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PKF WMS BRUNS-COPPENRATH & PARTNER Nachrichten TOP-Thema: Brexit und Umsatzsteuer Auf diese Änderungen müssen sich Unternehmer jetzt dringend einstellen 03 |19
PKF NACHRICHTEN 03 | 19 Sehr geehrte Leserinnen und Leser! Matthias Upmeier Ende Februar ist immer noch nicht klar, ob und auf wel- zum Drittland ergeben. Anschließend rundet ein Beitrag cher vertraglichen Grundlage Großbritannien Ende März dazu, was zwecks Rettung von Verlustvorträgen bei die EU verlässt. Angesichts mehrerer gescheiterter Ab- der Körperschaftsteuer zu beachten ist, die steuerlichen stimmungen im britischen Parlament ist ein „Soft Bre- Nachrichten ab. xit“ mit einer Verhandlungslösung, die in ein Freihandels- abkommen mündet, ähnlich unwahrscheinlich wie ein Die Rubrik Recht eröffnen wir mit der Frage, ob sich der „No Brexit“ mit einem Verbleib in der EU. Stattdessen Geschäftsführer bei einer Beteiligung von unter 50% müssen wir uns auf einen „Hard Brexit“ mit „No Deal“ von der Sozialversicherung befreien lassen darf. An- einstellen. Dies dürfte dann das Worst-Case-Szenario für schließend arbeiten wir eine Gerichtsentscheidung auf, Unternehmen sein, in dem das EU-Recht in keiner Weise unter welchen (engen) Grenzen der Ausschluss eines mehr gültig sein und der Handel auf der Basis der WTO- Gesellschafters möglich ist. Und schließlich geht es da- Regeln erfolgen wird. Tatsächlich sind die Brexit-Themen rum, was durch den Brexit aus den Limiteds (Ltd) nach ganz überwiegend noch nicht vollständig aufbereitet. Mit britischem Recht wird, wenn diese in Deutschland an- zwei Beiträgen wollen wir Unterstützung leisten. sässig ist und wie die Gesellschafter einer Vollhaftung entgehen können. In der Rubrik Steuern dreht sich (fast) alles um Umsatz- steuer: Zunächst arbeiten wir die aktuelle Rechtslage Unter Rechnungslegung & Finanzen werfen wir einen zur Behandlung von Bonuspunkteprogrammen auf. Blick auf die Frage, ab wann eine Gewährleistungs- Es folgt der Überblick über die neuen Vorgaben für Be- rückstellung zu bilanzieren ist. Nach Maßgabe eines treiber von und Händler auf Online-Marktplätzen. Die- aktuellen BFH-Urteils sind nämlich auch der Wertauf- se gelten bereits seit dem 1.1.2019. Dann kommt das hellung Grenzen gesetzt. Top-Thema dieser Ausgabe: die Auswirkungen des Brexit auf die Umsatzsteuer aus Sicht der EU. Nur Mit den besten Wünschen für eine informative Lektüre noch ein „No Brexit“ könnte verhindern, dass Großbri- tannien ab dem 30.3.2019 zum Drittland wird und sein Umsatzsteuergesetz beliebig gestalten kann. Jedenfalls findet die MwSt-Richtlinie keine Anwendung mehr. Wir haben die wesentlichen Änderungen gegenübergestellt, Ihr Matthias Upmeier die sich bei einem Wechsel vom EU-Mitgliedstaat Wirtschaftsprüfer 2
TOP-Thema Brexit und Umsatzsteuer – Auf diese Änderungen müssen sich Unterneh- mer jetzt dringend einstellen Inhalt Steuern Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Voraussetzungen für den wirksamen Ausschluss Bonuspunktesystemen demnächst auf dem eines Gesellschafters ............................................... 11 BFH-Prüfstand .......................................................... 4 Der Brexit und die Ltd: Der Weg aus der britischen Umsatzsteuer im Online-Handel: Neue Vorschriften Rechtsform ............................................................. 12 seit 1.1.2019 ............................................................. 5 Rechnungslegung & Finanzen Brexit und Umsatzsteuer – Auf diese Änderungen müssen sich Unternehmer jetzt dringend einstellen ... 7 Ernsthaftigkeit der Inanspruchnahme und Wertauf- hellung bei Gewährleistungsrückstellungen ............. 14 Fortführungsgebundener Verlustvortrag gem. § 8d KStG – Antragstellung ............................................. 10 Aktuell notiert Recht Keine Besteuerung von Überentnahmen bei Einbringungen ......................................................... 15 Sozialversicherungspflicht eines GmbH- Minderheitsgesellschafters ...................................... 10 (Kein) Verfall von Urlaub ........................................... 15 3
PKF NACHRICHTEN 03 | 19 STEUERN RA Dr. Michael Rutemöller Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Bonuspunktesystemen demnächst auf dem BFH-Prüfstand Bonuspunktesysteme erfreuen sich bei vielen Unterneh- vertraglichen Vereinbarungen eines Bonuspunktesys- men großer Beliebtheit. Die umsatzsteuerliche Behand- tems wurden dahingehend beurteilt, dass der Anbieter lung dieser Kundenbindungsprogramme ist in zahlreichen nur Leistungen an die teilnehmenden Händler erbringt, Punkten aber noch weitgehend ungeklärt und deshalb nicht aber an die Endkunden. Problematisch ist in die- immer wieder Gegenstand aktueller Rechtsprechung. sem Fall insbesondere die umsatzsteuerliche Behand- lung bei Nichteinlösung oder Verfall von gewährten 1. Einordnung der Kundenbindungsprogramme Bonuspunkten seitens der Kunden. Nach Auffassung des Gerichts gehen final nicht eingelöste Bonuspunkte In der Praxis verwendete Bonuspunktesysteme können zu Lasten des Anbieters und erhöhen dadurch die unterschiedlich ausgestaltet sein. umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage der Leistun- gen an den Händler. Die Finanzverwaltung hat gegen (1) Programme, bei denen Leistungsbeziehungen des diese Entscheidung Revision beim BFH eingelegt (Az.: Kunden ausschließlich zum Händler, nicht aber zum V R 64/17). Bonuspunkteanbieter (im Folgenden: Anbieter) selbst bestehen, hat das FG Münster in einer Entscheidung (2) Davon zu unterscheiden sind Programme, bei denen vom 14.11.2017 (Az.: 15 K 281/14 U) behandelt. Die Leistungsbeziehungen zwischen dem Anbieter und den 4
Kunden bestehen (Beispiele: Payback, Deutschland Card, 2. Zeitpunkt der Minderung der Bemessungsgrundlage Miles & More). Kunden können im Rahmen dieser Pro- gramme umsatzabhängige Punkte für ihre Einkäufe bei Das FG München vertritt in einer ebenfalls relativ aktu- angeschlossenen Partnerunternehmen sammeln, die auf- ellen Entscheidung vom 23.8.2017 (Az.: 3 K 1271/16) grund vertraglicher Leistungsbeziehungen mit dem Anbie- die Auffassung, dass sich die Bemessungsgrundlage ter auf einem eigens für diesen Kunden geführten Punk- der Ursprungsleistung bereits in dem Zeitpunkt mindert, tekonto gutgeschrieben werden. Bei späteren Einkäufen in dem das angeschlossene Partnerunternehmen den können Kunden anstatt einer Zahlung diese Sammel- Wert der für diese Leistung gewährten Bonuspunkte punkte einlösen. Die Gewährung der Bonuspunkte selbst gegenüber dem Anbieter auszugleichen hat (sog. begründet nach Rechtsprechung und Finanzverwaltung Punkteclearing). Demgegenüber erkennt die Finanz- noch keinen umsatzsteuerrelevanten Vorgang (entspre- verwaltung (z.B. OFD Frankfurt/M. vom 5.11.2012) chend der Grundsätze sog. Mehrzweckgutscheine). Sei- eine Minderung der Bemessungsgrundlage bei der tens des Anbieters kann eine umsatzsteuerpflichtige Leis- Ursprungsleistung erst in dem Zeitpunkt an, in dem der tung an den Kunden erst bei tatsächlicher Einlösung der Kunde seine aus dieser Leistung erhaltenen Bonus- Bonuspunkte durch den Kunden im Rahmen eines spä- punkte tatsächlich einlöst. Auch gegen die Entscheidung teren Kaufs (z.B. gegen Sachprämien oder Gutscheine) des FG München hat die Finanzverwaltung Revision beim vorliegen. BFH eingelegt (Az.: V R 42/17). Es bleibt abzuwarten, welcher Auffassung der BFH zum Zeitpunkt der Minde- Anders als in der vorgenannten Variante (1) wirken sich rung der Bemessungsgrundlage den Vorzug geben wird. eine Nichteinlösung oder ein Verfall von gewährten Bonuspunkten mangels umsatzsteuerlicher Relevanz Empfehlung nicht zu Lasten des Anbieters aus. Die Gewährung von Bonuspunkten durch den Anbieter ist umsatzsteuerlich irrelevant (unbeachtliche Ausgabe eines Zahlungsmittel- äquivalents). Die Ursprungsleistung, anlässlich der die Bonuspunkte gewährt werden, ist ebenfalls zunächst voll Die Einführung von Bonuspunktesystemen zu versteuern (dazu korrespondierend voller Vorsteuerab- sollte aufgrund ihrer Komplexität und zahlrei- zug möglich). Hinsichtlich der Ursprungsleistung ist aber cher umsatzsteuerlicher Problembereiche stets eine (nachträgliche) Minderung der umsatzsteuerlichen durch einen spezialisierten Berater begleitet Bemessungsgrundlage zu beachten. Fraglich ist aller- und überwacht werden. dings, in welchem Zeitpunkt dies der Fall ist. StBin Elena Müller Umsatzsteuer im Online-Handel: Neue Vorschrif- ten seit 1.1. 2019 Durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteueraus- (1) Datenerfassung: Marktplatzbetreiber müssen von den fällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Ände- auf ihrem Marktplatz tätigen Händlern eine Bescheinigung rung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl. I 2018, S. über deren steuerliche Erfassung (vgl. näher Abschn. 2) 2338) wurden den Betreibern elektronischer Marktplätze vorlegen. Darüber hinaus sind die Betreiber verpflichtet, seit dem 1.1.2019 besondere Pflichten auferlegt. Diese bestimmte Daten zu deren Umsätzen aufzuzeichnen. Ist haben nicht nur für den Betreiber selbst, sondern auch der Händler kein Unternehmer, muss er dem Internetplatt- für die Online-Händler bedeutende Auswirkungen. formanbieter statt einer Bescheinigung Name und vollstän- dige Anschrift sowie – zur eindeutigen Identifizierung – das 1. Pflichten des Marktplatzbetreibers Geburtsdatum mitteilen. Die aufzuzeichnenden Angaben sind für die Dauer von zehn Jahren aufzubewahren. Die Neuregelungen betreffen zum einen die Anforderun- gen an die Datenerfassung und zum anderen die Haf- (2) Haftung: Marktplatzbetreiber haften für die nicht tungsfragen. entrichtete Umsatzsteuer der Online-Händler aus dem 5
PKF NACHRICHTEN 03 | 19 Handel auf ihren Internetplattformen. Die Haftung ent- Hinweis: Inzwischen hat das Bundesministerium der fällt, wenn der Betreiber über alle vorgeschriebenen Finanzen das Vordruckmuster USt 1 TJ veröffentlicht. Informationen und Unterlagen verfügt und diese dem Händler haben einen Rechtsanspruch auf die Erteilung Finanzamt vorlegen kann. Kommt der liefernde Unter- der Bescheinigung. Sie wird übergangsweise in Papier- nehmer seinen steuerlichen Pflichten nicht nach, teilt form erteilt und gilt längstens bis zum 31.12.2021. das Finanzamt dies dem Betreiber mit. Dieser muss daraufhin sicherstellen, dass der liefernde Unternehmer Auch Kleinunternehmer nach § 19 UStG erhalten auf dort keine Waren mehr anbieten kann. Nur dann wird Antrag vom zuständigen Finanzamt eine Bescheinigung der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes nicht in über ihre steuerliche Registrierung zur Vorlage bei den Haftung genommen. Marktplatzbetreibern. Ein Unternehmer, der keine steuer- baren Inlandsumsätze tätigt, muss keine Bescheinigung 2. Konsequenzen für den Online-Anbieter beantragen (vgl. BMF-Schreiben vom 28.1.2019). Online-Händler müssen die Bescheinigung i.S. des § 22f Hinweis: Für die neuen Haftungsregelungen bzgl. der Abs. 1 Satz 2 UStG über die Erfassung als Steuerpflich- Marktplatzbetreiber gelten Übergangsfristen: Händler aus tiger (Unternehmer) bei ihrem zuständigen Finanzamt dem Drittland unterliegen der potenziellen Haftung ab beantragen. Die Bescheinigung kann formlos, schriftlich dem 1.3.2019 und Händler aus einem EU/EWR-Staat ab oder per E-Mail beantragt werden. dem 1.10.2019. Empfehlung Online-Händler, die ihre Waren auf elektronischen Marktplätzen wie Amazon und eBay anbieten, sollten so schnell wie möglich den Antrag stellen und die erhaltene Bescheinigung dem Markt- platzbetreiber vorlegen. Andernfalls wird der Be- treiber den Händler sperren, um kein Haftungs- risiko einzugehen. 6
StB Marco Herrmann Brexit und Umsatzsteuer – Auf diese Änderun- gen müssen sich Unternehmer jetzt dringend ein- stellen Durch die Mehrwertsteuersystemrichtlinie gilt das (4) Zu sämtlichen Warenausfuhren aus der EU müssen Umsatzsteuerrecht in der EU als weitreichend harmo- die zollrechtlichen Pflichten beachtet und die Verant- nisiert. Mit Vollzug des Brexit wird die Harmonisierung wortlichkeiten diesbezüglich mit den Geschäftspartnern im Verhältnis zum Vereinigten Königreich Großbritan- vertraglich vereinbart werden. nien und Nordirland (GB) automatisch entfallen. Weit- reichende Änderungen bei der Umsatzbesteuerung des (5) Warenbezüge aus GB müssen Unternehmer nicht Geschäftsverkehrs zwischen GB und Deutschland sind mehr als ig. Erwerb versteuern. Zudem entfällt die die Folge. Erleichternde Übergangsregelungen sieht Berichtspflicht bei Intrastat. Stattdessen muss die Ware der Gesetzgeber im Entwurf des Brexit-Steuergesetzes zollrechtlich in die EU eingeführt werden. Die Einfuhr (BT-Drucks. 19/7377) bislang nicht vor und die Aus- unterliegt der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt). gestaltung des zukünftigen britischen Umsatzsteuer- rechts ist noch nicht bekannt. Unternehmer sind daher Hinweis: Die EUSt darf nur derjenige Unternehmer als Vor- gut beraten, den umsatzsteuerlichen Handlungsbedarf steuer geltend machen (unter den weiteren Voraussetzun- festzustellen und erforderliche organisatorische und ver- gen), der zum Zeitpunkt der Einfuhr Verfügungsmacht an tragliche Anpassungen vorzubereiten. Dabei sollten ins- der Ware hat. Der Übergang der Verfügungsmacht sollte besondere die folgenden 14 wesentlichen Änderungen daher vorab vertraglich geregelt werden. Schuldet der Lie- bedacht werden. ferant die EUSt, unterliegt neben der Einfuhr auch die Liefe- rung selbst der Umsatzbesteuerung im Inland (Verlagerung (1) Britische Umsatzsteuer-Identifikationsnummern des Orts der Lieferung in das Bestimmungsland). Britische (USt-IdNr.) verlieren ihre Gültigkeit. Soweit erforderlich, Lieferanten müssten sich in diesem Fall in Deutschland muss die Unternehmereigenschaft britischer Geschäfts- steuerlich registrieren lassen, deutsche Umsatzsteuer partner daher auf andere Weise nachgewiesen werden abrechnen (sofern keine Steuerbefreiungsvorschrift greift) (z.B. Unternehmerbescheinigung britischer Behörde). und ihren Steuererklärungspflichten nachkommen. (2) Bei Warenlieferungen nach GB handelt es sich (6) Bei Reihengeschäften (= mehrere Unternehmer zukünftig nicht mehr um innergemeinschaftliche (ig.) Lie- schließen Umsatzgeschäfte über denselben Gegenstand ferungen, sondern um Ausfuhrlieferungen. Ausfuhrliefe- ab, der Gegenstand wird unmittelbar vom ersten Unter- rungen können umsatzsteuerfrei sein, wenn die vorge- nehmer zum letzten Abnehmer transportiert) ist zu prüfen, schriebenen Nachweispflichten erfüllt sind. Hierzu muss welcher Lieferung innerhalb der Reihe unter den geänder- u.a. der elektronische Ausgangsvermerk der zuständigen ten rechtlichen und ggf. vertraglichen Bedingungen der Zollbehörde (anstatt der für ig. Lieferungen vorgeschrie- Warentransport und damit die Steuerbefreiung für Aus- benen Gelangensbestätigung) aufbewahrt werden. In den fuhrlieferungen zuzuordnen ist. Rechnungen muss auf die Steuerbefreiung für Ausfuhr- lieferungen (anstatt auf die Steuerbefreiung für ig. Liefe- Hinweis: Die Vereinfachungen für ig. Dreiecksgeschäfte rungen) hingewiesen werden. Ausfuhrlieferungen sind sind nach Vollzug des Brexit nicht mehr anwendbar. weder in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) noch bei Intrastat zu melden. (7) Unternehmensinternes Verbringen von Ware nach GB oder von GB nach Deutschland ist nicht mehr als (3) Der Versandhandel mit britischen Privatpersonen fiktive ig. Lieferung bzw. fiktiver ig. Erwerb zu erklären. (etwa über Amazon) unterliegt nicht mehr den besonde- Dadurch entfallen auch die Berichtspflichten in der ZM ren Vorschriften gem. § 3c UStG (derzeit noch: bei Über- und bei Intrastat. Stattdessen sind die zoll- und einfuhr- schreitung der britischen Lieferschwelle Verlagerung des umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften zu beachten. Orts der Lieferung nach GB). Ob GB nationale Vorschrif- ten für den Versandhandel mit Privatpersonen einführt, ist Hinweis: In bestimmten Fällen (z.B. bei nur vorüber- nicht bekannt. gehender Warenverwendung im EU-Zollgebiet) können 7
PKF NACHRICHTEN 03 | 19 vereinfachende zollrechtliche Verfahren zur Anwendung fänger übergeht, wenn die Dienstleistungen in GB aus- kommen, die die Festsetzung von EUSt vermeiden. geführt werden, ist derzeit nicht bekannt. (8) Bei Lieferungen über ein Konsignationslager beim (10) Bestimmte Dienstleistungen an Nichtunterneh- Kunden hängt der Handlungsbedarf aus den zuvor erläu- mer in GB (z.B. Rechtsberatung; vgl. darüber hinaus die terten Änderungen davon ab, ob die Einlagerung der sog. Katalogleistungen gem. § 3a Abs. 4 Satz 2 UStG) Ware noch als unternehmensinterne Verbringung oder unterliegen nach Vollzug des Brexit nicht mehr der deut- bereits als Lieferung an den Kunden zu beurteilen ist (vgl. schen, sondern der britischen Umsatzbesteuerung. Dies PKF Nachrichten 1/2018 und 4/2018). erfordert ggf. eine steuerliche Registrierung des leisten- den Unternehmers in GB sowie die Erledigung der briti- (9) Für den Dienstleistungsverkehr zwischen deut- schen Deklarationspflichten. schen und britischen Unternehmern gilt auch nach Vollzug des Brexit im Regelfall das Empfängerortprinzip, (11) Die steuerlichen Pflichten aus elektronischen es entfallen aber die Berichtspflichten in der ZM. Erfol- Dienstleistungen (z.B. Streaming-Dienste, Herunterla- gen die Dienstleistungen nach diesem Prinzip im Inland, den von Bildern und Musik), die deutsche Unternehmer trägt weiterhin im Regelfall der Leistungsempfänger die an britische Privatpersonen oder die britische Unterneh- Umsatzsteuerschuld (Reverse-Charge-Verfahren). mer an deutsche Privatpersonen erbringen, können nicht mehr vereinfacht über das Mini-One-Stop-Shop-Verfah- Hinweis: Ob die Steuerschuld auf den Leistungsemp- ren (MOSS-Verfahren) erledigt werden. Britische Unter- 8
nehmer können stattdessen am One-Stop-Shop-Verfah- (14) Zu beachten ist weiterhin, dass für die elektroni- ren für Drittlandsunternehmer teilnehmen. sche Aufbewahrung von Rechnungen in GB (soweit im Inland relevant) nach dem Brexit eine Bewilligung des (12) Vorsteuervergütungsanträge britischer Unter- zuständigen deutschen Finanzamts erforderlich wird. nehmer müssen nach dem Brexit innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres dem Bundes- zentralamt für Steuern eingereicht werden. Die Regel für EU-Unternehmer, wonach der Antrag innerhalb von neun Empfehlung Monaten gestellt werden kann, ist nicht mehr anwend- bar. Voraussetzung für Steuervergütungen an britische Die beschriebenen Rechtsänderungen können Unternehmer ist weiterhin, dass GB zukünftig bereit ist, umfassende Anpassungen des ERP-Systems (An- deutschen Unternehmern ebenfalls Umsatzsteuer zu ver- passung Steuerkennzeichen, Rechnungsangaben, güten. Stammdaten) sowie der organisatorischen Prozes- se (z.B. Erledigung Nachweispflichten für Ausfuhr- (13) Wesentliche umsatzsteuerliche Änderung erge- lieferungen) und Verträge mit Geschäftspartnern ben sich nach Vollzug des Brexit insbesondere auch für (Incoterms) erfordern. Betroffene Unternehmer soll- bestimmte Vermietungs-, Messe- und Reiseleistun- ten sich bestmöglich darauf vorbereiten, dies nach gen sowie für den Handel mit Gebrauchtwaren und Vollzug des Brexit kurzfristig umzusetzen. Kunstgegenständen (Differenzbesteuerung). 9
PKF NACHRICHTEN 03 | 19 StBin Sabine Rössler Fortführungsgebundener Verlustvortrag gem. § 8d KStG – Antragstellung Seit Einführung des § 8d KStG können Verluste, welche Steuererklärung selbst gestellt (in der Anlage WA der Kör- im Falle eines schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c perschaftsteuererklärung) und gilt einheitlich für die Körper- KStG untergehen würden, weiter genutzt werden. Der hier- schaft- und die Gewerbesteuer. für nötige Antrag auf Feststellung eines fortführungsgebun- denen Verlustvortrags birgt einige Risiken, auf die nachfol- 3. Änderungen des Antrags gend hingewiesen wird. Umstritten ist, ob ein Antrag auf Anwendung des § 8d KStG 1. Untergehender Verlust im weiteren Verlauf des Veranlagungsverfahrens oder z.B. im Rahmen einer Betriebsprüfung nachträglich gestellt wer- Ohne Antragstellung gehen die im Zeitpunkt der schädi- den kann. Auch der Widerruf eines Antrags ist unklar. Die genden Anteilsübertragung vorhandenen negativen Ein- Finanzverwaltung verweigert aktuell nachträglich gestellte künfte (Verlustvortrag und laufender Verlust bis dahin) unter. Anträge durch Erlass von Ablehnungsbescheiden. Demge- Mit der Antragstellung werden diese und mögliche weitere genüber hat das Finanzgericht Thüringen einen nachträg- bis zum Schluss des Veranlagungszeitraums aufgelaufene lichen Antrag für möglich erachtet (Urteil vom 5.10.2018, Verluste in den fortführungsgebundenen Verlust einbezo- Az.: 1 K 348/189), da dem Gesetz keine Antragsbefristung gen. Der zuletzt festgestellte fortführungsgebundene Ver- entnommen werden könne. Die Finanzverwaltung hat hier- lust kann bei Eintritt eines schädlichen Ereignisses (z.B. gegen Revision eingelegt (BFH-Az.: I R 40/18). Einstellung des Geschäftsbetriebs) untergehen, soweit er nicht von stillen Reserven gedeckt ist. 2. Antragstellung Empfehlung Der Antrag ist erstmals für schädliche Beteiligungserwerbe Gegen darauf bezogene Ablehnungs-, Ver- 2016 „in der Steuererklärung für die Veranlagung des Ver- lustfeststellungs- und Körperschaftsteuerbe- anlagungszeitraums zu stellen, in den der schädliche Betei- scheide ab 2016 sollte in jedem Fall Einspruch ligungserwerb fällt“ (§ 8d Abs. 1 Satz 5 KStG). Ein form- eingelegt werden. loser Antrag ist nicht ausreichend. Der Antrag wird in der RECHT RAin Katharina Stock Sozialversicherungspflicht eines GmbH-Minder- heitsgesellschafters In der Praxis stellt sich häufig die Frage, ob der geschäfts- gung nachgeht und daher sozialversicherungspflichtig ist. führende Gesellschafter sozialversicherungspflichtig ist. Ausnahmen bestehen nur in einem sehr engen Rahmen. Für die Einordnung, welcher Sozialversicherungssta- tus im Einzelfall tatsächlich vorliegt, können vertragliche 1. Sachverhalt und Verfahrensgang Details entscheidend sein. In aktueller Rechtsprechung vom 14.3.2018 hat das Bundessozialgericht klargestellt Der Kläger war im zu entscheidenden Fall geschäftsführen- (Az.: B 12 R 5/16 R), dass ein Minderheitsgesellschafter der Gesellschafter einer GmbH, an der er 12% des Stamm- einer GmbH grundsätzlich einer abhängigen Beschäfti- kapitals hielt und somit als Minderheitsgesellschafter fun- 10
gierte. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) stellte im Kriterium für eine unabhängige Beschäftigung und die Rahmen eines vom Kläger initiierten Statusfeststellungs- daraus folgende Befreiung von der Sozialversicherungs- verfahrens fest, dass dieser aufgrund seiner Beschäftigung pflicht sei primär die Stellung als Mehrheitsgesellschafter, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversi- die bei einer Beteiligung am Stammkapital von unter 50% cherung unterliege. Gegen die entsprechenden Bescheide fehle. Bei Minderheitsgesellschaftern könne eine abhängige ging der Kläger gerichtlich vor. Beschäftigung nur dann nicht angenommen werden, wenn im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich eine „echte“ Sperr- Das Sozialgericht lehnte in erster Instanz die Anträge des minorität vereinbart sei. Dabei muss es dem geschäftsfüh- Klägers, die Bescheide der DRV über seine Sozialversi- renden Minderheitsgesellschafter möglich sein, Weisungen cherungspflicht aufzuheben, ab. Auch das Landessozial- und Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu ver- gericht folgte in zweiter Instanz der Ansicht der DRV und hindern. Demgegenüber sei eine „unechte“, auf bestimmte wies die Berufung des Klägers zurück. Obgleich der Kläger Sachverhalte begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die seine Arbeitszeit für die GmbH frei und eigenverantwort- erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln. Eventuelle Befug- lich gestalten konnte, ist nach Auffassung der Gerichte nisse im Außenverhältnis seien für die Beurteilung der Sozi- nach dem Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers dennoch alversicherungspflicht irrelevant. Entscheidend seien allein eine abhängige Beschäftigung anzunehmen. Dies liege die rechtlichen Einflussmöglichkeiten des Betroffenen auf insbesondere an der Minderheitsbeteiligung des Klägers. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung. Der Kläger legte Revision ein und führte aus, dass er seine Tätigkeit in jeder Hinsicht frei ausüben könne und nicht in die Arbeitsprozesse der GmbH eingegliedert sei. Zudem trage er auch ein unternehmerisches Risiko, sodass in kei- Empfehlung nem Fall eine abhängige Beschäftigung und folglich keine Bitte beachten Sie, dass das fehlerhafte Nichtab- Sozialversicherungspflicht bestehe. führen von Sozialversicherungsbeiträgen Säum- niszuschläge, Bußgelder und im schlimmsten Fall 2. BSG: Einflussmöglichkeiten als entscheidendes auch Freiheitsstrafen nach sich zieht. Rechtssi- Kriterium cherheit kann durch ein Statusfeststellungsver- fahren geschaffen werden Das BSG wies die Revision des Klägers als unbegründet ab, da es an einer Sperrminorität fehlte. Entscheidendes RA/StB Frank Moormann Voraussetzungen für den wirksamen Ausschluss eines Gesellschafters Mitunter ist das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern Grund“ vorliegt, der die Fortführung des Gesellschafts- einer Personen- oder Kapitalgesellschaft so stark belastet, verhältnisses für die übrigen unzumutbar macht. Ein sol- dass der zwangsweise Ausschluss eines Gesellschafters cher kann in der Person oder dem Verhalten des aus- im Raume steht. Für eine derart einschneidende Maß- zuschließenden Gesellschafters zu sehen sein, etwa bei nahme stellt das Gesellschaftsrecht allerdings hohe Hürden groben Pflichtverletzungen (wie z.B. Wettbewerbs- und auf. Insbesondere muss die Ausschließung das letzte Mittel Treuepflichtverstößen) oder sonstigen die Gesellschaft sein und es dürfen keine milderen Optionen der Konfliktlö- schädigenden Handlungen. Mehrere Vorwürfe, die für sung zur Verfügung stehen. In einer neueren Entscheidung sich genommen nicht ausreichend wären, können in der vom 27.6.2018 hat das OLG Stuttgart die Anforderungen Gesamtschau den Ausschluss rechtfertigen. an einen wirksamen Ausschluss noch einmal konkretisiert. Hinweis: Auf ein Verschulden kommt es nicht zwingend 1. „Wichtiger Grund“ als Voraussetzung an, allerdings ist es im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen. Gleiches gilt für die sonstigen Begleitum- Die Ausschließung eines Gesellschafters ist prinzipiell stände, etwa die Dauer der Gesellschaftszugehörigkeit, das nur möglich, wenn dafür ein rechtfertigender „wichtiger bisherige Verhalten oder die Verdienste um die Gesellschaft. 11
PKF NACHRICHTEN 03 | 19 2. Zerrüttung des Verhältnisses des Beschlusses zur Folge hat. Folgende Grundaussa- gen lassen sich treffen: Ein tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen den Gesellschaf- » Ein Verfahrensmangel ist unbeachtlich, wenn da- tern rechtfertigt – verbunden mit einer Zerstörung des durch die Mitgliedschaftsrechte des betreffenden Ge- Vertrauensverhältnisses – nur dann eine Ausschließung, sellschafters nicht in relevanter Weise beeinträchtigt wenn es überwiegend durch den auszuschließenden wurden (z.B.: trotz nicht formgerechter Ladung hat Gesellschafter verursacht worden ist und es in der Person der Gesellschafter rechtzeitig von deren Inhalt Kennt- des anderen nicht auch einen Ausschluss rechtfertigt. nis erlangt). » Ein Beschluss ist demgemäß anfechtbar, wenn durch Diese Voraussetzungen hat das OLG Stuttgart im Streit- den Fehler eine relevante Beeinträchtigung eingetre- fall bejaht. Dort hatte ein (Minderheits-)Gesellschafter ten ist (z.B.: aufgrund verspäteter Ladung war eine seine Abberufung als Geschäftsführer der GmbH nicht sachgerechte Vorbereitung nicht möglich). akzeptiert und sich weiter als Vertreter der Gesellschaft aufgeführt, dabei die neue Geschäftsführung bedroht und Nichtig ist ein Beschluss dagegen nur dann, wenn ein öffentlich denunziert, u.a. unter Preisgabe von Gesell- besonders gravierender Verfahrensmangel vorliegt, durch schaftsinterna zur wirtschaftlichen Lage. Da nicht abseh- den das Mitgliedschaftsrecht faktisch ausgeschlossen bar war, dass der Gesellschafter sein gesellschaftsschä- wird. Mängel der Ladung müssen im Ergebnis einer digendes Verhalten einstellen würde, hat das Gericht den „Nichtladung“ gleichkommen (z.B. Ladung per E-Mail Ausschluss als ultima ratio für zulässig erklärt. Eine vor- wenige Stunden vor Beginn). herige Abmahnung sei dafür nicht erforderlich. 3. Verfahrensfehler vermeiden Zur Ausschließung eines Gesellschafters (hier: Einzie- Empfehlung hung der Geschäftsanteile) bedarf es ferner eines wirk- In Anbetracht der Tragweite eines Ausschlie- sam zustande gekommenen Gesellschafterbeschlusses. ßungsbeschlusses ist eine sorgfältige Vorberei- Dabei führt jedoch nicht jeder Verfahrensfehler gleich tung angezeigt. Es empfiehlt sich, nicht nur die zur Unwirksamkeit des Beschlusses. Das OLG nimmt materiellen Voraussetzungen zu dokumentie- umfangreich Stellung zu der Frage, wann ein Fehler fol- ren, sondern auch die Einhaltung . genlos bleibt, zur Anfechtbarkeit führt oder die Nichtigkeit RA Johannes Springorum Der Brexit und die Ltd: Der Weg aus der briti- schen Rechtsform Den in Deutschland in der Rechtsform einer „private com- dass eine Ltd nicht mehr als Kapitalgesellschaft betrach- pany limited by shares“ (Ltd) niedergelassenen Unterneh- tet wird. Stattdessen wird eine Ltd zukünftig nach der men, die mit Austritt des Vereinigten Königreichs aus der sog. Sitztheorie entweder als offene Handelsgesellschaft Europäischen Union (Brexit) ihre Niederlassungsfreiheit ver- (OHG) behandelt, wenn sie ein Handelsgewerbe betreibt, lieren, soll ein Wechsel in eine inländische Personengesell- andernfalls als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). schaft (mit beschränkter Haftung) ermöglicht werden. Dazu Sollte die Ltd nur über einen Gesellschafter verfügen, gilt trat mit Wirkung zum 1.1.2019 das Vierte Gesetz zur Ände- sie als Einzelunternehmen. rung des Umwandlungsgesetzes (4. UmwGÄndG) in Kraft. Hinweis: Dieses Schicksal droht nach einer Schätzung 1. Bisherige Rechtslage: Ltd. zukünftig als Perso- der Bundesregierung in ihrem Regierungsentwurf der- nengesellschaft … zeit ca. 8.000 – 10.000 Ltds, die ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben. Für ihre Gesellschafter bedeutet Der Wegfall der Niederlassungsfreiheit durch den Brexit dies, dass sie bisher den auf das Gesellschaftsvermögen führt nach gefestigter Rechtsprechung des BGH dazu, beschränkten Haftungsschutz verlieren würden und dem 12
Risiko einer unbeschränkten persönlichen Haftung ausge- der Gesetzesbegründung ausdrücklich auch die UG (haf- setzt wären. tungsbeschränkt) & Co. KG genannt. … und Verschmelzung auf Kapitalgesellschaft … mit Vereinfachungsmöglichkeiten und Über- gangsregelung Eine Ltd konnte schon bisher grenzüberschreitend auf eine deutsche Gesellschaft verschmolzen werden. Sowohl in Auf das Verschmelzungsverfahren sind grundsätzlich Deutschland (§§ 122a ff. UmwG) als auch im Vereinigten die Regelungen einer innerstaatlichen Verschmelzung Königreich (UK Companies [Cross-Border Mergers] Regu- von Personengesellschaften anzuwenden. Dies beinhal- lations 2007) bestehen Rechtsgrundlagen; europarechtlich tet in Deutschland auch Vereinfachungsmöglichkeiten ist ein solches Vorhaben ebenfalls anerkannt (EuGH, Urteil (z.B. Verzicht auf Verschmelzungsbericht), die in der der vom 13.12.2005 - C-411/03SEVIC Systems AG). Aller- Reform zugrundeliegenden Richtlinie über bestimmte dings war eine Verschmelzung bisher nur auf eine deutsche Aspekte des Gesellschaftsrechts (RL [EU] 2017/1132 Kapitalgesellschaft möglich (§ 122b Abs. 1 UmwG a.F.). vom 30.6.2017) nicht enthalten sind. 2. Geänderte Rechtslage: Verschmelzung auf Per- Das 4. UmwGÄndG gewährt für grenzüberschreitende sonengesellschaft … Verschmelzungen, deren Verschmelzungsplan vor dem Brexit zwar bereits notariell beurkundet, aber noch nicht Das 4. UmwGÄndG eröffnet nun die Möglichkeit, sämt- im Handelsregister eingetragen sind, eine zweijährige liche europäischen Kapitalgesellschaften (also nicht Übergangsfrist. In dieser Zeit kann die Verschmelzung beschränkt auf jene aus dem Vereinigten Königreich) auf weiterhin als grenzüberschreitend zum Registergericht eine deutsche Personengesellschaft zu verschmelzen. angemeldet werden. Der übernehmende inländische Rechtsträger kann eine Personenhandelsgesellschaft (KG, oHG) sein, die aber 3. Steuerliche Beurteilung nicht mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen darf. Diese Einschränkung soll eine Aushebelung der Mitbestimmung In steuerlicher Hinsicht folgt die Verschmelzung einer Ltd nach dem Drittbeteiligungsgesetz (Verschmelzung auf auf eine GmbH & Co. KG (oder UG [haftungsbeschränkt] eine mitbestimmungsfreie GmbH & Co. KG statt auf eine & Co. KG) den Regelungen der §§ 3 ff. UmwStG: Auf GmbH) verhindern. Antrag können die Buchwerte der übertragenden Kapi- talgesellschaft fortgeführt werden. Die offenen Rücklagen Hinweis: Um auch für Ltds, die oft aufgrund der gerin- der übertragenden Kapitalgesellschaften werden ihren gen Mindestkapitalanforderungen dieser Rechtsform Gesellschaftern anteilig entsprechend ihrer Beteiligun- gegründet wurden, eine Umwandlung in eine haftungs- gen am Nennkapital als Einnahme aus Kapitalvermögen beschränkte deutsche Gesellschaftsform mit geringem zugerechnet und grundsätzlich mit einem Kapitalertrag- Mindestkapital zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber in steuerabzug von 25% abgegolten. Fazit Das nationale Gesetz regelt nur die deutsche Seite einer Umwandlung. Das grenzüberschrei- tende Verfahren im Zusammenhang mit der Ltd. bleibt dennoch kompliziert und zeitinten- siv, da nach der einschlägigen UK Companies (Cross-Border Mergers) Regulations 2007 für die Ausstellung der Verschmelzungsbescheini- gung ein oft aufwendiges Gerichtsverfahren vor dem High Court of Justice stattfindet und es zur Zeit noch nicht absehbar ist, ob die britischen Behörden grundsätzlich bereit sind, bei der Durchführung der Verschmelzung mitzuwirken. 13
PKF NACHRICHTEN 03 | 19 RECHNUNGSLEGUNG & FINANZEN StBin Sabine Rössler Ernsthaftigkeit der Inanspruchnahme und Wert- aufhellung bei Gewährleistungsrückstellungen Die Anforderungen an die Bildung von Rückstellungen zu berücksichtigen, die bereits zum Bilanzstichtag objektiv für ungewisse Verbindlichkeiten sind vom BFH nochmals vorlagen, aber erst nachträglich (d.h. zwischen Bilanzstich- dargelegt worden. Eine Rückstellung kann nach einem tag und -aufstellung) bekannt wurden. neuen Urteil des BFH vom 28.8.2018 (Az.: X B 48/18) dann nicht gebildet werden, wenn ein Mangel zwar am 4. Wertaufhellung Bilanzstichtag bereits vorhanden war, mit der Inanspruch- nahme des Verpflichteten zu diesem Zeitpunkt jedoch Zum Bilanzstichtag noch nicht erhobene Mängelrügen nicht ernsthaft zu rechnen war, weil beide Vertragspar- können bei wertaufhellender Betrachtung den Ansatz teien den Mangel noch nicht kannten. einer Verbindlichkeitsrückstellung rechtfertigen. Objek- tiver Anknüpfungspunkt hierfür ist auch ein noch nicht 1. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gerügter Mangel, mit dessen Inanspruchnahme zu rech- nen ist. Im Rahmen einer Einzelfallwürdigung ist zu beur- Verbindlichkeiten können dem Grunde und/oder der Höhe teilen, ob ein zwar schon angelegter Werkmangel, der nach ungewiss sein. Rückstellungen sind u.a. zu bilden für aufgrund der Betriebsabläufe des Auftraggebers jedoch » eine sicher oder wahrscheinlich gegenüber einem am Bilanzstichtag noch nicht in Erscheinung getreten ist Anderen bestehende Verpflichtung, („noch nicht aufgetreten ist“) und daher auch noch gar » die rechtlich oder wirtschaftlich verursacht ist, nicht gerügt werden konnte, ausreichend erscheint, um » sofern mit der tatsächlichen Inanspruchnahme ernst- bei wertaufhellender Beurteilung die Ernsthaftigkeit der haft zu rechnen ist. Inanspruchnahme des Werkunternehmers annehmen zu können. Die Anforderungen an die Bildung einer Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten wurden durch die BFH-Rechtsprechung bereits vielfältig geklärt. 2. Gewährleistungsverpflichtung Unabhängig von der Rechtsgrundlage, ob also ein Scha- densersatzanspruch auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage beruht, ist für die Bildung von Gewährleistungs- rückstellungen entscheidend, ob die Inanspruchnahme überwiegend wahrscheinlich ist. Dies setzt die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen voraus. Das bedeutet, dass am Bilanzstichtag Mängelrügen Ergebnis bereits erhoben waren oder damit zu rechnen ist, dass noch nicht gerügte Mängel wahrscheinlich erhoben werden. Dem BFH zufolge überwiegt die Gefahr der In- anspruchnahme des Werkunternehmers dann 3. Vorsichtsprinzip nicht, wenn beiden Vertragsparteien der Mangel zum Bilanzstichtag noch nicht bekannt war, weil Dem Vorsichtsprinzip folgend sind am Bilanzstichtag vorlie- der Mangel am Bilanzstichtag noch keine be- gende Verhältnisse nach dem subjektiven Erkenntnisstand triebsbeeinträchtigende Wirkung entfaltet hatte des sorgfältigen Kaufmanns bei fristgerechter Bilanzauf- und daher gar nicht erkennbar erschien. In die- stellung zu beurteilen. Demzufolge sind keine neuen, erst sem Fall kann keine Rückstellung für ungewisse nach dem Bilanzstichtag eintretenden Tatsachen bilanziell Verbindlichkeiten gebildet werden. zu berücksichtigen. Dagegen sind aufhellende Umstände 14
AKTUELL NOTIERT StBin Sabine Rössler Keine Besteuerung von Überentnahmen bei Ein- bringungen Entnahmen im Rückwirkungszeitraum bei einer Einbrin- Der BFH vertritt im Urteil vom 7.3.2018 (Az.: I R 12/16) gung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft können nun die Ansicht, dass die Rechtsfolgen der Überentnah- nach Auffassung des BFH zu negativen Anschaffungs- men im Rückwirkungszeitraum erst später eintreten. Die kosten der Beteiligung führen. Der Meinung der Finanz- Vorschrift über die Zurechnung der Entnahmen und Einla- verwaltung, dass insoweit eine Besteuerung von stillen gen zum einbringenden Unternehmer habe lediglich den Reserven zu erfolgen hat, wurde eine Absage erteilt. Zweck, eine Ausschüttungsbesteuerung zu verhindern. Seine Anschaffungskosten der Beteiligung, die Buch- Nach der bisherigen Rechtslage kann die Einbringung werte des eingebrachten Betriebs, würden durch die eines Betriebs zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft Entnahme- bzw. Einlagewerte fortgeführt. Ein „Mindest- auf Antrag rückwirkend auf einen steuerlichen Übertra- ansatz“ des eingebrachten Betriebsvermögens sei nicht gungsstichtag, z.B. den 31.12., gestaltet werden. Der geregelt. Übersteigt der Saldo von Einlagen und Entnah- Gewinn des Betriebs im Rückwirkungszeitraum wird men im Rückwirkungszeitraum die eingebrachten Buch- der übernehmenden Kapitalgesellschaft zugerechnet. werte, so entstehen nach Auffassung des BFH negative Entnahmen und Einlagen dieser Periode sind dem bis- Anschaffungskosten. Bei der Veräußerung der Anteile herigen Unternehmer zuzurechnen (§ 20 Abs. 5 Satz 2 werde dies zu einem entsprechenden Veräußerungsge- UmwStG). Nach § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG winn führen. Die Besteuerung von in den Anteilen enthal- darf kein negatives Betriebsvermögen übertragen wer- tenen stillen Reserven sei sichergestellt. den. Daher führt nach Auffassung der Finanzverwaltung eine Entnahme im Rückwirkungszeitraum, die den ein- Hinweis: Das Urteil des BFH ist zwar zu § 20 Abs. 7 gebrachten Buchwert übersteigt, zur Aufdeckung stil- UmwStG 2002 ergangen. Es kann jedoch davon aus- ler Reserven in Höhe der Überentnahmen (Tz.20.19 gegangen werden, dass das Urteil auch auf die aktuelle UmwStE 2011). Fassung des UmwStG anzuwenden ist. RAin Sonja Blümel (Kein) Verfall von Urlaub Was Arbeitgeber tun müssen, damit Urlaubsansprüche Hinweis: Im nun geklärten Streitfall hatte ein Wissen- verfallen, wenn ein Arbeitnehmer seinen Urlaub aus freien schaftler des Max-Planck-Instituts 11.979,26 € brutto Stücken nicht nimmt, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) Urlaubsabgeltung für 51 Tage Arbeitstage nicht beantrag- aktuell am 19.2.2019 (Az.: 9 AZR 541/15) entschieden. ten Urlaub aus den Jahren 2012 und 2013 eingeklagt. Das Das BAG hatte über diese Grundsatzfrage unter Beach- LAG hat im Wege der Zurückverweisung nun aufzuklären, tung der Vorgaben der Vorabentscheidung des EuGH zu ob der Arbeitgeber diesen Pflichten nachgekommen ist. diesem Fall (Az.: C-684/16) zu urteilen, über die wir in den PKF Nachrichten 01/2019 berichtet haben. Dem BAG zufolge verfällt der (Mindest-)Urlaub nur, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zuvor (nachweislich) klar und rechtzeitig über deren konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat und der betreffende Arbeit- nehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Andernfalls verfällt der Urlaub nicht und ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten. 15
BONMOT ZUM SCHLUSS „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der BONMOTwelche Leute, ZUM SCHLUSSdie Welt nie angeschaut haben.“ „We don‘t Alexander Freiherr vonwant Humboldtan (1769America that - 1859), deutscher is closed Naturforscher, Begründerto the world. der physischen Geographie What we want is a world that is open to America.“ George H. W. Bush, 41. Präsident der USA (1989 – 1993), 12.6.1924 - 30.11.2018. Bildnachweis: Titel: ©_ultraforma_, S.3: © marcduf, S. 4: © xavierarnau, S. 6 (oben): © anyaberkut, S. 6 (unten): B&M Noskowski PKF WMS Bruns-Coppenrath & Partner mbB Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberater Rechtsanwälte Martinsburg 15 | 49078 Osnabrück | Tel. +49 (0) 541 944 22-0 | Fax +49 (0) 541 944 22-44 S. 8: © LisaValder, S. 13: © taseffski, S. 14: © alex west, S. 15: © lucentius www.pkf-wms.de Anfragen und Anregungen an die Redaktion bitte an: pkf-nachrichten@pkf.de Die Inhalte der PKF* Nachrichten können weder eine umfassende Darstellung der jeweiligen Problemstellungen sein noch den auf die Besonderheiten von Einzel- fällen abgestimmten steuerlichen oder sonstigen fachlichen Rat ersetzen. Wir sind außerdem bestrebt sicherzustellen, dass die Inhalte der PKF Nachrichten dem aktuellen Rechtsstand entsprechen, weisen aber darauf hin, dass Änderungen der Gesetzgebung, der Rechtsprechung oder der Verwaltungsauffassung immer wieder auch kurzfristig eintreten können. Deshalb sollten Sie sich unbedingt individuell beraten lassen, bevor Sie konkrete Maßnahmen treffen oder unterlassen. So- weit innerhalb der PKF Fachnachrichten rechtliche Themen dargestellt sind, liegt die Verantwortlichkeit bei den Rechtsanwälten, die im PKF-Netzwerk tätig sind. * PKF WMS Bruns-Coppenrath & Partner mbB ist ein Mitgliedsunternehmen des PKF International Limited Netzwerks und in Deutschland Mitglied eines Netzwerks von Wirtschaftsprüfern gemäß § 319 b HGB. Das Netzwerk besteht aus rechtlich unabhängigen Mitgliedsunternehmen. PKF WMS Bruns-Coppenrath & Partner mbB übernimmt keine Verantwortung oder Haftung für Handlungen oder Unterlassungen anderer Mitgliedsunternehmen. Die Angaben nach der Dienstleistungsinformationspflichten-Verordnung sind unter www.pkf-osnabrueck.de einsehbar.
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