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TITEL 13 Zahnarzt und Master in Health Care Systems AS-Akademie. Berufspolitische Karrieren starten nicht selten unverhofft. Doch wer sich heutzutage als Zahnärztin oder Zahnarzt für den Berufsstand längerfristig engagieren möchte, sollte nicht auf Zufälle set- zen. Ein profundes Wissen ist quasi Voraussetzung. Perfektes Rüstzeug bietet die Akademie für freiberufli- che Selbstverwaltung und Praxismanagement (AS-Akademie). AUTORIN: MELANIE FÜGNER Die AS-Akademie versteht sich als „postuniversitäres Forum Diskussionsrunden und Foren. Die Lehrveranstaltungen fin- für Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie hauptamtliche Mit- den zehn Mal im Jahr statt – die Hälfte davon in Berlin und arbeiter der zahnärztlichen Berufsvertretungen“. In einem die restlichen fünf Module in anderen unterschiedlichen Städ- zweijährigen berufsbegleitenden Studium lernen Absolventen ten. Ein Modul mit intensivem Vollzeitunterricht dauert von politische und soziale Kompetenzen, um für Aufgaben in der Donnerstag bis Sonnabend. Darüber hinaus steht auch eine zahnärztlichen Selbstverwaltung gewappnet zu sein. Ziel ist Fahrt nach Brüssel mit dem Besuch des EU-Parlaments auf es, die Selbstverwaltung durch ehrenamtliche Zahnärzte zu dem Programm. Die Finanzierung des Studiums ist unter- stärken und diese für Leitungsfunktionen in Körperschaften, schiedlich. Die Kursgebühr kostet 3.900 Euro. Hinzu kommen Verbänden und Institutionen im Gesundheitswesen zu quali- Reise- und Übernachtungskosten. Bislang hat die Akademie fizieren. In der AS-Akademie studieren dürfen jedoch nicht 15 Träger, bestehend aus KZVen und Zahnärztekammern. nur Zahnärzte. Voraussetzung ist ein abgeschlossenes Hoch- Einige von diesen schicken Zahnärzte gezielt und überneh- schulstudium der Zahnmedizin oder eines Faches, das Bezug men die Kosten. Die Regel ist das aber nicht (siehe auch S. 18). zur Zahnärzteschaft hat (insbesondere Medizin, Rechts‐ und Wirtschaftswissenschaften sowie Sozialwissenschaften). Wer DER RICHTIGE BLICK IN DIE ZUKUNFT das Curriculum inklusive Abschlussarbeit erfolgreich absol- Die AS-Akademie wurde bereits 1999 gegründet, als die Haupt- viert, darf sich „Master in Health Care Systems/Freiberufliche amtlichkeit in den KZVen noch gar nicht Realität war. Initiiert Selbstverwaltung und Praxismanagement“ nennen. hatte das Aufbaustudium Professor Dr. Burkhard Tiemann, der offenbar den richtigen Blick in die Zukunft warf. Denn das HOHES MAß AN SACHKENNTNIS GEFORDERT Interesse an dem Curriculum ist inzwischen sehr groß. „Wir Die standespolitische Arbeit in Zahnärztekammern, Kassen- haben für den 10. Jahrgang, der im Frühjahr 2018 startet, zahnärztlichen Vereinigungen (KZVen) und Berufsverbänden bereits 24 Anmeldungen“, berichtet die Geschäftsführerin der erfordert mittlerweile ein hohes Maß an Sachkenntnis. Es AS-Akademie, Inna Dabisch. Maximal 30 Teilnehmer seien warten viele ökonomische, juristische, sozialmedizinische möglich. Auch die Mischung aus Frauen und Männern ist sowie gesundheits- und sozialpolitische Fallstricke. Wie funk- Dabischs Angaben zufolge seit einigen Jahren ziemlich ausge- tioniert das deutsche Gesundheitswesen? Was passiert auf wogen. An den Jahrgang, der im Dezember fertig wurde, erin- europäischer Ebene? Welche gesundheitsökonomischen nert sich die Geschäftsführerin besonders gern: „Die waren Zusammenhänge muss man kennen? Wie laufen politische einfach phänomenal, spritzig, dynamisch und lustig.“ Da sei es Entscheidungsverfahren? Welche Erfolg versprechenden Ver- richtig schwergefallen, sich zu verabschieden. „Aber man sieht handlungsstrategien gibt es? Fragen wie diese beantwortet das sich bestimmt bald wieder“, sagt Dabisch. Denn wer die AS- facettenreiche Kompaktstudium mit Grundlagenseminaren Akademie erfolgreich absolviere, habe eine gute Grundlage, um und Workshops, Aufbauseminaren und Exkursionen sowie in der Berufspolitik und der Selbstverwaltung Fuß zu fassen. Januar 2018 - DER FREIE ZAHNARZT
14 TITEL „Rüstzeug für die Berufspolitik“ Berufspolitischer Neustart mit der AS-Akademie. Zwei Jahre intensiver Arbeit liegen hinter den Absolventen des neunten Jahr- gangs der AS-Akademie. Der DFZ hat Oralchirurgin Dr. Christiane Wagner nach ihren Erfahrungen gefragt. INTERVIEW: SABINE SCHMITT Frau Dr. Wagner, herzlichen Glückwunsch Warum sind diese Kompetenzen in der ES ENTSTAND zum Abschluss an der AS-Akademie! Was Berufspolitik heute so wichtig? EIN NETZ- hat Sie motiviert, an diesem Studium teil- zunehmen? In der Berufspolitik wäre das Motto „Ich weiß nichts, macht nichts“ gera- WERK VON Ein Alumnus, ehemaliger Kommili- dezu fatal. In den Zeiten von KOLLEGEN tone und Kollege im Landesverband des “Nein“maika oder etwaiger „GroKo“- AUS GANZ FVDZ Saar hat mir die AS-Akademie Neuauflage mit der Forderung nach DEUTSCH- wärmstens empfohlen. Er sagte, der Stu- Abschaffung der privaten Krankenver- LAND diengang sei eine einmalige Chance, den sicherungen und nach der Einführung beruflichen Horizont noch mal zu erwei- einer Bürgerversicherung ist es wichtig, tern – und er hatte vollkommen recht. sich in der Berufs- und Gesundheits politik auszukennen, entsprechendes Das Rüstzeug und die Kompetenzen Wurden Ihre Erwartungen an das Studium Fachwissen zu haben und auch sensibi- zu erlangen, um mich in Berufspolitik erfüllt? lisiert dafür zu sein, welche Themen und Selbstverwaltung behaupten zu Ich bin ja recht offen darauf zuge- heiße Eisen sind. können. gangen, da war der Weg das Ziel. Es war eher so, dass vieles, was „nicht erwartet“ Warum ist Ihnen persönlich Berufspolitik Wovon werden Sie am meisten profitieren? war, übertroffen wurde. Ich begann wichtig? Vieles hat mir gut gefallen. Neben Zusammenhänge zu verstehen, lernte Wir Zahnärzte haben noch das der Aufarbeitung der sachlichen The- Gesetzmäßigkeiten kennen und erwei- große Privileg, uns als freier Beruf in men, die auch für die Niederlassung terte insgesamt mein zahnärztliches einer Selbstverwaltung organisieren zu interessant waren, und der europä Betätigungsfeld. können. In einem gewissen Maße ischen Gesundheitspolitik möchte ich haben wir damit auch die Möglichkeit, besonders die Netzwerkbildung mit den Die AS-Akademie hat sich die „Erlangung unser Geschick ein Stück weit selbst zu mitstudierenden Kolleginnen und Kol- politischer und sozialer Kompetenzen für bestimmen, dies sollten wir uns nicht legen aus dem ganzen Bundesgebiet © links: Robert Kneschke / fotolia.com die Wahrnehmung von Selbstverwaltungs- nehmen lassen, und das geht nur, hervorheben. Das ist einzigartig! Es gab aufgaben“ als Ziel des Studiengangs auf indem wir uns aktiv berufspolitisch einen unvoreingenommenen Informa die Fahnen geschrieben. Was sagen Sie: engagieren. tionsaustausch, ein tolles Miteinander. Ziel erreicht? Hier sind einige Freundschaften ent- Das kann man kurz und knapp Was war Ihnen am Studium an der AS-Aka- standen, die über die Dauer des Studi- beantworten: Ja, absolut! demie besonders wichtig? engangs hinweg Bestand haben werden. DER FREIE ZAHNARZT - Januar 2018
TITEL 15 Hat Ihnen etwas gefehlt in der Ausbil- dung? Ich hätte gerne noch mehr von den „alten Hasen“ in den Kassenzahnärztli- Der Berufsstand kann es sich nicht chen Vereinigungen gehört. Wenn dort leisten, die jungen Kolleginnen nicht „das Nähkästchen aufging“ und die mit entsprechenden Kompetenzen Kollegen zum Beispiel von ihren Erfah- auszustatten. rungen in den Verhandlungen mit den Krankenkassen berichtet haben oder vom Umgang mit der Gesundheitspoli- tik, war das stets sehr aufschlussreich und unterhaltsam. schen Praxis, Familie und Studium hinbe- Den Abschluss haben Sie in der Tasche. Wie Prof. Christoph Benz, der wissenschaftliche kommen? Und haben Sie einen Tipp für die gut fühlen Sie sich gewappnet für Aufga- Leiter der Akademie, hat besonders Frauen Generation? ben in der Selbstverwaltung oder auch im dazu aufgerufen, an dem Studium teilzu- Das ist sicherlich ein Thema! Ich Freien Verband Deutscher Zahnärzte? nehmen. Haben Frauen es nötiger als Män- habe das große Glück, in einer oralchi In meinem FVDZ-Berufsverband ner, sich weiterzuqualifizieren? rurgischen Gemeinschaftspraxis mit weitermachen, mit größerem Hinter- Ich würde nicht sagen, dass Frauen einer total lieben Kollegin zu arbeiten. grundwissen und wieder größerem es nötiger hätten als ihre männlichen Wir haben uns gut abgesprochen, und Zeitfenster. Mal schauen, was da noch Kollegen. Für beide ist es heutzutage sie ist an den Präsenztagen der Akade- kommt … Schon während des AS-Stu- gleich wichtig, sich entsprechende Kom- mie, die auch schon donnerstags und dienganges haben sich viele Kolleginnen petenzen für Berufspolitik und Selbst- freitags waren, für mich eingesprungen. und Kollegen in die Selbstverwaltung verwaltung zu erwerben. Aber die Kol- Die AS-Termine stehen ja frühzeitig aufgemacht, wir hatten oft einen ähnli- leginnen – und vor allem die jungen fest, man kann also planen. Mit der chen Werdegang. Wie viele meiner Stu- Kolleginnen – sind allein schon zahlen- Familie hatte ich mein Studium an der dienkollegen bin auch ich in die Vertre- mäßig auf dem Vormarsch. Ich denke, AS ebenfalls abgestimmt, unsere Töch- terversammlung meiner Landes-KZV Prof. Benz hat genau erkannt, dass der ter sind mit 17 und 19 schon selbststän- gewählt worden und habe dort eine Berufsstand es sich nicht leisten kann, dig genug. Da ich einen lieben Partner Funktion als Stellvertreterin im Finanz- die jungen Kolleginnen nicht mit ent- habe, der mir zu Hause den Rücken frei- ausschuss übernommen. Ganz neu habe sprechenden Kompetenzen auszustat- hält, konnte das also auch gelingen. ich mich auch erfolgreich auf einen Gut- ten. Auch muss man sehen, dass Frau- Mein Tipp wäre: mutig sein, dranblei- achterposten beworben. Ich möchte als enkarrieren gendermäßig oft anders ben. Es erfordert sicherlich ein bisschen Einsteigerin in die Selbstverwaltung erst angelegt sind als die der männlichen Struktur und Organisation, aber man mal Erfahrungen sammeln; Hilfe anbie- Kollegen, gerade wenn Familie im Spiel (Frau) kann es schaffen! ten, wo ich die Kollegenschaft kompe- ist. Zuerst kommt der Einstieg in den tent unterstützen kann, und ansonsten Beruf und die Praxis, dann die Kinder Woher haben Sie Unterstützung bekom- etwas zurückhaltend, aber doch aus und dann dauert es ein Weilchen, bis men in der Zeit des Studiums – ideell oder nächster Nähe sehen, was die „alten man wieder Zeit für ein Engagement in auch finanziell? Hasen“ in der Selbstverwaltung so der Berufspolitik hat. Männer können Ideell von meinem FVDZ-Landesvor- machen. oft kontinuierlicher dranbleiben und stand, die Kollegen haben mich auch sehr bilden schon früher Netzwerkstruktu- in den Aufgaben des Landesverbandes Welche Aufgaben erhoffen Sie sich in fünf ren/Seilschaften aus, die sie in der entlastet. Materiell hat mir der FVDZ Jahren berufspolitisch wahrnehmen zu Berufspolitik oft weit bringen können. Bundesverband großzügig unter die Arme können? Durch Institutionen wie die der AS- gegriffen. Manche KZVen und Kammern Ich werde gerne weiter in meinem Akademie können Frauen etwaige Wis- unterstützen Kolleginnen und Kollegen, FVDZ-Landesverband mitarbeiten und senslücken schnell schließen und lernen die sich engagieren wollen, finanziell – die Landesvorsitzende Jeannine Bona- viele Gleichgesinnte aus der ganzen quasi als Nachwuchsförderung. Auch die ventura in der Arbeit mit den Kollegin- Bundesrepublik kennen. Der unvorein- Unterstützung vonseiten der AS-Akade- nen und jungen Kolleginnen und Kolle- genommene Informationsaustausch, der mie, sowohl bei organisatorischen Dingen gen unterstützen, was mir immer schon hier stattfindet, ist Gold wert. als auch bei der Erstellung der Zertifikats- ein Anliegen war. Und als Bewohnerin arbeiten, war super. Wenn die Doktorar- eines frankophilen Bundeslandes in Neben den Kosten für das Studium ist die beit ein paar Jahre zurückliegt, ist es mit einem Dreiländereck interessiere ich Teilnahme an der Akademie auch ein „Zeit- dem wissenschaftlichen Arbeiten nicht mich natürlich sehr für die europäische fresser“. Wie haben Sie den Spagat zwi- mehr ganz so einfach. Gesundheitspolitik. Januar 2018 - DER FREIE ZAHNARZT
16 TITEL „Unwissenheit Tiefe Einblicke in Entscheidungsprozesse. Lieber selber wäre naiv regeln, als sich regeln lassen, gehört zu seiner Grundauffassung als niedergelassener Zahnarzt. Der DFZ hat Zahnarzt Carsten Czerny zu seinen Erfahrungen in der AS-Akademie befragt. gefährlich“ INTERVIEW: SABINE SCHMITT Herzlichen Glückwunsch zum Abschluss an ordnen zu können, dazu sollte meine hinter den verschlossenen Türen ablau- der AS-Akademie, Herr Czerny! Was hat Sie Teilnahme dienen. fen, gewünscht. Da wurde zwar vielfach motiviert, an diesem Studium teilzunehmen? berichtet, aber doch zu unkonkret. Ich bin seit über 20 Jahren standes- Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt? politisch tätig, aber ich habe nur einen Ich bin mit der Erwartung gestartet, Hat die AS-Akademie aus Ihrer Sicht ihr Überblick über meine „kleine Welt“ einen Gesamtüberblick über die Auf- selbstgestecktes Ziel, die „Erlangung poli- Zahnarztpraxis bekommen. Die für den gabe, die Funktionen und die Entschei- tischer und sozialer Kompetenzen für die Betrieb einer Zahnarztpraxis wichtigen dungsprozesse im deutschen Gesund- Wahrnehmung von Selbstverwaltungsauf- © links: stockpics / stock.adobe.com Dinge habe ich relativ schnell erfasst, heitssystem zu bekommen. Diese gaben“, erreicht? aber diese in den Gesamtzusammen- Erwartung wurde im Großen und Gan- Das wird die Zukunft erst tatsäch- hang Gesundheitswesen einzuordnen, zen schon erfüllt. Gleichwohl hätte ich lich zeigen, mein Gefühl aber sagt: Ja, dafür fehlte mir der Überblick. Das mir tiefere Einblicke in die tatsächli- unbedingt. Das Erlernte im realen deutsche Gesundheitswesen als solches chen Entscheidungsprozesse und die Geschehen anwenden zu können, ist zu verstehen und die Mechanismen ein- zugehörigen Gesetzmäßigkeiten, die mir teils schon gelungen. Die Vielfältig- DER FREIE ZAHNARZT - Januar 2018
TITEL 17 keit der Selbstverwaltung hat mich in einigen Bereichen doch überrascht. Fühle ich mich in meinen Kompetenzen gestärkt? Ein klares Ja. Gibt es Luft nach oben? Ganz klar: ja. BLICK ÜBER DEN EIGENEN Warum sind diese Kompetenzen in der Berufspolitik heute so wichtig? BERUFLICHEN Will man den anderen Akteuren in TELLERRAND den gesundheitspolitischen Gremien auf HINAUS Augenhöhe begegnen, so bedarf es umfangreichen Wissens im Bereich politischer Entscheidungsprozesse. Auf- aus den 90er-Jahren zur Rückgabe der diesem Austausch werde ich am meisten seiten der Krankenkassen, aber auch Kassenzulassung, Anm. d. Red.). Mein profitieren, denn viele sind bereits stan- aufseiten der politischen Parteien gibt es Chef in Kassel sagte mir bei Vertragsun- despolitisch aktiv und an einem tiefer- ein hohes Maß an Professionalität, was terzeichnung: „Ich sags Dir gleich, ich gehenden Informationsaustausch inte die eigentlich intendierte Gleichberech- bin im Korb, es kann sein, dass Du ressiert. Besonders gut gefällt mir das tigung bei Verhandlungen in der Selbst- nächsten Monat wieder arbeitslos bist.“ Networking, was man aufgebaut hat. verwaltung zumindest infrage stellt. Die Ich wurde also gezwungen zu verstehen, Normalerweise agiert man ja aus dem an der Gesundheitsversorgung mitwir- warum mir sozusagen Arbeitslosigkeit lokalen Bereich heraus in seiner unmit- kenden Zahnärzte sollen zum Nutzen drohte. Das war mein Startschuss! Und telbaren Umgebung. Hier treffen lang- des Staates ihr Fachwissen einbringen je länger ich mich einlas, umso eher war jährige Einzelkämpfer auf ebenso lang- und gleichzeitig gleichberechtigter Part- ich fasziniert von den Vorgängen in der jährige Angestellte, Teilhaber von Groß- ner sein. Dabei wird aber der Informa Selbstverwaltung und den Dingen, die praxen und auf Jungzahnärzte, die noch tionsvorsprung der hauptberuflich täti- die Zahnärzte selber regeln konnten. ganz am Anfang stehen. Es entstand gen Verhandlungsführer nicht selten Und so ging ich auf die einschlägigen eine Gemeinschaft, wie ich sie so noch zum Zünglein an der Waage. Und dieses Versammlungen, hörte vom drohenden nicht erleben durfte, mit tollen, wertvol- Ungleichgewicht gilt es zu beseitigen. „Untergang“ der Zahnärzteschaft und len Menschen. Unwissenheit wäre nicht nur ein Makel, beschloss, es doch genauer wissen zu sondern geradezu naiv gefährlich. wollen. Und dieser Drang nach dem Hat Ihnen etwas gefehlt in der Ausbildung? Verständnis des Wie und Warum hat Ich hätte mir vertiefende Einblicke Warum ist Ihnen persönlich Berufspolitik mich nicht wieder losgelassen. in die tatsächlichen Entscheidungspro- wichtig? zesse und die zugehörigen Gesetzmä- Schon während meines Studiums Gab es etwas, das Ihnen im AS-Studium ßigkeiten, die hinter den verschlossenen bin ich in den Freien Verband eingetre- besonders wichtig war? Türen ablaufen, gewünscht. Der Schatz ten. Andererseits war ich als Semester- Der Blick über seinen eigenen beruf- der Erfahrungen der Altgedienten, den sprecher daran interessiert zu verstehen, lichen Tellerrand hinaus ist für mich gilt es noch zu heben. Im Nachhinein wo und an welchen Stellen die Studen- sehr wichtig gewesen; die Erfahrungen hätte ich gern auch mehr moderierte ten Möglichkeiten der Einflussnahme anderer in unserem Berufsfeld und der Diskussionsrunden gehabt, um in gro- auf den Lehrbetrieb haben. Im Weite- Austausch darüber waren sehr frucht- ßer Runde mögliche Konzepte und ren, frisch approbiert, fand ich mich in bar. Alle verbindet die Liebe zum Beruf, Ideen für die Zukunft kennenzulernen. mitten der Wirren des Korbs (Modell man brennt für die Zahnmedizin. Von Januar 2018 - DER FREIE ZAHNARZT
18 TITEL Wie haben Sie den Spagat zwischen Praxis, ich auch nach über 20 Jahren nach wie Familie und Studium hinbekommen? vor meine politische Heimat. Der Pro- Das Ganze geht tatsächlich nur mit zess des Dialoges, der zwischen den unbedingter Transparenz im Umfeld. Körperschaften und dem FVDZ nach DER PROZESS Man muss schon kommunizieren, einem Jahrzehnt Sprachlosigkeit nun DES DIALOGES warum man das auf sich nimmt. Es sind ja nicht nur die logistischen Klimmzüge wieder zu einem normalen Miteinander geführt hat, muss am Laufen gehalten MUSS AM LAU- in der Praxis, wenn man zehn Mal für werden. Daher werde ich weiterhin ins- FEN GEHALTEN zwei bis drei Tage in der Praxis fehlt. besondere als Mitglied des Landesvor- WERDEN Das Verständnis in der Familie musste standes in Hessen in den Gremien der teils erst geweckt werden. Und in der Selbstverwaltung die Ziele des FVDZ Praxis entwickelte sich nach anfängli- vertreten und durch Mandatsüber- cher Skepsis ein Interesse, wenn man nahme auch Verantwortung zu über- wieder nach einer Vorlesung gut gelaunt nehmen suchen. Eine Selbstverwaltung und mit neuen Ideen auftauchte. Am ohne Zahnärzte an der Spitze ist für Ende kommt ja noch die Abschlussar- mich eine Horrorvorstellung. beit. Dazu kann ich nur den Tipp geben, den Aufwand nicht zu unterschätzen. Die schreibt man nicht nebenbei. Gab es Unterstützung für das Studium – ideell oder auch finanziell? KOMMENTAR: HUNDERTPROZENTIGE EINIGKEIT TUT NOT Ich habe dankenswerterweise durch die KZV Hessen die Studiengebühren gleichsam als Stipendium erstattet „Zur Einsicht in den kleinsten Teil ist die Übersicht über das bekommen. Damit hat die Körperschaft Ganze notwendig“ (Johann Wolfgang v. Goethe)-- Freiberuf- liche Selbstverwaltung und Praxismanagement – sie bil- auch den Stellenwert der AS-Akademie den elementare Bestandteile unseres Berufsstandes. Und unterstrichen, denn ich bin der dritte doch erfordert die zunehmende Dichte an Gesetzesvorla- Stipendiat in Folge. Ideell? Natürlich gen und Verordnungen eine immer intensivere Auseinan- gebührt meiner Frau ein großer Dank, dersetzung mit komplexen nichtzahnärztlichen Sachver- die mich auch immer wieder bestärkt halten, sodass die Ausgestaltung der freiberuflichen hat, wenn ich mit der Zertifikatsarbeit Selbstverwaltung ohne Kenntnis von juristischen, volks- gehadert habe. Und sie hat mir den und betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen heutzu- Rücken freigehalten. Auch der Freie tage kaum mehr möglich ist. Verband hat mich ideell unterstützt, indem sich mit dem Patientensouverä- Ein Abschluss an der AS-Akademie vermittelt uns Zahnärzten nicht nur nitätsmodell ein Thema für meine fundierte Kenntnisse dieser heute eminent wichtigen Zusammenhänge, Abschlussarbeit ergab und eine Verbin- sondern wir profitieren dabei vielmehr auch von einer nachhaltigen, bun- dung zu Prof. Neubauer hergestellt desweiten Vernetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. wurde. Das hat sehr geholfen. Unsere berufsständischen Organisationen müssten also höchstes gemein- sames Interesse bezeugen, dieses hohe zeitliche und finanzielle Engage- Der Abschluss ist geschafft. Wie gut fühlen ment der Kolleginnen und Kollegen an der AS-Akademie sowohl in ideel- Sie sich gewappnet für Aufgaben in der ler als auch in finanzieller Hinsicht zu unterstützen und zu fördern! Selbstverwaltung oder auch im Freien Ver- band Deutscher Zahnärzte? Umso unverständlicher erscheint daher der nicht so selten vorkommende Das Studium war in vielerlei Hin- „Morbus ignorans“ in einigen Gremien unserer zahnärztlichen Körper- sicht hilfreich. Man muss den Weg schaften. Verlustängste hinsichtlich aktueller oder zukünftiger Besetzun- durch die Instanzen gehen, sich Gleich- gen berufspolitischer Positionen innerhalb unseres Berufsstandes sind hier gesinnte suchen und an mehreren Fron- genauso unangebracht wie persönliche Befindlichkeiten. Hundertprozentige Einigkeit tut hier Not, denn: Für jeden, der den freien ten Lobbyarbeit betreiben. Dafür fühle Beruf Zahnarzt auch als solchen versteht und verstehen will, muss immer ich mich wesentlich besser gewappnet der Grundsatz gelten: Konstruktives Gestalten vor notwendigem Verwalten! als vorher. Zudem hat man auch viele Entscheidungsträger teils persönlich, DR. ULRIKE STERN / DEZEMBER 2017 teils in ihrem Umfeld kennengelernt. Auch das hilft. Im Freien Verband sehe DER FREIE ZAHNARZT - Januar 2018
TITEL 19 Evidenz ist gefragt domisierte, kontrollierte Studien (RCT) zugelassen. RCT sind der Gold- standard in der EbM. Im Bereich der – nur welche? Zahnmedizin liegen allerdings nur wenige RCT vor – andere in der Evi- denzhierarchie etwas tiefer angesie- delte Studien werden nicht berücksich- tigt. Oft stehen den Anforderungen der Abschlussarbeit zur AS-Akademie mit aktuellem Thema – RCT jedoch ethische Probleme der in Kurzform. Der Diskurs um die evidenzbasierte Zahnmedizin in strikt EbM/EbZ-gerechten Auswertung der Parodontitistherapie geht weiter. Warum stellt eigentlich nie- im Weg. Bislang konnten in der zahn- mand die Frage nach der Gesunderhaltung der Patienten und den medizinisch-wissenschaftlichen Welt Erfahrungswerten der Zahnärzte? Die Autorin wagt den Versuch einer (externe Evidenz) retrospektive Kohor- tenstudien den Beweis der Sinnhaftig- Neuorientierung. keit einer Therapie erbringen. Es gibt aussagekräftige Daten in Form von AUTORIN: DR. CHRISTIANE WAGNER retrospektiven Kohortenstudien natio- naler und internationaler Wissen- schaftler. Auch die Erfahrungen der behandelnden Zahnärzte sollten in den Die strukturierte Nachsorge in Form (EbM) bzw. Zahnmedizin (EbZ). Dabei Bewertungsprozess der EbM einflie- der unterstützenden Parodontitisthera- stellt sich die Frage, welche anderen ßen, ergänzt von subjektiven Patien- pie (UPT) ist ein national wie interna Einflussgrößen in die Entscheidungs- tenerwartungen und -präferenzen. tional etabliertes Element in der Paro- prozesse der Nutzenbewertung einbezo- dontitisbehandlung. Aufgrund ihrer gen werden können und ob beispiels- SALUTOGENESE LIEFERT NEUEN ANSATZ (vermeintlich) fehlenden Evidenz ist sie weise die Betrachtung salutogenetischer Die orale Morbidität der parodontalen bis dato nicht im Leistungskatalog der Ansätze einfließen sollte. Erkrankung, mit der wir es Tag für Tag Krankenkassen abgebildet, hat aber in unseren Praxen zu tun haben, ist einen klaren Nutzen für einen langfris- IQWIG STELLT NUTZEN INFRAGE eine komplexe Größe. Hier spielen ver- tigen Zahnerhalt bei chronisch an Paro- Durch den vorläufigen Bericht des schiedene Faktoren eine Rolle: psycho- dontitis (PAR) erkrankten Patienten. In Institutes für Wirtschaftlichkeit im logische (wie die Mitarbeit oder Com- einer Zahnarztpraxis mit einem paro- Gesundheitswesen (IQWiG) von pliance des Patienten), motorische (die dontologischen Tätigkeitsspektrum Januar 2017, erarbeitet im Auftrag des Fähigkeit des Patienten zur häuslichen wird die UPT als zuzahlungspflichtige Gemeinsamen Bundesausschusses Zahnpflege/Plaquekontrolle) und Leistung angeboten. Der vorliegende (G-BA), ist grundsätzlich der Nutzen pathoätiologische Faktoren, die durch © rechts: K.-U. Häßler / Fotolia Artikel zeigt am Beispiel der UPT den der UPT infrage gestellt worden. Die individuelle Immunabwehr jedes Ein- Sinn (oder besser: Unsinn) einer Nut- Messmethoden des Institutes haben zelnen bedingt werden. Nach dem zenbewertung zahnärztlicher Leistun- sich scheinbar genau an den Vorgaben Modell der Salutogenese ist Gesundheit gen ausschließlich nach den strikten der EbM/EbZ orientiert. So wurden zur nicht als Zustand, sondern als Prozess Kriterien der evidenzbasierten Medizin Nutzenbewertung ausschließlich ran- zu verstehen. Risiko- und Schutzfakto- Januar 2018 - DER FREIE ZAHNARZT
20 TITEL ren stehen hierbei in einem Wechsel- Untersuchungen, wie jene des IQWiG, wirkungsverhältnis. die an der Realität der PAR-Patienten Die alltägliche klinische Praxis zeigt, und des Behandlungsalltags der Zahn- dass PAR-Erkrankungen sehr unter- mediziner vorbeigehen, sind wenig hilf- DIE UPT IST schiedliche Verläufe annehmen können. reich. Fakt ist, dass die Behandlung von NEBEN DEM Während PAR bei Patienten mit guter Mundhygiene, guter Compliance und Parodontopathien im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ÄRZTLICHEN wenigen Risikofaktoren gut therapier- (GKV) methodisch neu bewertet wer- GESPRÄCH bar ist und in einen leichten chroni- den sollte. Dazu gehört auch, dass bei ZENTRALER schen Verlauf übergeht, nimmt die Ent- geeignetem Nutzen die UPT als integra- FAKTOR wicklung der PAR eines anderen Patien- ler Bestandteil einer erfolgreichen PAR- ten, der diese Eigenschaften nicht auf- Therapie auf Kassenkosten erfolgen weist, eher refraktäre Züge an. Man könnte. kann diese als salutogenetische Fakto- ren des individuellen Patienten zusam- POLITISCH MOTIVIERTE SPARPOLITIK? menfassen. Könnte das ein weiterer Grund für die Eine strikt EbM-basierte Nutzenbewer- Irritationen bei der Methodenbewer- tung erfasst diesen Umstand nicht. Aber tung sein? Man muss den Eindruck die UPT ist das wichtigste Angebot zur gewinnen, dass das IQWiG mit großer Jede Behandlungsmaßnahme bedarf Stärkung der individuellen salutogeneti- Energie und Akribie versucht, den Nut- immer auch der individuellen klini- schen Faktoren eines PAR-Patienten. Sie zen einer international anerkannten schen Expertise des behandelnden ist als lebenslänglicher Beitrag zur Sta- und von Fachgesellschaften empfohle- Zahnarztes und muss unter Einbezie- bilisierung der Parodontitis-Erkran- nen Maßnahme infrage zu stellen. Steht hung und Abwägung der Indikationen, kung anzusehen. UPT wird von natio- hier vielleicht politisch motivierte Spar- der Kosten-Nutzen-Relation und des naler wie internationaler interner Evi- politik im Gesundheitswesen im Hin- Erfahrungsschatzes erfolgen. Es sollte denz ein hoher Nutzen in der Abwen- tergrund? Die Ausgestaltung der Ver- dann zu einer therapeutischen Entschei- dung von Zahnverlust zugesprochen. sorgung und ihrer Vergütung über die dung kommen, die dem Patienten und Dieser wird anhand von retrospektiven GKV ist die Aufgabe der Gesundheits- seinem spezifischen gesundheitlichen Kohortenstudien und prospektiven Stu- politik, die zahnmedizinische Wissen- Interesse gerecht wird. dien nachgewiesen. So wissenschaftlich schaft sollte nicht politisch instrumen- Die unkontrollierte Regulierungswut im abgesichert, hat die UPT begründet talisiert werden. Der Stellenwert der Gesundheitswesen führt hier nicht wei- ihren festen Platz in der PAR-Behand- EbM ist für eine qualitativ hochwertige ter. In eine neue wissenschaftliche lung. Im vorläufigen Bericht des IQWiG Versorgung der Patienten unbestritten. Bewertung der PAR-Therapie sollten des- werden unpassende Messmethoden zur Trotzdem ist die ausschließliche Bewer- halb mehr interne Evidenz und salutoge- Nutzenbewertung der UPT angelegt, tung der externen Evidenz nicht immer netische Ansätze zum patientenindividu- folglich kann hier kein Nutzen nachge- frei von Deutungen und interessenge- ellen Nutzen Einzug halten. Zahnärzte in wiesen werden. Wissenschaftliche stützten Einflüssen. Deutschland versuchen, mit einer moder- nen, dem Stand der Wissenschaft ange- passten PAR-Therapie die hohe Prävalenz zu senken und die Mundgesundheit wei- terhin zu verbessern. Den Erfolg dieser SALUTOGENESE – WAS IST DAS? Bemühungen sehen wir deutlich in den Ergebnissen der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie. Die UPT ist In der Salutogenese, einem Zweig der Versorgungsme- neben dem ärztlichen Gespräch der dizin, der die Entstehung von Gesundheit in den Mit- Reevaluation der zentrale Faktor, um telpunkt stellt, wird der Blick darauf gerichtet, welche Behandlungserfolge in der PAR-Therapie Voraussetzungen Patienten mitbringen, damit sie auch langfristig zu sichern, und sollte auch so unter Stress, in diesem Falle einer parodontalen bewertet werden. Erkrankung, gesund bleiben. Die Salutogenese liefert einen interessanten Ansatz in der Betrachtung chro- Der endgültige Abschlussbericht des IQWiG zur „Bewertung der systemati- © rechts: AllebaziB / Fotolia nischer Erkrankungen. Sie beschäftigt sich mit Schutz- faktoren, die Menschen gesund erhalten. Es ist sozu- schen Behandlung von Parodontopa- sagen der umgekehrte Ansatz zur Pathogenese in der thien“ wird in den nächsten Monaten Erklärung von Gesundheit und Krankheit. erwartet. Die Kollegenschaft darf gespannt sein. DER FREIE ZAHNARZT - Januar 2018
22 TITEL Berufspolitik mit Bauchgefühl Diskussion zu berufspolitischer Zukunft. Die AS-Akademie qualifiziert berufspolitische Nachwuchskräfte für die Arbeit in der Selbstverwaltung. Zum Abschluss bleibt Zeit, mit den „alten Hasen“ über Möglichkeiten und Notwendigkeiten zu sprechen. AUTORIN: SABINE SCHMITT VERÄNDERN WOLLEN IST EINE HOHE Es waren drei „alte Hasen“ – alle erfah- Der Start in die Politik und in die MOTIVATION rene Standespolitiker – die zur großen Selbstverwaltung der gestandenen Abschlussrunde der AS-Akademie des Standespolitiker war dabei für die © links: g-stockstudio / Getty Images / iStock, rechts: axentis.de, Georg J. Lopata, FVDZ/Schmitt (3) 9. Jahrgangs nach Berlin gekommen Absolventen der AS-Akademie, die zum waren: Dr. Peter Engel, Präsident der Teil selbst bereits in den Kassenzahn- geweckt. „Irgendwann bekommt man Bundeszahnärztekammer, Harald ärztlichen Vereinigungen engagiert Scheuklappen und vereinsamt in der Schrader, Bundesvorsitzender des sind, besonders interessant. „Meine Einzelpraxis auch ein bisschen“, sagte er. Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte, Motivation war: Ich wollte verstehen, „Mit der Berufspolitik kann man sich und Prof. Dr. Michael Walter, Präsident was wir Zahnärzte eigentlich als selbst- gedanklich weiter aufstellen.“ Nur durch der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, verwalteter Beruf machen“, sagte der Beharrlichkeit sei es dann möglich, ein- Mund- und Kieferheilkunde, diskutier- FVDZ-Bundesvorsitzende Schrader. gefahrene Strukturen zu verändern. ten mit den Absolventen über die Ver- „Ich war schon als junger Zahnarzt „Aber ich habe gelernt, mit Bauchgefühl antwortung der Selbstverwaltung, die nicht mit allem einverstanden, was lief – und gesundem Menschenverstand kann Gestaltungsmöglichkeiten in der Stan- da half dann nur, selbst hinzugehen, man viel erreichen, und dann macht despolitik und die Vorzüge der Freibe- wenn man etwas umsetzen will, auch Standespolitik auch Spaß.“ ruflichkeit. Der wissenschaftliche Leiter wenn es ein zähes Geschäft ist.“ der AS-Akademie und BZÄK-Vizepräsi- Das Interesse an der Berufspolitik von FEMINISIERUNG DER ZAHNÄRZTESCHAFT dent Prof. Dr. Christoph Benz mode- BZÄK-Präsident Engel wurde nach eini- Ob Berufspolitik in Zukunft wie bis- rierte die Runde. gen Jahren in der eigenen Praxis her weiterbetrieben werden kann, war DER FREIE ZAHNARZT - Januar 2018
TITEL 23 ein weiteres Thema in der Diskussion. Die Feminisierung in der Zahnärzte- schaft führe zu neuen Voraussetzun- gen. Bislang fehlten Frauen noch weit- „Die Umstände, in denen Frauen gehend in der Standespolitik – auch arbeiten und arbeiten wollen, sind und wenn in jedem Jahrgang der AS-Aka- werden andere.“ demie mehr Frauen mitmachen. Dass jedoch eine Quote für die Selbstver- waltung oder die Besetzung von Gre- mien eine Lösung sein könnte, hielten weder die erfahrenen Standespolitiker noch die neuen AS-Absolventen für lich diskutiert. Ein einfaches oder gar erforderlich. „Es ist wichtig, die Frau einheitliches Ergebnis der Lösungsan- gut einzubinden“, sagte DGZMK-Prä- sätze allerdings gab es nicht, denn die sident Walter. „Eine Quote braucht Zahnheilkunde könne nicht abgekop- niemand.“ pelt von anderen gesellschaftlichen und Wichtig sei es jetzt vielmehr schon politischen Entwicklungen betrachtet heute, die Rahmenbedingungen für die werden. Berufsausübung in 15 Jahren zu anti Dass die freie Berufsausübung an ers- zipieren und vorzubereiten, betonte ter Stelle stehe, darüber waren sich die Schrader. Dann könnten auch Frauen jungen wie die alten Standespolitiker für die Gremien gewonnen werden. einig – und auch darüber, dass Verän- „Frauen üben den Beruf ja letztlich derungen notwendig sein werden. „Es nicht anders aus als Männer, nur die gibt viele Worte mit -ierung am Umstände, in denen sie arbeiten und Ende“, stellte AS-Leiter Benz fest. arbeiten wollen, sind und werden „Diese sind es, die einem das Leben andere.“ Und auch Engel betonte: „Es schwer machen: Europäisierung, müssen Möglichkeiten geschaffen Bürokratisierung, Ökonomisierung, werden, die eine Berufsausübung von Reglementierung – um nur einige zu Frauen ermöglichen, dazu müssen nennen.“ V ielen davon könne man Strukturen aufgebaut werden – und nur als Berufsstand gemeinsam natürlich müssen wir Frauen für die begegnen, um den Beruf und die Nie- Standespolitik gewinnen, denn sie derlassung attraktiv zu halten. werden die Mehrheit des Berufsstandes ausmachen.“ TOPTHEMA NIEDERLASSUNG Nicht nur das Thema Feminisierung treibt aber die AS-Absolventen um, sondern auch das Thema Niederlassung und freie Berufsausübung. Über den Nachwuchsmangel bei niedergelasse- nen Zahnärzten wurde in der Runde der „Altgedienten“ und der „Newco- mer“ intensiv diskutiert – dazu kamen auch durchaus selbstkritische Betrach- tungen. AS-Akademie-Teilnehmer Carsten Czerny, der selbst bereits seit vielen Jahren niedergelassen ist, brachte dies mit einer Frage auf den Punkt: „Kann es nicht auch sein, dass wir den jungen Kollegen die Niederlassung ver- leiden – mit all den Verordnungen und Mit Bravour den Abschluss geschafft: der neunte Jahrgang der AS-Akade- bürokratischen Anforderungen?“ In der mie. Oben: Harald Schrader, Prof. Dr. Michael Walter, Dr. Peter Engel (von oben nach unten im Bild). Runde wurde der Punkt leidenschaft- Januar 2018 - DER FREIE ZAHNARZT
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