückhalt für die
      wehr in der Bevölkerung?
                                                         Streitkräfte gibt es in der Bevölkerung aber
In seiner viel beachteten Rede anlässlich des            ebenso eine verbreitete Skepsis gegenüber ihren
fünfzigjährigen Bestehens der Bundeswehr hat             Einsätzen, die sich gegenwärtig insbesondere
der damalige Bundespräsident Horst Köhler die            anhand der ISAF-Mission in Afghanistan mani-
Haltung der deutschen Bevölkerung zu ihren               festiert.
Streitkräften als ‚freundliches Desinteresse’ cha-       Um die These eines breiten Rückhalts der Bun-
rakterisiert. Seitdem mehren sich die Stimmen,           deswehr bei den Bürgern bei gleichzeitig vor-
die Zweifel am gesellschaftlichen Rückhalt für           handener Kritik an ihren Missionen zu unter-
die Bundeswehr und ihre Soldaten äußern. Insbe-          mauern, werden im Folgenden
sondere der frühere Wehrbeauftragte des Deut-
schen Bundestages, Reinhold Robbe, hat in ver-           -   die Positionen von Politikern, Soldaten und
schiedenen Einlassungen die Unterstützung der                Wissenschaftlern zum Verhältnis von Bun-
Bürgerinnen und Bürger für die Streitkräfte als              deswehr und Bevölkerung präsentiert und
unzureichend qualifiziert und neue Formen der                eingeordnet (Abs. 2),
gesellschaftlichen Anerkennung und Respekter-            -   der Begriff des Rückhaltes in der Bevölke-
weisung für die Soldaten vorgeschlagen (vgl.                 rung empirisch überprüfbar konzeptualisiert
etwa Robbe 2010). Dieser Einschätzung stellt                 und ein aktivitätsorientierter Ansatz einge-
sich eine kleinere Zahl von Beobachtern entge-               führt (Abs. 3),
gen, die den gesellschaftlichen Rückhalt der
                                                         -   entlang dieser Konzeption die Aktivitäten
Streitkräfte als keineswegs gering erachtet. So
                                                             der Bundesbürger erhoben und analysiert
äußerte unlängst der Bundestagsabgeordnete
                                                             (Abs. 4), und
Rainer Arnold (2010): „Ich halte es für falsch,
wenn immer wieder gesagt wird, die Bundes-               -   auf Basis der empirischen Befunde Rück-
wehr habe keinen Rückhalt in der Gesellschaft.               schlüsse auf die Art und Absicht der ein-
Das ist nur gefühlt und durch die Demoskopie                 schlägigen politischen Kommunikation ge-
nicht unterlegt.“ Eine mittlere und vermittelnde             zogen (Abs. 5).
Position vertrat der damalige Verteidigungsmi-
nister zu Guttenberg (2010), der festhielt, dass es
das freundliche Desinteresse der Bevölkerung an
der Bundeswehr „schon noch [gibt]… Aber das
Interesse nimmt zu.“

1
     Die in der vorliegenden Publikation vorgetragenen
     Ansichten und Meinungen sind ausschließlich die-
     jenigen der Autoren und geben nicht notwendi-
     gerweise die Sicht oder die Auffassung des Bun-
     desministeriums der Verteidigung wieder.

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2    ‚Freundliches Desinteresse?’ – Politi-           Paradigmatisch hat dies wiederum der ehemalige
     sche, militärische und wissenschaftli-           Bundespräsident, Horst Köhler (2005), auf den
     che Positionen zum gegenwärtigen                 Punkt gebracht:
     Verhältnis von Bevölkerung und
     Streitkräften                                    „Gewiss, die Bundeswehr ist gesellschaftlich
                                                      anerkannt; aber was heißt das eigentlich genau?
Eigentlich besteht für die Streitkräfte kein Grund    Die Deutschen vertrauen der Bundeswehr, mit
zur Klage. Ihre Umfragewerte sind gut bis sehr        Recht, aber ein wirkliches Interesse an ihr oder
gut. Die aktuelle Erhebung des SOWI weist ei-         gar Stolz auf sie sind eher selten. Noch seltener
nen Zuspruch für die Bundeswehr von 86 Pro-           sind anscheinend der Wunsch und das Bemühen,
zent aus (Bulmahn 2010: 24). Seit vielen Jahren       den außen- und sicherheitspolitischen Wandel zu
bewegen sich die entsprechenden Werte bereits         verstehen und zu bewerten, der da auf die Bun-
auf diesem hohen Niveau, es handelt sich also         deswehr einwirkt. Natürlich lassen sich für die-
keineswegs um eine Momentaufnahme. Zudem              ses freundliche Desinteresse Gründe angeben:
werden der Bundeswehr im Vergleich der Orga-          Die Deutschen sind nach 1945 ein wirklich fried-
nisationen und Institutionen ein bemerkenswertes      liebendes Volk geworden und halten gern vor-
Vertrauen und eine hohe Leistungsfähigkeit be-        sichtige Distanz zu allem Militärischen.“
scheinigt. Allein die Polizei erreicht noch höhere    Der ehemalige Wehrbeauftragte, Reinhold Rob-
Werte. Die Bürger vertrauen den Streitkräften         be, hat die von Köhler vorgebrachte Skepsis in
aber mehr als dem Bundesverfassungsgericht,           einer Vielzahl öffentlicher Äußerungen nochmals
den Schulen, Gewerkschaften, Kirchen und Par-         verstärkt und bereits im Vorwort seiner letzten
teien.                                                Unterrichtung an den Deutschen Bundestag auf
Der Blick zurück zeigt zudem, dass die Bundes-        eine „von vielen Soldaten (…) geäußerte Klage“
wehr noch nie in ihrer Geschichte ein ähnlich         hingewiesen:
positives Renommee aufzuweisen hatte wie der-         „(…) nämlich den fehlenden Rückhalt für die
zeit. Schließlich hegte ein gewisser Teil der         Soldaten durch die deutsche Gesellschaft. Auch
Deutschen stets Vorbehalte gegen das Militär          im vergangenen Jahr wurde dieses Problem bei
(Bremm 2005). Dies gilt für die Gründungsphase        jedem meiner Truppenbesuche in den Heimat-
in den 1950er-Jahren ebenso wie für die Zeit der      standorten und in den Einsatzgebieten von den
Nachrüstungsdebatte. Auch nach dem Ende des           Soldatinnen und Soldaten angesprochen. Für
Ost-West-Konflikts mehrten sich Zweifel an der        unsere Bundeswehrangehörigen ist ganz einfach
Notwendigkeit von Streitkräften. Erst mit den         nicht nachvollziehbar, weshalb ihre Mitbürge-
ersten internationalen Engagements und verstärkt      rinnen und Mitbürger ihnen so wenig Beachtung
durch die Hilfsmaßnahmen an Oder und Elbe             und – wie die Soldaten es selber formulieren –
stieg die Akzeptanz der Bundeswehr. Die aktuel-       ‚moralische Unterstützung’ schenken, obwohl sie
len Umfragen, in denen über 80 Prozent der Be-        ihre Gesundheit und ihr Leben für deutsche In-
fragten ihre positive Haltung zu den Streitkräften    teressen und im Auftrag des Deutschen Bundes-
kund tun, stellen mithin eine im historischen         tages einsetzen. Was unsere Soldaten erwarten,
Vergleich nie erreichte Höchstmarke dar.              ist mehr Empathie, mehr menschliche Zuwen-
Diese Befunde sind auch denjenigen bekannt, die       dung.“ (Deutscher Bundestag 2010: 4)
den Rückhalt der Bundeswehr in der Bevölke-           Die Einschätzung von Robbe    wird von diversen
rung skeptisch betrachten, und sie werden als         öffentlichen Äußerungen von   Bundeswehrsolda-
solche auch nicht in Frage gestellt. Allerdings       ten gestützt. Bemerkenswert   ist in diesem Zu-
werden Zweifel an ihrer Substanz vorgebracht.         sammenhang ein Interview       der Reservisten-

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Zeitschrift loyal mit Hauptfeldwebel Daniel Sei-          modernen Gesellschaften geführt. Veröffentli-
bert. Dieser hat als erster deutscher Soldat nach         chungen wie „Post-modern Military“ (Moskos
dem Zweiten Weltkrieg eine Tapferkeitsaus-                1998) oder „Post-military Societies“ (Shaw
zeichnung für seine Führungsleistung im Gefecht           1991) zeigen bereits im Titel an, dass grundle-
erhalten.2 Auf die Frage, wie wichtig ihm die             gende Umwälzungen konstatiert werden. Para-
Auszeichnung sei, antwortet der Hauptfeldwebel            digmatisch und auf den Fall der USA bezogen
(loyal 2010: 23):                                         hat Moskos das gegenwärtige Verhältnis der
                                                          Öffentlichkeit zu den Streitkräften als „indiffe-
„Das ist zwar schön, aber ich lege darauf keinen
                                                          rent“ (Moskos 2000: 15) bzw. gar als „skeptical
gesteigerten Wert. Viel wichtiger wäre mir eine
                                                          or apathetic“ (Moskos/Burk 1998: 169) charakte-
größere Anerkennung unserer Arbeit in der Be-
                                                          risiert. Im Gegensatz zu früheren Epochen sei –
völkerung. Wir Soldaten haben ein Recht darauf,
                                                          nicht zuletzt durch den Wegfall der Wehrpflicht
dass die Menschen in unserem Land achten und
                                                          – eine größere Distanz zwischen den Streitkräf-
respektieren, was wir in Afghanistan tun. Wir
                                                          ten und der amerikanischen Bevölkerung zu ver-
halten unseren Kopf hin für dieses Land, und
                                                          zeichnen. Diese Sichtweise unterstreicht die ein-
dafür wollen wir nicht auch noch missfällig an-
                                                          flussreiche Studie von Peter Feaver und Richard
geschaut oder angepöbelt werden.“
                                                          Kohn (2001), die für die USA eine ‚civil-military
Dass viele seiner Kameraden diese Sichtweise              gap’ diagnostizierten. Zwar ist für den US-
teilen, belegt auch die Streitkräftebefragung 2009        amerikanischen Kontext seit den Anschlägen des
des SOWI, wonach nur 20 Prozent der befragten             11. September und den nachfolgenden Kriegen
Soldaten mit dem Ansehen der Bundeswehr und               in Afghanistan und Irak ein deutliches Nachlas-
dem Soldatenberuf in der Öffentlichkeit zufrie-           sen entsprechender Forschungsanstrengungen
den sind (Meier 2010). Damit sind die Soldaten            festzustellen, aber die Untersuchung von Feaver
mit der Unterstützung und dem Ansehen der                 und Kohn, die sich methodisch in weiten Teilen
Bevölkerung weitaus unzufriedener als mit allen           auf Einstellungsvergleiche zwischen Soldaten
anderen Aspekten ihres Dienstes. Auch die Un-             und Zivilisten stützt, evozierte mehrere Nachfol-
tersuchungen des SOWI in den Einsatzkontin-               gestudien im europäischen Kontext (u. a. Küm-
genten belegen, dass die Mehrheit der befragten           mel 2003; Caforio 2007).
Soldaten Zweifel am Rückhalt der Bevölkerung
                                                          Mit Blick auf die Bundesrepublik fehlt es neben
für ihre Missionen und ihr Tun hegt (Biehl/
                                                          den Äußerungen aus der Politik, den Streit-
Keller 2009: 134).
                                                          kräften und Teilen der Öffentlichkeit (Feld-
Die Einschätzungen der Politiker und Soldaten             meyer 2005: 72; Clement 2007: 136f.; Naumann
zielen auf das militärsoziologische Forschungs-           2010: 30) bislang an systematischen Versuchen,
feld der zivil-militärischen Beziehungen (siehe           die Substanz des Rückhalts in der Bevölkerung
grundlegend vom Hagen 2005), das sich unter               zu erfassen. Angesichts des unbefriedigenden
soziologischer Perspektive mit dem Verhältnis             Forschungsstandes wirft die Diskrepanz zwi-
von Bevölkerung und Streitkräften beschäftigt.            schen hohen Zustimmungsraten zur Bundeswehr
Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts werden in            und gleichzeitig verbreiteter Unzufriedenheit mit
der sozialwissenschaftlichen Literatur intensive          dem Zuspruch aus der Bevölkerung mehrere
Debatten um den Stellenwert des Militärischen in          Fragen auf: Woher rührt das Unbehagen von
2                                                         Politik und Soldaten über den Zuspruch der Bür-
    Im loyal-Interview heißt es hierzu   sehr explizit:
    Frage: „Sie haben ihn im direkten    Duell ausge-     gerinnen und Bürger? Weshalb lassen die hohen
    schaltet?“ – Antwort Seibert: „Ich   habe ihn er-     Zustimmungsraten der Bevölkerung zur Bun-
    schossen. Er oder ich, darum ging    es in diesem     deswehr nicht den Eindruck stabiler und guter
    Fall.“ (loyal 2010: 23)

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Beziehungen zwischen Öffentlichkeit und Streit-          Richtig an der vorgebrachten Kritik ist, dass es
kräften entstehen? Worauf gründet dieses „Wert-          nicht genügt, die Einstellungen der Öffentlichkeit
schätzungs-Paradox“ (Meier 2010)? Und vor                zu den Streitkräften als alleinigen Gradmesser
allem: Wie hoch ist der Rückhalt der Bundes-             heranzuziehen. Positive Äußerungen in Bevölke-
wehr in der Bevölkerung und wie lässt sich die-          rungsumfragen stellen noch keine substanzielle
ser konzeptionell begründet und empirisch abge-          Art der Unterstützung dar, wesentlicher sind die
sichert ermitteln?                                       Aktivitäten der Individuen. Die Sozialwissen-
                                                         schaften unterscheiden grundlegend „attitudes
Zur Beantwortung dieser Fragen wird im nächs-
                                                         vs. actions“ (so bereits LaPierre 1934), weshalb
ten Abschnitt ein methodischer Ansatz vorge-
                                                         es notwendig ist, manifeste Handlungen zu be-
stellt und diskutiert, der die Evaluierung der Be-
                                                         rücksichtigen, um das Verhältnis zwischen Be-
ziehungen zwischen Bevölkerung und Streitkräf-
                                                         völkerung und Streitkräften zu charakterisieren.
ten auf die Aktivitäten der Bürger, auf ihre
Kommunikation und Handlungen, gründet.                   Im Folgenden wird daher einer Analysestrategie
                                                         der Vorzug gegeben, die sich an Aktivitäten ori-
                                                         entiert. Dabei geht es darum, die Verhaltenswei-
3     ‚An ihren Taten sollt Ihr sie erken-               sen, die Bürger mit Bezug auf die Streitkräfte
      nen.’3 – Ein aktivitätsorientierter An-            ergreifen können, abzubilden. Dabei sind zum
      satz zur Bestimmung des gesellschaft-              einen kommunikative wie Handlungsaktivitäten
      lichen Rückhalts der Streitkräfte                  von Belang, zum anderen unterstützende wie
                                                         ablehnende Aktionen. Das Erhebungsinstrument
Ein wesentlicher Aspekt der Debatte um den
                                                         muss gewährleisten, dass alle gesellschaftlichen
Rückhalt der Bundeswehr in der Bevölkerung ist
                                                         Gruppen (unabhängig von Alter, Geschlecht und
die Frage, wie man diesen definieren und in der
                                                         Bildung) eine Position zu den Streitkräften ein-
Folge erheben und messen kann. Diejenigen, die
                                                         nehmen können. Aufgrund dieser Anforderung
ein distanziertes Verhältnis der Öffentlichkeit zur
                                                         reicht z. B. eine Konzentration auf die Bereit-
Bundeswehr konstatieren, bezweifeln die Sub-
                                                         schaft, selbst Soldat zu werden, als Indikator für
stanz der hohen Zustimmungsraten der Bevölke-
                                                         den gesellschaftlichen Rückhalt nicht aus. Ent-
rung zu den Streitkräften. Zwar wird im Allge-
                                                         sprechend fand in der SOWI-Bevölkerungs-
meinen die Korrektheit dieser Befragungsergeb-
                                                         befragung 2009 eine Skala Verwendung, die
nisse anerkannt, aber die daraus erwachsenden
                                                         sowohl Kommunikation als auch tatsächliches
Konsequenzen werden in Frage gestellt. Ein
                                                         Verhalten erfasst. Die entsprechenden Items sind
beliebtes Argument lautet, dass sich die hohen
                                                         spiegelbildlich formuliert, damit das Handlungs-
Zustimmungsraten nicht in konkreten Aktivitäten
                                                         potenzial für und gegen die Bundeswehr vergli-
und persönlichem Engagement niederschlagen.
                                                         chen werden kann. Dabei wurde erhoben, ob der
Bernhard Fleckenstein (2000: 88) konstatiert für
                                                         Befragte in den vergangenen zwölf Monaten eine
die deutsche Situation: „Most young people sub-
                                                         der aufgelisteten Aktivitäten bereits ausgeführt
scribe to the philosophy: ‚Yes to the Bundes-
                                                         hat. Tabelle 1 präsentiert die verwendeten Items.
wehr, but without me!’” (ebenso: Collmer 2002:
163; Heins/Warburg 2004: 126; van der Meulen
2004).

3
     Sprichwörtlich nach Matthäus 7, 20 – dort eigent-
     lich: „An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen.“

8|                           Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr
02/2011

Tabelle 1:     Arten und Ausrichtung der Aktivi-              rin und jedem Bürger ergriffen werden können.
               täten mit Streitkräfte-Bezug                   Allerdings werden alleine die letzten zwölf Mo-
 Frage: „Sagen Sie mir bitte, welche der folgenden Aktivi-    nate vor der Befragung berücksichtigt. Wie die
 täten Sie im Lauf der letzten 12 Monate unternommen          allgemeine Partizipationsforschung belegt, brin-
 haben.“
                                                              gen sich nur Teile der Bevölkerung ins öffentli-
  Unterstützende Aktivität         Ablehnende Aktivität
                                                              che Leben ein und die Beteiligung sinkt noch-
                        Kommunikation
                                                              mals, wenn Anforderungen und Aufwand steigen
  „Einen Familienangehöri-       „Einen Familienangehöri-
  gen oder Freund, der           gen oder Freund, der         (wie etwa beim Verfassen von Leserbriefen).
  Soldat der Bundeswehr          Soldat der Bundeswehr        Deshalb ist davon auszugehen, dass nur ein ge-
  werden wollte, in seinem       werden wollte, von sei-
  Wunsch bestärkt.“              nem Wunsch abgeraten.“       wisser Prozentsatz der Befragten überhaupt Ak-
  „Einem Angehörigen der         „Einem Angehörigen der       tivitäten mit Streitkräfte-Bezug entfaltet.
  Bundeswehr die eigene          Bundeswehr mit der ei-
  positive Meinung zur           genen negativen Mei-
  Bundeswehr gesagt.“            nung zur Bundeswehr
                                 konfrontiert.“
  „Widersprochen, wenn           „Widersprochen, wenn         4    Mehr Unterstützung als Ablehnung:
  jemand schlecht über die       jemand gut über die Bun-
  Bundeswehr redete.“            deswehr redete.“
                                                                   Empirische Befunde zum Rückhalt
                                                                   der Bundeswehr in der Bevölkerung
                              Handlung
  „Einen Leserbrief an eine      „Einen Leserbrief an eine    Das Sozialwissenschaftliche Institut der Bun-
  Zeitung geschrieben, in        Zeitung geschrieben, in
  dem ich mich positiv über      dem ich mich negativ         deswehr führt jährlich eine Bevölkerungsumfra-
  die Bundeswehr äußer-          über die Bundeswehr äu-
  te.“                           ßerte.“                      ge zu sicherheits- und verteidigungspolitischen
  „An einer Unterschriften-      „An einer Unterschriften-    Einstellungen durch. Mit der bundesweiten Er-
  aktion teilgenommen, bei       aktion teilgenommen, bei     hebung der Daten im Jahre 2009 wurde nach
  der man sich positiv über      der man sich negativ
  die Bundeswehr äußer-          über die Bundeswehr äu-      Abschluss eines entsprechenden Ausschrei-
  te.“                           ßerte.“
                                                              bungsverfahrens das Meinungsforschungsinstitut
  „An öffentlichen Veran-        „Gegen öffentliche Ver-
  staltungen der Bundes-         anstaltungen der Bun-        Ipsos beauftragt. Der Fragebogen hatte einen
  wehr, wie etwa einem           deswehr, wie beispiels-      zeitlichen Umfang von 60 Minuten durchschnitt-
  öffentlichen Gelöbnis,         weise ein öffentliches Ge-
  teilgenommen.“                 löbnis, protestiert.“        licher Interviewdauer. Die vorliegende Untersu-
  „An einer Kundgebung           „An einer Kundgebung         chung wurde als computergestützte persönliche
  teilgenommen, bei der          teilgenommen, bei der
  man sich positiv zur Bun-      man sich negativ zur         Befragung (CAPI: Computer Assisted Personal
  deswehr äußerte.“              Bundeswehr äußerte.“         Interviewing) durchgeführt. Zur Grundgesamt-
Datenbasis: Bevölkerungsbefragung des Sozialwissenschaft-     heit gehören alle deutschsprachigen Personen ab
lichen Instituts der Bundeswehr 2009.                         16 Jahren, die in Privathaushalten in der Bundes-
                                                              republik Deutschland leben. Aus dieser Grund-
Zwei Aspekte sind bei der Verwendung dieser                   gesamtheit wurde im Rahmen des ADM-
Skala und bei der Einordnung der Befunde zu                   Mastersamples eine repräsentative, mehrstufig
beachten: Erstens ist zu berücksichtigen, dass                geschichtete Zufallsstichprobe gezogen. Die
mittels der Befragung kein tatsächliches Verhal-              Interviews wurden in der Zeit vom 28. Sep-
ten beobachtet, sondern Handlungen lediglich                  tember bis 14. November 2009 durchgeführt.
berichtet werden. Hierbei sind gewisse Verzer-                Insgesamt wurden 2 100 Personen befragt. Die
rungen durch Falschangaben, Erinnerungslücken,                Ausschöpfungsquote der Stichprobe beträgt
Fehlwahrnehmungen oder Antworten aufgrund                     62,7 Prozent. Für die Untersuchung wurden bun-
sozialer Erwünschtheit nicht auszuschließen.                  desweit 375 Interviewer eingesetzt, damit entfie-
Zweitens gewährleisten die verwendeten Items,                 len auf jeden Interviewer im Schnitt 5,6 Inter-
dass die präsentierten Formen der Unterstützung               views.
bzw. der Ablehnung prinzipiell von jeder Bürge-

                                  Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr                         |9
02/2011

Das Ausmaß von Unterstützung und Ableh-                         während nur vier Prozent in vergleichbarer Situa-
nung der Bundeswehr                                             tion abgeraten haben. Aus Untersuchungen ist
Die nachstehende Tabelle 2 vergleicht den Um-                   bekannt, welch großen Einfluss das soziale Um-
fang der Unterstützungs- und Ablehnungsformen                   feld auf die Entscheidung zwischen Wehr- und
mit Bezug auf die Bundeswehr. Die diversen                      Zivildienst (Kohr 1993) und die Entscheidung
Aktivitäten sind von den Bürgern in den letzten                 für oder gegen den Soldatenberuf hat (Bulmahn
zwölf Monaten vor der Befragung unterschied-                    et al. 2009: 60). Entsprechend erfreulich sind die
lich stark genutzt worden. Naturgemäß werden                    Ergebnisse aus Sicht der militärischen Personal-
verbale Äußerungen häufiger getätigt als auf-                   gewinnung.
wendigere Handlungen. Im Vergleich überwie-                     Bei den Handlungen sind deutlich mehr Teil-
gen die bundeswehrfreundlichen Aktionen die                     nahmen an Veranstaltungen (6 Prozent) als an
bundeswehrkritischen deutlich.                                  Protesten (1 Prozent) zu verzeichnen. Angesichts
                                                                der periodisch stattfindenden Störungen von
Tabelle 2:       Die Bundeswehr unterstützende                  öffentlichen Gelöbnissen in Deutschland durch
                 und ablehnende Aktivitäten der                 Bundeswehrkritiker überrascht dieses Zahlen-
                 Bevölkerung                                    verhältnis vielleicht auf den ersten Blick. Den-
                                                                noch spiegelt es wohl die tatsächliche Verteilung
  Frage: „Sagen Sie mir bitte, welche der folgenden Aktivi-
  täten Sie im Lauf der letzten 12 Monate unternommen           von wohlwollenden Bürgern und Störern bei
  haben.“ (Anteil der Befragten in Prozent)                     diesen Veranstaltungen wider. Bei den Unter-
                                                                schriftenaktionen sind ebenfalls – jedoch auf
                                 Unterstützen- Ablehnende
                                  de Aktivität  Aktivität       insgesamt geringem Niveau – mehr bundeswehr-
  Kommunikation                                                 freundliche Handlungen zu verzeichnen. Leser-
       Widerspruch gegen po-                                    briefe stellen demgegenüber eine demoskopisch
       sitive/negative Meinung        18             5
       zur Bw
                                                                vernachlässigbare Größe dar. Es ist zu konstatie-
       Soldat eigene positive/                                  ren, dass die gewählten Aktivitätsformen von
       negative Meinung zur           13             3          einem Teil der Bevölkerung genutzt werden,
       Bw gesagt
                                                                wobei die bundeswehrfreundlichen Aktionen die
       Rat für/gegen Solda-
                                      14             4          kritischen stets überragen. Im nächsten Schritt
       tenwunsch
  Handlung                                                      wird ermittelt, wie groß der Gesamtanteil der
       Veranstaltungsteilnah-                                   Befragten ist, der sich bereits mit Bezug auf die
                                       6             1
       me bzw. -protest
                                                                Bundeswehr engagiert.
       Unterschriftenaktion            2             1
       Kundgebung positiv/
                                       2             1
       negativ zur Bw                                           Tabelle 3:     Aktivierung der Bevölkerung mit
       Leserbrief                      0             0                         Bezug auf die Bundeswehr
Anmerkungen: Ausgewiesen ist der Anteil der Personen, der
die jeweilige Aktivität innerhalb der vergangenen zwölf Mona-     Frage: „Sagen Sie mir bitte, welche der folgenden Aktivi-
te ausgeführt hat.                                                täten Sie im Lauf der letzten 12 Monate unternommen
                                                                  haben.“ (Anteil der Befragten in Prozent)
Datenbasis: Bevölkerungsbefragung des Sozialwissenschaft-
lichen Instituts der Bundeswehr 2009. Auswertung gewichtet.       mindestens eine unterstützende Aktivität               29
                                                                  mindestens eine ablehnende Aktivität                   10
So haben 18 Prozent der Bürger widersprochen,                     sowohl mindestens eine unterstützende als auch              5
wenn jemand schlecht über die Streitkräfte ge-                    mindestens eine ablehnende Aktivität

sprochen hat, aber nur fünf Prozent der Befrag-                   Aktivierung insgesamt (mindestens eine Aktivität –     34
                                                                  entweder unterstützend oder ablehnend)
ten, wenn jemand sich wohlwollend über die
                                                                Datenbasis: Bevölkerungsbefragung des Sozialwissenschaft-
Bundeswehr geäußert hat. 14 Prozent der Bun-                    lichen Instituts der Bundeswehr 2009. Auswertung gewichtet.
desbürger haben innerhalb eines Jahres jemanden
in seinem Wunsch, Soldat zu werden, bestärkt,

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02/2011

Tabelle 3 verdeutlicht, dass ein gutes Drittel der    Tabelle 4:       Die Bundeswehr unterstützende
Bundesbürger auf die eine oder andere Weise                            und ablehnende Aktivitäten der
                                                                       Bevölkerung in verschiedenen
innerhalb eines Jahres mit Bezug auf die Streit-                       sozialen Gruppierungen
kräfte aktiv geworden ist. Angesichts dieser brei-
                                                        Frage: „Sagen Sie mir bitte, welche der folgenden Aktivitä-
ten Mobilisierung von einem Desinteresse der            ten Sie im Lauf der letzten 12 Monate unternommen ha-
Bevölkerung dem Militär gegenüber zu sprechen,          ben.“ (Anteil der Befragten in Prozent)

erscheint unangemessen. Die Bürger äußern ihr                                             Unter-   Ableh- Aktivität
                                                                                        stützende nende      insge-
Vertrauen zu den Streitkräften nicht nur in Mei-                                         Aktivität Aktivität samt
nungsumfragen, sie kommunizieren diese Ein-             Insgesamt                          29         10         34
stellung auch aktiv in ihrem sozialen Umfeld            Geschlecht
oder engagieren sich weitergehend, indem sie                Männlich                       34***      11*        40***
etwa Veranstaltungen der Bundeswehr besuchen.               Weiblich                       24          9         29

Der weit überwiegende Teil des Engagements ist          Altersgruppe
                                                            16 bis 29 Jahre               35*         18***      45***
dabei der Bundeswehr positiv zugewandt. Fast
                                                            30 bis 49 Jahre               27          10         33
30 Prozent der Bürger waren innerhalb von                   50 bis 69 Jahre               28           6         31
zwölf Monaten mindestens einmal unterstützend               70 Jahre und älter            26           4         29

aktiv. Dem steht ein Zehntel der Befragten ent-         Bildungsniveau
                                                           Hochschul- bzw.
gegen, das sich ablehnend gegenüber der Bun-                                              37***       14**       44***
                                                           Fachhochschulreife
deswehr positioniert. Der Anteil derjenigen, der           Realschulabschluss             29            9        34
                                                           Hauptschulabschluss            26            8        30
sich sowohl positiv als auch negativ gegenüber
                                                        Haushaltseinkommen pro
den Streitkräften positioniert hat, beträgt immer-      Monat
hin fünf Prozent. Unterstützer und Kritiker der            3.000 Euro und mehr            33 (n.s.)   9 (n.s.)   39 (n.s.)
Streitkräfte sind mithin nicht immer trennscharf           1.500 bis unter 3.000 Euro     29          10         34
                                                           unter 1.500 Euro               27          12         35
zu unterscheiden, sondern die Grenzen ver-
                                                        Region
schwimmen in den konkreten Auseinanderset-                 Norddeutschland
                                                                                          27 (n.s.)   10 (n.s.) 33 (n.s.)
zungen und Diskussionen.                                   (SH, HH, HB, NI)
                                                           Ostdeutschland
                                                                                          31          12         38
                                                           (MV, BB, BE, ST, SN, TH)
Keine grundlegenden Unterschiede in der Akti-              Süddeutschland (BW, BY)        29          10         33
vität sozialer Gruppen                                     Westdeutschland
                                                                                          29            9        33
                                                           (NRW, RP, HE, SL)
In nachstehender Tabelle 4 werden die Aktivitä-         Parteiidentifikation
ten verschiedener sozialer Gruppen verglichen.          CDU                               36***       9***       39***
                                                        CSU                               44            6        44
Hierfür wurden die Aktivitäten aggregiert und
                                                        SPD                               32            9        36
der jeweilige Anteil der Befragten ausgewiesen,         FDP                               30          14         35
der eine der erhobenen Kommunikations- oder             Grüne                             22          12         30
                                                        Linke                             27          23         43
Handlungsformen mit Bezug auf die Bundes-
                                                        keine Parteiidentifikation        26            6        29
wehr vollzogen hat. Dabei werden in den ersten
                                                      Anmerkungen: Abkürzungen der Bundesländer: BB = Bran-
beiden Spalten die Streitkräfte unterstützende        denburg, BE = Berlin, BW = Baden-Württemberg, BY = Bay-
und ablehnende Aktionen unterschieden, die            ern, HB = Bremen, HE = Hessen, HH = Hamburg, MV =
                                                      Mecklenburg-Vorpommern, NI = Niedersachsen, NRW =
dritte Spalte weist das gesamte Ausmaß der Ak-        Nordrhein-Westfalen, RP = Rheinland-Pfalz, SH = Schleswig-
                                                      Holstein, SL = Saarland, SN = Sachsen, ST = Sachsen-
tivitäten aus.                                        Anhalt, TH = Thüringen.
                                                      Signifikanzen: (Chi-Quadrat): p*** ≤ ,001; ** ≤ ,01; * ≤ ,05;
                                                      n. s. = nicht signifikant.
                                                      Datenbasis: Bevölkerungsbefragung des Sozialwissenschaft-
                                                      lichen Instituts der Bundeswehr 2009. Auswertung gewichtet.

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Sämtliche Teile der Bevölkerung artikulieren           notwendige Differenzierung zwischen den Par-
ihre Haltung zur Bundeswehr in konkreten Akti-         teien darf aber ebenso wenig wie der Vergleich
vitäten. Dabei ist in allen hier betrachteten ge-      der anderen sozialen Gruppierungen davon ab-
sellschaftlichen Gruppierungen mehr Unterstüt-         lenken, dass die Unterstützung der Bundeswehr
zung als Ablehnung zu verzeichnen. Der Rück-           und ihrer Soldaten in der Bevölkerung breit ver-
halt der Soldaten in der Bevölkerung konzentriert      ankert ist und sich nicht auf einige Trägergrup-
sich folglich nicht auf gewisse Kreise. Die Un-        pen beschränkt.
terstützung für die Bundeswehr ist vielmehr ge-
sellschaftlich breit verankert.
                                                       5    Politischer Dissens statt Diskrepanz
In der detaillierten Betrachtung zeigen sich be-
                                                            zwischen Bürgern und Bundeswehr:
kannte Muster: So unterstützen Männer – wohl                Für eine nüchterne und empirisch ab-
nicht zuletzt aufgrund eigener Erfahrungen in               gesicherte Betrachtung des Rückhalts
den Streitkräften – die Bundeswehr nochmals                 der Bundeswehr in der Bevölkerung
stärker als Frauen. Ferner engagieren sich junge
Bürgerinnen und Bürger vermehrt, wie dies die          Die vorstehenden Analysen unternehmen den
Partizipationsforschung als generellen Befund          Versuch einer konzeptionell begründeten und
für politische Aktivitäten herausgearbeitet hat        empirisch abgesicherten Bestandsaufnahme der
(Strate et al. 1989). Zugleich beteiligen sich Ju-     Beziehungen zwischen Bevölkerung und Streit-
gendliche aber auch häufiger an bundeswehrkri-         kräften. Dabei zeigt sich, dass die immer wieder
tischen Aktivitäten, was auch die generell etwas       vorgebrachte Diagnose einer Distanz der Bürge-
skeptischere Haltung junger Befragter der Bun-         rinnen und Bürger zur Bundeswehr den Stand
deswehr gegenüber widerspiegelt (Bulmahn               der hiesigen zivil-militärischen Beziehungen
2010: 25). Vergleicht man die Befragten gemäß          nicht adäquat widerspiegelt. Vielmehr genießen
ihrer Schulabschlüsse, dann zeigt sich – etwas         die Streitkräfte und ihre Soldaten Rückhalt in der
überraschend – dass formal Höhergebildete die          Bevölkerung. Dieser artikuliert sich eben nicht
Bundeswehr stärker unterstützen, allerdings sind       alleine in ‚anonymen Meinungsumfragen’ (Rei-
sie ebenfalls am häufigsten ablehnend aktiv. In        chelt/Meyer 2010: 210). Die Unterstützung ma-
der Gesamtheit sind sie mithin am stärksten en-        nifestiert sich ebenso im Alltag, wo viele Bürge-
gagiert, was wiederum ein bekanntes Muster der         rinnen und Bürger ihre positive Haltung zur
Partizipationsforschung bestätigt (Verba et al.        Bundeswehr kundtun, anderen zum Soldatenbe-
1995: 251–263). Keinen Einfluss auf die hier           ruf zuraten und an Veranstaltungen der Streit-
betrachteten Aktivitäten hat das Haushaltsein-         kräfte, nicht zuletzt an öffentlichen Gelöbnissen,
kommen, was darauf hindeutet, dass der Rück-           teilnehmen. Dem steht ein – in allen relevanten
halt der Streitkräfte recht gleichmäßig über die       sozialen Gruppierungen – kleinerer Teil der Be-
sozialen Schichten verteilt ist. Ferner ist hervor-    völkerung gegenüber, der die Bundeswehr in
zuheben, dass sich in den Anhängerschaften aller       Wort und Tat kritisch bis ablehnend begleitet –
Parteien mehr Befragte finden, die eine bundes-        wobei auch diese Aktivitäten als Ausdruck des
wehrfreundliche Handlung ergriffen haben. Es           Engagements und der Involvierung zu verstehen
zeigen sich aber deutliche – und erwartbare –          und keineswegs mit Desinteresse gleichzusetzen
Differenzen zwischen den Parteien. So weisen           sind.
die Unionsparteien die bundeswehrfreundlichste         Dennoch bleibt die Frage, warum seitens der
Anhängerschaft auf, die Linke die bundeswehr-          Soldatinnen und Soldaten und in der politisch-
kritischste und die Anhängerschaften von SPD,          gesellschaftlichen Diskussion immer wieder über
FDP und Grüne reihen sich dazwischen ein. Die          eine angeblich fehlende Unterstützung geklagt

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wird. Zum Teil erklärt sich dies aus der (fi-         hierzulande zwar mehrheitlich als selbstverständ-
nanz-)politischen Unterfütterung der Sicherheits-     licher Bestandteil der sicherheitspolitischen Ar-
und Verteidigungspolitik. Die seit Jahren betrie-     chitektur des Landes und als nützlich für die
bene Verkleinerung der Bundeswehr und die             nationale Sicherheit gesehen werden, sind die
stagnierende Ressourcenausstattung gehen dabei        affektiven Neigungen gegenüber den Streitkräf-
Hand in Hand mit der finanzpolitischen Prioritä-      ten in den anderen untersuchten Ländern ausge-
tensetzung der deutschen Bevölkerung. Wie eine        prägter (Jonas 2008: 167ff.). Die Bürgerinnen
Studie des SOWI, die auf der Bevölkerungsum-          und Bürger anderer Staaten tun sich mithin leich-
frage des Jahres 2008 basiert, zeigt, spricht sich    ter, ihrer Identifikation mit den Streitkräften und
zwar nur ein Fünftel der Befragten unmittelbar        Soldaten auch auf einer emotionalen Ebene Aus-
für eine Senkung des Verteidigungsetats aus.          druck zu verleihen, als dies in Deutschland der
Fragt man jedoch nach den Präferenzen bei un-         Fall ist.
vorhergesehenen Steuerminder- bzw. Steuer-
                                                      Dies führt bei vielen Soldaten wie Beobachtern
mehreinnahmen, dann gilt dieser als erster Kan-
                                                      offenkundig zu dem Schluss, dass es im Ver-
didat für Sparmaßnahmen, während nur wenige
                                                      gleich hierzulande an öffentlichem Rückhalt für
Befragte sich der Verwendung zusätzlicher Ein-
                                                      die Streitkräfte fehle. Dabei ist noch nicht ge-
nahmen für die Streitkräfte das Wort reden (vgl.
                                                      klärt, inwiefern sich die affektive Neigung der
Wieninger 2009: 147ff.). Die geringe Bereit-
                                                      Bürgerinnen und Bürger in anderen Staaten auch
schaft, der Bundeswehr Mittel zuzuweisen, er-
                                                      in konkreter Unterstützung für die Soldaten nie-
klärt damit teilweise die Wahrnehmung fehlen-
                                                      derschlägt. Hinweise hierauf wird eine derzeit
der öffentlicher Unterstützung bei den Soldaten
                                                      laufende Studie des SOWI liefern, die die sicher-
und Soldatinnen.
                                                      heitspolitischen Einstellungen und Aktivitäten
Zudem ist dies aber sicherlich auch Resultat          der Bevölkerung in acht europäischen Staaten
öffentlicher Kommunikation. Wie eine Studie           vergleicht und in der die auf die Streitkräfte be-
des Sozialwissenschaftlichen Instituts zeigt, be-     zogenen Handlungen mittels der hier vorgestell-
stehen im internationalen Vergleich Unterschiede      ten Attraktivitätsskala erhoben werden.
in der Artikulation der Bindung der Bürgerinnen
                                                      Sozialwissenschaftlich ebenfalls noch zu klären
und Bürger an die Streitkräfte (Jonas 2008). Ba-
                                                      ist, welche Formen und Arten der Unterstützung,
sierend auf der SOWI-Bevölkerungsbefragung
                                                      sich die Bundeswehrsoldaten eigentlich vorstel-
2007 wurden die diversen Komponenten affekti-
                                                      len und wünschen, wenn sie einen stärkeren
ver Einstellungen zu den Streitkräften im Rah-
                                                      Rückhalt in der Bevölkerung anmahnen. Die
men einer separaten Online-Befragung von je-
                                                      bisherigen Aussagen verweisen zumeist auf die
weils 1 000 Befragten in Großbritannien, Frank-
                                                      vermeintlich bessere Lage in anderen Staaten –
reich, Deutschland und den USA analysiert. Be-
                                                      oder zu früheren Zeiten – ohne substanziell zu
trachtet wurden u. a. der Stolz auf das eigene
                                                      konkretisieren, wie hierzulande eine zeitgemäße
Militär, die Dankbarkeit gegenüber den Streit-
                                                      Unterstützung für die Streitkräfte und Soldaten
kräften und deren wahrgenommener Nutzen für
                                                      aussehen könnte. In einer Diskussion über das
die eigene Nation. Im Ergebnis zeigen sich Un-
                                                      künftige Verhältnis von Bundeswehr und Gesell-
terschiede in der Artikulation emotionaler Identi-
                                                      schaft sollte dieser Frage aber weiterhin nachge-
fikation mit den eigenen Streitkräften. Bekun-
                                                      gangen werden.
dungen von Dank für und Stolz auf die Armee
sind in Großbritannien und insbesondere den           Trotz vorhandenen Vertrauens in die Bundes-
USA weiter verbreitet als in Deutschland, aber        wehr und der aktiven Unterstützung durch die
auch als in Frankreich. Während die Streitkräfte      Bürgerinnen und Bürger soll an dieser Stelle kein

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einseitig rosiges Bild der zivil-militärischen Be-      Wählern jedoch auf zunehmende Skepsis trifft –
ziehungen gezeichnet werden. Selbstverständlich         zur Diskussion steht, dann besteht ein politischer
gibt es in der öffentlichen Haltung zu den Streit-      Dissens. Es sollte nicht versucht werden, hiervon
kräften auch kritische Aspekte und Themen.              durch die Behauptung eines fehlenden Rückhalts
Dabei stehen allerdings weniger die Soldaten und        für die Bundeswehr in der Bevölkerung abzulen-
Streitkräfte als solche im Fokus, sondern zumeist       ken.
ihre Missionen und Einsätze. So sind seit einigen
Jahren wachsende Zweifel an den Engagements
– und insbesondere am Afghanistaneinsatz der
                                                        6    Literaturverzeichnis
Bundeswehr – zu verzeichnen (Bulmahn 2010:
36). Den Kern der Debatte bildet die öffentliche
                                                        Arnold, Rainer (2010): [Zitat in:] Mitteldeutsche
und politische Auseinandersetzung um Zweck,               Zeitung, 18. Juli 2010.
Ziel und Sinnhaftigkeit der ISAF-Mission. Diese
                                                        Biehl, Heiko/Jörg Keller (2009): Hohe Identifi-
Skepsis ist jedoch nicht mit einer ablehnenden             kation und nüchterner Blick. Die Sicht der
Haltung der Bundeswehr und den Soldaten ge-                Bundeswehrsoldaten auf ihre Einsätze. In:
genüber gleichzusetzen. Entsprechend äußerte               Biehl, Heiko et al. (Hg.): Auslandseinsätze
sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel an-                der Bundeswehr. Sozialwissenschaftliche
lässlich ihres Afghanistanbesuchs Ende 2010:               Analysen, Diagnosen und Perspektiven. Ber-
                                                           lin: Duncker & Humblot, 121–141.
„Zur ablehnenden Haltung vieler Bundesbürger
zum Einsatz sagte die Kanzlerin, die Bevölke-           Bremm, Klaus-Jürgen (2005): Wehrhaft wider
                                                           Willen? Die Debatte um die Bewaffnung
rung sehe diesen Einsatz zum Teil skeptisch, sei           Westdeutschlands in den fünfziger Jahren.
aber trotzdem stolz auf die Soldaten.“4 Im Unter-          In: ders./Martin Rink/Hans-Hubertus Mack
schied zu anderen Zeiten und Ländern – man                 (Hg.): Entschieden für Frieden. 50 Jahre
denke nur an die Situation der Vietnamveteranen            Bundeswehr. Hrsg. im Auftrag des Militärge-
in den USA oder die Nachrüstungsdebatte in der             schichtlichen Forschungsamtes. Freiburg
                                                           i. B.: Rombach Verlag, 283–297.
alten Bundesrepublik – wird die Ablehnung si-
cherheitspolitischer Entscheidungen kaum noch           Bulmahn, Thomas (2010): Sicherheits- und
                                                          verteidigungspolitisches Meinungsklima in
auf die einzelnen Soldaten projiziert. Statt dessen       Deutschland. Ergebnisse der Bevölkerungsbe-
bleibt die vorhandene Skepsis eher diffus oder            fragung Oktober/November 2009. Kurzbe-
trifft zuweilen die tatsächlich (politisch) Verant-       richt. Strausberg: Sozialwissenschaftliches
wortlichen. Eine breitere gesellschaftliche Mobi-         Institut der Bundeswehr.
lisierung findet bislang kaum statt, da sich die        Bulmahn, Thomas/Julia Burmeister/Kathleen
(partei-)politischen Eliten – mit Ausnahme der            Thümmel (2009): Berufswahl Jugendlicher
Linken – im Großen und Ganzen noch geschlos-              und Interesse an einer Berufstätigkeit bei der
                                                          Bundeswehr. Ergebnisse der Jugendstudie
sen hinter die Einsätze stellen. Es gilt deshalb          2007 des Sozialwissenschaftlichen Instituts
festzuhalten: Die Bürgerinnen und Bürger ver-             der Bundeswehr. Forschungsbericht 88.
trauen der Bundeswehr, bringen den Soldaten               Strausberg: Sozialwissenschaftliches Institut
Unterstützung und Respekt entgegen, was nicht             der Bundeswehr.
ausschließt, dass einzelne Einsätze distanziert bis     Caforio, Guiseppe (Hg.) (2007): Cultural differ-
kritisch bewertet werden. Wenn aber die Teil-              ences between the military and parent society
nahme der Bundeswehr an einem Einsatz – der                in democratic countries. Amsterdam et al.: El-
                                                           sevier.
von der politischen Elite gewollt ist, bei den

4
    (http://www.tagesschau.de/ausland/
    merkelafghanistan112.html).

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