09/10 2021 DSO-Nachrichten Feiern Sie mit! - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin

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09/10 2021 DSO-Nachrichten Feiern Sie mit! - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Robin Ticciati
im Gespräch

Saisoneröffnung
beim Musikfest Berlin

75 Jahre DSO
Feiern Sie mit!

DSO-Nachrichten
09/10 2021
09/10 2021 DSO-Nachrichten Feiern Sie mit! - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
2   Inhalt                                                                           Editorial    3

                                      Liebe Leserin,
                                      lieber Leser,
                                      voller Optimismus blicken wir in die neue Spielzeit. Mit auf-
                                      regenden Programmen und großartigen Gästen, voller Mu-
                                      sizierlust und Tatendrang kehren das Orchester und sein
3   Editorial                         Chefdirigent Robin Ticciati im September aus der Sommer-
                                      pause zurück. Die Saison 2021/2022, die mit Kammermusik
4   Robin Ticciati im Gespräch
                                      im Freien beginnt und im Rahmen des Musikfests Berlin
10 75 Jahre DSO                       offiziell eröffnet wird, ist keine gewöhnliche: Das DSO feiert
                                      seinen 75. Geburtstag – mit Jubiläumskonzerten im Novem-
14	Aktuelles zum Konzertbesuch
                                      ber sowie Schlüsselwerken der Orchestergeschichte, die die
16	DSO PLAYER                        gesamte Spielzeit durchziehen. Auch in den DSO-Nachrich-
                                      ten nehmen wir historische Wegmarken in den Blick, wer-
18 Saisonauftakt mit Robin Ticciati
                                      fen Schlaglichter auf große Künstler*innen und legendäre
24 Igor Strawinsky                    Ereignisse. Mehr zum Thema ›75 Jahre‹ lesen Sie ab → S. 11.

26 Konzertkalender                    Trotz der aktuellen Erleichterungen im Kulturleben wird
29 Impressum                          uns die Pandemie mit Einlass- und Abstandsregeln, Mas-
                                      kenpflicht und kurzfristigen Änderungen sicher noch eini-
31 Kammerkonzerte                     ge Zeit begleiten. Wir hoffen, dass Sie diesen Weg mit uns
32 Sir Roger Norrington               weitergehen und danken Ihnen, unserem Publikum, schon
                                      jetzt für Ihre Treue aufs Herzlichste. Wir wünschen Ihnen
34 Berthold Goldschmidt               viel Vergnügen beim Lesen dieser Ausgabe und freuen uns
36 Symphonic Mob                      sehr, Sie möglichst bald wieder in einem unserer Konzerte
                                      begrüßen zu dürfen. Die Abonnements sind bereits seit Juni
38 Kent Nagano und Mari Kodama        erhältlich, der Einzelkartenverkauf für die neue Spielzeit be-
42 Berlin braucht Musik!              ginnt am 16. August.

46 Neue CD mit Robin Ticciati         Herzliche Grüße
                                      Ihr Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
48 Ferenc Fricsay
51 Jubiläumsbroschüre
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Im Gespräch     5

Saison 21/22    Robin Ticciati

Offener Horizont
Chefdirigent Robin Ticciati über die neue Spielzeit

        Maestro, das DSO bricht in eine besondere Sai-
         son auf: Es wird 75, ein Grund zur Freude! Das
         ist die eine Seite. Die andere: Hinter uns liegen
        eineinhalb Jahre, in denen das Orchester nur eine
     Handvoll Konzerte in der Philharmonie geben konn-
te. Die neue Saison ist auf Hoffnung gebaut. Wie bringen
Sie diese widerstrebenden Kräfte und Gefühle in Ihrer
Konzertplanung zusammen?
Vor allem durch den »Spirit« des Orchesters und durch
ein vertieftes Nachdenken über das, was wir sind, was wir
wollen, und was wir in allen erdenklichen Kommunikations-
formen mit unseren Mitmenschen teilen können. Und auch
durch eine neue Reflexion über unsere Kunst, die Musik.
Das DSO hat in seiner Geschichte viele Krisen gemeistert.
Die Fähigkeit, in ihnen Zeichen eines Aufbruchs zu entde-
cken und sie als Chance zu begreifen, macht das Ethos
des Orchesters aus. Diese Einstellung hat sich in der Pan-
demie einmal mehr bewährt. Das Herausgerissenwerden
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aus einem scheinbar stabilen Lebenslauf hat Ebenbilder           bringen. Auch unser Januarprogramm, das dem spannen-
auch in der Musik. Das zeigt schon das Programm zur Sai-         den Kräftedreieck Beethoven – Berlioz – Schumann gewid-
soneröffnung beim Musikfest → S. 18. Dessen Schwerpunkt          met ist, folgt diesem Ansatz. Was wir entwickeln, löscht
liegt diesmal auf dem Spätwerk Strawinskys. Gemeinsam            die Tradition nicht, sondern führt sie weiter, gewichtet und
mit dem Rundfunkchor Berlin stellen wir die ›Requiem Can-        beleuchtet sie neu.
ticles‹ in den Mittelpunkt – das Fragment einer Totenmesse
mit »einem jener Schlüsse«, wie es Pierre Souvtchinsky ein-      Dem Jubiläumsprogramm am 19. und 20. November ver-
mal sagte, »die nicht oder erst im Unendlichen enden und         leihen sie einen anderen Zuschnitt. Welche Idee verbirgt
mit denen Strawinsky die abendländische Musik über den           sich dahinter?
Kanon der klassischen Symphonie hinaus um eine Dimensi-          Bei einschlägigen Jahrestagen blickt man meist zurück. In
on bereichert hat«. Wir beschließen unser Konzert mit dem        unserem Jubiläumskonzert wollen wir den Blick nach vorn
Adagio aus Gustav Mahlers unvollendeter Zehnter Sym-             richten, genauer gesagt: Wir wollen Herkunft und Zukunft,
phonie. Eine Woche später spielen wir Bruckners Neunte           Erinnern und Weiterdenken verschränken. Aus dieser Idee
→ S. 22, ebenfalls ein unvollendetes Werk; das Adagio, dem       haben wir unser Programm entworfen. Vaughan Williams
noch ein großes, in Teilen ausgeführtes Finale folgen sollte,    nahm sich in seiner Tallis-Fantasie ein Thema aus alter Zeit
nimmt einen langen Abschied, der ebenfalls in die Ewigkeit       vor und betrachtete es aus der Perspektive seiner Gegen-
zu verklingen scheint. Es geht in beiden Programmen um           wart. Ähnliches haben wir anschließend mit einer Orchester-
Vollendung und Unvollendetes, um Unabgeschlossenes und           improvisation im Sinn. Die Fähigkeit, aus der Intensität des
Endgültiges. Bei allen Unterschieden in Stil und Hintergrund     Augenblicks spontan zu gestalten, haben wir in den letzten
der Werke besteht zwischen ihnen ein innerer Gleichklang.        Jahren Schritt für Schritt kultiviert. Auf Antonín Dvořák, der
Ihre Intensität hat mit dem Blick in die Zukunft als schlecht-   sich in den drei Jahren, die er in den USA wirkte, für die Mu-
hin unbekannte und ungewisse zu tun, den wir in der Pan-         sik der Indigenen und der Afroamerikaner einsetzte, antwor-
demie neu erkennen gelernt haben.                                ten wir mit einer Jazzimprovisation. Die große Freude, mit
                                                                 einer so exzellenten Solistin wie Lisa Batiashvili auf die Be-
Ihre nächsten Programme fallen in den Jubiläumsmonat.            deutung der französischen Musik für unsere Programme zu
Beim ersten Konzert am 12. November folgt einem mo-              blicken, setzt sich in der Orchestervirtuosität von Strauss’
dernen Werk (Julian Andersons ›Crazed Moon‹) ein klas-           ›Don Juan‹ fort, die »der Jugend Feuerpulse fliegen« lässt.
sisches Solokonzert (Beethovens Viertes Klavierkonzert           In der Mitte steht ›Sudden Time‹, ein Stück über Zeitverrü-
mit Mitsuko Uchida), den Abschluss bildet Rachma-                ckungen, die aus einem Donnerschlag entstehen. Sir George
ninoffs Dritte, eine große nachromantische Symphonie.            Benjamin komponierte es vor 30 Jahren, es wirkt wie eine
Das klingt eher konventionell ...                                brandaktuelle Metapher.
Wir werden natürlich auch in Zukunft Programme von klas-
sischer Struktur erarbeiten. Diese Form lässt unterschied-       Sie spielen auf den lautlosen Donnerschlag der Pande-
lichste Ausgestaltungen und viele Innovationen zu. Sie bietet    mie an, den Sie und das DSO als Weckruf aufgenom-
uns die Möglichkeit, Werke aus einem riesigen Repertoire-        men haben: Schafft Neues! Sie haben es getan, haben
fundus in immer neue und interessante Konstellationen zu         Musikfilme im Tempodrom, in der Friedrichswerderschen
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                                                               … einen glänzenden Violinvirtuosen und Improvisator.
                                                               Ja, einen kreativen Musiker, der das Spontane liebt. Ich
                                                               freue mich auf das ›Neue vom Tage‹ mit ihm. Das zweite
                                                               Vorhaben im April ist eine auf die Philharmonie abgestimm-
                                                               te Version des Filmprojekts, das wir im Frühjahr im Tempo-
                                                               drom mit Reinhold Messner realisiert haben. Er spricht an
                                                               bestimmten Stellen der ›Alpensinfonie‹ über die Extrem-
                                                               situation des Bergsteigens an den höchsten Gipfeln dieser
                                                               Erde, über Angst und Weite, Ausgeliefertsein und Beste-
                                                               henkönnen, über den schmalen Grat zwischen Leben und
                                                               Tod. Strauss’ symphonische Dramaturgie erhält dadurch
                                                               existenzielle Intensität; sie wird durch eine Lichtregie mit
                                                               der Suggestion eines riesigen, wechselhaften Raumes über
                                                               und um uns verstärkt. Der ›Alpensinfonie‹ stellen wir ein
                                                               neues Werk von Julian Anderson voran, das sich ebenfalls
Robin Ticciati bei Aufnahmen zum Film ›Im Exil – von Göttern   mit Raum- und Grenzerfahrungen auseinandersetzt.
und Menschen‹ im November 2020
                                                               Werden Sie am 20. März auch Bartóks Oper ›Herzog
Kirche, im Wald und im Green Screen Studio produziert,         Blaubarts Burg‹ in Szene setzen?
Ensembles traten an Deck von Bussen und Schiffen, in           Nein, denn wir bauen in unserer Arbeit auf zweierlei: auf
einem Ballon und an prominenten Plätzen der Stadt auf.         die Steigerung, die Musik durch Mittel von außen gewin-
Sie waren überaus kreativ. Was nehmen Sie davon mit in         nen kann, etwa durch Licht, Szene oder gesprochenes Wort,
die neue Saison?                                               aber auch auf die Gegenbewegung, auf die Art, wie Musik
Wir beginnen sie mit dem Wochenende ›Berlin braucht Mu-        Emotionen, Temperamente und Farben einer Szene voll-
sik!‹ mit Kammerkonzerten im öffentlichen Raum → S. 42.        kommen in sich konzentrieren kann. Solche Deutlichkeit
In der Philharmonie sind es konkret zwei Projekte. Das eine    zeichnet Bartóks Partitur, aber auch Péter Eötvös’ Orches-
nennen wir ›Neues vom Tage‹. Wir geben Konzerttermine          terfantasie über den Flug des Adlers und Hans Zimmers Mu-
bekannt, dieses Jahr den 19. und 20. Dezember, das Pro-        sik zu den Batman-Filmen aus. So vermittelt dieses Projekt
gramm legen wir aber erst kurz vorher fest. Während der        zwischen der experimentellen und der geschichtsfundierten
Pandemie mussten wir oft unsere Pläne von einem auf den        Seite unserer Jubiläumssaison. Wohin beide uns führen wer-
anderen Tag ändern und neue Ideen schnell entwickeln und       den, wissen wir zum Gück noch nicht. Der Horizont ist offen!
umsetzen. Darin lag auch ein Vorzug: Wir konnten direkt auf
die Situation reagieren. Bei den in unserem Metier bislang     Das Gespräch führte HABAKUK TRABER.
üblichen Planungsfristen schien das unmöglich – aber ich
halte es für nötig. Außer den Terminen steht nur fest, dass
wir Pekka Kuusisto an unserer Seite haben …
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75 Jahre DSO    11

Saison 21/22   Jubiläum

Feiern Sie mit!
            In der Spielzeit 2021/2022 begehen wir das
             75. Jubiläum unseres Orchesters. Gegrün-
              det am 15. November 1946 als RIAS-Sym-
              phonie-Orchester, 1956 umbenannt in Ra-
             dio-Symphonie-Orchester Berlin, trägt das
           Deutsche Symphonie-Orchester Berlin seit
1993 seinen heutigen Namen. 75 Jahre – das ist fast so
lange, wie ein Menschenleben heute währt. Und was für
ein Leben das war! Ein Leben für und mit Musik, ein Le-
ben in und durch Berlin. Geboren in den Trümmern der
Stadt, aufgewachsen zu Zeiten des Ost-West-Konflikts,
zu internationalem Renommee gekommen als klingender
Botschafter der geteilten Stadt, berühmt geworden an
der Seite herausragender Künstlerinnen und Künstler auf
Schallplatten und Tourneen in die ganze Welt, gehört das
DSO heute zu den innovativsten Orchesterstimmen des
wiedervereinigten Deutschland.

Feiern im Konzertsaal
Im Jubiläumsprogramm in der Berliner Philharmonie mit
Robin Ticciati erinnern wir am 19. und 20. November an
die Gründung des Orchesters. Es spannt ein weites Pa-
norama auf – vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart,
mit Rückgriffen auf die Renaissance, Experimenten mit
der Wahrnehmung von Zeit, Seitenblicken auf Improvisa-
tion und Jazz, Ausblicken auf die Zukunft der Musik und
Werken von Benjamin, Chausson, Dvořák, Strauss und
Vaughan Williams → S. 29. Schlüsselwerke der Orches-
tergeschichte wie Dukas’ ›Der Zauberlehrling‹ und Musik
von Komponisten wie Bartók und Strawinsky, die in den
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Gründungsjahren unter Ferenc Fricsay → S. 48, beziehungs-
weise Korngold oder Zemlinsky, für deren Renaissance das
DSO seit den 80er-Jahren eine große Rolle spielte, durch-
ziehen zudem wie historische Wegmarken die Konzerte der
Saison. Einen Überblick über alle Programme, Gäste und
Abonnements finden Sie in unserem gedruckten Saison-
programm mit roter Titelseite. Karten für die Konzerte sind
ab dem 16. August online und bei unserem Besucherservice
erhältlich.

Schlaglichter auf die Orchestergeschichte
Auch in den DSO-Nachrichten präsentieren wir Ihnen nicht
nur wie gewohnt das Konzertprogramm der kommenden
zwei Monate. Wir werfen immer wieder auch einen Blick zu-
rück. Wir stellen Ihnen große Komponisten vor, die am Pult
des Orchesters eigene Werke oft zum ersten Mal in Berlin
dirigierten – darunter etwa Igor Strawinsky → S. 24 –, her-              Das erste Konzert des DSO am 7. September 1947 mit
ausragende Solistinnen, die für legendäre Konzerte sorgten,       Walter Sieber und der Pianistin Alberte Brun im Titania-Palast
ungewöhnliche Programme, die von Anfang an durch Ent-
deckerfreude gekennzeichnet waren, Tourneen in die ganze       und Neugierde beglückende und überraschende Kunster-
Welt und ein breites Tonträgerangebot, das von 1949 an die     lebnisse entstehen. Wir folgen diesen Spuren bis in die Ge-
Arbeit und die musikalische Neugierde des DSO dokumen-         genwart und Zukunft. Wir stellen Ihnen Menschen vor, die
tierte. Erkunden Sie mit uns die Orchesterhistorie, mit Bil-   eine besondere Beziehung zum Orchester haben. Wir gehen
dern und Fundstücken aus unserem Archiv oder exklusiven        der Frage nach, welche musikalische DNA das DSO in sich
Widmungen aus den Autogrammbänden Heinrich Köhlers.            trägt. Und wir ziehen gemeinsam mit Robin Ticciati ein Fazit
                                                               aus den Erfahrungen der vergangenen Monate.
Jubiläumsbroschüre ›75 Jahre DSO‹
Mitte August erscheint zudem unsere Jubiläumsbroschüre,        Die Jubiläumsbroschüre erhalten Sie, zusammen mit dem
in der wir Sie zu einem ausführlichen Streifzug durch die      Saisonprogramm, in der Philharmonie, bei unserem Besu-
Orchestergeschichte einladen – mit Schlaglichtern auf das,     cherservice oder kostenfrei in Ihren Briefkasten geliefert:
was das DSO von Anfang an ausgemacht hat: kreative Ver-        → dso-berlin.de/medienbestellung
mittlungsformen, Begeisterung für mediale Innovationen,
Flexibilität und Überlebenswillen, hochkarätige Partnerin-
nen und Partner, vor allem aber großartige Musik! Konzerte,
in denen das Unbekannte gleichberechtigt neben das Be-
kannte und Geliebte tritt, Konzerte, in denen aus Offenheit
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Corona    15

Information    Corona

Ihr Konzertbesuch
im September
und Oktober
Nach langen Monaten ohne Auftritt vor Publikum ist das
DSO im Juni mit zwei Konzerten auf die Bühne der Philhar-
monie zurückgekehrt – die Lockerungen der Maßnahmen
zur Eindämmung von Infektionen, die bislang das öffentliche
Kulturleben enorm einschränkten, haben dies wieder mög-
lich gemacht. Mit Spannung und Vorfreude blicken wir also
auf den Beginn der neuen Spielzeit im September.

Trotz der positiven Entwicklung und der steigenden Zahl
von Impfungen werden uns Einlass- und Abstandsregeln,
Maskenpflicht und kurzfristige Änderungen sicher noch ei-
nige Zeit begleiten. Viele dieser Bedingungen können sich
kurzfristig ändern – in die eine wie die andere Richtung.
Wir bitten deswegen um Nachsicht und Verständnis dafür,
dass wir zum Erscheinungszeitpunkt dieser Nachrichten-
Ausgabe noch keine definitiven Aussagen zur Anzahl der
verfügbaren Plätze oder zu den am Konzerttag gültigen
Regeln machen können.

Stets aktuelle Informationen rund um Ihren Konzertbesuch
beim DSO finden Sie einfach und bequem auf unserer Web-
site unter → dso-berlin.de/update
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Online    Mediathek                                            Produktion der gleichnamigen Tondichtung von Richard
                                                               Strauss, die zu einer fesselnden musikalischen Bergfüh-
                                                               rung mit Reinhold Messner einlädt und im Frühjahr im
Götter, Teufel und                                             Berliner Tempodrom entstanden ist (siehe Bild) –, ebenso
                                                               wie der dreiteilige Konzertfilm ›Im Exil – von Göttern und
Bergsteigerlegenden                                            Menschen‹ und der expressionistische Experimentalfilm
                                                               ›Im Kampf mit dem Teufel‹ mit Operneinaktern von Paul
                                                               Hindemith und Bohuslav Martinů. Zu den Highlights, die
Der DSO PLAYER wurde während der Corona-Krise ins              im leeren Saal der Berliner Philharmonie aufgezeichnet
Leben gerufen, als das Orchester zwar proben und pro-          wurden, zählen Mahlers ›Lied von der Erde‹, mit dem Sir
duzieren, nicht aber vor Publikum auftreten durfte. In-        Simon Rattle im November nach über 40 Jahren erstmals
nerhalb kürzester Zeit entstanden innovative Programme         wieder am Pult des Orchesters stand, und das Konzert
und Formate, die man langfristig und für das Livekonzert       Robin Ticciatis mit instrumentalen Auszügen aus Wag-
so wohl nicht konzipiert hätte. Auf Initiative von Chefdiri-   ners ›Götterdämmerung‹. Zahlreiche Konzertvideos,
gent Robin Ticciati hat sich das DSO mit mehreren Film-        zwei Podcast-Reihen, Interviews sowie Radiokonzerte
projekten auf die Suche nach einer Bildsprache gemacht,        zum Nachhören komplettieren das kostenfrei abrufbare
die über das nur abgefilmte Konzert weit hinausreicht.         Onlineangebot des Orchesters. Neue Beiträge kommen
Dazu zählt auch ›Eine Alpensinfonie‹ – eine aufwendige         regelmäßig dazu – schauen Sie unbedingt mal rein!

                                                                                                         → dso-player.de
09/10 2021 DSO-Nachrichten Feiern Sie mit! - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
18                                                   Saisonauftakt   19

So 19.9. / So 26.9.   Robin Ticciati

Saisonauftakt
mit Strawinsky
und Bruckner
        Verfolgt man den Weg, auf dem das DSO
          in den 75 Jahren seiner Geschichte sich
          und seinem Publikum den Zugang zur
        Moderne erschloss, dann erscheinen
     zwei Komponistennamen ganz vorn: Béla
Bartók, Jahrgang 1881, und, ein Jahr jünger, Igor
Strawinsky. Ihre Werke sind inzwischen Teil des
allgemeinen Repertoires – in einer Auswahl, wie
sie sich in der Praxis des Musikbetriebs stets he-
rausbildet. Bei Strawinsky fiel sie merkwürdig
einseitig aus. Während frühe Ballettmusiken –
›Feuervogel‹, ›Sacre du printemps‹, ›Petruschka‹
und ›Pulcinella‹ – häufig, Werke der mittleren Pe-
riode ziemlich regelmäßig auf Konzertprogram-
men erscheinen, begegnet man dem Spätwerk
höchst selten. Anlässlich des 50. Todestags des
Komponisten lenkt das Musikfest Berlin die Auf-
merksamkeit auf dieses vergessene Terrain im
Œuvre eines Meisters, den nicht wenige für die
zentrale Gestalt in der Tonkunst des 20. Jahr-
hunderts halten.

Musikfest Berlin am 19.9.
Die ›Requiem Canticles‹ sind das letzte größe-
re Werk, das Strawinsky in Partitur setzte, ein
Auftrag der Princeton University zum Gedenken
20                                                                                                         Saisonauftakt        21

                                                               Tempo, wahre einen ruhigeren Puls. Lang lässt Ornamenta-
                                                               les beiseite und komponiert Bewegung, Changieren, Wech-
                                                               sel des Klangs, ähnlich den Wandlungen des Lichts. Wie
                                                               Strawinsky kommt es ihm nicht auf persönlichen Gefühls-
                                                               ausdruck an, er will »klangliche Objekte herstellen, die ihre
                                                               eigene Schönheit besitzen«. Das Violoncellokonzert ›Pro et
                                                               contra‹, das der Erste Solo-Cellist des DSO Valentin Radutiu
                                                               interpretiert, stammt aus Arvo Pärts Periode der Collage-
                                                               kompositionen; sie ging der Entwicklung des Stils voraus,
                                                               für den er seit den 1980ern bekannt ist. 1966, im selben Jahr
                                                               wie Strawinskys ›Canticles‹ geschrieben, wirkt das Kon-
                                                               zert mit seinen polystilistischen Schattierungen und seiner
                                                               »ganz eigenen Barockmusik« (Paul Hillier) wie ein Parallel-
                                                               fall zu Strawinsky, obwohl keinerlei Verbindung zwischen
                                                               den beiden Komponisten bestand.
Valentin Radutiu

an die langjährige Leiterin ihrer Musikabteilung, Helen           »Wir und er selbst wussten, dass er die ›Requiem
Buchanan Seeger. Aus dem Text der lateinischen Toten-             Canticles‹ für sich selbst schrieb.«
messe wählte der Komponist, der in russisch-orthodoxer            Vera Strawinsky bei der Beerdigung ihres Mannes 1971 in Venedig
Umgebung aufgewachsen war, einige Fragmente aus; dass
er sein Werk für erweiterungsfähig hielt, bezeugen Skizzen
zu einem Instrumentalvorspiel, das er für eine Aufführung      Die ›Canticles‹ erscheinen zwar wie ein abgeschlossenes
zu Ehren von Martin Luther King schreiben wollte. Den di-      Werk, doch sie tragen den Charakter eines Fragments in
rekten, ranken- und ornamentlosen Charakter der ›Can-          sich, vor allem mit ihrem in die Weite verklingenden Schluss,
ticles‹ erreichte er durch Komposition mit Tonreihen; sie      ihrer letztlich offenen Form. Ticciati und das DSO lassen ihr
ermöglichen vielfältige Anspielungen auf das Stilspektrum      ein Stück aus einem der berühmtesten Fragmente der neu-
der Neuzeit, besonders zur großen Ära der venezianischen       eren Musikgeschichte folgen: den ersten Satz aus Mahlers
Musik in Renaissance und Barock.                               Zehnter, unvollendeter Symphonie → S. 34. Dieses Adagio ist
                                                               zwar vom Komponisten in Partitur geschrieben, aber auch
Robin Ticciati und das DSO nähern sich dem Werk am             vollständig? Endgültig in Mahlers Sinn gewiss nicht, denn
19. September von heute her. Klaus Lang, Jahrgang 1971,        es fehlen die Korrekturen aus der Sicht des Gesamtwerks
verzichtet in seinen Kompositionen auf das »Blendwerk«         und die Verbesserungen, die er stets nach ersten Proben und
instrumentaler Behändigkeit. Was durch Schnelligkeit und       Aufführungen vornahm. Der einstimmige Beginn im Pianis-
Virtuosität beeindruckt, bleibe letztlich figurativ. Das We-   simo und das Verklingen in sphärischen Höhen verweisen
sentliche, in der traditionellen Musik etwa das harmonische    zudem auf eine mögliche Musik jenseits der erklingenden.
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Das berühmte Adagio ist ein Prototyp der offenen Form, die
in den 1960er-Jahren, als Strawinsky seine ›Canticles‹ und
Pärt sein ›Pro et contra‹ schrieb, in der Musikwissenschaft
viel diskutiert wurde. Die Frage nach Wirklichkeit und Mög-
lichkeit, Vollendung und gebrochener Existenz, auch nach
dem unerhörten Rest hinter gehörter Musik ist damit gestellt.

Vollendet unvollendet am 26.9.
Robin Ticciati und das DSO verfolgen sie am 26. Septem-
ber weiter in die Geschichte. Zwei Symphonien aus dem 19.
Jahrhundert werden oft »vollendet unvollendet« genannt:
Schuberts h-Moll- und Bruckners d-Moll-Symphonie, sei-
ne Neunte und letzte. Wie ihre Vorgängerinnen wurde sie
in vier Sätzen konzipiert. Drei von ihnen wurden vollendet;
das Finale ist in Entwürfen weit gediehen, aber nicht zu
Ende gebracht. Mehrere ernstzunehmende Ergänzungen
versuchten eine Konzertfassung herzustellen. In der Regel                                                     Carolin Widmann
schließen Aufführungen jedoch mit dem Adagio.
                                                                art ebenso wie in dem emporstrebenden Dreiklangsmotiv,
Die Neunte steht mit der Siebten und Achten durch die           das den Satz verklingen lässt. Aus diesem Milieu des hoff-
Widmungen in einem äußeren Zusammenhang: Die Siebte             nungsvollen Zurückdenkens sollte sich das Finale erheben.
ist dem König von Bayern, die Achte dem österreichischen        So aber endet der auskomponierte Teil der Symphonie offen
Kaiser, die Neunte »dem lieben Gott« zugeeignet. In die-        wie Strawinskys ›Canticles‹ und Mahlers Adagio. In allen
ser Stufenfolge verbirgt sich nicht nur eine Staffelung der     drei Werken werden die ästhetischen Ereignisse zum exis-
Macht, sondern auch der archaische Wunsch des frommen           tenziellen Gleichnis. Nicht anders in dem Violinkonzert ›Still‹,
Menschen, wie die biblischen Patriarchen nach erfülltem         das Rebecca Saunders für Carolin Widmann, die es im Sep-
Dasein alt und lebensgesättigt sterben zu können. Die Voll-     tember interpretiert, schrieb: Es fordert die Sensibilität des
endung der Neunten hätte Bruckners Leben erfüllt. Dass sie      Spiels auch technisch bis an die äußersten Grenzen. Die Rän-
ihm nicht gelang, gibt auch seiner Existenz jenes Fragmen-      der zur Stille liegen nicht unbedingt im Dämmerlicht: Sie sind
tarische, das dem Soziologen und Mahler-Zeitgenossen Max        von größter Intensität erfüllt. Die neue DSO-Saison beginnt
Weber zufolge den modernen Kulturmenschen auszeichne.           gedankenvoll und mit einem entschiedenen Bekenntnis zur
                                                                humanen Kraft der Musik.
Die drei letzten Symphonien Bruckners hängen nicht nur
äußerlich zusammen. Am Ende des Adagios der Neunten,            HABAKUK TRABER
das in einem katastrophischen Siebenklang gipfelt, kommt
Bruckner im Erinnerungsraum an die Siebte an – in der Ton-                                              Konzertkalender S. 27
Strawinsky   25

2.10.1956    Igor Strawinsky am Pult des DSO

             Die Musik Igor Strawinskys spielte seit 1949
              eine bedeutende Rolle im Repertoire des DSO.
              Im ersten Vierteljahrhundert der Orchesterge-
              schichte wurden seine Werke in 77 Konzerten
             aufgeführt, sechs davon als reine Strawinsky-
          Programme; drei dirigierte Ferenc Fricsay, je eines
Strawinskys Assistent Robert Craft, der Schweizer Musik-
mäzen Paul Sacher und – am 2. Oktober 1956 im Rahmen
der Berliner Festwochen – der Komponist selbst. Auf dem
Programm standen Werke aus den 40er-Jahren: die Sym-
phonie in C, die Ballettszenen, das Tryptichon ›Ode‹ und die
Symphonie in drei Sätzen. Im Anschluss verewigte sich der
Komponist in den Autogrammbänden, die der DSO-Cellist
Heinrich Köhler für das Orchester führte.
26                                                                                                Konzertkalender   27

     September
                                                              So 19.9. / 20 Uhr / Philharmonie
                                                              Musikfest Berlin
                                                              Lang ›ionisches licht.‹ (Uraufführung der
                                                              Fassung für großes Orchester)
     Sa 4.9., So 5.9. / Öffentliche Plätze Berlins            Pärt Violoncellokonzert ›Pro et contra‹
     ›Berlin braucht Musik!‹ – Kammerkonzerte mit             Strawinsky ›Requiem Canticles‹ für Soli, Chor
     Ensembles des DSO, mit Akademist*innen des               und Orchester
     DSO und Schüler*innen                                    Mahler Adagio aus der Symphonie Nr. 10
     Informationen ab 15.8. unter → berlin-braucht-musik.de   ROBIN TICCIATI
                                                              Catriona Morison – Mezzosopran
     Fr 10.9. / 20 Uhr / Villa Elisabeth                      Matthias Winckhler – Bassbariton
     Kammerkonzert                                            Valentin Radutiu – Violoncello
     Originalwerke und Bearbeitungen von Bacewicz,            Rundfunkchor Berlin
     Carlson, Dvořák, de Falla, Klengel u. a.                 Gijs Leenaars – Choreinstudierung
     DIE ZWEITEN VIOLINEN DES DSO
     Elsie Bedleem – Harfe                                    So 26.9. / 20 Uhr / Philharmonie
     Max Jakob Rößeler – Bariton                              Saunders ›Still‹ für Violine und Orchester
     Andreas Schumann – Moderation                            Bruckner Symphonie Nr. 9 d-Moll
                                                              ROBIN TICCIATI
     Sa 18.9. / 15.30 Uhr / Mall of Berlin                    Carolin Widmann – Violine
     ›Symphonic Mob‹ – Berlins größtes
     Spontanorchester

                                                              Oktober
     Elgar ›Salut d’amour‹
     Bizet Torero-Marsch aus der ›Carmen‹-Suite Nr. 1
     Elgar ›Nimrod‹ aus den ›Enigma‹-Variationen
     ROBIN TICCIATI
     Musikenthusiast*innen jeden Alters                       So 3.10. / 17 Uhr / Heimathafen Neukölln
     Deutsches Symphonie-Orchester Berlin                     Kammerkonzert
     Shelly Kupferberg – Moderation                           Fauré, Mozart
     Informationen und Anmeldung ab 12.8. unter               FONTANE QUARTETT
     → symphonic-mob.de                                       mit Eve Wickert – Viola
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     So 17.10. / 20 Uhr / Philharmonie                 Fr 19.11., Sa 20.11. / 20 Uhr / Philharmonie
     Berlioz Ouvertüre zu ›Béatrice et Bénédict‹       Jubiläumskonzerte ›75 Jahre DSO‹
     Bruneau-Boulmier Klavierkonzert ›Terra Nostra‹    Vaughan Williams Fantasie über ein Thema
     (Uraufführung)                                    von Thomas Tallis
     Strauss Suite ›Der Bürger als Edelmann‹           Improvisation über Vergangenheit und Zukunft
     KENT NAGANO                                       Benjamin ›Sudden Time‹
     Mari Kodama – Klavier                             Dvořák Scherzo capriccioso für Orchester – mit
                                                       Jazzimprovisationen für Klavier und Violoncello
     Sa 30.10. / 20 Uhr / Philharmonie                 Chausson ›Poème‹ für Violine und Orchester
     Mozart Symphonie Nr. 39 Es-Dur                    Strauss ›Don Juan‹
     Martinů Symphonie Nr. 4                           ROBIN TICCIATI
     SIR ROGER NORRINGTON                              Lisa Batiashvili – Violine
                                                       Rolf Zielke – Klavier
                                                       Stephan Braun – Violoncello

     November                         (Auswahl)
                                                       Impressum
                                                       Deutsches Symphonie-Orchester Berlin                    Das Deutsche
     Fr 5.11. / 20 Uhr / Philharmonie
                                                       Interim-Management                                      Symphonie-Orchester
     Poulenc Auszüge aus der Suite                     Moritz Brüggemeier (bis 9/2021),                        Berlin ist ein Ensemble
     ›Les animaux modèles‹                             Benjamin Dries (V. i. S. d. P.), Thomas Schmidt-Ott     der Rundfunk
     Schostakowitsch Violoncellokonzert Nr. 1 Es-Dur   Presse- und Öffentlichkeitsarbeit                       Orchester und Chöre
                                                       Daniel Knaack, Anna Nolte                               GmbH Berlin.
     Prokofjew Suite aus dem Ballett ›Cinderella‹,
                                                       Redaktion Maximilian Rauscher, Benjamin Dries
     zusammengestellt von Marie Jacquot                Redaktionelle Mitarbeit Daniel Knaack,                  Geschäftsführer
     MARIE JACQUOT                                     Anna Nolte                                              Anselm Rose
     Gautier Capuçon – Violoncello                     Marketing Tim Bartholomäus                              Gesellschafter
                                                       Art- und Fotodirektion Stan Hema                        Deutschlandradio,
                                                       Layout und Satz peick kommunikationsdesign              Bundesrepublik
     Fr 12.11., Sa 13.11. / 20 Uhr / Philharmonie      Redaktionsschluss 30.7.2021,                            Deutschland,
     Anderson ›The Crazed Moon‹                        Änderungen vorbehalten                                  Land Berlin, Rundfunk
                                                       © Deutsches Symphonie-Orchester Berlin 2021             Berlin-Brandenburg
     Beethoven Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur
     Rachmaninoff Symphonie Nr. 3 a-Moll               Abbildungen / Fotos
     ROBIN TICCIATI                                    Jörg Brüggemann / Ostkreuz (S. 1, 4, 19), Peter Adamik (S. 8, 10, 16, 31,
     Mitsuko Uchida – Klavier                          42, 44), Archiv DSO (S. 13, 25, 34, 48), janis – stock.adobe.com (S. 14),
                                                       Felix Broede (S. 20, 38), Lennard Rühle (S. 23), Manfred Esser (S. 32),
                                                       Kai Bienert (S. 37), Sergio Veranes Studio (S. 41), Linn Records (S. 47)
Kammerkonzerte       31

                                                                  Fr 10.9.   Kammermusik in der Villa Elisabeth

                                                                  Das Eröffnungskonzert der Kammermusikserie 2021/2022
                                                                  wartet am 10. September in der Villa Elisabeth mit einer un-
                                                                  gewöhnlichen Besetzung auf: Die Zweiten Violinen des DSO
                                                                  gestalten ein Programm mit Originalwerken und Bearbei-
                                                                  tungen – teils aus eigener Feder – für verschiedene Violin-
                                                                  ensembles unter anderem von Bacewicz, Dvořák, Gabrieli,
                                                                  de Falla, Lutosławski, Telemann, Klengel, Piazzolla sowie ei-
                                                                  ner Auftragskomposition von Kent Carlson. Als Gäste sind
                                                                  zudem die DSO-Harfenistin Elsie Bedleem und der Bariton
                                                                  Max Jakob Rößeler mit von der Partie.

                                                                  So 3.10.   Kammermusik im Heimathafen Neukölln

                                                                  Das Fontane Quartett aus Sebastian Breuninger und Elsa
                                                                  Brown (Violine), Annemarie Moorcroft (Viola) und Mischa
                                                                  Meyer (Violoncello) schlägt
                                                                  am 3. Oktober gemeinsam
                                                                  mit der Bratschistin Eve
                                                                  Wickert einen musikali-
                                                                  schen Bogen von Österreich
                                                                  über Berlin nach Frank-
                                                                  reich – mit dem ersten von
                                                                  Mozarts ›Preußischen Quar-
                                                                  tetten‹, die 1789 »für Seine
                                                                  Mayestätt dem könig in
         Der Perfekte Ein- oder Ausklang                          Preussen« entstanden, und
                                                                                                         Annemarie Moorcroft
                                                                  dem Streichquintett Es-Dur.
 ist 3 Minuten von der Philharmonie Entfernt.                     Im Zentrum steht das e-Moll-Quartett von Gabriel Fauré,
                                                                  der erste und einzige Gattungsbeitrag, dem er sich erst zum
                                                                  Ende seines Komponistenlebens gewachsen sah. Es sollte
                                                                  sein Abschiedswerk werden.

    QIU Lounge im the Mandala Hotel am Potsdamer Platz                                              Konzertkalender S. 26 / 28
Potsdamer Strasse 3 | Berlin | 030 / 59 00 5 00 00 | www.qiu.de
32                                                                                            Sir Roger Norrington      33

Sa 30.10.   Sir Roger Norrington                             Schattierungen der Dritten von Optimismus und Lyrizität
                                                             dominiert. Es liegt nahe, diesen Grundton als eine musika-

Überwältigende
                                                             lische Reflexion der historischen Ereignisse zu deuten: Mar-
                                                             tinů musste 1940 vor den Nationalsozialisten aus Frankreich
                                                             flüchten und lebte seither im amerikanischen Exil. Erst hier

Jubelmusik                                                   wandte er sich im Alter von 52 Jahren der symphonischen
                                                             Gattung zu. Die Vierte komponierte er in den Monaten April
                                                             bis Juni 1945, als der Zweite Weltkrieg in Europa sein Ende
                                                             fand. »Nach dem Herzschmerz der Dritten Symphonie ist
                                                             der Jubel der Vierten überwältigend. Natürlich habe ich die-
                                                             se Jahre selbst durchlebt«, erinnert sich Norrington, »1945
                                                             war ich elf Jahre alt. Das ist auch der Grund, warum ich
                                                             Symphoniker wie Vaughan Williams und Martinů so schätze.
                                                             Sie sind sozusagen ›meine‹ Musik.« Das persönliche Schick-
                                                             sal und das Weltgeschehen finden in Martinůs Symphonien
                                                             ebenso ihren Niederschlag wie die Auseinandersetzung mit
                                                             der amerikanischen Musikkultur. Stilistisch führte er mit der
                                                             Vierten seinen symphonischen Weg weiter, den tradierten
                                                             Rahmen der Gattung individuell auszugestalten und dabei
                                                             die Vielfalt seiner europäischen wie amerikanischen Erfah-
                                                             rungswelten miteinander in Einklang zu bringen.

                                                             Seinem dramaturgischen Prinzip, die Symphonien Mar-
                                                             tinůs jeweils einem Gattungsbeitrag von Mozart gegen-
                                                             überzustellen, bleibt Sir Roger Norrington auch in diesem
                                                             Konzert treu. Vor der Vierten lässt der britische Dirigent die
                                                             Es-Dur-Symphonie Nr. 39 erklingen. Sie bildet den grandio-
Die Musik von Bohuslav Martinů musste lange Zeit auf ihre    sen Auftakt zur mythenumrankten Werktrias, die Mozart in
(Wieder-)Entdeckung für den Konzertsaal warten. Mit Sir      einer schier unglaublichen Zeit von nur etwa zwei Monaten
Roger Norrington und dem DSO haben sich engagierte Mit-      im Sommer 1788 in Wien schuf und mit der er sein sympho-
streiter an diesem Aufleben gefunden: 2018 wandten sie       nisches Schaffen zu einem krönenden Abschluss brachte.
sich der Aufführung sämtlicher Symphonien des tschechi-
schen Komponisten zu. Am 30. Oktober und im 26. Jahr ihrer   DANIEL KNAACK
künstlerischen Freundschaft setzen sie nach langer Pause
ihre Erkundungsreise endlich fort, nunmehr mit Martinůs
Vierter Symphonie. Diese wird im Vergleich zu den dunklen                                           Konzertkalender S. 28
Goldschmidt   35

2.10.1964    Berthold Goldschmidt mit
             Mahlers Zehnter

            1964 stand Berthold Gold-
              schmidt erstmals am Pult des
              DSO und leitete, kurz nach
              der Uraufführung in Lon-
             don, die gefeierte Deutsche
          Erstaufführung der von Deryck
Cooke und ihm selbst erstellten ersten voll-
ständigen Fassung der Symphonie Nr. 10
von Gustav Mahler. Zeugnis legt davon
noch heute seine Danksagung an das Or-
chester ab. Mahlers Arbeit an der Zehnten
wurde 1911 durch seinen Tod jäh unterbro-
chen. Einzig der erste Satz – ein ausladen-
des Adagio, das alleinstehend Bestandteil
des internationalen Konzertrepertoires
wurde und auch beim Musikfest Berlin am
19. September erklingt → S. 27 – und der
dritte lagen im Partiturentwurf vor. Seit
1941 gab es immer wieder Versuche einer
Vervollständigung, Cookes Fassung ist
aber die bislang meistgespielte. Gemein-
sam mit dem aus Deutschland emigrierten
Komponisten Goldschmidt studierte der
englische Musikwissenschaftler Mahlers
Skizzenmaterial, um eine Rekonstruktion
zu realisieren. Authentizität behaupteten
sie dezidiert keine, denn der Komponist hat
bis zur Vollendung seiner Partituren und
auch nach den ersten Aufführungen meist
noch Änderungen vorgenommen.
36                                                              Symphonic Mob   37

Sa 18.9.   Robin Ticciati

Symphonic Mob
»Ihr spielt die Musik!« – unter diesem Motto musizieren
beim ›Symphonic Mob‹ ambitionierte Amateure gemeinsam
mit den Profis des DSO und bilden seit 2014 einmal im Jahr
Berlins größtes Spontanorchester. Mitmachen können alle,
die ein Instrument beherrschen – Alter und musikalische
Vorbildung spielen dabei keine Rolle. Für die optimale Vor-
bereitung gibt es neben den Originalnoten auch vereinfach-
te Stimmen und Playalong-Files zum Download. Nach der
Corona-bedingten Pause im vergangenen Jahr, die wir dank
zahlreicher wunderbarer Mitwirkender mit einem virtuellen
›Mob‹ überbrücken konnten, freuen wir uns umso mehr, am
18. September wieder einen ›Symphonic Mob‹ live in der Mall
of Berlin anbieten zu können. Am Pult steht auch diesmal
Chefdirigent Robin Ticciati. In diesem Jahr wollen wir ›Salut
d’amour‹ sowie ›Nimrod‹ aus den ›Enigma‹-Variationen von
Edward Elgar und Georges Bizets Torero-Marsch aus der
Ersten ›Carmen‹-Suite miteinander musizieren.

Aus gegebenem Anlass müssen wir Sängerinnen und Sän-
ger sowie die Fans der beliebten Pop-Up-Proben leider auf
das kommende Jahr vertrösten, und auch den Instrumen-
talist*innen können wir diesmal nur eine reduzierte Anzahl
an Plätzen anbieten. Eine frühzeitige Anmeldung ist also
überaus empfehlenswert. Wir freuen uns auf Euch!

Ausführliche Informationen zu Ablauf und Anmeldung sowie
Notendownloads unter → symphonic-mob.de

Konzertkalender S. 27
Nagano / Kodama       39

So 17.10.   Kent Nagano

Eine französische
Komödie
»Shakespeare brach unerwartet über mich herein, zermalm-
te mich. Sein Blitz eröffnete mir den Himmel der Kunst mit
erhabenem Donnerrollen und erhellte mir seine tiefsten Tie-
fen. Ich erkannte die wahre Größe, die wahre Schönheit,
die wahre Wahrheit der Dramatik. […] Ich sah ... verstand ...
fühlte, dass ich lebe, dass ich aufstehen und wandeln müs-
se.« Die Begegnung mit dem Werk des englischen Drama-
tikers, die Hector Berlioz in seinen Memoiren beschreibt,
  hat den damals 24-jährigen Komponisten über alle Maßen
       beeindruckt und bis an sein Lebensende immer wie-
            der inspiriert – von der ›Sturm‹-Fantasie über
                    die ›King Lear‹-Ouvertüre, die Sympho-
                          nie dramatique ›Roméo et Juliette‹
                              und den Trauermarsch für die
                                 letzte Szene aus ›Hamlet‹
                                   bis zum Zweiakter ›Béa-
                                    trice et Bénédict‹. Denn
                                     es war nicht nur das
                                     Tragische, das Berlioz
                                      an Shakespeare faszi-
                                      nierte, sondern auch
                                      das Komödiantische,
                                       wie etwa in ›Much Ado
                                       about Nothing‹ (Viel
                                       Lärm um Nichts). Ber-
                                        lioz schrieb dazu sein
                                         eigenes Libretto und
40                                                                                                   Nagano / Kodama      41

stellte die ursprüngliche Nebenhandlung um Benedikt und
Beatrice, die sich eigentlich nicht leiden können, nach Intri-
gen und Verwirrungen aber doch zueinander finden, in den
Mittelpunkt. 1862 wurde das Auftragswerk in Baden-Baden
uraufgeführt: »Die Kritiker, die zu dieser Gelegenheit aus
Paris gekommen waren, spendeten der Musik, ihrer Feinheit
[…] warmes Lob«, erinnerte sich der Komponist und wun-
derte sich zugleich: »Einige fanden, im Übrigen gäbe es viel
Unkraut in der Partitur, und dem Dialog mangele der Geist.
Dieser Dialog ist fast ganz nach Shakespeare kopiert ...«

Frankreich im Zentrum
Mit der leichtfüßigen Ouvertüre zu Berlioz’ letzter Oper er-
öffnet Kent Nagano sein Konzert am 17. Oktober. Der Eh-
rendirigent des DSO hat es seiner Wahlheimat Frankreich
gewidmet; er teilt sie mit seiner Ehefrau, der Pianistin Mari                                                   Mari Kodama
Kodama. Sie gestaltet an diesem Abend die Uraufführung
des Klavierkonzerts ›Terra Nostra‹ des vielfach ausgezeich-      (Hofmannsthal) war den einen zu viel Oper, den anderen zu
neten Zeitgenossen Rodolphe Bruneau-Bulmier, der in sei-         viel Theater und fiel beim Publikum dergestalt durch, dass
nem Werk die raffinierte französische Klaviertradition des       beide Werke fortan getrennter Wege gingen – ›Ariadne‹, mit
20. Jahrhunderts fortführt.                                      einem neuen Vorspiel versehen, durchaus mit nachhaltigem
                                                                 Erfolg. Vom Schauspiel blieb hingegen nur die Musik – in
Musikalische Speisekarte                                         Gestalt der Suite, die der Komponist 1919 zusammenstellte.
Einen vergnüglichen Bogen zum Anfang des Konzertabends           Zu Recht, präsentiert Strauss hier doch ein gar vergnügli-
schlägt schließlich die Suite ›Der Bürger als Edelmann‹ –        ches Stück, das den tänzerisch-leichten Charakter und den
ein Werk mit französischen Wurzeln, aber unglücklicher           musikalischen Duktus Jean-Baptiste Lullys, der zu Molières
Entstehungsgeschichte. Sie begann hoffnungsvoll als drit-        Stück die Ballettmusik beigesteuert hatte, seinem ureige-
te Zusammenarbeit des kongenialen Duos Hugo von Hof-             nen Stil anverwandelt. In der Tafelmusik des Finales vertont
mannsthal und Richard Strauss. Der Librettist griff dafür auf    der Komponist gar die Speisekarte mit allerlei musikalischen
den damals fast 250 Jahre alten Stoff einer Ballettkomödie       Scherzen, bevor ein Tanz des Küchenjungen im Wiener Wal-
von Molière zurück, die das neureiche Streben nach Adels-        zertakt das Diner beendet. Amusez-vous bien!
prunk satirisch aufs Korn nimmt – drastisch gekürzt und
von Strauss mit Bühnenmusik versehen. An die Stelle ei-          MAXIMILIAN RAUSCHER
ner grotesken, pseudo-türkischen Zeremonie im Hause
des Protagonisten bei Molière trat nun die Aufführung der
Kurzoper ›Ariadne auf Naxos‹. Doch das »bizarre Ganze«                                                Konzertkalender S. 28
Berlin braucht Musik!    43

Sa 4.9. / So 5.9.   Berlin braucht Musik!

Die Stadt als
Konzertsaal
Unter dem Motto »Berlin braucht Musik!« hatte das DSO
im vergangenen Jahr mit öffentlichen Kammerkonzer-
ten zu Pfingsten auf die Schließung der Konzerthäuser
und Veranstaltungsorte reagiert und im Spätsommer den
hoffnungsvollen Saisonbeginn eingeleitet. Dass dies keine
Pandemie-bedingten Eintagsfliegen bleiben sollten, stand
schnell fest. Der unmittelbare Kontakt zum Publikum, die
spontanen Wegbegleiter und -begleiterinnen, die sich, von
der Musik angezogen, einer »Tour de la musique« bei Ber-
liner Sonnenschein anschlossen oder begeistert am Ufer und
auf Brücken den Klängen vom Floß ›Anarche‹ und einem
Doppeldeckerbus lauschten, haben gezeigt, dass Livemusik
ein existenzielles menschliches Bedürfnis darstellt. In der
langen Zeit ohne Livekonzerte hatte das Orchester das Pu-
blikum schmerzlich vermisst. Es an diesen Wochenenden
wieder zu sehen, zu spüren und applaudieren zu hören, ha-
ben alle sehr genossen.

Bunter Saisonauftakt
Von diesen überaus positiven Erfahrungen motiviert, pla-
nen die DSO-Musikerinnen und -Musiker in Kammermu-
sikensembles – auch mit den Mitgliedern der Ferenc-Fric-
say-Akademie sowie Schülerinnen und Schülern – für das
Wochenende am 4. und 5. September erneut ein buntes
Programm. Noch bevor das DSO nach der Sommerpause in
die Konzertsäle der Hauptstadt zurückkehrt, wird es also er-
neut Musik in die Stadt bringen. Die erfolgreichen Konzepte
aus 2020 werden diesmal kombiniert. Vom Doppeldecker-
44

bus werden in Kooperation mit der Bürgerstiftung Berlin
wieder soziale Einrichtungen wie Seniorenwohnstätten be-
spielt, von der ›Anarche‹ aus klingt es klassisch und popu-
lär über die Spree, und auf einer Route entlang öffentlicher
Plätze Berlins sind wieder alle Zuhörerinnen und Zuhörer
dazu eingeladen, der »Tour de la musique« zu folgen.

Programme und aktuelle Informationen finden Sie unter
→ berlin-braucht-musik.de

In Kooperation mit

Mit freundlicher Unterstützung durch

Konzertkalender S. 26
46                                                                                                          Neue CD    47

September     CD-Neuerscheinung                                Das opulente, hochromantische, großbesetzte und fast ein-
                                                               stündige Werk wurde bei seiner St. Petersburger Urauffüh-
                                                               rung 1908 begeistert aufgenommen. Im Herbst 2018 stand
Ticciati dirigiert                                             diese Zweite Symphonie erstmals unter der Leitung Robin
                                                               Ticciatis auf dem Programm eines DSO-Konzerts – »Mu-
Rachmaninoff                                                   sik zum Versinken und Genießen. Umflorte Lyrik, großes
                                                               Orchester«, schrieb damals Sybill Mahlke im Tagesspiegel.
                                                               Auf die Studioaufnahme, die im Februar 2020 im Großen
       Sechs gemeinsame CDs haben das DSO und Robin            Sendesaal im Berliner Haus des Rundfunks entstand, darf
        Ticciati in den vergangenen Jahren vorgelegt, hoch-    man also überaus gespannt sein.
        gelobte Aufnahmen mit französischem Repertoire
       von Debussy, Duparc, Duruflé und Fauré, mit Bruck-
    ners Vierter Symphonie, Tondichtungen und Liedern von
Strauss und den Violinkonzerten von Beethoven und Sibelius
mit Christian Tetzlaff.

Im Schatten das Klaviers
Die neueste CD, die im September 2021 bei Linn Records er-
scheint, widmet sich Sergei Rachmaninoff und dessen Zwei-
ter Symphonie. Bis heute steht der Symphoniker im Schatten
des »Composer-Pianist« Rachmaninoff und dessen enorm
populärer Klavierkonzerte. Die vernichtende Kritik an seiner
Ersten Symphonie hatte ihn 1897 in eine tiefe Schaffenskrise
gestürzt, erst Jahre später versuchte er sich erneut in der
Gattung. Um den Nachwirren der russischen Revolution
des Vorjahres zu entgehen und mehr Zeit zum Komponieren
zu haben, gab er seine Stellung als Dirigent am Bolschoi-
Theater auf und ließ sich im Herbst des Jahres 1906 in Dres-   Mit dieser Neuerscheinung setzt das DSO seine 2017 initi-
den nieder, wo er – mit Ausnahme der russischen Sommer-        ierte Zusammenarbeit mit Linn Records fort. Das vielfach
frische – die nächsten drei Jahre verbringen sollte.           ausgezeichnete schottische Label richtet sich mit seinem
                                                               sorgsam kuratierten Portfolio an eine audiophile Zielgruppe
Opulent und hochromantisch                                     und bietet neben physischen Tonträgern auch hochauflö-
Neben der ›Toteninsel‹ – die Ticciati im Herbst 2020 di-       sende Studio-Master-Files zum Download an.
rigierte – entstand dort auch die Zweite Symphonie, die
Rachmaninoff seinem Lehrer Sergei Tanejew widmete. Die         Erscheint am 3. September bei Linn Records
Selbstzweifel, die er bis zuletzt hegte, waren unbegründet:    in Koproduktion mit Deutschlandfunk Kultur
Fricsay   49

                                              1948 – 1961   Ferenc Fricsay

                                              Eine Legende
                                                           Seit 2014 hängt das Porträt
                                                            Ferenc Fricsays im Büro
                                                            des DSO. Es stammt aus
                                                            dem Nachlass Dietrich
                                                            Fischer-Dieskaus, der
                                                          große Bariton hat es 1998
                                              gemalt. »Diesem Leuchtenden begeg-
                                              net zu sein«, sagte der Sänger, der mit
                                              Fricsay seine Karriere begann, »ihn ein
                                              Stück seines Weges begleitet zu haben,
                                              ist ein Geschenk, das man nur mit Dank-
                                              barkeit empfangen kann.« Nach einem
                                              Probenfoto entstanden, zeigt das Bild
                                              Fricsay als den strengen Orchesterleh-
                                              rer, der er war. Charmant im Umgang –
                                              »Bitte, seid’s so lieb« –, durchdrungen
                                              von der Leidenschaft zur Musik, doch
                                              unerbittlich im Streben nach Präzision
                                              und Perfektion, die unabdingbar sind,
                                              wenn man eine Partitur in klingende
                                              Kunst verwandeln will.

                                              Sein tiefes Musikverständnis hatte
                                              sich Fricsay von klein auf erarbeitet.
                                              Er studierte Klavier, Geige, Klarinet-
                                              te, Posaune, Schlagzeug, Kompositi-
                                              on und Dirigieren, zählte Bartók und
                                              Kodály zu seinen Lehrern. Er begann,
Ferenc Fricsay bei einer Probe,               wie sein Vater, als Militärkapellmeister
Gemälde von Dietrich Fischer-Dieskau (1998)   und dirigierte nach dem Krieg an der
50   Fricsay

Staatsoper in Budapest. Bei den Salzburger Festspielen
1947 wurde die Musikwelt schlagartig auf den jungen Un-                  75 Jahre DSO
garn aufmerksam, der für Otto Klemperer eingesprungen
war. Schon im Jahr darauf wurde er zum ersten Chefdirigen-
ten des gerade gegründeten RIAS-Symphonie-Orchesters
(heute DSO) ernannt. Fricsay war der richtige Mann zur rich-
tigen Zeit, verpflichtete zahlreiche Mitglieder aus den bes-
ten Berliner Orchestern und formte fast im Handumdrehen
ein Ensemble, das mit Konzerten, vor allem aber durch eine
enorme Anzahl von Rundfunk- und Schallplatteneinspielun-
gen Weltgeltung erlangte. Für den RIAS und die Deutsche
Grammophon entstanden Mozart- und Bartók-Aufnah-
men, die noch heute Referenzqualität besitzen; im Reper-
toire bewegte er sich zwischen Haydn und der Gegenwart,
machte selbst vor Strauß-Walzern nicht halt. Als »erster
Medienkünstler« (Ulrich Schreiber) erkannte er schon früh
den Mehrwert von Radio und Television, wie nicht nur seine
Fernsehproben von 1960 und 1961 beweisen.

1954 verließ Fricsay Berlin für kurzlebige Engagements in
Houston und an der Münchner Staatsoper, ohne auf regel-
mäßige Konzerte mit seinem Orchester zu verzichten. 1959
kehrte er als Chefdirigent zum DSO zurück. Doch viel Zeit
war dieser beglückenden Partnerschaft nicht mehr beschie-
den. Schwer erkrankt, dirigierte Fricsay im November 1961
zum letzten Mal in Berlin. Im Februar 1963 verstarb, mit 48
Jahren, in seiner Schweizer Wahlheimat ein Dirigent, der
                                                               Druckfrisch:
Kapellmeisterhandwerk und musikantische Tradition, gren-
zenlose Liebe zur Musik und künstlerischen Genius aufs
                                                               Unsere Jubiläums-
Trefflichste miteinander verband. In seinen Berliner Jahren
ist er zur Legende geworden – der man dank zahlreicher
                                                               broschüre
Wiederveröffentlichungen inzwischen mit Hörgenuss nach-
                                                               erhalten Sie, zusammen mit dem Saisonprogramm,
spüren kann. Ohne Ferenc Fricsay wäre das DSO nicht das
                                                               in der Philharmonie, bei unserem Besucherservice oder
Orchester, das es heute ist.
                                                               kostenfrei in Ihren Briefkasten geliefert:
                                                               → dso-berlin.de/medienbestellung
CHRISTOPH EVERSMEYER
Tickets
Besucherservice des DSO
Charlottenstraße 56, 2. OG
10117 Berlin, am Gendarmenmarkt

Mo bis Fr 9–18 Uhr

T 030 20 29 87 11
→ tickets@dso-berlin.de

→ dso-berlin.de

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