Zweiter Präventionsbericht der Kreisstadt Korbach

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Zweiter Präventionsbericht

           der

   Kreisstadt Korbach
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Vorwort des Bürgermeisters                                          4

Vorbemerkung                                                        5

Versuch einer gesellschaftlichen Ursachenanalyse                    5

Der Korbacher Präventionsrat                                        7

Zusammenarbeit zwischen Stadt und Polizei                           8

Gemeinsame Aktionen von Polizei und Stadt

             Legale Drogen und Jugendschutz                         10

             Drogenhandel, Geldwäsche, Diebesgut                    11

             Illegales Glücksspiel                                  12

             Gefahren während der Urlaubszeit                       13

             Schulwegsicherung                                      14

             Fußstreifen im Stadtgebiet und öffentlichen Anlagen    15

             Sicherheit beim Weihnachtseinkauf                      16

Bekämpfung von Vandalismus                                          16

Integration von Aussiedlern                                         19

Bauliche- und ordnungsrechtliche Maßnahmen                          22

Zusammenarbeit mit Schulen und Kindergärten                         23

Erste Korbacher Präventionswoche                                    24

             Eröffnungsgottesdienst                                 29

             Sichere Stadt – bauliche und soziale Aspekte           29
                             der lokalen Sicherheit

             Gewalt – (k)ein Thema für die Humboldtschule           30

             Improvisationstheater „Drogen und Sucht“               31
3

            Anti–Gewalt–Training für Mädchen und Jungen              32

            Sicherheit für Senioren                                  34

            Ausbildung ist Prävention gegen Arbeitslosigkeit         34

            Illegale Drogen – Erkennungsformen und Wirkungen         35

            Anti–Gewalt–Programm – „Cool sein – cool bleiben“        37

            Folgen und Auswirkungen von Gewalt                       38
            an Frauen und Kindern

            Bürgergespräch „Sicherheit in unserer Stadt“             39

            Gesprächsforum „Sicherheit in Hessen“                    42

            Bulimie / Magersucht / Esssucht – eine Erscheinung un-   42
            serer Gesellschaft?

            Kostenlose Schnupperangebote der                         42
            Korbacher Sport- und Kulturvereine

Stimmen zur Präventionswoche                                         44

Weitere Präventionsveranstaltungen                                   48

Überregionale Präventionsveranstaltungen                             58

Gewaltprävention an der Humboldtschule Korbach                       59

Schlussbemerkungen                                                   68
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Vorwort des Bürgermeisters

Vorbeugung gegen Gewalt und Sucht sind wichtige Ansätze zur Beseitigung möglicher
Ursachen für Straftaten und zur Stärkung des Sicherheitsgefühls bei jedem einzelnen
Bürger. Das Engagement der Politik, der Polizei, der Schulen, der verschiedenen Insti-
tutionen, Vereine und Verbände, aber auch des Präventionsrates der Kreisstadt Kor-
bach verdeutlicht, dass die Prävention gegen Gewalt und Sucht gerade in Korbach ei-
nen hohen Stellenwert einnimmt. Dies wurde durch den Zuspruch der Landesregierung
in Wiesbaden, dem Polizeipräsidium in Kassel und anderen Stellen bestätigt. Viele
Städte und Gemeinden in Hessen orientieren sich bereits an dem erfolgreichen Präven-
tionskonzept der Stadt Korbach.

Ich freue mich deshalb besonders, Ihnen heute wiederum einen umfassenden Bericht
über die Präventionsarbeit des vergangenen Jahres vorlegen zu können. Neben wichti-
gen Verbesserungen im öffentlichen Bereich wie z.B. verstärkte Fußstreifen durch Poli-
zei- und Hilfspolizeibeamten, Alkoholverbot auf unseren Kinderspielplätzen, hellere Be-
leuchtung, weniger dunkele Ecken oder bauliche Veränderungen, fanden eine Vielzahl
von Informationsveranstaltungen und Aufklärungsaktionen statt. Hervorheben möchte
ich die in der Bevölkerung auf große Resonanz gestoßene Präventionswoche vom 28.
Oktober bis 1. November 2002.

Unter dem Motto „Gucken statt Ducken – Korbach ist hellwach“ nutzten ca. 2.500
Besucher die Möglichkeit, sich in verschiedene Vortragsreihen, Veranstaltungen und
Informationsgesprächen über die Gefahren des Alltags, über Sucht und Gewalt und ü-
ber die Arbeit der Polizei und des kommunalen Präventionsrates zu informieren. Die
Präventionswoche hat weit über unsere Grenzen hinaus gewirkt und wird sicherlich
auch in der Zukunft ein fester Bestandteil der Präventionsarbeit in Korbach sein.

Ich möchte mich bei all denjenigen bedanken, die auch im vergangenen Jahr wiederum
an der Korbacher Sicherheitsarchitektur mitgearbeitet haben. Hier sind insbesondere zu
nennen: Präventionsrat, Polizei, Schulen, Gericht, Strafvollzug, Jugendhilfe, Kirchen
aber auch unser städtisches Ordnungsamt.

Zum Wohle unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger werde ich mich auch in Zukunft für
ein lebendiges, lebenswertes und sicheres Korbach einsetzen.

Korbach, im Februar 2003

Klaus Friedrich
Bürgermeister
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Vorbemerkung
Gerade in der heutigen Zeit gehört Prävention gegen Gewalt und Sucht zu den Grund-
leistungen einer jeden Stadt. Sicherheit für seine Bürgerinnen und Bürger ist mehr denn
je ein nicht zu unterschätzender Standardfaktor. Kriminalprävention öffnet die Augen für
die unterschiedlichen Lebensbereiche in der Stadt und für Ursachen von Gewalt und
Sucht.

Das Vorhandensein von Konzepten und Strategien im Bereich der Prävention ist ge-
nauso wichtig wie ein entschlossenes Reagieren. Nur so gewinnen Bürger Vertrauen in
Stadt und Staat. Bedingungen hierfür sind neben einer konsequenten Präventionsarbeit
eine regelmäßige und aufschlussreiche Öffentlichkeitsarbeit.

Schwerpunkte in Korbach sind nach wie vor der Kampf gegen Gewalt und Sucht unter
Jugendlichen mit Hilfestellungen für Opfer und Einflussnahme auf die Täter, die Integra-
tion von jugendlichen Spätaussiedlern, Aufklärung über Gefahren des Alltags für alle
Bevölkerungsgruppen und bauliche und ordnungsrechtliche Maßnahmen. Somit sind
die wichtigsten Ansprechpartner die Schulen, die offene Jugendarbeit (Kommunales
Jugendbildungswerk), verschiedene Beratungsstellen, die Ordnungsbehörden und der
Präventionsrat sowie die Polizei.

Über die Kriminalprävention ist es zu einer dauerhaften, engen Zusammenarbeit der
Polizei mit dem Präventionsrat, den Schulen und der Stadtverwaltung Korbach gekom-
men.

Erfolgreich war auch die Zuordnung der jeweiligen Projekte aus der offenen Jugendar-
beit des Kommunalen Jugendbildungswerkes hinüber in den Bereich der Schulen und
Vereine.

Es wurden keine Wunder erwartet und die Prävention läuft nicht von selbst. Die Erfah-
rungen der letzten zwei Jahre zeigen jedoch, dass die Führung der Stadt konsequent
die ganze Bandbreite der Prävention im Auge behalten und immer wieder aktuelle
Schwerpunkte gesetzt hat.

Korbach mit seinen 24.548 Einwohnern ist wirtschaftlicher, kultureller und administrati-
ver Mittelpunkt für ein weites Umland und daher auch ein Schwerpunkt im regionalen
Ereignisraum.

Kommunale Gewaltprävention setzt voraus, dass die Beteiligten sich Zeit nehmen für
die Zusammenarbeit, aber auch für eigene Projekte, da die Zeitbudgets für die Präven-
tion sowohl die Führung wie auch die beteiligten Mitarbeiter im Bereich öffentlicher Ord-
nung, Schulen, Jugend, Sport und Soziales betreffen.

Versuch einer gesellschaftlichen Ursachenanalyse
In den vergangenen Jahren ist es weltweit in Gesellschaft und Politik zu tiefgreifenden
Veränderungsprozessen gekommen. Umfassende politische Umbrüche in Europa, die
Ausbildung globaler Märkte sowie die vielfältige Nutzung neuer Technologien in Wirt-
schaft und Gesellschaft mit noch nicht absehbaren Entwicklungen erweitern auch die
Möglichkeit und den Wirkungskreis von Straftätern und kriminellen Organisationen.

Überall dort, wo die Anwendung von Hochtechnologien der Menschheit große Zukunfts-
chancen verspricht, lauern oft unmittelbar daneben Risiken und Gefahren: Kriminalität
im Internet „Elektronische Kriminalität“ und Szenarien wie hoch entwickelte Kryptogra-
phie im Dienste krimineller Organisationen oder „Information Warfare“ lassen Schlim-
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mes befürchten. Die technologische Entwicklung, so wird es mancherorts zur These
erhoben, begünstigt die Kriminalität und untergräbt systematisch das Abwehrverhalten
der Sicherheitsbehörden.

Die detaillierte Berichterstattung über terroristische Anschläge, Gewalt und Straftaten
und die sich weltweit verschlechternde Wirtschaftslage wird von der Bevölkerung sensi-
bel wahrgenommen.

                                                                                 Quelle: WLZ
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                                                                   Quelle: WLZ

Das Sozialgefüge scheint auseinander zu brechen, es vollzieht sich ein Wertewandel
innerhalb der gesellschaftlichen Strukturen. Der Rückhalt in der Familie hat nachgelas-
sen. Die moralische Autorität der Kirchen, der Schulen und der Hochschulen hat sich
verringert. Die staatlichen Organe haben an Autorität eingebüßt.

Die Angst um Arbeitsplätze und um die wirtschaftliche Grundexistenz sowie die Gefahr,
selbst einer Straftat zum Opfer zu fallen, verstärken die Verunsicherung, Angst und Hilf-
losigkeit in allen Altersschichten der Bevölkerung. Allein diese Angst bedeutet eine er-
hebliche Einschränkung der Lebensqualität bei den Einzelnen.

Der Korbacher Präventionsrat
Das Engagement einer Vielzahl von Bürgermeistern und kommunalen Präventionsräten
verdeutlicht, dass die Prävention gegen Gewalt und Sucht auf der kommunalen Ebene
einen hohen Stellenwert einnimmt. Die Daseinsfürsorge für Bürgerinnen und Bürger bei
der Gewährleistung der Freiheit in Sicherheit steht im Mittelpunkt der kommunalen Auf-
gabe.

Obwohl die Ursachen kriminellen Verhaltens sehr vielschichtig und teilweise auch von
ortsfremden Faktoren bestimmt werden, werden 80 % aller von der Polizei registrierten
Straftaten von sogenannten „örtlichen Tätern“ begangen. Dieser Bezug zum eigenen
Umfeld war unter anderem einer der Hauptgründe, im Jahre 2001 den kommunalen
Präventionsrat der Kreisstadt Korbach ins Leben zu rufen und die Voraussetzungen zur
Ursachenbeseitigung auf der örtlichen, der kommunalen Ebene zu schaffen. Darüber
hinaus war klar, dass kommunalpräventive Entscheidungen genauso Einfluss auf Ju-
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gend-, Gewalt- und Drogenkriminalität haben können wie auf das subjektive Sicher-
heitsgefühl von Frauen, Kindern und Senioren.

Als ständige Mitglieder im Präventionsrat der Stadt Korbach arbeiten mit:

•   Karl-Richard Bracht -          Polizei Korbach

•   Jürgen Wilke -                 Jugendkoordinator Kriminalpolizei Korbach

•   Heinrich Wilhelmi -            Vertreter des Jugendamtes des
                                   Landkreises Waldeck-Frankenberg
•   Bettina Ruge -                 Vertreter der Korbacher Kirchen

•   Gudrun Limperg -               Vertreter aller Korbacher Schulen

•   Eduard Thielemann -            Vertreter der Korbacher Senioren

•   Andrea Franke -                Vertreterin des Kommunalen Jugendbildungswerkes
                                   und der Korbacher Jugend
•   Klaus Friedrich -              Bürgermeister der Stadt Korbach

•   Heinz-Willi Müller -           Ordnungsamtsleiter der Stadt Korbach

•   Burkhard Fincke                Bauamtsleiter der Stadt Korbach

•   Gerhard Seidler                Sachbearbeiter im Ordnungsamt der
                                   Stadt Korbach

Je nach Aufgabenstellung werden zusätzliche weitere Personen aus den behandelten
Sachbereichen eingeladen.

Durch Vernetzung und Kooperation verschiedener Behörden und Institutionen soll eine
effektive, zielgerichtete und abgestimmte Kooperation in der Präventionsarbeit der Stadt
Korbach erreicht werden.

Dabei wurde besonders Wert gelegt auf:

-   eine auf Zusammenarbeit ausgerichtete Kommunikationsstruktur

-   eine adäquate Aufteilung von Aufgaben und

-   einen zentralen Knotenpunkt des Netzwerkes.

Darüber hinaus wurden die Initiativen anderer Institutionen gefördert und unterstützt.

Zusammenarbeit zwischen Stadt und Polizei

Ein weiterer wichtiger Punkt in der Präventionsarbeit ist eine abgestimmte Koordination
zwischen Polizei und den bei der Stadt Korbach zuständigen Mitarbeitern für Ordnung
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und Sicherheit. Hier fanden regelmäßig Gespräche zwischen der Stadt und der Polizei-
station Korbach statt, und es wurden gemeinsame Aufklärungsaktionen durchgeführt.

                                                                               Quelle: WLZ

Dabei werden nach wie vor fortlaufend die Ausgangs- und Entstehungsbedingungen für
Gewalt und Kriminalität „vor Ort“ analysiert und aus den dabei gewonnenen Erkenntnis-
sen Lösungsansätze mit lebens- und alltagspraktischem Bezug entwickelt sowie kon-
krete polizei-, ordnungs- und baurechtliche Maßnahmen umgesetzt.
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               Die Mitglieder des Präventionsrates informieren sich über die tägliche
                            Polizeiarbeit bei der Polizeistation Korbach.

Gemeinsame Aktionen von Polizei und Stadt
Legale Drogen und Jugendschutz
Nach einer Untersuchung der deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) sind die
Deutschen beim Alkohol- und Tabakkonsum nach wie vor in der europäischen Spitzen-
gruppe. Gemessen an 140.000 vorzeitigen Todesfällen durch Rauchen und 73.000
durch Alkohol wird dieser Sucht gegenüber 1.500 Drogentoten jährlich in der Öffentlich-
keit zu wenig Aufmerksamkeit beigemessen.

Nach Schätzung der Hauptstelle für Suchtfragen sind 6,8 Mio. Menschen in Deutsch-
land abhängig von Nikotin und 1,6 Mio. von Alkohol. Dabei ist die Zahl von minderjähri-
gen Alkoholabhängigen steigend.

Zwischen dem 11. und 13. Lebensjahr beginnt jene Phase, in der die Kindheit zu Ende
geht. Der Jugendliche lernt, sein Leben eigenverantwortlich zu gestalten und erwach-
sen zu werden. In dieser Umbruchphase werden Jugendlichen zahlreiche Anpassungs-
leistungen abverlangt. Die Selbstsuche ist eingebettet in ein gesellschaftliches Umfeld,
in dem die berufliche Orientierung angesichts unklarer Zukunftsperspektiven schwieri-
ger wird, soziale und wirtschaftliche Bedingungen sich verschlechtern und Chancen-
gleichheit eher abnimmt. Auf der anderen Seite steht eine Fülle von scheinbaren und
verlockenden Möglichkeiten. Unter diesen komplexer werdenden Bedingungen die ei-
gene Orientierung zu finden, erfordert eine hohe Eigenleistung, besonders von den Ju-
gendlichen.

Sie erleben in dieser Zeit oft Frustration, Angst und Unsicherheiten. Den meisten Ju-
gendlichen gelingen die erforderlichen Entwicklungsprozesse und sie finden ihre eige-
ne, ihnen gemäße Identität, entwickeln ihren Stellenwert, Vertrauen in ihre Fähigkeiten
und ihre Selbstwirksamkeit.

Aber nicht alle bringen die Voraussetzungen dafür mit, den Prozess des Erwachsenen-
werdens produktiv zu bewältigen. Die Trennung der Eltern, Versagenserlebnisse in der
Schule oder Ausbildung, die soziale Situation, die fehlende Unterstützung von Eltern
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oder Bezugspersonen oder ein schwieriger familiärer Hintergrund können ein zusätzli-
cher Auslöser für Krisen in dieser schwierigen Zeit sein.

Hinzu kommen die wichtigen Fragen: Wie wirke ich auf andere? Wie gehe ich mit Kon-
flikten um? Wie werde ich einzigartig und von denen akzeptiert, die mir wichtig sind?
Wichtig ist in dieser Zeit die Akzeptanz in der Gruppe der Gleichaltrigen. Anerkennung
und Ansehen bei den Gleichaltrigen zu haben, besitzt einen hohen Stellenwert. Der Ju-
gendliche grenzt sich gegen Erwartungen der Erwachsenen ab und ahmt gleichzeitig
als erwachsen erlebte Verhaltensweisen nach.

Suchtmittel können in diesem Zusammenhang wichtige Funktionen haben. Sie erfüllen
scheinbar genau das Bedürfnis, sich einerseits abzugrenzen und sich gleichzeitig er-
wachsen zu verhalten.

Vor allem bei legalen Suchtmitteln wie Nikotin und Alkohol ist es gesellschaftlich aner-
kannt, dass Jugendliche lernen, damit umzugehen. Der gelegentliche „Rausch“ gilt
meist sogar als normal. Die Werbung tut ein übriges, um die Attraktivität von Alkohol für
Jugendliche zu erhöhen. Weil Alkoholkonsum in der Gesellschaft weitgehend akzeptiert
wird, ist es für Jugendliche besonders schwer, Grenzen zwischen normativem
Gebrauch und Missbrauch zu ziehen. Die Ursachen sind oft in der Langweile, im Grup-
pendruck oder im „Just for fun“ zu suchen.

Die Tendenz des Alkoholmissbrauchs bei Jugendlichen ist auch verstärkt im ländlichen
Bereich zu beobachten.

Um dieser Tendenz entgegen zu wirken, wurden im vergangenen Jahr verstärkt Ju-
gendschutzkontrollen der Polizei in Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt der Stadt
Korbach durchgeführt. Die in den Abend- und Nachtstunden in Gaststätten, Diskothe-
ken und Spielotheken angetroffenen Kinder und Jugendliche wurden mit zur Polizeista-
tion genommen und die Eltern benachrichtigt. Gemeinsame Aufklärungsgespräche zum
Jugendschutzgesetz und über die Gefahren von Alkohol- und Drogenmissbrauch
schlossen sich an. Im Bedarfsfall wurden Kontakte zu Beratungsstellen und Sucht-
selbsthilfegruppen vermittelt.

Ein weiterer Schwerpunkt des vergangenen Jahres war ebenfalls die Ansprache von
alkohol- und nikotinkonsumierenden Kindern und Jugendlichen in den öffentlichen An-
lagen und der Fußgängerzone in Korbach. Auch hier wurde über die Gefahren von
Suchtmittelmissbrauch aufgeklärt und Beratungsangebote unterbreitet.

Drogenhandel, Geldwäsche, Diebesgut
Im Rahmen von Strafverfolgungsmaßnahmen der Polizei nahm das Ordnungsamt der
Stadt Korbach an verschiedenen Durchsuchungsmaßnahmen in Gaststätten, Diskothe-
ken und Privatwohnungen teil. Hierbei standen unter präventiven Gesichtspunkten der
Handel mit Drogen, die damit zusammenhängende Beschaffungskriminalität, der Ju-
gendschutz und erlaubnisrechtliche Dinge (Gaststättenrecht, Brandsicherungsmaß-
nahmen usw.) im Vordergrund.

Eine weitere, groß angelegte konzertierte Aktion fand im Herbst 2002 mit Polizei,
Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung und dem Ordnungsamt der Stadt Korbach statt. In
einer grenzübergreifenden Durchsuchungsaktion waren in Korbach über 30 Polizisten
der Bereitschaftspolizei Kassel, mehrere Kriminalbeamte, Steuerfahnder und ein Dro-
genspürhund im Einsatz. Zeitgleich mit Durchsuchungen im Bundesland Westfalen
wurden in Korbach eine Diskothek und mehrere Privatwohnungen durchsucht. Der
Hauptaugenmerk richtete sich auf den Handel mit Drogen, die Veräußerung von Die-
besgut und illegale Geldwäsche.
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                                                                            Quelle: HNA

Es wurden ein PC und Geschäftsunterlagen beschlagnahmt und Verstöße gegen das
Gaststättenrecht festgestellt. Ferner wurde dem Verdacht der illegalen Prostitution
nachgegangen.

Illegales Glücksspiel
Aufgrund entsprechender Hinweise wurden Durchsuchungen in clubartig betriebenen
Einrichtungen und Spielotheken durchgeführt. Die Ermittlungen richteten sich insbeson-
dere gegen das illegale Glücksspiel und den Einsatz von Tokenspielgeräten.
Gefahren während der Urlaubszeit
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Durch Aufklärungsgespräche in der Fußgängerzone Korbach informierten Polizeibeam-
te und Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt Korbach Bürger über Gefahren wäh-
rend der Urlaubszeit. Auf die Verwahrung von Wertsachen und den Umgang mit Bar-
geld und Scheckkarten am Urlaubsort, aber auch die Sicherung der leerstehenden
Wohnung während der Abwesenheit wurde besonders hingewiesen und Verhaltensre-
geln vermittelt.

                                                       Quelle: WLZ
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Schulwegsicherung
Über Gefahren auf dem Schulweg, gerade für Erstklässler, informierten die Polizei und
Mitarbeiter des Ordnungsamtes in Korbach. Im Unterricht und in den Pausen stellten
sich die Polizei- und Hilfspolizeibeamten als „Freund und Helfer“ den Kindern vor und
gaben Tipps, u. a. über das richtige Verhalten an Ampeln und Überwegen, über
zweckmäßige Kleidung und die Rückhaltesysteme in den Fahrzeugen, aber auch über
den Umgang mit Fremden.

                                                                           Quelle: WLZ
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Fußstreifen im Stadtgebiet und öffentlichen Anlagen
Durch den Einsatz einer weiteren Hilfspolizeibeamtin bei der Stadt Korbach seit Som-
mer 2001 konnten die Kontrollgänge der Hilfspolizeibeamten bis in die Abendstunden
im Stadtgebiet und in öffentlichen Anlagen ausgedehnt werden. Aber auch durch ge-
meinsame Fußstreifen von Polizei- und Hilfspolizeibeamten stehen der Bevölkerung
wichtige Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung. Durch den Einsatz eines Polizeihun-
des bei der Polizeistation Korbach konnte die Präventionsarbeit ebenfalls verbessert
werden.

                                                                                 Quelle: WLZ
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Sicherheit beim Weihnachtseinkauf
Verstärkt in der Vorweihnachtszeit waren Polizei- und Hilfspolizeibeamte in der Fuß-
gängerzone unterwegs, um Passanten und Geschäftsleute über Gefahren des Ta-
schen- und Ladendiebstahls und über Tricks von Betrügern aufzuklären. Sie demonst-
rierten, wo die Verführungen für Gauner lauern und gaben in persönlichen Beratungs-
gesprächen Verhaltenshinweise und verteilten Informationsbroschüren.

                                                                               Quelle: WLZ

Bekämpfung von Vandalismus
Zerstörte Spielgeräte, abgetretene Papierkörbe, abgeknickte Jungbäume, herausgeris-
sene Blumen – die Liste der Schäden an Kinderspielplätzen, öffentlichen Grünflächen,
aber auch privatem Eigentum, die auf Vandalismus zurückzuführen sind, lässt sich un-
endlich ausdehnen.

So wie fast alle Städte in Deutschland hat auch die Stadt Korbach mit den Auswirkun-
gen des Vandalismus zu kämpfen.
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                                                             Quelle: HNA

                                                             Quelle: HNA

Unter Vandalismus ist aber nicht nur die Gewalt gegen Objekte im Sinne von Zerstö-
rung oder Beschädigung zu sehen, die die Benutzbarkeit einzelner Teilbereiche oder
Ausstattungsgegenstände einschränken oder unmöglich machen. Zu den Beeinträchti-
gen zählen auch die Verunreinigung durch Müll, Scherben und Hundekot.

Vandalismus entpuppt sich bei näherer Betrachtung nicht als das harmlose Ausprobie-
ren oder Kräftemessen weniger Jugendlicher ohne Erziehung, sondern es stellt
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sich schnell als ein sich durch die sozialen Schichten durchziehender Faktor der Weg-
suche zahlreicher männlicher Jugendlicher dar.

Für die Entstehung von Vandalismus zeigen sich neben der persönlichen Veranlagung
der Täter die familiäre Situation, das soziale und bauliche Umfeld und die gesellschaftli-
chen Rahmenbedingungen als ausschlaggebend. Untersuchungen zeigen, dass Vanda-
lismus ein Phänomen der Jugend etwa ab dem Alter von 14 Jahren ist. Die Täter sind
zum überwiegenden Teil männlich. Vandalismus entpuppt sich hierbei als Provokation
der Gesellschaft gegenüber. Männlichen Jugendlichen fehlt häufig das Vorbild: Ge-
schiedene Mütter mit Sorgerecht, Kindergärtnerinnen, Grundschullehrerinnen usw. Das
Leben der Heranwachsenden wird zunächst überwiegend von Frauen bestimmt. Com-
puterspiele oder Filme zeigen daneben ein anderes männliches Bild des starken Man-
nes. Im Kleinen wird dies in der Öffentlichkeit ausprobiert: Vor den Augen von Erwach-
senen wird gepöbelt, zerstört und nichts passiert. Vorbilder, die hier sinnvoll Grenzen
setzen, gibt es kaum. Die Jugendlichen versuchen, durch ihr Verhalten Aufmerksamkeit
auf sich zu ziehen und durch das In-die-Grenzen-weisen durch die Erwachsenen ihre
Position in der Gesellschaft zu finden.

Studien belegen übrigens, dass Delikte gegen kommunales Eigentum in größerem Um-
fang durch ausländische Jugendliche, diejenigen gegen privates Eigentum eher durch
deutsche Jugendliche vorgenommen werden. Einher gehen Häufigkeiten von Delikten
mit einem prozentual geringerem Bildungsniveau der Täter verbunden mit schlechten
beruflichen Perspektiven. Frust und Aggression – gerade bei Tätern mit gestörten Fami-
lienbindungen – äußern sich in Gewalt gegen Sachen.

Es scheint wenig verwunderlich, dass Bänke, Mülleimer und Schilder am stärksten van-
dalisiert werden. Hierbei handelt es sich vermutlich um Gelegenheitsvandalismus, um
das Stärkezeigen Jüngerer. Ein anderes Bild vermittelt die Häufigkeit der Zerstörungen
an Schaukeln, Kinderspielgeräten, Basketballkörben und Tischtennisplatten. Diese Zu-
sammenstellung deutet eher auf Aggressionen in Zusammenhang mit Neid anderen
Gruppen gegenüber hin.

Unter Zugrundelegung dieser Erkenntnisse beschreitet die Stadt Korbach im Rahmen
der Präventionsarbeit neue Wege. Neben der Verwendung stabiler Materialien, um zu-
mindest einen Teil der Vandalismusschäden zu reduzieren, haben wir in Zusammenar-
beit, vorwiegend mit der Polizei und der Jugendpflege versucht, nicht nur am Symptom
zu arbeiten, sondern die Ursache für die Schäden zu bekämpfen. Ein nicht zu unter-
schätzender Punkt ist hierbei die städtebauliche Kriminalprävention, d. h. durch bauli-
che Maßnahmen das Wohnumfeld freundlicher zu gestalten, einer Ghettobildung ent-
gegen zu wirken und den Wohnwert in Mietshaussiedlungen zu steigern (siehe Vortrag
der Dipl.-Geographin Sabine Kaldun während der Präventionswoche in Korbach). Ge-
spräche mit Wohnungsbauunternehmen über das Projekt „Soziale Stadt“ wurden be-
reits geführt.

Ebenfalls ein wichtiger Weg ist einerseits die Partizipation der späteren Nutzer an den
Außenanlagen, andererseits die Bevölkerung dazu aufzufordern, Vandalismus nicht
schweigend und ängstlich hinzunehmen, sondern Auffälligkeiten auf Spielplätzen, öf-
fentlichen Anlagen usw. sofort dem Ordnungsamt oder der Polizei zu melden.

Ein weiterer positiver Aspekt konnte dadurch erzielt werden, dass Verursacher von
Sachbeschädigungen zur Wiedergutmachung den Schaden selbst beheben mussten
und/oder auf freiwilliger Basis zu gemeinnütziger Arbeit in den öffentlichen Anlagen he-
rangezogen wurden.
19

Bei einigen Jugendlichen hinterlässt dieses System bleibenden Eindruck: Durch die
Betreuung von Mitarbeitern des städtischen Bauhofes lernen die Jugendlichen, dass
ihre Arbeit und sie selbst geschätzt werden. Dadurch kann bei diesem Personenkreis
die Sensibilität gegen Vandalismusschäden geschärft werden.

Integration von Aussiedlern
Integration ist in der öffentlichen Diskussion oft ein umstrittener Begriff. Was ist Integra-
tion?

Das Zentrum für Türkeistudien in Essen gibt in seinen Veröffentlichungen in der Regel
die pragmatische Antwort: „Integration bedeutet, dass andere Herkunft nicht im Wider-
spruch zur gleichberechtigten Teilhabe an gesellschaftlichen Ressourcen und Prozes-
sen steht“.

Dennoch kann die Benachteiligung für den „Deutschen“ etwas ganz anderes heißen als
für den Zuwanderer. Der Deutsche unterliegt nicht der Gefahr der ethnischen oder reli-
giösen Diskriminierung oder der kulturellen Entfremdung. Deutsche und Zuwanderer mit
identischen Pro-Kopf-Einkommen weisen also nicht das gleiche Anomie-Risiko auf. Die
besondere Situation und der Anpassungsdruck in der Migration kann verschiedene
Entwicklungen hervorrufen: Auf der einen Seite Auflehnung gegen Gesellschaft und
Rechtsstaat, auf der anderen Seite auch besondere Gesetzestreue.

Für die Stadt Korbach liegt der „Aussiedler-Anteil“ bei ca. 12 bis 14 % der Wohnbevöl-
kerung.

Bei den Bemühungen zur Integration in dieser Bevölkerungsgruppe werden hohe An-
forderungen an alle Beteiligten gestellt:

-   Aussiedler müssen sich in einer ihnen unbekannten Lebenswelt neu orientieren und
    neben der Erkennung bzw. Erweiterung von Sprachkenntnissen und neuer berufli-
    cher Orientierung funktionale Strategien zur Gestaltung von Arbeitsalltag und Frei-
    zeit entwickeln.
20
-   Bei den Aussiedlern und auch bei der bisherigen Wohnbevölkerung zeigen sich oft
    Unkenntnis, Vorurteile, Misstrauen und Unverständnis gegenüber den anderen. Be-
    richte über von Aussiedlern begangene Drogen- und Raubdelikte, die subjektiv er-
    lebte Konkurrenz um Arbeitsplätze bei einer schwieriger werdenden Wirtschaftslage
    oder um begehrte Baugrundstücke sowie die wenigen Berührungspunkte erschwe-
    ren die Integration.

Obwohl sich bei der Integration gerade von jugendlichen Aussiedlern in Korbach durch-
aus positive Tendenzen abzeichnen, treten nach wie vor noch erhebliche Probleme auf.
Das durch die Übersiedlung teils ungewollte Herauslösen aus sozialen und gesell-
schaftlichen Bindungen, die Veränderungen im Sozialgefüge der Familie, eine schwieri-
ge wirtschaftliche Lage und unzureichende Sprachkenntnisse führen immer wieder zu
Konfliktsituationen, die nur lang- oder mittelfristig durch überregionale Hilfs- und Bera-
tungsangebote zu lösen sind.

Durch die Beschäftigung eines gemeinsamen Streetworkers für die Städte
Bad Arolsen und Korbach soll das Konfliktpotential entschärft, Hilfestellung bei der In-
tegration gegeben und versucht werden, den Jugendlichen bei der Suche nach einem
Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatz zur Seite zu stehen.

                                                             Quelle: WLZ
21

Bei der Integrationsarbeit mit Aussiedlern tritt jedoch immer deutlicher ein weiteres
Problem zutage:

-   Erwachsene Männer mit erheblichen Alkoholproblemen

-   Jugendliche und junge Erwachsene mit Drogenabhängigkeit sowie in diesem Zu-
    sammenhang ratsuchende Eltern und Angehörige.

Als schwierig gestaltet sich die Arbeit dadurch, dass bei dieser Zielgruppe sehr unklare
Vorstellungen über das Suchthilfesystem vorherrschen und bei der Gruppe der alkohol-
abhängigen Erwachsenen – aufgrund der Trinkkultur in den Herkunftsländern – fast
durchweg eine unkritische und uninformierte Haltung zum Alkoholkonsum zu erkennen
ist.

Um die vorgenannte Problemsituation entschärfen zu können, sind folgende Maßnah-
men angedacht:

-   Informationsarbeit (Drogenkunde) bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie
    deren Bezugspersonen in Kooperation mit Schulen, Jugendhilfe und Bildungsträ-
    gern (Primärprävention).

-   Sekundärpräventive Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene mit Konsum-
    erfahrung. Hierbei ist gemeinsam mit Kooperationspartnern eine zeitintensive Kon-
    takt- und Beziehungsarbeit zu leisten.

-   Ausweitung der Beratungs- und Behandlungskapazitäten mit speziell auf die Ziel-
    gruppe zugeschnittenen Angeboten (Tertiärprävention).

-   Vernetzung der mit der Problematik konfrontierten Personen und Institutionen.

Für das in Korbach geplante Modellprojekt „PASSORT“ Projekt Aussiedler, Suchthilfe
und Suchtprävention vor Ort sind bereits Fördermittel beim Bundesministerium des In-
nern beantragt worden. Die Kosten des auf drei Jahre (2003 – 2005) angelegten Projek-
tes belaufen sich auf 193.367,00 €. Träger ist das Diakonische Werk Waldeck-
Frankenberg. Die Stadt Korbach beteiligt sich mit insgesamt 19.200,00 €.
22
Bauliche und ordnungsrechtliche Maßnahmen
Die bereits im Jahre 2001 begonnenen und ausführlich im ersten Präventionsbericht der
Kreisstadt Korbach dargelegten baulichen und ordnungsrechtlichen Maßnahmen wur-
den auch im Jahr 2002 konsequent weitergeführt.

                                                        Installation einer zusätzlichen
                                                        Straßenlampe im Westwall

                                                        Beseitigung von Lärmbelästi-
                                                        gung:

                                                        Sicherung des Kinderspiel-
                                                        und Bolzplatzes in der
                                                        Knippschildstraße durch un-
                                                        befugtes Befahren.

Hierzu gehören u. a. die transparente Gestaltung von Grünanlagen und Parkplätzen
durch Rückschnitt von Bäumen, Büschen und Sträuchern (Stadtpark, Grünanlage In der
Laake, Parkplatz Stadtkrankenhaus), die Verbesserung der Beleuchtung (Schulhof
Humboldt-Schule, Schießhagen, Installation neuer Straßenlampen Westwall vor dem
ehem. Finanzamt, Heumarkt) und die Ergänzung der Beschilderung zum Alkoholverbot
auf Spielplätzen. Die Erweiterung der Straßenbeleuchtung im Rahmen der Schulwegsi-
cherung ist für das Jahr 2003 im Herrengraben, Straße von Avranches bis zum Schul-
komplex Alte Landesschule/Humboldt-Schule vorgesehen.
23
Zusammenarbeit mit Schulen und Kindergärten

Ein wichtiger Bestandteil der Korbacher Präventionsarbeit ist weiterhin die Zusammen-
arbeit mit Kindergärten und Schulen. Durch verschiedene Theaterveranstaltungen im
Rahmen der Gewalt- und Suchtprävention soll die Eigeninitiative der jeweiligen Einrich-
tungen gefördert und die Mündigkeit, Konfliktfähigkeit, die Übernahme von Verantwor-
tung in der Gesellschaft und das individuelle Selbstverständnis bei Kindern und Jugend-
lichen gestärkt und ein Beitrag zur Bildung von Zivilcourage geleistet werden. Ebenfalls
soll der kritische Umgang mit legalen und illegalen Suchtmitteln gefördert werden.

                                                                                     Quelle: WLZ
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                                                                                 Quelle: HNA

Erste Korbacher Präventionswoche

Unter dem Motto „Gucken statt ducken – Korbach ist hellwach“ fand vom 28. Okto-
ber bis 1. November 2002 die erste Korbacher Präventionswoche statt. Unter Mitwir-
kung von Polizei, Staatlichem Schulamt, Schulen, Kindergärten, Arbeitsamt, Waldecki-
schen Landeszeitung, Stadt Korbach, Präventionsrat, verschiedenen Referenten, Ver-
einen und Verbänden nutzen ca. 2.500 Besucher die Möglichkeit, sich in verschiedenen
Vortragsreihen, Veranstaltungen und Informationsgesprächen über die Gefahren des
täglichen Alltags, über Sucht und Gewalt und über die Arbeit der Polizei und des kom-
munalen Präventionsrates zu informieren.
25
26
27
Allein am Informationsstand zur Präventionsarbeit und zur Präventionswoche in Kor-
bach am Samstag, dem 26. Oktober 2002, konnten in der Fußgängerzone über 800
Programme verteilt und in vielen Einzelgesprächen Aufklärung betrieben werden.

                                                                             Quelle: WLZ
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Der direkte Draht zu vielen Menschen brachte aber auch für Polizei, Stadt und Präven-
tionsrat wertvolle Anhaltspunkte für die weitere Arbeit.

Die Vorstellung der Reiterstaffel aus Kassel, der Einsatz eines Polizeispürhundes, Al-
koholtests und die Möglichkeit, Polizeifahrzeuge von innen zu besichtigen, gaben einen
Einblick in die tägliche Polizeiarbeit. Während Erwachsene mit Ordnungshütern, Bür-
germeister und Politikern Gespräche führten, hatten die Kleinen die Möglichkeit, sich
auf einem Polizeimotorrad ablichten zu lassen.
29
Eröffnungsgottesdienst
Das von den Konfirmanden und der Jugendarbeiterin Bettina Ruge aufgeführte Stück
„Kalinchen“ von Annegret Fuchshuber stand im Mittelpunkt des von Pfarrerin Barbara
Gallenkamp unter dem Motto „Gewalt überwinden“ gehaltenen Eröffnungsgottesdiens-
tes zur Präventionswoche in der Markusgemeinde Korbach.

                                                    Quelle: WLZ

Sichere Stadt – bauliche und soziale Aspekte der lokalen Sicherheit
Im Eröffnungsvortrag ging Dipl.-Geographin Sabine Kaldun, Gelsenkirchen, auf Anfor-
derungen an die Stadtentwicklung, Städteplanung und Stadterneuerung im Hinblick auf
die zu leistende kommunale Kriminalprävention ein und legte anhand von Beispielen
dar, wie durch vorbeugende Stadtplanung Angsträume und Tatgelegenheiten reduziert
werden können. Weitere Schwerpunkte des Referats waren Tatdelikte wie Vandalis-
mus, Graffiti und Diebstahl durch sicherheitsbewusste Planung vermindert, nachhaltige
Ghettoisierung von Wohngebieten vermieden und welche Konsequenzen aus den Be-
lastungen der überforderten Nachbarschaften in Quartieren gezogen werden müssen.
Dabei ist zu beachten, dass bauliche, technische und soziale Aspekte nicht isoliert von-
einander betrachtet werden dürfen, sondern ein ganzheitliches Planungsverständnis
(integrierte städtebauliche Krimnalprävention) voraussetzt.
30

                                                                             Quelle: WLZ

Gewalt – (k)ein Thema für die Humboldtschule
Bereits seit fünf Jahren beschäftigt sich die Humboldtschule mit dem Thema „Entste-
hung und Vermeidung von Gewalt und wie durch ein friedlicheres Klima Gewalt vermie-
den werden kann“. In Form kleinerer Theaterstücke gaben Schüler und Lehrer im Rah-
men der Präventionswoche einen Einblick in ihre Präventionsarbeit.

                                                                                Quelle: HNA
          (Siehe auch Präventionsbericht der Humboldtschule auf Seite 59)
31

Improvisationstheater „Drogen und Sucht“
Über 600 Schülerinnen und Schüler und ca. 50 Lehrer, Erzieher und Eltern besuchten
das Improvisationstheater „RequiSiT“ bei ihren Vorstellungen von Montag bis Freitag im
Bürgerhaus, um sich über die spezielle Art der Suchtprävention zu informieren.

Allerdings: Drogen und Sucht waren auf der Bühne kein Thema, obwohl das Ensemble
aus ehemaligen Drogenabhängigen besteht. Beim Bühnenauftritt vermittelten die jun-
gen Leute nur Spaß, der anders entsteht als über Fernsehen, Play-Station, Alkohol oder
Pillen.
32

                                                                 Quelle: WLZ

Um Drogenkonsum und die Folgen ging es in den Gesprächen, die sich an die Auffüh-
rungen anschlossen. Je einer der Akteure stand jeder Klasse Rede und Antwort, ohne
dass Lehrer oder andere Erwachsene dabei waren. Die Jugendlichen sollten beim Fra-
gen keine Hemmungen haben. Die Lehrer gingen ihrerseits gemeinsam mit einem Dar-
steller ins Gespräch, um das Thema im Unterricht nochmals aufgreifen zu können. Die
Auftritte wurden je zur Hälfte von der Barmer Ersatzkasse und der Stadt Korbach finan-
ziert.
33
Anti-Gewalt-Training für Mädchen und Jungen
Das Selbstbewusstsein von Mädchen und Jungen zu stärken, Hemmungen abzubauen
und Eskalationen zu vermeiden, waren die Ziele des jeweils für Mädchen und Jungen
getrennt durchgeführten Anti-Gewalt-Trainings in der Hauersporthalle in Korbach.

                                                                           Quelle: HNA
34

     Quelle: WLZ
35
Sicherheit für Senioren
Gerade von älteren Menschen wird oftmals der Ausspruch vernommen: „Man traut sich
ja kaum noch auf die Straße“. Fernseh- und Presseberichte über Gewaltverbrechen,
Raub, Handtaschendiebstahl usw. werden gerade von den älteren Menschen sensibler
wahrgenommen und verstärken das subjektive Gefühl der Unsicherheit. Eine wichtige
Aufgabe von Polizei und Präventionsrat ist es deshalb, Senioren über Gefahren des
täglichen Alltags aufzuklären und ihnen sinnvolle Verhaltensweisen zu vermitteln. Poli-
zeihauptkommissar Werner Diele informierte während der Präventionswoche Senioren
über:

•   Wie kann ich meine Wohnung/mein Haus vor Einbrechern schützen?

•   Vorsicht wenn Fremde läuten – Trickdiebe an der Wohnungstür

•   Unterwegs auf Nummer sicher – Taschendiebe im Gedränge

•   Alle Achtung bei Haustürgeschäften und Verkaufsfahrten

•   Wie verhalte ich mich richtig?

                                                                                  Quelle: WLZ

Ausbildung ist Prävention gegen Arbeitslosigkeit
Ausbildung bietet jungen Menschen nicht nur bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt,
sondern stärkt auch ihr Selbstwertgefühl. Aus diesem Grund stand die Berufsberatung
des Arbeitsamtes im Rahmen der Korbacher Präventionswoche im Jugendhaus Kor-
bach unter dem Motto „Ausbildung ist Prävention gegen Arbeitslosigkeit“.
36

                                                    Quelle: WLZ

Neben der Berufsberatung unterstützen der Streetworker und die Mitarbeiter des Ju-
gendbildungswerkes junge Menschen bei der Ausbildung- und Arbeitsplatzsuche, ge-
ben Hilfestellungen bei Bewerbungen und knüpfen Kontakte zu ortsansässigen Firmen.

Illegale Drogen – Erkennungsformen und Wirkungen
Was ist LSD, XTC, Amphetamin, wie sieht Cannabis, Heroin, Kokain aus? Wie werden
sie konsumiert und welche Wirkungen haben sie?

In seinem Vortrag „Ich kann ja jederzeit aufhören“ informierte der bei der Kriminalpoli-
zei Korbach tätige Jugendkoordinator Kriminalhauptkommissar Jürgen Wilke Eltern,
Erzieher und Jugendliche über die auf Rauschgiftkontakt, Konsum bzw. Abhängigkeit
deutenden allgemeinen Erkennungsmerkmale und ihre physischen, psychischen und
psychosozialen Auffälligkeiten. Hinweise auf Hilfseinrichtungen für Betroffene und An-
gehörige sowie weitere Möglichkeiten zur Informationsgewinnung zum Thema Sucht
wurden ausführlich dargestellt.
37

Über die persönlichen Erfahrungen mit Drogen, vom Beginn der Sucht über den kör-
perlichen Verfall bis hin zur Entziehung, berichtete ein ehemaliger Drogenabhängiger.

Der Vortrag war darauf ausgerichtet, Hilfestellungen zu geben, Drogensucht zu erken-
nen und zu bekämpfen.

                                                                               Quelle: WLZ
38

Anti-Gewalt-Programm - „Cool sein – cool bleiben“                            Quelle: HNA

Die am 30. Oktober 2002 im Rahmen der Korbacher Präventionswoche vorgestellte
und am 25. November 2002 durchgeführte Multiplikatorenausbildung erfolgte in Zu-
sammenarbeit mit der AG Sucht- und Gewaltprävention und der Stadt Korbach im Ju-
gendhaus. Durch die von der kriminalpolizeilichen Vorbeugungs- und Beratungsstelle
beim Polizeipräsidium Nordhessen durchgeführten Ausbildung sollen Lehrer, Erzieher,
Polizei usw. in die Lage versetzt werden, selbständig Veranstaltungen, insbesondere
mit Kindern und Jugendlichen, aber auch mit Erwachsenen durchzuführen, in denen
diese für den Umgang mit Gewalt sensibilisiert werden und Handlungskompetenzen
erhalten.
39

                                                                                    Quelle: WLZ

Ziel ist es, Gewaltsituationen zu erkennen bzw. zu vermeiden. Schwerpunkte der Ver-
anstaltung waren:

-   Definition von Gewalt

-   Aggression und Gewalt im öffentlichen Raum

-   Handlungskompetenzen in Gewaltsituationen

-   Selbstbehauptung

-   Arbeitshilfen zur Gewaltprävention

    - rechtliche Möglichkeiten

    - schulische Bedingungen

    - Hilfen

Folgen und Auswirkungen von Gewalt an Frauen und Kindern
Die Zahl von Frauen und Kindern, die im häuslichen Bereich, aber auch am Arbeitsplatz
tätlich angegriffen, über längere Zeit hinweg übel beschimpft und beleidigt, die perma-
nent herabgewürdigt und gedemütigt werden, steigt. Das Problem wird auch heute noch
tabuisiert, hauptsächlich aus Angst, Hilflosigkeit, Scham und Unwissenheit. Häusliche
Gewalt kommt in allen gesellschaftlichen Schichten vor.
40
Diese Frauen und Kinder haben keine Möglichkeit der Konfliktverarbeitung und
-lösung. Sie fühlen sich ausgeliefert. Zunächst wird das Problem verschwiegen und
verdrängt. Erst wenn sich das seelische Leiden körperlich äußert, wenn sich Schlaflo-
sigkeit, Kopfschmerz und sozialer Rückzug einstellen, kommt die Ursache manchmal
ans Licht. Die Diskussion der letzten Jahrzehnte um Geschlechterrollen haben zu einer
Sensibilisierung gegenüber diesem Problem beigetragen. Auch die öffentlichen Instituti-
onen haben den Veränderungsbedarf erkannt. Das neue, im Jahr 2002 in Kraft getrete-
ne Gewaltschutzgesetz, soll den Opfern in Zukunft mehr Rechte einräumen.

                                                                                 Quelle: HNA

Die von Soroptimist Korbach und der Stadt Korbach eingeladene Referentin, Frau Dr.
Ingrid Olbricht, war über zwanzig Jahre Chefärztin der psychosomatischen Abteilung in
der Werner Wicker Klinik in Bad Wildungen und hat weitreichende Erfahrungen mit Ge-
walt und Diskriminierung gegenüber Frauen und Kindern gesammelt. Sie ist Verfasserin
einiger Bücher zu diesem Thema.

Bürgergespräch „Sicherheit in unserer Stadt“
Über das Thema „Sicherheit in unserer Stadt“ diskutierten Bürgerinnen und Bürger von
Korbach in einer von Jörg Kleine von der Waldeckischen Landeszeitung moderierten
Veranstaltung mit Bürgermeister Klaus Friedrich, Polizeivizepräsident Eckhard Sauer,
dem kommissarischen Leiter der Polizeidirektion Korbach, Kriminaloberrat Dirk Stippich,
Ordnungsamtsleiter Heinz-Willi Müller und Bauamtsleiter Burkhard Fincke.

Neben Gewalt und Sucht waren Vandalismus, objektive und subjektive Sicherheit und
das Problem mit jugendlichen Aussiedlern Schwerpunkte.
41

     Quelle: WLZ
42

     Quelle: HNA
43
Gesprächsforum „Sicherheit in Hessen“
Mit über 170 Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Alte Landesschule und der
Beruflichen Fachoberschule in Korbach diskutierten der Präsident des Landeskriminal-
amtes Norbert Nedela im Sitzungssaal des Rathauses über Sicherheit in Hessen. Dar-
über hinaus gab er Einblicke in die Arbeit des Landeskriminalamtes und zu aktuellen
Tagesthemen wie z. B. Terrorismusbekämpfung, Rasterfahndung usw.

                                                                                 Quelle: WLZ
Bulimie/Magersucht/Esssucht –
eine Erscheinung unserer Gesellschaft ?
Nach einer Schätzung der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätethik leiden rd.
700.000 Frauen und Männer an Magersucht. Körperkult, Schlankheitswahn, Diäten als
„Einstiegsdroge“ sind gesellschaftliche Erscheinungen, die auch immer mehr junge
Männer in Essstörungen mit Suchtcharakter hineinziehen. Individuelle Lebensprobleme
wie innere Immigration und Isolation, gestörte Emotionalität, Bindungsstörungen und
der Verlust sozialer Partnerschaften treten hinzu, wenn beispielsweise aus dem Bedürf-
nis abzunehmen eine lebensbedrohende Sucht erwächst. Bei der Bulimie sind dabei
immer jüngere, meist weibliche Jugendliche mit hoher Dunkelziffer betroffen – Tendenz
steigend.

Gemeinsam mit einer Betroffenen stellte der Beratungslehrer im schulpsychologischen
Dienst im Staatlichen Schulamt Rudi Weber die Erscheinungsformen und Vorkommen
von Essstörungen vor, berichtete über Entwicklungshintergründe und Ursachen und
gab einen Überblick über praktikable Hilfen für Betroffene, Angehörige und im Umfeld
Beteiligte bis hin zu Therapieangeboten.

Kostenlose Schnupperangebote der Korbacher
Sport- und Kulturvereine
Ein wesentlicher Ansprechpartner bei der Integration von jugendlichen Aussiedlern und
im Rahmen einer erfolgreichen Jugendarbeit sind nach wie vor die Korbacher Vereine.
Im Rahmen der Präventionswoche unterbreiteten eine Vielzahl von Korbacher Vereinen
und Verbänden Schnupperangebote zum Kennen lernen.
44
45
Stimmen zur Präventionswoche

                                    Quelle: WLZ
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     Quelle: HNA
48

     Quelle: WLZ

                   Quelle: WLZ
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Weitere Präventionsveranstaltungen

•   4. März 2002
    Referent Dr. Eckhard Schäfer - Sucht- und Gewaltprävention für Eltern, Erzieher,
    Lehrer, Multiplikatoren, Politiker und alle Interessierten -

                                                                                   Quelle: WLZ
50

•   18. und 19. März 2002
    Ron Williams – Gegen Intoleranz und Rassismus – für Korbacher Schulen

                                                                            Quelle: HNA
51

     Quelle: WLZ
52

•   29. April 2002                                                              Quelle: WLZ
    Jugendliche im Gespräch mit Bürgermeister Klaus Friedrich über Situation und Le-
    benswelten von jungen Menschen in Korbach

•   16. Juni 2002
    Gottesdienst „Gewalt beginnt im Herzen“
    Freie Evangelische Gemeinde Korbach

                                                    Quelle: WLZ
53
•   18. Juni 2002
•   Ordnungsamtsleitertagung der größeren nordhessischen Städte und Gemeinden in
    Korbach

                                                                          Quelle: HNA
54

•   1. Juli 2002
    Gottesdienst „Denkmal nach über Gewalt“
    Evangelische und Katholische Kirche und Jugendhaus in der Nikolaikirche

                                                                   Quelle: WLZ

•   7. September 2002
    Interkulturelles Fest der Begegnung im Bürgerhaus

                                                                                 Quelle: WLZ
55

•   16. September 2002
    Vortrag des Buchautors und Pädagogen Karl Gebauer „Gewalt lässt sich beeinflus-
    sen – Chancen einer emotionalen Erziehung“

                                                                               Quelle: WLZ
56
•   24. Oktober 2002
    Runder Tisch gegen häusliche Gewalt

                                                                                Quelle: WLZ

•   24. Oktober 2002
    Vortragsveranstaltung der Beruflichen Schulen „Drogenabhängigkeit – das passiert
    mir nicht“

                                                                           Quelle: WLZ
57
•   20. November 2002
    Theater „Freunde“ im Rahmen der Gewaltprävention in der Stadthalle

                                                       Quelle: HNA
58
•   25. November 2002
    Multiplikatorenausbildung „Cool sein – cool bleiben“

•   6. bis 8. Dezember 2002
    Seminar gegen Fremdenfeindlichkeit in der Jugendherberge Korbach

                                                                       Quelle: HNA
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Überregionale Präventionsveranstaltungen
-   Am 23. Mai 2002 nahm der Ordnungsamtsleiter und der Sachbearbeiter im Ord-
    nungsamt am Hessischen Präventionstag in Darmstadt teil. Wiederum konnten an-
    hand der dargestellten Projekte, der verschiedenen Vorträge und der persönlichen
    Gespräche mit anderen Städten und Gemeinden ein Einblick in die Vielfalt und Brei-
    te der kommunalen präventiven Überlegungen in Hessen und Anregungen für eine
    weitere Präventionsarbeit in Korbach gewonnen werden.

-   Teilnahme an der Feierstunde zum 10-jährigen Bestehen des Landespräventionsra-
    tes am 18. November 2002 im Hessischen Ministerium der Justiz in Wiesbaden mit
    anschließenden Gesprächen mit dem Geschäftsführer des Landespräventionsrates
    Dr. Helmut Fünfsinn und Justizminister Christian Wagener.

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       Gewaltprävention an der Humboldtschule Korbach

„Gewalt gibt es überall in unserer Gesellschaft – auch bei uns – aber wir wollen schon
im Vorfeld etwas dagegen tun und uns nicht damit abfinden.“

Seit 1997 wird das pädagogische Handeln der Schule entscheidend vom Projekt „Ge-
waltprävention“ nach Professor Dan Olweus bestimmt. Alle Gremien der Schule hatten
sich einstimmig für die Teilnahme an dem Projekt ausgesprochen.
In den ersten drei Jahren erhielt die Schule wissenschaftliche Unterstützung von Peter
Pastuch, dem damaligen Direktor des "Instituts für Theorie und Praxis" der Universität
Kiel. Von Beginn an ist die enge Zusammenarbeit und Abstimmung von Schule und El-
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ternhaus unerlässlich, denn nur so können nach unseren Vorstellungen aggressives
Verhalten und Gewaltbereitschaft abgebaut werden.
Die in der Schule getroffenen Vereinbarungen müssen auch zu Hause gelten.

Die Schaffung eines friedlichen Schulklimas entzieht der Gewaltbereitschaft den Nähr-
boden. Kinder müssen stark gemacht werden, aber es müssen ihnen auch Grenzen
gesetzt werden. Sie müssen für das Thema Gewalt sensibel sein und sich für gewalt-
freies Verhalten entscheiden. Eltern erziehen nach den gleichen Prinzipien wie die
Schule. Die Schule öffnet sich nach außen.

Jedes Mitglied der Schulgemeinde ist über die Inhalte und Vereinbarungen des Pro-
jektes Gewaltprävention informiert. Jährlich findet mindestens eine Informationsver-
anstaltung für Eltern statt, in der Eltern von Schülerinnen und Schülern, die erst seit der
letzten Veranstaltung die Humboldt-Schule besuchen, das Modell kennen lernen, aus-
führlich über die Inhalte diskutieren und ein Konsens hergestellt wird. Die Eltern erhal-
ten eine Liste mit Adressen von Unterstützungssystemen, durch die sie bei Problemen
Hilfe erhalten. Durch die enge Zusammenarbeit mit außerschulischen Einrichtungen der
Kinder- und Jugendarbeit werden den Schülerinnen und Schülern sowie Eltern zusätzli-
che Angebote unterbreitet. In den Klassen finden regel-
mäßig Präventionsstunden statt, in denen über Probleme
gesprochen wird und Lösungswege gesucht werden. Rol-
lenspiele u. ä. dienen der Unterstützung.

Jede Schülerin und jeder Schüler
akzeptiert die drei Vereinbarungen
und hilft mit, sie umzusetzen.

   1. Im Schulgebäude gehen wir langsam und schreien
      nicht.
   2. Wir benutzen keine Schimpfwörter.
   3. Bei „Hör auf!“ ist Schluss!
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                                 Darüber hinaus erarbeitet jede Klasse
                                 Klassenregelungen. Jeder Einzelne trägt dazu bei,
                                 dass ein friedliches Schulklima geschaffen wird.
                                 Jeder ist für sein Handeln verantwortlich.
                                 Hausmeister, Sekretärin, Lehrerinnen und Lehrer,
                                 Schülerinnen und Schüler sowie Eltern haben den
                                 Auftrag „Hinsehen und nicht wegsehen!“ Gespräche
                                 mit Tätern und Opfern sind unerlässlich. Ab dem
                                 dritten Schuljahr hat jede Klasse zwei bis drei
                                 „Ohrkinder“, die bei Streitigkeiten als neutrale
                                 Zuhörer versuchen Streit zu schlichten. Lehrerinnen
                                 und Lehrer sprechen bei Verstößen gegen
                                 Vereinbarungen Sanktionen aus. Neben
                                 pädagogischen Maßnahmen greift der Ordnungs-
                                 maßnahmenkatalog. Bei sehr schweren Verstößen
                                 müssen die Eltern ihre Kinder von der Schule
                                 abholen. Gemeinsam wird nach Lösungswegen ge-
                                 sucht.

Um Gewalt zu vermindern entscheiden die Schülerinnen und Schüler entsprechend ih-
ren Bedürfnissen in der „offenen Pause“, ob sie sich im Klassenraum, in den Aufent-
haltsbereichen, in der Pausenhalle oder auf dem Schulhof aufhalten möchten, um zu
spielen, zu lesen oder Gespräche zu führen. Jede Klasse verfügt über eine eigene Bü-
cherei, einen Computer und jeweils eine Spielkiste für drinnen und draußen.

Gemeinsam mit Eltern, Lehrern und Kindern wurde der Schulhof umgestaltet und neue
Großspielgeräte angeschafft.
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Grundsätzliches zum Projekt „Olweus“

Grundlage des Interventionsprogramms zur Vorbeugung gegen Gewalt an Schulen sind
die Untersuchungen und Forschungsergebnisse des norwegischen Prof. Dan Olweus
aus Bergen. Sein Aktionsprogramm versucht aggressives Verhalten und Gewalttätigkeit
deutlich zu vermindern.

Was ist „Gewalt“?
Ein Schüler ist Gewalt ausgesetzt, wenn er wiederholt oder über längere Zeit den nega-
tiven Handlungen anderer Schüler oder einer Schülergruppe ausgesetzt ist – beispiels-
weise durch Tyrannisieren, Drangsalieren, Einschüchtern, Erpressen.

Gewalt äußert sich in:
körperlichen Tätlichkeiten
(schlagen, stoßen, treten),
verbalen Äußerungen
(anschreien, beschimpfen, beleidigen)
und nonverbalem Verhalten
(negative Gesten, Nichtbeachtung, isolie-
ren).

Gewaltverhalten setzt nach Olweus immer
das Verhältnis „Stärkerer / Schwächerer“
voraus. Raufereien unter gleichstarken
Kindern stellen nach seiner Definition
demnach kein Gewaltverhalten dar.

Täter-Opfer-System
Der Täter wird belohnt durch unmittelbaren
Erfolg, er wird bewundert, festigt seine Po-
sition und lernt, dass Gewalt Erfolg bringt.
Mitschüler sind ängstlich und zugleich fas-
ziniert. So wird es schnell Mitläufer geben,
die den Täter als Vorbild sehen.
                                               Das stärkt auch das Gefühl unter Schü-
                                               lern, nicht mehr verantwortlich zu sein. Die
                                               Lehrer sind in diesen Situationen zumeist
                                               verunsichert, die Eltern erfahren nichts
                                               oder nur wenig. Das Opfer wird weiter ein-
                                               geschüchtert, ist ängstlich und verunsi-
                                               chert, wird sich immer weiter zurückziehen
                                               und vereinsamen. Es bleibt somit Objekt
                                               von Gewalt.

                                               Wir akzeptieren keine Gewalt!
                                               Das Ziel ist ein Schulklima, in dem ein
                                               friedliches Miteinander möglich ist. Einzel-
                                               schritte sind:
                                               Regeln gegen Gewalt gemeinsam erarbei-
                                               ten und formulieren sowie Regeln (Stra-
                                               fen) bei Verstößen entwickeln. Diese wer-
                                               den langfristig an der Schule verbindlich
                                               für alle eingeführt. Schüler für das Thema
                                               Gewalt empfindlich machen und gleichzei-
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