Best Ager - Der Silberne Markt - zukunfts|institut
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Schriftenreihe des Wirtschaftsförderungsinstitutes Nr. 336 Best Ager – Der Silberne Markt Trends & Handlungsempfehlungen für Ihr Unternehmen :zukunfts | institut
Impressum Diese Broschüre wurde in Kooperation mit dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (bis 31.1.2009 Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit) im Rahmen des laufenden KMU-Aktionsprogramms erstellt. Alle Rechte (insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung) vorbehal- ten. Kein Teil der Broschüre darf in irgendeiner Form (durch Kopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne Genehmigung der Herausgeber reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verar- beitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Herausgeber und Medieninhaber: Wirtschaftskammer Österreich WIFI Unternehmerservice und Stabsabteilung Wirtschaftspolitik Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien Autoren: Eike Wenzel (Zukunftsinstitut), Christian Rauch (Zukunftsinstitut) Redaktionsteam in der WKÖ: Claudia Scarimbolo (Projektleitung), Andreas Henkel, Dirk Matthias Kauffmann, Thomas Rubik, Gertrude Steinkellner-Reisinger Für den Inhalt verantwortlich: Zukunftsinstitut GmbH — Internationale Gesellschaft für Zukunfts- und Trendberatung Robert-Koch-Straße 116E, 65779 Kelkheim, Deutschland Konzeption und Layout: Daniela Credentino (Zukunftsinstitut) Bildnachweise: www.istockphoto.com; www.freiepresse.de; www.spiegel.de; Daylife; AFP/Getty Images; Nintendo; Artweger; Fotolia Erscheinungsdatum: Februar 2009 (3. Auflage) Druck: AV+ Astoria Druckzentrum GmbH, 1030 Wien Bestellservice und Download: T: 05 90 900 – 4279, E: wp@wko.at, I: wko.at/wp T: 05 90 900 – 4522, E: unternehmerservice@wko.at I: www.unternehmerservice.at unter „Publikationen, Tool, Downloads“ Gendering: Um eine leichtere Lesbarkeit des Textes zu gewährleisten, wurde in der vorliegenden Publikation auf die explizite geschlechtsneutrale Schreibweise verzichtet. Hierfür wurde als Vereinfachung, stellvertretend für beide Geschlechtsformen, jeweils die kürzere männliche Schreibweise angewandt. Das WIFI Unternehmerservice: ist ein Team des WIFI der Wirtschaftskammer Österreich. Es bereitet neue Themen auf, die für Unternehmen in Zukunft wichtig werden. Zu aktuellen Themen werden Veranstaltungen und Publikationen angeboten. Im Mittel- punkt steht das Entwickeln und Koordinieren von geförderten Beratungsprogrammen mit Kofinanzierungspart- nern.
Zukunftsmarkt Best Ager – Der Silberne Markt Österreich ist wie die meisten Industrieländer von einem tief greifenden demografischen Wandel geprägt. Steigende Lebenserwartung und niedrige Geburtenziffern verschieben den Altersaufbau unserer Gesellschaft unaufhörlich: Einer sinkenden Zahl junger Men- schen wird künftig eine wachsende Zahl Älterer gegenüberstehen. Die Wirtschaft braucht einerseits zunehmend qualifizierte ältere Arbeitskräfte, um wettbewerbsfähig zu bleiben und die Systeme sozialer Sicherheit finanzierbar zu halten. Andererseits verändert diese „Silberne Revolution“ in den nächsten Jahrzehnten Märkte, Branchen und Konsum. Die demografische Entwicklung stellt Unternehmer zweifellos vor eine Herausforderung. Die wachsende Zahl älterer Menschen schafft aber auch völlig neue Chancen. Denn entgegen vieler düsterer Szenarien ist die Alterung der Gesellschaft nicht zwangs- läufig eine negative Entwicklung. Wer seine Strategien, Produkte und Dienstleistungen frühzeitig auf die wachsende Zielgruppe der Generation 50plus ausrichtet, wird vom demografischen Wandel profitieren und zu den Trend-Gewinnern zählen. Die Vorausset- zung: Unternehmer müssen jetzt handeln, um auf den Wandel vorbereitet zu sein. Der „Silberne Markt“ ist ein Zukunftsmarkt – und zwar keineswegs nur für „Big Player“. Im Gegenteil: Unternehmen jeder Größenordnung, gerade kleine und mittelgroße Firmen und selbst Einzelunternehmer, können die enormen Potenziale für sich nutzen! Diese Broschüre, die im Rahmen des KMU-Aktionsprogramms des Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend und der Wirtschaftskammer Österreich in Zusammenarbeit mit dem Zukunftsinstitut von Matthias Horx erstellt wurde, zeigt Ihnen: > auf welche Trends Sie sich in den kommenden Jahren einstellen müssen, > welche neuen Möglichkeiten sich bieten und > wie Sie diese für Ihr Business nutzen können. Eine anregende, inspirierende Lektüre wünschen Ihnen Dr. Reinhold Mitterlehner Dr. Christoph Leitl Bundesminister für Wirtschaft, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich Familie und Jugend
Zahlen, Fakten und Prognosen: Wie die Silberne Revolution Wirtschaft und Gesellschaft prägt Anfang der 50er Jahre waren weniger als 16 Prozent der Österreicher 60 Jahre oder älter. Heute liegt der Anteil der über 60-Jährigen schon bei 22 Prozent – mehr als 1,8 Millionen Bürger – im Jahr 2030 wird es fast ein Drittel der Bevölkerung sein. Ähnlich verläuft die Entwicklung in vielen Industriestaaten: Allein in Europa, wo heute bereits ca. 160 Millionen über 60-Jährige leben, werden es im Jahr 2020 rund 185 Millionen sein – jeder vierte Europäer. Der demografische Wandel ist also kein kurz- weiliges, vorübergehendes Phänomen, sondern ein Megatrend, der Ös- terreich und den Rest der Welt noch Jahrzehnte in Atem halten wird. Demografischer Wandel – ein Megatrend auch in Österreich Bevölkerung in Österreich nach Alter (Millionen) 8,7 9,0 8,3 8,4 7,6 1,7 2,2 65 plus 6,8 7,1 1,4 1,5 1,1 0,5 0,9 1,5 1,6 1,9 1,8 50 bis 64 1,1 1,2 1,4 3,0 3,6 3,2 2,7 3,6 3,4 3,3 20 bis 49 2,0 2,1 2,2 1,7 1,8 1,6 1,7 unter 20 Jahre 1934 1961 1981 2007 2010 2020 2030 Quelle: Statistik Austria, 2008 Durch Fortschritte in Medizin, Hygiene, Ernährung und Wohlstandszu- wachs ist auch für ältere Menschen die Lebenserwartung gestiegen: Anfang des 20. Jahrhunderts hatten 60-Jährige im Schnitt gerade mal noch 13 bis 14 Jahre vor sich; heute sind es ca. 21 Jahre bei 60-jähri- gen Männern und 25 Jahre bei gleichaltrigen Frauen. Im Jahr 2030 wird die Lebenserwartung 60-Jähriger bei weiteren 25 bis 28 Jahren liegen. Bereits heute können also 60-Jährige davon ausgehen, dass sie einen Großteil ihres Lebens noch vor sich haben. Wer aber auf eine Lebens- erwartung von 80 Jahren oder mehr blickt, sieht einfach keinen Grund, 42%der Österreicher sich mit 60 schon innerlich vom Leben zu verabschieden. Im Gegenteil: werden im Jahr 2020 über 50 Jahre alt sein, genauso hoch Die Einstellung gegenüber dem Alter und damit auch der Lebensstil äl- wird dann der Anteil in der terer Menschen wandeln sich. Das wirkt sich zwangsläufig auch auf ihre gesamten EU-25 sein. Konsumgewohnheiten aus. 4 Best Ager – Der Silberne Markt
Best Ager – Der Silberne Markt Das Ende rückt in immer weitere Ferne Lebenserwartung 60-Jähriger in Österreich (weitere Lebensjahre) 28,3 24,8 27,0 25,5 23,3 12,8 Männer 24,9 13,5 Frauen 21,0 22,2 21,7 17,8 18,8 14,9 1899/ 1902 1970 1990 2006 2010 2020 2030 Quelle: Statistik Austria, 2008 Was Best Ager zur attraktiven Zielgruppe macht Das Lebensgefühl der Generation 50plus: Länger jung bleiben! Die „Alterung“ unserer Gesellschaft wird fast immer negativ bewertet: Vergreisung, Fachkräftemangel, Rentenkatastrophe. Aber es gibt auch eine andere, positive Seite des demografischen Wandels: Das Alter wird derzeit von den Menschen radikal neu definiert. Das subjektiv empfun- dene Alter sinkt! Heute gilt für die meisten Menschen das „gefühlte Al- ter“, also tatsächliches Alter minus 10 bis 15 Jahre. Studien beweisen diese gefühlte Verjüngung: Inzwischen ist über die Hälfte der Europäer überzeugt, dass das Alter zwischen 60 und 70 Jahren das neue „mittlere 45%der Österreicher Alter“ ist! In ihrer eigenen Wahrnehmung empfinden sich die 50-Jähri- meinen, dass man sich heute gen eher als 35, die 65-Jährigen sind die neuen 50-Jährigen, viele 70- zwischen 60 und 70 im neuen Jährige verhalten sich inzwischen eher wie früher 55- oder 60-Jährige. „mittleren Alter“ befindet. Dieser Trend prägt die Silberne Revolution maßgeblich. Er wird den Wandel in Wirtschaft, Gesellschaft und Konsum in den nächsten Jahren massiv mitbestimmen. Denn die Altersgruppe 50plus stellt sich auf alles andere, bloß nicht auf „Ruhestand“ ein. Viele Menschen über 50 fühlen sich gerade jetzt im besten Alter, weil sie sich Dinge leisten können, für die zuvor weder Zeit noch Geld vorhanden waren. Mussten frühere Generationen erst recht im Alter jeden Groschen zweimal umdrehen, wollen die „neuen Alten“ die Früchte ihrer Arbeit ernten, den erreichten Wohlstand selbstbewusst genießen, ihre Wünsche und Träume verwirk- lichen. Menschen zwischen 50 und 70 sehen sich selbst in der Mitte des Lebens, das sie nun auch in vollen Zügen genießen möchten. Sie haben noch ganz viel vor, richten den Blick nach vorn und wollen die besten Jahre genießen – deshalb sprechen wir von den „Best Agern“. 5
Europäer fühlen sich jünger, als sie sind Aussage: Zwischen 60 und 70 Jahre alt zu sein, ist das neue „mittlere Alter“ 40% 43% 48% 55% nein, stimme nicht zu 60% 52% 57% 45% ja, stimme zu Nordamerika Europa Österreich Asien/ Pazifischer Raum Quelle: ACNielsen, 2007 Anspruchsvoll, konsumfreudig, genussorientiert und offen für Neues Die Zielgruppe der Best Ager definiert sich also nicht allein über das Geburtsjahr, sondern eher über spezifische Ansprüche und Bedürfnis- se, die sich am persönlichen Empfinden orientieren. Die Bedürfnisse Älterer hängen sehr von ihrer Lebenssituation ab. Es macht zweifellos einen Unterschied, ob jemand noch erwerbstätig oder schon Pensionist ist, ob jemand sich gesund fühlt oder körperliche Einschränkungen hat. Wenngleich es sich also bei Menschen über 50 keineswegs um eine homogene Zielgruppe handelt, zeigen sämtliche Verbraucheranalysen doch: Die „jungen Alten“ konsumieren gern, sind mobil, vielseitig inte- ressiert und ausgesprochen aktiv. Viele Best Ager wissen, was gerade „im Trend“ ist und wollen Neues erleben. Sie halten sich körperlich und geistig fit. Es sind die Aktiven im Alter ab 50, die sich überdurchschnitt- lich für ihre Gesundheit interessieren und in ihr persönliches Wohlbe- finden investieren. Sie sind kritische, anspruchsvolle Verbraucher, zu- gleich aber genussorientiert, konsum- und innovationsfreudig. Eine Umfrage der Wirtschaftskammer Österreich zeigt: Beim Einkaufen spielt für Österreichs Verbraucher ab 55 Jahren neben dem Preis vor allem die Qualität eine zentrale Rolle: Fast 60 Prozent sind bereit, für besondere Qualität auch mehr Geld auszugeben. Die Hälfte der Best Ager lässt sich beim Einkaufen gerne beraten. Ebenso hat die Herkunft von Produkten für knapp die Hälfte eine hohe Bedeutung. Und auch De- 51%der über 55-jährigen sign und Ästhetik von Produkten, Marken-Image sowie die Umwelt- und Österreicher wechseln beim nächsten Kauf die Marke, Nachhaltigkeitsaspekte sind für nicht wenige Best Ager wichtige Kauf- wenn sie mit einem Produkt kriterien. Insbesondere für kulinarische Genüsse, Gesundheit, Körper- unzufrieden sind. pflege und Kosmetik ist man bereit, viel auszugeben. 6 Best Ager – Der Silberne Markt
Best Ager – Der Silberne Markt Die Best Ager profitieren von einem nie dagewesenen Wohlstand. Sie sind im Schnitt nicht nur sehr vermögend, sie sind vor allem auch ge- willt, ihr Geld auszugeben, anstatt es in den Sparstrumpf zu stecken. Ein immer größerer Teil der Kaufkraft entfällt auf die Altersgruppe 50plus. Nach dem Motto „Wer spart, hungert bloß für die Erben“ kurbelt sie den Konsum an. Die enorme Kaufkraft, die hohe Ausgabebereitschaft und modernen Konsumgewohnheiten machen die Best Ager zur lukrativen Zielgruppe. Ihr Sinn für Lebensqualität, Gesundheitsorientierung und Genuss schafft für alle Unternehmer neue Marktchancen. Best Ager: Anspruchsvolle, konsumfreudige Genießer Kaufkriterien, die besonders gut zutreffen (Personen ab 55 Jahre, Zustimmung in Prozent) Ich achte auf die Qualität von Produkten 74% Für besondere Qualität gebe ich gern mehr aus 59% Ich lasse mich gern beraten 49% Ich achte auf die Herkunft des Produktes 46% Ich achte auf das Aussehen/die Optik von Produkten 39% Ich kenne mich gut aus 38% Ich probiere gerne Neues aus 36% Ich achte auf hohe Umweltstandards 26% Ich kaufe meistens Markenprodukte 23% Ich informiere mich im Internet 10% Quelle: WKÖ, 2007 Ein Blick über die Grenzen: Chancen für den Export Die alternde Gesellschaft ist ein grenzübergreifendes Phänomen, ja ein internationales Faktum. In den nächsten Jahren werden alle Industrie- länder vor diese Herausforderung gestellt. Insofern ist der Megatrend Best Ager nicht nur für den österreichischen Binnenmarkt interessant. Auch die heimische Exportwirtschaft hat ihre Chancen. In den USA und Japan ist der Markt für Best Ager am weitesten entwickelt. In Deutsch- land, Frankreich und Großbritannien wächst seine Bedeutung von Jahr zu Jahr. Selbst in Osteuropa gewinnt das Thema Demografie zunehmend an Bedeutung: Allmählich ist in den osteuropäischen Staaten nicht nur ein Anstieg der Kaufkraft zu verzeichnen. Einige tschechische und unga- rische Regionen erreichen das untere Niveau westeuropäischer Länder. Der demografische Wandel Die osteuropäischen Staaten werden bis ins Jahr 2050 auch besonders ist grenzüberschreitend. schnell altern. 7
Wie sich Trend-Pioniere auf die Best Ager einstellen Tourismus: 1. Einzigartige Erlebnisse, gesunder Genuss und Top-Service Best Ager sind einkommensstarke und reisefreudige Menschen. Keine Altersgruppe unternimmt so viele Urlaubsreisen wie die 50- bis 70-Jäh- rigen. Daher setzen immer mehr Reise- und Tourismusanbieter auf die Zielgruppe 50plus. Sie wird sich künftig immer stärker zum Wachstums- motor der Touristik-Branche entwickeln. Von den Gästen aus Deutsch- land – Herkunftsland Nummer eins bei den Ausländernächtigungen in Österreich – sind inzwischen 33 Prozent 60 Jahre oder älter. Vor 10 Jah- ren waren es erst 28 Prozent (F.U.R., Reiseanalyse RA 2008). Die Best Ager verändern den Tourismusmarkt – nicht nur weil sie zahlenmäßig relevanter werden, sondern weil sich ihre Interessen und Reisegewohn- heiten wandeln. Best Ager werden künftig noch mehr reisen, haben aber differenziertere Ansprüche an den Urlaub. Überraschend viele ent- scheiden sich für alternative Reisen an ungewöhnliche Orte, die auch junge Rucksack-Touristen anziehend finden. Die neue Reiselust zeugt von dem Bedürfnis, die „besten Jahre“ intensiv zu nutzen und zu genie- 50- bis 70-Jährige unternehmen so viele ßen. Dabei ist der Wunsch nach besonderen Eindrücken und exklusiven Urlaubsreisen wie keine Erlebnissen künftig immer öfter gepaart mit dem Anspruch der Gesun- andere Altersgruppe. derhaltung und der Entdeckung von Neuem. Best Ager-Ferien – Abenteuer 50plus: Die „neuen Alten“ wollen etwas erleben, nicht nur zu Hause vor dem Fernseher. Sie sind unterneh- menslustig und auf der Suche nach ausgefallenen Erlebnissen. Dabei machen ältere Konsumenten auch vor Event- und Abenteuerreisen nicht halt, die lange Zeit nur bei Jugendlichen gefragt waren. Laut Vo- yager Magazin „investieren Menschen über 65 immer mehr Zeit und Geld in Reisen, bei denen nicht nur die traditionellen Destinationen gewählt werden.“ Unternehmen wie Eldertreks aus den USA (www.el- dertreks.com) oder der kanadische Reiseveranstalter 50plus Expediti- ons (www.50plusexpeditions.com) bieten Abenteuerreisen exklusiv für Best Ager an. Ob mit dem Rad quer durch Europa, zu Pferd durch die rus- sische Wildnis, auf dem Kamel durch die Mongolei, die Bergtour durch Patagonien oder zu Fuß die Antarktis erkunden: Urlaube dieser Art zei- gen, dass auch im Alter das Reisen nicht den Anspruch an körperliche Fitness und den pro-aktiven Gesundheitskonsum verliert. Outdoor für fitte „Oldies“: Europaweit veranstaltet Youngtimer-Mo- torradreisen geführte Motorradreisen durch außergewöhnliche Land- schaften für über 50-Jährige (www.youngtimer-motorradreisen.de). In Oberbayern erkennen Skischulen die vermehrte Action-Lust der neuen Alten als Chance und werben erfolgreich mit speziellen Skikursen um die Generation 50plus. Und selbst der DAV Summit Club, eine Tochter des Deutschen Alpenvereins, hat mit „Genuss-Plus – mit Muße reisen“ ein Auge auf jene „Bergsteiger“ geworfen, die „es gemütlicher angehen lassen“ wollen. 8 Best Ager – Der Silberne Markt
Best Ager – Der Silberne Markt Aktivurlaub mit medizinischer Betreuung: Körperliche Fitness und Ge- sundheit spielen bei der neuen Reiselust eine wichtige Rolle. Adven- ture- und Bildungsreisen kombiniert mit medizinischer Betreuung boo- men auf dem Best-Ager-Markt. Diese neue Nachfrage erkennen immer mehr Anbieter. Selbst Tchibo bietet inzwischen ärztlich begleitete Er- lebnisreisen nach China, Indien, Kanada und in den Nahen Osten an. Strategie der „99 Kleinigkeiten“: Bereits 1998 wurde in Österreich das 50plus-Gütesiegel für Hotels entwickelt. „Urlaub für erfahrene Reisen- de“ zeichnet sich durch hohe Servicequalität, kulinarische Genüsse, kul- turelle Highlights und kommunikative Atmosphäre aus, weniger durch Treppenlifter oder Telefone mit extragroßen Tasten. Jedes der über 150 50plus-Hotels in Österreich, Südtirol und Deutschland bietet ein auf die Bedürfnisse und Wünsche von Reisenden über 50 abgestimmtes Pau- schalarrangement. Alleinstellungsmerkmal der Häuser ist das Konzept der „99 Kleinigkeiten“, das dem Gast mehr Aufmerksamkeit und Kom- fort garantiert, etwa Gepäcktransport, Wunschtageszeitung, individuel- le Menüs, kleine Besorgungen etc. (www.50plushotels.com). Regional-Marketing setzt auf 50plus: Auch Regional-Marketing-Platt- formen bieten immer häufiger Aktivurlaube für Best Ager an. Die Touris- mus-Agentur Schleswig-Holstein (www.sh-tourismus.de) wirbt für die Region gezielt mit dem Anspruch nach Gesundheit, Vitalität und Genuss „in den besten Jahren“. Dabei weiß man sehr genau, dass es den jungen Alten um neue Horizonte und nicht um alte Klischees geht. Schon heu- te wollen Ältere anders verreisen als Menschen gleichen Alters vor 10 oder 20 Jahren. In den nächsten Jahren werden Auslandsurlaube auch bei Best Agern immer beliebter. Inländische Destinationen müssen dar- auf mit mehr Servicequalität und größerer Vielfalt reagieren. 2. Gesundheit: Schlüsselressource für ein langes, erfülltes Leben Die Silberne Revolution führt dazu, dass Märkte und Branchen in den nächsten Jahren von einer wachsenden Nachfrage nach gesundheits- bewusstem Konsum geprägt sein werden. Eine neue Alterskultur sorgt dafür, dass Gesundheit künftig zur Schlüsselressource für ein möglichst langes, aktives Leben avanciert. Für eine zunehmende Zahl älterer Men- schen rückt Gesundheit immer stärker in den Fokus von Arbeit, Freizeit und Konsum. Kein Thema dominiert die Bedürfnisse der Best Ager so sehr, denn die Erhaltung der eigenen Fitness ist die wichtigste Voraus- setzung für Selbstbestimmtheit, Selbstverwirklichung und Lebensqua- lität im Alter. Gesunderhaltung im Alter bedeutet aber nicht das Schlu- cken von Pillen, sondern vielmehr einen gesunden Lebensstil, der die Nachfrage nach innovativen Produkten und Dienstleistungen antreibt. Gesundheit: Kein Thema dominiert die Der so genannte Zweite Gesundheitsmarkt, alle privat finanzierten Ge- Bedürfnisse der Best Ager sundheitsprodukte und -dienstleistungen, wird in Zukunft zu einem rie- so sehr. sigen Milliardenmarkt. 9
Gesunde Genießer: Für eine steigende Zahl von Menschen ab 55 sind Restaurantbesuche und gutes Essen in den letzten Jahren zu einer be- liebten Freizeitbeschäftigung geworden. Und weil es gerade die älteren Konsumenten sind, die überdurchschnittlich auf ihre Gesundheit ach- ten, haben auch Genussreisen, die auf den Bio-Trend setzen, großes Potenzial auf dem Best-Ager-Markt. Die „Biowanderroute Prättigau“ im schweizerischen Kanton Graubünden zum Beispiel verbindet Aktiv- urlaub mit kulinarischen Genüssen. Das Angebot richtet sich gezielt an ältere Teilnehmer, die drei Tage lang von Bio-Hof zu Öko-Gasthaus wandern und dabei Natur und Gastronomie genießen. Das Konzept, das 2007 mit dem Bio-Suisse-Förderpreis ausgezeichnet wurde, passt hervorragend zur Ethik einer gesunden und verantwortungsvollen Le- bensführung. Das Genuss-Pilgern kombiniert Wandern mit Erholung, Gesundheit mit Genuss. Das macht den Kurztrip gerade für ältere Men- schen interessant. Krankheitsbewältigung war gestern: Ganzheitliche Präventionspro- gramme für nicht mehr junge und noch lange nicht alte Menschen in der zweiten Lebenshälfte bietet SecondaVita an. Die Devise: Kopf und Kör- per sind in der Lage, sich selbst gesund zu erhalten. Die Gründerin von SecondaVita, Andrea S. Klahre, arbeitet als Präventologin in Anlehnung an die Mind Body Medicine der Harvard Medical School und hilft ihren Kunden in Gesprächen wie praktischen Übungen, sinnvoll, effektiv und nachhaltig an den Themen Stress, Selbstfürsorge und vitales Altern zu arbeiten (www.secondavita.de). Urlaube mit präventiv-regenerativem Charakter: Medical Wellness ent- wickelt sich zum Erfolgskonzept im Gesundheitsmarkt und in der Tou- rismusbranche. Es beinhaltet gesundheitswissenschaftlich begleitete Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität und des subjektiven Gesundheitsempfindens durch eigenverantwortliche Prävention und Gesundheitsförderung. Das macht Medical Wellness für den gesund- heitsbewussten Lebensstil vieler Älterer so attraktiv. Beispiel für die zukunftsweisende Umsetzung sind die A-Rosa Grand Spa Resorts in Kitzbühel, Sylt, Travemünde und am Scharmützelsee nahe Berlin. Sie verbinden hohes medizinisches Know-how mit der starken Kunden- orientierung, der Vertriebskompetenz und dem Lifestyle-Image touris- tischer Anbieter zu einzigartigen Gesundheitsurlauben (www.a-rosa. de/resorts). Neue Sportkonzepte für die Generation 50plus: Heute zeigt sich ein Bild älterer Menschen, die immer bewegungsfreudiger sind. Noch nie gab es so viele sportlich aktive Ältere wie heute: Sie walken im Stadtpark, treffen sich zur Aqua-Gymnastik im Schwimmbad, trainieren im Fitness- Studio. Die modernisierte Gesundheitspolitik, die immer stärker auf pri- vate Vorsorge setzt und bis ins hohe Alter zur selbstständigen Gesund- heitsverantwortung zwingt, stützt diesen Trend. Best Ager sind über die gesundheitsverbessernden Effekte von Bewegung informiert und inte- 10 Best Ager – Der Silberne Markt
Best Ager – Der Silberne Markt ressieren sich für angemessene Sportangebote. Ihr Anspruch im Sport- bereich ist hoch: Sie erwarten eine fachkompetente Trainingsbetreuung und exzellenten Service. Das IST-Studieninstitut beispielsweise hat aus diesem Grund eine neue Ausbildung zum Best-Aging-Trainer geschaf- fen (www.ist.de). Neben den fachlichen Kompetenzen steht dabei ins- besondere die Serviceorientierung im Mittelpunkt. Spielkonsole als Fitness-Gerät: Nintendos Wii-Konsole steht für gene- rationsübergreifenden Spaß an Video-Spielen. Ein Freihand-Controller als Fernbedienung ersetzt das Knöpfchendrücken durch gezielte Kör- perbewegung, wodurch Eltern und Großeltern mit Kindern gemeinsam spielen können. Weil sie die körperliche Fitness erhöhen, hat sich z.B. der amerikanische Seniorenheimbetreiber Erickson Retirement Com- munities entschlossen, seine 20 Seniorenresidenzen mit den Spiel- konsolen auszustatten, was dankend angenommen wird. Tennis- und Bowling-Simulationen sind der Renner unter den „jungen Alten“, aber auch Strategiespiele für die geistige Fitness sind sehr gefragt. Mit „WiiFit“ und dem zugehörigen „Balance Board“ hat Nintendo jüngst eine Anwendung für Muskel- und Balancetraining, Yoga und Aerobic auf den Markt gebracht, die vor allem für Ältere attraktiv ist. In Japan wurde „WiiFit“ bereits über 1,8 Millionen Mal verkauft (http://wii.com). Handel: 3. Wie sich der Handel auf die wachsende Zielgruppe einstellt Mit Blick auf die wachsende Zielgruppe der Best Ager müssen sich Ein- zelhändler verstärkt fragen, wie sie ihre Supermärkte, Kaufhäuser und Shopping-Welten so gestalten, dass ältere Menschen sich darin nicht nur gut zurechtfinden, sondern wirklich angenommen fühlen. Entspannte Atmosphäre, serviceorientiertes Personal: Die Galeria Kauf- hof, Teil der deutschen Metro-Gruppe, sammelt Erfahrungen und Ideen 59%der über 55-jährigen für die Ansprache der 50plus-Kunden in einer Testfiliale in Dortmund. Österreicher sind gern bereit, für besondere Qualität von Jeder vierte Besucher ist dort mittlerweile über 50 Jahre alt. Auf keinen Produkten auch mehr zu Fall soll es als „Senioren-Kaufhaus“ angesehen werden, sondern nur zahlen. als ein gefühltes seniorengerechtes Warenhaus. Denn Menschen über 50 wollen nicht als „alt“ und „hilfsbedürftig“ angesprochen werden. Die Testfiliale zeichnet sich vor allem durch besonderen Service und Bequemlichkeit aus: Ein Doorman öffnet zum Beispiel Frauen mit Kin- derwagen ebenso wie Älteren die Tür. Damit kein Gefühl von Gedränge und Stress aufkommt, sind die Gänge breiter als woanders üblich. Das Licht ist hell, aber nicht grell, die Waren sind überschaubar präsentiert. Schilder und Kassenbons sind gut lesbar, das Personal ist darin geübt, Kunden mit Geduld zu beraten. Eigene „Senior-Scouts“ testen regel- mäßig Neuentwicklungen. Geplant ist auch ein Hol- und Bringdienst, verständlichere Gebrauchsanweisungen werden herausgegeben, die Umkleidekabinen werden größer, und es gibt komfortable Ruhezonen wie in größeren Buchläden. 11
Gediegener Luxus für Ältere in Japan: Takashimaya, die größte Kauf- hauskette Japans, investierte jüngst 110 Millionen Dollar in den Best- Ager-gerechten Umbau ihrer Filiale in Tokio. Opulente Ledersitzecken, Zigarren-Bar und eine Kunstausstellung sollen ein völlig neues Shop- ping-Erlebnis für ältere Konsumenten ermöglichen und die Zielgruppe der „Stylish Elderly“ anziehen (http://www.takashimaya.co.jp). Demografie als Firmenstrategie: In Deutschland führt der Handelskon- zern Netto mit der Eigenmarke „Becetta 45+“ nicht nur Produkte, die auf den individuellen Ernährungsbedarf von über 45-Jährigen abgestimmt sind, in seinem Sortiment. Das Unternehmen betreibt erfolgreich zwei Märkte, die ausschließlich Mitarbeiter beschäftigen, die mindestens 45 Jahre alt sind. Die „45+ Märkte“ sind Ausdruck einer auf den demogra- fischen Wandel ausgerichteten Firmenstrategie: „Eine gesunde Alters- struktur in einem Unternehmen ist uns wichtig. Deshalb möchten wir einen Altersmix in unseren Märkten durchsetzen, damit die Generati- onen voneinander lernen und sich so gezielter auf die Kunden einstel- len können“, beschreibt der Discounter seine Ziele. Der Erfolg gibt dem Konzept recht: „Ältere Arbeitnehmer sind engagiert, belastbar, genau- so wenig oder oft krank wie jüngere Mitarbeiter und verfügen über viele Erfahrungen im Umgang mit den Kunden“, weiß man bei Netto (www. netto-supermarkt.de). Neue Medien: 4. Der Anschluss an die Welt ist wichtig Alter schützt vor Technikbegeisterung nicht. Ältere Menschen halten heute immer besser mit technischen Entwicklungen Schritt. Bestes Bei- spiel: die steigende Internet-Nutzung der Best Ager. In Österreich ha- ben 2007 ganze 37 Prozent der 55- bis 74-Jährigen das Internet genutzt, 2003 waren es gerade einmal 13 Prozent. In Deutschland, wo über 25 Prozent aller über 60-Jährigen das Internet nutzen, waren 2007 erstmals mehr „Silver Surfer“ (5,1 Millionen) als 14- bis 19-Jährige (4,9 Millionen) 37%der 55- im World Wide Web unterwegs. Das Internet wird selbstverständlicher bis 74-Jährigen haben Teil des Alltags der Best Ager. Und so kurbeln sie auch im Internet die 2007 das Internet genutzt. Geschäfte an und werden als Zielgruppe im E-Commerce wichtiger. E-Mails für Internet-Neulinge: Wenngleich immer mehr ältere Men- schen online sind, unterscheiden sich ihre Computer- und Internet-Nut- zungsgewohnheiten zum Teil deutlich von denen Jüngerer. Viele Ältere nutzen ihren PC nur unregelmäßig und wollen auch gar nicht ständig „online“ sein. Die US-Firma Presto hat zusammen mit Hewlett Pack- ard eine innovative Lösung entwickelt, um älteren Internet-Einsteigern den E-Mail-Kontakt zu Familie, Freunden und Bekannten zu erleichtern. In Verbindung mit dem HP-Drucker „Printing Mailbox“ ermöglicht der Presto-Service es selbst jenen, die gar keinen Computer haben oder nutzen wollen, jederzeit E-Mails und Fotos zu empfangen. Mit dem Dru- 12 Best Ager – Der Silberne Markt
Best Ager – Der Silberne Markt cker, der an die Telefonbuchse angeschlossen wird, erhält der Kunde ei- nen Mailbox-Vertrag inklusive E-Mail-Adresse. So kann er eingehende E-Mails und Bilder sofort ausdrucken – ganz ohne Internetverbindung und Computer (www.presto.com). Social Networks für Best Ager: Inzwischen zeigen viele über 50-Jähri- ge aber auch großes Interesse an den neuen, interaktiven Anwendun- gen des so genannten Web 2.0: Laut „EIAA Silver Surfers Report“ der European Interactive Advertising Association besuchen inzwischen 18 Prozent der über 55-jährigen Westeuropäer mindestens einmal im Mo- nat Social-Networking-Plattformen wie MySpace oder Bebo. Dass es auch zielgruppenadäquater geht, beweist Platinnetz.de: Chatten, Fotos hochladen, Kontakte pflegen, Interessen teilen, neue Partner finden – was Facebook oder StudiVZ für Menschen unter 35 ist, ist Platinnetz für Best Ager. Das „Netzwerk für die Generation der Junggebliebenen“ ist ebenso wie Feierabend.de ein Beleg dafür, dass sich der Riesenerfolg von Web 2.0-Anwendungen auch bei „50plus-Communities“ einstellen kann. Denn Social Networking ist längst nicht mehr nur die Domäne jun- ger Menschen. Einkaufswelt im Internet: Die Zahl der Online-Shopper steigt kontinu- ierlich, und die Wachstumsraten im E-Commerce gehen wesentlich auf das Konto der Generation 50plus. 20 Prozent der Österreicher zwischen 55 und 64 Jahren bestellten 2007 Waren oder Dienstleistungen im In- ternet, 2012 wird der Anteil voraussichtlich bei einem Drittel liegen. Im Schnitt gibt jeder über 55-jährige Westeuropäer schon heute weit über 800 Euro jährlich im Internet aus. Urlaube, Reisetickets, Bücher, Kon- zert- und Theaterkarten wie auch Elektro-Produkte, CDs und DVDs lie- gen dabei vorn. Komfort und Zeitersparnis sind zweifellos unschlagbare Vorteile des Online-Shoppings. Dennoch können sich Web-Anbieter mit persönlicher Beratung (Call-Center, Live-Chats) künftig noch stärker auf die ältere Zielgruppe einstellen. Online-Shopping: Best Ager kaufen immer häufiger im Internet Anteil der 55- bis 64-Jährigen, die im letzten Jahr Waren oder Dienstleistungen über das Internet bestellt haben (Prozent) 60% Großbritannien Schweden Deutschland 40% Österreich EU (27 Länder) 20% Tschechische Republik Italien 0% 2004 2005 2006 2007 2012 Quelle: Eurostat, 2008; Prognose: Zukunftsinstitut 13
Bildung: 5. Lebenslanges Lernen wird immer beliebter Man lernt nie aus. Was lange Zeit eine nette Floskel war, wird künftig zur zwingenden Notwendigkeit. Lebenslanges Lernen wird zur Voraus- setzung, um in der Wissensgesellschaft von morgen zu bestehen. Auch im Alter werden Aus- und Weiterbildung immer wichtiger – ob für den Beruf oder aus dem persönlichen Wunsch heraus, neugierig zu bleiben. Bildung für Best Ager wird zu einem viel versprechenden Business, ei- nem riesigen Wachstumsmarkt für innovative Geschäftsmodelle. Dass Ältere auf diesem Markt eine attraktive Zielgruppe sind, beweisen die 93%der 55- Zahlen. In der EU sind Österreichs Best Ager Spitzenreiter beim lebens- bis 64-Jährigen nutzen langen Lernen: Laut Eurostat nehmen hier zu Lande 93 Prozent der 55- Bildungsangebote. bis 64-Jährigen an irgendeiner Form von Lernaktivität teil. Im Bereich der beruflichen Weiterbildung in der Altersgruppe 50plus verzeichnen die WIFIs der Wirtschaftskammern Österreich in den letzten fünf Jahren einen Anstieg von 9,5 Prozent. Seniorstudium Liberale: Die Alpen-Adria-Universität Klagenfurt hat in Zusammenarbeit mit anderen Kärntner Bildungseinrichtungen das „of- fene Studium für Interessierte und geistig Aktive“ eingeführt. Laut Stu- dienkoordinator Professor Paul Kellermann wurde die Bildungseinrich- tung vor allem aufgrund der veränderten Studienbedingungen an den österreichischen Universitäten gegründet, die viele Ältere von einem „späten Studium“ abhalten. Die Einrichtung, die sich als eine besondere Bildungsmöglichkeit für reifere Menschen versteht, die nach einem in- tellektuellen Ausgleich suchen, startete im Wintersemester 2007/2008 mit einer Pilotphase. Die Kernlehrveranstaltungen werden in den Berei- chen Geschichte, Pädagogik, Philosophie, Psychologie, Betriebswirt- schaft und Mathematik ohne Zulassungsbeschränkungen angeboten. Ergänzend halten bekannten Persönlichkeiten Vorträge zu aktuellen Themen, und die Studierenden organisieren sich in einem „Club“, der Raum für vertiefende Diskussionen und Erfahrungsaustausch bietet. Spielend lernen im Alter: Dass sich ältere Menschen selbst für Compu- ter- und Videospiele begeistern können, wenn sie sich an ihren Inte- ressen ausrichten, beweist Nintendo: Sein Denkspiel Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging richtet sich ausdrücklich auch an ältere Nutzer und be- hauptet international Spitzenpositionen in den Game-Charts. Mit Re- chenaufgaben, Sudoku-Rätseln oder Wort-Merkspielen kann man sich geistig verjüngen. Allein in Japan, wo das Spiel mittlerweile sogar in Altersheimen eingesetzt wird, gibt es über 2 Millionen Gehirn-Jogger, weltweit ging das Spiel mehr als 17 Millionen Mal über den Ladentisch. Der Nachfolger „Mehr Gehirn-Jogging – Wie fit ist Ihr Gehirn?“ baut auf diesem Erfolg auf und bietet noch mehr geistige Herausforderungen, die Spaß machen (www.nintendo.com). 14 Best Ager – Der Silberne Markt
Best Ager – Der Silberne Markt Österreichs Best Ager: Spitzenreiter beim lebenslangen Lernen Teilnahme an Lernaktivitäten (55- bis 64-Jährige, Prozent) Österreich 92,5% Dänemark 72,1% Schweiz 58,4% Slowakei 48,9% Italien 35,4% Frankreich 32,2% Deutschland 31,6% EU (25 Länder) 29,5% Großbritannien 22,5% Tschechische Republik 19,5% Polen 16,2% Spanien 13,7% Ungarn 4,4% Quelle: Eurostat, 2008 Wohnung als Lebensmittelpunkt: 6. Enormes Innovationspotenzial Auf dem Wohn- und Einrichtungsmarkt spielen Best Ager eine immer größere Rolle. Keine andere Zielgruppe interessiert sich so sehr für das Thema „Wohnen und Einrichten“. Denn im Alter spielt die Wohnsitua- tion eine zentrale Rolle für die Lebensqualität. Und das lässt man sich auch etwas kosten: Die Mehrheit der 50- bis 70-Jährigen ist gern bereit, für Anschaffungen rund um Haus oder Wohnung mehr Geld auszugeben, wenn sie dafür qualitativ höherwertige Produkte und bessere Beratung erhält. Und weil die Ausgabebereitschaft der Best Ager für ihre Einrich- tung, ihr Haus bzw. ihre Wohnung überdurchschnittlich hoch ist, sind Keine andere sie die Zielgruppe schlechthin in diesem Markt. Wer sie gewinnen will, Zielgruppe interessiert sich muss Alltagsprodukte und Services entwickeln, die älteren Menschen mehr für das Thema Wohnen eine selbstständige Lebensführung und mehr Lebensqualität bieten. und Einrichten als die Best Ager. Barrierefrei für alle Generationen: Sieben Tischler aus Niederöster- reich wollen als „Team barrierefrei Wohnen“ Wohnungen sicherer und komfortabler gestalten. „Leben ohne Barrieren“ heißt kinder- und fa- milienfreundliches sowie altersgerechtes Wohnen mit Komfort. Die Ideen kommen allen zu Gute: richtige Breite der Durchgänge, leicht bedienbare Fenster und Türen, stufenlose, stolperfreie Wege, rutsch- hemmende Oberflächen, sichere Griffe im Sanitär- und Stiegenbereich, Schuhschränke mit Sitzgelegenheit, angepasste Arbeitshöhen, höhen- verstellbare Betten, angepasste Beleuchtung (www.barrierefrei.co.at). 15
Steigende Service-Nachfrage: Dienstleistungen rund ums Haus wer- den von älteren Konsumenten immer stärker nachgefragt. Das schafft Wachstumschancen in vielen Bereichen: Die Baubranche setzt sich verstärkt mit innovativen Wohnkonzepten für die zweite Lebenshälfte auseinander, Hausmeister- und Einkaufsdienste boomen. Auch zieht ein Großteil im zweiten Lebensabschnitt nochmals um. Die Gründe sind vielfältig: kleinerer Wohnraum nach Auszug der Kinder; neuer Wohn- ort, wenn man nicht mehr auf die Nähe zum Arbeitsplatz angewiesen ist; altersgerechte Wohnlösungen; bessere Infrastruktur in der Nach- barschaft. Unternehmen wie der Hamburger Seniorenumzugsservice spezialisieren sich daher auf Umzüge für ältere Menschen mit dem ganzen Spektrum eines Wohnortwechsels: von der Suche einer neu- en Wohnung über die Verwertung nicht mehr benötigter Möbel und Hausgeräte bis zum Anschluss des DVD-Players im neuen Domizil (www.seniorenumzugsservice-hamburg.de). Unabhängigkeit hat oberste Priorität: Um im Alter selbstständig leben zu können, ist die optimale Anpassung der Wohnungseinrichtung an al- tersspezifische Erfordernisse wichtig. Der Küchenbauer Plana hat sich daher auf Küchen spezialisiert, die den Ansprüchen älterer Menschen gerecht werden, ohne die Alterskomponente zu betonen: einfache Rei- nigung und Pflege von Oberflächen, hoch gesetzte, leicht bedienbare Geräte mit Selbstreinigungsprogramm (www.plana.de). Auch Bosch- Siemens-Hausgeräte setzt auf so genannte „Leichtbedien-Konzepte“, um ältere Käufer zu gewinnen: Seitlich zu öffnende Backofentüren er- möglichen ergonomisches, barrierefreies Hantieren, gut sicht- und les- bare, kontrastreiche Displays sowie eine Elektroniksteuerung helfen, Bedienungsfehler zu vermeiden. Dank eines innovativen, Liftsystems lassen sich Wandbacköfen in Augenhöhe installieren, und auf Knopf- druck fährt der Innenraum auf die Höhe der Arbeitsplatte herunter (www.bsh-group.de). „Design for all“: Gerade das Bad ist ein neuralgischer Punkt für das po- sitive Lebensgefühl im Alter. Daher sind auch hier intelligente Lösun- gen gefragt, die Komfort und Bequemlichkeit versprechen, ohne durch „Rentner-Design“ abzuschrecken. Die österreichische Firma Artweger ermöglicht mit seiner „Twinline“ den barrierefreien Ein- und Ausstieg in eine bislang einzigartige Dusch- und Badewannen-Kombination mit rutschfester Beschichtung sowie integriertem Sitz (www.artweger.at). Ebenerdige Duschwannen und rutschfeste Materialien sind aber erst der Anfang innovativer Bad-Accessoires, die altersgerechte Einrichtun- gen nicht außer Acht lassen. Villeroy & Boch bietet Duschkabinen mit Sitzgelegenheit und integrierten Massagedüsen an, die ein Wannenbad quasi überflüssig machen. Entsprechende Badvarianten heißen dann auch nicht „Senioren-Bad“, sondern „Komfort-Bad“ und können um Sportkomponenten wie Sprossenwand oder Sauna erweitert werden. 16 Best Ager – Der Silberne Markt
Best Ager – Der Silberne Markt Handlungsempfehlungen: Future Fitness für Ihr Unternehmen Erfolgreiches Marketing und zukunftsweisende Innovationen – Die wichtigsten Regeln für den Silbernen Markt > Bedürfnisse erkennen und ernst nehmen: Verdeutlichen Sie sich die Wünsche und Bedürfnisse der älteren Generation. Diese hängen von ihrer Lebenssitua- tion ab, denn die Best Ager sind keine homogene Gruppe. Überlegen Sie zum Beispiel, ob Sie mit ihrem Angebot eher Erwerbstätige oder eher Pensionisten ansprechen (wollen). Vielleicht finden Sie auch eine Möglichkeit, Ihre Produkte oder Dienstleistungen in Varianten anzubieten und damit den Bedürfnissen der Älteren gerecht zu werden. Aber Vorsicht: Es ist nicht die sinkende körperliche Leistungsfähigkeit, die Sie berücksichtigen müssen, sondern die neuen Kon- sumgewohnheiten und die modernen Ansprüche älterer Menschen! > Schauen Sie sich was ab: Was macht Produkte und Dienstleistungen von ande- ren Unternehmen für ältere Konsumenten attraktiv? Welche Werte, Eigenschaf- ten und Erfolgsfaktoren lassen sich auf Ihr Angebot übertragen? Gesundheit ist beispielsweise eine Schlüsselressource, die in allen Branchen an Bedeutung ge- winnt. Die Hotellerie reagiert mit speziellen Gesundheitsdienstleistungen, der Handel bietet besonders gesundheitsbewusste Produktlinien an. Von beiden Branchen lässt sich auch für Ihr Unternehmen etwas lernen. Versuchen Sie, Ihr Angebot entsprechend anzupassen und Grundkonzepte für das eigene Geschäft weiterzuentwickeln. > Alles, bloß keine „Senioren-Produkte“: Vermarkten Sie Produkte nie als „Senio- renwaren“ (Beispiel „Seniorenteller“). Niemand will als „Senior“ angesprochen werden. Machen Sie sich bewusst, dass auch Menschen, die selbstbewusst zu ihrem Alter stehen, nicht gerne als hilfsbedürftig angesprochen werden. Stellen Sie besser den generationenübergreifenden Nutzen und Vorteil Ihrer Produkte klar heraus: So werden einfache Produktgestaltung, bequeme Handhabung und gutes Design zur Chance. > Ehrliche, authentische Kundenansprache: Die Best Ager müssen glaubwürdig und authentisch in der Werbung präsentiert werden. Ältere sind erfahrene Kon- sumenten. Sie sind etwas anspruchsvoller und machen nicht jeden „Hype“ mit. Um das wachsende Selbstbewusstsein und den gesünderen Lifestyle dieser Generation anzusprechen, reicht es nicht aus, Angebote lediglich mit einem „50plus-Siegel“ zu versehen. Stellen Sie sich darauf ein, Fragen nach der Her- kunft ihrer Ausgangsprodukte beantworten zu müssen, oder ob Umwelt- und Sozialstandards eingehalten wurden. Informierte Konsumenten machen ihre Kaufentscheidungen von Ihren Antworten abhängig. 17
> Service und Information als Mehrwert: Best Ager sind wissbegierig. Geben Sie ihnen die Möglichkeit, sich umfassend über die Hintergründe und Vorteile Ih- res Angebots zu informieren. Persönliche Beratung – auch und vor allem nach dem Kauf – wird von älteren Kunden geschätzt und honoriert. Bieten Sie kleine Schulungen zum Gebrauch an oder referieren Sie über die Geschichte und Her- stellung Ihrer Produkte. Natürlich wird das Internet auch für Best Ager immer stärker zum Informations- und Kommunikationskanal. Dessen Möglichkeiten sollten Sie hier ausschöpfen. > Innovation durch Kooperation: Binden Sie Ihre Kunden direkt in Ihre Innovati- onsprozesse mit ein. Fragen Sie gezielt nach ihren Wünschen, Ideen und Ver- besserungsvorschlägen. „Open Innovation“ ermöglicht nicht nur eine bessere Kundenbindung, es verringert auch die Flop-Rate bei Produktinnovationen. Ein gut geeignetes Hilfsmittel ist die „Customer Journey“, eine Reise durch Ihre An- gebotspalette aus der Sicht Ihrer Kunden. Laden Sie sie ein, Ihre Produkte und Services einen Tag lang gemeinsam mit Ihnen auf Herz und Nieren zu testen. > Setzen Sie auf ältere Mitarbeiter als Kundenberater: Wenn die Kundschaft äl- ter wird, können qualifizierte ältere Mitarbeiter zur Betreuung dieser Kunden eine strategische Antwort sein. Denn sie schenken älteren Mitarbeitern mehr Vertrauen als jüngeren Kollegen. Sie kennen sich auch mit den Bedürfnissen und Wünschen ihrer Altersgenossen bestens aus und können aus dem eigenen Erfahrungsschatz schöpfen. Allerdings können Sie auch jüngere Mitarbeiter be- fähigen, auf die Bedürfnisse der Best Ager einzugehen. > Nutzen Sie innovative Vertriebswege: Ältere Menschen sind Neuem gegenüber viel aufgeschlossener, als man oft meint. Ihre Konsumgewohnheiten ähneln de- nen junger Menschen sogar: Sie lassen sich gerne auf innovative Entwicklungen ein und sind auch bereit dazuzulernen. Begreifen Sie das als Chance und nutzen Sie verstärkt moderne Vertriebswege, etwa über das Internet. Auch hier können Sie Ihre Kunden in Ihre Geschäftsprozesse einbinden, indem Sie z.B. Produkt- empfehlungen und dadurch ausgelöste Käufe honorieren. 18 Best Ager – Der Silberne Markt
WIFI Unternehmerservice – Erfolg braucht kompetente Partner Infos zu geförderten Beratungen und Förderprogrammen erhalten Sie in Ihrem Bundesland und unter: www.unternehmerservice.at WK Tirol WK Niederösterreich Dr. Sonja Hornsteiner DI Dr. Raimund Mitterbauer T: 05 90 905-7282 T: 02742/851-16500 E: sonja.hornsteiner@wktirol.at E: raimund.mitterbauer@wknoe.at WIFI Wien WK Oberösterreich Mag. Alois Frank Ing. Anton Fragner T: 01/476 77- 5350 T: 05 90 909-3540 E: unternehmensberatung@wifiwien.at E: anton.fragner@wkooe.at WK Vorarlberg Mag. Christoph Mathis T: 05522/305-456 E: mathis.christoph@wkv.at �� � �� � � �� � � � � WK Salzburg Mag. Ferdinand Steger T: 0662/88 88-441 E: fsteger@wks.at WK Burgenland WK Kärnten Mag. (FH) Christa Hareter Mag. Alfred Puff T: 05 90 907-2230 T: 05 90 904-740 E: christa.hareter@wkbgld.at E: alfred.puff@wkk.or.at WK Steiermark Dr. Leopold Strobl T: 0316/601-357 E: leopold.strobl@wkstmk.at Weitergehende Infos zum Silbernen Markt erhalten Sie von der Stabsabteilung Wirtschaftspolitik der Wirtschaftskammer Österreich: Dipl.-Volksw. Dirk M. Kauffmann / T: 05 90 900 - 4262 / E: dirk.kauffmann@wko.at / I: wko.at/wp.
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